Herzstücke in München - Christine Metzger - E-Book

Herzstücke in München E-Book

Christine Metzger

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Beschreibung

Vertraute Münchner Klischees sind über die Grenzen der Stadt bekannt – wer aber denkt, dass München nicht mehr zu bieten hat, wird von diesem Buch eines Besseren belehrt. Abseits bekannter Wege warten kleine und große Highlights und Geheimnisse, die Touristen und Einheimischen einen neuen Blick auf die Stadt ermöglichen. Machen Sie sich auf die Suche nach dem Volk der Schmolche oder lüften Sie das Geheimnis um die "Bezaubernde Julia".

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Seitenzahl: 152

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CHRISTINE METZGER, FRANZ MARC FREI

HERZSTÜCKE

IN

MÜNCHEN

BESONDERES ABSEITS DER BEKANNTEN WEGE ENTDECKEN

Inhalt

IMMER: EINE SÜNDE WERT!

01 Mundgerechter Augenschmaus

02 Die hohe Kunst des Ausziehens

03 Dreh- und Angelpunkt – die Schraube

04 Gegen alles ist ein Kraut gewachsen

05 Bierkrüge hinter Schloss und Riegel

06 »Für den, der’s mag, is des as Höchste«

07 Schweinsbraten mit Muscheln

08 Wo der Krimifan aufs Glatteis geführt wird

09 Stadtblick von der Krone der Eiche

10 Römer, Iren und eine Eiserne Jungfrau

11 Die Sucht des Selbermachens

12 Schlemmen wie Gott in Haidhausen

13 Tante Emma, gestylt von Marion

14 Und ewig rauscht der Wildbach

15 Eine Hommage: Bayern meets Africa

16 Rüstzeug für den Biergarten

17 Hier möchte man Puppe sein

18 Kaffeepause in der Antike

19 Der Himmel hängt voller Lüster

20 Auf den Hund gekommen

21 Trinken – mal nicht gegen den Durst

MAL WIEDER: ZEIT FÜR KULTUR!

22 Prügel für den Breznreiter

23 Ohrwaschl und Himmelsleiter

24 Licht und Klang im Durchgang

25 Typisch München! Zamperl Waldi

26 Volkstheater auf höchstem Niveau

27 Literatur hinter dem Rücken der Kirche

28 Zeitreise in den Untergrund

29 Juwel im Jugendstil – die Kammerspiele

30 Keine Prinzessin auf der Erbse

31 Sammlung Bollert – alles oder nichts

32 »An Schädel hau ma euch runter«

33 Einst Kühe, heute Kultur & Kulinaria

34 Maria und Josef, ermordet von Josef

35 Alfred Delp – ein mutiger Seelsorger

36 Gesprühte Kunst im Untergrund

37 Shopping in der Nachkriegszeit

38 Auferstanden aus Ruinen: Kleines Spiel

39 Die Metropole endet nicht am Ring

40 Lenbachs Alptraum: eine Goldschachtel

41 Zum Schwabingbummel ein Gedicht

42 Problem gelöst, Bär ausgestopft

43 Ein Porträt als Psychogramm

BLICKFANG!

44 Vom Münchner Kindl zum Volkssänger

45 Julia – Busenwunder bringt Liebesglück

46 Die Schäffler und die Sage

47 Hut ab, wenn ein Papst geht

48 In memoriam Siegestor

49 Was vom zweiten Mauerring blieb

50 Ein Palast für die Mode

51 Die 3. Frau – Aneta, Emmy oder Therese?

52 Treppenwitz – Zutritt verboten!

53 Geraubt, ertränkt, und Lola rennt

54 Zeitreisebahnhof Gerner Brücke

55 Wortklauberei am Bodendenkmal

56 Früher aufs Podest, heute strafbar

57 Spuren im »Drückebergergasserl«

58 »Ich würde München gewiss Ehre machen«

59 Vom Volk – ein Denkmal für den Grafen

60 Ein Rad kommt schwer in Schwung

61 Privatsache? Steine des Anstoßes

62 Ein Raum, der Sammlung zulässt

63 Kopfgeld für Leo von Klenze

64 Gotik und Rokoko – strahlende Symbiose

65 Wo in Haidhausen blaues Blut floss

66 Geschichten rund um den Maibaum

67 Der Traum vom Eigenheim

68 Ein Brunnen findet seinen Platz

69 Trambahnschienenritzenreinigerin

70 Münchens erste Gastarbeiter

71 »Ich habe den Krieg verhindern wollen«

72 Kriegsspuren – Zeige deine Wunden

73 Die »vier Heiligen Drei Könige«

74 »Bin ich vielleicht nicht schön! Ha!?«

75 Kein Dorf, aber zwei Kirchen

76 Giesinger Vorstadtschmuckstücke

77 Letzte Ruhe – Mosi & seine Schützlinge

78 Geiselbefreiung in Ramersdorf

79 Schöner Wohnen im Nationalsozialismus

80 Schmolche – Leben im Schaufenster

HEUTE: WILL ICH RAUS!

