Die Minenstadt - Allan Greyfox - E-Book

Die Minenstadt E-Book

Allan Greyfox

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Beschreibung

Der Roman spielt in Wyoming in der Nähe von Laramie in den Jahren 1875 bis 1876. Eine vergessene Minenstadt wird wieder zum Leben erweckt und Silber sowie große Kupfererzvorkommen werden gefunden. Die Kupfervorkommen erweisen sich zunehmend als gewinnbringend. Was fehlt ist eine Werbung für den Bedarf an Kupfer. Die Erfindung des Telefons und die Entwicklung eines funktionierenden Systems führt zu einem Siegeszug der "Wyoming Copper Company". Ein paar hübsche Mädchen sorgen für Aufregung als auch für Verwirrung bei unseren Helden.

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Über dieses Buch:

Der Roman spielt in Wyoming in der Nähe von Laramie in den Jahren 1875 bis 1876.

Eine vergessene Minenstadt wird wieder zum Leben erweckt und Silber sowie große Kupfererzvorkommen werden gefunden. Die Kupfervorkommen erweisen sich sehr umfangreich. Es fehlt eine Werbung für den Bedarf an Kupfer. Die Erfindung des Telefons und die Entwicklung eines funktionierenden Systems führt zu einem Siegeszug der „Wyoming Copper Company“.

Ein paar hübsche Mädchen sorgen für Aufregung als auch für Verwirrung bei unseren Helden.

Ich bedanke mich bei meiner Frau, meinem größten Fan und gleichzeitig meiner größten Kritikerin, für ihre unermüdliche Arbeit am Manuskript und die schöpferischen Diskussionen.

PETER ECKMANN, geboren 1947, lebt im Niederelbe-Dreieck in der Nähe von Cuxhaven

Ingenieur der Verfahrenstechnik, schreibt unter dem Pseudonym Allan Greyfox Wildwest- und Detektivromane.

Jahrelange Praxis mit dem Schießen von echten Waffen und insbesondere das „Western-Action-Schießen“ haben ihm ausreichend Kenntnisse über die Waffentechnik seiner Bücher vermittelt.

Der Wilde Westen war eine spannende Zeit, Allan Greyfox versucht sie in seinen Geschichten wieder auferstehen zu lassen.

Inhaltsverzeichnis

Die Eisenbahn

Der geheimnisvolle Reiter

Rosy Simmons

Laramie

Das Pokerspiel

Die Minenstadt Madsen

Der Silberraub

Mary Green

Der Eisenbahnüberfall

Das Telephon

Nachwort

Die Eisenbahn

Wyoming, im Jahr 1875, der kleine Ort Gillette wird von der Morgensonne beschienen. Vor drei Jahren lebten hier etwas über 400 Einwohner, Anfang dieses Jahres waren es schon über eintausend. Zu verdanken ist dies der klugen Siedlungspolitik von Mickey Callaghan. Seine Frau hatte – durch kuriose Umstände - ein riesiges Stück Land geerbt, das sie und ihr Ehemann nicht selbst genutzt, sondern für einen günstigen Preis an neue Siedler abgegeben haben. Fast vierhundert neue Familien waren in das fruchtbare Tal am Brazos River gekommen, um das Land zu bebauen oder Viehwirtschaft zu betreiben.

Die vielen neuen Siedler haben dem kleinen, verschlafenen Nest Gillette einen ungeahnten Auftrieb verschafft. Viele Geschäfte und kleine Betriebe haben sich in dem Ort angesiedelt. Unter den neuen Geschäften sind, neben anderen, ein Bäcker und eine große Tischlerei. Mickey Callaghan hat ein Hotel gebaut und besitzt seit ein paar Tagen eine Holzverladestation an der neuen Eisenbahn. Als Besitzer des vor zwei Jahren in Betrieb genommenen Sägewerkes, ist Bauholz eine seiner Haupterwerbsquellen. Sein bester Freund, Matthew Richmond, ist der Leiter des Sägewerkes. Er bewohnt mit seiner Frau Joan ein kleines Haus direkt am Fluss, der sich durch das Tal zieht, etwa auf halber Strecke zwischen dem Sägewerk am Ende des Tales und dem Ort Gillette.

Heute ist ein schöner Tag. Es ist April, die Sonne scheint schon kräftig und es weht ein schwacher, warmer Wind aus Süden. Joan Richmond fährt mit ihren beiden Mädchen in den Ort Gillette. Josephine und Kimberley sitzen neben ihr auf dem Kutschbock, zu ihren Füßen liegt Snow White, ihr Hund.

Die Kinder hat sie vor zwei Jahren als Waisen aufgenommen. Die Mädchen kamen mit ihrem Bruder Tom und ohne Eltern in den Ort, die waren während des Trecks an Cholera gestorben. Das Ehepaar Richmond hat die Mädchen adoptiert, der Junge lebt und arbeitet nun schon seit zwei Jahren bei Peter O´Connell, dem Schmied. Joan kann sich nicht vorstellen, jemals ohne diese Kinder leben zu müssen, sie sind ihr sehr ans Herz gewachsen. Die ältere, Josephine, ist sechzehn, die jüngere, Kimberley, ist vierzehn Jahre alt. Beide haben braune, lange Haare. Joan beobachtet die Entwicklung der beiden mit Freude und mit Sorge. Sie kann keine eigenen Kinder bekommen, seit einer verpfuschten Abtreibung vor einigen Jahren ist ihr das verwehrt.

