Abenteuer im Moorsee - Felix Buchmair - E-Book

Abenteuer im Moorsee E-Book

Felix Buchmair

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Beschreibung

Norbert und Eva Köhler haben beschlossen, die großen Ferien ihrer Zwillinge Uwe und Kai auf einem einsam gelegenen Bauernhof zu verbringen. Vater Norbert, selbst mit ländlichen Wurzeln, will seinen Söhnen auf diesem Weg das einfache Leben und die Liebe zur Natur näherbringen. Der Beschluss stößt bei den Zwillingen auf wenig Gegenliebe und sie geben sich keine Mühe, Begeisterung für diese Schnapsidee zu heucheln. Doch der dünne Mantel der Zivilisation der beiden Großstadtkinder zerfällt über Nacht, nachdem Robert, der Sohn des Bauern, Uwe und Kai aufnimmt wie Blutsbrüder, ihnen dann sein Reich vorstellt und sie in ein dunkles Geheimnis einweiht. Auf Wunsch von Roberts Eltern wird später noch Susanne, ebenfalls ein Ferienkind, in den Freundeskreis aufgenommen und ist trotz anfänglicher Skepsis der Zwillinge bald nicht mehr daraus wegzudenken. Für Susanne und die Zwillinge beginnt die bisher schönste Zeit ihres Lebens. Sie reifen unter der Last harter bäuerlicher Arbeit, werden von Robert für ein Leben in der Natur geschult und erleben mit ihm am nahe gelegenem Moorsee selige Tage des Glücks und unvergessliche Abenteuer, als es ihnen gelingt, eine Bande von Viehdieben dingfest zu machen und im Moorsee einen uralten, riesigen Wels zu fangen. Kurz vor Ende der Ferien stoßen sie durch Zufall auf das Vermächtnis des alten Jörg, welcher von seinem Dienstherrn verstoßen, im Moor ein trauriges Ende fand. Die Freude, ihm seinen letzten Wunsch noch erfüllen zu können, lindert bei den Kindern ein wenig den Trennungsschmerz, als sie ihr Ferienparadies verlassen müssen.

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Seitenzahl: 161

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhaltsverzeichnis

Handlung!

Gefangen im Moor!

Der Kampf mit dem Ungetüm!

Handlung!

Norbert und Eva Köhler haben beschlossen, die großen Ferien ihrer Zwillinge Uwe und Kai auf einem einsam gelegenen Bauernhof zu verbringen. Vater Norbert, selbst mit ländlichen Wurzeln, will seinen Söhnen auf diesem Weg das einfache Leben und die Liebe zur Natur näherbringen.

Der Beschluss stößt bei den Zwillingen auf wenig Gegenliebe und sie geben sich keine Mühe, Begeisterung für diese „Schnapsidee“ zu heucheln.

Doch der dünne Mantel der Zivilisation der beiden Großstadtkinder zerfällt über Nacht, nachdem Robert, der Sohn des Bauern, Uwe und Kai aufnimmt wie Blutsbrüder, ihnen dann sein „Reich“ vorstellt und sie in ein dunkles Geheimnis einweiht.

Auf Wunsch von Robert`s Eltern wird später noch Susanne, ebenfalls ein Ferienkind, in den Freundeskreis aufgenommen und ist trotz anfänglicher Skepsis der Zwillinge bald nicht mehr daraus wegzudenken.

Für Susanne und die Zwillinge beginnt die bisher schönste Zeit ihres Lebens.

Sie reifen unter der Last harter bäuerlicher Arbeit, werden von Robert für ein Leben in der Natur geschult und erleben mit ihm am nahe gelegenem Moorsee selige Tage des Glücks und unvergessliche Abenteuer, als es ihnen gelingt, eine Bande von Viehdieben dingfest zu machen und im Moorsee einen uralten, riesigen Wels zu fangen.

Kurz vor Ende der Ferien stoßen sie durch Zufall auf das Vermächtnis des alten Jörg, welcher von seinem Dienstherrn verstoßen, im Moor ein trauriges Ende fand. Die Freude, ihm seinen letzten Wunsch noch erfüllen zu können, lindert bei den Kindern ein wenig den Trennungsschmerz, als sie ihr Ferienparadies verlassen müssen.