81 Zum »Bergsteigen« nach Aubing

82 Wasserspiele zum Mitspielen

83 Und ewig rauschen die Wälder …

84 Fernöstliches Flair im Westpark

85 Hoch hinaus: sportliche Superlative

86 Nachtleben im Tierpark

87 Auf Augenhöhe mit hohen Tieren

88 Stadt, Land, Fluss – die Isar

89 Mit Siebenmeilenstiefeln durchs All

90 Gärten mit giftigem Potenzial

91 Frühlingsboten im Kabinettsgarten

92 Die »Colonie« am Kanal

93 Farbtupfer im Münchner Winter

94 Wo der Biber einmal ein Fisch war

95 Mit Charme, Glück und Gottes Segen

96 Zweideutige Botschaft vom Berg

97 Die Radieserl von unten sehen …

98 Millionendorf mit Schafwiese

99 Oben und unten bunt: Neuperlach

100 Ausgebuchteter Schneckenkäfer

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,

Sie leben schon lange hier. So lange, dass Sie den Slogan »München, Weltstadt mit Herz« noch kennen. Oder: Sie sind neu zugezogen und haben brav die obligaten Stadtführungen mitgemacht. Kurz: Sie glauben, Ihre Stadt zu kennen.

Dann lassen Sie sich überraschen. München ist ein lebendiger Organismus, dessen Herz nicht nur am Marienplatz schlägt. Ständig entsteht Neues, und auch das vermeintlich Bekannte birgt Überraschungen. Wer ändert schon die Perspektive, hält inne, blickt nach oben, erfreut sich an Details, wenn er auf vertrauten Pfaden die ewig gleichen Ziele anstrebt? Dazu lade ich Sie ein: Spazieren Sie mit mir durch München, und sehen Sie die Stadt mit neuen Augen.

Viel Spaß beim Entdecken!

IMMER

EINE SÜNDE WERT!

MEINE LIEBLINGSADRESSEN ZUM ESSEN & TRINKEN, EINKAUFEN & ÜBERNACHTEN

01Mundgerechter Augenschmaus

02Die hohe Kunst des Ausziehens

03Dreh- und Angelpunkt – die Schraube

04Gegen alles ist ein Kraut gewachsen

05Bierkrüge hinter Schloss und Riegel

06»Für den, der’s mag, is des as Höchste«

07Schweinsbraten mit Muscheln

08Wo der Krimifan aufs Glatteis geführt wird

09Stadtblick von der Krone der Eiche

10Römer, Iren und eine Eiserne Jungfrau

11Die Sucht des Selbermachens

12Schlemmen wie Gott in Haidhausen

13Tante Emma, gestylt von Marion

14Und ewig rauscht der Wildbach

15Eine Hommage: Bayern meets Africa

16Rüstzeug für den Biergarten

17Hier möchte man Puppe sein

18Kaffeepause in der Antike

19Der Himmel hängt voller Lüster

20Auf den Hund gekommen

21Trinken – mal nicht gegen den Durst

01

MUNDGERECHTER AUGENSCHMAUS

Wenn Sie als Kind Hemmungen hatten, Ihrem Schoko-Osterhasen den Kopf abzubeißen, kann es sein, dass Sie im Sama Sama ein Déjà-vu-Erlebnis haben: Diese wunderschönen kleinen Kunstwerke mit Goldflitter, kandierten Veilchen, Rosenblättern – die kann man doch nicht oral vernichten!

Zum Glück haben wir unseren Geruchssinn, der direkt mit dem Emotions-zentrum im Gehirn verbunden ist. Nase schlägt Auge, der Schokoladenduft löst Erinnerungen aus: heißer Kakao an kalten Wintertagen, elterliche Belohnung fürs brave Kind, Geborgenheit – Schokolade macht glücklich.