Joan hat kurz nach der Aufnahme der beiden Mädchen vor zwei Jahren, ihren Freund Matthew Richmond geheiratet. Matthew weilt heute auch im Ort, er trifft sich mit seinem Freund und Arbeitgeber Mickey Callaghan und will sich mit ihm den Bau der Holzverladestation am neuen Bahnhof ansehen. Seine Frau Joan nutzt diese Gelegenheit, um ihn dort aufzusuchen, dann kann sie sich gleich neuen Stoff für ihre Näharbeiten kaufen.

Sie hält vor dem General Store. Bevor sie ganz ausgestiegen ist, sind die beiden Mädchen schon vom Wagen gesprungen, laufen mit Snow White auf die andere Seite der Straße und sehen in das kleine Schaufenster von »Karin’s Schocolade & Candy Shop«. Es dauert nicht lange und die schlanke Inhaberin des Ladens kommt heraus zu ihnen.

„Na, ihr Zwei? Ihr wollt wohl wieder etwas zum Naschen haben?“

Ein lautes „Ja, Miss!“ rufen die beiden Mädchen im Chor. Karin lächelt. Sie kennt die beiden schon, sie sehen immer bei ihr hinein, wenn sie mit ihrer Mutter nach Gillette kommen. Sie hat auch schon für jede ein Stück Schokolade dabei. „Wollt ihr für euren Bruder Tom auch etwas mitnehmen?“

Wieder ist ein lautes „Ja, bitte!“ zu hören. Karin ist darauf vorbereitet, sie gibt den Mädchen eine Tüte mit ein paar Bonbons und sieht ihnen nach, wie sie zur Schmiede eilen. Es ist eine Gewohnheit von den beiden Mädchen geworden, gleich kommt Joan Richmond zu ihr und bezahlt sie für ihre Auslagen.

In der Schmiede ist wieder viel Betrieb. Der junge Gehilfe, Tom, ist jetzt seit zwei Jahren bei Peter O’Connell. Er ist ein aufmerksamer Beobachter, ein kräftiger Arbeiter und der Schmied freut sich immer wieder, in ihm einen tüchtigen Gesellen gefunden zu haben.

Die Mädchen kommen vor der Schmiede an und rufen schon von weitem: „Tom! Tom!“

Der Junge lässt seine Arbeit liegen und kommt heraus. Der Schmied liebt diese Zeremonie. Es wird ihm warm ums Herz, wenn er sieht, wie liebevoll die drei zueinander sind.

Die Mädchen geben Tom die Tüte mit den Bonbons. Sie erzählen lebhaft von ihrem Besuch an der Baustelle der Bahn. Joan ist dort mit ihnen vorbeigefahren, um sich den Fortschritt anzusehen. Ihr Mann, Matthew, hatte daran mitgewirkt, die Bahnstrecke nach Fleetwood hier an Gillette entlang zu führen. Nun freuen sie sich, dass nach einem Jahr des Streiks und des Boykotts zwischen dem Eisenbahnkönig und dem Ölmilliardär die Arbeiten fortgeführt werden.

Die Hündin Snow White springt immer wieder an Tom hoch und versucht seine Aufmerksamkeit zu erwecken. Endlich bückt sich der junge Mann zu ihr hinunter und streichelt sie. Die Hündin spielt schon lange eine wichtige Rolle im Hause der Richmonds, besonders, seitdem sie vor zwei Jahren bei der Verfolgung der Spur der entführten Joan, damals noch Miss Carter, geholfen hatte.

Vor dem General Store hält ein eleganter Einspänner mit einem faltbaren Dach. Es ist der Sportwagen von Marilyn Callaghan, mit dem sie mitunter in die Stadt fährt. Sie steigt ab und betritt das Geschäft. Es ist nicht ihre Absicht einzukaufen, sie hat den Wagen von Joan Richmond dort stehen sehen und möchte die Gelegenheit nutzen, kurz mit ihr zu plaudern.

„Hallo, Joan!“ ruft sie ihrer Freundin zu. Sie wendet sich zu dem Inhaber und grüßt ihn ebenfalls. „Guten Tag, Ben! Wie laufen die Geschäfte?“

„Guten Tag, Marilyn! Vielen Dank der Nachfrage, es könnte gar nicht besser gehen.“

In diesem Laden hatte Marilyn vor drei Jahren ihren späteren Mann, Mickey Callaghan, kennengelernt. Seitdem ist viel passiert. Ihr Mann hatte mit viel Geschick die Wirtschaft im Tal angekurbelt, jetzt florieren alle Geschäfte im Ort. Sie besitzen auch selbst mehrere Geschäfte hier, unter anderem gehört ihnen das neue Hotel. Das ist auch der Hauptgrund ihres Besuches. Ihr Bruder Mitchell führt das Hotel und ist mit Bens Tochter Jennifer verheiratet.

