Draußen daheim - Joachim Eilts - E-Book

Draußen daheim E-Book

Joachim Eilts

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Beschreibung

Nicht viele Jäger haben ihre Leidenschaft so intensiv in Beruf und Freizeit gelebt wie Joachim Eilts. Und nicht viele verstehen es wie er, ihre Erlebnisse auf zugleich packende und unterhaltsame Art zu schildern. Ob er von abwechslungsreichem Waidwerk in seiner nordfriesischen Heimat erzählt, von fesselnder Jagd im europäischen Ausland oder in Afrika – immer lässt Joachim Eilts den Leser mitfiebern und oft genug herzlich lachen. Dieser Klassiker darf im Regal eines Jägers nicht fehlen.

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Seitenzahl: 330

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Widmung

Für Erika, Carsten, Simone,

Zum Geleit

Die Waidmänner und Petrijünger Deutschlands kennen ihn bereits seit Jahrzehnten. 25 Jahre lang arbeitete er im Paul Parey Zeitschriftenverlag hauptberuflich in der Redaktion FISCH & FANG und publizierte während dieser Zeit – außer spannenden Angelgeschichten mit authentischen Filmen – in den Fachzeitschriften Wild und Hund, Deutsche Jagdzeitung sowie JAGEN WELTWEIT unzählige Berichte über die Jagd im In- und Ausland. Mit seinen bisherigen drei Angler- und zwei Jagdbüchern hat sich »Akki« Eilts, wie ihn seine Freunde nennen, ebenfalls einen Namen gemacht.

Auch im vorliegenden sechsten Buch lässt der Vollblutjäger, mittlerweile im Ruhestand, den Leser in mitreißendem Stil an seinem abwechslungsreichen Jägerleben teilhaben. Er entführt ihn sowohl in heimische Reviere, in denen er Enten, Gänsen, Fasanen, Hasen, Kaninchen, Füchsen, Mardern, Dachsen, Rehen, Damwild und Sauen nachstellt, als auch in die entlegensten Gegenden der Welt, wo er auf Karibu, Schwarzbär, Kudu, Nyala, Streifengnu, Impala, Blessbock, Grauducker und anderes Wild jagt. Nicht nur die Pirsch auf große Tiere reizt ihn, sondern ganz besonders auch das kleine Waidwerk – allein oder mit zwei- und vierläufigen Freunden.

Jederzeit hält sich der Autor, häufig mit augenzwinkernder Selbstironie, den Blick frei für »Zwischenmenschliches« und die Natur, die ihn umgibt. Blitz und Donner, Wolkenbruch, orkanartige Böen, klirrende Kälte, Schweinesonne, Schneegestöber, bellende Füchse, schreckende Rehe und Wolfsgeheul: Akki hat ein Faible fürs Dramatische.

Und so nimmt der Naturbursche seine Leser einfach mit nach draußen, mit ins Revier um die Ecke oder auch weit entfernt von seiner ostfriesischen Heimat. Die Nase im Wind, die Sonne im Nacken, die Flinte geschultert oder die Büchse auf den Knien, den Blick auf alles gerichtet, was sich bewegt. Er lässt den Leser seine Begeisterung für die Natur, fürs Jagen und Angeln, intensiv spüren. Seine positive Einstellung, die Freude an allen schönen Dingen des Lebens, pulsiert aus jeder Zeile. Und das wirkt äußerst ansteckend.

Akki verfügt über eine schriftstellerische Naturbegabung. Es gelingt ihm, seine Eindrücke unverfälscht und voller Leben weiterzugeben. Ein wahres Erzähltalent, dessen Bücher diesen besonderen Hauch, den frischen Atem der Natur, noch fühlbar machen.

Lieber Akki, ich bin gern mit Dir auf diesen Seiten draußen unterwegs gewesen, und ich bin mir sicher, Deiner großen Lesergemeinde wird es genauso ergehen.

