Die Geschichte des Eisens, Band 6: Das 18. Jahrhundert, Teil 2 - Dr. Ludwig Beck - E-Book

Die Geschichte des Eisens, Band 6: Das 18. Jahrhundert, Teil 2 E-Book

Dr. Ludwig Beck

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Beschreibung

Während nur zu viele Bücher erscheinen, die das nicht wirklich bieten, was der Titel erwarten lässt, haben wir es hier mit einem Werke zu tun, welches unendlich viel mehr gibt, als sein Name verspricht. Wird auch aus der "Geschichte des Eisens " keine allgemeine Kulturgeschichte, so veranlasst doch die Bedeutung und vielseitige Verwendung dieses Metalls den Verfasser zu einer Darstellung, die alle Teile der materiellen Kultur umfasst oder wenigstens berührt. Der allgemeine Wert des Gesamtwerkes ist vielleicht noch viel mehr ein historischer als ein technischer. Der Verfasser ist zwar von Hause aus Techniker und weist in seiner Einleitung mit Bescheidenheit darauf hin, dass man von ihm nicht das erwarten dürfe, was der Geschichtsforscher leiste, er zeigt aber bald darauf durch eine treffliche Bemerkung, dass ihm zum Historiker nichts fehlt, als vielleicht die akademische Qualifikation, und dass viele Männer vom Fach von ihm noch lernen können. Einen bedeutungsvollen Satz, den Beck durch das ganze Werk hindurch mit seltener Belesenheit, großem Fleiß und geschickter Kombinationsgabe befolgt und durchführt, kann man hier wörtlich anführen: "Es will uns vielmehr bedünken, als ob bei unserer Geschichtsschreibung dem biographischen Element gemeiniglich eine zu große Bedeutung eingeräumt würde, während die mechanischen Bedingungen der menschlichen Entwicklung, unter denen die Fortschritte der Technik, vor allem die der Eisentechnik eine hervorragende Rolle einnehmen, zu wenig Berücksichtigung fänden. " Dieser Gedanke wird sich ja wohl bei der wachsenden kulturgeschichtlichen Forschung immer mehr Bahnbrechen, und Beck hat jedenfalls das Verdienst, in seiner Geschichte des Eisens gezeigt zu haben, wie dankbar und erfolgreich das Betreten dieses Weges ist, wenn sich mit sachlicher, hier technischer, Kenntnis historischer Sinn und fleißiges Quellenstudium vereinigen. Die Schwierigkeiten, die sich einer solchen ersten Arbeit, denn eine Geschichte des Eisens hat es bis jetzt nicht gegeben, entgegenstellen, hat Beck in überraschender Weise überwunden. Die zerstreuten Quellen historischen, philologischen, archäologischen, auch poetischen Charakters, sind mit staunenswertem Fleiß gesammelt und gut verwertet. Dies ist Band sechs von zehn und behandelt das 18. Jahrhundert (Teil 2). Der Band ist durchgängig illustriert und wurde so überarbeitet, dass die wichtigsten Begriffe und Wörter der heutigen Rechtschreibung entsprechen.

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Die Geschichte des Eisens

 

Band 6: Das 18. Jahrhundert, Teil 2

 

DR. LUDWIG BECK

 

 

 

 

 

 

Die Geschichte des Eisens, Band 6, Dr. Ludwig Beck

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849661960

 

Quelle: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. VI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/12>, abgerufen am 18.03.2022. Der Text wurde lizenziert unter der Creative Commons-Lizenz CC-BY-SA-4.0. Näheres zur Lizenz und zur Weiterverwendung der darunter lizenzierten Werke unter https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de. Der Originaltext aus o.a. Quelle wurde so weit angepasst, dass wichtige Begriffe und Wörter der Rechtschreibung des Jahres 2022 entsprechen. Etwaige Seitenverweise beziehen sich auf die Originalausgabe und stimmen in aller Regel nicht mit der vorliegenden Edition überein.

 

www.jazzybee-verlag.de

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INHALT:

Lavoisier und die antiphlogistische Chemie.1

Die Eisenbereitung im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts. Luppenfeuer.21

Puddelprozess. Feineisenfeuer.53

Hochofenbetrieb Ende des 18. Jahrhunderts.78

Eisengießerei und schmiedbarer Guss Ende des 18. Jahrhunderts.114

Stahl Ende des 18. Jahrhunderts.135

Verarbeitung von Eisen und Stahl.143

Die gewerblichen Verhältnisse.144

BESONDERER TEIL. DIE GESCHICHTE DER EISENINDUSTRIE IN DEN EINZELNEN LÄNDERN.153

Deutschland.153

Österreich.154

Bayern, Württemberg, Baden.187

Nassau und das Siegerland.193

Hessen und Thüringen.208

Der Harz.219

Sachsen.246

Preußen.254

Westfalen und die Rheinlande.280

Belgien.327

Das Herzogtum Lothringen (bis 1766).330

Frankreich.334

Italien.383

Spanien.386

England.392

Schweden.423

Russland.442

Amerika.468

 

 

Lavoisier und die antiphlogistische Chemie.

 

Vandermonde, Berthollet und Monge.

 

Ein weittragender Umschwung in den Grundanschauungen über die chemischen Vorgänge vollzog sich im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts. Die Lehre vom Phlogiston beherrschte noch die Chemie und kaum einen praktischen Zweig derselben in dem Maße, wie die Metallurgie, während doch keiner so augenscheinlich auf das Widersinnige der Grundannahme, dass die Verkalkung das Austreten einer Substanz, also eine Trennung, die Reduktion aber das Eintreten eines Stoffes, des Phlogiston, also eine Verbindung sei, hinführen musste. Man sollte glauben, jeder metallurgische Vorgang hätte die Unrichtigkeit der Annahme erweisen müssen, sobald man nur einmal die Wage zur Hand nahm, sobald man die Frage stellte, findet eine Gewichtszu- oder -abnahme statt? Die Treibarbeit war doch beispielsweise ein so einfacher und so bekannter Prozess. Wie deutlich lag es vor Augen, dass bei der Umwandlung des metallischen Bleies in Glätte eine Gewichtsvermehrung statt hat, dass also doch etwas hinzutreten und nichts austreten musste. Aber solche Gewalt hatte die Theorie über die Geister, dass man das Mittel, welches allein hierüber Aufschluss geben konnte, die Wage, geflissentlich anzuwenden vermied, und die Gewichtszunahme, wenn man sie anerkennen musste, als etwas Zufälliges hinzustellen versuchte.

Als man dann die sich immer mehr häufenden Tatsachen, dass bei der Verbrennung stets eine Gewichtszunahme, bei der Reduktion eine Gewichtsabnahme statt hatte, nicht länger übersehen konnte und sie anerkennen musste, suchte man durch geschraubte Erklärungen von dem Wesen und der Natur des Brennbaren die Theorie zu retten, bis endlich der morsche Bau unter dem Druck des Belastungsmaterials zusammenbrach.

Die unhaltbare Phlogistontheorie gestürzt zu haben, ist das unbestreitbare Verdienst des französischen Chemikers Lavoisier, dessen Waffe die Wage war, und der aus seinen grundlegenden Beobachtungen und Entdeckungen auch gleich die richtigen weitgehenden Schlussfolgerungen zu ziehen vermochte.

Die entscheidende Entdeckung des Sauerstoffs, die richtige Erklärung der Verbrennungsprozesse, der Sturz der Lehre vom Phlogiston bilden den wichtigsten Abschnitt in der Geschichte der Chemie und gehören zu denjenigen Errungenschaften, die, wie die Erfindung der Dampfmaschine auf mechanischem Gebiet, weltbewegend gewirkt haben. Auch auf die Chemie des Eisens und die Eisenindustrie ist dieses Ereignis von der allergrößten Tragweite geworden und ist es deshalb unsere Pflicht, die Entstehungsgeschichte der Entdeckung Lavoisiers kurz zu schildern.

Wie jede Erfindung, ist sie nicht unvermittelt auf die Welt gekommen, auch nicht nur in dem Kopfe eines Menschen entstanden. Einer der ersten, der das Fundament der Phlogistonlehre, ohne es zu ahnen, untergrub, war der englische Chemiker Black. Joseph Black, 1728 zu Bordeaux von englischen Eltern geboren, später Professor der Chemie in Glasgow und danach in Edinburgh, starb im Jahre 1799. Ausgezeichnet als Mensch und Gelehrter, hat er in verschiedener Weise an der Kulturentwicklung des vorigen Jahrhunderts mitgearbeitet, nicht nur durch seine Arbeiten, sondern auch durch die Anregung, die er anderen gab und unter diesen besonders dem großen James Watt, dessen Lehrer, Berater und treuer Freund er gewesen ist, solange er lebte. Der Ausgangspunkt dieses Freundschaftsverhältnisses bildeten Blacks Vorlesungen über die von ihm entdeckte Lehre von der latenten Wärme. Eine andere Arbeit „über die Kaustizität des Kalkes“ war es, mit der er der Lehre vom Phlogiston einen Stoß in das Herz versetzte. Nach der herrschenden Ansicht beruhte die Kaustizität des Kalkes auf der Aufnahme von Feuermaterie beim Brennen. Diese Feuermaterie konnte der gebrannte Kalk an andere Alkalien abgeben, welche dadurch selbst ätzend wurden, während der Kalk seine ätzende Kraft verlor. Diese einfache, einleuchtende Theorie gehörte zu den Fundamentalsätzen der phlogistischen Schule. Black wies aber nach, dass sie falsch sei und von der Verbindung mit einer Feuermaterie nicht die Rede sein kann. Er wies nach, dass die milden Alkalien nicht einfache Substanzen, sondern Verbindungen seien und dass die Kaustizität ihnen nicht mitgeteilt würde durch Verbindung mit einer Substanz, der Feuermaterie, sondern durch Entziehung einer Substanz, der Kohlensäure, welche er als „fixe Luft“ bezeichnete. Er wies ferner nach, dass nichtätzender Kalk an Gewicht verliert, wenn er zu ätzendem wird und schloss daraus, dass der erstere den letzteren als Bestandteil in sich enthalte. Er zeigte, dass die Alkalien in dem nicht ätzenden Zustande mit Säuren aufbrausen und eine Luftart von sich geben, welche ganz dieselbe ist, wie die aus nichtätzendem Kalk durch Glühen ausgetriebene; diese fixe Luft muss deshalb den zweiten Bestandteil der milden Alkalien bilden. Er stellte fest, dass die alkalischen Körper in einfacherem Zustande ätzend sind und erst durch Verbindung mit fixer Luft diese Eigenschaft verlieren und dass die Ätzendmachung der Alkalien durch Kalk darauf beruht, dass die fixe Luft von den ersteren an den letzteren tritt.

