Admiral Lord Mizius und die vergessenen Gewölbe - Lea Catthofen - E-Book

Admiral Lord Mizius und die vergessenen Gewölbe E-Book

Lea Catthofen

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Beschreibung

Ein magischer Katzenkrimi für alle zwischen 9 und 99 Jahren. Katzen sind eigenwillig. Aber Katzen sind auch liebevoll und treu. Hast du schon einmal mehrere Katzen zusammensitzen sehen, als würden sie wichtige, geheime Dinge besprechen? Was, wenn es tatsächlich so wäre? Unterstützt von ihrem schönen Kater Admiral Lord Mizius beschließt Kitty, in Rosenburg zu bleiben und in den merkwürdigen Artefakt-Diebstählen im 'Dom-Museum' auf eigene Faust zu ermitteln. Doch ist es möglich, dass die Dinge ganz anders sind, als man glaubt? Am Ende gerät Kitty sogar in Lebensgefahr, und natürlich ist es allein Admiral Lord Mizius und der pfotenfesten Hilfe der geheimen Katzenorganisation zu verdanken, dass sie aus manch heikler Situation wieder herauskommt und dem Spuk in Rosenburg schließlich ein Ende bereitet wird ...

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Admiral Lord Mizius

und die vergessenen Gewölbe

Teil 2

 

von Lea Catthofen

 

 

 

 

Teil 2 der

Admiral Lord Mizius-Serie

 

 

 

 

 

 

 

 

„In jedem Geschöpf der Natur

lebt das Wunderbare.“

 

Aristoteles

 

 

 

 

“Na, endlich! Ich dachte schon, der Groschen fällt bei ihr nie!”, schnarrte der Kleine Napoleon.

“Ich bin schon halb verhungert! Kleopatra brabbelt wie ein Fernsehautomat, und sie findet uns immer nur noch niedlich! Ihre Leitung ist länger als der Schwanz von di Lasagne!”

 

Unterstützt von ihrem schönen Kater Admiral Lord Mizius fällt Kitty die Entscheidung, in Rosenburg zu bleiben und den merkwürdigen Artefakt-Diebstählen im ‘Dom-Museum’ auf den Grund zu gehen.

Sie entdeckt, dass vieles ganz anders ist, als es zunächst aussieht und gerät am Ende sogar in Lebensgefahr.

Natürlich ist es allein Admiral Lord Mizius und der pfotenfesten Hilfe der geheimen Katzenorganisation zu verdanken, dass Kitty aus manch heikler Situation wieder heil herauskommt und dem Spuk in Rosenburg schließlich ein Ende bereitet wird ...

 

Teil 2 des lustigen Detektiv-Romans für alle zwischen 9 und 99.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hinweis auf den Urheberrechtsschutz

 

Das Werk einschließlich aller Inhalte, das Cover, sowie die Zeichnungen sind urheberrechtlich geschützt.

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder Reproduktion (auch auszugsweise) in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie oder andere Verfahren), sowie Einspeicherung, Verarbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung mit Hilfe elektronischer Systeme jeglicher Art, gesamt oder auszugsweise, ist ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Autorin untersagt. Alle Übersetzungsrechte vorbehalten.

 

Im Juni 2017

Im Juli 2019

 

 

 

Widmung

 

 

