Maddrax 580 - Stefan Hensch - E-Book

Maddrax 580 E-Book

Stefan Hensch

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Beschreibung

Auf Novis sind Veränderungen im Gange. Man strebt nach dem Zusammenbruch des Ringplanetensystem mehr Eigenständigkeit an, und die ehemalige Sicherheitschefin Vasraa Uon tut alles, um dabei wieder ganz nach oben zu gelangen.
Die Chance ergibt sich, als eine Nachricht vom Mars eintrifft: Um einen Streiter abzuwehren, muss unbedingt ein Kontakt zu den Pancinowa hergestellt werden, den Wurmloch-Architekten. Doch die haben sich abgekapselt, wie soll man sie also erreichen? Gemeinsam mit Tom Ericson wagt Vasraa den Schritt in eine fremde Welt...


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Seitenzahl: 146

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah...

Fern der Erde

Leserseite

Vorschau

Impressum

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet »Christopher-Floyd« – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die degenerierte Menschheit befindet sich im Krieg mit den Daa'muren, die als Gestaltwandler ein leichtes Spiel haben. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, »Maddrax« genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde, und es gelingt ihm, die lebende Arche, den »Wandler«, gegen dessen kosmischen Feind zu verteidigen, woraufhin er sich mit den Daa'muren ins All aufmacht ...

Während es Matt und Aruula in ein anderes Sonnensystem verschlägt, hat der Kampf gegen den Streiter dramatische Folgen: Der Mond nähert sich der Erde! Als Matt und Aruula endlich einen Weg in die Heimat finden, gelingt es mit außerirdischer Hilfe, den Mond in seine Umlaufbahn zurückzuversetzen, doch dies verursacht eine Schwächung des Raum-Zeit-Kontinuums. Überall tauchen Areale verschiedener Parallelwelten auf. Zwar können unseren Helden die Risse versiegeln – aber eine letzte Bruchstelle kollabiert und versetzt ein Areal um den Victoriasee in Afrika in die Gegenwart. Eine gewaltige Stadt taucht dort auf, deren Bewohner einen »Dunklen Keim« verbreiten.

Nach einigen Angriffen der Dunkeln unter ihrem Anführer Shadar auch auf die Wolkenstadt Château-à-l'Hauteur findet man dank der befreundeten Daa'muren Grao und Ira ein Heilmittel: Die Splitter von Daa'muren-Kristallen neutralisieren den Dunklen Keim der Infizierten! Die Gefährten erobern Château zurück, doch Shadar kann sich absetzen. Für weitere Hilfe wendet sich Matt an Colonel Kormak, der eine Eingreiftruppe gründet, die Dark Force. Sie locken Shadar in Mombassa in eine Falle. Schwer verletzt kann er entkommen, und die Stadt selbst rettet ihn, indem sie ihn in ihr Dunkles Herz aufnimmt.

Matt und Aruula wird ein Flug über die Gigantolpole zum Verhängnis: In ihren Tiefen werden sie zum Bösen umgepolt, ermorden de Roziers Enkel und über hundert Hydriten. Doch der Hydrit Quart'ol ist ihnen auf den Fersen. Die beiden werden überwältigt und zur Wolkenstadt gebracht. Dort erschießt Pilâtre Aruula aus Rache für Pilou – und gleichzeitig wacht eine andere Aruula im Zentrum der Stadt auf! Das Dunkle Herz schuf Zwillinge der beiden aus deren bösen Anlagen. Sie können gerettet werden, wobei Grao auch Matts böses Ich tötet. Sie sprengen das Zentrum der Stadt, wobei Shadar stirbt; das Dunkle Herz überlebt.