Eine Praline muss mindestens 25 Prozent Schokolade enthalten und mundgerecht sein. Um wie viele Prozentpunkte Wilhelmine Raabe dieses Maß überschreitet, bleibt ihr süßes Geheimnis, wie auch alle anderen Schritte, die jede Praline bei der aufwendigen Produktion in Handarbeit durchläuft. Was die Mundgerechtigkeit betrifft, liegt Frau Raabe sicher an der Obergrenze: 35 bis 40 Gramm wiegt so eine Köstlichkeit, und Sie müssen sich entscheiden, wie Sie sie genießen. Kleine Stücke abknabbern und im Mund zergehen lassen oder die ganze Praline in den Mund stecken und die Geschmacksexplosion erleben. Als Wilhelmine Raabe 1996 begann, sich der Königsdisziplin der Chocolatierkunst zu widmen, hatte sie zehn Sorten im Angebot, heute sind es 250. Ihre Kreativität scheint keine Grenzen zu kennen. Wie bei jedem künstlerischen Prozess steht am Anfang die Vision. Wenn sie ein Rezept entwerfe, sagt sie, wisse sie schon in ihrer Fantasie, wie die Praline schmecken werde.

250 Sorten! Welche Dramen müssen sich in diesem kleinen Laden abgespielt haben? Schokolade, Marzipan, Nugat, Krokant, exotische Früchte und Gewürze, kandierte Blüten – alles so schön und so verlockend. Wie gut, dass es sich um Schokoladenprodukte handelt. Doch sobald man die erste Praline in den Mund steckt, sind die Qualen der Wahl beendet, und man ist nur noch glücklich.

Sama Sama · Mo–Sa 10–18 Uhr · Westenriederstr. 21 · Altstadt Tel. 089/29 16 33 79 · www.sama-sama-pralinen.de · Haltestelle: S Isartor

02

DIE HOHE KUNST DES AUSZIEHENS

Wenn Sie länger in München leben, werden Sie sich gewiss erinnern: Die »Schmalznudel« hat früher um 5 Uhr aufgemacht und war damals Schnittstelle für Menschen aus zwei Welten. Die einen tranken nach durchzechter Nacht hier den letzten, die anderen, deren Tagwerk früh begann, den ersten Kaffee.

Heute öffnet das »Café Frischhut« – das niemand so nennt, weil es vulgo »Schmalznudel« heißt und nicht anders – die schwere Holztür um 8 Uhr. Sonst hat sich nichts geändert. Das Publikum ist noch immer gemischt, der Kaffee kommt aus dem Haferl und nicht aus dem Pappbecher und schon gar nicht aus dem Land Togo. Die Einrichtung ist altmodisch gemütlich, die naiven Bilder an den Holzwänden stammen von der Mutter Frischhut, und im Sommer lädt die Terrasse ein.

Im nahen Biergarten Viktualienmarkt wird alle sechs Wochen das Bier einer anderen Münchner Brauerei ausgeschenkt. Immer passend: köstliche Fischsemmeln von Fisch Witte (www.fisch-witte.de).

Das Schmalzgebäck gibt es seit fast 50 Jahren in gleichbleibender Qualität: Stritzerl, »Ausgezogene«, Krapfen und Rohrnudeln mit diversen Füllungen. Wenn in der Gastronomie Schmalz zum Einsatz kommt, können Sie sich ganz auf Ihre Nase verlassen: Riecht’s ranzig, nix wie raus. In der »Schmalznudel« duftet es nur nach Kaffee. Und es brutzelt. Im heißen Butterschmalz tanzen die Ausgezogenen, schwimmen Krapfen und die länglichen Stritzerl. Erst sind sie blass wie der eierreiche Hefeteig, dann nach dem Wenden leuchten sie goldbraun. Im Eingangsbereich können Sie zuschauen, wie man Schmalznudeln macht, und lernen, warum sie »Ausgezogene« heißen: Die Hefeteiglinge werden gezogen. Wenn der Meister das mit einer flotten Handbewegung macht, sieht es einfach aus, es ist aber eine hohe Kunst. »Ausgezogene« müssen nämlich im Zentrum ganz dünn und außen wulstig sein. Frischer und köstlicher als in der »Schmalznudel« können Sie sie in München nirgendwo bekommen.

»Café Frischhut«, vulgo »Schmalznudel« · Mo–Fr 7–18, Sa 5–17 Uhr · Prälat-Zistl-Str. 8 Altstadt · Tel. 089/26 82 37 · Haltestelle: U/S Marienplatz

03

DREH- UND ANGELPUNKT – DIE SCHRAUBE

Stock-, Terrassen-, Justierschrauben. Halbrund-, Linsensenk- oder Senkholzschrauben. Bohrschrauben mit Rippensenkkopf, gewindefurchende Schrauben. Sicherheitsschrauben, Spanplattenschrauben – Edelstahl oder verzinkt? Wer blickt da noch durch? Die Fachkräfte beim Schrauben-Preisinger.

