Rückkehr des kleinen Prinzen - Wolfgang Maria Sylvester - E-Book

Rückkehr des kleinen Prinzen E-Book

Wolfgang Maria Sylvester

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Beschreibung

Viel Zeit ist vergangen, seit der kleine Prinz auf seinen Planeten und zu seiner Rose zurückgekehrt ist. Die Rose ist alt und weise geworden. Und der kleine Prinz? Er macht sich erneut auf den Weg; diesmal nicht schwermütig, aber voller Unruhe und Neugier darauf, wie es denn jetzt auf der Erde und überhaupt jenseits seines Planeten aussehen mag. Gemeinsam mit dem kleinen Prinzen erlebt der Leser, was alles sich mittlerweile geändert hat, und dass es mit der Welt nicht nur zum Besten steht. Hätte der kleine Prinz lieber zuhause bleiben sollen? Nein. Nach und nach zeigt sich, dass Prinz und Leser hoffen dürfen und - wer weiß - vielleicht auch etwas heilen können.

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Wolfgang Maria Sylvester

Rückkehr des kleinen Prinzen

Erzählung

 

 

 

Dieses eBook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

An die Leser

I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

XIII

XIV

XV

XVI

XVII

XVIII

XIX

XX

XXI

XXII

XXIII

XXIV

XXV

XXVI

XXVII

Impressum

An die Leser

WOLFGANG MARIA SYLVESTER

Rückkehr des kleinen Prinzen

Allen Lesern, die den kleinen Prinzen noch nicht oder nur vom Namen her kennen, sei empfohlen, das gleichnamige Buch von Antoine de Saint-Exupéry vorher zu lesen, da die vorliegende Erzählung vielfältigen Bezug auf es nimmt. „Der kleine Prinz“ ist auf Deutsch erstmalig 1950 im Karl Rauch Verlag, Düsseldorf erschienen. Hier findet der Leser auch weitere Hauptwerke Saint-Exupérys (1900 – 1944).

Die vorliegende Erzählung entstand 1986. Sie versucht eine Fortsetzung von Saint-Exupérys Originalerzählung zu sein, da ich mich nicht damit abfinden wollte, dass der kleine Prinz für ewig verschwunden sein sollte. Es gingen ihr sehr gewissenhafte und umfangreiche Werkstudien voraus, beseelt von Liebe zu der literarischen Figur, tiefster Wertschätzung für ihren Schöpfer und größter Achtung der ihr zugrunde liegenden Philosophie. Daher wäre es auch geradezu verwerflich gewesen, einfach nur neue Geschichten zu erfinden, die weder die Sprache noch das Gedankengut von Saint-Exupéry wiederspiegeln, sie  fortführen oder gar über sie hinausgehen. Vielmehr will die „Rückkehr des kleinen Prinzen“ eine Mittlerrolle zwischen dem „kleinen Prinzen“ und dem großen „Kaid“ aus „Die Stadt in der Wüste“ einnehmen. Wieweit dies gelungen ist, mag der Kenner beurteilen – oder jeder, der den kleinen Prinzen so liebt wie ich.

Während meines Schaffens leuchtete mir auf, dass es ein Hermann Hesse Gedicht gibt, das in geradezu idealer Weise mit meiner - und wie ich glaube, auch Saint-Exupérys - Erzählung vom kleinen Prinzen harmonisiert und sie gleichsam "rund" macht. Ich danke dem Suhrkamp Verlag für die Genehmigung, das Gedicht "Stufen" in meinem Werk verwenden zu dürfen. Aus erzählerischen Gründen ist die erste Strophe um die ersten 4 Zeilen gekürzt.

Wolfgang Maria Sylvester

FÜR

CHRISTEL

ANNETTE

UND

ANTOINE DE SAINT EXUPERY

---

MEINE

WEGGEFÄHRTEN

I

Der kleine Prinz kniete auf dem Boden. Die Hände in den Schoß gelegt und den Kopf leicht vornüber geneigt, betrachtete er die Rose, deren Schatten sich im Schein der untergehenden Sonne auf seinem Gesicht abzeichnete.