Doch da naht eine neue Gefahr: Ein Roboter mit dem Geistesinhalt von Professor Dr. Smythe, Matts Erzfeind, begegnet im All einem Streiter und lockt ihn zur Erde. Zunächst wird die kosmische Wesenheit auf den Mars treffen, weshalb der Hydree Wang'kul ein Hologramm zur Erde schickt, das Matts Geist mit dem Zeitstrahl zum Roten Planeten holt, während sein Körper zurückbleibt – und zwischenzeitlich von einem Daa'murengeist okkupiert wird. Matt und Wang'kul können den Streiter per Zeitstrahl sechs Monate in die Zukunft schicken. Dann erreicht Robo-Smythe den Mars – und versucht an Waffen für das Raumschiff zu gelangen, das er gekapert hat: die PLASMA. Doch Matt in Chandras Körper arbeitet gegen ihn, und Smythe muss fliehen. Sein Ziel ist die Erde. Matt nutzt den Zeitstrahl, um vor ihm dort zu sein ...

Fern der Erde

von Stefan Hensch

Mars, im Mie-Vulkankrater

Wang'kul spürte immer noch die Schwäche, die der Versuch verursacht hatte, über den Zeitstrahl Cancriss zu erreichen. Er war gescheitert, und nun hing seine ganze Hoffnung daran, erneut mit der Hyketty Delene Kontakt aufzunehmen. Es würde Tage kosten, bis er genug Energie für eine weitere Verbindung generieren konnte. Die Mutanten würde er dabei nicht erneut anzapfen können, ohne ihr Leben zu gefährden.

Der Ur-Hydree fühlte den Druck, der auf ihm lastete. Das Wissen um die Rückkehr des zeitversetzten Streiters in sechs irdischen Monaten schwebte wie ein Damoklesschwert über dem Mars, und sie würde die totale Zerstörung des Planeten und allen Lebens darauf bedeuten...

Der Mensch Matthew Drax konnte ihm nicht mehr zur Seite stehen. Sein Geist war mental zurück zur Erde gereist, um seinem Feind Jacob Smythe zuvorzukommen.

Alles hing davon ab, dass sie eine mächtige Waffe gegen den Streiter aus dem Ringplaneten- ins Sonnensystem holten: den Flächenräumer. Nur die kontaktscheuen Pancinowa würden ihn mittels eines Wurmlochs zum Mars oder zur Erde transportieren können.

Das allerdings setzte voraus, dass überhaupt wieder ein Kontakt zu diesem Volk hergestellt werden konnte, das zurückgezogen auf seinem Heimatplaneten Cancriss lebte.

Nachdem er selbst gescheitert war, musste er Delene in Kenntnis setzte, dass Tom, Xij und Xaana von Novis aus versuchen sollten, die Pancinowa zu erreichen.

Wang'kul hasste es, zur Untätigkeit verdammt zu sein, und er zählte jede einzige Sekunde, bis er wieder genügend Energie für einen weiteren mentalen Kontakt mit Delene zur Verfügung hatte.

Was hätte er dafür gegeben, selbst nach Novis zu reisen. Nicht nur wegen des Flächenräumers... sondern auch wegen einer jungen Frau, die damals großen Eindruck auf ihn gemacht hatte und die er so gern wiedersehen würde: Xaana.

Novis Prime

Xij Hamlet lag auf dem Bett und hatte sich die grobe Wolldecke bis zum Kinn hochgezogen. Seit den Terraforming-Maßnahmen der Kasynari sanken die Temperaturen nachts nur noch selten bis auf den Gefrierpunkt ab. Trotzdem war die Luft, die durch das scheibenlose Fenster ins Schlafzimmer strömte, eisig. Xij störte es nicht, ganz im Gegenteil. Ihr Blick ging durch das Fenster hinauf zum Himmel, wo der Mond Botan mit seinem grünlichen Leuchten die Nacht erhellte.

Die Schlaflosigkeit gehörte seit Ewigkeiten zu ihrem Leben, und sie hatte sich längst daran gewöhnt. Neben ihr lag Tom Ericson. Seine regelmäßigen Atemzüge hatten eine beruhigende Wirkung. Er war schon vor Stunden eingeschlafen. Sie dagegen war allein mit ihren Überlegungen – und das waren nicht wenige.