Für meine Familie

und alle Katzen-Freunde

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

Titelseite

Hinweis auf den Urheberrechtsschutz

Widmung

1.Katzpitel,

in dem Kitty Zweifel plagen,

der Kleine Napoleon einen Freund findet

und der Janus etwas Wichtiges verliert

2. Katzpitel,

in dem es beginnt, von allen Seiten für den

dicken Janus eng zu werden

3. Katzpitel,

in dem Kitty eine wichtige

Entscheidung trifft und

der Kleine Napoleon im Mittelpunkt steht,

ganz ohne anzugeben

4. Katzpitel,

in dem der kleine Billy seine Zauberkunst

verbessert und Adonis Schnurz

betrügerische Pläne schmiedet

5. Katzpitel,

in dem Mina den Janus erfolgreich ärgert

und Kitty etwas Ärgerliches erfährt

6. Katzpitel,

in dem Admiral Lord Mizius eine neue

Bekanntschaft macht und Kitty

das erste Mal als Detektivin

unterwegs ist

7. Katzpitel,

in dem die kleine Bonnie traurig ist,

aber schließlich mit Billys Hilfe

ihr Problem löst

8. Katzpitel,

in dem der Oberkommissar Ritter etwas

Erstaunliches erfährt und Kitty sich endlich

wieder mit Ken versöhnt

9. Katzpitel,

in dem Admiral Lord Mizius

eine Verabredung trifft und Kitty

bei einer versetzt wird,

wodurch sich alles ändert

10. Katzpitel,

in dem die Katzenorganisation endlich

ihren Menschlichen Scout bekommt

11. Katzpitel,

in dem Kitty der Katzenvereinigung beitritt

12. Katzpitel,

in dem in einem bestimmten Lagerhaus

am Galgenberg einiges los ist und

Leopardo di Lasagne zum Held wird

13. Katzpitel,

in dem Kitty und Kleopatra

mächtig austeilen

14. Katzpitel,

in dem Kitty einige unangenehme Stunden

auf dem Polizeirevier verbringen muss

15. Katzpitel,

in dem Admiral Lord Mizius und Kitty

jeder eine interessante Verabredung haben,

und das am gleichen Ort

16. Katzpitel,

in dem Admiral Lord Mizius und Kitty

endlich die große Liebe finden

17. Katzpitel,

in dem Kitty und Admiral Lord Mizius

die Karten auf den Tisch legen müssen

18. Katzpitel,

in dem Adonis Schnurz

der Kopf verdreht wird

19. Katzpitel,

in dem Adonis Schnurz sein Sofa von hinten

sieht und der dicke Janus mit sich sehr

zufrieden ist

20. Katzpitel,

in dem es allerlei Durcheinander gibt,

besonders für den dicken Janus

21. Katzpitel,

in dem Kitty, Ken und die Katzen

auf eine spannende Expedition gehen

22. Katzpitel,

in dem Adonis Schnurz aus Rosenburg

vertrieben wird und Kitty eine

abenteuerliche Entdeckung macht

23. Katzpitel,

in dem Admiral Lord Mizius eifersüchtig ist

und Boss einen wichtigen Erlass erlässt

24. Katzpitel,

in dem die kleine Bonnie einen

schrecklichen Auftrag erhält

und Kitty mal wieder

einen Alptraum hat

25. Katzpitel,

in dem der Billy-Nicht-Plan und weitere

verwegene Pläne geschmiedet werden

26. Katzpitel,

in dem Kitty und Mina

einen großen Auftritt haben

27. Katzpitel,

in dem Kitty ziemlich tief

im Scheibenkleister sitzt

und Billy um Schnurrhaaresbreite

eine Heldentat verpatzt

28. Katzpitel,

in dem die kleine Tiffany Furchtbares erlebt

und Kitty einiges klar wird

29. Katzpitel,

in dem Rosenburg ein herbes

Erwachen erlebt

und Kitty mehrere Lichter aufgehen

30. Katzpitel,

in dem Kitty und Admiral Lord Mizius

neue Aufträge erhalten

Anhang

Was es gibt

und was es nicht gibt

Danksagung

Zur Autorin

Was vorher geschah …

Wie es weitergeht …

Impressum

1.Katzpitel,

 

 

in dem Kitty Zweifel plagen,

der Kleine Napoleon einen Freund findet

und der Janus etwas Wichtiges verliert

Spät an demselben Donnerstagnachmittag saß Kitty an ihrem Schreibtisch im Museum und dachte nach.

Die Kette, die Adonis ihr geschenkt hatte, drehte sie in ihren Fingern hin und her und betrachtete den roten Stein-Skarabäus genau.

‚Skarabäen gibt es doch wie Sand am Meer‘, dachte sie trotzig, während sie über die fein geschnittenen Linien des Steins fuhr.

Andererseits musste sie widerwillig zugeben, dass das kurze Gespräch mit Herbert Heuchelheimer sie sehr beunruhigt hatte. Der Mann war ein erfahrener Ägyptologe.

Sagte man nicht, dass ein guter Ägyptologe einen Skarabäus mit einem Blick datieren könne?

Ein studierter Mann wie er müsste mit ziemlicher Sicherheit eine neuzeitliche Kopie von einem antiken Museumsstück unterscheiden können.

Kitty schüttelte den Kopf und trank einen Schluck Kaffee.

Gesetzt den Fall ...

Sie betrachtete die fein geteilten Flügel des Käfers noch eingehender. Dann drehte sie den Anhänger und betrachtete die Unterseite des Steines, in den Hieroglyphen geschnitten waren.

Gesetzt den Fall, dass Heuchelheimer Recht hatte, und dieser Stein ein antikes Artefakt war, lag er mit seiner spontanen Datierung richtig.

Karneole konnten im alten Ägypten nicht vor der 19.Dynastie bearbeitet werden, der Stein war zu hart und die technischen Fähigkeiten fehlten. Zudem war der Karneol bei den alten Pharaonen seit 1300 v.Chr. ein beliebter Stein gewesen, denn sie waren von seiner Göttlichkeit überzeugt.

Die schwere Goldfassung, die den Skarabäus hielt, stammte höchstwahrscheinlich aus einer viel späteren Epoche.

Kitty überlegte kurz, ob sie das Gold mit einem einfachen Strichtest prüfen sollte, verwarf es dann jedoch wieder.

Wenn sie erst anfing, an Adonis zu zweifeln ...

Sie schüttelte sich. Warum dachte sie das?

Warum hackten denn bloß alle auf Adonis herum? Das konnte doch nur purer Neid sein!

 

Aber die kleine, bohrende Stimme in ihr wollte einfach keine Ruhe geben.

‚Und warum behauptet Heuchelschleimer, dass Sissy genauso einen Anhänger hat? Hat sie ihn auch von Adonis?‘

Kitty drehte und wog den Anhänger in ihrer Hand. Das Gold war nicht gestempelt.

‚Vielleicht ist es gar kein Gold?‘, fragte sie sich selbst wider besseren Wissens. ‚Kauft der schöne Adonis in irgendeinem Museumsshop einen ganzen Schwung dieser Ketten und verteilt sie dann an seine Freundinnen? An die verflossenen und an die jetzigen?‘

Kitty schnaubte widerwillig.

„So ein Blödsinn!“, sagte sie laut gegen ihre Angst an. „Kein Assistenzarzt der Welt verdient so viel Geld!“

Außerdem ... würde das bedeuten, dass Sissy auch etwas mit Adonis hatte ... oder hat.

Hatten doch alle anderen Recht? Ein eiskalter Hauch lief über Kittys Rückgrat.

„Dann belügt er mich doch“, flüsterte sie entsetzt vor sich hin, „und es würde auch bedeuten, dass Cadys auch so einen Anhänger hat, oder hatte.“

Kitty war wie versteinert.

Was sollte sie bloß tun? Sie brauchte Klarheit. Unbedingt. Alles andere musste jetzt warten.

Sie ballte die linke Hand fest um den Skarabäus-Anhänger, während sie mit der rechten die Nummer von Cadys Zucker in ihr Telefon eintippte. Mehrfach drückte sie die Wiederwahl-Taste, aber Cadys meldete sich nicht.

„Hi, Cadys“, besprach Kitty schließlich mit gepresster Stimme die Mailbox, „bitte ruf mich doch zurück, ich muss ganz dringend etwas von dir wissen. Über eine Kette mit einem roten Skarabäus, die Adonis mir geschenkt hat. Und ...“ Sie hielt einen Moment den Atem an, bevor sie sich einen Ruck gab. „... Und grüß bitte Ken von mir.“

 

Als die kleine Bonnie mit Kittys schwerem Silberring im Mäulchen durch die Maueröffnung in den Geheimgang gekrochen war, wartete der große Soldier ein Stück weit den Gang hinunter schon auf sie.

