Rick 3 - Antje Szillat - E-Book

Rick 3 E-Book

Antje Szillat

4,8

Beschreibung

Rick wird auf eine harte Probe gestellt: Er ist nicht nur der Einzige, der es für keine gute Idee hält, dieses baufällige alte Haus zu kaufen, damit sie alle - und das heisst: Pa, Rick, Linda-Schatz, Streberbacke Finn, Kumpel Wutz samt Kater Gismo und Oma Mary mit ihrer verrückten französischen Bulldogge Helena - dort einziehen können. Nein! Sein Vater eröffnet ihm auch noch, dass Finn ebenfalls an diesem supercoolen Kampfsportkurs teilnehmen wird, auf den Rick sich schon seit Wochen freut. Und warum nur kann Rick plötzlich kein einziges vernünftiges Wort mehr herausbringen, sobald er Nelly aus der Eishockeymannschaft gegenübersteht?

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ISBN 978-3-649-61135-6 (eBook)

eBook © 2012 Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG, Münster

Alle Rechte vorbehalten, auch auszugsweise

ISBN 978-3-649-60572-0 (Buch)

© 2012 Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG, Münster

Alle Rechte vorbehalten, auch auszugsweise

S. 86/87: Zitat aus »Million Voices« von Thomas D

© EMI Music Publishing Germany

Umschlaggestaltung: init, Büro für Gestaltung

Umschlagillustration: Kim Schmidt

Redaktion: Jutta Knollmann

Satz: Sabine Conrad, Rosbach

eBook Produktion: book2look International GmbH

www.coppenrath.de

Das war's dann, dachte ich. Mit bangem Blick schaute ich zu Finn herüber, der blass, klein und dürr vor unserem Trainer auf der Sportmatte stand. Und nicht nur ich – alle, wirklich ALLE aus dem Wing-Tsun-Kurs taten dasselbe. Sie starrten Finn an und warteten gespannt darauf, was gleich passieren würde.

Finns Kopf versank zwischen den Schultern und seine Ohren fingen an zu glühen. Ein echt außerirdischer Anblick: zwei abstehende Feuergriffel zu kalkweißem Gesicht. Brrrr … wirklich schockgruselig.

Warum? Ich meine, WARUM musste unser Trainer ausgerechnet Finn auswählen? Er hätte jeden von uns nehmen können. JEDEN! Oder noch besser: MICH! Und dann auch noch in der allerersten Trainingsstunde! Verdammt, ich wollte gar nicht hinsehen …

»Finn, folgende Situation: Du stehst auf dem Schulhof und ein wesentlich kräftigerer Typ kommt auf dich zu«, sagte Tobi.

Finn nickte.

Klar doch, jeder war kräftiger als Finn.

»Also, der Typ pöbelt dich an. Er packt deine Unterarme und will dich in den Schwitzkasten nehmen. Wie reagierst du?«

Blöde Frage, wie soll Finn schon reagieren?, dachte ich. Mit Heulen, Jammern und Um-sein-Leben-Flehen natürlich! Was sollte mein blassbackiger Beinahe-Bruder auch sonst tun?!

Unser Trainer Tobi umfasste Finns Unterarme mit gestähltem Schraubstockgriff und schaute ihn grimmig an. So grimmig wie ein echt fieser, hässlicher, bösartiger Riesentroll.

»Ich verabscheue Gewalt«, erklärte Finn mit sanfter Chorjungenstimme. »Aber wenn Worte zu nichts mehr führen …« Er seufzte tief.

Dann ging auf einmal alles ganz schnell. Praktisch wie von Geisterhand. Zack-Rumms! Und schon lag er am Boden.

Aber nicht Finn, sondern Tobi!

Flach wie 'ne Flunder. Der Länge nach. Voll umgehauen.

Von Finn!

Ich traute meinen Augen nicht. Tobi offensichtlich auch nicht. Leicht verwirrt rappelte er sich wieder hoch und schaute Finn an. Diesmal eher Marke Schmusekätzchen, dem man einen Leckerbissen vor die Schnauze hält.

»Jepp, das war spitze«, krächzte er hörbar beeindruckt.

