Star Wars: Die Legenden von Luke Skywalker - Ken Liu - E-Book

Star Wars: Die Legenden von Luke Skywalker E-Book

Ken Liu

4,6

Beschreibung

Ein Band der Reihe JOURNEY TO STAR WARS: DIE LETZTEN JEDI Bevor im Dezember mit Star Wars: Die letzten Jedi ein neues Kapitel der Sternen- Saga beginnt, ist in diesem spannenden Roman von Ken Liu die Lebensgeschichte einer der beliebtesten Charaktere des Star Wars-Universums nachzulesen. EPISODE VIII - Ab Dezember weltweit im Kino!

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Nähere Infos und weitere Bände unter:www.paninibooks.de

DIE LEGENDEN VON

LUKE SKYWALKER

Von Ken LiuMit Illustrationen von J. G. Jones

Ins Deutsche übertragen von Andreas Kasprzak, Stefan Schimek & Tobias Toneguzzo

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Titel der Amerikanischen Originalausgabe: „Star Wars: The Legends of Luke Skywalker“ by Ken Liu, published by Disney, Lucasfilm Press, an imprint of Disney Book Group, 2017.

© & TM 2017 LUCASFILM LTD.

Design by Leigh Zieske

Mit Illustrationen von J. G. Jones

Deutsche Ausgabe 2017 by Panini Verlags GmbH, Rotebühlstraße 87,

70 178 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

Geschäftsführer: Hermann Paul

Head of Editorial: Jo Löffler

Head of Marketing: Holger Wiest (E-Mail: [email protected])

Presse & PR: Steffen Volkmer

Übersetzung: Tom Grimm

Lektorat: Marc Winter

Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart

Satz und E-Book: Greiner & Reichel, Köln

YDSWJT006

ISBN 978-3-7367-9993-6

Gedruckte Ausgabe:

1. Auflage, Oktober 2017, ISBN 978-3-8332-3570-2

Findet uns im Netz:

www.paninicomics.de

PaniniComicsDE

Für Esther und Miranda.

Möge die Macht mit euch sein – immer.

K. L.

Für Dawn.

Danke für all deine Fürsorge, Liebe und Geduld.

Du bist meine Macht.

J. G. J.

Luke Skywalker?Ich dachte, er wäre ein Mythos?!

Rey

INHALT

Die Wilde Strömung 

Die Mythen-Killerin 

Erstes Intermezzo 

Der Schiffsfriedhof 

Zweites Intermezzo 

Fischen in der Flut 

Drittes Intermezzo 

Ich, der Droide 

Viertes Intermezzo 

Die Geschichte der Schwermütigen Mote 

Fünftes Intermezzo 

Verschluckt 

Träume und Helden 

DIE WILDE STRÖMUNG

Die Langstreckenfrachtbarkasse Wilde Strömung näherte sich dem Ende ihrer Reise. Vor sechs Wochen war sie vom rauen und nur spärlich bevölkerten Mooshie-Sternenhaufen gestartet und nun lag Canto Bight vor ihnen, die schillernde, extravagante Küstenstadt auf dem Planeten Cantonica. Die Deckhelfer, die derzeit auf dem Messedeck versammelt waren, hatten gerade ihre Wache beendet und wollten nun noch etwas essen, sich ein wenig unterhalten und einige Runden spielen, bevor sie sich für ein paar Stunden schlafen legten.

Es war ein bunt zusammengewürfelter Haufen – einige Menschen und Humanoide, ein paar Reptiloide und Avianoide, sogar eine Handvoll Droiden. Fast alle Deckhelfer hatten gemäß den Standards ihrer jeweiligen Spezies noch nicht ganz die Volljährigkeit erreicht. Ein wichtiger Faktor, denn Tuuma der Hutt, Captain des Schiffs, bestand auf eine Besatzung, bei der die Mehrheit noch immer derart hingerissen von den grenzenlosen Möglichkeiten der Zukunft war, dass sie für die Gelegenheit, die Galaxis zu sehen, einen lächerlich niedrigen Lohn in Kauf nahmen.

Ulina, die an Bord als Dritter Offizier diente, trank ihren starken, auf der Zunge brennenden Olo-Tee aus, als ein lautes Stöhnen durch die spärlich beleuchteten Korridore des Frachters hallte, wie die letzten Dunstschwaden, die dem Kamin einer alten Feuchtfarm entwichen. Sie musterte das gute Dutzend Deckhelfer, das sich um den niedrigen, verrosteten Tisch versammelt hatte und sein Essen hinunterschlang, bis ihr Blick auf ein schlaksiges fünfzehnjähriges Mädchen mit kurz geschnittenem Haar fiel. „Klingt so, als ob das lebhafte Fohlen in der Eckbox Probleme mit dem Einschlafen hat.“ Die Klappe vor Ulinas linkem Auge glühte rot vor Ärger. „Hast du heute mit ihr die Ausdauerübungen in der Doppelgravitationskammer gemacht? Du weißt schon, dass Fathiere sehr viel Bewegung benötigen, wenn sie auf Schiffen derart eingepfercht sind?“

„Tut mir leid“, erwiderte Teal, die Fünfzehnjährige. „Ich musste die Rücklaufkammern reinigen …“

„Keine Ausreden!“, entgegnete Ulina. „Jedes dieser Fathiere ist mehr wert als deine Heuer für drei Jahre. Sieh zu, dass du deinen Fehler behebst!“

„Bekomme ich dann bei der nächsten Mahlzeit nur die halbe Ration?“, fragte Teal ängstlich.

„Du hast auf dem Flug bereits eine Menge Fehler gemacht. Jeden Tag bist du irgendwo zu spät …“ Trotz ihres strengen Tonfalls wich das glühende Rot auf Ulinas Augenklappe einem milderen Orange. „Aber … wir sind unterbesetzt. Wenn du dich beeilst und schnell wieder hier bist, merke ich vielleicht gar nicht, dass du deine Aufgaben nicht in der richtigen Reihenfolge erledigt hast. Ich bin alt, woran mich manche von euch ja immer wieder gern erinnern.“

Die jungen Deckhelfer am Tisch mussten leise lachen. Niemand wusste, woher Ulina stammte, aber man munkelte, dass sie älter war als alle von ihnen zusammen. Die ruppige Offizierin hatte ein gütiges Wesen, eine Seltenheit unter den Schurken, die auf den Langstreckenhandelsrouten ihr Geld verdienten.