Der Kaufmann wendet sich wieder für einen Moment von seinem Kunden ab und fragt Marilyn: „Du gehst doch sicher noch zum Hotel?“

„Ja, auf jeden Fall, das ist der eigentliche Grund für meinen Besuch in Gillette.“

„Richte doch bitte meiner Tochter Grüße von mir aus. Sage ihr, dass ich sie nach Geschäftsschluss aufsuchen möchte.“

„Das richte ich gerne aus, das wird sie freuen.“

Sie wendet sich wieder an Joan: „Bekomme ich Matthew nachher noch zu sehen?“

Joan überlegt einen Moment. „Das wird sicher gehen. Ich schlage vor, wir treffen uns nachher in eurem Hotel. Ich kann nur nicht lange bleiben, da ich die Mädchen dabei habe.“

Die Verbindungstür zum benachbarten Hardwareshop wird geöffnet und sein Mitarbeiter, Karl Trautmann, ist kurz zu sehen. Leise spricht er zu Ben. Ben dreht sich zu seinen Kunden um. „Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment, wir haben gerade ein Problem mit einem defekten Gerät. Der Kunde hofft auf ein Entgegenkommen von mir.“

Marilyn Callaghan verabschiedet sich von Joan Richmond und Ben Nolan und verlässt den Laden. Das kurze Stück zu ihrem Hotel will sie zu Fuß gehen, sie nimmt das Pferd aus dem Geschirr und führt es zum Livery Stable. Für ein kleines Trinkgeld nimmt man sich dort des Tieres an.

Das Hotel ist ein schönes Haus geworden. Seit zwei Monaten ist es fertig und seit kurzem nimmt man dort Gäste auf. Das Boarding House existiert nach wie vor, es war für den aufstrebenden Ort und die zunehmenden Übernachtungszahlen nicht groß genug. Sie betritt den Empfangsraum, ihr Bruder Mitchell steht neben dem Angestellten am Empfang und geht mit ihm die Anmeldungen durch. Er sieht hoch, als er seine Schwester hereinkommen sieht.

Marilyn Callaghan ist eine Schönheit. Wo immer sie erscheint, drehen sich die Männer zu ihr um. So auch jetzt, als sie das Hotel betritt. Es stehen zwei Männer vor dem Empfang, die sie unverhohlen anstarren.

„Marilyn, das ist schön, dass du mich besuchen kommst!“

Er kommt hinter dem Pult hervor und nimmt seine Schwester in den Arm. Marilyn hat etwas auf dem Herzen: „Wie geht es Jennifer?“

„Bis jetzt sehr gut. Sie hat sich gerade hingelegt. Du weißt ja, bis zur Entbindung sind es nur noch wenige Tage. Wenn ich sie jetzt nicht ins Bett geschickt hätte, hätte sie bis zur Geburt des Kindes weitergearbeitet.“

„Ja, das kann ich mir gut vorstellen.“ Marilyn kennt das gut, sie hat selbst zwei Mädchen bekommen, ein drittes Kind ist unterwegs. Außer ihr und Mickey weiß das jedoch noch niemand. Ihr Vater kümmert sich rührend um seine beiden Enkel, wenn Marilyn nicht im Haus ist. „Kommt Matthew mit seiner Frau noch hierher? Ich wollte ganz gerne mit ihm und Joan etwas plaudern.“

„Na klar, das geht. Wie ich sie kenne, hat sie sicher die Mädchen dabei?“

„Ja, da hast du Recht. Ich werde auch gleich Jennifer Bescheid sagen, sie kommt sicher dazu, dann haben wir nachher noch ein Familientreffen.“

Marilyn setzt sich an einen Tisch und nimmt sich die Zeitung. Wenn sie in der Stadt ist, dann sieht sie immer gern hinein. Die Zeitung besteht aus sechs Seiten auf drei Blättern. Seitdem der Herausgeber, John Clarkdale, eine tüchtige Hilfe hat, veröffentlicht er jede Woche ein Exemplar mit mehreren Seiten. Zwei Seiten sind aktuelle Reportagen, der Rest sind Anzeigen und Meldungen, wie Heirats- und auch Todesanzeigen. Die Reportagen und die Fotos dazu werden von seiner Helferin Sunny Cornerman angefertigt. Ein Bericht handelt von der Einweihung des neuen Bahnhofs und wird mit einem Foto ergänzt. Ein kleiner Artikel erregt ihre Aufmerksamkeit. Er heißt »Der geheimnisvolle Reiter«. Der Artikel ist kurz, es sind nur wenige Zeilen. Ein Mann, nach eigenen Angaben Geologe, ist vor kurzem in der Stadt eingetroffen. Er arbeitet im Auftrag von Mickey Callaghan. Weitere Details waren nicht aus ihm herauszubekommen.

Sie schüttelt den Kopf. Da gibt es doch tatsächlich etwas, das ihr lieber Mickey ihr nicht erzählt hat. Sie schmunzelt, das wird sie später noch herausbekommen.

Die Tür geht auf und die beiden Mädchen von Joan Richmond kommen in das Hotel. Ihnen voraus eilt Snow White, der weiße Hund mit den schwarzen Ohren und der schwarzen Schwanzspitze.

„Tante Marilyn!“, ruft die Kleine, „Willst du einen Bonbon?“

Die Mädchen nennen Marilyn „Tante“, obwohl sie nicht verwandt sind. Sie halten ihr eine Tüte hin, in der unten ein Bonbon klebt. Marilyn will die Mädchen nicht enttäuschen und puhlt den Bonbon aus dem Papier heraus. „Hmmh, ist der lecker!“, sagt sie und die Mädchen strahlen vor Freude.

Joan Richmond kommt hinter den Kindern in das Hotel, dann verlassen sie gemeinsam den Empfangsraum und gehen nach hinten in den Frühstücksraum. Dort ist mehr Platz für alle, denn Matthew und Mickey, als auch Mitchell und Jennifer werden noch erwartet.