„Eine Woche noch“, stöhnte Kai, „ich kann dir gar nicht sagen, wie mir die Schule zum Hals raushängt, ich bin über- über urlaubsreif.“

„Freu dich nicht zu früh, du weißt ja, was uns heuer erwartet. Ferien auf dem Lande!“, antwortete verdrossen Kais Zwillingsbruder Uwe. „Das haben wir Vater zu verdanken. Wenn der sich etwas einbildet. Wahrscheinlich sind wir froh, wenn die Schule wieder losgeht und diese stinklangweiligen Ferien zu Ende sind.“

„Jetzt übertreibst du aber“, entgegnete Kai, „vielleicht stimmt Papas Spruch wirklich, dass für uns Großstadtkinder ein paar Wochen in der Natur eine Wohltat wären..., na ja, warten wir es ab. Hauptsache ist, ich sehe meine nervigen Lehrer und diese Drecksschule längere Zeit nicht mehr.“

Eine Woche später waren die Zwillinge übermütig und ausgelassen wie lange nicht mehr.

Endlich Ferien!

Ein ganzer Tag verging noch mit Urlaubsvorbereitungen. Dann konnte es endlich losgehen. Einige Male musste der Vater seine Jungs energisch rüffeln, weil sie auf dem Rücksitz ständig lärmten, sich übermütig pufften und herumalberten.

„Wo liegt denn dieses öde Nest überhaupt“, fragte Kai ihn unvermittelt. Bevor der Vater jedoch antworten konnte, ergänzte Uwe noch rotzfrech:

„Du brauchst bloß deinen Zinken zum Fenster raushängen. Wenn es allmählich nach Kuh- und Schweinemist stinkt, kann es nicht mehr weit sein.“

Aber er hatte noch nicht richtig ausgeredet, als auch seine Mutter, die sich bis jetzt herausgehalten hatte, ein Donnerwetter über die zwei ´Meckerer´ niedergehen ließ, dass ihnen für einige Zeit die Lust an boshaften Bemerkungen verging.

Längst waren sie von der Autobahn abgebogen, die Fahrt ging über ruhige Nebenstraßen, gesäumt von Alleebäumen, goldgelben Getreidefeldern und grünen Wiesen. Da und dort waren Leute bei der Heuernte, einem harten, aber friedvollen Schaffen.

Langsam rollte der Wagen durch ein verschlafenes Dorf, als Norbert seine Jungs noch einmal ermahnte: „Jetzt sind es nur noch ein paar Kilometer. Zum letzten Mal, seid nett und anständig zu den Leuten am Hof. Und noch eins, der Sohn des Bauern ist genauso alt wie ihr. Wehe, ihr behandelt ihn wie einen Hanswursten. Das eine garantiere ich euch, ihr werdet eine Menge von ihm lernen können.“

Die Brüder grinsten sich an und verdrehten die Augen, aber sie wagten keine Widerrede.

Auf einer Anhöhe nach dem Dorf hielten sie auf einem Parkplatz. Man sah weit über das Land, endlose Felder wechselten sich ab mit kleinen und größeren Gehölzen und vom strahlend blauen Himmel brannte unbarmherzig die Sonne, dass die Luft flimmerte und die Augen schmerzten.

„Seht ihr dort hinten den kleinen See?“ fragte der Vater, „ein paar hundert Meter rechts davon der große Vierseithof, das ist unser Ferienziel.“

„Na toll“, maulte Kai und Uwe ergänzte gelangweilt:

„Ich kann´s kaum noch erwarten.“

Norbert schüttelte den Kopf und zog es vor zu schweigen. Er selbst hatte als Junge das Landleben schätzen und lieben gelernt und diese Liebe und stille Sehnsucht währte sein ganzes Leben.

Nein, wieder schüttelte er unbewusst den Kopf. Warum sollte es bei seinen Jungs anders sein? Das konnte und wollte er nicht wahrhaben.

Seine Frau hatte ihn von der Seite beobachtet.

„Ist irgendetwas?“ fragte sie verwundert.

„Nein, nein, ist schon gut. Mir ist nur etwas durch den Kopf gegangen.“

Als sie schließlich durch einen Torbogen in den Hof einfuhren, waren die Zwillinge doch beeindruckt von der Größe der Anlage. Das Wohnhaus zierte ein Balkon, der über die ganze Hauslänge reichte und von leuchtend roten Geranien überwuchert war. In der Maschinenhalle standen Schlepper, Anhänger und diverses Gerät. Aus dem Stallgebäude klirrte von Zeit zu Zeit das Scheppern von Ketten, mit denen die Kühe und Bullen angebunden waren. Am Heustadel standen die Tore weit offen. Alles machte einen blitzsauberen Eindruck.