„Wenn der Erste Offizier dich auf seinem Rundgang beim Trödeln erwischt, gehst du hungrig ins Bett! Er hat ein wesentlich besseres Gedächtnis als ich.“

Bedrückt, aber auch erleichtert steckte Teal sich ihr Brot und eine Tube Nutripaste in die Taschen und erhob sich vom Tisch.

„Du tust gerade so, als würden wir dein Essen klauen“, meinte G’kolu, ein zwölfjähriger Anlari-Junge, dessen fleischige Hörner nicht länger waren als ein menschlicher Finger. Sie rollten sich als Zeichen seiner Erheiterung leicht ein. „Die Lust aufs Essen wird dir in den Fathierboxen sowieso vergehen. Lass es hier – ich verspreche, dass alles noch da sein wird, wenn du zurückkommst.“

„Das ist es nicht …“ Teal hielt inne.

„Was? Willst du damit etwa die Fathiere füttern?“, fragte Jane, ein Mädchen von Tanto Winn, das wie alle dort grüne Augen hatte. „Das bisschen Brot füllt nicht mal die Lücken zwischen ihren Zähnen. Das werden sie kaum zu schätzen wissen.“

Teal schüttelte den Kopf. „Geht dich nichts an.“ Dann drehte sie sich um und rannte los.

Ihre Schritte hallten von den Schotten und Zwischenwänden wider, was die Fathiere mit erneutem Stöhnen und Wiehern quittierten – hoch aufragende Kreaturen von unglaublicher Schnelligkeit und Anmut, wenn sie nicht gerade in den engen Quartieren eines Raumschiffs eingepfercht waren. Sie stampften mit allen vieren, meterhohe Tiere mit Beinen, die wirkten wie Baumstämme. Der Lärm, den sie verursachten, klang erst nach einer Weile wieder ab.

G’kolus Hörner verdrehten sich nachdenklich, aber er sagte nichts. Die oberste Regel als Angehöriger einer Crew in den Tiefen des Alls war es, dass man die Privatsphäre der anderen respektierte.

Ulina wandte sich an die restlichen Deckhelfer. „Geht jetzt besser schlafen. Bis zur Morgenwache werden wir angekommen sein und in Canto Bight muss eine Menge ausgeladen werden.“

„Ich glaube, wir brauchen noch eine Runde Vegicusschwänze“, meinte G’kolu. „Selbst der Captain muss doch zugeben, dass wir für die Arbeit gut gestärkt sein müssen, oder?“ Der Junge konnte besser um mehr Essen betteln als jeder andere an Bord.

Ulina wollte gerade Einspruch erheben, doch Dwoogan, die Schiffsköchin, erhitzte auf der anderen Seite des Tresens bereits das Öl in der Pfanne. Dwoogan war eine große, muskulöse Frau, deren vernarbtes Gesicht auf eine mysteriöse Vergangenheit hindeutete. Irgendwie gelang es ihr jedes Mal wieder, die ekelhaftesten Zutaten zu einer schmackhaften Mahlzeit zu verarbeiten – selbst den Vegicus, dieses Ungeziefer, das in den Bilgen und hintersten Winkeln der Lagerräume von Langstreckenfrachtern hauste. Auf langen Reisen mit begrenzten Vorräten griff eine einfallsreiche Köchin wie Dwoogan für eine zusätzliche Portion Protein manchmal darauf zurück.

Ulina gab ein verhaltenes Grummeln von sich, aber die jungen Deckhelfer konnten am pulsierenden Grün ihrer Augenklappe erkennen, dass sie nichts dagegen einzuwenden hatte. Ein verführerisches öliges Aroma erfüllte alsbald das Messedeck und zum lauten Jubel der Crew ertönte erneut das Stöhnen aus den Pferchen der Fathiere in den Tiefen des Schiffs.

„Ob wir in Canto Bight wohl berühmte Persönlichkeiten sehen werden?“, fragte G’kolu, dessen Hörner erwartungsvoll emporragten. Die Stadt war bekannt für ihre große Fathierrennbahn und die überfüllten Casinosäle.

„Wen wollt ihr denn dort sehen?“, fragte Dwoogan. Sie warf ein paar Vegicusschwänze in das siedende Öl und allen lief das Wasser im Mund zusammen, als ihnen der fettige Geruch in die Nase stieg.

„Die Jockeys!“, erwiderte Jane mit weit aufgerissenen grünen Augen, als würde sie bereits auf der Tribüne sitzen.

„Die Holo-Stars!“, rief G’kolu.

„Die Leute dort haben so viel Geld, dass sie ihre Kleider nur einmal tragen und dann wegwerfen“, meinte Tyra, ein dreizehnjähriges Menschenmädchen, dessen Familie Schrottplätze in der ganzen Galaxis geplündert hatte.

„Die Helden der Neuen Republik!“, sagte Naldy, ein dünner Junge mit gestreifter Haut, der niemandem verriet, woher er stammte.

„Irgendwelche bestimmten Helden?“, fragte Dwoogan in einem herzlichen, etwas neckischen Tonfall. Sie rührte die Schwänze mit einer Kelle um und zeigte keinerlei Regung, als ihr mehrere Tropfen heißen Öls auf die mächtigen Arme spritzten.

„Luke Skywalker“, sagte Naldy.

„Aber den hat seit Jahren niemand mehr gesehen“, erwiderte G’kolu skeptisch, wobei seine Hörner sich halb zur Seite neigten.