Es wird viel später, als es Joan Richmond erwartet hatte. Selten treffen alle zusammen, sodass es dieses Mal viel zu erzählen gibt. Jennifer, die Frau von Mitchell, sitzt auch bei ihnen. Ihre Schwangerschaft ist unübersehbar.

„Wie geht es dir?“, wendet sich Marilyn an Jennifer.

„Ich fühle mich wohl. Nur Mitchell meint immer, ich soll mich hinlegen“, sie rümpft die Nase. Marilyn fährt fort. „Dein Vater will dich gleich noch besuchen kommen.“

„Oh, das ist schön! Ihr werdet mich dann für eine Weile entschuldigen müssen.“

Mitchell hebt den Arm, um auf sich aufmerksam zu machen. „Bleibt doch heute Nacht hier bei uns im Hotel, das ist doch für alle einfacher.“

Sie nicken und freuen sich über die bequeme Lösung, lediglich Marilyn wendet ein, dass ihr Vater sich Sorgen machen wird, wenn sie heute Abend nicht zu Hause eintreffen.

„Er wird sich das schon denken, was soll dir schon passieren, wenn Mickey dabei ist.“ Mitchell spricht aus eigener Erfahrung. Es ist drei Jahre her, da hatte Mickeys Eingreifen bei einem Banküberfall sein Leben gerettet. Mickeys Zeit als schneller Revolverheld in Laramie liegt nun mehr als drei Jahre zurück. Mickey hatte anfangs sorgsam vermieden, die Leute mit der Nase darauf zu stoßen, dass er einst „Fast Cally“ genannt wurde, daran denkt jetzt niemand mehr. Er trägt jetzt wieder, wie früher, zwei Revolver an seinem Gürtel und zögert nicht, sie bei Bedarf auch einzusetzen.

Die Tür wird geöffnet und die beiden erwarteten Männer treten ein. Mickey Callaghan muss sich etwas bücken, um nicht an den Türrahmen zu stoßen. Marilyn erhebt sich und eilt auf die beiden zu. Mickey drückt sie an sich. „Guten Abend mein Schatz! Wartet ihr schon lange?“

Sie lächelt. „Wir hatten keine Langeweilt, jetzt seid ihr ja hier.“

Marilyn erinnert sich an den Artikel in der Zeitung. „Sag mal, Mickey, was ist das für ein geheimnisvoller Reiter, den du da engagiert hast? Erzählst du mir nicht mehr alles?“

Mickey lächelt entschuldigend. „Tut mir leid, ich hielt das nicht für so wichtig.“ Er gibt ihr ein Küsschen. „Du kannst dich doch noch an Clint Wagner erinnern?“

„Du meinst den Landvermesser aus Laramie?“

„Ja, genau den. Clint ist nach der Vermessung der Parzellen hier im Tal wieder nach Laramie zurückgekehrt. Du weißt doch, dass er Angestellter bei der »Laramie Mining and Engineering Company« ist?“

„Ja, ich wusste nur nicht, dass er dort noch arbeitet.“

„Doch, er hatte mir kürzlich geschrieben. Er hat seit einiger Zeit einen neuen Kollegen, den hat er mir wärmstens an Herz gelegt. Er soll ein ausgezeichneter Geologe sein. Clint schlug vor, dass er die stillgelegten Silberminen um den alten Ort Madsen doch mal näher untersuchen sollte.“

Marilyn kann sich noch genau an Madsen erinnern. Der Ort liegt in den Ausläufern der Black Hills. Es war Mickeys erste Tat, den Ort, der nur noch als Schlupfwinkel für Verbrecher diente, einzuäschern. Vor mehr als zehn Jahren baute man dort Silber ab, die Lager gelten seitdem als erschöpft.

Mickey erklärt: „Es ist sozusagen ein Schuss ins Blaue. Ich wollte zuerst unauffällig klären, ob in Madsen noch etwas zu finden ist, bevor ich mich blamiere.“

Marilyn lächelt ihn an, wie kann sie ihm böse sein. Sie zieht ihn an sich und gibt ihm einen Kuss. Dann flüstert sie ihm ins Ohr: „Komm, lass uns endlich die neuen Betten ausprobieren…“

Es ist mitten in der Nacht. Auf der Straße krachen mehrere Schüsse. Mickey und Marilyn liegen entspannt nebeneinander, er hat sich an ihren vollen Busen gekuschelt. Nun fahren sie beide hoch, Mickey tastet im Dunkeln nach seinen Revolvern, die er wie immer vor der Nacht neben das Bett gelegt hat.

„Soll ich die Lampe anzünden?“, fragt sie.

„Nein, ich denke, das geht schon so. Solange die Schüsse auf der Straße bleiben, halte ich mich raus.“

Es fallen noch drei Schüsse ganz in der Nähe, ein Pferd wiehert und man hört dann sich entfernendes Hufgetrappel.

„Aha“, sagt Mickey, „das war’s wohl“, und legt seinen Revolver wieder hin.

Am nächsten Morgen treffen sich alle im Frühstücksraum. Die Kinder waren als erste wach und laufen mit dem Hund durch die Flure des Hotels.

„Wart ihr mit Snow White schon draußen?“ fragt Joan.

