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Fran Peterz

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Beschreibung

Krimi- und Science Fiction Storys: Die Story vom bankrotten Privatdetektiven, der zum Äußersten gebracht wird Die Story vom Banküberfall mit Spätfolgen Die Story eines Raumfahrers, der von Aliens gerettet wird Die Story von zwei Todsünden - von denen eine zuviel ist Die Story eines Polizisten, der einem Serienkiller sehr nahe kommt Die Story von Wölfen, die helfen, eine Stadt zu retten Und weitere fünf Geschichten...

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Veröffentlichungsjahr: 2014

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Fran Peterz

Abseits

Krimi und Science Fiction Geschichten

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Abseits

Fran Peterz

 

 

Abseits

 

 

 

Krimi und Science Fiction Geschichten

 

Du weißt nicht warum

Stiller See

Eine schottische Geschichte

Planet der Blätter

Ohne jedes Maß

Tod aus unbekannten Gründen

Die verlorene Offenbarung

Wolfskomet

Tödliche Zärtlichkeit

Die Erkenntnis des Mörders

Jake und Jenny

Du weißt nicht warum

 

 

 

Du kommst nach Hause, in deine eigene Wohnung. Du erkennst sie nicht wieder. Ein riesiger Schrecken durchfährt dich. Du fragst dich, wer das Durcheinander angerichtet hat. Offensichtlich hat jemand etwas gesucht. Aber was? Du findest ein unglaubliches Chaos vor. Umgeworfene Möbel, ausgeräumte Läden, Scherben. Sogar deine Kleidungsstücke wurden zerrissen, zerschnitten. Deine ganze Wohnung ist völlig verwüstet. Jeder einzelne Raum. Die Küchenschränke sind ausgeleert, der Kühlschrank umgeworfen. Die Böden sind bedeckt mit ruinierten Sachen. Wer sollte so etwas machen? Und warum?

Ich wollte sie schon aus meinem Büro werfen. Weil sie mir erklärte, wozu sie mich anheuern wollte. Mich – ich bin Privatdetektiv. Sie zeigte mir einen dicken Packen Geld. Sie bot mir noch mehr als sie mit hatte. Ich hatte keine Wahl. Die Gläubiger waren immer in meiner Nähe. Drohten mir. Meine Möglichkeiten wurden immer knapper. So nahm ich an, musste annehmen. Das Geld würde mir endlich wieder das Luftholen erlauben. Ich erzähle lieber nicht, wie ich in diese Lage gekommen war. Glauben sie es mir einfach. Die große, elegante Frau ging wieder. Ich blickte ihr lange nach. Nicht wegen ihrer langen Beine in den schwarzen Nylons. Nicht wegen des Minirocks, den sie trug. Auch nicht wegen ihrer High Heels. Obwohl sie genau mein Typ war. Sondern weil ich ja gesagt hatte. Weil ich den Auftrag angenommen hatte. Ich war über meine Zustimmung entsetzt. So aber ging ich trotzdem. Sie hatte mir eine Zeit genannt. Zu der mein Opfer abwesend sein würde. Ich knackte das Schloss der Wohnung in wenigen Sekunden. Dann betrat ich sie. Lauschte nach Geräuschen. Nichts zu hören. So schloss ich die Eingangstüre. Begann mein Werk der Zerstörung. Zuerst in der Küche. Ich warf das Geschirr auf den Boden. Räumte die Fächer mit einer einzigen Armbewegung aus. Hinterließ schon dort ein riesiges Chaos. Ich setzte im Wohnzimmer fort. In der Garderobe verwendete ich ein scharfes Küchenmesser. Ich zerschnitt damit Kleidung und Wäsche. Die ganze Zeit musste ich an meine Besucherin denken. An das Warum. Ich unterdrückte diesen Gedanken. Machte weiter. Ich ging in jedem Zimmer ans Werk. Dann verließ ich die Wohnung. Schloss leise die Türe. Ohne die Nachbarn zu sehr aufgeschreckt zu haben.