Kai und Uwe waren zudem überrascht von der Freundlichkeit, mit der sie auf dem Hof empfangen wurden. Die Bäuerin zeigte sich besorgt wegen ihrer blassen Gesichter. „Und auf den Rippen habt ihr auch nichts Übriges“, stellte sie anschließend noch fest.

„Aber ich werde euch schon aufpäppeln.“

Dann aber geschah etwas, das ihnen die Sprache verschlug und im Handumdrehen ein so starkes Freundschaftsgefühl zu dem Bauernjungen erweckte, als würden sie sich schon ewig kennen.

Während sich die Eltern noch unterhielten, kam Robert auf die Beiden zu, begrüßte sie mit einem festen Händedruck und flüsterte dabei leise: „Gut dass ihr endlich hier seid. Ich brauche eure Hilfe. Hier ist der Teufel los!“

Als die Eltern sahen, dass die drei Jungs jetzt schon wichtig die Köpfe zusammensteckten, mussten sie herzlich lachen und nebenbei fiel ihnen ein Stein von Herzen. Hätten sie jedoch geahnt, was diese soeben besprachen, wäre ihnen angst und bange geworden.

„Bei uns treiben Viehdiebe ihr Unwesen“, fuhr Robert leise fort. „Ich hoffe, ihr lasst mich nicht im Stich.“

„Niemals“, antworteten die Brüder wie aus einem Mund. Jeder von sich selbst überrascht, sahen sich Kai und Uwe an und sensibel, wie Zwillinge für die Gefühle des anderen sind, wussten sie, dass sie sich beide etwas schämten ob der Vorurteile über diesen netten Bauernjungen.

„Jetzt gibt es erst einmal einen Happen zu essen, danach zeige ich euch mein Zimmer. Wir haben dort für euch zwei Betten dazu gestellt. Anschließend führe ich euch durch mein Reich.“ Dabei klang Stolz in seiner Stimme.

„Das klingt ja fast, als wärst du ein König“, sagte Uwe lachend, jedoch ohne Spott.

„Wartet nur, bis ihr alles gesehen habt, dann werdet ihr mir Recht geben.“

So war es dann auch. Die Brüder kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus, als Robert ihnen Haus und Hof, die Stallungen mit all den Tieren, die Maschinenhalle und die große Werkstatt zeigte. Dabei begleitete sie auf Schritt und Tritt ein grimmig dreinblickender, zotteliger Hund, der seinem jungen Herrn nicht von der Seite wich.

„Toll“, sagten die Zwillinge einmütig und neidlos, „so ein Königreich hätten wir auch gerne.“

„Das ist noch nicht alles, die Hauptsache kommt erst noch. Ich habe noch ein Pferd und einen eigenen See.“

„Ein Pferd und einen See?“ „Du flunkerst uns an“ „Jetzt mach mal halblang“, riefen Kai und Uwe durcheinander.

Sie gingen auf die Rückseite der Stallungen, wo sich die Koppel befand und wurden mit freudigem Wiehern von einem umher tollenden Fohlen begrüßt, welches gleich an den Weidezaun trabte.

„Das ist Bill“, erklärte Robert stolz. „Ich habe ihn vor vier Wochen zum Geburtstag bekommen. Aber es dauert natürlich noch längere Zeit, bis er ausgewachsen ist und man darauf reiten kann.“

Uwe, der immer schon eine Schwäche für Pferde hatte, wollte sich nicht mehr trennen von dem anmutigen Fohlen. Immer wieder streichelte er durch dessen Mähne und ließ sich von den weichen Nüstern beschnuppern.

„Aber jetzt wird es Zeit“, mahnte Robert. „Außerdem hätte ich noch einen Vorschlag. Wenn ihr schon eure Ferien auf dem Lande verbringen wollt, sollten wir versuchen so gut es geht, die meiste Zeit als Überlebenstraining zu nutzen. Ihr habt doch Erfahrung darin, oder?“

Die Zwillinge sahen sich betreten an. Einerseits wollten sie sich keine Blöße geben, aber das Lügen verabscheuten beide zutiefst.