„Was nicht bedeutet, dass er sich nicht in Canto Bight aufhält“, hielt Naldy ihm entgegen. „Er hat Tauntauns geritten, nicht wahr? Ich wette, er wäre ein erstklassiger Fathierjockey.“

„Ich wette, dass man ihn eher als Rennpilot sehen könnte“, warf G’kolu ein. „Damit ist weitaus mehr Geld zu machen. Ich habe gehört, dass er den Kessel-Flug in weniger als zwölf Parsecs geschafft hat.“

„Da verwechselst du was“, sagte Tyra. Sie und G’kolu teilten sich eine Unterkunft und zofften sich wie Geschwister. „Skywalker war der, der mal zwanzig AT-ATs mit seinem Lichtschwert zu Fall gebracht hat.“

Nun schalteten sich auch die anderen Deckhelfer ein.

„Meine Mutter meinte, es wären zweihundert gewesen! Und er ist dabei auf einem Tauntaun geritten!“

„Tauntauns sind noch schwieriger zu reiten als Fathiere …“

„Mein Onkel meinte, er hat mithilfe von Magie zwei Sternenzerstörer ineinandergerammt …“

„Das war keine Magie! Er war einfach ein guter Pilot – und es waren sechs Sternenzerstörer …“

„Twie-BUUP iek iek iek …“

„Diesen Namen habe ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gehört …“, sagte Ulina. Die Kinder und Droiden verstummten augenblicklich und die Farbe ihrer Augenklappe wechselte von Gelborange zu Magentarot. „Es gibt viele Geschichten über Luke Skywalker. Manche mögen sogar wahr sein …“

Die Deckhelfer hingen Ulina an den Lippen. Sie hatte weitaus mehr von der Galaxis gesehen als der Rest von ihnen und es schien nichts zu geben, was sie nicht wusste.

„Erzählen Sie uns eine?“, fragte G’kolu, dessen Hörner erwartungsvoll nach vorne ragten.

„Es ist schon spät“, meinte Ulina knapp.

Doch die Deckhelfer wollten das nicht hinnehmen.

„Nur eine! Bitte?!“

„Wir werden morgen dafür besonders hart arbeiten.“

„Dwie BUUP twietwietwie?“ Selbst der uralte Aufseherdroide G2-X stimmte mit ein, während er die Platte gebratener Vegicusschwänze auf den Tisch stellte.

Als auch Dwoogan sich mit verschränkten Armen und einem Grinsen im Gesicht zur Gruppe gesellte, blickte Ulina zu der Köchin hinüber und fragte: „Worüber bist du so erfreut?“

„Jeden Abend sagen Sie Nein – und am Ende quetschen sie dann doch eine Geschichte aus Ihnen heraus.“

„Da du dich offenbar über meine Fähigkeit lustig machst, Disziplin zu wahren, werde ich dir die Aufgabe übertragen, heute Abend eine Geschichte zu erzählen.“ Ulina gab sich große Mühe, sich ein Lächeln zu verkneifen, was ihr jedoch nicht leichtfiel.

Die Deckhelfer jubelten erneut, während sie mit ihren schmutzigen Fingern versuchten, an die Platte mit den heißen Vegicusschwänzen zu gelangen. Eine Geschichte von Dwoogan war noch weitaus besser.

„Na schön, zufälligerweise kam mir mal eine Geschichte über Luke Skywalker zu Ohren …“

Kaum bin ich ’ne Weile außer Gefecht, da werden plötzlich alle größenwahnsinnig.

Han Solo

DIE MYTHEN-KILLERIN

Ich habe nicht mein ganzes Leben lang als Köchin gearbeitet. Aber das habt ihr euch dank der Narben in meinem Gesicht wahrscheinlich bereits gedacht. Es gab eine Zeit, in der ich den Kessel-Flug in weniger als fünfzehn Parsecs geschafft und mit einem eigenen Blockadeskipper an der Handelsföderation vorbeigerauscht bin. Aber das sind Geschichten für einen anderen Abend.

Eines Tages, nach einem besonders unangenehmen Katz-und-Maus-Spiel mit zwei Patrouillen der imperialen Zollbehörde, legte ich einen Zwischenstopp in Xu’hu ein – ich musste mich dringend ein wenig erholen. Ich landete am Ufer des Vettesees und begab mich ins Dande Donjon. Der Schuppen hatte den Ruf, eine beliebte Anlaufstelle für all diejenigen zu sein, die auf der Suche nach Glücksspiel und einem anständig gebrauten Gewürztee waren. Dort konnte man mit Fremden Geschichten austauschen, ohne über die eigene Vergangenheit ausgefragt zu werden, und, was am wichtigsten war, mit nicht zurückverfolgbaren Credits zahlen. Eine Gruppe finsterer Gestalten saß in einer Runde auf Bänken neben der Gewürztee-Bar.

„Einen Doppelten, nicht zu würzig, aber mit ordentlich Schaum!“, rief eine Frau dem Barkeeperdroiden zu. Sie trug einen Ingenieursoverall und die Furchen in ihrem ledernen Gesicht sprachen Bände über die langen Jahre, die sie damit verbracht haben musste, widerspenstige Maschinen zum Laufen zu bringen. Nach einem kurzen Moment fügte sie hinzu: „Und kipp so viel Blaumilchpulver rein, wie man darin nur auflösen kann!“

Der Droide gab ein zustimmendes Piepsen von sich und machte sich dann daran, das süße, schaumige Gebräu zuzubereiten. Selbst ich leckte mir erwartungsvoll über die Lippen.

Obwohl es mein erstes Mal im Donjon war, wusste ich, dass ich mich hier in guter Gesellschaft befand. Es gab so viele verschiedene Arten von Bars wie Lebensformen in der Galaxis. Mancherorts konnte man sich mit Blastern duellieren, ohne dass es irgendjemanden interessiert hätte. Ich hingegen bevorzugte die Gesellschaft von Leuten, denen blaue Milch lieber war als Rauschmittel. „Für mich das Gleiche“, rief ich.

Ein Teil der Gruppe blickte zu mir hoch und nickte zustimmend. Ein Togruta, der mit dem Rücken zu mir saß, rutschte knurrend etwas zur Seite und machte für mich Platz auf der Bank. Ich beneidete seine Fähigkeit, mithilfe seiner hornartigen Montrale meine Gegenwart zu spüren.