Seitdem sie in Agartha mit der Gedankensphäre in Kontakt gekommen war*, wurde sie glücklicherweise nicht mehr anfallartig von Erinnerungen an ihre früheren Leben heimgesucht. Ein dünnes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Jetzt war es nur noch der übliche Weltschmerz, den viele Menschen von Zeit zu Zeit verspürten. Der Unterschied war leider, dass Xij jede Nacht in die tiefsten Ebenen ihres Bewusstseins hinabstieg.

Sie seufzte. Wie sollte es auch anders sein? Novis war ein Abstellgleis.

Kaum hatte sie das gedacht, bekam sie ein schlechtes Gewissen, wegen Tom und ihrer Tochter Xaana. Letztere war alt genug, um ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, und sie hatte auf Novis, seit sie sich in den frischgebackenen Sicherheitschef Aki Uzun verliebt hatte, ein neues Kapitel ihres Lebens aufgeschlagen. Da war Egoismus unangebracht.

Xij atmete tief aus und wieder ein. Die kühle Luft beruhigte sie.

Irgendjemand hatte einmal gesagt, jeder gute Krieger brauche den Kampf zum Leben. Und Xij war eine Kriegerin, hatte bei der Suche nach dem Flächenräumer alles gegeben und war auch im Kampf gegen Aran Kormak und dessen Sicherheitstruppen nicht untätig geblieben. Zuletzt war sie im Projekt Mondsprung involviert gewesen.*

Doch danach war sie in ein tiefes Loch gefallen. Lediglich ihr Training hielt sie noch zusammen. Xij war fitter als je zuvor. Übungen waren aber kein Ersatz für die Herausforderung eines echten Kampfes.

Nachdenklich verschränkte sie die Arme hinter dem Kopf. Vielleicht hatte sie genau aus diesem Grund nicht laut losgelacht, als der Kasynari Justipluu vor einigen Monaten aufgetaucht war und ihr einen Vorschlag unterbreitet hatte. Unter normalen Umständen hätte Xij sich darüber lustig gemacht und die Sache abgetan, doch die Zeiten hatten sich geändert. Oder hatte sie sich verändert?

Justipluu hatte sie informiert, dass die wenigen überlebenden Kasynari die Macht über Novis einem Senat vor Ort übertragen wollten. Durch dessen Kontrollfunktion sollte es weder einem Aran Kormak noch einer Vasraa Uon mehr gelingen, die Bewohner von Novis zu unterdrücken. So weit, so gut – aber die Kasynari wollten Xij als Senatorin für das Innere vorschlagen.

Auf ihre Frage, wie man ausgerechnet auf sie kam, hatte Justipluu geantwortet, dass sie über die nötige Kombination aus Sturheit und Kampfeswillen verfüge, um sich von niemandem korrumpieren zu lassen.

Die Senatswahl würde morgen stattfinden, aber das beunruhigte sie nicht. Ganz im Gegenteil freute sie sich darauf. Wenn die Bewohner des Mondes ihr das Vertrauen aussprachen, würde sie die Verantwortung übernehmen. Wer weiß – vielleicht war genau das der Kick, der aus einer Einbahnstraße einen Highway machen würde.

Zufrieden spürte Xij, wie ihre Lider schwer wurden und sie endlich Müdigkeit überkam...

Was zur Hölle hast du dir eigentlich dabei gedacht? Immer und immer wieder ging Xij der Gedanke durch den Kopf, während sie vor den Gebäuden der Stadtverwaltung von Novis Prime stand, neben ihr Tom und Xaana, ihre Familie. Die Wahl war beendet, das Ergebnis stand fest.