»Woher kennst du diesen Griff?«

»Ähm …«, hüstelte Finn neunmalklug herum, während sich in mir eine böse Vorahnung breitmachte. »Ich habe vor Kurzem ein äußerst interessantes Buch über die Kunst des Wing Tsun gelesen.«

»Echt? Du kennst diesen Griff aus einem Buch?«, rief Tobi.

Die anderen aus unserem Kurs brachen in lautes Gelächter aus. Und ich konnte es ihnen noch nicht einmal verdenken. Ich hätte nämlich auch gelacht, wenn es nicht so friedhofstraurig gewesen wäre.

»Hey, was gibt's da zu lachen?«, motzte Tobi uns an. »Wer sich traut, kann ja gerne mal gegen Finn antreten.«

Oh bitte, nur das nicht! Mir war natürlich sonnenklar, dass das gerade alles nur Show gewesen war. Aber wenn jetzt einer der anderen Jungs Finn mit lockerem Fliegengriff auf die Matte schickte, dann schnallten die doch sofort, dass Tobi eben nur so getan hatte, als ob der dürre Finn über galaktische Yoda-Kräfte verfügte. Und auf wen würde der Riesenbeschiss zurückfallen? Natürlich auf mich! Schließlich wussten die ganz genau, dass ich Finn hier angeschleppt hatte.

Hektisch warf ich einen Blick auf die Wanduhr. Noch zwanzig Minuten. Zwanzig winzig kleine Minütchen. Die mussten doch irgendwie zu überstehen sein.

»Okay, ich mach's!«, rief ich, ohne lange zu überlegen.

Tobi nickte anerkennend. »Respekt«, meinte er.

Ich zwinkerte ihm verschwörerisch zu. Dann stand ich auch schon Finn gegenüber und hatte seine knöchrigen Handgelenke umfasst.

»WU-HA!«, machte ich und tat so, als ob ich mich wahnsinnig anstrengte. Dabei verzog ich gespielt beeindruckt das Gesicht. Wir rangelten zwei-, dreimal hin und her.

Alle Achtung, der Hungerhaken ist doch kräftiger, als ich dachte!, schoss es mir durch den Kopf. Zeit, dem Schauspiel ein Ende zu bereiten.

Schon wollte ich Finn mit einer lockeren Schulterwurftechnik den Boden küssen lassen. Doch mit einem Mal verfügte der Zwerg tatsächlich über mächtige Jedi-Meister-Kräfte oder so was Ähnliches. Jedenfalls bekam ich ihn einfach nicht auf die Matte und das machte mich langsam, aber sicher echt … ARRRGH!

Reiß dich zusammen, Rick. Denk daran, was du Pa und Linda hoch und heilig versprochen hast: Mit Finnilein wird weder gestritten noch wird ihm wehgetan.

Aber hier ging es um mehr. Hier ging es um meine Ehre! Aus dem Augenwinkel sah ich, dass die anderen aus der Gruppe schon miteinander zu tuscheln begannen. In meiner Verzweiflung fing ich an, wie wild an Finn herumzuzerren. Ich zog und riss und drückte und presste, aber Finn drehte sich einfach nur elegant wie Zorro höchstpersönlich aus meiner knallharten Umklammerungstechnik.

»Hey, was soll das?«, regte ich mich auf.

Das ging doch nicht mit rechten Dingen zu. Auf. Gar. Keinen. Fall.

»Was?« Finn blinzelte mich unschuldig an.

»Das ist irgend so ein fieser Trick.«

»Quatsch! Wie kommst du denn darauf?« Finn trat einen Schritt zurück und zuckte mit den Schultern.

Veräppeln kann ich mich alleine!, dachte ich und ballte die Hände zu Fäusten, öffnete sie aber gleich wieder, weil mir ein flacher Handkantenschlag für Wing Tsun irgendwie passender erschien.

Meine Handkante hatte noch nicht einmal annähernd Finns Kinn erreicht, da lag ich schon platt auf dem Rücken.

Genau wie unser Wing-Tsun-Trainer kurz zuvor.

Und wem verdankte ich diese endpeinliche Lage?