Alt war sie geworden, alt und weise. Lange Zeit noch hatte sie sich bemüht, hoch aufgerichtet, ihre Herrschaft über die anderen Blumen des Planeten zu betonen, doch der kleine Prinz hatte nach und nach erkannt, wie schwer es ihr fiel, diese Haltung zu bewahren. So achtete er bei jedem seiner täglichen Besuche darauf, dass sie nicht zu lange dauerten.

Nun aber, da sie schlief und sich in unschuldiger Verletzbarkeit der aufkommenden Nacht anvertraute, sah er seine Rose wie sie in Wirklichkeit war:

Ihre Blütenblätter, die sie zum Schutz vor dem frischen Abendwind hochgerafft hatte, waren überall mit feinen Rissen versehen und an einigen Stellen sogar brüchig geworden; ihre Dornen, die sie bei der Begegnung mit ihm stets hinter ihrem Stängel zu verbergen suchte, schimmerten matt und stumpf.

Am meisten aber schmerzte es den kleinen Prinzen erkennen zu müssen, wie sehr sich ihr Körper unter der Last ihres Hauptes beugte – wie schwer musste es ihr jedes Mal gefallen sein, jene stolze Haltung einzunehmen, in der sie ihn alltäglich wie zur Zeit ihrer Jugend empfing!

Der kleine Prinz versenkte sich lange Zeit in ihren Anblick. Dann spitzte er seine Lippen und rief mit einem feinen Hauch die Rose aus ihrem Traum. Er räusperte sich. Noch bevor sie sich verlegen zu strecken suchte, sagte er:

„Ich muss gehen, es ist wieder Zeit.“

Ein leises Wehen durchlief die Rose, dann erwiderte sie:

„Es ist immer Zeit für den, der geht. Nur wer stehen bleibt, meint, es sei keine Zeit.“

Der kleine Prinz lauschte ihr verwundert. Er beugte sich noch dichter zu ihr hinüber, denn er erkannte, dass das Sprechen sie anstrengte. Dann sagte er:

„Wie ist das, wenn keine Zeit ist?“

Nach einem kleinen Schweigen, so als hätte sie mit sich ringen müssen, antwortete die Rose:

„Woher soll ich das wissen? ... Ich werde mit jedem Sonnenuntergang älter.“

Der kleine Prinz hielt den Atem an. Da war es, dieses Wort, dessen Wirklichkeit sie seit seiner Rückkehr auf den Planeten vor ihm zu leugnen gesucht hatte. Endlich fasste er Mut:

„Aber ... du stehst doch? Ich verstehe dich nicht.“

„Nein“, widersprach die Rose, „ich bewege mich ... Wenn du zu mir kommst, so schwinge ich im Takt deiner Schritte, wenn du zu mir sprichst, so wiege ich mich im Hauch deines Atems ...“

Sie schwieg.

„Die Zeit wird stehen bleiben, wenn du gehst ...“

Ihre Stimme wurde leiser, und der kleine Prinz bemerkte beklommen, dass sie verschämt ihren Kopf senkte.

„Du musst nicht traurig sein“, versuchte er sie zu trösten, „mein Schaf ist doch da ... Es wird sich zu dir legen, wenn die Sonne untergeht.“

„Du vergisst, dass das Schaf auch auf dich wartet“, sagte die Rose.

Dann, reumütig:

„Aber ich weiß ja, dass ich dich nicht halten darf ... Warten tötet das Leben.“

Der kleine Prinz spürte, dass sie der Nacht dankbar war, die sie unter dem Schutz ihres Mantels barg und somit seinen Blicken entzog.

Doch, einer jähren Bewegung nachgebend, reckte die Rose ihren Kopf zu dem seinen hinauf und streifte sanft seine Wangen:

„Adieu“, sagte sie leise, kaum hörbar.

„Adieu“, sagte der kleine Prinz.

Er strengte seine Augen an, um sich ihr Bild ein letztes Mal einzuprägen:

„Adieu“, wiederholte er.

Dann zog er sich behutsam zurück und begann seine weite Reise.

II

Der erste Planet war von einem Jäger bewohnt. Er saß auf einem hohen Turm, dessen Plattform sich langsam drehte, und suchte mit einem Fernglas die Oberfläche des Planeten ab.