Diese Entdeckung Blacks musste zur Erschütterung der Lehre vom Phlogiston beitragen, nicht nur durch die nachgewiesene Tatsache, sondern auch besonders durch die Methode, indem Black Gewichtsermittlungen als maßgebend ansah, und bei der Erklärung qualitativer Erscheinungen die quantitativen Verhältnisse als entscheidend gelten ließ. Er stellte damit zugleich fest, dass ein schwererer Körper nicht ein Bestandteil eines leichteren sein kann, ein Satz, der in seinen Konsequenzen die Phlogistontheorie zu Fall bringen musste. Durch Blacks Untersuchung der fixen Luft wurde das Studium der gasförmigen Körper, der Luftarten, angeregt und damit der richtige Weg eingeschlagen, der zur Erkenntnis des Wesens der Verbrennung führen musste. Ein Landsmann Blacks, Henry Cavendish (geb. 1731, gest. 1810), war es, der sich eingehend mit dem Studium der Luftarten beschäftigte. Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts hatte noch allgemein die naive Anschauung geherrscht, dass alle Luft von einerlei Art sei und dass ihre scheinbare Verschiedenheit nur auf Beimengungen irgendeines Stoffes beruhe. Cavendish wies 1762 zuerst nach, dass es Luftarten gibt, welche von der gewöhnlichen Luft wesentlich verschieden sind und wies dies nach an der fixen Luft (Kohlensäure) und der brennbaren Luft (dem Wasserstoffgas). Er untersuchte und beschrieb diese Gasarten genau und richtig, ermittelte ihre spezifischen Gewichte, wenn auch mangelhaft, wies nach, dass sich die Kohlensäure mit verschiedenen Alkalien in verschiedenem Mengenverhältnis verbindet und bestimmte die quantitative Zusammensetzung verschiedener kohlensaurer Salze; er fand, dass Wasserstoff brenne, aber die Verbrennung und die Atmung ebenso wenig unterhalte, wie die Kohlensäure. Trotz alledem blieb Cavendish noch fest auf dem Boden der Stahlschen Lehre stehen und nahm sogar an, in dem Wasserstoffgas das Phlogiston selbst entdeckt zu haben, denn es wurde ja aus den Metallen, welche nach dieser Lehre Verbindungen von Metallkalken mit Phlogiston waren, durch verdünnte Schwefelsäure abgeschieden. Diese Lehre von der Identität des Phlogiston mit dem Wasserstoff fand damals willige Annahme. Um diese Zeit hatte sich Pristley, Geistlicher durch Beruf, Chemiker durch Genie, mit Eifer auf das Studium der Gase geworfen.

Joseph Pristley war 1733 als Sohn eines Kaufmanns in dem Dorfe Fieldhead bei Leeds in Yorkshire geboren. Er sollte dem Beruf des Vaters folgen, aber eine Leidenschaft zum Studium veranlasste ihn, im 19. Jahre sich der Theologie zu widmen. Er studierte drei Jahre auf der Akademie zu Daventry und sog da den seiner zarten, liebenswürdigen Natur widersprechenden Geist der Unduldsamkeit und starren Eigensinns in geistlichen Dingen ein, der ihm in seinem späteren Leben so viele Kümmernisse bereitete. Er war Dissenter im strengsten Sinne des Wortes. Früh erwachte seine Liebe zu den Naturwissenschaften. Zuerst waren es die Erscheinungen der Elektricität, denen er seine ganze freie Zeit widmete. Als Frucht seiner Studien erschien 1767 seine Geschichte der Elektrizitätslehre, ein damals auch in Frankreich und Deutschland hochgeschätztes Werk, welches ihm in England die Mitgliedschaft der königlichen Gesellschaft und in Schottland das Diplom eines Doktors der Rechte der Universität Edinburgh einbrachte; ferner erhielt er eine Predigerstelle in Leeds. Diese gab er auf, als ihn 1773 ein reicher Adliger, Graf Shelburne, später Marquis von Lansdowne, anstellte, hauptsächlich als Reisebegleiter. Dieses Verhältnis dauerte bis 1780 und in diese Zeit fallen seine berühmtesten Entdeckungen auf chemischem Gebiet. Obgleich er von Lord Shelburne, mit dem er sich auch durch seine beständigen theologischen Streitigkeiten entfremdet hatte, noch unterstützt wurde, kam er doch in so bedrängte Verhältnisse, dass seine Freunde, die Mitglieder der oben erwähnten Vollmond-Gesellschaft, zu der namentlich Boulton und Watt gehörten, eine Subskription für ihn eröffneten, aus deren Erträgnis sie ihm ein Haus bauten und ihm eine Rente zuwendeten. Später erhielt er auch, besonders durch Boultons Bemühungen, die Stelle eines Predigers der dissentierenden Gemeinde in Birmingham. Aber auch hier verwickelte er sich wieder in zahlreiche theologische und politische Streitigkeiten. Er schwärmte für die Französische Revolution und trug dies oft in sehr unpassender Weise zur Schau. Der Hass des aufgehetzten Pöbels von Birmingham kam 1791 am Jahrestage der Zerstörung der Bastille, welchen er in seinem Hause festlich begehen wollte, zum Ausbruch. Sein Haus wurde überfallen, geplündert und niedergebrannt, ebenso seine Kirche in Birmingham und die Wohnungen einiger seiner Freunde. Pristley rettete mit knapper Not das nackte Leben Die Franzosen lohnten ihm sein Martyrium für ihre heilige Sache, indem sie ihn zum lebenslänglichen Mitgliede des Konvents erwählten, aber in England fand er keine bleibende Stätte mehr, so dass er 1794 nach Amerika auswanderte, wo er sich an den Quellen des Susquehannah in Northumberland niederließ, bis zu seinem Tode 1804 mit der Abfassung chemischer und mehr noch theologischer Schriften unablässig beschäftigt.

Seine großen Verdienste für die Chemie beruhen auf der Entdeckung der meisten wichtigen Gasarten. Waren seine Untersuchungen nicht so gründlich wie die von Black und Cavendish, so waren sie umso vielseitiger. Er hat die Lehre von den Gasen mehr bereichert als irgendein anderer Naturforscher, und seine Methode, gasartige Substanzen zu untersuchen, bildet noch heute die Grundlage solcher Untersuchungen. Er wendete zuerst Quecksilber statt Wasser als Sperrflüssigkeit an, wodurch er imstande war, alle Gasarten, welche vom Wasser absorbiert oder zersetzt werden, zu untersuchen. Wir können hier nur einzelnes von seinen Arbeiten erwähnen.

Die bedeutendste Entdeckung Pristleys war die des Sauerstoffgases, welches er zuerst 1774 aus dem roten Quecksilberoxid durch Erhitzen abschied. Diese Entdeckung bildete die hauptsächliche Grundlage für das Lehrgebäude der modernen Chemie. Er erkannte in dem neuen Gas eine Luftart, welche das Verbrennen und das Atmen länger und lebhafter zu unterhalten vermag als eine gleiche Menge gewöhnlicher Luft; die wichtigen Schlussfolgerungen aus dieser Entdeckung zog aber Pristley selbst nicht, diese zog ein anderer, der Franzose Lavoisier, welcher dadurch der Begründer der modernen Chemie geworden ist.

Antoine Laurent Lavoisier, 1743 zu Paris als Sohn reicher Eltern geboren, erhielt eine vortreffliche Erziehung. Sein Vater regte die Liebe zu den Naturwissenschaften in ihm an; Mathematik und Chemie bildeten sein Hauptstudium. In seinem 21. Jahre erwarb er bereits einen großen Preis, welchen die Regierung für die Lösung der Frage wegen der besten Straßenbeleuchtung einer großen Stadt ausgesetzt hatte. Dies hatte die weitere Folge, dass er schon 1768, erst 25 Jahre alt, zum Mitgliede der Akademie zu Paris ernannt wurde. Seit dieser Zeit widmete er sich ganz dem Studium der Chemie. Um sich die Mittel für die großen Untersuchungen, die ihm vorschwebten, zu sichern, bewarb er sich um die einträgliche Stelle eines Generalpächters, welche er auch erhielt. Durch diese Stellung in das öffentliche Leben eingeführt, wurde ihm oft Gelegenheit geboten, seine Kenntnisse für den Staat und das öffentliche Wohl zu verwerten. So wurde er 1776 an die Spitze der Verwaltung der Salpeter- und Pulverfabrikation gestellt, welche er bis zu seinem Tode vortrefflich und mit anerkanntem Erfolge leitete. Von der Republik wurde er zu den meisten wissenschaftlichen Kommissionen zugezogen, so wurde er beispielsweise 1790 Mitglied der Kommission für die Regulierung des Maß- und Gewichtssystems. 1791 ließ die konstituierende Versammlung einen von ihm abgefassten Bericht über die Steuererhebung unter dem Titel: „Traité sur la richesse territoriale de la France“ drucken. Aber weder seine wissenschaftlichen Entdeckungen, noch seine Verdienste für das Vaterland konnten ihn vor der Guillotine retten, auf welche ihn der Neid und das Misstrauen Robespierres brachten. Unter nichtigem Vorwand wurde ihm der Prozess gemacht, und als einer seiner Freunde den Mut hatte, seine Verdienste um die Wissenschaft vor dem Schreckenstribunal aufzuzählen, antwortete der Gerichtspräsident mit der unsterblichen Rohheit: Nous n’avons plus besoin des savants! So endete Lavoisier im 51. Jahre seines ruhmvollen Lebens auf dem Schafott.

Von den Arbeiten Lavoisiers können wir hier nur insofern sprechen, als sie mit der großen Reform der Chemie in Beziehung stehen; sie zeichnen sich alle durch Originalität und Gründlichkeit aus, was sie aber hoch erhebt über die einzelnen Großtaten anderer Chemiker, das ist der einheitliche Gedanke, der sie erfüllt, der geniale Plan, dem sie alle dienen, nämlich der, der Chemie eine neue, feste Grundlage zu geben durch eine neue, richtige Lehre von der Verbrennung und Verkalkung und von der Rolle, welche der Sauerstoff dabei spielt. Als Mittel zur Ausführung diente ihm die Wage, indem ihm die Gewichtsbestimmungen das Beweismaterial lieferten. In der Ermittlung der Gewichte ging er mit der Sorgfalt und Genauigkeit zu Werke, wie sie die neue Chemie, die Kopp mit Recht das Zeitalter der quantitativen Untersuchungen genannt hat, erforderte.

Den großen Feldzug gegen das Phlogiston begann Lavoisier 1772 mit einer Note, die er bei der Akademie deponierte und welche in der ersten Hälfte des folgenden Jahres eröffnet und gelesen wurde. Er erklärte darin, dass bei der Verkalkung von Metallen ebenso wie bei der Verbrennung von Phosphor und Schwefel eine Gewichtszunahme stattfindet, dass diese von der Absorption einer großen Menge Luft herrührt und dass bei der Reduktion von Metallkalken sich wieder Luft in großer Menge entwickelt. Die Frage, ob ein besonderer Teil der Luft bei der Verkalkung absorbiert werde, hatte Lavoisier noch nicht untersucht. Da teilte ihm Pristley, bei einem Aufenthalt in Paris 1774, seine Entdeckung des Sauerstoffgases mit und dadurch erlangte erst diese Entdeckung in Lavoisiers Kopf ihre weltgeschichtliche Bedeutung. 1775 erschien die wichtige Schrift Lavoisiers, in der er nachwies, dass es der Sauerstoff sei, welcher die Verbrennung bewirke und dass der Sauerstoff die notwendige Bedingung jedes Verbrennungsprozesses sei. In demselben Aufsatz wies er nach, dass die fixe Luft (Kohlensäure) eine Verbindung von Kohle mit Sauerstoff sei, da bei dem Erhitzen von Kohlen mit Metallkalk regulinisches Metall zurückbleibe und fixe Luft entweiche. Ebenso wies er bereits darauf hin, dass im Salpeter viel Sauerstoff enthalten sein müsse, woraus sich die lebhaften Verbrennungserscheinungen derselben mit Kohlen und anderen Körpern erklärten. Um seine Erklärung der fixen Luft noch klarer zu beweisen, stellte er Verbrennungsversuche mit Diamanten im Inneren eines mit Luft oder Sauerstoffgas gefüllten Glasgefäßes mit Hilfe großer Brenngläser an. Er zeigte, dass bei der Verbrennung nichts anderes als fixe Luft gebildet wird, gerade so, wie wenn man in gleicher Weise Holzkohle verbrennt.