»Herzlichen Glückwunsch, Frau Senatorin«, sagte Tom grinsend und drückte Xij an sich. »Ich habe doch gesagt, dass die Leute dich wählen würden. Du bist eben die Beste für den Job.«

Xij zuckte mit den Schultern und wurde von Xaana gepackt, die ihr als Nächstes gratulieren wollte. »Du siehst richtig repräsentabel aus, Mom«, sagte sie grinsend. »Wenn man dich nicht kennt, ahnt man gar nicht, was für eine Wadenbeißerin du sein kannst.«

Xij sah sie mit einem tadelnden Blick an, musste schließlich aber lachen und umarmte Xaana. »Danke dafür, Lieblingstochter!«

Als sich die beiden Frauen voneinander lösten, bemerkte Xij Justipluu neben sich. Auch er beglückwünschte die frischgebackene Senatorin. »Die Menschen haben dir ihr Vertrauen ausgesprochen. Unseres besitzt du ebenfalls. Viel Glück also für deine erste Amtszeit!«

In den auf die Wahl folgenden Tagen nahm das Projekt an Fahrt auf. Ein leerstehendes Gebäude der Stadtverwaltung wurde als Senatsgebäude auserkoren, damit das elfköpfige Führungsgremium dort tagen konnte.

Anfänglich war Xij davon ausgegangen, höchstens einen Tag in der Woche ihrer neuen Aufgabe widmen zu müssen. Meist lief es jedoch auf zwei Sitzungstage hinaus, zusätzlich eine Bürgersprechstunde, Ausschusssitzungen und Treffen mit Vertretern der Kasynari. Letzteres resultierte aus ihrer Funktion als Innensenatorin, als die sie auch Vertrauensperson für nichtmenschliche Mondbewohner war. Xij verbrachte also weitaus mehr Zeit im Senat, als sie dies ursprünglich vermutet hatte.

Am Vormittag hatte sie sämtliche Beschlussvorlagen durchgearbeitet, die in der heutigen Sitzung des Senats auf der Tagesordnung standen. Es ging um Themen wie Maßnahmen zum Brandschutz bei Neubauten, dem Einbau von Scheiben in die mehrheitlich unverglasten Fenster und die Frage, wie künftig mit dem Thema Pressefreiheit umgegangen werden sollte.

Letzteres war momentan irrelevant, da es bislang keinen einzigen Journalisten auf Novis gab. Das würde sich natürlich irgendwann ändern, weshalb man durchaus darüber nachdenken konnte. Ein anderes Thema hatte bei Xij hingegen mehr für Irritationen gesorgt. Die Initiative stammte von Gesundheitssenator Claude Ladriver und sah eine regelmäßige und verpflichtende Gesundheitsprüfung für jeden Novisianer vor.

Ladriver stand am Rednerpult und begründete die Idee auf seine typisch schwerfällige und zugleich nachlässige Art und Weise. Xij konnte seinen Ausführungen kaum folgen, ohne zu gähnen. »Letztlich muss uns als Senat bewusst sein, dass eine frühzeitige Diagnose von Krankheiten immer besser ist als deren kostspielige Verschleppung«, erklärte der Gesundheitssenator und beendete damit seinen Vortrag. Spärlicher Beifall erklang, anschließend wurde die Abstimmung über die Initiative vertagt.

Es folgten die letzten beiden Themen der heutigen Senatssitzung, die kurz und schmerzlos durch öffentliche Abstimmung angenommen wurden. Auf Novis würde es künftig eine verpflichtende Dienstzeit junger Menschen in den Sicherheitskräften oder im medizinischen Dienst geben, und harte Drogen wurden verboten.

Xij erhob sich erleichtert von ihrem Platz und war froh, das Gebäude endlich verlassen zu können. »Auf ein Wort, Frau Hamlet«, hörte sie eine leicht leiernde Stimme hinter sich. Ihr stellten sich die Nackenhaare auf.

»Natürlich«, sagte sie und zwang sich zu einem geschäftsmäßigen Lächeln, als sie sich umdrehte und ihn ansah. Sie befürchtete, Gesundheitssenator Claude Ladriver würde sie auf seinen Gesetzesentwurf zur Gesundheitsprophylaxe ansprechen, und wurde überrascht.