Wer gewohnt ist, in Baumärkten hinter Männern herzulaufen, die perfekt in der Kunst der Kundenabwehr ausgebildet sind, wird die Wartezeiten beim Schrauben-Preisinger gern in Kauf nehmen. Hobby-Heimwerker und Profis in Arbeitsoveralls stehen diszipliniert in der Schlange – wie die zu verlaufen hat, zeigt ein roter Pfeil auf einem handgeschriebenen Schild. »Bitte nur in einer Reihe« steht da, das »einer« ist zweimal unterstrichen. Die Atmosphäre ist ruhig und konzentriert. Schließlich finden hier ernsthafte Beratungsgespräche rund um die Schraube statt. Nur manchmal, wenn ein Kunde ein technisches Problem hat, diskutieren die Wartenden mit und sparen nicht mit Ratschlägen. Die Verkäufer sind Männer, der überwiegende Teil der Käufer ebenso. Aber auch Frauen werden respektvoll und sachkundig beraten. Es scheint, als verleihe ihnen allein die Tatsache, dass sie es wagen, diesen testosterongeschwängerten Ort zu betreten, den Heimwerker-Ritterschlag.

Der Verkaufsraum ist klein, da wird keine Ware zur Schau gestellt oder beworben. Weitaus größer das einsehbare Lager, in dem der Verkäufer nach dem Kundengespräch verschwindet und nach erstaunlich kurzer Zeit mit dem gewünschten Artikel zurückkehrt. Das Ordnungssystem haben die Mitarbeiter im Kopf – und das bei 40 000 Artikeln. Seit 1921 gibt es den Schrauben-Preisinger schon – der Familienbetrieb konnte sich in Bestlage unweit vom Viktualienmarkt halten, während andere Fachgeschäfte längst verschwunden sind. Das Erfolgsgeheimnis? Kompetenz, Sortiment und eine Kleinigkeit: Wer eine Schraube braucht, muss nicht 30 in der Plastikbox kaufen. Er erhält eine, überreicht in einem Papiertütchen.

Schrauben-Preisinger · Mo–Do 8–17, Fr 8–16 Uhr · Utzschneiderstr. 5 · Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt/Gärtnerplatz · Tel. 089/236 84 60 · www.schrauben-preisinger.de Haltestelle: S Isartor

04

GEGEN ALLES IST EIN KRAUT GEWACHSEN

Auf den ersten Blick scheint es, als habe einer, der die Kunst des Jodelns ausübt, nichts gemein mit einem Professor. Und doch gehören beide Berufsgruppen zur Klientel des Wurzel-Sepps. Denn – ob dozieren oder von der Brust- in die Falsettstimme wechseln – die Atemwege wollen gepflegt sein.

Und da kennt der Wurzel-Sepp sich aus und fertigt für jeden das rechte Getränk: Der »Jodlertee« zur Pflege des Halses enthält Stockrosenblüten, Salbeiblätter, Riesengoldrute, Vogelknöterich, Königskerzenblüten, Vogelbeeren, Bibernellwurzel, Holunderbeeren, Echtes Labkraut und Johanniskraut. Der »Professorentee« zur Pflege der Atemwege hingegen wird gemischt aus Silbermantel, Hohlzahn, Nelkenwurz, Pfefferminze, Schlüsselblume, Kapuzinerkresse, Quecke, Anserine und Spitzwegerich.

Der Wurzel-Sepp ist auch eine Fundgrube für Hobbyköche. Hier findet man sämtliche Gewürze von Anis bis Zitronengras sowie Gewürzmischungen für Lebkuchen und vieles andere mehr.

Wie alle Mischungen, die sich hier gegen jedes erdenkliche Zipperlein im Angebot finden, werden auch diese beiden Tees nach Rezepturen gemixt, die seit Generationen überliefert sind. Den »Original Oberbayerischen Kräuter- und Wurzel-Sepp« in der Blumenstraße gibt es schon seit 1887, er ist das älteste deutsche Spezialgeschäft für Heilkräuter, vegetabile Drogen, Diätetik und Naturkosmetik.