Wichtiger noch war seine Arbeit über die Verbrennung des Phosphors, welche er 1777 publizierte, denn er konnte dabei zugleich nachweisen, dass bei der Verbrennung in einem abgemessenen Volumen Luft nur ein Fünftel absorbiert wurde, während vier Fünftel einer Luftart zurückblieb, welche weder die Verbrennung noch die Atmung unterhalten konnte. Er suchte daraus zu beweisen, dass die atmosphärische Luft ein Gemisch aus zwei verschiedenen Gasarten sei. In demselben Jahre 1777 bewies er die Zusammensetzung der Schwefelsäure. Dass bei der Verbrennung von Schwefel schweflige Säure entstehe, war längst bekannt, dass dies durch Verbindung von Schwefel mit einer gewissen Menge Sauerstoff geschehe, war für Lavoisier leicht nachzuweisen. Erhitzt man Quecksilber mit konzentrierter Schwefelsäure, so entwickelt sich ebenfalls schweflige Säure, indem die Schwefelsäure einen Teil ihres Sauerstoffs an das Quecksilber abtritt. Dieser vom Quecksilber aufgenommene Sauerstoff entweicht aber wieder bei stärkerem Erhitzen. Auf diese Weise konnte Lavoisier Schwefelsäure direkt in schweflige Säure und Sauerstoff zerlegen und den Beweis liefern, dass die Schwefelsäure nur eine höhere Oxidationsstufe des Schwefels sei. — Aus diesen Tatsachen konnte Lavoisier auch erklären, wie der Zerfall des Schwefelkieses und des Schwefeleisens in Eisenvitriol vor sich geht.

An der Entdeckung der Oxidationsstufen des Stickstoffs haben Lavoisier, Cavendish und Pristley zugleich Anteil. Lavoisier wies in derselben Weise, wie bei der Schwefelsäure, nach, dass die Salpetersäure aus Sauerstoff und einem anderen Gase, dem Salpetergas, bestände. Was das Salpetergas sei, wies Cavendish nach, indem er aus einem Gemenge von Sauerstoff und Stickstoff durch fortgesetztes Durchschlagen elektrischer Funken Salpetersäure erzeugt hatte. Pristley wies die untersalpetrige Säure als eine besondere Oxidationsstufe des Salpetergases nach.

So erklärte dann Lavoisier 1778 das als Lebensluft oder reine Luft bezeichnete Gas für den Säurebilder und legte ihm dem entsprechend 1781 den Namen Oxygen (Sauerstoff) bei.

Lavoisier wandte sich nun wieder den Metallkalken oder Oxiden zu. Er stützte sich auf Bergmans Arbeit, welcher durch die Ausfällung eines Metalls aus einer Lösung durch ein anderes Metall die Menge des Phlogistons zu bestimmen gesucht hatte. Lavoisier erkannte klar, dass man so zwar nicht das Phlogiston, aber wohl den Sauerstoff der Metallkalke bestimmen könne. Seine Resultate waren aber wegen der Ungenauigkeit der Versuche ebenso mangelhaft, wie die Bergmans. Die Sauerstoffverbindung des Eisens suchte er direkt durch Verbrennen darzustellen; da er aber nicht beachtete, dass das Eisen verschiedene Sauerstoffverbindungen bildet, so waren auch diese Resultate nicht genau.

Aufgrund seiner Versuche stellte Lavoisier 1782 eine Verwandtschaftstafel der Metalle zum Sauerstoff auf, die aber ebenso unzulänglich war wie Bergmans Verwandtschaftstafel des Phlogiston.

Um diese Zeit machte Cavendish seine wichtigen Untersuchungen über die Verbrennungsprodukte der Gase, welche ihn zu der höchst wichtigen Entdeckung der Zusammensetzung des Wassers führten. 1783 erhielt Lavoisier von Cavendishs Entdeckung, dass sich bei der Verbrennung des Wasserstoffs Wasser bilde, Kenntnis. Sogleich wurde es ihm klar, dass Wasser eine Verbindung von Wasserstoff und Sauerstoff sein müsse. Er machte Cavendishs Verbrennungsversuche nach und bestimmte die Zusammensetzung aus der Menge der verbrauchten Gase. Er zerlegte das Wasser, indem er Dämpfe über glühendes Eisen leitete, mit welchen sich der Sauerstoff verband und der abgeschiedene Wasserstoff aufgefangen wurde.

Durch diese wichtige Entdeckung beantwortete sich die schwierige Frage, woher die Metalle bei der Auflösung in Säuren ihren Sauerstoff hernähmen, und woher der Wasserstoff, der sich dabei entwickelte, stamme, leicht, und Lavoisier konnte nun (1785) mit Bestimmtheit aussprechen, dass sich die Säuren nie direkt mit einem Metall, sondern immer nur mit einem Oxid desselben verbinden und dass die Oxidation des Metalls entweder auf Kosten des Sauerstoffgehaltes der Säure oder des Wassers vor sich geht.

So war Lavoisiers Theorie zu einem vollkommenen Gebäude angewachsen, das die Blicke aller Chemiker anzog, wenn auch anfangs nur einzelne einzutreten wagten. Die Phlogistontheorie war Lavoisiers Angriffen nicht gewachsen. Seine Abhandlungen über die Verbrennung (1778) und über das Phlogiston (1783) waren unwiderleglich, denn sie beruhten auf Wahrheit. Vom Jahre 1785 an fand seine Lehre Anerkennung, und bedeutende Chemiker schlossen sich ihr an.

Durch Lavoisier entstand zunächst in Frankreich die antiphlogistische Schule, aus welcher eine Reihe der berühmtesten Forscher auf dem Gebiete der Chemie hervorgegangen sind und diese französische Schule oder la chimie Française, wie sie ihre Anhänger mit Stolz nannten, war für mehrere Jahrzehnte tonangebend und führend in Europa. Dabei unterstützte die Französische Republik die junge Wissenschaft der Zukunft, welche wie sie selbst und fast zu gleicher Zeit auf französischem Boden durch eine Revolution gegen das Alte erstanden war, auf das eifrigste.

Lavoisiers Arbeiten sind von unermesslicher Tragweite für die Chemie und für alle Naturwissenschaften, für die Industrie und die Kultur geworden. Die quantitative Untersuchungsweise gab ihr eine Sicherheit und eine Beweiskraft, die der Chemie vorher gefehlt hatte und die sie mit einem Male zu einer gleichberechtigten Wissenschaft neben die Physik stellte, der sie bis dahin unterstellt gewesen war. Die selbständige Weiterentwicklung dieser beiden verwandten Zweige der Naturwissenschaft hat in der segensreichsten Weise beide gefördert.

Welche Folgen Lavoisiers Lehre zunächst für die Chemie hatte, können wir nur andeuten.

Die Lehre von der Affinität, die man bisher nur qualitativ aufgefasst hatte, bekam durch die quantitative Untersuchung erst festen Halt und erhöhte Bedeutung. Mit der Überzeugung von der Unveränderlichkeit des Gewichtes der Materie bekam die quantitative Analyse erst ihre richtige Stellung und Bedeutung. Durch die quantitative Analyse lernte man die wirkliche Zusammensetzung zahlloser Körper kennen, die man vorher gar nicht darauf untersucht hatte. Aber indem man sich nicht damit begnügte, die quantitative Zusammensetzung einer Einheitsmenge zu finden, sondern ebenso danach suchte, wie viele der verschiedenen Bestandteile sich mit dem gleichen Gewicht einer bestimmten Substanz verbinden und in der weiteren Folge, eine wie große Menge einer Substanz nötig ist, um eine gewisse Menge einer anderen Substanz in Verbindungen zu ersetzen, kam man auf den Begriff des Äquivalents und legte damit die Grundlage der Stöchiometrie. Man fand, nachdem man die Äquivalentzahlen ermittelt hatte, dass die chemischen Verbindungen nicht nur in konstanten, sondern auch in einfachen Gewichtsverhältnissen statthaben. Die quantitative Analyse führte ferner zur Auffindung des Gesetzes der multiplen Proportionen. Mit der Erkenntnis dieser Gesetze erhebt sich die chemische Wissenschaft über den empirischen Standpunkt empor zur Wissenschaft. Indem man sich nicht mit der Gewichtsermittlung begnügte, sondern bei den gasförmigen Körpern auch die Volumenveränderungen beobachtete und deren Gesetzmäßigkeit erkannte, gelangte man zur Entdeckung des Zusammenhangs zwischen spezifischem Gewicht und Äquivalentgewicht bei den gasförmigen Körpern. Und diese Entdeckung führte wieder zur Bestimmung des Atomgewichtes.

Dass eine ganz andere Vorstellung von den Elementen mit der neuen Lehre aufkam, bedarf kaum der Erwähnung. Für sie war ein Element der Stoff, der sich chemisch nicht weiter zerlegen lässt.

So entsprang aus Lavoisiers Untersuchungen, Entdeckungen und Schlussfolgerungen der ganze Reichtum der modernen Chemie.

Wie Schuppen fiel es nun auch den Metallurgen von den Augen. Wie einfach und natürlich erschienen jetzt die Vorgänge, deren Erklärung die Phlogistontheorie mehr verdunkelt als aufgeklärt hatte. Oxidation und Reduktion sind ja die Grundlage fast aller metallurgischen Operationen. Diese waren durch die neue Lehre auf das einfachste erklärt. Jetzt erst kam die Luft, die man zwar als Luftzug oder Gebläsewind auch vordem nie entbehren konnte, der die Theorie aber immer nur eine zufällige, nebensächliche Bedeutung zuerkannt hatte, zu ihrem Recht. Jetzt erst fiel der Schleier des Geheimnisses, der die Konstitution der verschiedenen Eisensorten verhüllt hatte. Der „flüchtige Schwefel“, das „brennliche Wesen“, das „Phlogiston“ und wie man es sonst noch genannt hatte, es enthüllte sich einfach als Kohlenstoff; ein Stoff, der uns überall umgibt, den wir mit uns herumtragen, der unserem Körper Wärme und Leben verleiht und den man doch erst so spät erkannt hat!

Die Entdeckung, dass ein verschiedener Gehalt an Kohlenstoff die Verschiedenheit der Eisenarten, des Gusseisens, Stahls und Schmiedeeisens bedingt, war die unmittelbare Folge der Lehre und der Untersuchungsweise Lavoisiers. War sie doch, wie wir gesehen haben, durch bedeutende Chemiker, namentlich durch Reaumur, Bergman und Rinman so vorbereitet, dass uns für die Erklärung ihrer chemischen Untersuchungen und Beobachtungen oft nur das eine erlösende Wort gefehlt hat.