Frank Rakow

Chefredakteur Deutsche Jagdzeitung

und JAGEN WELTWEIT

Einleitung

Wieder einmal habe ich es mir am uralten, nostalgischen Schreibtisch in meinem privaten Angel- und Jagdmuseum zu Hause gemütlich gemacht und lasse den Blick schweifen. Mir gegenüber sitzt Erika, die Frau, die mir seit 50 Jahren das Leben verschönert und uns zwei prächtige Kinder geboren hat. Ihr Schreibtisch hat die gleiche Größe wie meiner, und sie bastelt gerade an ihrer Homepage.

Für mich ist dieses Zimmer das schönste der Welt. Es hat unendlich viel zu erzählen. Über dem fünf Meter breiten, gemauerten Bogen mit hart gebrannten Klinkersteinen hängen 40 Rehgehörne. Jeder Bock, jede Erlegung ist fest verankert in der Erinnerung.

Während ich den Hals drehe, um mir zum tausendsten Mal anzusehen, was ich in den vergangenen Jahrzehnten aus aller Welt zusammengeschleppt habe, kann sich Erika ein Schmunzeln nicht verkneifen. Sie weiß, was ich denke. An der rechten Wand hängen ein Elchgeweih aus Neufundland, der Schädel eines Rothirsches aus Ungarn, das Kopf-Träger-Präparat einer Schneeziege aus Britisch Kolumbien, zwei Gamsbockschädel aus Österreich sowie mehrere Trophäen aus Namibia und Südafrika.

Meine Schädelsammlung im antiken Eichenschrank mit Glastüren, verschiedene Decken, Schwarten und Felle, das Stillleben meines ersten Birkhahns, die ausgestopfte Auerhenne, das leuchtend weiße Alpenschneehuhn, Abwurfstangen von Rot-, Dam- und Elchwild … Es ist immer wieder eine Freude, all das zu betrachten.

In den Schaukästen auf der linken Seite des Zimmers befinden sich verschiedene Steinzeitwerkzeuge, gigantische Zähne von Megalodons, jenen ausgestorbenen Riesenhaien, die eine Länge von 16 Metern erreichten sowie ein versteinertes Dinosaurier-Ei. Auch die gewaltige Säge eines fünf Meter langen Sägefisches aus Afrika, ein uraltes Ulu-Messer mit Karibugeweihgriff aus Alaska, das originale Goldgräber-Werkzeug vom Run am Klondike River, nostalgische Angelrollen, Hahnflinten, Angelhaken, aus Muscheln und Knochen gefertigt, und versteinertes Holz sind eine Augenweide.

Eine weitere Besonderheit stellt der in Gießharz eingegossene Schädel eines gewaltigen Hechtes dar. Der 1,40 Meter lange Räuber wurde in einem Gewässer in Ostfriesland tot aufgefunden und verweste bereits. Um den Schädel, er ist mit außergewöhnlich langen Zähnen versehen, der Nachwelt zu erhalten, goss ich ihn mit zwölf Schichten Gießharz in einem eigens für diesen Zweck hergestellten Aquarium ein. Nach Beendigung der Prozedur entfernte ich die Glasscheiben, ließ den Block glattschleifen und sprühte ihn mit Klarlack ein, woraufhin er wie von Zauberhand durchsichtig wurde.

Nur wenige Trophäen an den Wänden sind kapital. Es ist sogar so, dass mir viele der schwächeren, weil sich besondere Geschichten um sie ranken, die liebsten sind. Und dann gibt es noch die vielen Alben mit unzähligen Jagd- und Angelfotos. Jedes Stück Wild, jeder Fisch, jedes Landschaftsbild, jeder abgebildete Freund ruft unwiederbringliche Stunden in freier Natur in die Gegenwart zurück.