„Hat ja lang gedauert“, murmelte er wortkarg, „hätte bald nachgesehen. Soll dich eskortieren.“

Das schwarze Katzenmädchen reckte den Kopf mit dem Artefakt noch ein bisschen höher in die Luft. „Fanke!“, nuschelte sie stolz um den Ring herum.

Es kam nicht oft vor, dass Boss einem Finder eine Eskorte entgegenschickte. Das bestätigte nur, wie furchtbar wichtig diese Mission war.

Soldier trabte eine Weile neben der kleinen, schwarzen Katze her. „Soll ich mal tragen?“, bot er schließlich an.

„Fö!“ Bonnie versuchte zu schnauben, aber aus ihrer Kehle kam nur ein ersticktes Spotzen. „Fur eine wirklif blöfe Kapfe macht denfelbn Fehler fweimal!“

Der braune Kater neben ihr legte den Kopf schräg. „Weil dir das ‚Magische Auge des Aureus Virrus‘ abhandengekommen ist, als du es gesichert hattest?“

Bonnie reckte ihr Näschen noch höher. „Fenau!“

Soldier grinste zähnefletschend. „Keine Sorge, Finder! Der Puma wird schon Erfolg haben!“

„Hopfenliff!“

 

Soldiers weise Voraussicht bestätigte sich einige Stunden später tatsächlich.

Bonnie hatte dem großen, rot getigerten Boss den Franziskus-Ring stolz vor die Füße gelegt.

Einige Katzen waren in dem geräumigen, hellen Zimmer vor dem Rundbogenfenster versammelt, wenn auch nicht so viele wie sonst, denn die Jäger unter ihnen waren wieder unterwegs, um für das Abendessen zu sorgen.

Boss hatte Bonnie ausgiebig gelobt, und die kleine, schwarze Katze saß aufrecht mit vor Stolz geschwellter Brust vor ihm. Verstohlen sah sie sich in der Katzenrunde um, sie konnte Kleopatra jedoch nirgendwo entdecken.

Dafür zwinkerte ihr die schöne Charmonise, die einige Schritte entfernt von Boss saß, ein lächelndes Katzenküsschen zu.

Bonnie hatte schon geschildert, dass sie mit Lord Mizius und Billy der Polizeihündin Mina einen Zettel zugespielt hatte, der Kitty helfen sollte, auch unter den Menschen Hilfe zu finden. Natürlich hatte sie nicht erwähnt, was Billy für einen mächtigen Klamauk mit seinem Zauberschnurrhaar veranstaltet hatte.

 

„Hm ...“, machte Boss gerade mit gerunzelter Stirn, „ja, da hat der Admiral wohl recht! Das könnte unserer Sache doch zweckdienlich sein, so eine Allianz mit der Polizeihündin. Im Augenblick brauchen wir jede Hilfe, die wir bekommen können! Gut gemacht, Billy!“, fügte der Chefkater nach einem kurzen Blick über seine getigerte Schulter hinzu.

Unvermutet war der kleine, schwarze Kater neben Bonnie aufgetaucht.

„Was’n?“, fragte Billy zerstreut in die Runde. „War Cadys vielleicht schon mit dem Essen da?“

„Na, hast du dich endlich unter dem Sofa hervorgetraut, oller Mausekopf?“, zischte ihm Bonnie zu. „Ich habe Boss gerade von deinem tollen Zauberauftritt erzählt. Sag einfach ‚Danke, Boss‘!“

 

Der kleine Kater blinzelte etwas beunruhigt von seiner Schwester hin zu Boss, der ihn mit einem nur mäßig geduldigen Blick betrachtete.

„Äh, ja ... Danke, Boss!“, nuschelte Billy sicherheitshalber.

Der Katzenchef unterdrückte einen Seufzer. „Sicher, Billy!“ Er erhob sich und trat einen Schritt auf den Franziskus-Ring zu, der vor ihm auf den staubigen Holzdielen lag und in der Mittagssonne rot-orange zu glühen schien. „Ein Artefakt haben wir gesichert, damit es nicht den falschen Menschen in die Hände gerät!“, sagte er mit grimmiger Genugtuung. „Doch ... wie steht es mit dem ‚Band der Sympathie‘?Wie weit ist der Kleine Napoleon mit dem Janus gekommen?“ Boss warf einen scharfen Blick in die Runde. „Wo ist der Kleine Napoleon überhaupt?!“

Die Katzen schwiegen bedrückt, doch hier und da kicherte jemand.

„Er schläft“, erwiderte Charmonise sanft. „Er kam erst im Morgengrauen zurück, nass und müde.“

„Und?“, fragte Boss streng. „Hat er etwas ausrichten können?“

Die schöne Charmonise seufzte. „So viel ich heraushören konnte aus seinem Gemurre, war seine ganze Nachtwache umsonst!“

 

Der rot getigerte Kater knurrte. So recht wollte ihm nicht gefallen, dass der Kleine Napoleon sich einfach in sein Schlafkörbchen verkroch, ohne ihm vorher persönlich Bericht zu erstatten.

„So. Nun“, fuhr er schließlich grimmig fort, „wer kann mir sonst noch etwas dazu sagen?“

Bonnie warf ihrem Bruder Billy einen unbehaglichen Blick zu. Billy wurde merklich kleiner.

Das Katzenmädchen räusperte sich. „Öh, ich Boss“, erwiderte sie schüchtern. „Ich habe einmal versucht, das ‚Band derSympathie‘ zu sichern.“

„Und?“

Bonnie ließ das Köpfchen unter dem strengen Blick des Katzenchefs hängen. „Ich hab‘ es nicht geschafft, Boss. Der Mensch legt den Armreif einfach nicht ab, wie der Kleine Napoleon schon berichtet hat. Und sein Handgelenk ist einfach zu fett. Ich habe mir fast die Zähne ausgebrochen, bei dem Versuch, das ‚Band der Sympathie‘ von seinem Arm zu ziehen!“

 

Billy kicherte leise neben ihr, und Bonnie warf ihm einen mürrischen Blick unter zusammengezogenen Brauen zu.