„Bleib stehen!“ rief der Jäger, als ihm der kleine Prinz in das Blickfeld geriet, und griff nach seinem Gewehr.

„Ich bin kein Tier!“ rief der kleine Prinz zurück und warf sich zur Vorsicht in das tiefe Gras.

Diese Reise scheint recht gefährlich zu werden, sagte er zu sich.

Als er nach einer kleinen Weile zögernd erneut den Kopf hob, blickte er zu seinem Schrecken direkt in den Lauf des Gewehres.

„Wer bist du?“ fragte der Jäger, der seinen Hochsitz verlassen hatte.

„Ein Reisender“, antwortete der kleine Prinz.

„Das behaupten sie alle“, knurrte der Jäger. „Und wo ist dein Gepäck?“

Tatsächlich hatte der kleine Prinz kein Gepäck mit sich. Er hing nicht an toten Dingen.

„Ich brauche nur wenig“, offenbarte er dem Jäger.

„Würdest du bitte das Gewehr wegnehmen? ... Du könntest mich damit verletzen!“

Sein Blick entwaffnete den Mann.

„Es ist wegen der Wilderer“, erklärte er.

„Aha“, sagte der kleine Prinz, der nichts davon verstand.

Der Jäger setzte sein Verhör fort:

„Und wohin reist du?“

„Ich suche neue Freunde und will mich weiterbilden“, antwortete ohne Zögern der kleine Prinz.

„Freunde?“ sagte der Jäger, „Freunde? ... Die gibt es hier nicht.“

Seine Stimme klang dabei so entschieden, dass sich die Augen des kleinen Prinzen vor Überraschung weiteten.

„Hast du keine Freunde?“ fragte er ungläubig.

„Ich dachte mal, ich hätte einen“, bekannte der Jäger, „aber jedes Mal, wenn wir auf der Pirsch waren, zielte er auf dasselbe Tier wie ich.“

Er schulterte sein Gewehr:

„Da habe ich ihn fortgeschickt.“

„Er tut mir leid“, bemerkte der kleine Prinz.

„Er?“ fragte der Jäger überrascht. „Ich sollte dir leid tun. Ich muss jetzt allein in diesem Revier leben!“

„Wann habt ihr immer gejagt?“ fragte der kleine Prinz.

„Morgens um fünf und abends, so wie jetzt.“

„Und ab wann warst du glücklich?“

„Natürlich jedes Mal, wenn ich einen Hasen erlegt hatte ... oder ein Reh ... oder sogar einen Fuchs!“

Der Jäger ließ seine Erinnerungen frei:

„Das eine Mal hat er dreimal danebengeschossen, Päng, Päng, Päng ...“

Seine Finger zerschnitten dreimal die Luft. Dann, selbstgefällig:

„Bei mir ... ein Schuss!“

Beifall heischend blickte er zu dem kleinen Prinzen hinunter, zuckte jedoch zusammen, als dieser heftig mit einem Fuß auf den Boden stampfte:

„Ich habe einen Fuchs zum Freund“, erregte sich der kleine Prinz, während sich sein Gesicht deutlich zu verfärben begann. „Du hättest ihm bloß nachgestellt, aber er wollte, dass ich ihn zähme!“

Dieser unerwartete Gefühlsausbruch machte den Jäger höchst betroffen:

„Gezähmte Füchse finde ich langweilig“, versuchte er sich zu entschuldigen. „Außerdem ist es gegen die Natur.“

Doch der Zorn des kleinen Prinzen steigerte sich bei diesen Worten nur noch mehr. Sein Gesicht war jetzt ganz blass:

„Du hast keine Ahnung von der Natur“, erwiderte er anklagend, „mein Fuchs liebte das Getreide, weil ihn die Farbe an mein Haar erinnerte!“

Er ballte seine Hände zu Fäusten:

„Er hat sogar das Rauschen des Windes darin liebgewonnen! ... Und die Raupen ...“

„Was ist mit den Raupen?“ fragte der Jäger, der sich nur noch mit Mühe beherrschen konnte.

„Meine Rose hat gelernt die Raupen zu ertragen, weil sie die Schmetterlinge mag!“

Er schrie seine Antwort förmlich heraus.

Jetzt wurde es dem Jäger zu bunt: