Wo bin ich und wenn ja warum? - Anno Dazumal - E-Book
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Anno Dazumal

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Beschreibung

Nachdem die Parteienlandschaft immer weiter nach links gerückt war, entstand ein Vakuum, das die Rechtspartei ausfüllen wollte. Mit Herrn Meier an der Spitze kam der Wechsel und diese bitterböse Geschichte zeigt, wie schnell es gehen kann, wenn man nicht aufpaßt und seine Gegner unterschätzt.

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Anno Dazumal

Wo bin ich und wenn ja warum?

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Die Ursache

Die Wirkung

Impressum neobooks

Die Ursache

Jeden Tag hatte ich sie im Bahnhofsgebäude stehen sehen, die alte Brezenverkäuferin, doch dann war sie plötzlich verschwunden und ich fragte mich irritiert, was da wohl passiert sein mochte. War sie etwa ins Altenheim gegangen oder am Ende gar gestorben? Vielleicht lag sie im Krankenhaus oder sie war einfach nur in den wohlverdienten Ruhestand getreten. Doch dann sah ich sie im Fernsehen, als Mitglied einer von der Polizei gefaßten Bankräuberbande und in dem Moment wußte ich, daß in unserem Land Einiges nicht stimmen konnte, denn wenn rechtschaffene, alte Frauen so wenig Rente bekamen, daß nicht einmal ein Nebenjob ausreichte, um sich durchzubringen, dann war es allerhöchste Zeit einzugreifen. Und so beschloß ich, statt in die Wirtschaft zu trotteln und mich zuzusaufen, in die Politik zu gehen. Hätte ich damals gewußt, daß die Alte der Kopf einer Verbrecherbande gewesen war, wäre es nie dazu gekommen. „Was willst Du denn in der Politik? Du bist doch sogar zu blöd zum Scheißen!“ höhnte mein Vater und noch bevor ich ihm etwas entgegnen konnte, deutete er auf den dampfenden Haufen in der Ecke. „Mag sein, aber es gibt in diesem Land ein Gerechtigkeitsproblem und auf der rechten Seite existiert ein Vakuum, das ich mit meiner Rechtspartei und dem Rationalsozialismus füllen werde“, versprach ich. „Jawohl, mein Führer“, meinte er grinsend und salutierte schlampig vor mir. Am darauffolgenden Tag zog ich aus und schloß mich den herumlungernden Obdachlosen an, die mich etwas widerwillig bei sich aufnahmen, was vermutlich daran lag, daß ich noch mehr stank als sie alle zusammen. Wie auch immer, dort hatte ich Zeit und konnte mich in aller Ruhe meinen Weltverbesserungsträumen hingeben. Als ich leicht besoffen war, hielt ich meine erste politische Rede vor meinen asozialen Freunden und ich muß richtig gut gewesen sein, denn danach fanden sie, ich hätte das Zeug zum Politiker. Wahrscheinlich war das nur gelogen oder sie hatten es gesagt, damit ich endlich wieder verschwand, jedenfalls ermutigten mich ihre Lobeshymnen und ich machte weiter. Zunächst schimpfte ich über die Ausländer, denn das kam im Volk immer gut an und was ein Herr von der SPD in Berlin konnte, das hatte ich schon lange drauf. Am Anfang ging es in erster Linie darum, Aufmerksamkeit zu erregen und das gelang mir problemlos, denn ich brauchte nur lauthals verkünden, was ich dachte und schon blieben die Leute stehen und lauschten gebannt. Recht schnell erkannte ich, daß dem Pöbel einfache Lösungen am liebsten waren, denn komplexe Zusammenhänge begreifen war etwas, das nicht viele Leute beherrschten. Und so surfte ich vor mich hin auf der Welle der Primitivität und fühlte mich sauwohl. Zugegeben, hin und wieder kam es vor, daß ich von ein paar Linken verprügelt wurde, manchmal versehentlich auch von einigen Neonazis, die mich für einen Ausländer hielten, aber alles in allem lief die Sache ganz gut an, bis eine gewisse Frau Fauli in mein Leben trat und meiner Partei beitreten wollte. „Äh, das geht leider nicht“, beschied ich ihr scheinbar bedauernd. „Wieso denn nicht?