»Ich habe gehört, dass sie eine Initiative zur Erfassung aller existierenden Feuerwaffen planen?«, fragte Ladriver mit undeutbarem Blick.

Xij hob die Brauen. »Sie sind gut unterrichtet«, antwortete sie knapp.

Ladrivers Miene wandelte sich von einer Sekunde zur nächsten. Alle Schwerfälligkeit verschwand, und Xij erkannte, dass sie wohl zum größten Teil nur Fassade war. »Mehrere Senatoren sind gegen eine solche Zentralregistratur«, fuhr er fort. »Vielleicht können wir uns gegenseitig bei unseren Vorhaben unterstützen.«

Sie wusste, dass Ladriver recht hatte. Die Bewohner von Novis sahen in einer Meldepflicht von Waffen den ersten Schritt zu einer Abgabepflicht. Wer konnte ihnen das nach der Erfahrung mit Colonel Kormak verübeln?

Xij presste die Lippen zusammen. Sie hasste faule Kompromisse; andererseits wäre es nützlich, auf seine Stimme zählen zu können. Immerhin war die Innere Sicherheit genauso erstrebenswert wie ein funktionierendes Gesundheitssystem. Sie nickte. »Also gut«, erwiderte sie. »Meine Stimme haben Sie.«

Aki Uzun stand knapp zwanzig Meter von seinem Ziel entfernt – eines der typischen gedrungenen Häuser, wie es sie überall auf Novis gab. Funktionell, stabil und nicht gerade eine architektonische Glanzleistung.

Das Gebäude selbst war aber nicht der Grund seines Kommens, sondern dessen Bewohnerin. Aki kannte sie besser als viele andere auf Novis. Eben deshalb war er unschlüssig, ob es richtig war, was er hier tat. War es sinnvoll, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen?

Der ehemalige Corporal und jetzige Kommandant der Sicherheitskräfte hatte auf diese Frage keine Antwort. Es war seine Idee gewesen, und er war absichtlich alleine gekommen; anders würde die Sache nicht funktionieren. Wenn es denn überhaupt eine Chance gibt, dachte er. Unwillkürlich zuckte er mit den Schultern, strich seine Uniform glatt und drückte die Wirbelsäule durch.

Er setzte einen Fuß vor den anderen – und verharrte wieder unschlüssig. Dieser Weg würde ihn in einen Teil seiner Vergangenheit führen, an den er nicht gerne zurückdachte. Doch obwohl es eine alles andere als angenehme Zeit gewesen war, musste er es tun. Nicht, weil er es wollte, sondern weil er es für zweckmäßig hielt.

Aki gab sich einen Ruck. Dem ersten Schritt folgten weitere, und mit jedem davon verlor er an Selbstsicherheit. Es war das erste Mal, dass er sie wiedersehen würde.

Endlich erreichte er die Haustür, hielt inne und klopfte.

In dem flachen Bau rührte sich nichts. Was, wenn sie gar nicht zuhause war? Aki schüttelte den Kopf. Das war ausgeschlossen, er spürte es. Erneut schlug er die Knöchel seiner Rechten gegen die massive Tür, stärker dieses Mal. Man wollte ihn nicht hören, dessen war er sich sicher. Sekunden vergingen, in denen nichts passierte. Akis Herz begann heftiger zu schlagen.

Was mache ich, wenn sie nicht öffnet? Würde er den Mut aufbringen, später hierher zurückzukehren, um sein Glück nochmals zu versuchen?

Der Sicherheitschef von Novis Prime schluckte heftig und hämmerte nun regelrecht gegen die Tür. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er angestrengt nach Geräuschen im Hausinneren horchte.

War da etwas gewesen? Akis Stirn legte sich in Falten, seine Nerven spannten sich bis zum Äußersten. Nein, er täuschte sich nicht: Im Inneren waren Schritte zu hören. Sie näherten sich der Tür und verharrten vor ihr.