Nach einer viel zu kurzen Nacht stehst du auf. Nach dem Einbruch gestern hattest du die Polizei gerufen. Sie kamen erst nach einiger Zeit. Du hast ihnen die Verwüstungen gezeigt. Hast ihnen gesagt, dass du nichts verändert hast. Sie trafen zu zweit ein. Der eine hat alles notiert. Dir eine Karte gegeben. Du sollst dich morgen bei ihm melden. Der andere ist nur dagestanden. Hat die ganze Zeit nichts gesagt. Nur geschaut, seinen Blick schweifen lassen. Dich mit Blicken ausgezogen. Sie gingen bald wieder. Deine Kamera ist ganz geblieben. So hast du sie verwendet. Hast den Zustand deiner Wohnung fotografiert, dokumentiert. Für die Versicherung. Als du fertig warst, war es schon zwei Uhr. Du hast noch dein Bett abgeräumt. Bist schlafen gegangen. Dein Schlaf war unruhig. Du hast geträumt, dass sie zurückkommen. Sie, die Täter – die Einbrecher.

Jetzt gehst du aus dem Haus. Steigst in die Straßenbahn ein. Erreichst sie gerade noch. Du drängst dich in den vollen Waggon. Stolperst dabei. Ein Mann fängt dich auf. Du entschuldigst dich. Kurz streift dich sein Blick. Auch er entschuldigt sich. Du gehst weiter nach vorne. Schiebst dich durch. Am Schwedenplatz steigst du aus. Gehst über die Gassen mit dem Kopfsteinpflaster. Deine Absätze klappern hier laut. Du blickst auf deine Uhr. Es ist schon spät. Deine Chefin wird wieder wütend sein. Du betrittst die Boutique. Damit deinen Arbeitsplatz. Seit vier Wochen arbeitest du hier. Als du angefangen hast, warst du sehr stolz. Hier werden nur edle, teure Marken verkauft. Vor allem an reiche Touristen. Du schließt die Glastüre, um dir die Morgenpredigt der Besitzerin anzuhören.

Ich wartete, bis sie ihre Wohnung verlies. Dann hängte ich mich an sie. Unterwegs überholte ich sie. Betrachtete sie kurz von der Seite. Sie bemerkte nichts. Eigentlich ist sie fast unauffällig. Lange, braune Haare. Ein durchschnittliches Gesicht. Schlank, aber nicht groß. Trägt Jeans und eine Jacke. Ich steige vor ihr in die Straßenbahn ein. Sie stolpert, stößt ausgerechnet gegen mich. Sie wäre gefallen. Wenn ich sie nicht gestützt hätte. Ein kurzer Blickkontakt. Eine Entschuldigung – beiderseits. Fast zu viel von meiner Seite. Unauffälligkeit, sollte die Devise lauten. Sie stieg aus. Ich folgte ihr durch das Gewühl im Zentrum. In den Gassen ein Stück weiter wurde es schwieriger. Ich lies sie den Abstand vergrößern. Folgte ihr leise. Während ihre Stöckel auf dem Pflaster unverkennbar waren. Schließlich betrat sie eine Boutique. Sie arbeitet dort. Ich hatte keine anderen Aufträge. So setzte ich mich in ein Cafe gegenüber. Sie würde in drei Stunden Mittagspause haben. Eine Gelegenheit für mich. Ich verharrte in dem Lokal.