Finn!

Heilige Yetikralle, jetzt wurde es wirklich Zeit, dass ich aus diesem Albtraum aufwachte. BITTE!

Aber meine Gebete wurden nicht erhört. Ich schlief nicht.

Das war tatsächlich die allererste Wing-Tsun-Stunde, auf die ich mich schon so lange gefreut hatte. Das war tatsächlich der blassbackige Finn, der mich hier gerade auf die Matte geschleudert hatte. Und um mich herum waren tatsächlich die anderen Jungs aus dem Kurs, die sich das Lachen kaum verkneifen konnten.

»Das musst du ganz locker sehen, Rick«, meinte Tobi und half mir wieder auf die Beine. »Manchmal sieht man einem nicht an, was wirklich in ihm steckt. Finn ist ein echtes Naturtalent. Ist schon 'ne Weile her, dass mich ein Schüler in seiner ersten Stunde auf die Matte befördert hat.« Anerkennend klopfte er Finn auf die Schulter.

Von wegen locker sehen! Mit locker hat das schon mal gar nichts zu tun!

Ich meine, stellt euch das doch mal vor: Von meinem Pa hatte ich ein echtes Jackpotgeschenk gekriegt. Endlich hatte er unterschrieben! Nach tagelangem Herumbetteln. Das war keine normale Unterschrift, es handelte sich um DIE Unterschrift überhaupt.

Megahammersuperjackpot geknackt!, hatte ich gedacht und innerlich den wildesten Freudentanz aufgeführt. Doch dann – einfach so, ohne Vorwarnung und noch dazu mit einem väterlichen Grinsen auf den Lippen – hatte Pa die Bombe platzen lassen.

»… und damit du nicht allein hingehen musst, haben wir Finn auch angemeldet. Na, ist das eine tolle Überraschung?! «

Yeah! Wie genial. Wo ist der Eimer, in den ich mich übergeben kann?

Kehren wir dann bitte noch zu der entsetzlichen Tatsache zurück, dass mein Leben sowieso kein Fürzchen mehr locker war, seitdem Pa und Linda-Schatzi sich wie siamesische Zwillinge aufführten, die an den Lippen zusammengewachsen waren. Aus der Traum vom wilden Männer- WG-Leben mit Pa, seinem Kumpel Wutz und Kater Gismo. Zerplatzt wie eine fette Seifenblase.

Aus dem coolen Männerquartett war so etwas Ähnliches wie eine Patchworkfamilie geworden. Multikulti noch dazu, denn Linda war ja ursprünglich aus dem Land der Elche zu uns herübergeflattert und ihr Sohn Finn war zur Hälfte Schwede und zur anderen Mexikaner. Hossa!

Ihr erinnert euch doch noch, wie ich in diese miese Lage geraten konnte?

Ich, Rick Michalski, Eishockeystürmer der Hannover Young Indians, hatte wirklich alles unternommen, damit der alberne Liebeskram zwischen Pa und meiner ehemaligen Kunstlehrerin Linda Nilsson ein sofortiges Ende nehmen würde. Und mit Streber-Finn wollte ich auch nichts zu tun haben. Null!

Inzwischen hatte ich mich irgendwie mit der Sache abgefunden. Vielleicht, aber wirklich nur vielleicht, gefiel es mir sogar. Naaa guuut, ihr habt mich durchschaut, ich fand es mittlerweile ganz okay. Nachdem Finn und ich eine abgefahren abenteuerliche Nacht im Museum verbracht und auf der schnulzigen Liebeskreuzfahrt unserer Eltern einen echten Brand an Bord entdeckt hatten, waren Finn und ich sogar so was wie Freunde.

Aber deshalb musste ich den Spargeltarzan doch nicht gleich zum coolsten Kurs der ganzen Stadt mitnehmen. Und dass Finn das genauso sehen würde, war für mich klar wie Kloßbrühe.

Doch was machte er, als mein Pa uns die grausige Nachricht eröffnete? Freute sich ein zweites Loch in den Bauch. Echt, manchmal hatte der wirklich nicht alle Bananen in der Staude.