Was für Erlebnisse! Ich bin voll bis zur Schädeldecke. Voll mit Erinnerungen. Schon fahre ich den Computer hoch und beginne zu schreiben. Die Gelegenheit ist günstig, denn draußen regnet es in Strömen. Obwohl die Dämmerung gerade erst eingesetzt hat, leuchten die Straßenlaternen bereits, und der Herbststurm jagt die letzten Blätter der Pappeln vor unserem Haus waagerecht über die Straße.

Liebe Leserin, lieber Leser, setzen Sie sich zu mir. Begleiten Sie mich auf meiner Reise durch die Vergangenheit.

Joachim Eilts

Abenteuer Gänsejagd

Exakt 23 Graugänse zupfen auf dem Acker in unmittelbarer Nähe des kleinen, von Schilf gesäumten Sees an den Spitzen der Wintersaat. Aber sie bleiben nicht lange allein, denn schon segelt die nächste Familie heran. Sie besteht aus fünf Vögeln. Kaum gelandet, beginnt das große, Fressen. Ein weiterer, aus sechs Gänsen bestehender Flug zieht es vor, im Wasser einzufallen. Bereits fünf Minuten später stapfen die großen, grauen Vögel wie am Gummiband gezogen einer nach dem anderen an Land.

Sofort machen auch sie sich über die Saat her und scheinen sich eine Menge zu erzählen haben. »Gick-gack, gick-gack, gick-gack!« Unaufhörlich quatschend putzen sie sich und fetten die Federn ein. Die Verdauung lässt keine Wünsche übrig: oben rein, unten raus. Sie haben einen, wie die Landwirte sagen, »durchgehenden Darm«. Mit dem zehnfach vergrößernden Doppelglas an den Augen kann ich alles bestens erkennen.

Gut 400 Meter entfernt zieht eine Ricke mit ihren beiden Kitzen in die Dickung. Nur kurz kommt mir ein viertes Reh in Anblick. Genau ansprechen kann ich es nicht, glaube jedoch, dass es ein Jährling ist.

Als die Gänse schließlich nach reichlicher Futteraufnahme ihren Hunger gestillt haben, folgt das Verdauungsschläfchen. Ein Ruder wird eingezogen und der Kopf unter den Flügel gesteckt. Gleichgewichtsstörungen haben sie wirklich nicht, die klugen Vögel. Aber nicht alle schlafen. Zwei Graue sind als Posten eingeteilt und sichern nach allen Seiten …

Es ist Ende November. Früher Nachmittag. Johann und ich befinden uns mitten in Ostfriesland in seinem kleinen, aber feinen Revier. Hatz, mein bereits etwas ergrauter Drahthaar, steht unangeleint neben uns und äugt nahezu unbeweglich ebenfalls in Richtung der Gänse. Weil Johann sein Fernglas zu Hause vergessen hat, gebe ich ihm meins, damit er einen Plan für unsere Vorgehensweise machen kann. Wir haben beide Appetit auf Gänsebraten. Auch die anderen Familienmitglieder sind in keiner Weise abgeneigt.

»Weißt du, warum ich dich gerade heute eingeladen habe?«, fragt Johann. »Weil du mich so lieb hast«, antworte ich und grinse. »Nein. Heute Abend kommen sechs Freundinnen meiner Frau zum Essen zu uns nach Hause, und ich habe absolut keine Lust, zwischen den gackernden Hühnern zu sitzen und mir tiefgründige Gespräche über die neueste Schuhmode, das beste Mittel gegen splissige Haare oder den idealen Mann anzuhören!« Herrlich. Johann, wie er leibt und lebt.

Wie so oft bei der Jagd auf die majestätischen Vögel habe ich außer der Bockdoppelflinte für den Schuss auf weitere Distanzen meine geliebte Hornet dabei. Ein Gewehr links, ein Gewehr rechts über die Schulter, und ich bin bereit. Johann ist wie immer mit seiner alten 16er-Querflinte bewaffnet. Auf geht’s.