“ erkundigte sie sich enttäuscht. „Erstens habe ich noch gar keine Partei gegründet und zweitens traue ich Ihnen nicht über den Weg.“ „Wieso das denn?“ „Sie haben mein großes Idol, den Sigmund Roiber gestürzt und das werde ich Ihnen nie verzeihen!“ rief ich, brach daraufhin in Tränen aus und rannte heulend davon. Mag sein, daß mich aufgrund solcher emotionaler Ausbrüche Manche für einen durchtriebenen Schauspieler hielten, aber in meinen Reden warteten die Zuhörenden jedesmal gespannt darauf, daß ich ausrastete und irgendwelche Leute wüst beschimpfte. Ich hatte den Managern und Bankern die Schuld an der ganzen Misere gegeben, obwohl sogar ich als primitiver Populist wußte, daß das völliger Blödsinn war. Aber das (hunds)gemeine Volk lechzte nach einem Schuldigen, den es kreuzigen konnte und dafür eignete sich ein Jochef Kackermann von der Scheutend Bank natürlich wesentlich besser als ein ebenfalls recht bekannter Bruno Rübel, der stolz darauf war, in den letzten 30 oder 35 Jahren arbeitslos gewesen zu sein. Mit der Zeit liefen mir immer mehr Menschen hinterher und ich kam mir vor wie ein Rattenfänger der Neuzeit. Selbst die Medien wurden auf mich aufmerksam und als ich dann eines Tages mein erstes Interview mit irgendeinem langweiligen Pressefritzen hatte, da merkte ich schon, daß die sogenannten Intellektuellen nicht viel von mir und meinen Ideen hielten. Irgendwann konnte ich sein dummes Geschwafel nicht mehr ertragen, vermischt mit meinem sinnlosen Gesülze war es hochexplosiver Schwachsinn in Reinkultur, weshalb ich brüllte: „Ihr habt doch alle keine Ahnung! Da draußen geht gerade ein Volk zugrunde und Ihr diskutiert über den Sinn und Zweck von neuen Verkehrsschildern!“ Nach diesen Worten sprang ich auf und verschwand. Klar, irgendwann würde ich nicht mehr davonlaufen können und mich stellen müssen, aber noch hatte ich die Chance, einfach abzuhauen, wenn mir die Argumente ausgingen, was immer ziemlich schnell der Fall war. Das Presseecho blieb vernichtend, lediglich die Hild-Zeitung setzte sich wenigstens ein bißchen mit meinen politischen Forderungen auseinander und gab mir hin und wieder sogar Recht. Ich aber machte munter weiter, denn das Volk strömte nur so zu meinen Veranstaltungen, ich agitierte und provozierte, pöbelte und instrumentalisierte, ich redete mich in Rage und irgendwann in einen Rausch. Die meisten Leute waren begeistert, die höher Gebildeten dagegen waren eher entgeistert, doch zu meinem großen Glück gab es davon in Deutschland nicht mehr so Viele, so daß ich meinen Siegeszug ungehindert fortsetzen konnte. Die Rechtspartei wurde alsbald gegründet und ich wurde einstimmig!, also mit einer Stimme, nämlich meiner, zu ihrem Vorsitzenden gewählt. Damit war ich im Establishment angekommen und mußte mich mit dem übelsten Gesocks der Menschheit, neben Versicherungsvertretern, abgeben: Politikern. Noch viel schlimmer, ich war nun selbst einer von ihnen geworden und das machte mir schwer zu schaffen. „Ganz ruhig bleiben, Herr Meier, die Politik wird Sie nicht verändern, sondern Sie werden die Politik verändern“, redete mir mein Psychiater ein. „Ich weiß nicht. Irgendwie habe ich ein beschissenes Gefühl“, gestand ich und das konnte er auch riechen. Nachdem mir seine Sprechstundenhilfe die Windeln gewechselt hatte, wofür ich ihr einen dankbaren Blick und zwei Euro geschenkt hatte, setzten wir unser Gespräch fort, indem er behauptete: „Herr Meier, Sie sind ein begnadeter Demagoge. Schöpfen Sie Ihr Potential aus und nutzen Sie Ihre Fähigkeiten, um sich selbst zu verwirklichen!“ „Na ja, aber wenn ich das mache, was ich will, dann wird es vielen Leuten dreckig gehen“, befürchtete ich. „Und wenn schon? Wo geodelt wird, krähen Hähne. Denken Sie nur an sich, lieber Herr Meier, alles Andere ist unwichtig.“