Dem ungeachtet ist die vortreffliche Arbeit, in welcher die drei Naturforscher Monge, Vandermonde und Berthollet im Jahre 1786 zuerst den Nachweis geliefert haben, dass es der Kohlenstoff sei, welcher die Verschiedenheit der Eisensorten, die Umwandlung des Schmiedeeisens in Stahl durch die Zementation u. s. w. bedinge, ein Ereignis für die Geschichte des Eisens. Sie ermittelten, dass in allen Eisensorten Kohlenstoff enthalten ist, dass davon aber das Schmiedeeisen nur sehr wenig, der Stahl mehr und das Gusseisen am meisten enthält.

Bergman hatte bereits auf die Wichtigkeit der längst bekannten Tatsache, dass man durch Zusammenschmelzen von Schmiedeeisen mit Kohle unter verschiedenen Bedingungen die verschiedenen Modifikationen des Eisens darstellen könne, hingewiesen. Da er aber eine unrichtige Vorstellung von dem Wesen der Kohle hatte, fand er die richtige Erklärung nicht. Er nannte das Reißblei (Garschaum, Kies) im Eisen „eine Verbindung des in einem gewissen Grade gestärkten Eisens mit dem gröberen Brennbaren desselben“. Scheele hatte schon 1779 die kohlenartige Natur des Graphits im Roheisen nachgewiesen und man fing bereits an, demselben eine wesentliche Rolle in der Zusammensetzung des grauen Roheisens zuzuschreiben; so namentlich auch Monge in Frankreich 1786.

Der Sturz der Phlogistontheorie durch Lavoisier, der Nachweis, dass Luft und Wasser zusammengesetzte Körper, sowie dass alle chemischen Stoffe wägbar sind, die Erklärung der Verbrennung und Verkalkung, die große Rolle, welche der Sauerstoff bei den wichtigsten chemischen Prozessen spielt, führten in ihren weiteren Folgen auch zu einer richtigen Erklärung der Konstitution des Eisens und der Ursache der Verschiedenheit seiner verschiedenen Modifikationen als Schmiedeeisen, Stahl und Gusseisen. Bis dahin hatte man diese Verschiedenheit durch das brennbare Wesen oder das Phlogiston erklärt. Nachdem die neue, sogenannte „antiphlogistische“ Schule nachgewiesen hatte, dass es kein Phlogiston gebe, musste man nach einer anderen Erklärung suchen. Diese lieferten die französischen Chemiker und Physiker Vandermonde, Berthollet und Monge in einer klassischen Abhandlung über das Eisen in seinem verschiedenen metallischen Zustande, welche im Jahre 1786 in den Memoiren der Akademie der Wissenschaften in Paris erschien. Diese Schrift bildet die Grundlage für die Lehre von der Zusammensetzung des Eisens.

Wie früher erwähnt, hatten Reaumur und Bergman die Natur der verschiedenen Eisensorten so gründlich studiert und so richtig erkannt und beschrieben, dass sie von der vollen Wahrheit nur die falsche Theorie trennte. Es fehlte für den die Eigenschaften bedingenden Bestandteil nur die richtige Bezeichnung als Kohlenstoff. Diese sprachen die genannten Chemiker zuerst bestimmt aus. Sie stellen sich in allem übrigen ganz auf den Boden der Untersuchungen von Reaumur und Bergman, gestehen dies rückhaltlos ein und sagen selbst, sie übersetzten eigentlich nur deren Resultate in eine neue Sprache.

Hierin ist ihre Bescheidenheit zu groß. Vor allem beseitigten sie einen fundamentalen Irrtum Bergmans. Dieser ging von der Annahme aus, dass die brennbare Luft (Wasserstoff), welche sich bei der Auflösung des Eisens in Säuren, namentlich in verdünnter Schwefelsäure entwickle, aus dem Eisen herrühre, also a priori ein wesentlicher Bestandteil des Eisens sei. Vandermonde, Berthollet und Monge wiesen dagegen nach, dass alle brennbare Luft, die sich bei dieser Auflösung bilde, aus dem Wasser herrühre. Es war durch Lavoisier erwiesen, dass sich bei der Lösung der Metalle in Säuren eine entsprechende Menge Wasser zersetze, indem sich das Metall auf Kosten des Sauerstoffs im Wasser oxidiere und nur in oxidiertem Zustande von der Säure gelöst werde. Daraus folgt, dass die Menge des bei der Auflösung sich bildenden Wasserstoffgases der Menge des reinen Eisens in der Substanz entspricht. Diese Mengen waren aber ungleich. Nach Bergmans Versuchen verhielten sie sich bei Stabeisen, Stahl und Roheisen wie 50 : 48 : 40. Es musste also mit dem reinen Eisen, welchem das geschmeidige Eisen am nächsten kommt, ein oder mehrere fremde Stoffe in dem Stahl und dem Roheisen verbunden sein, welche diese geringere Wasserstoffentwicklung bedingen. Diese fremde Substanz war Kohlenstoff. Dass dieser sich mit dem Stabeisen verbindet und dadurch Stahl bildet, ging klar aus der Zementstahlbereitung hervor. Das Zementierpulver, in dem die Schmiedeeisenstäbe geglüht werden, ist Kohle. Es findet nachweislich durch dieses Glühen eine Gewichtszunahme statt. Diese kann nur durch Aufnahme von Kohlenstoff bedingt sein. Schwerer fiel es den französischen Chemikern, die Natur des Roheisens zu erklären, weil sie noch nicht zwischen gebundenem und ungebundenem Kohlenstoff unterschieden oder vielmehr weil sie von gebundenem Kohlenstoff noch nichts wussten und annahmen, aller Kohlenstoff sei als ungebundener Kohlenstoff oder Graphit in dem Eisen enthalten. Dass aber auch bei dem Roheisen der Kohlenstoff den Unterschied zwischen weißem Eisen und grauem Eisen bedinge, schlossen sie daraus, dass man graues Eisen, welches nach ihrer Auffassung viel Kohlenstoff enthielt, erhält, wenn man die Erze mit viel Kohlen schmilzt, dagegen weißes Roheisen, wenn man dasselbe Erz mit wenig Kohle, also bei übersetztem Gang, schmilzt.

Indessen genügt ihnen der Kohlenstoffgehalt nicht, um den großen Unterschied zwischen weißem und grauem Roheisen zu erklären, ebenso genügt er ihnen nicht, um daraus die große Differenz der Wasserstoffmenge, welche aus Roheisen, und der, welche aus Stahl und Stabeisen entwickelt wird, herzuleiten. Um diese Erscheinungen zu erklären, machen sie die alte Theorie Reaumurs, dass das Eisen in Roheisen noch nicht vollkommen metallisiert sei, zu der ihrigen. Sie sagen: „Roheisen muss als ein König angesehen werden, dessen Wiederherstellung (Reduktion) nicht vollendet ist, der also noch einen Teil der Lebensluft in sich hat, mit welcher er im Erze als Kalk gebunden war.“ Sie nehmen also im Roheisen noch eine gewisse Menge Sauerstoff neben dem Kohlenstoff als wesentlichen Bestandteil an. Den Unterschied zwischen weißem und grauem Roheisen erklären sie nur dadurch, dass im weißen Eisen die Wiederherstellung noch unvollkommener ist als im grauen, dass also im weißen Eisen eine größere Menge Sauerstoff neben einer geringeren Menge Kohlenstoff enthalten ist, während das graue Roheisen wenig Sauerstoff und viel Kohlenstoff enthält. Dadurch soll sich die verhältnismäßig geringe Menge Wasserstoff, welche das weiße Eisen bei der Auflösung in Schwefelsäure entwickelt, erklären. Diese würde sich, nach der Anschauung der Verfasser, aus dem geringen Kohlengehalt nicht herleiten lassen, wohl aber aus der Beimengung von oxidischem Eisen, welches sich ja ohne Wasserstoffentwicklung in der Säure löst. Wenn bei dem Roheisen der Sauerstoffgehalt ein beträchtlicher ist, so ist er zwar bei dem Schmiedeeisen nur ein geringer, aber ganz frei davon scheint ihnen kein Eisen zu sein. So wenig es einen idealen Zustand des weichen Eisens, welches frei von allem Kohlenstoff sein müsste, gibt, so wenig gibt es einen absolut sauerstofffreien. Die Fehler von schlechtem Schmiedeeisen beruhen zum Teil auf einem größeren Sauerstoffgehalt. Der Stahl steht in dieser Beziehung nicht in der Mitte zwischen Roheisen und Schmiedeeisen; der Stahl verlangt vielmehr ein möglichst vollkommen wiederhergestelltes, d. h. sauerstofffreies Eisen zu seinem Grundstoff. Der Unterschied von Stahl und Stabeisen liegt nicht nur im Kohlenstoffgehalt; der Grundstoff des Stahls ist vielmehr von Sauerstoff freier als der des Schmiedeeisens. „Im Brennstahl ist das Eisen vollkommen wieder hergestellt, aber noch überdies mit Kohlenstoff gebunden, den er aus dem Zement eingeschluckt hat und von dem er eine gewisse Menge enthalten muss, wenn der Stahl von bestimmter Beschaffenheit sein soll. Zwischen Roheisen und Stahl besteht also dieser große Unterschied, dass in jenem das Metall immer schlecht, in diesem aber immer vollkommen wieder hergestellt ist; aber in beiden ist das Eisen an Kohlenstoff gebunden.“

Von dieser Ansicht aus erklären die Verfasser die wichtigsten Prozesse bei der Eisen- und Stahlbereitung. Das Rohschmelzen des Eisens ist die Reduktion der Erze oder die Wiederherstellung zu Metall. Diese ist aber nur unvollkommen, weil das Roheisen zu kurz vor der Form verweilt, hier gleich schmilzt und unter die flüssige Schlackendecke sinkt, die es vor weiterer Einwirkung schützt.

Die Bereitung des Stahleisens bei dem Frischprozess beruht auf zwei ganz verschiedenen Wirkungen, einer chemischen, dem Frischen, und einer mechanischen, dem Recken.

Bei dem Zementieren erkennt man am deutlichsten den chemischen Vorgang, der in einer Aufnahme von Kohlenstoff besteht. Durch das Brennen ändert sich wirklich die chemische Natur des Eisens, durch das Härten dagegen nicht. Um den Vorgang bei der Zementation nochmals ganz klarzustellen, machten die Verfasser sorgfältige Versuche, bei welchen sie Stabeisenstäbe in reiner, ausgeglühter Holzkohle bei vollständigem Abschluss von Luft und Feuchtigkeit glühten. Sie konnten auf diese Art nachweisen, dass die Veränderung, welche das Stabeisen erleidet, wenn es zu Stahl wird, allein von der Wirkung der Kohle und von keinem luftartigen Wesen, welches die Hitze daraus treibt, kommt und dass die Gewichtszunahme nur der Aufnahme von Kohle zuzuschreiben ist. Die Gewichtszunahme schwankte bei vier Versuchen zwischen 1/170 bis 1/180 des Eisengewichtes. Diese Gewichtszunahme ist nach Ansicht der Verfasser aber nicht als absolute Gewichtszunahme, sondern als die Differenz zwischen dem Zuwachs an Gewicht, den die Kohlenstoffaufnahme hervorbringt, und dem Verlust, den die gänzliche Wiederherstellung des Metalls, d. h. die Scheidung des kleinen Anteils von Lebensluft, der immer auch im geschmeidigsten Eisen ist, veranlasst.