Noch beträgt die Entfernung zu den Gänsen gut 300 Meter, aber weil fast alle Vögel Siesta halten, entschließen wir uns, die Gelegenheit zu nutzen, und schleichen uns tief gebückt mit Hatz durch einen nur wenig Wasser führenden Graben an. Gut, dass Johann und ich hohe Gummistiefel angezogen haben. Zwar stecken wir einige Male kurz im Schlamm fest, die Füße jedoch bleiben trocken.

Trotz seines hohen Alters bewegt sich Hatz wie ein Panther. Nasse Läufe haben ihm noch nie etwas ausgemacht. Immer wieder streichen Brachvögel über uns hinweg. Lassen ihren flötenden Ruf ertönen.

Nach etwa 100 Metern wagen wir einen vorsichtigen Blick über die Böschung und sind beruhigt. Die Vögel sind absolut vertraut, lassen sich vom bunt schillernden, provozierend vorbeistolzierenden Fasanenhahn nicht im Geringsten stören. Auch die beiden Stockenten, die gerade im See einfallen, ignorieren sie.

Verdammt, die Hornet rutscht mir von der Schulter, fällt, während der rechte Fuß Halt sucht, sachte ins Gras. Glück gehabt, die Optik hat mit Sicherheit keinen Schaden genommen.

80 Meter weiter bleiben wir wiederum stehen und peilen die Lage. Im Zeitlupentempo schieben wir die Köpfe über den Grabenrand und schauen durch die Schilfhalme hindurch in Richtung Wild. Hatz tut es uns gleich.

Alles bestens. Noch einmal 80 Meter, und ich werde den Schuss mit der Hornet wagen. Da sich die Gänse etwa 60 Meter vom schützenden Graben entfernt auf dem Acker befinden, ist an Schrotschüsse nicht zu denken.

Mehrmals in den vergangenen Jahrzehnten hatte ich nach dem Kugelschuss das Glück, dass mich die Grauen, die nicht orten konnten, woher der Knall kam, während der Flucht direkt anflogen, so dass ich mit der Flinte eine weitere, manchmal sogar eine dritte Gans erlegen konnte. Alter Ostfriesentrick. Ob es auch heute klappt? Der Adrenalinspiegel steigt.

Jetzt sind wir am Ziel. Die Distanz zu den Grauen beträgt ca. 70 Meter. Nun gilt es. »Ich versuch‘s zunächst mit der Hornet. Vielleicht fliegen sie ja nach dem Schuss in unsere Richtung«, sage ich. Johann nickt, geht zehn Meter weiter und füttert seine Flinte. Er zuckt mit den Schultern, und ich sehe ihm an, dass er skeptisch ist.

Äußerst langsam und vorsichtig schiebe ich den Lauf der Hornet über die Böschung. Hatz, im Wasser des Grabens stehend, zittert am ganzen Körper. Die Passion wird er erst verlieren, wenn sein Herz aufgehört hat zu schlagen.

Weil das Gras zwischen den Schilfhalmen etwas zu hoch ist, lege ich als Unterlage zunächst das Fernglas auf den Boden, darauf dann den Hut und das Gewehr. Tief geduckt lade ich daraufhin die Flinte mit 3,5 Millimeter starken Schroten, lege sie griffbereit zur Seite und mache mich fertig für den Kugelschuss. Hatz steht da wie ausgestopft.

Aber was ist das? Von einer Sekunde zur anderen werden die Gänse unruhig! Entwarnung: Vier weitere Vögel fallen ein und werden lauthals begrüßt. Ich nutze das Palaver, nehme eine der außen stehenden Gänse ins Visier, steche ein und lasse fliegen.

Die Gans, das kann ich genau erkennen, kippt um wie ein getroffener Rollhase und ist sekündlich verendet. Kopf runter, Flinte greifen, entsichern und warten, was passiert.