Boss knurrte wieder. „Das wird schwierig werden! Doc Wolliday ... Du studierst am besten die alten Aufzeichnungen, was darin über dieses ‚Band der Sympathie‘ geschrieben steht! Vielleicht findest du ja darin einen Hinweis, wie man es sichern kann!“

Doc Wolliday hob den ehrwürdigen, grauen Kopf von seinen Pfoten. Er hatte heute nur eine sehr magere Maus zum Frühstück abbekommen, obwohl er der Ratgeber des Katzenchefs war, und nun fühlte sich der alte Kater etwas schwach auf den Pfoten.

Nun, das ließ sich nicht ändern. So lange Cadys noch unter dem Zauber des magischen Auges stand, würde sie nicht wieder mit einem reichen Buffet wie früher aufwarten. Und zu dieser Jahreszeit waren die meisten Mäuse nach dem langen Winter eben noch mager.

„Sicher, Boss“, antwortete Doc Wolliday. „Natürlich werde ich mich gleich nachher an das Studium der Aufzeichnungen begeben!“

Boss schüttelte sorgenvoll seinen dicken, roten Katerkopf. „Hoffentlich hatte der Puma auf seiner Mission mehr Erfolg“, seufzte er mit einem Blick aus dem staubigen Rundbogenfenster.

 

Mit einem lauten Klappern rollte das magische Auge von hinten zwischen die Pfoten des großen Katzenchefs, der überrascht einen Satz zur Seite machte.

Von allen unbemerkt, war der schwarze Puma, staubig und müde, aber triumphierend, zwischen ihnen aufgetaucht. „Das ‚Magische Auge des Aureus Virrus‘!“, fauchte er zwischen den gefletschten Zähnen hervor. „Gesichert!“

„Juchuu!“, quiekte Billy fröhlich in die allgemeine Schrecksekunde hinein.

Er machte vor dem grimmigen Puma einen Kaspersprung, sodass der große, schwarze Kater gegen seinen Willen schief grinsen musste. „Morgen gibt’s wieder was Richtiges zu essen! Morgen bringt uns Cadys wieder Frühstück!“

 

Natürlich wurde der Puma mit allen Ehren überhäuft. Eigens für ihn wurde noch einmal ein Jäger losgeschickt, der hinten im Garten eine Maus fing.

Sobald der schwarze Kater sie verspeist und sich ein wenig geputzt hatte, musste er natürlich den versammelten Katzen seine ganze, abenteuerliche Geschichte erzählen.

Mit großen, runden Augen hörten sie ihm ehrfürchtig und mit angehaltenem Atem zu.

Als der Puma an die gefährliche Stelle kam, wo die verblendete Cadys durch den bösen Zauber des magischen Auges das alte Gut mit dem Katzenhauptquartier an den Stadtsprecher Sülz verkaufen wollte, ertönte aus dem staubigen Sessel ein leises, gequältes Wimmern.

Die kleine Tiffany rutschte hinter die Armlehne, sodass kaum noch ihre weißen Öhrchen zu sehen waren und steckte ihre kleine Nase in die staubige Ritze zwischen Sitz und Lehne. Am liebsten wäre sie gestorben. Das Katzenkind konnte nicht fassen, welche schlimmen Dinge sie da heraufbeschworen hatte.

Die schöne Charmonise sprang leise neben ihrer Tochter auf den Sitz und leckte tröstend über ihr Köpfchen. „Nun, nun“, flüsterte sie, „es ist doch alles noch gut gegangen, meine kleine Tiffany! Sicher wirst du niemals wieder so etwas Dummes anstellen, nicht, mein Kind?“

Tiffany öffnete zaghaft ein rundes, blaues Auge. „Ganz bestimmt nicht, Mammi, das verspreche ich!“

„Na gut, kleine Schatzmeisterin!“ Ihre Mama stupste sie aufmunternd mit der Nase an. „Nun gräme dich nicht weiter! Nachher haben wir beide zu arbeiten. Du musst mir schließlich helfen, die beiden gefährlichen Artefakte in der Schatzkammer zu bergen!“

Das ganze Katzenkind zitterte, als es einen riesengroßen Seufzer der Erleichterung tat. Tiffany kuschelte sich ganz eng an ihre schöne, weiche Katzenmutter. „Danke, Mammi!“

„Zwei wichtige Artefakte gesichert!“, rief Boss nun triumphierend den versammelten Katzen zu. „Zwei noch zu bergen! Das ist heute ein großer Tag für die Katzenvereinigung! Schatzmeisterin, walte deines Amtes!“

 

Später an diesem Nachmittag krabbelte Billy in das kuschelige Schlafnest, wo sich die kleine Bonnie schon gemütlich zusammengerollt hatte.

„War das ein Tag“, gähnte der kleine Kater und riss das Mäulchen bis hinter beide Ohren auf. „Ich bin völlig erledigt!“

Seine Schwester umfasste sofort mit beiden Pfoten seinen Kopf und begann, seine Öhrchen zu putzen. „Oller Mausekopf“, schmatzte sie, „wo du ja auch den anstrengendsten Auftrag von allen hattest, unter dem roten Sofa!“

 

Ein Stockwerk darunter schlug Neugiernase einem nicht so gut gelaunten Kater unzeremoniös mit der Pfote zwischen die Ohren. „Aufwachen!“, schnarrte die dicke Katzenfrau. „Dein Auftrag wartet! Hast du schon gehört, dass die kleine Bonnie den Franziskus-Ring gesichert hat, und dass der Puma tatsächlich mit dem ‚Magischen Auge des Aureus Virrus‘ zurückgekommen ist?“

Der Kleine Napoleon öffnete genervt ein Auge. „Hurra“, erwiderte er missmutig. „Reicht es, wenn ich mich nachher freue?“

„Tue, was du willst“, entgegnete Neugiernase gleichgültig. „Nur, wenn du vor dem Observieren noch etwas essen willst, solltest du dich bald aus den Decken schälen! Die besten Abendmäuse sind schon verteilt!“

Sie wackelte davon, und der magere Kater blickte ihrem dicken, pelzigen Hinterteil hinterher.