Der Barkeeperdroide brachte mir nach kurzer Zeit mein Getränk. Ich atmete das köstliche, würzige Aroma ein, nahm einen kleinen Schluck und genoss das herrliche Gefühl kleiner Bläschen voller gezuckerter Luft, die auf meiner Zunge platzten. Ein wahrer Hochgenuss.

Erst in diesem Moment schenkte ich den Gesprächen um mich herum allmählich Aufmerksamkeit. Die Ingenieurin, der ich es bei meiner Bestellung gleichgetan hatte, gab eine Theorie zum Besten: „Ich sage euch, niemand, und ich meine niemand, hat ihn jemals etwas essen sehen. Nicht mal eine getrocknete Naboo-Sardine oder einen Rationsriegel.“ Heftig gestikulierend hatte sie die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich gezogen.

„Aber Redy“, entgegnete ihr der Togruta neben mir, „vielleicht isst er ja nur unter Wasser.“

„Nein“, erwiderte die Frau. „Es gibt zahlreiche Holos und Bilder von Rebellen, die unter Wasser trainieren. Auf vielen sieht man, wie Soldaten ordentliche Portionen verschlingen. Das ist doch das Einmaleins guter Propaganda, oder? Wenn man Leute für seine Zwecke rekrutieren will, dann muss man ihnen versprechen, dass sie zumindest gut versorgt werden. Aber auf denen sieht man Ackbar auch nie etwas essen.“

„Und was soll das nun bedeuten?“, fragte ein Mann, dessen Gesicht im Schatten seiner Kapuze verborgen war. Ein Glas blaue Milch stand vor ihm – eine traditionelle, gesunde Wahl. Seine Stimme war rau und tief und im flackernden Licht der schwebenden Leuchtkäferlampen konnte ich einen grau melierten Bart ausmachen.

„Man muss die Puzzleteile alle zusammenfügen“, sagte Redy mit einem verschlagenen und triumphierenden Lächeln auf den Lippen und beugte sich vor.

Auch wir anderen neigten uns gespannt nach vorne, um zu hören, wie sie ihre Punkte einen nach dem anderen vorbringen sollte.

Mit tiefer Stimme fuhr Redy verschwörerisch fort: „Denkt mal darüber nach: Seine Lippenbewegungen passen nicht exakt zu dem, was er sagt. Uns Technikern fällt so etwas auf. Gerüchten zufolge sitzt er manchmal stundenlang regungslos da, wenn er sich unbeobachtet fühlt. Er hat sich nie länger als einen Tag von einer Energiequelle entfernt und er wurde nie beim Essen gefilmt.“ Sie legte eine kurze Pause ein und ihren Zuhörern stockte der Atem. „Es gibt folglich nur eine Erklärung: Er ist nicht echt.“

„Wie bitte?“ Mein Togruta-Freund spuckte beinahe seinen Tee aus, eine dunkle Brühe, die nach Würzfleisch roch.

Redy lieferte dazu nur allzu gern eine Erklärung. „Ich vermute, dass Ackbar nur ein willenloser, als Mon Calamari verkleideter Droide ist, kontrolliert von der Rebellenallianz und hohen Tieren der Neuen Republik. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Marionette!“

Wir waren allesamt sprachlos. Ich hatte schon zahllose haarsträubende Geschichten in Cantinas in allen Ecken der Galaxis gehört, aber diese hier zählte zu den originellsten. Nach einem kurzen Augenblick fragte ich: „Warum … sollte die Neue Republik eine Marionette als Admiral einsetzen?“

„Es geht um das Bild nach außen.“ Redy war auf meine Skepsis vorbereitet. „Ackbar ist attraktiv, groß, von beeindruckender Statur – und die Geschichte, die man sich für ihn ausgedacht hat, ist herzzerreißend. Wer empfindet schließlich keine Sympathie für einen gewöhnlichen Soldaten, der sich mühsam nach oben arbeitet und zu einem brillanten Strategen avanciert? Aber glaubt ihr denn wirklich, dass ein hauptsächlich im Wasser lebender Soldat, der nie zuvor einen X-Flügler geflogen hat, für die unglaublichen Erfolge über Endor und Jakku hätte verantwortlich sein können? Die Behauptungen aber, dass dem dennoch so war, haben der Moral natürlich einen ordentlichen Schub verliehen.“

„Du glaubst also, dass jemand anderes diese Pläne geschmiedet hat?“, fragte eine weitere Frau. Mir fielen ihre Stiefel ins Auge, die Figuren von kowakianischen Echsenaffen zierten – ein nettes Detail.

„Ohne jeden Zweifel. Ich gehe davon aus, dass Mon Mothma, Leia Organa, Jan Dodonna und der Rest eine ganze Gruppe von Strategen und Denkern in einem fensterlosen Versteck für ihre Zwecke arbeiten ließen. Wie auch die meisten Ingenieure und Techniker leisten sie die harte Arbeit, ohne je irgendeine Anerkennung dafür zu bekommen. Viele von ihnen sind wahrscheinlich nicht sehr fotogen. Das Ergebnis jahrelanger Aufenthalte in schummrigen Militärarchiven und des Herumsitzens vor Computern, um Simulationen durchzuführen. Vielleicht wirken sie zu lebensfern, zu klein, zu unscheinbar … Die Politik benötigte daher eine attraktive Identifikationsfigur, um die Moral der Truppen zu stärken. Aus diesem Grund erschuf man Ackbar, den Marionettenadmiral.“ Sie fuhr mit der Hand dramatisch durch die Luft. „Unterschätzt nie die Macht der Propaganda!“

„Das ist ja mal eine interessante Theorie“, meinte der Mann mit der Kapuze. In seiner Stimme hörte ich eine gewisse Erheiterung. „Für eine Ingenieurin ohne Lizenz kennen Sie sich hervorragend mit Politik aus.“