Die Verfasser haben auch Bergmans Messungen der Mengen des Wasserstoffs, welcher sich bei der Lösung von Eisen in verdünnter Schwefelsäure entwickelt, wiederholt und wollen gefunden haben: 1. dass weißes Roheisen immer weniger brennbare Luft gibt als graues, und 2. dass Stahl immer weniger gibt als Stabeisen. Sie fanden ferner, dass sich bei der Auflösung Wasserstoff mit einem Teil des Kohlenstoffs zu Kohlenwasserstoff verbindet. Da dieser Kohlenwasserstoff ein geringeres Volumen einnimmt als reiner Wasserstoff, so erkläre sich zum Teil auch daraus die geringere Gasentwicklung bei der Auflösung von Stahl als von Roheisen. Die Differenz der Gasvolumina entspricht also nicht unmittelbar der Differenz an Kohlenstoff, sondern man muss, um diesen genau zu bestimmen, erst die Menge des Kohlenwasserstoffs ermitteln.

Dass das Roheisen Kohlenstoff enthalte, gehe nicht nur daraus hervor, dass seine blanke Oberfläche wie bei Stahl, wenn man einen Tropfen Säure darauf bringt, einen schwarzen Fleck gibt, sondern auch daraus, dass Stabeisen durch flüssiges Roheisen in Stahl verwandelt wird. Die Verfasser machten einen Versuch im Tiegel, der dies vollständig bestätigte. Die Kohle löse sich beim Schmelzen des Eisens in diesem auf, wie sich Salz in Wasser löse. Das weiße Roheisen sei leichtflüssiger, weil es noch mehr Lebensluft enthielte. Die Verschiedenheit der Roheisensorten liege also einesteils in der verschiedenen Menge Lebensluft, andernteils in der verschiedenen Menge Kohle, welche sie enthalten. Das Hauptargument, dass das Roheisen im allgemeinen und das weiße Roheisen besonders noch Lebensluft enthalten müsse, ist das, dass letzteres weniger entzündbare Luft bei der Auflösung in Säure entwickelt, obgleich es weniger Kohlenstoff als das graue enthalte. Dass graues Roheisen durch wiederholtes Umschmelzen in ganz geschlossenen Gefäßen stahlartig wird, soll beweisen, dass auch das graue Roheisen Sauerstoff in seiner Masse enthält und dass dieser sich beim Umschmelzen mit Kohlenstoff verbindet. Der Hauptbeweis, dass das Stabeisen noch Lebensluft enthält, ist der, dass Stabeisen beim Zementieren Blasen bildet, welche von dem Austreten der festen Luft (Kohlensäure), die sich aus der Verbindung der Kohle mit der wenigen Lebensluft im Stabeisen gebildet habe, herrührten.

Bei dem Hochofenprozess haben die Kohlen eine mehrfache Aufgabe zu erfüllen: sie erzeugen die Hitze, welche zur Schmelzung nötig ist, sie reduzieren das Erz, indem sie sich mit dessen Sauerstoff verbinden, und endlich löst sich ein Teil davon in dem geschmolzenen Eisen auf. Die Verfasser weisen selbst auf den Widerspruch hin, der darin liegt, dass gerade das Eisen, welches den meisten Kohlenstoff aufgelöst hat, auch die meiste Lebensluft enthält, da man bei der Verwandtschaft beider doch das Gegenteil erwarten sollte. Als Erklärung hierfür dient ihnen das rasche Schmelzen und das kurze Verweilen vor der Form. Dass sich Kohlenstoff mit dem Eisen verbindet, geben die Verfasser zu und es ändere sich die Verwandtschaft des Kohlenstoffs zum Eisen nach den verschiedenen Stufen der Hitze. Bei höherer Hitze nimmt das Eisen mehr Kohlenstoff auf, es wird damit übersättigt und lässt ihn beim Abkühlen wieder fahren. Geschieht dies sehr langsam, so scheidet sich dieser Kohlenstoff zuweilen als Garschaum an der Oberfläche aus, meist bleibt er aber in der Masse zerstreut. Der so ausgeschiedene Kohlenstoff ist Graphit oder Reißblei. Bergman, Scheele, Hjelm und Pelletier haben bewiesen, dass die ausgeschiedenen Graphitblättchen des Eisens nichts anderes sind als Kohlenstoff mit einem gewissen Anteil Eisen verbunden. Die Verfasser haben Graphit mit Hilfe eines starken Brennglases in einem geschlossenen Glasgefäße verbrannt. Es hatte sich dabei Kohlensäure gebildet und auf dem zurückgebliebenen Rest von Graphit fanden sich Kügelchen von geschmolzenem Eisen — Graphit halten sie deshalb für Kohlenstoff, der mit Eisen gesättigt ist, und zwar im Verhältnis von 9/10 zu 1/10. Ihre Beobachtungen führen zu dem Schluss, dass im erkalteten Roheisen und Stahl wahrscheinlich gebundener Kohlenstoff ist, der aber auch wieder bei dem Erkalten austritt und ungebunden darin bleibt, aber nicht als reiner Kohlenstoff, sondern als Reißblei. Graues Roheisen und weicher Stahl sind demnach keine gleichartigen Stoffe.

Die Resultate der französischen Chemiker, die mit Klarheit und Bestimmtheit vorgetragen sind, stellen einen großen Fortschritt dar. Sie enthalten aber auch einen großen Fehler, das ist die Annahme eines wesentlichen Sauerstoffgehaltes in Roheisen und sogar im Schmiedeeisen. Diese Annahme erklärte allerdings scheinbar vielerlei Erscheinungen in leichter Weise, deshalb wurde sie auch ziemlich allgemein angenommen; sie war aber nur so lange haltbar, als man die Eisensorten keiner genauen chemischen Analyse unterzog. Dieser schweren Aufgabe war man damals noch nicht gewachsen.

Dass diese hochbedeutsame Abhandlung bei allen gebildeten Metallurgen das größte Aufsehen erregte, ist natürlich. Die neuen Ansichten waren in so überzeugender, verständlicher Weise vorgetragen, dass sie allgemeinen Anklang fanden und zunächst kaum einen Widerspruch hervorriefen. Um ihre praktische Bedeutung zu erhöhen und noch klarer vor Augen zu führen, stellte im Jahre 1794 die Königl. Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften die Preisfrage: Worin besteht der Unterschied zwischen Roheisen aus Hohenöfen und geschmeidigem Eisen aus Frischherden und nach welcher Methode lässt sich das letztere am besten und vorteilhaftesten aus dem ersteren bereiten?

Für den ersteren Teil der Frage empfahl die königl. Gesellschaft die angeführte französische Abhandlung, aber mit dem Hinweis, dass die Bestimmung der besten Frischmethode der Hauptgegenstand der Aufgabe sein solle. — Als Termin war der 1. Januar 1796 bestimmt; er wurde aber bis zum 3. März 1797 verlängert. Es liefen acht Abhandlungen ein, von denen drei als die besten befunden und der ausgesetzte Preis unter denselben geteilt wurde. Außerdem wurden aber diese drei Abhandlungen, welche von Professor Lampadius, Hofrat Hermann und K. Schindler herrührten, auf Kosten der böhmischen Gesellschaft gedruckt. Sie gehören zu den besten hüttenmännischen Schriften aus jener Zeit. Während die beiden letzten Abhandlungen die praktische Lösung der Frage erstreben, ist die erste mehr theoretisch gehalten.

Lampadius kommt darin im Wesentlichen zu demselben Ergebnis wie Vandermonde, Berthollet und Monge. Obgleich er durchaus selbständig experimentiert, findet er doch auch den Sauerstoff als einen wesentlichen Bestandteil des Roheisens, nur nimmt er an, dass derselbe erst durch den Gebläsewind in dasselbe gelange. Lampadius hatte seine Beobachtungen an dem Hochofen des Grafen Einsiedel zu Mückenburg gemacht. Er beschreibt die Vorgänge bei dem Schmelzprozess in einem Hochofen von 32 Fuß Höhe folgendermaßen:

„In dem oberen Teil des Ofens von 10 bis 12 Fuß über der Rast verflüchtigen sich die flüchtigsten Bestandteile, als das Wasser der Erze und der Kohlen, auch fängt schon am Ende die Verflüchtigung des Schwefels, Phosphors und der Luftsäure (Kohlensäure) an; tiefer bis zur Rast dauert die Verjagung dieser Substanzen fort und die Reduktion nimmt ihren Anfang, indem sich der Kohlenstoff der Kohle mit dem Sauerstoff der Erze verbindet und als Luftsäure entweicht. Von hier bis zur Form findet der Anfang der Schmelzung statt, die verschiedenen Erden lösen sich untereinander nebst dem Eisen und Braunsteinkalk, welche noch nicht reduziert sind (auch der Schwefel und die Phosphorsäure, wenn diese noch nicht verflüchtigt sind), auf, indem die Kohle die Reduktion vollendet und anfängt, sich mit dem Eisen zu verbinden. Durch die Verbindung der ersteren untereinander wird die Schlacke und durch die der letzteren das Roheisen erzeugt. (Ist noch unverflüchtigter Schwefel oder Phosphor in der Mischung, so geht auch dieser mit in das Roheisen.) Nunmehr erreicht das Ganze die heftige Wirkung des Gebläses, wo der höchste Grad der Schmelzung stattfindet (wo sich auch der Braunstein mit dem Eisen verbindet), zugleich aber auch dem reduzierten Eisen aus der immer mit Gewalt zuströmenden Luft Lebensluft mitgeteilt wird. In den oberen Teilen des Ofens konnte diese Verkalkung nicht stattfinden, da sich das Gemenge in einer Säule von Luftsäure und Stickluft befand. Ein Teil dieses verkalkten Eisens geht auch mit in die Schlacke über, welche sich nun vermöge ihres geringeren spezifischen Gewichts absondert. Die Eisen- und Schlackentropfen passieren endlich die Form und fallen noch von neuem auf Kohlen, wo das erstere noch einen Teil Kohlenstoff aufnimmt. Jetzt bedeckt die Schlacke das vollendete Roheisen, welches nun bei dem gehörigen Gange des Hohenofens keine Veränderung mehr erleidet. Im Fall man aber nicht zeitig genug absticht, so dringt der Wind durch die Schlacke und verbrennt noch Eisen, welches die erstere aufnimmt.

Der geringe Anteil von Erden in dem Roheisen ist vorzüglich während der Schmelzung, ich möchte fast sagen, mechanisch hineingekommen.

Demnach besteht das Roheisen hauptsächlich aus: metallischem Eisen, gekohltem Eisen, Sauerstoff und enthält zufällig Erden, Phosphor, Schwefel und Braunstein.

Die Hochofenschlacken bestehen aus verglasten Erden und verkalktem Eisen; sie enthalten zufällig Braunsteinkalk, Phosphorsäure, Schwefelsäure.“

Lampadius nimmt ebenfalls an, dass der Kohlenstoff nicht in der Masse des Eisens aufgelöst, sondern dass er mit einem gewissen Teil Eisen chemisch verbunden als Graphit in dem Roheisen enthalten ist. Nach seinen Untersuchungen hinterließen

 

100 Teile    weißes Roheisen

nach der Auflösung in verdünnter Schwefelsäure                   1⅝ Proz.

100 Tle.     weißgraues Roheisen                                                 2¾ „

100 „         graues Roheisen                                                        3⅞ „

100 „         schwarzgraues Roheisen                                            4¼ „

gekohltes Eisen.

 

Lampadius nimmt an, dass dieser Rückstand den ganzen Kohlenstoffgehalt des Eisens enthalte.

