Die Phantasie in der Malerei - Liebermann, Max - kostenlos E-Book

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Max, Liebermann

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Project Gutenberg's Die Phantasie in der Malerei, by Max LiebermannThis eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and withalmost no restrictions whatsoever.  You may copy it, give it away orre-use it under the terms of the Project Gutenberg License includedwith this eBook or online at www.gutenberg.orgTitle: Die Phantasie in der MalereiAuthor: Max LiebermannRelease Date: November 28, 2011 [EBook #38158]Language: German*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE PHANTASIE IN DER MALEREI ***Produced by Jana Srna, Norbert H. Langkau and the OnlineDistributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net (Thisfile was produced from images generously made availableby The Internet Archive/Canadian Libraries)

Anmerkungen zur Transkription:

Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden übernommen; lediglich offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert. Änderungen sind im Text so gekennzeichnet. Der Originaltext erscheint beim Überfahren mit der Maus. Eine Liste der vorgenommenen Änderungen findet sich am Ende des Textes.

DIE PHANTASIE IN DER MALEREI

VONMAX LIEBERMANN

BEI BRUNO CASSIRER BERLIN 1916

VIERTE AUFLAGE

DEN MANEN HUGO VON TSCHUDIS UND ALFRED LICHTWARKS

INHALT

Seite

Vorwort zur zweiten Auflage

7

Einleitung

9

Die Phantasie in der Malerei

19

Empfindung und Erfindung in der Malerei

41

Phantasie und Technik

53

VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE

Wer, irregeführt durch den anspruchsvollen Titel meines Büchelchens, eine wissenschaftliche Abhandlung über die Phantasie zu finden hofft, wird arg enttäuscht werden. Ich habe die Erfahrungen und Beobachtungen, die ich in einer ach! fast fünfzigjährigen Beschäftigung mit der Malerei gesammelt habe, aufgezeichnet.

Daß ich als Maler subjektiv über Malerei urteile, ist selbstverständlich. Aber ich habe nicht beabsichtigt, etwa für die naturalistische Malerei Propaganda zu machen – denn deren hat sie nicht nötig –, sondern ich schrieb die folgenden Seiten, um zu zeigen, daß jede Malerei naturalistisch sein müsse, wenn sie gut ist.

Es gibt keine blödsinnigere Behauptung, als die, welche man – wahrscheinlich gerade deswegen weil sie so blödsinnig ist – täglich liest und hört: der Naturalismus ist tot. Denn alle Kunst beruht auf der Natur und alles Bleibende in ihr ist Natur. Nicht die den Künstler umgebende nur, sondern vor allem seine eigene Natur. Wie er, der Künstler, die Welt anschaut, mit seinen inneren und äußeren Sinnen – das nenne ich seine Phantasie – die Gestaltung dieser seiner Phantasie ist seine Kunst. Als Maler gehe ich von der Anschauung aus, daher interessiert mich ausschließlich die gestaltende Phantasie, während mir die schöpferische Phantasie im Kunstwerke Axiom ist. Sie ist göttliche Eingebung, der nur auf dem Wege reinen Denkens beizukommen ist (wenn ihr überhaupt beizukommen ist). Der gestaltenden Phantasie aber dürfen wir hoffen, auf psychologisch-empirischem Wege nachspüren zu können. Oder mit anderen Worten: wir dürfen versuchen wollen, aus der Technik den Geist, der das Werk gezeugt hat, zu erklären.

Daß wenige Wochen nach Erscheinen der ersten Auflage eine zweite nötig geworden, ist ein erfreulicher Beweis, daß der Krieg wie andere Vorurteile auch das Diktum Inter arma silent Musae hinweggefegt hat.

Berlin, April 1916.

MAX LIEBERMANN

EINLEITUNG

»... daß das Studium der Natur und die Erfindung der Phantasie im Nachahmen das Bleibende in allem sei ...«

(Goethes Gespräch.)

In seinem Tagebuch stellt Delacroix die Behauptung auf, daß jede Ästhetik mit einer Terminologie der Kunstausdrücke zu beginnen habe, da Jeder darunter etwas anderes verstehe. Er unternimmt auch die Erklärung einiger termini, aber er hört alsbald wieder damit auf, wahrscheinlich weil er die Unmöglichkeit seines Unternehmens einsieht.