Redy wurde zornig. „Ich war nicht immer auf der Flucht und habe mich mit der Reparatur von Schrottmühlen irgendwelcher Schmuggler über Wasser gehalten! Ich habe die Universität von Coruscant besucht und an den modernsten Raumschiffen in den imperialen Werften gearbeitet. Ich bin echten Admirälen begegnet und habe sogar einige Großmoffs über die Werften geführt. Ich weiß, wovon ich rede.“

Der Mann hob besänftigend die Hände und neigte leicht den Kopf. „Das war nicht böse gemeint. Die Galaxis ist riesig und es macht immer wieder Spaß, neue Geschichten zu hören. Warum klären Sie uns nicht noch weiter auf?“

„Ich achte einfach auf die Details“, erwiderte eine besänftigte Redy nicht ohne Stolz. „Ich werde nicht umsonst Redy die Mythen-Killerin genannt. Ich habe noch weit mehr ausgeklügelte Verschwörungen entdeckt, bei denen euch ganz anders werden würde.“ Anstatt fortzufahren, trank sie fürs Erste ihren Tee aus, seufzte wehmütig und stellte den leeren Becher ab. Dann zog sie einen Creditchip aus einer kleinen Brusttasche, blickte auffällig auf das Display und runzelte scheinbar besorgt die Stirn. „Es wird wohl wieder Zeit, Arbeit zu finden“, brummte sie vor sich hin.

Obwohl ich genau wusste, auf was sie es anlegte, konnte ich nicht widerstehen. „Einen Moment!“, warf ich ein, „du kannst uns nicht so hängen lassen. Ich geb dir noch einen aus. Erzähl die Geschichte weiter.“

„Ich weiß nicht so recht.“ Redy leckte sich über die Lippen. „Es geht um eine Legende der Rebellion, um Luke Skywalker. Aber das ist eine ziemlich lange Geschichte und ich habe auch Hunger …“

„Die Geschichte muss ich hören! Ich lade Sie ein“, sagte der Kapuzenmann. Er beugte sich vor, wodurch die Kapuze ein klein wenig nach hinten rutschte. Darunter kamen zwei wache Augen und ein von vielen Erlebnissen gezeichnetes Gesicht zum Vorschein, das trotz des Alters noch immer etwas jungenhaft Verschmitztes an sich hatte.

Nun, da ihr Plan aufgegangen war, rief Redy dem Barkeeperdroiden zu: „Einen Dreifachen mit einer Extraportion Schaum und ordentlich Blaumilchpulver! Und bring mir eine Platte frittierter Naboo-Sardinen mit Lavasoße. Die beiden hier übernehmen das!“ Zufrieden lehnte sie sich zurück und begann mit ihrer Geschichte.

***

Alle kennen die offiziell abgesegnete Version der Geschichte von Luke Skywalker: Der Letzte der Jedi, Beschützer der Galaxis, getreuer Helfer von General Leia Organa, bester Pilot der Neuen Republik, mächtiger Kämpfer mit dem smaragdgrünen Lichtschwert, Vorbote des Triumphs in seinem X-Flügler mit den fünf roten Streifen … Ich könnte ewig so weitermachen. Die Geschichten über ihn sind tatsächlich derart aus dem Ruder gelaufen, dass es unmöglich ist, Fakten von Fiktion zu unterscheiden.

Doch hier komme ich ins Spiel. Da ich dank des Imperiums eine gute Ausbildung genossen und Karriere gemacht habe, weiß ich auch etwas mehr als der durchschnittliche Schmuggler über politische Ränkespiele. Es dreht sich dort alles um Theater, Verschwörungen und in Hinterzimmern gesponnene Intrigen. Man kann nichts von dem Glauben schenken, was die Holoköpfe in den Nachrichten so von sich geben. Die Wahrheit bleibt im Verborgenen und man muss schon eine Vielzahl verschiedener Quellen studieren und seinen Verstand einschalten, um zu begreifen, was da vor einem geheim gehalten werden soll.

Beinahe alles, was ihr über Luke Skywalker zu wissen glaubt, ist eine Lüge – selbst sein Name ist erfunden. Als kleiner Waisenjunge auf Tatooine war er als Luke Clodplodder bekannt. Bei seinem Onkel und seiner Tante, beide Feuchtfarmer, wuchs er zu einem faulen Jugendlichen heran. Schon bald litt er unter dem großen Irrglauben, ein beispiellos talentierter Lufthüpferpilot und Mechaniker zu sein …

***

„Das ist jetzt aber etwas hart“, brummte der Kapuzenmann leise vor sich hin.

Aber Redy hatte ihn gehört. „Ganz und gar nicht“, erwiderte sie. „Ich werde es beweisen. Biggs Darklighter, der gemeinsam mit Clodplodder auf Tatooine aufgewachsen ist, wurde oft als Quelle genannt, was Lukes Heldentaten als Lufthüpferpilot in der Bettlerschlucht angeht. Mehrere Ausbilder der Imperialen Akademie haben mir jedoch erzählt, dass Biggs zu den schlechtesten Absolventen gehörte, mit denen sie es je an der Akademie zu tun hatten. Und seine Lobeshymnen auf Clodplodders Flugkünste muss man auch als völlig übertriebene Ammenmärchen eines ähnlich talentfreien Piloten betrachten.“

„Ammenmärchen, wie? Was Sie nicht sagen“, warf der Kapuzenmann ein.