„Wir haben ein Buch darüber gelesen“, sagte Uwe etwas kleinlaut, während Kai ergänzte, „aber praktische Erfahrungen konnten wir bis jetzt leider keine sammeln.“

„Na wunderbar“, rief Robert unternehmungslustig. „Wenn ihr nichts dagegen habt, wollen wir gleich damit beginnen. Also! Was wollt ihr heute zum Abendessen?“

„Keine Ahnung. Wie wär`s mit Chicken Mc.Nugget von Mc.Donalds“, schlug Uwe feixend vor.

In diesem Moment tippelte ein ahnungsloses Huhn um die Ecke. Da und dort etwas scharrend in seine Nahrungssuche vertieft, schenkte es den Jungs keinerlei Beachtung. Das änderte sich jedoch schlagartig, als Robert plötzlich brüllte: „Vergesst euer Chicken Mc. Nugget.

Hier marschiert unser Abendessen“.

Damit spurtete er auf das entsetzt aufgackernde Huhn los, das sein Heil in sofortiger Flucht suchte. Die Zwillinge sahen sich einen Moment ratlos an und riefen wie aus einem Mund: „Der Kerl ist verrückt“, rannten aber doch sofort hinterher.

Das Huhn, welches sich durch ein Loch im Zaun von seinen eingesperrten Artgenossen entfernt hatte, konnte im letzten Moment, eben bevor Robert es greifen konnte, zurückschlüpfen und suchte laut schimpfend Schutz unter der übrigen Schar. Die Jungs verschlossen rasch das Loch und betraten die Hühnerweide, als Robert auch schon rief: “Auf in den Kampf, jeder versucht ein Huhn zu erwischen.“

Augenblicklich steigerte sich das Gegacker und Gezeter des aufgeregten Federviehs zum Höllenlärm. Durch diesen hörten die Zwillinge ihren neuen Freund brüllen: “Seht zu, dass ihr junge Hähne erwischt.“

„Na toll! Woher sollen wir wissen, wie junge Hähne aussehen“, rief Kai außer Atem zurück.

Alles rannte kreuz und quer, die Hühner und die Jungs, Staub und Federn wirbelten durch die Luft. Kaum, dass einer meinte, eines der Hühner fassen zu können, schlug dieses einen Haken oder flatterte plötzlich in die Luft, so dass der Griff wieder ins Leere ging. Doch auch dem Hühnervolk ging langsam die Puste aus und so konnte schließlich jeder der Brüder voller Stolz dem Bauernjungen, welcher ebenfalls einen jungen Gockel erwischt hatte, seinen Fang präsentieren.

„Na, das war doch ganz toll für den Anfang“, lobte dieser, „ihr habt nicht länger gebraucht als ich. Aber diesen Eierleger kannst du getrost wieder loslassen“, sagte er zu Uwe, „das ist eine mindestens fünf Jahre alte Henne. An der beißen wir uns die Zähne aus, so zäh ist das Luder.“

Enttäuscht ließ Uwe sein Huhn wieder in Freiheit, wo es sofort flügelschlagend und laut gackernd das Weite suchte.

„So weit - so gut“, fuhr Robert fort. „Wenn wir den heutigen Abend nicht mit unseren Eltern verbringen müssten, würden wir unsere Beute stilgerecht über einem Lagerfeuer brutzeln. Aber das macht nichts. Wir machen die Hähne jetzt noch schnell bratfertig, dann kann sie meine Mutter später im Ofen zubereiten.

Das Lagerfeuer holen wir noch oft genug nach, schließlich haben wir einige Wochen Ferien vor uns. Los, kommt!

Entschlossen marschierte er Richtung Holzlagerschuppen, betäubte seinen Hahn mit einem kräftigen Schlag auf den Kopf, so dass er augenblicklich bewusstlos war, griff sich dann ein am Hackstock lehnendes Beil und hatte ihm, eh die beiden Jungs zum Denken kamen, den Kopf abgeschlagen. Wie selbstverständlich reichte er Stock und Beil an Kai weiter, welcher automatisch zugriff, dann aber ratlos und völlig verwirrt stammelte: “Was...soll...das,...du meinst,...ich soll?...Oh Gott, ich habe meiner Lebtag noch kein Huhn geköpft.“

Robert lag es fern, sich über dessen Verlegenheit zu freuen und kam ihm deshalb sofort zu Hilfe.

“Pass auf, ich zeige es dir nochmals.“ Wieder schlug er kräftig mit dem Stock auf den Hinterkopf des Hahnes, zeigte Kai, wie er die Axt halten musste und gab den Befehl zum Zuschlagen, dem Kai, allen Mut zusammennehmend ,unverzüglich nachkam.