Der Frischprozess verläuft nach Lampadius in der Weise, dass: 1. Der Sauerstoff der Luft sich bei einem gewissen Temperaturgrade mit dem gekohlten Eisen in dem Roheisen verbindet und die Kohle in Luftsäure, das damit verbundene Eisen in Eisenkalk verwandelt. Erstere wird verflüchtigt, letztere geht in die Schlacke über. 2. Der in dem Roheisen enthaltene Eisenkalk (Sauerstoff und Eisen) wird abgesondert und in die Schlacke geschmolzen, da verkalktes Eisen viel leichter fließt als reduziertes. 3. Die in dem Roheisen enthaltenen Erden lösen sich mit dem Eisenkalk chemisch auf und gehen in die Schlacke über. 4. Ein geringer Teil gekohltes Eisen geht unverändert mit in die Frischschlacke über, weil es ebenfalls leichtflüssiger ist, wie das Frischeisen, doch ist es gewissermaßen nur mechanisch in demselben enthalten. 5. Weil das Eisen überhaupt eine starke Affinität gegen den Sauerstoff hat, so wird auch noch ein Teil in dem Frischherd verkalkt und geht mit als Bestandteil in die Frischschlacke über. Enthält das Roheisen noch Braunstein, Phosphor oder Schwefel, so werden auch diese oxidiert und verschlackt. Demnach ist die Eisenfrischarbeit ein wirklicher Oxidationsprozess. Der Gewichtsverlust, welchen das Roheisen beim Verfrischen erleidet, entsteht: 1. Durch Verkalkung des Eisens, welches mit dem Kohlenstoff verbunden war. 2. Durch die Absonderung des mit Sauerstoff schon verbundenen Eisens. 3. Durch zufällige Verkalkung von Eisen während der ganzen Arbeit. 4. Durch die Absonderung des Kohlenstoffs. 5. Durch die Absonderung der Erden, des Braunsteins, Phosphors u. s. w.

Lampadius nimmt also bestimmt an, dass noch eine nicht unbeträchtliche Menge Sauerstoff im Roheisen enthalten sei, ebenso aber auch die Abscheidung desselben bei dem Frischprozess.

Von Interesse ist noch folgende, von ihm mitgeteilte Analyse einer Frischschlacke. In 100 Teilen waren enthalten:

 

77 Eisenkalk,

10¼ Kieselerde,

3 Tonerde,

3 Braunsteinkalk,

1¾ Phosphorsäure,

1½ gekohltes Eisen.

 

In Bezug auf den zweiten Teil der Preisfrage fasst sich Lampadius sehr kurz. Er schlägt das Vorfrischen in einem großen Flammofen, in dem man etwa 50 bis 70 Zentner auf einmal verarbeiten soll, vor, indem er von dem richtigen Grundsatz ausgeht, dass ein Prozess umso ökonomischer wird, in je größerem Maßstabe man ihn betreibt. Er sclhießt aber mit seinem Vorschlag, der ein ganz theoretischer war, weit über das Ziel des damals Möglichen hinaus und verrät damit, dass er von dem Wesen des Puddelprozesses keine richtige Vorstellung hatte.

Trotz aller Fortschritte im Puddelbetrieb ist man doch nicht entfernt jemals zu solchen Einsätzen gekommen, im Gegenteil haben sich größere Einsätze, als etwa 5 Zentner, nicht als vorteilhaft erwiesen. Von Interesse ist aber Lampadius’ Bericht über Frischversuche in einem Puddelofen zu Mückenberg, welche wir an anderer Stelle besprechen werden.

Hermann ist noch vollständig in den Anschauungen der Phlogistontheorie befangen und kann sich mit den Ansichten der französischen Forscher nicht befreunden. Seine theoretischen Erörterungen haben für uns deshalb kein Interesse; wohl aber der praktische Teil seines Werkes, indem er die Verbesserungen des Hochofenwesens an den sibirischen Hütten, bei welchen er selbst tätig war, erläutert. Seine Vorschläge sind sehr richtig und gut und werden durch lehrreiche Beilagen erläutert. Als Frischverfahren empfiehlt er die bekannte Wallonschmiede und die deutsche Frischschmiede und sucht die ökonomische Verbesserung mehr in dem Umfange und der Zweckmäßigkeit der Anlage.

Schindlers Arbeit ist die umfangreichste, enthält aber am wenigsten neues. Sie gibt aber eine sehr gründliche und lehrreiche Darstellung der damals bekannten Frischmethoden. In Bezug auf die Frage, ob das Roheisen Sauerstoff enthalte, spricht er sich nicht bestimmt aus, doch geben seine Versuche eher ein negatives Resultat. Im allgemeinen neigten die Eisenhüttenleute auf dem Kontinent der Ansicht, dass das Roheisen Sauerstoff als wesentlichen oder nie fehlenden Bestandteil enthalte, am Ende des 18. Jahrhunderts zu. Die Theorie der Konstitution der Eisenarten wurde hinsichtlich des Kohlenstoffgehaltes durch Versuche, welche französische Chemiker durch Zusammenschmelzen von möglichst reinem Eisen mit Diamant anstellten, bestätigt. Diese Versuche wurden im Jahre 1799 von Guyton de Morveau, Clouet, Welter und Hachette ausgeführt.

Die Verbrennlichkeit des Diamants war schon früher bekannt, besonders aus den Versuchen, welche der Großherzog Cosmos III. von Toskana 1694 und 1695 durch Averami und Targioni hatte anstellen lassen, die erwiesen, dass der Diamant in dem Focus eines großen Brennspiegels sich vollständig verflüchtigt. 1771 beobachtete Macquer bei einem Versuche, Diamanten zu verflüchtigen, Flammenerscheinung und stellte fest, dass der Diamant wirklich verbrennt. 1773 wiesen dann Lavoisier, Macquer und andere nach, dass das Verbrennungsprodukt des Diamanten reine Kohlensäure, der Diamant also reiner Kohlenstoff sei.

1798/9 stellte Guyton de Morveau Versuche an, Schmiedeeisen mit Diamant zusammenzuschmelzen, wobei er Stahl erhielt. Clouet hatte die Anregung zu diesem Experiment gegeben. Schon vordem hatte Malliard gefunden, dass der Diamant das Eisen in der Hitze anfresse und zu einer Art Schlacke schmelze. Lampadius vermutete 1795, dass dies eine Verbindung von Eisen und Kohlenstoff sein möge. Der Versuch Guytons wurde in der Weise ausgeführt, dass ein Diamant von 0,907 g in einen kleinen Tiegel von Schmiedeeisen, der mit einem genau passenden Stöpsel von demselben Eisen verschlossen war, in einen hessischen, mit Quarzsand ausgefütterten Tiegel eingesetzt und erhitzt wurde. Eisen und Diamant schmolzen zu einer abgerundeten, gut begrenzten Masse Gussstahl zusammen.

Die große Wichtigkeit des Braunsteins für die Stahlbereitung kannte man längst, ehe Gahn 1777 dessen metallischen Grundstoff, das Mangan, dargestellt hatte. Seit dieser Zeit legte man aber dem Mangan eine noch größere Wichtigkeit bei und ging darin so weit, die Stahlbildung geradezu von dem Mangan abhängig zu machen. Man nahm an, das Mangan sei es, welches die Verbindung der Kohle mit dem Eisen bewirke und in der Art, wie es dies thue, liege seine Wirksamkeit bei der Stahlbereitung. Besonders hatte der „Bürger Picot“ (de La Peyrouse) die Eigenschaft des Braunsteins, die Schmelzung des Eisens zu befördern, seine Güte zu erhöhen und die Bildung des gegossenen und natürlichen Stahls wesentlich zu fördern, erkannt (1787).

Quantz sagt, „je mehr Magnesium (i. e. Mangan) in dem Roheisen zugegen ist, desto leichter wird man Stahl erhalten, so dass die verschiedenen Mengen von Magnesium schon im Voraus die verschiedenen Grade der Stahlartigkeit eines Roheisens anzugeben imstande sind“. Man nahm an, dass zum Stahl unbedingt drei Stoffe erforderlich seien: Eisen, Kohle und Mangan. Gazeran sagt: „In gutem natürlichen Stahl muss sich das Mangan im doppelten Verhältnis zum Kohlenstoff befinden. Jeder Stahl und besonders der natürliche ist eine Verbindung des Eisens mit Mangan und Kohlenstoff.“ Diese Verbindung ist gewöhnlich im deutschen Schmelzstahl folgende:

 

Eisen                96,84

Mangan            2,16

Kohlenstoff      1,00

100,00

 

Man nahm also an, dass das Mangan ein wesentlicher Bestandteil des Stahls sei.

Hiermit in Widerspruch standen aber von Vauquelin 1797 veröffentlichte quantitative Analysen von Zementstahl, welcher 1785 von Soller in Remmlingen fabriziert worden war. Dieselben sind zwar im Wesentlichen nach Berthiers Verfahren gemacht, zeichnen sich aber dadurch aus, dass außer der Kohle auch Kiesel (silice), d. h. Kieselsäure und Phosphor bestimmt sind. Er fand in 100 Teilen:

 

Eisen                97,597             bis   98,551

Kohle               0,631              „      0,789

Kieselsäure        0,252              „      0,315

Phosphor        0,345              „      1,520

 

Mangan wurde darin nicht gefunden. Auf Genauigkeit können dieselben allerdings keinen Anspruch machen. Kohle und Kieselsäure sind nach Vauquelins Ansicht mit einem Teil Eisen verbunden als „carbure de fer“ in dem Stahl enthalten. Dieses Kohleneisen soll folgende mittlere Zusammensetzung haben:

 

Kohle               53

Eisen                26

Kiesel               21

100

 

Um diese Zeit begann auch Klaproth, welcher 1792 das Titan entdeckt hatte, zahlreiche Eisenerzanalysen zu veröffentlichen, auf die wir später zurückkommen werden.

Im Jahre 1797 entdeckte Vauquelin das Chrom in einem sibirischen Mineral, welches nach ihm Vauquelinit genannt wurde.

 

 

Die Eisenbereitung im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts.

 

Luppenfeuer 1775 bis 1800.

 

Weitere Entwicklung der Schmiedeeisenbereitung in Luppen- und Frischfeuern. 1775 bis 1800. Indem wir in den folgenden Kapiteln einen Überblick über den Stand und die Fortschritte der Eisenbereitung im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts geben, beginnen wir mit der direkten Gewinnung schmiedbaren Eisens aus den Erzen, die zwar an Bedeutung mehr und mehr verloren hatte, aber doch immer noch eine Rolle spielte.

Dass die Luppenfeuer auf adligen Gütern in Deutschland in dieser Zeit noch gebräuchlich waren, geht aus dem Artikel in Krünitz’ Enzyklopädie (1785) und einer Abhandlung von Justi von 1771 hervor.