Ich bin mir wohl bewußt, das Wort »Phantasie«, von dem die folgenden Seiten handeln, in einem dem landläufigen abweichenden Sinne gebraucht zu haben und ich hätte es gern mit einem passenderen Worte vertauscht, wenn ich eins gefunden hätte. Im allgemeinen bezeichnet man mit Phantasie die Einbildungen unsres Gehirns, das Imaginäre, das ein nicht Existierendes vorzaubert. In dieser Bedeutung kann man Phantasie überhaupt nicht anwenden auf die Malerei, die nichts erfinden kann oder soll, was nicht in der Natur existiert oder wenigstens existieren könnte. Ich möchte der Phantasie mehr die Bedeutung, die das Wort im Griechischen hatte, beilegen: φαινομενον, Erscheinung. Der Maler will das ihm vorschwebende Bild zur Erscheinung bringen, er will die Erscheinung auf die Leinwand projizieren, wobei es ganz gleichgültig ist, ob ihm das Bild vor seinem geistigen oder leiblichen Auge schwebt. Denn beides ist im Grunde dasselbe: der Maler kann nur malen, was er zu sehen glaubt, ob er sein Bild im Geiste oder in der Natur sieht.

Aus der Phantasie malen steht also in keinem Gegensatze zum Nach-der-Natur-malen, denn es sind nur zwei verschiedene Wege, die nach demselben Ziele führen sollen. Noch falscher aber wäre die Annahme, die nicht nur im Publikum, sondern leider auch in der Ästhetik immer noch besteht, als ob der Maler, der aus der Phantasie malt, mehr mit der Phantasie malt, als der, welcher nach der Natur malt.

Je naturalistischer eine Malerei ist, desto phantasievoller muß sie sein, denn die Phantasie des Malers liegt nicht – wie noch ein Lessing annahm – in der Vorstellung von der Idee, sondern in der Vorstellung von der Wirklichkeit oder wie Goethe es treffend ausdrückt: »Der Geist des Wirklichen ist das wahrhaft Ideelle«. Daher bedeutet idealistische Malerei im Gegensatze zur naturalistischen Malerei nur die verschiedene Auffassung der Natur, aber keinen Qualitätsunterschied: die Qualität beruht einzig und allein in der größeren oder geringeren Kraft der Phantasie des Malers, mag er nun wie Raffael eine Madonna oder wie Rembrandt einen geschlachteten Ochsen malen. Natürlich kann ich nicht mit mathematischer Genauigkeit beweisen wollen, warum der eine Meister mehr Phantasie hat als der andere. Ich kann nur sagen wollen, warum ich ein Porträt von F. Hals für phantasievoller halte als einen Holbein. Und wenn ich sage, daß ich in Franz Hals den phantasievollsten Maler sehe, der je gelebt hat, so wird vielleicht klarer, was ich unter malerischer Phantasie verstehe: die den malerischen Mitteln am meisten adäquate Auffassung der Natur. Jede Kontur, jeder Pinselstrich ist Ausfluß einer künstlerischen Konvention. Je suggestiver die Konvention wird, je ausdrucksvoller durch die Form oder die Farbe oder durch beides zusammen der Maler sein inneres Gesicht auf die Leinwand zu bringen imstande war, desto größere, stärkere Phantasietätigkeit war zur Erzeugung seines Werkes nötig. Ebensowenig wie man den physischen Zeugungsprozeß je ergründen wird, ebensowenig wird der Schleier von dem künstlerischen Zeugungsprozeß je fallen. Wie es Axiomata gibt, die nicht in Frage gestellt werden dürfen, wenn man mathematische Fragen erörtern will, so gibt es in der Ästhetik gewisse notwendige Voraussetzungen, über die nicht zu diskutieren ist. Das Genie ist selbstverständliche Voraussetzung und die Ästhetik kann sich nur damit beschäftigen wollen, wie und auf welche Weise es sich äußert. Der heilige Augustinus definiert die Kunst als das, was die großen Künstler hervorgebracht haben. Fragt sich nur, welche Künstler man als die großen bezeichnet. Und diese Frage wird nie endgültig gelöst werden, denn letzten Endes entscheidet in ästheticis der Geschmack und nirgends gilt das post hoc ergo propter hoc mehr als in der Ästhetik.

Je mehr wir also in der Ästhetik beweisen wollen, desto mehr wird unsre Untersuchung darauf hinauslaufen, unsren Geschmack als den richtigen dem Leser hinzustellen. Wir beweisen unsren Geschmack mit unsrem Geschmack, wir machen ihn also in derselben Sache zum Richter und zum Zeugen. Alljährlich werden wir mit einer Unzahl jener kunsthistorischen Romane beschenkt, die irgendeinen berühmten Maler oder Bildhauer zum Helden haben, und an dem uns der Autor seine Ansichten über Kunst exemplifiziert. Sie sind zwar ein erfreulicher Beweis für das Interesse des Publikums an bildender Kunst – denn wenn sie nicht gekauft würden, wären sie nicht geschrieben und noch weniger gedruckt – aber für das Verständnis der Kunst sind sie eher schädlich als nützlich; denn sie geben uns nur Meinungen und Empfindungen des Autors wieder, also lauter Urteile, die keinen wissenschaftlichen Wert beanspruchen dürfen, da sie nicht verstandesmäßig begründet werden können.