„Ja, schon lange! Da habt ihr alle noch geschlafen!“

„Na, wenn das stimmt“, sagt Joan und streicht dem neben ihr stehenden Mädchen über den Kopf.

Am Frühstückstisch fragt Mitchell Baker in die Runde:

„Wie hat euch denn die erste Nacht in unserem neuen Hotel gefallen?“

Joan grinst und meldet sich: „Die Betten sind toll, leider es ist ein bisschen laut in der Nacht.“

Matthew räuspert sich. „Das mit den Betten wollten jetzt nicht alle wissen. Überhaupt: Weiß jemand, warum draußen geschossen wurde?“

Mitchell weiß schon etwas, als Manager des Hotels ist er bereits früh auf. „Ich habe vorhin mit dem Marshall gesprochen. Sein Kollege für die Nacht hatte ihn heute Morgen unterrichtet. Es war mal wieder eine Schießerei am Saloon, und wieder waren Mitarbeiter der Bahn daran beteiligt.“

Mickey mischt sich jetzt ein: „In ein paar Wochen wird das Camp der Bauarbeiter nach Fleetwood verlegt, dann werden wir hier wieder Ruhe haben. Bis dahin werden wir nicht alle Schießereien verhindern können.“

Joan zieht ihre Kinder an sich: „Gut, dann bleiben wir solange auf unserer kleinen Farm, bis das vorüber ist.“

„Macht das, ich fühle mich dann auch wohler“, gibt ihr Matthew recht.

Joan steigt mit ihren Kindern und dem Hund auf den Wagen und verlässt den Ort.

Zum Livery Stable ist es nur ein kurzer Weg, Mickey begleitet seine Liebste und schirrt ihr das Pferd an den Wagen, dann verabschieden sie sich. „Grüß deinen Vater von mir, und einen Kuss von mir für unsere Kleinen!“ Marilyn lächelt und bekommt von Mickey noch einen langen Kuss. Nur ungern löst sie sich von ihm und steigt auf ihren leichten Wagen.

Mickey besucht zunächst das Büro des Marshalls. Richard Taylor ist nicht da, dafür sitzt einer seiner beiden Deputys auf dem Stuhl hinter dem Schreibtisch.

„Guten Morgen, Brian. Ist Richie nicht da?“

„Hallo, Mick! Schön dich zu sehen! Richie ist nur kurz weg, er kommt wohl in wenigen Minuten zurück.“

„Weißt du eigentlich, was letzte Nacht hier los war?“

„Nur das, was mir der Nachtmarshall heute Morgen erzählt hat.“

„Lass doch mal hören!“

„Bei den Bahnarbeitern ist eine Menge Gesindel dabei. Einer von denen ist der Schlimmste. Das ist ein großer Rotschopf aus Irland, er heißt Clancy McLeod, der ist andauernd auf Streit aus. Er prügelt sich mit jedem, und sein Colt sitzt auch sehr locker.“ Brian dreht sich eine Zigarette, zündet sie an und fährt fort. „Auch letzte Nacht war es wieder so. Clancy McLeod bricht einen Streit vom Zaun und beginnt auch gleich mit der Schießerei.“

„Und was habt ihr bisher dagegen unternommen?“, fragt Mickey.

„Wir haben den Kerl schon ein paar Mal für ein paar Tage eingesperrt. Bis jetzt hat das nicht gefruchtet. Ich könnte mir vorstellen, dass du ihn einschüchtern könntest.“

„Das habe ich mir gedacht, dass ich für euch die Kohlen aus dem Feuer holen soll!“

„Na ja, du bist der einzige hier im Ort, der ihm gewachsen ist.“

„Ich alleine, so seht ihr aus. Dann müsst ihr euch mal zusammentun.“

„Wir können ihn nur wegen Ruhestörung ab und an mal einsperren, sonst ist da nicht viel zu machen.“

Die Tür wird geöffnet und Richard Taylor kommt herein. Er hat den Revolver erhoben und führt einen an den Handgelenken gefesselten Mann vor sich her. „Los rein da! Schön geradeaus, genau bis in die Zelle, du Strolch!“ Der Marshall schließt die Gittertür und wendet sich dann seinem Gast zu. „Hallo, Mickey! Schön dich zu sehen. Was führt dich hierher?“

„Dein Mitarbeiter will mich dazu überreden, eure Arbeit zu erledigen.“

Der Marshall wendet sich an seinen Deputy. „Los, komm raus aus meinem Stuhl und rede nicht so einen Unsinn!“

Brian murmelt irgendetwas Unverständliches und gibt den Stuhl frei. Der Marshall setzt sich, er holt das Päckchen mit dem Tabak aus seiner Hemdtasche und dreht sich eine Zigarette. Er versteht sich mit Mickey nach anfänglichen Schwierigkeiten jetzt sehr viel besser. Der Marshall konnte nur schwer verkraften, dass Mickey – notgedrungen - ein paar Mal das Gesetz in seine Hand genommen hatte. Dabei hatte er immer auf der richtigen Seite gestanden, sodass ihn der Marshall nach ersten Misstönen schätzen gelernt hatte. Mickey gibt Richard Taylor zum Abschied die Hand. „Richie, passt schön auf, du und dein Deputy! Ich habe noch etwas zu erledigen.“

Sein Ziel ist seine Holzverladung am Bahnhof. Der Weg dahin führt ihn an der Schmiede vorbei. Der mächtige Schmied ist ein weiterer sehr guter Freund von ihm, der ihn noch aus seiner Zeit als Revolverheld aus Laramie kennt. Peter O’Connell steht mit seinem jungen Mitarbeiter vor der Esse. Der Junge hat inzwischen viel gelernt und ist eine tüchtige Hilfe. Er macht die Arbeit in der Schmiede so gut, dass Peter O’Connell seiner zweiten Tätigkeit als Bürgermeister von Gillette mehr Zeit widmen kann.