Nach Beschreibung der ältesten Luppenfeuer, welche an Bergabhängen angelegt worden seien und aus einem größeren Schmelzloch und einem tiefer gelegenen kleineren Schlackenloch bestanden hätten, heißt es:

„Von dieser leichten und einfältigen Art, das Eisen auszuschmelzen, sind vermutlich die sogenannten Luppenfeuer entstanden, die schon seit vielen Jahrhunderten in Deutschland stattfinden und deren sich die Adligen, welche auf ihren Gütern mit dem Bergwerksregal oder mit dem Eisenhüttenrechte beliehen sind, noch heutigen Tages sehr häufig bedienen. Bei diesen Luppenfeuern findet dieselbe Einrichtung statt: ein oben solches rundes und unten ovales Loch zum Einschmelzen; ein oben dergleichen, aber weniger tiefes Loch in einem Orte der Eisenhütte, welcher 5 bis 6 Fuß tiefer ist als die Erhöhung, in welcher sich das Schmelzloch befindet und in welches die Schlacken aus dem letzteren ablaufen; nur ist man bemüht gewesen, den Anstalten zum Luppenfeuer eine größere Dauerhaftigkeit zu geben. Sowohl das Schmelz- als Schlackenloch sind mit feuerbeständigen Ziegelsteinen ausgemauert und anstatt des Zugloches der Alten hat man 4 bis 5 Zoll von dem obersten Rande des Schmelzloches ein doppeltes Gebläse, jedoch gemeiniglich nur von Leder, angebracht, welches durch ein Wasserrad getrieben wird. — Das durch das Luppenfeuer gewonnene Stabeisen ist gemeiniglich sehr gut, aber die ganze Anstalt taugt nichts. Sie ist eine Verschwendung sowohl der Kohlen als des Eisensteins.“

Bei dem Schmelzen wird erst das Schmelzloch und das Schlackenloch vorgewärmt, dann lagenweise Holzkohle und gepochter Eisenstein mit dem nötigen Zuschlag aufgetragen und zu einem förmlichen Hügel über der Öffnung aufgetürmt. Das Ganze schmilzt zu einer Luppe zusammen, von der man, wenn sie fertig ist, die Schlacke absticht, die Kohlen wegräumt und die Luppe aufbricht. Da die Verbrennung beinahe in freier Luft erfolgt, so ist die Verschwendung von Kohlen und Eisenstein eine unmäßige.

„Man muss sich in der Tat verwundern, dass diese Luppenfeuer in Deutschland noch immer beibehalten werden, da man doch heutigen Tages weit bessere und vorzüglichere Anstalten zum Eisenschmelzen hat.“ Dass dies doch geschehe, liege hauptsächlich in der Kostspieligkeit der besseren Anlagen, denn einen Hochofen zu erbauen, koste an 3000 Taler und eine Hochofenhütte mit allen dazu gehörigen Anlagen und Gebäuden 20000 Taler und mehr. Koste doch ein Blauofen 1200 bis 1500 Taler zu bauen.

Zur Verbesserung dieser Luppenfeuer schlug deshalb Justi vor, sie mit einem Steinkranz zu überbauen. Dieser Vorschlag, der durchaus unpraktisch war, hatte keinen Erfolg und genügt es, ihn erwähnt zu haben.

Im ganzen war die direkte Eisenbereitung in Deutschland mehr und mehr im Verschwinden begriffen. In Sachsen, wo früher die Luppenfeuer verbreitet gewesen waren, fand Stockenström auf seiner Informationsreise im Jahre 1778 keins mehr vor, in Thüringen nur ein einziges in dem meiningischen Dorfe Steinbach (s. Bd. I, S. 782). Dieses erwähnt auch der Bergamtsassessor Wille noch 1786. Ebenso war es am Harz, wo nur in Uslar noch in einem Luppenfeuer Frischschlacken zeitweilig verschmolzen wurden. Es geschah dies in einem Zerenn- oder „Zentnerherd“, eigentlich Zehntnerherd. Seit alter Zeit hatte nämlich die Landesherrschaft am Harz den ihr zukommenden Erzzehnten in eigenen Zehntnerherden verschmolzen und hatten sich diese auch nach Einführung des Hochofenbetriebes an manchen Plätzen erhalten. Ein solcher alter Zehntnerherd war bei Uslar, der von höchst primitiver Konstruktion war. Er hatte weder einen eisernen Boden, noch eiserne Seitenzacken. Die Herdgrube wurde vielmehr aus feuchter Stübbe, ähnlich wie ein Garherd, geschlagen und die Seitenwände nur zum Schutz gegen das Einwerfen der Beschickung oben mit eisernen Platten abgedeckt. Die Breite von Form- zur Windseite betrug 21 Zoll, die Tiefe bis zur Mitte des Gestübbebodens 12 Zoll. Formlage und Formmaul waren wie bei einem Frischfeuer. Die Bälge waren kleiner, wechselten aber rascher. Beim Anlassen wurden vier Maß kleine Kohlen von Zweigen und schwachen Ästen von Laubholz (Grubenkohlen) aufgegeben und dann vier Schaufeln ganz fein gepochter Frischschlacke darüber gebreitet. Hierauf gab man wieder Kohlen u. s. w., so dass man etwa 8 Ztr. Schlacke in 5½ Stunden durchsetzte. Anfangs blies man langsam, zuletzt rasch, damit in der Masse eine Scheidung erfolgte und die kleine Luppe von 1¼ bis 1¾ Ztr. Gewicht sich ansammelte. Die Luppe oder der Deul wurde unter dem „Zentnerhammer“, einem Stabhammer, fertig gemacht und ausgeschmiedet.

Weil dieses Zerenneisen aber meist noch roh und undicht war, so wurde es gewöhnlich noch einmal im Frischherd geschmolzen und gab dann ein sehr gutes Eisen. Die Arbeit erforderte einen sehr rohen Gang und wurden zuletzt oft Schlacken abgelassen.

Dieses Verfahren wurde auf Rinmans Empfehlung in Schweden eingeführt und dort verbessert.

In Schlesien befanden sich nach Karstens Angabe im Jahre 1780 noch 17, 1790 noch 10 Luppenfeuer, davon 10 in Niederschlesien und 2 in Oberschlesien. Die letzteren gingen 1798 ein; von den ersteren waren 1814 noch 4 zu Greulich, Alt-Öls, Modlau und Nieder-Leschen im Betrieb. Es wurden Rasenerze darin verschmolzen.

Eins der letzten Luppenfeuer in Oberschlesien, das des Grafen Colonna zu Tworock, hat Eversmann abgebildet, Fig. 179. Er beschreibt es als ein Ding, wie eine märkische Ambossschmiede, nur dass der Herd eine in Kohlengestübbe gemachte größere und ungefähr 1 bis 1½ Fuß tiefe Öffnung hatte. Die Eisenerze von Tarnowitz, welche leichtflüssig sind, wurden ohne weitere Vorbereitung in einen Handkübel voll Wasser geschüttet, dass sie etwas zusammenklebten und so mit dem Wasser auf dieses Feuer geschüttet, vor dem zwei große Frischbälge mit ziemlich stechender Form lagen. So wie sie niedergegangen waren, wurden wieder frische aufgethan und die Kohlen angeschürt, bis eine Luppe von ungefähr 150 Pfund im Feuer war, die dann aufgebrochen und unter dem Hammer in Stäbe geschlagen wurde. Zu einem Zentner Eisen rechnete man 1½ Korb Kohlen (etwa 46 Kubikfuß). In 24 Stunden wurden drei Luppen gemacht. Zu zwei Luppenfeuern waren 4 Schmiede, 4 Luppenschmelzer und 2 Kohlenschütter erforderlich. Das Erz wurde klar gepocht und Kalk zugeschlagen.

Auch in der Oberpfalz waren von den Zerennfeuern, welche die Brauneisensteine von Amberg verschmolzen, Ende des vorigen Jahrhunderts noch einige im Betrieb. Das halbgare Zerenneisen wurde in besonderen Löschfeuern zu geschmeidigem Eisen umgearbeitet, wobei es 33 Prozent verlor.

In England wurden keine Luppenfeuer (bloomeries) mehr betrieben.

In Schweden waren die alten Bauernöfen fast verschwunden. Dagegen war der Betrieb von Luppenschmieden noch in ausgedehnter Anwendung in den Vereinigten Staaten von Nordamerika und in den Pyrenäen.

 

 

In Frankreich gab es nur in den südlichen Provinzen Luppenfeuer, die von den französischen Metallurgen nur wenig beachtet wurden, bis im Jahre 1775 der Artilleriehauptmann Tronson du Coudray durch eine Schrift, in welcher er die Eisenmanipulationen in Korsika und in der Grafschaft Foix beschrieb, die allgemeine Aufmerksamkeit darauf lenkte und eine nachhaltige Diskussion über die Vorteile der direkten Schmelzmethode anregte, die von geschichtlicher Bedeutung ist. Tronson du Coudray kam nämlich, nachdem er das Verschmelzen der elbanischen Erze in Korsika und die katalonische Schmelzart in Roussillon und der Grafschaft Foix beschrieben hatte, zu dem Schluss, dass die katalonische Schmiede eine bessere Abscheidung der Unreinigkeiten der Erze, also ein besseres Eisen erzeuge, dass man in ihnen ohne weitere Unkosten sowohl Eisen als Stahl machen könne und dass drittens die Anlagekosten nur den vierten Teil, der Kohlenverbrauch nur die Hälfte betrage als bei der indirekten Methode mit Hochofen- und Frischbetrieb, wie er im übrigen Frankreich gebräuchlich sei. Diese verlockenden Aussichten erregten Aufmerksamkeit, umso mehr, als du Coudray korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Paris war und dieser seine Schrift zugeschickt hatte. Duhamel war damals Generalinspektor der königlichen Bergwerke. Er interessierte sich für die Sache, besuchte die Grafschaft Foix und brachte 1785 in der Akademie eine Abhandlung über die Konstruktion der dortigen Eisenschmelzherde zur Vorlesung, welche großen Beifall fand und deren Druck in der Sammlung der akademischen Schriften beschlossen wurde. Gleichzeitig hatte ein anderer hervorragender Metallurge Frankreichs, Baron de Diedrich, sich für die Eisenwerke der Pyrenäen interessiert und dieselben 1785 ebenfalls besucht. Er erhielt von dem Grafen von Artois, dem Bruder König Ludwigs XVI., den Auftrag, die Schmelzung anderer Erze und zwar zunächst der von Berri und der von Alevard in der Dauphiné in pyrenäischen Schmelzherden vorzunehmen. Der Graf von Artois ließ auf seine Kosten 200 Ztr. Erze von Berri nach der Grafschaft Foix fahren und der Generalkontrolleur schickte gleichzeitig 30 Ztr. spätige Erze der Dauphiné dorthin. Auch Baron de Diedrich war bei seinem ersten Besuch entzückt von der Einfachheit des Verfahrens und setzte wie Duhamel große Hoffnungen auf eine allgemeinere Verwendung desselben. Wenn er auch die von du Coudray angenommene Kohlenersparung von der Hälfte des seitherigen Verbrauchs für etwas zu hoch hielt, so glaubte er doch, durch die allgemeine Einführung dieses Prozesses auf die Ersparung des dritten Teils des Verbrauchs in Frankreich sicher rechnen zu dürfen. Er berechnete den Kohlenverbrauch in Katalonschmieden zu 3¼ Pfund Kohle auf 1 Pfd. Eisen, dagegen bei der indirekten Methode auf 5 bis 6½ Pfd. Die Ergebnisse der angestellten Versuche entsprachen aber den Erwartungen nicht. Die Erze von Berri gaben bei 15 Versuchen neben großem Abbrand ein ganz unbrauchbares Eisen. Die Versuche mit den Erzen von der Dauphiné fielen besser aus und gab v. Diedrich sein Urteil dahin ab, dass dieselben geeignet seien, um nach dem Verfahren von Foix verschmolzen zu werden, „wenn man sie richtig behandle“ — also auch nicht ohne Reserve. Den Veröffentlichungen von Baron v. Diedrich und Duhamel folgte dann 1787 die ausführliche Abhandlung des Marquis de la Peyrouse, Traité sur les mines et les forges du Comté de Foix, welche ebenfalls die Vorzüge dieses Schmelzverfahrens anpreist. Den Misserfolg des Baron v. Diedrich mit den Erzen von Berri sucht er dadurch zu beseitigen, dass er annimmt, man habe besonders schlechte und schwefelhaltige Erze geschickt, während gewiss eher das Gegenteil der Fall war, da der Graf von Artois persönliches Interesse an dem günstigen Ausfall der Versuche hatte. Für die Dauphiné will er das Verfahren sofort eingeführt wissen. So groß das Interesse war, welches diese rasch aufeinander folgenden gut geschriebenen Veröffentlichungen in den fachmännischen Kreisen hervorriefen, welches sich unter anderem auch darin äußert, dass das Buch von Tronson du Coudray 1786 von Chr. L. A. Wille und das des Marquis de la Peyrouse 1789 von Gust. Karsten in das Deutsche übersetzt wurden, so war der praktische Erfolg doch nur gering. Den Theoretikern und dem gebildeten Publikum leuchteten die Vorschläge der genannten Schriftsteller wohl ein, vielleicht um so mehr, weil sie in die Zeit Rousseaus und der Schwärmerei für die Rückkehr zum alten und einfachen fielen, aber die Männer der Praxis wollten nichts davon wissen. Auch die schwedischen Metallurgen Rinman und Garney, die ebenfalls von dem Blendwerk des natürlichen Schmelzverfahrens etwas angesteckt waren, beschränkten sich auf einige billige Versuche.