Altmodisch wirkt der Laden auch von außen, kein Neon, kein Chichi. Öffnet man die Tür, übernimmt die Nase die Regie und schwelgt in Erinnerung an Waldspaziergänge und Kräutergärten. Dann erfreut sich das Auge: Da ist noch eine alte Waage in Betrieb, in den Regalen stehen Holzfässer, die speziell für die Lagerung von Kräutern angefertigt wurden. Die ist artgerecht, wenn das Behältnis kein Licht durchlässt, aber atmungsaktiv ist. Neben rund 400 Kräutern – von Abbisskraut bis Zistrose – führt der Wurzel-Sepp Säfte, Öle, Balsame, Kosmetika, Bonbons, Honig, Marmelade und Tees.

Kräuterhaus Lindig · Mo–Fr 9–18.30, Sa 9–13 Uhr · Blumenstr. 15 · Altstadt www.phytofit.de · Haltestelle: U Sendlinger Tor

05

BIERKRÜGE HINTER SCHLOSS UND RIEGEL

Was sich wohl die vielen Touristen denken, die täglich durchs »Hofbräuhaus« strömen, wenn sie das sehen: Krüge hinter Gittern! Alkoholiker, deren Drogenlieferanten einsitzen müssen, bis sich die Leberwerte ihrer Besitzer gebessert haben? Corpora delicti wilder Wirtshausschlägereien?

Nichts von dem. Die Krüge warten auf ihre Besitzer, sie sind hinter Schloss und Riegel, damit kein Unbefugter sie greife. 616 Stammgäste besitzen solche Schließfächer, für den Preis von zwei Euro pro Jahr können sie gepachtet werden. Die Warteliste für so einen privilegierten Platz an der Bierquelle ist lang, nur wenn ein Trinker den Löffel und mit ihm den Maßkrug abgibt, kann ein anderer nachrücken.

Die Existenz dieser Regale widerlegt ein Vorurteil, das viele Münchner hegen und das sie daran hindert, auch nur einen Fuß ins »Hofbräuhaus« zu setzen: Da gingen nur Fremde hin, heißt es. Falsch. Im »Hofbräuhaus« finden 200 Stammtische statt, hier treffen sich Brauer, Jäger, Stadtgärtner, Polizeipensionisten, Straßenbahner, Richter – alles Einheimische. 3500 Stammgäste sind registriert, die alle gern einen Maßkrug im Tresor hätten, denn durch den könnten sie ihren Status kundtun und sich von der Masse abheben, die ihr Bier aus gläsernen Krügen trinkt.

Man muss ja nicht gleich zum Stammkunden werden, aber es lohnt sich, mal einen Blick in Münchens berühmtes Wirtshaus zu werfen, auch aus architektonischen Gründen. Das 1897 errichtete »Hofbräuhaus« verkörpert den Prototyp der Bierpaläste, die in dieser Zeit entstanden. Die »Bierarchitektur« folgte einem festgelegten Konzept: Es gab einen Festsaal für Versammlungen und Veranstaltungen. Sodann besaß jeder Bierpalast eine Schwemme, in der das einfache Volk verkehrte, während die Bürger im Gaststättenbereich einkehrten, in dem kleine Säle traute Wohnzimmeratmosphäre schufen. Und auch der Bereich im Freien gehörte dazu – was viele nicht wissen: Im Garten des Hofbräuhauses ist es wunderschön.

»Hofbräuhaus« · 9–24 Uhr · Am Platzl 9 · Altstadt · Tel. 089/290 13 61 00 · www.hofbraeuhaus.de Haltestelle: U/S Marienplatz

06

»FÜR DEN, DER’S MAG, IS DES AS HÖCHSTE«

»Die Kronfleischküche, ein Stück Münchener Spezialität, die sich allgemeiner Popularität erfreute, … siedelte in ihr neues Heim. … Den Eingang zu den Lokalen schmückt eine Malerei mit der Inschrift: ›A große Kron, a kloane Kron, a Herzl, a Bries, a Tellerfleisch, a Supp’n, was magst?‹«

Diese Meldung erschien am 24. September 1908 in der Lokalpresse und beweist zweierlei. Erstens: Gastronomische Themen waren schon damals von öffentlichem Interesse – lange, bevor Fernsehköche durch die Sender tobten. Und: Der Genuss von Innereien hat Tradition in München – auch wenn sich mancher Nicht-Bayer mit Grausen wendet. Herz, Leber, Lunge, Niere, Milz, Kutteln (Rindermagen) zählen zu den Schmankerln der regionalen Küche, auch Hirn, Kalbskopf, Zunge, Euter und Bries landen auf dem Teller und sind, vom kundigen Koch bereitet, eine Delikatesse. Beim Kronfleisch, das der Küche den Namen gab, handelt es sich um das Zwerchfell vom Kalb, Rind oder Schwein, ein besonders schmackhaftes Stück, das mit Wurzelgemüse gekocht und – in der Mitte rosa – mit Kren (Meerrettich) und Salzkartoffeln serviert wird.