Gänsehaut überzieht meinen Rücken und die Arme. Die Haare stellen sich auf. Hatz bleibt wo er ist, weiß, dass er erst später gebraucht wird.

Lauthals schraubt sich die ganze Gesellschaft in die Luft und – ich höre es am immer lauter werdenden aufgeregten Gekakel – kommt genau auf uns zu. »Jawoll!« Johann und ich gehen in Voranschlag, und ehe wir uns versehen, sind die Gänse in einer Höhe von höchstens 25 Metern über uns. Ich nehme die ganz links fliegende ins Visier und schieße. Als ich sehe, dass sie nach kurzem Himmeln im Sturzflug zur Erde segelt, werfe ich einen zweiten Schuss auf den letzten der Vögel, und – welch Freude – auch diese Gans fällt wie ein Stein vom Himmel. Unglaublich schnell schrauben sich die restlichen Gänse in die Höhe und befinden sich bereits Sekunden später außer Schussweite.

Erst jetzt schaue ich zu Johann, der fast zeitgleich mit mir geschossen hat, und sehe ihn strahlen. Stolz hält er Mittel- und Zeigefinger der rechten Hand v-förmig in die Luft, was bedeutet, dass er ebenfalls zwei Gänse erlegt hat.

Drei Vögel liegen nur wenige Meter von uns entfernt und werden nacheinander in aller Seelenruhe von Hatz gebracht. Für die vierte braucht er etwas länger, denn sie landete in einem großen, sumpfigen Schilfstück. Während er sucht, hole ich die zuerst erlegte »Hornetgans«. Johann ist begeistert: »Fünf Schüsse, fünf Gänse. Mein lieber Scholli!«, sagt er, als ich zurückkomme.

Die Bühne ist natürlich leer, aber weil es erst in einer Stunde dunkel wird, mache ich den Vorschlag, noch ein wenig am Grabenrand sitzen zu bleiben. »Vielleicht geben sich ja noch mal ein paar Gänse die Ehre?«

In der Tat. 30 Minuten später fallen 80 Meter entfernt vier Graue auf dem Acker ein. Ohne lange zu sichern, beginnen sie sofort zu äsen. Wunderschön. Die vom Wind getriebenen Wolken zeichnen dunkle, dahinschwebende Schatten auf die vor uns liegende Landschaft. Was für ein Bild.

Wieder heißt es handeln. Ich schiebe die Hornet über den Wall, nehme Maß und schicke die Kugel auf die Reise. Volltreffer. Nur kurz himmelt die Gans und fällt unmittelbar darauf mausetot auf den Acker zurück. Zwar fliegen die drei anderen Vögel diesmal nicht in unsere Richtung, sondern seitlich davon, aber wir sind dennoch äußerst zufrieden.

Auf meine herzliche Bitte hin schickt sich Hatz an, die soeben erlegte Gans zu holen. Toll, wie schnell der alte Sack die Beute bringt. Ein großartiger Jagdhund, der mir sein Leben lang nur Freude bereitete.

»Für heute lassen wir es gut sein«, sagt Johann, und schon stiefeln wir mit jeweils drei dicken Gänsen in den Händen zurück zum Auto. Hatz folgt uns nur widerwillig. Er hätte gern noch ein wenig weitergejagt.

Prachtvoll der Sonnenuntergang: Von Zitronengelb über Veilchenblau bis Zartrosa präsentiert sich uns der Himmel. Ein wundervolles Farbenspiel. Mit offenen Augen, aber geschlossenem Mund staunend, stehen wir da. Wir müssen nicht reden.

Tausend Gedanken gehen mir durch den Kopf: Mit großer Begeisterung habe ich in vielen Ländern der Erde gejagt, aber wieder einmal wird mir bewusst, dass ich mich am wohlsten fühle, wenn ich allein oder mit einem Freund mit meinem Hund in Ostfriesland den Enten, Gänsen, Fasanen oder Hasen nachstelle.