„Die hat’s nötig“, knurrte er vor sich hin. „Sie hat sich wahrscheinlich erst selbst vollgestopft, bevor sie mich geweckt hat!“

Schließlich reckte er sich seufzend. Es hatte ja keinen Zweck. Besser, er ging jetzt in das Zimmer, wo die Mäuse verteilt wurden, als mit einem leeren Magen unter dem Tisch im ‚Zum silbernen Groschen‘ zu sitzen. Sonst würde er womöglich noch den fetten Janus beißen und alles verderben.

 

Vor dem ‚Zum silbernen Groschen‘ saß seit geraumer Zeit Leopardo di Lasagne auf einer Mülltonne und wartete.

Die Sonne war schon längst untergegangen. Nur noch ein graues Zwielicht hielt sich zwischen den Häusern, als endlich ein magerer, schwarz-weißer Kater um die Straßenecke gestrichen kam und mit schräg gelegtem Kopf vor Leopardo stehen blieb, der immer noch auf seiner Mülltonne thronte.

„Ciao, Spaghetti“, grinste Leopardo und sprang elegant vor dem Kleinen Napoleon auf den Gehweg hinunter. „Iche dachte, du haste vergessen diese Termine!“

„Niente!“, bleckte der Kleine Napoleon die Zähne. „Nix ist! Tut mir ja leid, dass nur ich es bin und nicht die schöne Kleopatra! Aber wenn du mich noch einmal ‚Spaghetti‘ nennst, gebe ich dir deinen Schwanz zu fressen!“

Leopardo räusperte sich. „Scusi! Scusi! Ich wollte dich nichte beleidigen. Wie kann ich gutmachen, eh?“ Der karamellfarbene Kater ging ein paar Schritte vor dem Hintereingang des Lokals auf und ab, während er tat, als müsse er nachdenken. „Vielleicht ... ich kann dir anbieten, eine halbe Teller Nudeln mit Hackefleische, eh, die unser Koch vergessen hat auf dem Tisch in der Küche, eh? Va bene?“

Der Kleine Napoleon bekam runde Augen, und das Wasser lief in seinem Mäulchen zusammen.

Tatsächlich hatte Neugiernase ihn nicht früh genug geweckt, viel war nicht mehr bei den Jägern im Speiseraum zu holen gewesen.

Er schluckte. „Ehrlich?“, antwortete er mit mühsam verborgenem Hunger, damit seine Würde nicht allzu sehr litt.

Leopardo di Lasagne schob sich mit einem schiefen Grinsen durch die Hintertür in den dämmrigen Flur hinein, der zu den Wirtschaftsräumen des ‚Zum silbernen Groschen‘ führte.

„Claro“, versprach er gutgelaunt, „bist doch meine Freund, eh? An diamo, Spaghetti! Kannst alles essen!“

Jetzt grinste auch der Kleine Napoleon zaghaft. Er beschloss, den zweifelhaften Kosenamen fürs Erste zu überhören und schob sich neugierig hinter Leopardo durch die Tür. Den Schwanz konnte er dem eingebildeten Gigolò auch nach dem Essen noch ins Maul stopfen!

„Du weißt ...“, erklärte Leopardo gerade über seine Schulter, „ist nixe gut, eh, reich zu sein und zu haben keine Freund!“

Der Kleine Napoleon stutze.

Eine weiche Saite klang plötzlich tief in seinem Inneren an. Vielleicht ... ließ er das mit dem Schwanz auch lieber ganz sein. Vielleicht wurde der Abend ja doch gar nicht so schlecht, wie er befürchtet hatte.

 

Pünktlich um 19.00 Uhr hatten sich die zwei Kater verstohlen durch die Tür des Kaminzimmers geschoben und waren unter den großen, ovalen Tisch mit dem langen Damast-Tischtuch geschlüpft.

Die Kellner liefen emsig hin und her, um alles für die Gäste herzurichten.

Leopardo und der Kleine Napoleon, satt und zufrieden, beobachteten, wie das Feuer in dem großen Kamin entzündet wurde und die grün gepolsterten Stühle zurechtgerückt wurden.

Häppchen auf Platten und Weinflaschen in silbernen Kübeln wurden hereingetragen und neben Wasserkaraffen und Kristallgläsern bereitgestellt.

Der Kleine Napoleon spitzte erstaunt das Mäulchen. „Nobler Verein“, wisperte er di Lasagne zu.

„Si“, bestätigte der karamellfarbene Kater grinsend, „viel Geld geht über diese Tische, du wirst sehen!“

 

Als erste Gäste stieß ein junges Paar die Tür zu dem Kaminzimmer auf.

Der Kleine Napoleon sah wohlgeformte Frauenbeine in sehr hochhackigen, roten Pumps um den Tisch herum stolzieren. Ihr folgten teure Männerschuhe unter hellen Hosenbeinen aus einem sehr edlen Stoff.

Als die Frau stehen blieb, tippte sie zornig mit der Fußspitze auf den dicken, grünen Teppich. Eine furchtbar stinkende, künstliche Parfümwolke umwaberte sie.

Der schwarz-weiße Kater rollte unter dem Tisch die Augen und ließ hechelnd seine Zunge aus dem Hals hängen.

„Isse Sissy Pfuhs“, erklärte Leopardo flüsternd. „Mit einem schrecklichen Parfumo!“ Er blinzelte dem Kleinen Napoleon schelmisch zu. „Der Mann, eh, ... ist die Dottore Adonis Schnurz.“

 

„Ich will es aber nicht und damit basta“, zischte die Frau gerade, als die Kellner den Raum verlassen hatten. „Es ist schon genug, dass ich dieser Ziege meine Halskette geben musste, damit du sie ihr umhängen kannst!“

Der Mann seufzte.

„Adonis, ich warne dich“, wetterte Sissy weiter, während ihre Stimme einen unangenehm schrillen Tonfall bekam. „Ich will es nicht, dass du mit dieser Kitty Katzrath eine Affäre anfängst!“

Einer der schweren, grün gepolsterten Stühle wurde auf dem Teppich herumgezogen, und Dr. Schnurz ließ sich aufseufzend darauf nieder.