„Und wie ich das sage!“, erwiderte Redy. Sie nahm einen ordentlichen Schluck ihres extraschaumigen Drinks und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. „Was seine Fähigkeiten als Mechaniker angeht, wissen wir aus verschiedenen Quellen, dass er ziemlich oft zur Tosche-Station auf Tatooine gefahren ist, um Energiewandler zu kaufen …“

„Energiewandler geben halt oft den Geist auf, oder nicht?“

„Nicht, wenn der Junge kein Faulpelz gewesen wäre! Ein echter Mechaniker wüsste sofort, dass Energiewandler für den Einsatz auf Feuchtfarmen besonders robust gebaut und im Notfall leicht zu reparieren sind. Davon einmal im Jahr aufgrund des Verschleißes neue zu kaufen, wäre ja noch nachvollziehbar. Aber sie monatlich mehrere Male ersetzen zu müssen, deutet darauf hin, dass er entweder nicht imstande war, sie zu reparieren, oder dass er eine Ausrede brauchte, um in die Stadt zu gehen und dort mit seinen ähnlich faulen Freunden Zeit totzuschlagen.“

Der Kapuzenmann schmunzelte. „Ich kannte mal jemanden, der Ihnen hier sicherlich zugestimmt hätte … Aber tut mir leid, ich wollte Sie nicht unterbrechen. Fahren Sie bitte fort.“

***

Für das zivilisierte Auge verfügte Clodplodder vielleicht nicht über brauchbare Fähigkeiten, er besaß aber zwei wesentliche Eigenschaften, die für skrupellose Zeitgenossen durchaus nützlich sein können: Er sah gut aus und konnte sehr gut reden.

Nach dem mysteriösen Verschwinden seines Onkels und seiner Tante verließ er Tatooine. (Ich tippe darauf, dass sein Onkel und seine Tante, wie viele arme Farmer, sich nur über Wasser halten konnten, indem sie die imperialen Steuern nicht zahlten. Als ihnen schließlich die Steuereintreiber auf den Leib rückten, beschlossen sie, ihre Sachen zu packen und abzuhauen. Den faulen Luke ließen sie wohl zurück, weil er ihnen nur ein Klotz am Bein gewesen wäre.)

Wie genau er Tatooine verlassen hat, das geht aus den offiziellen Aufzeichnungen nicht eindeutig hervor. Nach zahlreichen Gesprächen mit Händlern, ehemaligen imperialen Soldaten und anderen, die von der Propagandamaschine der Neuen Republik nicht geschmiert oder eingeschüchtert worden waren, habe ich folgenden Schluss gezogen: Clodplodder hat sich einer Bande von Kriminellen angeschlossen.

Ihr Anführer war Benny „der Weise“ O’Kenoby, ein alter Trickbetrüger und der Kopf der Bande. Weitere Mitglieder waren Hansel „Blitzfinger“ Shooter, ein erfahrener corellianischer Schmuggler und notorischer Lügner, der sich an keine Abmachung hielt, und Chewie „Zottel“ Baccarat, ein spielsüchtiger Wookiee, der für Handgreiflichkeiten zuständig und zu Einschüchterungszwecken Teil der Truppe war. Nun, und wie passte da Luke „Babyface“ Clodplodder hinein? Er war dafür zuständig, die Opfer der Gang zu umgarnen und sie zu diversen Vorhaben zu überreden.

Ich weiß, dass die Neue Republik das nicht gerne erwähnt, aber das Imperium war trotz all seiner Verfehlungen – und davon gab es eine Menge – darum bemüht, diese Art von Kleinkriminellen, die es auf unschuldige Bürger abgesehen hatten, in Schach zu halten. Zu Beginn der Rebellion herrschte allgemeines Chaos – ein gefundenes Fressen für die O’Kenoby-Bande, die die Galaxis in ihrer Centennium Pute unsicher machte, einer heruntergekommenen, von Gummis und Drähten zusammengehaltenen Schrottmühle. Sie flogen von Planet zu Planet und nutzten jede Gelegenheit, die sich ihnen bot. Sie betrogen bei Podrennen, manipulierten die Quoten bei Fathierrennen und zogen ihre dreisten Nummern beim Glücksspiel ab. Immer wenn die Bank am Verlieren war, pochte sich Chewie auf die Brust und knurrte den bedauernswerten Spieler an. Sie strichen Geld für Schmugglerjobs ein, lieferten aber nie die Ware, sondern verschacherten sie stattdessen an den Höchstbietenden. Es gab keine Gaunerei, die sie nicht zumindest einmal ausprobiert hätten.

Es war Benny O’Kenoby, ihr gerissener Anführer, der sich ihren langwierigsten Plan ausgedacht hatte. Sie behaupteten, dass Clodplodder in die Geheimnisse des sagenumwobenen Kults der Jedi eingeweiht gewesen wäre und übernatürliche Kräfte besäße. Sie suchten abgelegene Dörfer auf rückständigen Planeten auf, deren Bewohner für gewöhnlich keinen Zugang zu guter Unterhaltung hatten, und zogen Shows ab, die Clodplodders angebliche Fähigkeiten demonstrierten.

O’Kenoby und Shooter gingen dabei von Haus zu Haus, um ihre Lügengeschichten über Luke zu verbreiten und das Interesse möglichst vieler Bewohner zu wecken. Der Wookiee lief dann knurrend und stöhnend auf der notdürftig errichteten Bühne umher, mit bemalten Werbeschildern auf Bauch und Rücken. Luke selbst saß auf der Bühne und lächelte die Damen an, um sie dazu zu bringen, sich den ganzen Zirkus überhaupt anzusehen.

Ihre Show bestand aus mehreren Teilen. Da gab es Lukes „Jedi-Gedankentrick“, ein einfacher Hypnosekniff, weitaus unspektakulärer als jede Show eines Straßenkünstlers auf Coruscant. Luke jonglierte dabei mit angeschalteten Schweißbrennern, die wie Lichtschwerter aussahen. Des Weiteren inszenierten sie eine Show, in der Luke scheinbar gegen den Wookiee antrat. Dieser warf sich dabei selbst gegen alle möglichen Dinge, damit es den Anschein hatte, als hätte Luke ihn mithilfe der „Macht“ weggeschleudert.

Da Luke in einer ähnlich abgelegenen Siedlung aufgewachsen war wie seine Opfer, wusste er genau, wie er die gelangweilten und arglosen Dorfbewohner dazu bewegen konnte, ihre Creditchips zu zücken. Ihre bekannteste Darbietung bestand jedoch darin, Luke die Augen zu verbinden, ihm einen Schweißbrenner in die Hand zu drücken und Schwebedrohnen auf ihn schießen zu lassen. Dank seiner übernatürlichen „Machtfähigkeiten“ konnte Luke blind jeden Schuss abwehren. Das kam hervorragend an beim Publikum.