Mickey muss seine Stimme erheben, um den fauchenden Lärm der Esse zu übertönen:

„Guten Tag, ihr Zwei!“

Peter und Tom drehen sich kurz um. Dann ruft der Schmied: „Einen kleinen Moment! Gleich kann Tom alleine weiterarbeiten!“

Mickey dreht sich eine Zigarette und sieht den beiden zu. Sie wirken wie Vater und Sohn. Tom Pearce ist mit seinen achtzehn Jahren schon fast so groß wie der Schmied. An Stärke wird er ihn wohl nicht erreichen, denn Peter O’Connell verfügt über unglaubliche Kräfte. Er legt den Hammer beiseite und kommt zu Mickey, der es sich auf der Bank an der Tür bequem gemacht hat. „Was führt dich zu mir, mein Freund?“

„Nur so, ich will mit dir plaudern.“

Mickey lächelt ihn an. Seinem Freund geht es gut. Die Schmiede ist ein anerkannt guter Betrieb und sein Gehilfe macht ihm viel Freude. Peter O’Connell lächelt ihn ebenfalls an. „Ja, ein bisschen schwatzen wäre nett.“ Der Schmied denkt einen Moment nach und sieht zu seinem Freund, der sich gerade mit behänden Fingern eine Zigarette dreht. „Hast du vor zwei Jahren erwartet, dass sich unser Örtchen so entwickeln würde?“

Mickey schüttelt den Kopf. „Ich hatte es gehofft, ich konnte es mir allerdings kaum vorstellen. Wir haben viel Glück gehabt.“

Mickey verabschiedet sich. „Mein Freund, ich will mir noch die Verladestation und den Betrieb am Bahnhof ansehen. Wir sehen uns!“

Am Bahnhof ist, wie jeden Tag, viel Betrieb. Immer wieder hört man eine der beiden Lokomotiven Signalpfiffe ausstoßen. Jeden Tag treffen neue Schienen und Bahnschwellen ein, die sofort an die Baustelle am Ende der Strecke Richtung Fleetwood weitergeleitet werden. Neben dem Bahnhof ist das Lager der Bauarbeiter. Es besteht aus mehreren großen Zelten. Etwas über zweihundert Männer leben und schlafen dort. Am Ende des Tages strömen viele in den Ort hinein und suchen Zerstreuung. Inzwischen gibt es einen weiteren Saloon in der Nähe des Bahnhofes, trotzdem sind alle drei Saloons an den Abenden brechend voll. Der Whisky und das Bier fließen in Strömen und es vergeht kaum ein Abend ohne Schlägerei und gelegentliche Schießereien.

Mickey inspiziert seine neue Holzverladestation. Sie befindet sich direkt am Bahnhof, in Nachbarschaft zu dem neuen Saloon, dem »Go Lucky«.

Morgen soll die erste Verladung stattfinden, Mickey überprüft deshalb, ob das Holz für morgen sorgfältig gestapelt wurde. Diesen Nachmittag soll noch mehr dazukommen.

Die Verladestation besteht aus dem Holzlagerplatz und einem Kransystem, das es ermöglicht, das gebündelte und verschnürte Holz mit einer Handkurbel in die Höhe zu heben und dann auf den Eisenbahnwagen zu schieben.

Trotz des frühen Nachmittages sind einige Bahnarbeiter unterwegs. Sie stehen vor dem Verladeplatz herum und singen laut. Sie scheinen nicht mehr ganz nüchtern zu sein, das Singen ist kurz davor, ins Grölen abzugleiten. Mickey sieht besorgt zu der Gruppe hinüber, hoffentlich lassen sie seine neue Verladestation in Ruhe, sonst wird es Ärger geben.

Der Anführer der Gruppe ist ein großer Mann mit fast schulterlangen, roten Haaren. Das ist sicher der Mann, den ihm der Deputy beschrieben hatte, Clancy McLeod. Argwöhnisch verfolgt Mickey Callaghan die lärmende Gruppe. Jetzt wirft einer der Männer ein leeres Bierglas zwischen das Holz auf dem Lagerplatz. Mickey geht los, um das Glas zu suchen, da klettern die Männer über das Holz, der rothaarige Anführer versucht die Kurbel des Kranes zu drehen. Nun reicht es Mickey, er ruft hinüber: „Lassen Sie das Hebezeug los und verlassen Sie diese Anlage!“

Der Anführer sieht hoch und ruft zurück: „Was ist los, Meister?“

Mickey sieht ihn sich genau an. Er ist ziemlich groß, fast so groß wie er selbst, dazu kräftig. Er trägt einen Revolver am Gürtel und hält die Hand immer in der Nähe des Griffes. Diese Sorte ist brandgefährlich, sie zetteln immer wieder Streitigkeiten an.