Ab nach Hause. Ab in den warmen Bau. Als wir das Auto erreichen, funkeln über uns bereits die Sterne.

Wenn der Bock die Ricke treibt

Nachdem mich Ewald Anfang August um vier Uhr morgens bei noch völliger Dunkelheit im Revier abgesetzt hat und sich die roten Schlusslichter seines alten, mit Rost übersäten Wagens im Dunst des Nebels verlieren, versuche ich mich zu orientieren. Wie soll ich hier, in tiefer schwarzer Nacht, die offene Kanzel finden? »400 Meter den Schotterweg geradeaus, dann 100 Meter links«, hatte er gesagt. »Ganz einfach zu finden.« Auweia.

Langsam, ohne Wild aufzumüden, gelange ich tatsächlich problemlos ans Ziel. Es ist immer noch ziemlich finster, als ich die Sprossen der Leiter ertaste und vorsichtig emporsteige. Glück gehabt. Kein Reh schreckt.

Oben angekommen, steht mir der leichte Wind, er hat den Nebel mittlerweile fast gänzlich vertrieben, voll ins Gesicht. Nur schemenhaft kann ich die Freifläche vor mir erahnen. So leise es geht, richte ich mich ein und warte auf das Einsetzen der Morgendämmerung. Blatten will ich, denn Freund Ewald hat mir einen Bock freigegeben. »Schieß den, der dir Spaß macht«, sagte er.

Etwa eine halbe Stunde später wird es langsam hell, und schon kann ich mit dem lichtstarken Glas erste Landschaftskonturen erkennen. Die Kanzel steht direkt am Waldrand. Links und rechts befinden sich abgeerntete Kornfelder, direkt vor mir, von einem Drahtzaun gesäumt, liegt eine saftige Wiese. 200 Meter dahinter schließt sich ein weiteres kleines Wäldchen an. Zunächst noch grau in grau präsentiert sich die Weide zunehmend in leuchtendem Grün. Ein schwerer, atemberaubender Duft liegt in der Luft. Ja. So riecht er, der Sommer.

Oh! Am Horizont türmen sich dunkle Wolken und verheißen nichts Gutes. Aber ich bin vorbereitet. Wenn Petrus seine Schleusen öffnet, hole ich meinen alten Bundeswehr-Regenponcho aus dem Rucksack und freue mich des Lebens. Alles kein Problem: Regen ist flüssiger Sonnenschein!

Tatsächlich. 20 Minuten später ist es so weit: In Windeseile schieben sich die schwarzen Wolken vor die Sonne. Es sieht aus, als würden sie eine Kerze auspusten. Blitze, von gelegentlichem Donnern begleitet, zucken und erbsengroße Regentropfen klatschen auf oder gegen die dachlose Kanzel. Längst habe ich mich mit Rucksack und Büchse unter dem Poncho in Sicherheit gebracht und genieße das Unwetter.

Genießen? Ja. Seit ich denken kann, freue ich mich über jede Laune der Natur. Je heftiger ein Gewitter, umso faszinierender. Das ist angewölft. Dafür kann ich nichts. Es macht mir einfach nur Spaß.

Schließlich gießt es wie aus Kübeln, und eine gewaltige Windbö hebt den Regenschutz kurzzeitig an. Der trockene Ast im Wipfel der Buche, an der sich der Sitz befindet, bricht und knallt krachend auf den Boden. Alles kein Problem.

Kaum zehn Minuten dauert der Wolkenbruch, danach wird es innerhalb kurzer Zeit mystisch schön. Zwei übereinander liegende, bunt schillernde Regenbogen überspannen das Revier, und an mehreren Stellen dampft die Erde derart, dass es aussieht, als würde der Teufel in riesigen Kesseln seine Beute brutzeln. Himmel und Hölle! In der Ferne ertönt das monotone Geräusch eines Hubschraubers. Was für eine Stimmung!