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„Entschuldigen Sie die neuerliche Störung“, sagte der Kapuzenmann, „aber wie hat der letzte Trick funktioniert?“

„Es freut mich sehr, dass Sie das fragen“, erwiderte Redy. Sie tauchte eine frittierte Naboo-Sardine in die Lavasoße und steckte sie genüsslich in den Mund. Dann bot sie uns anderen laut kauend ebenfalls welche an.

Die Frau mit den Echsenaffenstiefeln nahm eine, leckte zögerlich daran und erbleichte. Ich lehnte ab. Der Togruta nahm zwei.

Redy schluckte ihr Essen hinunter und fuhr fort. „Man musste die Drohnen lediglich so programmieren, dass sie auf die hellsten, sich bewegenden Objekte schossen. Diese Geräte waren sehr leicht zu hacken, da sie für den zivilen Gebrauch gedacht waren und ohne die üblichen Sicherheitsvorkehrungen ausgeliefert wurden, wie sie bei Militärausrüstung zu finden sind. Während also Luke für die Zuschauer posierte und den Schweißbrenner willkürlich durch die Luft schwang, schossen die Drohnen auf den hellen Strahl des ‚Lichtschwerts‘. Es sah daher nur so aus, als könnte er die Schüsse vorhersehen. Jeder Zwölfjährige, der in der Schule aufgepasst hat, würde das hinkriegen.“

„Verstehe.“ Der Kapuzenmann nickte. „Erzählen Sie bitte weiter. Das fasziniert mich.“

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Nach der Hauptshow forderte die Bande ihre Zuschauer dazu auf, eine Reihe zu bilden, damit Clodplodder seine „Macht“ einsetzen konnte, um Krankheiten zu heilen, die Zukunft vorherzusagen, Liebestränke zu brauen und dergleichen – alles natürlich gegen eine „angemessene“ Bezahlung. Chewie knurrte und starrte jeden nieder, der es wagte, auch nur ein wenig Skepsis an den Tag zu legen oder sich nicht schnell genug in der Warteschlange einzureihen. Das Ganze war zur Hälfte Abzocke und zur Hälfte purer Diebstahl.

Irgendwann hatten so viele ihrer Opfer Beschwerde eingelegt, dass die Behörden ihnen auf die Schliche kamen. Obwohl die O’Kenoby-Bande sich größtenteils auf abgeschiedene Siedlungen konzentrierte, wollte die Rebellenallianz ein Exempel an ihnen statuieren, um zu beweisen, dass sie genau wie das Imperium die Ordnung aufrechterhalten und die Sicherheit der Bevölkerung gewährleisten konnten. Benny und seine Bande wurden verhaftet und zum Rebellenstützpunkt auf Yavin 4 gebracht. Der Plan sah einen großen Schauprozess vor. Prinzessin Leia, eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der Allianz, bat eigens darum, ihn zu leiten.

In diesem Prozess gelang der Bande ihr größter Coup. Was ich euch jetzt erzählen werde, ist derart geheim, dass nicht einmal allen großen Führungspersönlichkeiten der Neuen Republik sämtliche Details bekannt sind.

Kurz gesagt bot Benny der Rebellenallianz an, sich und seine Bande in ihren Dienst zu stellen, um eine langwierige Haftstrafe zu vermeiden. „Hört mich an“, sagte er. „Ich weiß, dass es um die Rebellion nicht allzu gut bestellt ist. Die Leute verlieren allmählich den Glauben an euch und das Imperium attackiert eure Stützpunkte mit aller Härte.“

„Und?“, fragte die Prinzessin argwöhnisch.

„Was ihr benötigt, ist eine gute Show, um den Glauben an eure Sache wiederherzustellen – und niemand kennt sich besser damit aus als unsere Truppe“, entgegnete Shooter.

„Wir haben eine gute Show vorbereitet“, meinte Leia. „Wir werden in einem öffentlichen Prozess eure Missetaten offenlegen und dann mit aller Härte dafür sorgen, dass ihr eure Opfer entschädigt …“

„Nein, nein, nein!“, unterbrach sie Clodplodder – was Chewie mit einem Knurren unterstrich. „Das ist eine Verschwendung eurer kostbaren und begrenzten Ressourcen. Warum uns als Kleinganoven den Prozess machen, wenn wir so viel mehr für euch tun können?“

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„Ähm, woher wissen Sie so viel über das, was damals gesagt wurde?“, fragte der Kapuzenmann. „Waren Sie selbst dabei?“

„Natürlich nicht“, blaffte Redy. „Ich nehme mir schlicht ein wenig künstlerische Freiheit heraus, um die Geschichte spannender zu gestalten.“

„Ah“, erwiderte der Kapuzenmann. „Künstlerische Freiheit … Alles klar.“

„Ich musste das Geschehen aus Gerüchten und Hinweisen rekonstruieren, die ich über viele Jahre und Sternensysteme hinweg gesammelt habe. Dabei war es notwendig, hie und da ein paar Lücken mit Spekulationen zu füllen.“ Redy klang ein wenig so, als müsse sie sich verteidigen. „Ich bin mir aber ziemlich sicher, was passiert ist. Nur ein geübter Geist ist dazu imstande, den notwendigen Logiksprüngen zu folgen und aus vielen kleinen Einzelteilen das Puzzle zusammenzufügen. Verstehen Sie?“

Gestikulierend forderten wir sie dazu auf, mit ihrer Geschichte fortzufahren.

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Die Neugier der Prinzessin war geweckt und so beschloss sie, sich anzuhören, was die Burschen zu sagen hatten. Aber der Plan, den sich O’Kenoby und seine Bande zurechtgelegt hatten, war derart absurd, dass Leia sie alle ohne zu zögern sofort wieder in ihre Gefängniszellen zurückschickte. Ihr ursprüngliches Vorhaben, einen Schauprozess zu veranstalten, hatte sie jedoch ebenfalls verworfen.