Um einen Kampf auf Leben und Tod zu bestehen und zu gewinnen, benötigt es noch weitere Eigenschaften als schiere Kraft und Draufgängertum. Es erfordert blitzschnelles Erkennen von Bewegungen, von klitzekleinen Gesten, die dem eigentlichen Angriff vorangehen. Es ist nicht nur das schnelle Ziehen, der Hahn muss währen des Ziehens mit dem Daumen gespannt werden, ohne das die Präzision der Bewegung darunter leidet. Und am Ende muss nicht nur schnell geschossen, sondern auch exakt gezielt werden, damit die Kugel nicht ins Leere geht, sondern den Gegner außer Gefecht setzt.

Die Begleiter des rothaarigen Anführers fühlen sich mutig. Sie stehen hinter Clancy McLeod und feuern ihn auch noch an.

„Du wirst dich doch nicht von einem einzelnen Mann ins Bockshorn jagen lassen?“, und „los, Clancy, gib’s ihm!“

Mickey ruft, jetzt zum letzten Mal: „Machen Sie keinen Unsinn und verlassen Sie die Anlage!“

„Hast du gehört, Clancy, der will dich verscheuchen!“

Clancy hat das auch so verstanden. Er wendet sich von dem Kran ab und dreht sich zu Mickey. Sie stehen jetzt etwa zwanzig Schritt voneinander entfernt. Clancy McLeod steht bereits leicht gebückt, seine Hand immer noch in der Nähe des Revolvergriffes. Er sieht Mickey herausfordernd an, offensichtlich hält er ihn nicht für einen ernstzunehmenden Gegner. Das ist sein entscheidender Fehler.

Mickey sieht den Mann konzentriert an. Sein Unterbewusstsein hat jetzt die Kontrolle über den weiteren Ablauf übernommen. Kein langsames Überlegen behindert jetzt den präzisen Ablauf. Mickeys Augen erkennen, wie Clancy McLeod die rechte Schulter etwas zurückzieht. Diese Bewegung geht dem Griff nach dem Revolver voraus. Ohne jede Verzögerung fällt Mickeys Hand auf seinen Revolver, zieht ihn heraus, spannt dabei den Hahn, zielt und schießt. Zu diesem Zeitpunkt hat Clancy McLeod seinen Revolver gezogen, er ist noch nicht hoch genug und noch nicht auf das Ziel ausgerichtet. Die Kugel aus Mickeys Revolver trifft ihn in die rechte Schulter. Der große rothaarige Mann schreit auf und lässt den Revolver fallen.

Mickey geht mit gezogenem Revolver auf den Mann zu. Der fasst sich mit dem linken Arm den rechten Ellenbogen und schreit vor Schmerzen. Mickey sieht sich zu seinen Begleitern um, die jetzt keinen Ton von sich geben. „Kümmert Euch um Euren Kollegen und schickt nach dem Arzt. Wie ich das sehe, kann er für einige Zeit nicht mehr arbeiten - und auch nicht mehr schießen.“

Die Gruppe verschwindet in Richtung des Lagers, sie stützen dabei ihren Kollegen, der immer noch lautstark jammert.

Mickey gefallen diese Raufbolde nicht, das war eben vielleicht nicht der letzte Unfug. Er kennt den Vorarbeiter der Bahn und geht zum Bahnhof. Er findet den Bauwagen mit der Aufschrift: »Construction Supervision«.

Ned Cunnings sitzt in seinem rollenden Büro, er sieht hoch, als Mickey eintritt.

„Guten Tag, Mister Callaghan.“ Er kennt seinen Gast schon seit den ersten Arbeiten an der neuen Strecke und weiß um seine Bedeutung für dieses Tal. Er legt seinen Stift nieder und lehnt sich zurück. „Was kann ich für Sie tun?“

„Guten Tag, Mister Cunnings. Ich komme leider in unangenehmer Mission. Ich hatte vorhin Ärger mit einem ihrer Arbeiter. Er hat meine Aufrufe zum Verlassen meiner Holzverladung nicht beachtet. Schließlich wollte er auf mich schießen.“

Ned Cunnings mustert Mickey, als suche er nach Verletzungen. „Und, wie ist es ausgegangen?“

„Ich habe ihrem Clancy McLeod in die Schulter geschossen. Den können Sie jetzt nicht mehr für die Arbeit gebrauchen.“

„Immer wieder habe ich Ärger mit dem Kerl. Er kann zwar arbeiten für drei, deshalb ist er überhaupt noch hier, davon abgesehen, ist der Mann eine Plage. Nun ist er offensichtlich an seinen Meister geraten. Da haben Sie Glück gehabt, mit ihm ist nicht zu spaßen.“

Mickey grinst. Es war kaum Glück, das muss Ned Cunnings nicht wissen. Er fährt fort: „Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie ihre Leute nochmals darauf hinweisen, dass sie in Zukunft weniger Ärger in der Stadt verursachen und auch die Anlagen am Bahnhof nicht betreten.“

Ned Cunnings nickt zur Bestätigung.„Gut, ich werde sie morgen vor Arbeitsbeginn zum wiederholten Male darauf aufmerksam machen. Da Sie den Hauptübeltäter ausgeschaltet haben, hoffe ich auf eine etwas bessere Einhaltung der Regeln als bisher.“

Mickey nickt, dann fragt er: „Was passiert jetzt mit Mister McLeod?“

„Tja, den können wir hier nicht mehr gebrauchen. Den werden wir mit dem nächsten Transport zurück nach Cheyenne schicken. Dort kann sich die Leitung der Bahn mit ihm rumärgern. Wahrscheinlich wird er auf die Straße gesetzt“, er zuckt mit den Schultern.