Na bitte! Die flammenden Wolken und der Dampf verziehen sich, und die Sonne beginnt zu strahlen. Besser können die Bedingungen fürs Blatten nicht sein. Es riecht förmlich nach Rehwild und Brunft.

In den hohen Fichten schimpft der Eichelhäher, und am Waldrand sucht ein tiefschwarzer Amselhahn mit leuchtend gelbem Schnabel nach Nahrung. Hoch über mir kreist ein Bussard. Als sich ihm drei Rabenkrähen nähern, ist es mit der Ruhe vorbei. Rotzfrech attackieren sie den »König der Lüfte« und veranlassen ihn, das Weite zu suchen. Im gleißenden Sonnenlicht sehen die unzähligen Wassertropfen auf der Wiese aus wie Diamanten. Ein Feld voller Edelsteine!

Lautes Schwingenklatschen! In steilen Bahnen steigen zwei Tauber in die Höhe und verschwinden sogleich mit waagerecht gehaltenen Schwingen in den Ästen einer alten Eiche. Auch das laute »Kik, Kik, Kik« eines jagenden Turmfalken zieht mich in den Bann. Im schnellen Rüttelflug steht er über der Weide und stürzt urplötzlich blitzartig zu Boden. Nach nur wenigen Sekunden steilt er auf, und ich sehe, dass er erfolgreich war. Nur mühsam gewinnt er an Höhe. Wenn mich nicht alles täuscht, hat er einen fetten Maulwurf in den Fängen.

Ich greife zum Rottumtaler Blatter, presse das Mundstück zwischen die Lippen und lasse die ersten zarten Töne über die ebene Landschaft klingen. Das Gewehr ist geladen, liegt griffbereit auf der Brüstung der Kanzel. Jetzt heißt es warten.

Achtung. Hinter mir raschelt es! Ich spüre, wie der Blutdruck steigt, aber es ist nur ein Hase, der gleich darauf direkt unter dem Hochsitz mit seinem Frühstück beginnt. Als ich mich nach vorne recke, kann ich jedes Haar von Mümmelmann erkennen.

Hallo? Wie hingezaubert stehen urplötzlich etwa 200 Meter links von mir zwei Rehe am Waldrand. Der Blick durchs Fernglas bestätigt die Vermutung: ein Schmalreh und ein Jährling. Wahrscheinlich Geschwister. Während ich ein zweites Mal blatte, werfen sie kurz auf, äsen jedoch sofort weiter.

Unwillkürlich schaue ich nach vorn und sehe vor dem Wäldchen etwas Rotes. Bock! Und was für einer. Selbst auf die Entfernung von etwa 180 Metern erkenne ich mit dem doppelten Glas, dass er richtig was zwischen den Lauschern hat.

Während seine augenscheinlich noch nasse Decke in der Morgensonne dunkelrot zu glühen scheint, vermeine ich, auf der linken Seite eine doppelt lauscherhohe Gabel, auf der rechten eine dicke Sechserstange erkennen zu können. Massiger Träger, das Gebäude nach vorne verlagert … Ganz sicher kein junger Bock. Nicht einmal in meinen kühnsten Träumen hatte ich erwartet, dass es hier einen derart starken Bock gibt. Ob ich ihn näher heranlocken kann? 180 Meter für einen Schuss sind mir zu weit.

Ich versuche es. Doch statt auf die inbrünstig dargebotenen Liebestöne zu springen, verzieht er sich in aller Seelenruhe zurück ins Wäldchen. Wahrscheinlich befindet sich dort in der Dickung seine Angebetete, denke ich gerade, als ein Reh exakt aus dieser Richtung hochflüchtig direkt auf mich zukommt. Ein Jährling mit lauscherhohen Spießen, gefolgt von … dem Bock, den ich gerade sah. Leider geht die wilde Verfolgungsjagd im wahrsten Sinne des Wortes an mir vorüber. Gut 300 Meter rechts verschwinden die beiden im Wald.