Erneut schlug er gegen das Türblatt. »Machen Sie auf! Ich bin es, Aki!«, rief er energisch.

Endlose Sekunden lang herrschte absolute Stille. Dann endlich wurde der Schlüssel mit einem erlösenden Quietschen im Schloss umgedreht. Erneut verging Zeit, ehe die Tür aufgezogen wurde.

Selbstbewusst stand sie vor ihm, maß ihn mit einem durchdringenden Blick ihrer braunen Augen. Ihr Gesicht war grauer, als er es in Erinnerung gehabt hatte, und wirkte übernächtigt. Zum ersten Mal sah er sie in Zivilkleidung. Sie trug ein grobes graues Sweatshirt mit einer grünen Stoffhose. Ihre glatten blonden Haare bändigte sie mit einem lockeren Knoten.

Aki musste der Gestalt immer noch Attraktivität zugestehen, aber gleichzeitig strahlte sie eine solche Eiseskälte aus, wie er es bei keinem Menschen jemals zuvor erlebt hatte.

Er fand noch etwas anderes in ihren Augen. War es Schmerz? Scham? Verzweiflung? Aki wusste es nicht zu sagen.

Vasraa Uon zog eine Augenbraue in die Höhe, was ihrem Gesicht wieder den gewohnt arroganten Ausdruck verlieh. »Was wollen Sie, Aki?«

»Ich wollte etwas mit Ihnen besprechen, Vasraa. Das sollten wir besser drinnen tun«, eröffnete er ihr.

Seine Amtsvorgängerin zuckte mit keiner Wimper, fixierte ihn gnadenlos. Gerade als er glaubte, Vasraa würde ihn abweisen, traf sie ihre Entscheidung, trat unvermittelt zurück und gab den Eingang frei. »Wer hätte gedacht, dass wir beide mal ein Date haben?«

Aki wusste nicht, was er darauf entgegnen sollte, und betrat stattdessen das Haus. Auf den ersten Blick sah es sauber und aufgeräumt aus, doch dann bemerkte Aki die völlige Leere.

Es fehlten jegliches überflüssiges Mobiliar und Dekoration. Es sah aus, als würde niemand hier wohnen. Er ertappte sich selbst bei einem Grinsen.

Aber was hatte er erwartet? Dass Vasraa Uon in der Zwischenzeit ihre Vorliebe für ein heimeliges Zuhause entdeckt hatte und ihre Zeit mit Handarbeiten verbrachte?

Im größten Zimmer gab es zwei Stühle. Über der Lehne des einen hing eine gefaltete Decke, am Boden standen fünf grünliche Flaschen. Eine davon war noch halb voll.

Die ehemalige Sicherheitschefin von Novis hatte im Alkohol eine Zuflucht gefunden. Diese Entwicklung hatte er erwartet, sie passte zu einem Menschen wie Vasraa Uon.

Sie nahm die Flasche vom Boden hoch. »Bester Pruno, selbst aus Effeln hergestellt. Wollen Sie einen?«

Aus einem Impuls heraus nickte Aki. Eigentlich war er noch im Dienst, doch nach diesem Gespräch würde er direkt nach Hause gehen. Vasraa verließ den Raum und kam mit zwei dickwandigen Kelchen zurück. »Ist ein altes Familienrezept, wird ihnen schmecken.«

Mit einer Mischung aus Faszination und Abscheu beobachtete er, wie seine Gastgeberin eine gelbe Flüssigkeit in die Gefäße füllte, um ihm eines davon zu reichen.

»Auf Novis«, sagte Vasraa mit einem merkwürdigen Unterton, hob ihren Kelch und leerte ihn in einem Zug.

Aki kippte das Gebräu mutig herunter. Der Pruno war ein echter Rachenputzer, aber immerhin schmeckte er deutlich besser als er roch. Mit einer Geste bot Vasraa ihm einen der Stühle an und nahm auf dem anderen Platz.

»Was also wollen Sie?«