Ich meine, Finn liebt Bücher, schreibt leidenschaftlich gerne Buchrezensionen, spielt Violine (freiwillig!) und ist 'ne hundertprozentige Milchschnittenstreberbacke. Was wollte so einer bei einem Kampfsportkurs?

Und genau das fragte ich ihn dann auch, als er vorm Eingang der Kampfsportschule freudestrahlend auf mich wartete.

»Wie kommst du darauf, dass Wing Tsun nichts für mich ist?«, erwiderte er verwundert.

»Da hätte ich zwei Worte für dich: Wille und Kraft!«

Finn glotzte mich verständnislos an. »Verstehe ich nicht.«

»Dir fehlt beides!«

Er zuckte gleichgültig mit den Schultern, zog die Tür auf und ging hinein …

Was danach geschah, wisst ihr ja bereits: Finn entpuppte sich als Naturtalent und schickte so ziemlich jeden, der sich traute, gegen ihn anzutreten, während dieser ersten denkwürdigen Wing-Tsun-Stunde auf die Matte.

Am Ende konnte ich nichts anderes tun, als den Ort meiner schlimmsten Blamage mit eingezogenem Kopf fluchtartig zu verlassen. Und zu hoffen, dass die anderen im Kurs diesen endpeinlichen Moment schnell wieder vergessen würden …

Als ich in unsere Wohnung gestolpert kam, war Linda gerade dabei, Pa seine schlechten Gedanken auszustreichen.

Echt!

Früher war mein Pa mal so 'ne coole Socke. Inzwischen war er zu Bärchen mutiert, und wenn Linda meinte, dass Kreistanz zu Räucherstäbchenduft angesagt war, dann tänzelte er auch mal leichtfüßig wie 'ne junge Elfe durchs Billardzimmer.

Meine Oma Mary hockte mit ihrer herzschwachen Bulldogge Helena auf dem Sofa und schaute Linda und Pa bei ihrem Blödsinnskram zu. Auf ihrem Schoß befand sich eine riesige Pralinenpackung.

»Hey, Rick«, begrüßte sie mich. »Was machst du denn für ein Grummelgesicht?«

Grummelgesicht? Bestimmt nicht. Das war ein astreines Gleich-platze-ich-vor-Wut-Gesicht.

»Oh, Rick«, gab nun auch Pa seinen Senf dazu ab. »Ist Wing Tsun doch nicht so super?«

»Quatsch«, murmelte ich und verschwand aufs Klo.

Bevor ich die Tür hinter mir zuknallen konnte, rief Linda noch: »Wo ist denn Finn?«

»Mir doch egal!«, knurrte ich und ließ die Tür ordentlich krachen.

Vorm Spiegel übte ich ein paar hammerharte Nahkampfstellungen und konnte es noch immer nicht fassen, dass ausgerechnet Spargelfinn mich gerade achtmal hintereinander auf die Matte geschleudert hatte.

El Misto, ich musste dieses Buch finden, von dem er gefaselt hatte. Unbedingt.

»Rick, willst du da drinnen Wurzeln schlagen?« Das war Pas Stimme. Und sie hörte sich kein bisschen nach Freivon- schlechten-Gefühlen an.

Ich drückte die Klospülung und drehte gleichzeitig den Wasserhahn volle Elle auf. Trotzdem war Pas dröhnendes Türklopfen nicht zu überhören.

Okay, Väterchen Nervensäge, du hast es nicht anders gewollt.

Wutschnaubend wie ein Stier riss ich die Tür auf und starrte ihn an, wie einer, der sich diesmal ganz bestimmt nicht auf 'ne popelige Kampfsportmatte befördern lassen würde. »Was ist denn?«

»Wir wollen los!«

»Wohin?«

»Zum Haus!«

»Welches Haus?«

Pa stöhnte. Auf seiner Stirn standen kleine Schweißtropfen.

»Es-es ist erst einmal nur so eine Idee …«, druckste er plötzlich herum.

»Idee?«, fragte ich völlig ahnungslos, denn noch ahnte ich wirklich nichts Böses. Das könnt ihr mir glauben!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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