Du bist froh, dass du jetzt zwei Stunden Mittagspause hast. Deine Chefin hat heute wieder eine Stinklaune. Nichts passt ihr. Immerhin hast du zwei sehr schöne Kleider verkauft. Sie hätten dir selbst gefallen. Aber von deinem Gehalt kannst du sie dir nicht leisten. Du nützt die Mittagspause für Spaziergänge. Heute fährst du mit der U-Bahn in den Donaupark. Es ist sehr warm. Die Sonne scheint. Der stahlblaue Himmel wird von keiner Wolke durchbrochen. Du gehst durch den schönsten Teil des Parks. Hier stehen die Pflanzen dicht an dicht. Die Wege sind schmal, unübersichtlich. Du bleibst immer wieder stehen. Bewunderst die Pflanzen, riechst an ihren Blüten. Ein herrliches Spätfrühlingswetter. Du horchst auf die Stimmen der Vögel. Hörst die Insekten summen. Ihre leisen Geräusche sensibilisieren dich. Sodass du merkst, dass jemand hinter dir geht. Du bewegst dich wieder einige Meter, hörst die Schritte des Anderen. Du bleibst stehen. Auch er oder sie bleibt stehen. Noch ein Pflanzenbewunderer? Aber dir wird mulmig zumute. Du denkst an deine Wohnung. An die Einbrecher. An die Sinnlosigkeit. An die Tatsache, dass nichts gestohlen wurde. Aber vieles zerstört wurde. Du bekommst es mit der Angst zu tun. Du bist seit einigen Minuten niemanden mehr begegnet. Hier – in dem Dickicht – bist du eine leichte Beute. Du bewegst deine Beine schneller. Verfluchst dich, weil du die Schuhe mit den Metallabsätzen angezogen hast. Du gehst jetzt schneller. Läufst schon fast. Du möchtest weg von hier. Aber auch die Schritte hinter dir werden eiliger. Du kannst aber keinen Menschen sehen. Noch immer nicht. Und du willst es nicht zu einer Begegnung kommen lassen. Endlich erreichst du einen Kinderspielplatz. Du bist außer Atem. Aber hier sind einige Mütter mit ihren Kindern. So bleibst du stehen. Wartest auf deinen Verfolger. Aber niemand lässt sich blicken.

Ich sah die junge Frau aus der Boutique kommen. Dank meiner Informantin wusste ich, wann. Ich wusste auch von ihren Spaziergängen. So folgte ich ihr. Sie ging zur U-Bahn. Ich stieg in den gleichen Waggon. Sie stieg aus. Ich folgte im Schutz einer Gruppe. Sie ging in einen Park. Ich hinterher. Lies Abstand. Vielleicht würde sie mich wieder erkennen. Aber sie ging zielstrebig weiter. Hier war der Park dicht. Ideal für mein Vorhaben. Ich hörte ihre Schritte. Blieb immer stehen, wenn sie verklangen. Ging sie weiter, setzte ich mich wieder in Bewegung. Ich blieb immer einen Schritt später stehen. Sie sollte es hören. Ich konnte sie nicht sehen. Sie konnte mich auch nicht sehen. Aber sie bewegte sich weiter. Irgendwann änderte sich ihr Rhythmus. Sie blieb nun nicht mehr stehen. Beeilte sich. Sie musste mich bemerkt haben. Ihre Schritte waren schließlich ein Stakkato. Sie floh vor mir. Ich folgte ihr. Bis ich bemerkte, dass der dichte Teil des Parks zu Ende war. Für jetzt war es damit genug. Ich drehte um. Grinste breit als ich zurück zur U-Bahn ging.