Unter dem Tisch hatte der Kleine Napoleon bei Sissys Worten runde Augen bekommen, und di Lasagne legte mit einem schiefen Grinsen den Kopf schräg.

„Ist molto interessant, eh?“, flüsterte er. „Auch wenn diese Sissy ist schlechte Katze, in meine Augen.“ Er verzog das Mäulchen. „Immer nur will sie sein die bella donna, dio mio! Nur die Mäuse fressen, nix die Pfoten schmutzig machen!“

„Hör zu, Sissy“, erwiderte der Mann schließlich gedehnt, „am Telefon heute warst du doch einverstanden, oder sehe ich das falsch?“

Die knallroten Pumps hackten aufgebracht ein paar Schritte über den Teppich.

„Nie!“, keifte Sissy. „Wie sollte ich damit einverstanden sein, dass du so tust, als würdest du sie lieben? Nie!“

Adonis‘ Fußspitze begann vor den Augen des Kleinen Napoleon auf und ab zu wippen.

„Ach, und was war das dann?“, antwortete der Mann gelangweilt. „Plötzlich warst du doch einverstanden!“

„Janus kam“, erwiderte Sissy gepresst. „Er kann so ... verdammt überzeugend sein!“

Adonis lachte. „Na, also!“

Sissy ließ sich neben Dr. Schnurz auf einen Stuhl fallen. „Aber Donnie“, bat sie verzweifelt und tränenerstickt, „ich liebe dich doch!“

Die beiden Kater unter dem Tisch sahen, wie sich die Haltung des Mannes versteifte, als Adonis Schnurz plötzlich beide Füße flach auf den Boden stellte.

„Nichts davon, Süße“, hörten sie ihn über sich zischen. „Janus hat den Deal, die Verbindungen, das Geld. Er denkt, er hat auch dich! Und wenn er von uns beiden erfährt, dann ist unser schöner Nebenverdienst gelaufen!“ Er machte eine bedrohliche Pause. „Hast du dasjetzt kapiert, Sissy?!“

 

Sissy Pfuhs holte tief und zitternd Luft, aber sie kam nicht zu einer Antwort.

Draußen, im Gang vor dem Zimmer, ertönte ein joviales, selbstgefälliges Lachen. „Aber immer, lieber Neidhard, aber immer!“

Geleitet von dem Restaurantbesitzer Neidhard Oberplitz selbst, spazierte mit schwerem Schritt auf breiten Füßen Dr. Dietbert Janus herein.

Der Kleine Napoleon machte im Verborgenen unter dem Tisch eine dicke Bürste und spuckte tonlos.

Di Lasagne legte neugierig seinen karamellfarbenen Kopf schräg.

„Ah, ihr seid schon gekommen“, begrüßte über dem Tisch der Janus Sissy und Dr. Schnurz, während er sich ohne viel Aufhebens links neben Sissy auf einen Stuhl fallen ließ. „Sehr schön, sehr schön!“

Unter dem Tischtuch konnten die beiden Kater beobachten, wie seine fette Hand das Knie der Frau tätschelte, als wäre es der Kopf eines Hundes.

Leopardo streckte die Zunge heraus und tat, als müsse er ein Fellknäuel auswürgen.

Der Kleine Napoleon kicherte.

„Ist molto ekelig, dieses trio idiota“, wisperte di Lasagne dem schwarz-weißen Kater neben sich zu. „Molto Gerede mit nix Gefühle. Bei den Katzen, ist es amore, wir bezeugen den Damen unsere tiefste Leidenschafte, si?“

Der Kleine Napoleon wurde immer fröhlicher. Irgendwie war dieser karamellfarbene Gigolò ganz nach seinem Geschmack.

 

Immer mehr Menschen betraten das Kaminzimmer und setzten sich an den großen Tisch.

Von fast allen Stühlen ragten nun diverse Beine in Hosen oder Röcken unter der Tischplatte den zwei Katern entgegen, die bis in die freibleibende Mitte des Tisches ausgewichen waren.

Der hagere Stadtsprecher Sülz saß nun auf der anderen Seite von Dr. Janus. Neben ihm saß eine ältliche Frau, die einen Kunsthandel betrieb, und daneben hatte eine fette Dame mit extrem schriller Stimme Platz genommen, die sich ihrer Kontakte zu vielen, reichen Frauen rühmte, die in ihren Schönheitssalon kämen.

Weiterhin befanden sich noch ein Landtagsabgeordneter, ein Richter, ein Bauunternehmer, eine Apothekerin und der Besitzer eines Kunstauktionshauses aus dem fernen Hamburg in der Runde.

Als letzter kam der Besitzer einer Immobilienkette, der hastig den vorletzten freien Stuhl an der Tür belegte. Seine Schuhe, mit denen er rastlos und hektisch unter dem Tisch hin und her scharrte, waren verklebt von Baustellendreck.

 

Der Kleine Napoleon rümpfte die Nase. „Wie kann man nur mit so schmutzigen Pfoten herumlaufen?“

„Diese haben hier alle ihre Pfoten in molto schmutzige Sachen“, kicherte Leopardo. „Ist dagegen nix, du wirst sehen, meine Freund!“

Dem kleinen, schwarz-weißen Kater schwoll die Brust vor Stolz. Zum zweiten Mal an diesem Abend hatte Leopardo ihn ‚Freund‘ genannt.

„So, so“, sagte der Stadtsprecher Sülz ohne jegliches Interesse gerade zu Dr. Janus, „dann sind Sie wieder bei bestem Wohlbefinden, mein lieber Dr. Janus, ja?“

Die beiden Kater hörten unter dem Tisch, wie der Janus einen großen Schluck aus seinem Weinglas schlürfte.

„Inzwischen wieder, lieber Sülz, inzwischen wieder“, antwortete Dr. Janus. „Da war doch in den letzten Nächten irgend so ein vermaledeites Katzenvieh, das sich in meinem Garten herumgetrieben und gesungen hat! Die Biester haben wohl jetzt so eine Art Paarungszeit, oder so etwas. Jedenfalls hat er mir sogar meinen teuren, italienischen Sportwagen zerkratzt, dieser Teufelsbraten!“

Der Kleine Napoleon schwoll bei diesen Worten vor Stolz um einiges an Größe an. Er zwinkerte di Lasagne neben sich verschwörerisch zu.