Aber nur Sekunden später kommen sie mir auf einem der abgeernteten Getreidefelder wieder in Anblick. Hin und her geht die wilde Hatz. Viel zu weit entfernt, viel zu schnell, um schießen zu können. Keine Chance.

Diana ist mir hold. Als sich mir die Kontrahenten nach einer Weile bis auf etwa 80 Meter genähert haben, lässt der alte Bock von seinem »Opfer« ab, markiert hier, plätzt da und beginnt, als sei nichts gewesen, zu äsen. Den Jährling, der sich nervös und pausenlos aufwerfend unschlüssig in gebührender Entfernung aufhält, beachtet er nicht mehr.

Langsam, ganz langsam bringe ich die Büchse in Position, aber völlig unvermittelt, und für mich ohne ersichtlichen Grund, wirft der »Revierinhaber« auf und flüchtet mit nach hinten gedrehten Lauschern und gesträubtem Spiegel ohne einen Schrecklaut in Richtung des schützenden Waldes.

Den Blatter im Mund, um beide Hände für den Schuss frei zu haben, setze ich den Angstruf und bin äußerst erfreut, dass der Kapitale etwa 100 Meter entfernt ruckartig stehen bleibt. Misstrauisch erstarrt, zwei ärgerliche Schrecklaute von sich gebend, äugt er in meine Richtung. Unaufhörlich lässt er die Lauscher spielen. Längst habe ich mit dem Absehen das Blatt erfasst und schicke die 7x57er- Kegelspitz auf die Reise.

Ganz sicher. Der Bock hat die Kugel. Schon beginnt er zu schwanken. Mit aller Macht sträubt sich das Leben, den bereits geschwächten Körper zu verlassen. Noch zwei Mal dreht sich der Recke um die eigene Achse und fällt dann, wie vom Blitz getroffen, um, ist in die Ewigen Jagdgründe gewechselt. Wild schlägt mein Herz. Das Bockfieber schüttelt mich.

Nach etwa zehn Minuten baume ich ab, repetiere vorsichtshalber eine Patrone in den Lauf und gehe langsam und bedächtig mit trockener Kehle in Richtung Anschuss. Das immer noch regennasse Gras ist rutschig, aber die weiche Erde darunter gibt mir Halt. Grenzenloser, die ganze Brust ausfüllender Jubel überkommt mich, als ich vor meiner Beute stehe.

Nachdem ich mehrmals die wundervolle rote Sommerdecke des Bocks gestreichelt habe, hebe ich das Haupt mit dem prachtvollen Gehörn an und kann mich nur noch freuen: hohe, massige, dunkel geperlte Stangen mit weiter Auslage. Links eine Telefongabel, rechts Sechserstange. Beeindruckend, die mächtigen Dachrosen. »Genau wie angesprochen. Sicher weit über 300 Gramm Gehörngewicht«, murmele ich mir in den Bart.

Die Zähne des Unterkiefers, das stelle ich sogleich fest, sind glatt wie ein Kinderpopo. Wuchtig, gedrungen, fast bullig präsentiert sich der Wildkörper. Ein Erntebock, wie er besser nicht sein kann.

September-Dachse

Mitte September. Zwei neun Kilogramm schwere Dachsfähen habe ich vor 14 Tagen beim Ansitz am Pass mit der Flinte bereits erlegt. Jetzt jedoch, eine halbe Stunde vor der Abenddämmerung, sitze ich auf einem nur 20 Meter vom Bau entfernten Hochsitz und bin guter Hoffnung, dass es auch heute wieder klappt, einen Schmalzmann zu erlegen.

Die offene Kanzel befindet sich inmitten uralter Eichen. Gleich mehrere Sonnenlichtbündel strahlen durch die Lücken im Blätterdach und bringen den Waldboden zum Glühen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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