Mickey nickt zustimmend, dann fragt er: „Wie sieht Ihr weiterer Zeitplan aus, wann werden Sie Fleetwood erreichen?“

„Das ist leicht zu beantworten.“ Er dreht sich zur Wand, an der mit Heftzwecken ein Plan befestigt ist.

„Sehen Sie hier“, er zeigt auf einen Punkt in einem Diagramm, „jetzt sind wir hier, kurz vor Fleetwood. Bis wir fertig sind, wird es noch fünf Wochen dauern. So ist der Plan.“

Er dreht sich wieder um. Mickey ist zufrieden. „Das ist ja prima, dann werden wir in absehbarer Zeit fahrplanmäßigen Betrieb haben.“

„Das ist richtig. Bis jetzt geht der Regelbetrieb nur hierher, bis Gillette. Bis der Zug laut Fahrplan nach Fleetwood fährt, mag das noch etwa ein Vierteljahr dauern.“

Mickey bedankt sich für die Information und für die Zusage, die Arbeiter nochmals auf ihr Verhalten hinzuweisen.

Der geheimnisvolle Reiter

Mickey hat am Abend eine Verabredung mit seinem Geologen. Es ist der geheimnisvolle Reiter, von dem Marilyn schon im Hotel Genaueres wissen wollte. Alle paar Wochen treffen sie sich in Gillette. Dann kommt der Geologe aus Madsen hierher geritten, um Vorräte zu ergänzen. Diese Gelegenheit nutzen sie beide dann, um die weiteren Arbeiten abzustimmen. Heute wollen sie sich in dem neuen Saloon in der Nähe der Bahn, dem »Go Lucky« treffen. Mickey geht den kurzen Weg vom Bauwagen der Bahn dorthin. An seinem Verladeplatz sind wieder zwei Fuhrwerke mit dem restlichen Bauholz eingetroffen. Der Leiter seines Sägewerkes, Matthew Richmond, hat das Sägewerk verlassen und überwacht jetzt die Arbeiten an der Verladestation und prüft ihre Funktion.

Mickey erzählt Matthew von dem Ärger, den er vorhin mit dem rauflustigen Iren gehabt hat.

„Wenn das nicht bald aufhört, werden wir unseren Lagerplatz einzäunen müssen“, schimpft Matthew.

„Es dauert nicht mehr lange, dann wird das Camp der Bauarbeiter hier aufgelöst, dann ist der Spuk vorbei“, beruhigt ihn Mickey.

Er dreht sich eine Zigarette und schlendert gemütlich die paar Schritte zu dem Saloon. Der ist nicht ganz ein Jahr alt, die zunehmende Bevölkerung und die vielen Bahnarbeiter haben es wohl lohnend erscheinen lassen, einen dritten Saloon zu bauen. Mickey betritt ihn und setzt sich an einen freien Tisch. Der Raum ist groß, größer als in den beiden älteren Gaststätten. Bei Hochbetrieb können zwei Barkeeper hinter der Theke arbeiten. Es gibt Zimmer, die stundenweise vermietet werden können und auch mehrere Mädchen, die den Männern ihre Lohngelder aus der Tasche ziehen. Er raucht seine Zigarette zu Ende und sieht sich um. Die Ausstattung ist edel, der neue Besitzer hat nicht an feinen Details gespart. Es sieht so aus, als wenn dieser Saloon jetzt hauptsächlich von den Arbeitern der benachbarten Bahn besucht wird.

Hinter sich hört er laut ein paar Männer reden und dreht sich um. Sie kommen auf ihn zu, einer davon scheint der Wortführer zu sein, er sieht Mickey mit zusammen gezogenen Brauen an. „Haben Sie unseren Freund und Landsmann Clancy angeschossen?“ Seine zwei Kollegen haben sich hinter ihm aufgebaut. Einer davon ist ein Riesenkerl, er hat eine Statur wie sein Freund, der Schmied Peter O’Connell.

Mickey antwortet höflich: „Ich habe ihn zuerst aufgefordert, das Gelände zu verlassen, und dann hat ihr Kollege zuerst gezogen.“

„Nach unserer Einschätzung haben Sie ihm keine Chance gelassen.“

„Sollte ich mich etwa erschießen lassen?“

„Woher wissen Sie, dass er Sie erschießen wollte? Nach unserer Ansicht wollte er Sie nur einschüchtern!“

Mickey ist klar, dass diese Gruppe auf Streit aus ist und auf seine Argumente nicht eingehen wird.

„Was haben Sie jetzt vor? Wollen Sie mich auch nur »einschüchtern«?“

Mickey steht auf und steht in voller Größe vor den Dreien. „Wenn Sie mich einschüchtern wollen, dann sage ich ihnen, dass Sie ihre Zeit verschwenden!“

Der kleine Wortführer sieht etwas irritiert zu dem zwei Meter hohen Mickey auf und dreht sich zu seinem großen Kollegen um. „Jetzt bist du dran, Tiny, so wie wir es vereinbart haben.“

Der große Kerl zögert nicht lange, offensichtlich will er schnell eine Entscheidung herbeiführen. Er hat gewaltige Arme, die Oberarme sprengen fast die Ärmel seines Hemdes. Mickey muss achtgeben, dass er ihn nicht umklammert, denn dann hat er verloren.