Während sich die Lage der Rebellenallianz täglich verschlechterte, suchte die Prinzessin die Bande gelegentlich auf. Je mehr sie über deren Plan nachdachte, desto weniger absurd erschien er ihr. Um sie noch mehr davon zu überzeugen, setzten Shooter und Clodplodder ihren ganzen Charme ein. Schließlich war es Shooter sogar gelungen, dass sich die Prinzessin in ihn verliebt hatte. Bis heute ist es mir unbegreiflich, wie er das geschafft hat.

Wie ihr zudem sicherlich bereits erkannt habt, verdankt Shooter – oder „General Solo“, als den wir ihn kennen – im Grunde seine ganze sogenannte Karriere Prinzessin Leia. Als Anführer oder Kämpfer war er nie zu gebrauchen. All die Geschichten über seine Heldentaten sind lediglich von der Regierung der Neuen Republik nachträglich erfunden worden, um Leias Mann eindrucksvoller und glamouröser wirken zu lassen. Ich bitte euch! Ein Schmuggler mit einem Herz aus Gold? Der Tagedieb, der durch die Liebe einer Prinzessin urplötzlich seine Courage und Führungsqualitäten entdeckt? Ernsthaft? Selbst Holodramen wären sich für eine derart abgedroschene und lächerliche Handlung zu schade.

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„Ich fand die Han-Solo-Legende auch schon immer ziemlich unglaubwürdig“, warf der neben mir sitzende Togruta ein. „Laut Gerüchten war er ein ziemlich skrupelloser Zeitgenosse, der immer zuerst schoss …“

„Ganz genau“, unterbrach Redy ihn. „Die offizielle Version der Neuen Republik strich jedoch all die Details, die ihn weniger heroisch erscheinen ließen. All das ist nur ein weiterer Beweis dafür, dass Regierungen die größten Betrüger überhaupt sind.“

Obwohl man an einigen Gesichtern in der Runde ablesen konnte, dass es Zweifel am Rest von Redys Geschichte gab, so waren sich in diesem Punkt doch alle einig. Imperium, Rebellenallianz, Neue Republik, die Erste Ordnung – die erste Lektion, die man lernt, wenn man im All seinen Unterhalt verdienen möchte, ist, dass man Regierungen nicht trauen kann. In neun von zehn Fällen waren sie das Problem.

„Leia ist wirklich eine außergewöhnliche Persönlichkeit“, sagte der Kapuzenmann mit sanftem, wehmütigem Tonfall. „Sie ist auf jeden Fall die Klügste in dieser Familie.“

Redy sah ihn etwas schräg an. „Wenn wir schon über Regierungen und Betrügereien sprechen …“

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Das Imperium war zu dieser Zeit mit einer eigenen Täuschungsaktion beschäftigt. Um die Rebellen zu demoralisieren, hatten imperiale Desinformationsspezialisten seit Jahren Gerüchte verbreitet, dass das Imperium an einer Raumstation mit dem Namen „Todesstern“ arbeitete. Dieser sollte in der Lage sein, einen ganzen Planeten zu vernichten.

Entschuldigt bitte, aber ich muss hier kurz vom eigentlichen Thema abweichen. Als Ingenieurin muss ich auch hier anmerken, dass die Existenz eines Todessterns völlig unplausibel ist. Zuerst einmal habe ich selbst nachgeforscht und bin zu dem Schluss gekommen, dass es derzeit schlicht keine Technologie gibt, die in der Lage wäre, diese Durchschlagskraft zu generieren. Völlig ausgeschlossen! Irgendeine wundersame Technik mit mystischen „Kyberkristallen“, so was kann es einfach nicht geben. An dieser Stelle möchte ich gar nicht näher darauf eingehen, wie unsinnig das angebliche Design der Raumstation aus Ingenieurssicht ist. So viele Drinks kann man gar nicht bezahlen, damit ich mit euch jetzt die ganzen Details durchgehen würde.

Außerdem kann man unmöglich eine funktionierende Superwaffe wie diese bauen, ohne dass Tests durchgeführt werden. Es ist völlig egal, welche Ingenieure und Wissenschaftler für euch arbeiten mögen, es ist schlicht nicht möglich. Jedoch gab es vor Alderaan keine bestätigten Tests eines solchen Todessterns. Nicht einen einzigen! Ich weiß, dass Verschwörungstheoretiker gerne behaupten, das Minenunglück auf Jedha wäre ein geheimer Test gewesen. Ich habe mir das alles aber mal näher angesehen und nichts davon ist mehr als wissenschaftsferne Spekulation ohne jegliche Beweise.

Der Punkt ist folgender: Der Todesstern war ein politischer Trick, um die Loyalität der Moffs in der entscheidenden Phase des Krieges sicherzustellen. Immerhin war nicht abzusehen, ob das Imperium oder die Rebellenallianz die Oberhand gewinnen würde. Und ungeachtet der Tatsache, wie weit hergeholt die ganze Sache erschien, so erfüllte sie doch für einige Jahre ihren Propagandazweck.

Man kann eine Lüge jedoch nicht ewig aufrechterhalten. Irgendwann werden die ersten Zweifel laut. Um seine Behauptungen also zu untermauern, inszenierte das Imperium die Zerstörung von Alderaan.

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„Inszeniert!“, entfuhr es mir. „Ich hatte Freunde dort. Der ganze Planet wurde in die Luft gejagt. Ist mir völlig egal, was dein Ingenieurssinn dir sagt. Das ist wirklich passiert!“

„Ich habe nicht gesagt, dass es die Geschehnisse um Alderaan nie gegeben hätte“, entgegnete Redy. „Ich werde das Imperium sicher nicht in Schutz nehmen. Das Massaker an der Bevölkerung Alderaans, die nicht einmal im Besitz von Waffen war, ist eines der größten Verbrechen des Imperators. Aber es wurde nicht mit irgendeiner streng geheimen Kampfstation begangen.“