„Na also, das ging doch wie geschmiert“, sagte der Bauernjunge voller Lob. „Was denkt ihr, was die Hähnchen aus der Gefriertruhe im Supermarkt für ein erbärmliches Leben und Sterben hatten? Dagegen haben diese beiden das große Los gezogen. Sie hatten bis jetzt ein herrliches Leben und haben durch den Betäubungsschlag nicht das Geringste von ihrem Ende mitbekommen. Jetzt versorgen wir die beiden Hähne, wie es sich gehört. In der Milchkammer sind Eimer und heißes Wasser. Also folgt mir.“

Als die Jungs über den Hof marschierten, verdreckt, verschwitzt, voller Federn, jeder der Brüder ein totes Huhn am Kragen, schrie ihre Mutter entsetzt auf. Der Bauer aber lachte, dass ihm die Tränen herunter kollerten. Nach dem Rupfen und Ausnehmen sagte Robert schließlich. „Jetzt dürfen wir uns aber sputen, wir haben bis zum See noch ein Stück zu gehen.“

Sie wanderten einen Weg entlang, der sich durch einen Auwald mit Birken, Erlen, Weiden und einzelnen Föhren schlängelte, bis sich nach einer letzten Biegung ein traumhafter Ausblick bot.

Vor ihnen lag ein stilles, verträumtes Gewässer, fast wie im Märchen.

Der Moorsee.

Kai und Uwe waren stehengeblieben und bestaunten beinahe ehrfürchtig den herrlichen Anblick. Auf der linken Seite erstreckte sich ein Föhrenaltholz, rechterseits stand lückiger Auwald. Am gegenüber liegendem Ufer ragten nur noch einzelne Weiden, Birken und Erlen aus dem Schilf, über denen sich die Sonne als glutrote Scheibe anschickte, den Horizont hinab zu sinken.

„Da hinten beginnt das Moor“, unterbrach Robert endlich die Stille. „Die Leute sagen, es liegt ein Fluch darauf und ein Gespenst geht um.“

„Ein Gespenst? Ein richtiges Gespenst?“, riefen die Zwillinge.

„Ja! Der alte Jörg. Er war Knecht auf einem Hof, nicht allzu weit von hier. Als er gebrechlich wurde und nicht mehr viel arbeiten konnte, jagte ihn der kaltherzige Bauer davon. Da Jörg nicht wusste wohin, zog er in die alte Torfhütte im Moor. Er ernährte sich bloß noch von Fischen, Beeren und Pilzen. Als ihm dies alles zu beschwerlich wurde, erhängte er sich eines Tages am Firstbalken der Hütte.

Seitdem spukt es dort und es sollen schon viele böse Menschen im Moor verschwunden sein. Auch der Bauer, bei dem Jörg im Dienst stand, ist vom Torfstechen im Moor eines Tages nicht zurückgekehrt. Man fand nur noch seinen gelben Strohhut.

Die alte Brandauerin aus unserem Dorf ist in der Gegend öfters unterwegs zum Kräuter sammeln. Die behauptet felsenfest, dass sie den Jörg schon des Öfteren gesehen hat, wie er von Nebel verschleiert im Moor umging und dabei furchterregend stöhnte.

Mein Vater sagt, die Geschichte mit dem Jörg ist wahr, aber das mit dem Gespenst ist Quatsch.“

Trotzdem konnten sich Kai und Uwe eines leichten Gruselns nicht erwehren, als ihre Blicke über das Moor streiften.

„Aber jetzt kommt, ich zeig euch noch meine Hütte und dann fahren wir kurz mit dem Kahn auf den See.“

Erst jetzt, als sie fast am Steg waren, an dem ein Ruderboot angebunden war, sahen die Zwillinge ein uriges Bauwerk, das Robert`s Vater geschickt zwischen wuchernde Stockweiden dicht am Ufer gezimmert hatte. Robert holte den Schlüssel, der hinter einem lockeren Brett verborgen war und schloss auf.

„Ich werd` verrückt“, stammelte Kai überwältigt.

„Das träume ich alles“, ergänzte sein Bruder.

Der Bauernjunge aber lachte. „Da staunt ihr, was?“

Die Hütte war behaglich und komplett eingerichtet. Ein breites Bett, ein Tisch, Stühle, ein Ofen, neben dem Brennholz aufgeschichtet war. An der Wand hing ein Beil und Angelzeug. Vom Fenster aus sah man direkt auf den See, auf dessen Oberfläche die letzten Strahlen der sinkenden Sonne ein geheimnisvolles Feuer zauberten.