Am Abend fällt dichter Regen. Durchnässt deine Jacke, als du die Boutique verlässt. Du blickst dich um. Denkst an deine Wohnung und an deine Mittagspause. An deinen Verfolger. Oder war es Zufall? Es ist dunkel. Du gehst durch die Gassen. Wieder über Kopfsteinpflaster. Schaust weiter um dich. Aber niemand scheint dich zu beachten. Oder zu verfolgen. In einem Restaurant triffst du eine Freundin. Isst mit ihr zu Abend. Du möchtest ihr von den seltsamen Vorkommnissen erzählen. Aber sie redet selbst sehr viel. Erzählt dir von ihrem neuen Freund. So kommst du nicht dazu. Als ihr euch trennt, ist es schon sehr spät. Du nimmst die fast leere Straßenbahn zurück. Von der Station aus musst du durch mehrere stille Gassen gehen. Du lässt den Zug wegfahren. Dann überquerst du die Straße. Du biegst in eine der Gassen ein. Die Bäume hier werden vom Wind gepeitscht. Die Nässe von ihren Blättern trifft dich. Du wirfst einen Blick zurück. Eine Person in einem Regenumhang folgt dir. Du siehst kein Gesicht. Nur die Kapuze über seinem Kopf. So gehst du schneller. Du versuchst, ihn abzuhängen. Aber er folgt dir weiter. Verkürzt den Abstand. Du hast noch einige Gassen zu gehen. Du hörst seine Schritte immer näher. Jetzt beginnst du zu laufen. Soweit deine Absätze das zulassen. Soweit es bei der Nässe möglich ist. Trotzdem kommt die Gestalt näher. Flösst dir unglaubliche Furcht ein. Du reißt deine Schlüssel aus deiner Handtasche. Erreichst die Haustüre. Schaffst es gerade noch, den Schlüssel einzustecken. Aufzusperren. Die Türe zuzuschlagen. Aber die Angst sitzt dir im Nacken. Er war schon in deiner Wohnung! So läufst du nach oben. Rufst die Polizei an. Aber nichts weiter passiert. Die Beamten sind gelangweilt, als sie kommen. Sie gehen bald wieder. Angeblich war niemand in der Nähe. Niemand im Haus. Keiner auf der Gasse.

Wieder sah ich die Frau aus der Boutique gehen. Ich folgte ihr. Sah sie in ein Lokal gehen. Sie saß mit einer anderen Frau am Fenster. Das wird dauern. Dachte ich zumindest. So wartete ich wieder. Dieses Mal im Schutze eines Hauseingangs. Es regnete, Wind blies. Spät erst verlies sie das Lokal. Sie ging zur Straßenbahn. Ich nahm ein Taxi. Musste vor ihr in der Nähe ihrer Wohnung sein. Ich lies mich in der Nähe der Haltestelle absetzen. Sah sie kommen. Drückte mich in den Schatten einer Einfahrt. Sie ging vorbei. Sah mich nicht. Sie bog in eine Gasse ein. Ich folgte ihr. Die Kapuze meines Regenmantels wirkte bedrohlich. Hoffte ich. Jetzt drehte sie sich um. Sie musste mich sehen. Ich ging schneller, schloss auf. Sie bewegte sich immer rascher. Sie musste Angst haben. Ganz in der Nähe der Wohnung begann sie zu laufen. Ich war aber schneller. Ich holte sie fast ein. Sie kramte in ihrer Tasche. Ich wurde etwas langsamer, um die Zeit zu dehnen. Die Frau erreichte den Hauseingang. Sie sperrte hektisch auf. Schaffte es gerade noch, das Tor zuzuwerfen. Ich blieb kurz stehen. Blickte ihr nach. Dann ging ich. In aller Ruhe. Ich war zufrieden für diesen Tag.

Der nächste Tag ist ein Samstag. Heute ist die Boutique geschlossen. Du schaffst es, deine Wohnung wieder bewohnbar zu machen. Heulst wegen der vielen kaputten Sachen. Du gehst laufen, bist sehr frustriert. Genau deshalb brauchst du den sportlichen Ausgleich. Ganz in deiner Nähe befindet sich der Donaukanal. Hier gibt es eine Laufstrecke. Du bist gerne hier unterwegs. Noch ist es sehr menschenleer. Aber es ist auch noch früh am Morgen. Du läufst entlang des Wassers. Über der Oberfläche siehst du Möwen nach Futter suchen. Die braune Brühe unter dir sieht aber nicht einladend aus. Du achtest auf den Fluss. Siehst ihn nicht kommen. Der Radfahrer, er gibt dir einen Stoß. Du fällst in Richtung des Flusses. Hast keine Chance. Du siehst das Ufer wie in Zeitlupe immer höher aufragen. Diese Sicht jagt dir Angst ein. Schreckliche Angst. Jetzt muss er gleich kommen, der Aufprall. Als er passiert, ist er dein kleinstes Problem. Viel entsetzlicher ist die Temperatur. Die bräunliche Flüssigkeit. Sie ist eiskalt, als du in sie eintauchst. Der Schock durchfährt dich. Du wirst fast bewusstlos. Aber dann erinnerst du dich an Schwimmen. An nach oben kommen. Doch die Strömung ist unerwartet stark. Das Gewicht deiner Kleidung zerrt dich wieder nach unten. Du kämpfst, aber es ist vergebens.