Garney machte mit Raseneisensteinen, die im Hochofen ein Roheisen gaben, das sich nur zu einem kaum brauchbaren Schmiedeeisen verfrischen ließ, Versuche im Luppenfeuer und erhielt ein gutes weiches Eisen. Ebenso gelang es ihm, aus braunsteinhaltigen Bergerzen einen brauchbaren Rohstahl zu erhalten. Rinman zog hieraus den Schluss, dass es besser wäre, manche Erze direkt auf Schmiedeeisen, statt auf Roheisen, zu verschmelzen.

„Das Ausbringen aus den Erzen und der Zeitaufwand schienen freilich sehr unvorteilhaft und mit vielen Kosten verknüpft zu sein, allein der Schmelzprozess würde sich ohne Zweifel durch eine größere Vorrichtung und durch ein stärkeres Gebläse ungemein verbessern lassen.“

Man übersah bei den günstigen Urteilen über den Luppenfeuerbetrieb in den Pyrenäen den großen Schmelzverlust, die historische Entwicklung und die Abgelegenheit und Unzugänglichkeit der Hochgebirgstäler, in denen dieser Betrieb in Ausübung stand, welche eine Konkurrenz kaum ermöglichten und den Jahrtausende alten Betrieb lebensfähig erhielten.

Die ganze Bewegung hatte den Vorteil, dass dieser in den übrigen Industrieländern ausgestorbene oder im Verschwinden begriffene Betrieb gründlich studiert und sorgfältig beschrieben wurde. Tronson du Coudray schilderte zunächst die Eisengewinnung aus elbanischen Erzen auf der Insel Korsika, die noch in der ursprünglichsten Weise ausgeübt wurde. Die Schmelzvorrichtungen waren noch einfacher, als wie wir sie im ersten Band nach Sageys Bericht von 1828 geschildert haben. Es ist deshalb keine Wiederholung, sondern eine Ergänzung, wenn wir einen Auszug aus seiner Schilderung folgen lassen.

Die Korsikanschmiede erfordert nur einen erhöhten Boden von 8 bis 10 Fuß Länge und 5 bis 6 Fuß Breite, von dessen einer Seite sich eine Mauer mit einer Öffnung für die Windform befindet. Vor dieser liegt eine halbkreisförmige Grube, welche 3 Fuß im Durchmesser hat und 6 bis 7 Zoll tief ist. Diese Grube wird mit angefeuchteter Kohlenstübbe ausgeschlagen, so dass unter der Formmündung noch ein Abstand von 4 bis 5 Zoll bleibt. Alsdann setzt man in einem Abstand von 5 Zoll von der Form ringsum eine 4 bis 5 Zoll dicke Wand von Holzkohlenstücken, die man sorgfältig wie eine Trockenmauer zunächst 6 bis 7 Zoll hoch aufbaut. Dann legt man um diesen Kohlenzirkel eine ebensolche Erzwand 6 Zoll dick aus nussgroßen Stücken von gebranntem Erz von Elba. Diese umgibt man von außen mit einem zweiten Kohlenkranz von 2 Zoll Dicke. Sind die ersten Lagen so aufgeführt, so setzt man auf diese erste eine zweite von derselben Höhe und Beschaffenheit. Um aber dem ganzen Haufen bessern Halt zu geben, legt man von außen ringsum einen Kranz von dicken Erzklumpen dagegen, welche gleichzeitig für den nächsten Tag gebrannt werden sollen. Auf die beiden unteren Lagen trägt man dann noch eine innere Lage Kohlen und eine äußere Lage von gesintertem Erz von der früheren Schmelzung in Brocken von Faustgröße auf. Alsdann werden in den inneren Hohlraum vor die Form glühende Kohlen eingeschüttet, darauf mit frischen Kohlen bis oben hin nachgefüllt und der Wind angelassen. Dieser wird durch ein einfaches Wassertrommelgebläse, das nur eine Einfallsröhre von etwa 25 Fuß Höhe hat, erzeugt. Sind die inneren Kohlen verzehrt, so werden sie durch neue ersetzt. Der Haufen gerät in Glut und die Erze sintern zusammen. Ist diese Röstung, welche bereits eine teilweise Reduktion ist, genügend vorgeschritten, so rollt der Schmelzer die äußeren Erzstücke weg, dann den äußeren Kohlenmantel und bricht die Erzmauer auf, indem er die losgebrochenen Stücke nach der andern Seite der Hütte zieht. Hierauf wird die Grube gereinigt. Sodann wird ein neuer Kohlenboden gelegt und rechts und links von der Form ein etwa 2 Fuß hoher Haufen von Kohlen gesetzt, wodurch die Form selbst etwa 1½ Fuß hoch mit Kohlen bedeckt wird. Nachdem das Feuer wieder entzündet und der Wind angelassen ist, werden der Form gegenüber die gerösteten Erzbrocken eingelegt. Die Schlacke schmilzt ab und wird von Zeit zu Zeit abgestochen. Das Eisen sammelt sich am Boden zu einer Luppe (massello). Nach vier bis fünf Stunden ist ¼ der Tagescharge eingeschmolzen, worauf der Schmelzer, wenn die Luppe gut ist, die Schlacke abbläst, das Feuer wegräumt, den Wind abstellt und die Luppe ausbricht. Diese wird erst mit Holzhämmern abgeklopft und dann unter dem höchstens 3 Zentner schweren Hammer zu einem parallel-epipedischen Kolben gedichtet, der in drei Hitzen zu Stäben ausgeschmiedet wird. Während der Zeit des Schmiedens macht der Schmelzer eine neue Luppe, von der im ganzen vier in 16 bis 24 Stunden gemacht und ausgeschmiedet werden, die zusammen 3 Zentner wiegen. Diese Arbeit verrichten vier, zuweilen auch nur drei Arbeiter.

Gegenüber diesem höchst einfachen Löschherd war der gemauerte und mit Eisenzacken versehene Rennherd in der Grafschaft Foix, welchen Tronson du Coudray als katalonischen Herd bezeichnet, ein viel vollkommenerer Apparat.

Coudrays Angaben sind nicht immer ganz genau und deshalb von Baron de Diedrich und Marquis de la Peyrouse korrigiert worden. Soweit diese Abweichung nur seine Maßangaben betrifft, ist es aber auch möglich, dass die Abweichung in dem von ihm gemessenen Herde lag, da ja sämtliche Schriftsteller zugeben, dass die Dimensionen der Schmelzherde beeinflusst werden durch die Stärke der Gebläse, und größere Wassertrommelgebläse auch größere Herde erforderten.

Hinsichtlich der Einrichtung einer pyrenäischen Luppenschmiede verweisen wir auf die S. 117 mitgeteilte Beschreibung Reaumurs. Auch haben wir bereits im ersten Bande eine ausführliche Schilderung des Schmelzprozesses in der Grafschaft Foix (nach François) gegeben. Es genügt also hier, einige ergänzende Mitteilungen über den damaligen Betrieb zu machen. Die Erze wurden in runden oder viereckigen Stadeln geröstet. Dieselben waren 6 bis 7 Fuß hoch und hatten 10 bis 12 Fuß Durchmesser. Der Herd oder Ofen musste an einer durchaus trockenen Stelle stehen und führte man zur Trockenlegung rings um den Herd herum eine Abzucht (aqueduct). Den Boden des Herdes stellte man aus einer einzigen Granitplatte her, die im richtigen Verhältnis zum Windstrahl gelegt werden musste. Die vier Seiten des Herdes wichen in Höhe und Weite voneinander ab. Der im Oktober 1785 neuerbaute Herd in der Hütte des M. Vergines de Bouischères, eines hervorragenden Eisenindustriellen im Tal e von Vic.-Dessos, hatte die nachfolgenden Maße:

 

Die Schlackenseite (coté du chio) hatte etwa                    20 Zoll Breite

Die gegenüberstehende Rückseite (cave) hatte etwa         21 „ „

Der Abstand von der Form zur Windseite betrug            25 „

„ „ von der Schlackenseite zur Windseite in der

Mitte des Herdes gemessen                                           22½ bis 24 „

 

 

Von den vier Seiten waren die Formseite (porges) und die Schlackenseite senkrecht und hatten Eisenzacken, die beiden andernwaren nach außen geneigt. Die Windseite (ore), die auch durch eine eiserne Platte geschützt war, wich 6½ Zoll von der Senkrechten ab, die Rück- oder Aschenseite, die immer gemauert war, nur halb so viel. Die Schlackenplatte war 20 Zoll hoch, Form- und Rückseite verschieden, meist 4 und 4½ Fuß hoch. Die Höhe der Windseite betrug 2 Fuß 4 Zoll. Die Tiefe des Herdes, in der Mitte gemessen, war 27½ Zoll. Der Herd wurde mit Gestübbe ausgekleidet und erhielt dadurch eine elliptische Gestalt, deren Achsen am Boden 2 Fuß auf 1 Fuß 8 Zoll lang waren. Die Form lag früher 12 Zoll über dem Boden, in neuerer Zeit hatte man sie höher gelegt auf 14 bis 15 Zoll vom Boden und ihre Mündung auf 20 Linien im Durchmesser erweitert, wodurch man ein wesentlich höheres Ausbringen erzielte. Man gab der Form ein Obermaul und 35 Grad Stechen. Der Wind wurde mit Wassertrommelgebläsen erzeugt, die meist von Holz, zuweilen aber auch gemauert waren. Fig. 180 stellt den Luppenherd der Hütte Guille zu Vic-Dessos nach der Zeichnung von dem Marquis de la Peyrouse von 1789 dar.