„Wenn ihr wollt, verbringen wir hier den größten Teil der Ferien.“

„Du meinst, dass wir hier auch gleich übernachten können?“, fragte Kai.

„Klar doch, wenn es eure Eltern erlauben. Mein Vater hat sicher nichts dagegen.“

Die Zwillinge stießen ein Freudengeheul aus, das einem ganzen Indianerstamm alle Ehre gemacht hätte. Dann fuhren die Drei noch mit dem Kahn auf dem See.

Von der Abendstimmung verzaubert, schwiegen die Jungs. Das Plätschern, beim Eintauchen der Paddel, die dunklen Lockrufe der Enten, das monotone Quacken der Frösche und ab und zu ein plötzliches Platschen, wenn ein Hecht einen Angriff auf eine Beute startete.

Die Zwillinge genossen diese Laute der einbrechenden Nacht wie noch nie in ihrem Leben und träumten von der herrlichen Zeit, die vor ihnen lag.

Auf dem Nachhauseweg schlug Robert vor: „Am besten, wir bleiben die erste Woche noch auf dem Hof und helfen bei der Heu- und Getreideernte. Dann haben wir ein Plus und dürfen sicher in die Hütte übersiedeln. Wir können ja trotzdem tagsüber helfen, wenn wir gebraucht werden.“

„Was war das eigentlich mit den Viehdieben, das du uns noch sagen wolltest?“, erinnerte sich Kai plötzlich.

„Ich erzähle es euch abends im Bett, das könnte eine verdammt gefährliche Sache werden“, tat Robert geheimnisvoll.

Auf dem Hof angekommen, überschütteten die Zwillinge ihre Eltern mit allem, was sie gesehen und erlebt hatten. Uwe bemerkte mit einem schiefen Blick auf seinen Vater, dass sie gegen Robert die reinsten Bettelkinder seien.

Als sich nach dem Abendessen die Jungs gleich verabschiedeten und allen eine gute Nacht wünschten, sahen sich die Eltern erstaunt an. Was war denn da im Busch? Die wollten jetzt schon in die Federn?

Aber der Bauer lachte nur.

„Lasst sie doch, seien wir froh, dass sie sich auf Anhieb so gut vertragen. Die haben jetzt wichtige Besprechungen, was die kommenden Wochen alles unternommen wird. Die nächsten Tage ist das Heu und Stroh zum Einfahren und das Getreide wird gedroschen. Da können sich die Racker mal ausarbeiten, dass sie jeden Knochen einzeln spüren. Das wird ihnen guttun.“

Derweilen wurde bei den Jung`s Kriegsrat gehalten.

„Also, die Sache ist folgende: In den letzten Jahren wurden in unserer Gegend immer wieder des Nachts Rinder von den Weiden gestohlen. Die Täter wurden nie gefasst. Das letzte Jahr ist überhaupt nichts passiert, jedenfalls nicht im näheren Umkreis.

Aber als ich gestern Abend am See noch etwas geschwommen bin, habe ich plötzlich eine Autotüre zuschlagen hören. Direkt hinter dem Föhrenwäldchen führt eine Feldstraße vorbei und dort sind auch die Viehweiden von unseren Nachbarn. Ich bin schnell aus dem Wasser raus und durch den Wald gelaufen. Da war ein großer Geländewagen mit ein paar Männern drin. Das waren Fremde, jedenfalls habe ich diese Männer und den Wagen bei uns noch nie gesehen. Sie haben so leise geredet, dass ich nichts verstehen konnte und dabei das Vieh und das Gelände beobachtet. Ich bin mir ganz sicher, das waren die Viehdiebe.“

Gespannt hatten Kai und Uwe zugehört.

„Aber wie können wir die Burschen schnappen?“, fragten die Zwillinge ganz aufgeregt.

„Passt auf, ich habe mir da schon einiges überlegt. Die Männer haben gestern sicher erst einmal ausgekundschaftet. Jetzt lassen sie noch einige Zeit verstreichen und dann schlagen sie zu. Erstens ...“

Uwe, der sich schon als gefeierten Helden sah, unterbrach ihn ungeduldig.

„Aber woher willst du das wissen? Wenn wir uns nicht gleich auf die Lauer legen, gehen sie uns vielleicht durch die Lappen.“