Ich hatte das Rad schon bei mir. Als ich ihr folgte. Ich fuhr langsam hinter ihr her. Lies einen Abstand. So dass sie mich nicht registrierte. Sie lief sehr nahe an der Uferlinie. Meine Chance! Ich kam von hinten. Trat in die Pedale. Näherte mich ihr sehr schnell. Ihre Haare flogen im leichten Wind. Die Frau blickte auf irgendetwas auf der Wasseroberfläche. Als ich auf ihrer Höhe war, gab ich ihr einen leichten Stoß. Was genügte. Sie verlor das Gleichgewicht. Ich sah sie sehr langsam überkippen. Sie wirkte ziemlich überrascht. Aber auch geschockt. Ich fuhr langsam, einfach weiter. Niemand schien die Szene gesehen zu haben. Ich kehrte sogar wieder zurück. Aber sie war nicht mehr zu sehen.

Zwei Tage später sitze ich in meinem Büro. In meiner Hand eine Zeitung. Man hatte die Leiche gefunden. Das Foto zeigt ihr Gesicht. Der Frau, deren Name mich nicht interessiert hatte. Ich bin jetzt ein Mörder. Draußen wird es langsam dunkel. Ich beobachte die Straßenszene vor dem Fenster. Es klopft an der Türe. Die elegante Frau betritt den Raum. Sie sieht wieder wie aus einem Modemagazin aus. In ihrem langen roten Kleid wirkt sie sehr erotisch. Aber auch sehr unterkühlt. Sie gratuliert, als hätte ich im Lotto gewonnen. Wirft einen Packen Geld auf den Tisch. Ich starre sie an. Sie sagt mir, dass ich wieder von ihr hören werde. Dann geht sie. Ohne Gruß, ohne weitere Reaktion. Ich bleibe sitzen. Denke nach. Über das, was sie mir beim ersten Besuch gesagt hatte. Sie hatte mir gesagt: Sie müssen jemanden ermorden. Aber zuerst müssen sie sie verunsichern. Sie müssen ihr Angst einjagen. Sie erklärte mir wie. Ich starrte die ganze Zeit auf ihre intensiv roten Lippen. Sie wirkten wie eine offene Wunde inmitten ihres makellosen Gesichts. Ungeheuer sinnlich. Dieser Gedanke brannte in mir. Solange sie vor mir stand. Zuletzt fragte ich sie nach dem Warum. Sie antwortete mit ‚Um die Langeweile zu beenden.’ Ich verstand nicht. Aber das Geld überzeugte mich. Man muss nicht alles verinnerlichen können.

Als die Frau das Haus verlässt, lächelt sie. In ihren Gedanken feiert sie den Sieg im Wettzirkel. Der Wettzirkel. Was würde sie ohne ihn tun? Vor zwei Jahren hatte sie ihn gegründet. Aus Langeweile. Sie, eine Superreiche. Einige ebenso reiche Freunde hatten mitgemacht. Zuerst waren die Wetten einfach gewesen. Dann immer elitärer. Mit mehr Einsatz. Auch die Teilnehmer wurden mehr. Jetzt wetteten sie auf Anspruchsvolleres. Wie weit man Menschen bringen kann. Wenn man ihm Geld anbietet. Und auf die Angst des Opfers. Und seine Hilflosigkeit. Sie hatte dieses Mal Recht behalten. Ihre Wetten gewonnen. Mit einem lächerlichen Einsatz. Geld zählt aber sowieso nicht. Nur das Ende der Monotonie. Wenn man sonst bereits alles hat.