Innereien findet man auf allen Speisekarten jener Wirtshäuser, die sich der traditionellen Münchner Küche verpflichtet fühlen. Zum Programm hat das »Weiße Bräuhaus«, über die Stadtgrenzen hinaus bekannt für sein ausgezeichnetes Weißbier, die »Kronfleischküche« erklärt. An jedem Tag der Woche bereiten die Köche eine andere Spezialität zu: Saure Nieren, Milzwurst, paniert und gebacken oder in Butter gebraten, Lüngerl süß-sauer mit Semmelknödel, gebackenes Euter und vieles andere mehr. Anfänger sollten das Voressen bestellen – wenn’s nicht auf der Kronfleischkarte steht, einfach fragen –, da ist alles drin: Kalbs- und Schweinslunge, Kutteln und Kalbsbries. Und ganz Fortgeschrittene können beherzt zugreifen, wenn Stierhoden angeboten werden. Nicht »jeder Manns« Sache, aber: »Für den, der’s mag, is des as Höchste.«

Kronfleischküche, »Weißes Bräuhaus« · 8–0.30 Uhr · Tal 7 · Altstadt · Tel. 089/290 13 80 www.schneider-brauhaus.de · Haltestelle: U/S Marienplatz

07

SCHWEINSBRATEN MIT MUSCHELN

»Berge von unten, Kirchen von außen, Wirtshäuser von innen.« Wenn Sie zum »Augustiner« gehen, sollten Sie diesen Spruch ausnahmsweise einmal nicht beherzigen und das Wirtshaus auch von außen betrachten. Der Architekt Emanuel von Seidl hat die Fassade zweiteilig gestaltet: links schlicht, rechts elaboriert. Nach dieser Vorstudie wissen Sie auch, welche Tür Sie nehmen müssen: die rechte. Sie führt in den vornehmen Trakt mit dem bildschönen Muschelsaal. Durch die Kuppel, eine einzigartige Glas-Eisen-Konstruktion, fällt Licht, an den Wänden beeindrucken Hirschgeweihe und ein Muscheldekor, das Elemente des Jugendstils verwendet. Schweinsbraten mit Muscheln – wenn man die einen nur optisch genießt, ein wunderbares Erlebnis für die Sinne.

»Augustiner Stammhaus« · Mo–Sa 11–21, So 11–16 Uhr · Neuhauser Str. 27 · Altstadt Tel. 089/23 18 32 57 · www.augustiner-restaurant.com · Haltestelle: U/S Karlsplatz

08

WO DER KRIMIFAN AUFS GLATTEIS GEFÜHRT WIRD

Mord, Betrug, Intrigen, Entführungen – die Münchnerin Monika Dobler hat ihr berufliches Leben den dunklen Seiten des Menschen gewidmet. Erstaunlich, dass sie dabei so ruhig und freundlich ist. Vielleicht weil sie weiß, dass es natürlich auch die Guten gibt, die sich nicht aufs Glatteis führen lassen, für Gerechtigkeit sorgen, Verbrechen aufklären und am Ende den gelösten Fall präsentieren. Im glatteis, der einzigen Krimi-Buchhandlung Bayerns, findet man nicht nur alles, was zu diesem Genre gehört, – natürlich auch Krimis, die in München spielen – Liebhaber von Krimis aller Art werden hier ebenso gut wie kenntnisreich beraten. Gruselig-gemütlich: Die regelmäßig stattfindenden Autorenlesungen sind Kult in der Szene der Münchner Krimifans.

glatteis · Mo–Fr 12.30–19, Sa 10–16 Uhr · Corneliusstr. 31 · Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt/ Glockenbachviertel · Tel. 089/201 48 44 · www.glatteis-krimi.de Haltestelle: U Fraunhoferstraße

09

STADTBLICK VON DER KRONE DER EICHE

Das Schild »Nur für Gäste« sollte Sie nicht abschrecken: Gast ist in der »Deutschen Eiche« jeder, der einen Kaffee bestellt. Und wenn Sie den Lift besteigen und zur Dachterrasse hinauffahren, erwartet Sie ein Traumblick über ganz München.

Wenn Sie vorher einen Termin