„Das warstdu?“, stieß Leopardo bewundernd hervor. „Ich wünschte, ich könnte auch so eine Abenteuer erleben!“

 

„Autos zerkratzen gehört zu dem Paarungsritual unserer Stadtkatzen?“, fragte Herr Sülz soeben zerstreut seinen Gesprächspartner.

Dr. Janus lachte gehässig. „Was auch immer, lieber Sülz. Das interessiert dieses Kätzchen nicht mehr. Heute früh habe ich dem Vieh eigenhändig den Hals umgedreht! Nun ist Ruhe, hähähä!“

Leopardo verschluckte ein Lachen, und dem Kleinen Napoleon blieb vor Empörung das Mäulchen offenstehen. Seine ganze schöne Aufplusterung sank rapide wieder in sich zusammen. Der magere Kater machte einen Buckel und fauchte tonlos.

„So ein dreister Lügner!“, wisperte er aufgebracht di Lasagne zu. „Geflohenist er vor mir, der feige Pinsel!“

„Psst“, machte Sissy Pfuhs zu den Worten, die Dr. Janus gerade gesagt hatte, „Neidhard Oberplitz kommt, und er mag es gar nicht, wenn man über Katzen so redet! Er hat schließlich selbst eine!“

Leopardo grinste ein wenig selbstgefällig. „Ist die Vorteil, wenn man ist reich“, erklärte er entschuldigend, als er das etwas beleidigte Gesicht des Kleinen Napoleon sah.

An dem letzten freien Stuhl wurde gerückt und der Restaurantbesitzer höchst selbst setzte sich zu den anderen an den Tisch. „Eh, Simpel, du lässt niemand in dieses Zimmer, kapiert?! Diese Tür bleibt zu, ja?“

Unter dem Tisch rutschten Neidhard Oberplitzens schwarze Hosenbeine ein Stück nach oben und gaben die Sicht auf bestrumpfte Knöchel und Waden mit drahtähnlichen, schwarzen Haaren frei.

Der Kleine Napoleon wollte sich vor Lachen ausschütten. „Was ist ein Simpel? Und was ist das für ein unmögliches Fell?“, kicherte er di Lasagne in das karamellfarbene Ohr.

„Psst“, machte jetzt auch Leopardo, „scusi, Spaghetti, aber die Party geht los!“

 

Dr. Janus räusperte sich.

„Liebe Freunde von Kunst und Kultur“, begrüßte er die Runde gut gelaunt, „wie schön, dass Sie wieder so zahlreich erschienen sind! Auch heute haben wir neben unseren Preziosen aus dem Bestand, die wir hoffentlich in gute Hände gebracht haben, wieder zwei Neuzugänge, die sicherlich Ihre Aufmerksamkeit ... und ...“, hier machte er eine künstliche Pause, in der er meckernd lachte, „... sicher auch Ihr Geld wert sind!“

Auch die anderen Menschen am Tisch lachten.

„Sissy, die Fotos“, zischte Dr. Janus in der so entstandenen Pause die blonde Frau neben sich an, die sofort pflichtschuldigst einen braunen Umschlag aus ihrer eleganten, teuren Handtasche zog. Sorgfältig stellte sie die Tasche dann offen vor ihren Füßen unter dem Tisch ab.

„Was ist ein Simpel?“, flüsterte der Kleine Napoleon nun wieder Leopardo di Lasagne zu.

„Nicht ein Simpel, derSimpel!“ Der junge Kater verdrehte kichernd die Augen, sodass er völlig hirnlos aus dem Pelz schaute. „Ist der Bruder von meinem Mensch Neidhard! Ist molto blöde, aber ein molto dicker Schrank. Macht die Drecksarbeit für die Bosse! Pass auf, geht weiter!“

 

Oben auf der Tischplatte begann ein Scharren. Offensichtlich wurden die Fotos von einem zum anderen geschoben.

„Das erste neue Stück: Eine Halskette aus der Renaissance, hergestellt um 1582 in Brügge“, posaunte Dr. Janus und genoss hörbar die ihm zugestandene Wichtigkeit. „Massives Gold, acht hervorragende Rubine, fünfzehn große, tropfenförmige Südseeperlen. Das Gesamtgewicht beläuft sich auf ca. 142 Gramm“, fuhr er über das Gemurmel der Anwesenden fort, die die Fotos eingehend begutachteten. „Wenige Gebrauchsspuren.“

„Ist die Kette in einem Katalog erfasst?“, fragte Frau von Schmier, die dicke Kosmetikerin mit der schrillen Stimme.

„Nein“, antwortete Dr. Janus mit Genugtuung, während unter dem Tisch seine Zehen leise wippten.

„Aber das Collier ist sicher bei irgendeiner Versicherung registriert?“, wollte der Auktionshausbesitzer Herr Schieber aus Hamburg wissen.

„Nein“, rollte es dem Janus von der Zunge wie Öl. „Das ist das Allerbeste! Dieses Stück stammt aus einer privaten Schenkung und ist noch nirgendwo erfasst.“

 

„Nirgendwo erfasst?“, meldete sich der Bauunternehmer Herr Schimmelpils stirnrunzelnd zu Wort. „Ist das möglich? Existiert nicht mindestens ein Schenkungs-und Abtretungsvertrag, wie üblich?“

„Jaaaa ...“, konterte der Janus übermütig wie ein selbstherrlicher Oberlehrer. "Sicher ist das sonst üblich, lieber Herr Schimmelpils. Doch nicht, wenn man so eine verlässliche Assistentin hat, wie es unsere gute Frau Pfuhs ist!“

Die beiden Kater unter dem Tischtuch sahen sich mit runden Augen an. Sie hörten, wie sich der dicke Museumsdirektor seine feisten Hände rieb. „Nun zu unseren üblichen Geschäftsbedingungen, meine Freunde! Der momentane Schätzwert beläuft sich auf ca. 245.000 Euro. Sie verstehen sicher, dass dieser Wert nur steigen kann, nun die Zeit vergeht, es wird älter ...“ Er kicherte. „... und der Goldpreis steigt und steigt! Gut für uns! Also zögern Sie nicht zu lange!“

 

Ein Gemurmel erhob sich im Raum.