 

Stiller See

 

 

 

Als der Wecker neben dem Bett nach Mitternacht zeigt, zuckt der Mann auf dem Bett hoch, aufgeweckt durch ein Geräusch. Nicht die Lautstärke, sondern die bloße Existenz der Störung, die nicht hierher zu passen schien, lies ihn aufschrecken, aus einem unruhigen Dämmerschlaf aufwachen. Draußen vor dem Fenster herrscht Mondlicht vor, taucht den See in silbernes Licht, das durch die großen Fenster in das Haus dringt. Stephan Bergen richtet sich auf, sucht nach der Quelle des Lauts. Als seine Augen endlich die Schatten im Haus durchdringen, glaubt er auf der Wohnzimmercouch eine Silhouette eines schlanken Menschen – einer Frau? – zu sehen.

Er schiebt sich aus den schweißdurchtränkten Laken, darauf bedacht, keinerlei Geräusche zu erzeugen. Als er durch die offene Türe – die Nacht ist außergewöhnlich warm – vom Schlafzimmer in den daneben liegenden Raum schleicht, gerät für einen Moment die Couch aus seiner Sicht. Aber als er wieder Sichtkontakt hat, ist die Gestalt auf der Couch verschwunden. Der Raum ist wieder leer. Oder war überhaupt niemand hier, war es nur ein Traum, eine nächtliche Fantasie? Der übernächtigte Mann schüttelt den Kopf, geht wieder zu Bett. Aber sein Schlaf wird nicht ruhiger, nicht entspannter.

Fast sechs Monate vorher wird im Zentrum des kleinen Orts Fuschl am gleichnamigen See die Filiale der Raiffeisenbank überfallen. Am frühen Morgen, knapp nachdem die Bank geöffnet wird, dringen zwei maskierte Täter – der eine ziemlich groß und schlank, der andere wesentlich kleiner, aber ebenfalls schlank und sportlich wirkend – ein, bedrohen die Filialleiterin und zwei Angestellte mit ihren Automatikwaffen. Niemand der beiden spricht, sie verlassen sich auf ihre Pistolen, auf ihr einschüchterndes Aussehen und ihre Gebärden. Heute liegt in der Geschäftsstelle ein wesentlich größerer Betrag als sonst, weil das größte Hotel der Umgebung Zahltag hat und einen Teil ihrer Angestellten in die Ferien schickt.

Die eindeutige Körpersprache der Täter zeigt Wirkung, reicht aus, um das Personal einzuschüchtern. Schon wenige Minuten, nachdem die Täter erschienen sind, springen sie in einen Wagen, der seitlich neben der Bank abgestellt ist und verlassen den Ort des Überfalls. Niemand sieht oder bemerkt die Bankräuber auf der Straße, weiß, wie sie den Platz verlassen haben. Als weitere zehn Minuten später die Polizei eintrifft, kann diese nichts anderes tun, als den Tatort für die Ermittlungen des Überfallskommandos zu sperren, die Zeugen zu befragen und die Aufzeichnungen der Kameras auswerten. Der Fall geht durch die Presse, aber nicht nur wegen des Überfalls an sich, sondern wegen einer Besonderheit, die die Flüchtigen nicht mehr mitbekommen.

Die beiden Räuber fahren mit dem mit einem holländischen Kennzeichen versehenem Fahrzeug nahe an den See, stellen es wieder exakt an die Stelle, wo sie es erst in der Nacht zuvor von einem Touristen gestohlen haben. Als sie aussteigen, sehen sie aus wie zwei Läufer. Beide biegen in den Weg um den See ein, der normalerweise von Wanderern und Joggern benützt wird. So, wie sie jetzt aussehen – die dunkle Kleidung vom Überfall werfen sie in einen Altkleidercontainer – wirken sie wie ein normales Paar, Mann und Frau, die Sport betreiben. Als einzige Besonderheit könnte einem aufmerksamen Beobachter auffallen, dass beide kleine Rucksäcke umgehängt haben.