„Unglaublich!“, rief Frau Schummel-Tand, die Kunst-händlerin aus Rosenburg.

„Nicht möglich!“, rief auch Herr Schimmelpils.

„Freunde! Freunde!“, beruhigte Dr. Janus die anwesenden Gäste, denen vor Habgier fast der Speichel lief. „Dieses ist natürlich ein Bonbon, ein reiner Glücksfall! Aber er hat eben auch seinen Preis: 50% des Schätzwertes an mich, 10% wie üblich an unseren lieben Dr. Schnurz für seine unauffälligen Transportdienste, und jeweils die üblichen 5% für unsere liebe Frau Pfuhs und unseren geschätzten Gastgeber Neidhard Oberplitz für seine Dienste, die ... wie auch immer ...“ Er räusperte sich. „Sie kennen das Procedere!“

Nun änderte sich die Tonlage im Raum von einem Moment zum anderen. Das bewundernde, gierige Gemurmel wurde zu keifendem Gefeilsche. Alle redeten durcheinander.

 

„Was bleibt denn dann für uns?!“, konnte der Kleine Napoleon unter dem Tisch hören.

„Wir sind nur die Zwischenhändler!“, empörte sich der Immobilienfürst Gierenberg und trampelte mit seinen schmutzigen Schuhen wie ein Stier auf dem edlen Teppich herum. „Wie hoch sollen wir den Preis denn treiben, dass es sich für uns noch lohnt?! Kaufe das, wer wolle! Ich habe kein Interesse an so einem Verlustgeschäft!“

„Genau!“, quiekte die dicke Frau von Schmier. „Was ist, wenn wir keine Kunden finden? Ihre Preise sind wahrlich von Treffen zu Treffen stattlicher, lieber Dr. Janus!“

Der Kleine Napoleon nahm ängstlich Abstand von den stampfenden und scharrenden Füßen.

„Beißen die sich gleich?“, fragte er verzagt den jungen Leopardo neben sich.

Der karamellfarbene Kater kratzte sich erst einmal ausgiebig am Ohr, dann gähnte er.

„Niente! Ist immer das Gleiche! Sie maunzen und fauchen und machen molto Lärm! Ist langweilig!“, erklärte er dem Kleinen Napoleon. „Sie streiten um die Prozente, die Geld, die Mäuse für die Menschen, eh?“ Er gähnte wieder und erhob sich. „Das Gute ist, sie hören niente auf uns! Nun wir können haben ein bisschen Spaß!“ Der junge Kater grinste schief über seine karamellfarbene Schulter.

 

Dem Kleinen Napoleon stockte vor Schreck fast der Atem, als di Lasagne einfach seinen Kopf in Sissys Designerhandtasche steckte, die offen ein Stück vor ihren überkreuzten Füßen stand.

Der schwarz-weiße Kater fühlte sich schon von den fürchterlichen, großen Menschen entdeckt.

Wer weiß, was sie in einer solchen Laune mit ihm machten. Vielleicht wurden er und di Lasagne schon in den nächsten Minuten einfach zerrissen?

Doch Sissy Pfuhs merkte nichts.

Leopardo schlich wieder zu seinem neuen Freund zurück. Aus seinem Mäulchen ließ er zwei Fotos fallen. „Diese signora bionda hat immer noch ein zweites Bild von die wertlose Zeugs in der Tasche, wo sie gerade maunzen, eh?“, erklärte er augenzwinkernd dem Kleinen Napoleon. „Vielleicht nutzt es etwas, für deinen Boss oder die schöne Kleopatra. Oder vielleicht auch für diese Kitty ...“, fügte er etwas gleichmütiger hinzu. Der junge Kater runzelte die Stirn. „Eh, Spaghetti, darf ich dich etwas fragen?“

„Na, gut“, erwiderte der Kleine Napoleon ein wenig misstrauisch, “dann sag schon, Gigolò biondo!“

 

Leopardo lachte. „Giogolò biondo! Das ist gut! Was ist mit dir und die fette Dottore Janus, eh?“

Der Kleine Napoleon fletschte die Zähne. „Boss hat mir den Auftrag gegeben, den Janus zu überwachen. Il fette Dottore hat noch etwas gut bei mir! Ich observiere ihn seit Nächten, und die ganze letzte Nacht habe ich mir umsonst um die Ohren gehauen! Es war kalt und nass, und der olle Janus war noch nicht einmal zu Hause!“

„So?“

„Ja, hat sich vor mir woanders versteckt!“

Di Lasagne grinste wissend. „Si. Oft ist die fette Janus bei der signora bionda, mein Freund!“

„Bei Sissy Pfuhs, die da sitzt?!“, spotzte der kleine, magere Kater empört. „So, dann hat la signora bionda bei mir auch noch etwas gut, eh?“

 

Leopardo di Lasagne riss erstaunt die Augen auf, als der Kleine Napoleon auf Sissys teure Handtasche zu schlich. Er blieb mit dem Hinterteil dicht davor stehen und blies angestrengt seine Backen auf. Dann begann er mit konzentriertem Gesichtsausdruck mit beiden Hinterbeinen vor der offenen, teuren Lederhandtasche auf und ab zu stapfen, während sein schwarzes Schwänzchen hoch aufgerichtet zitterte.

„Impossibile! Du bist verrückt!“, prustete di Lasagne, so leise, wie es nur ging. „Die signora bionda wird sein molto außer sich, wenn ihre Tasche ist stinkend und nass!“

„Phh!“, machte der Kleine Napoleon, „dann bin ich längst weg. Äh ...“, ergänzte er mit einem kurzen Blick auf seinen neuen Freund, „... dann müssen wir eben längst weg sein!“

„Ist wegen dem orangen Ding an dem Handgelenk von die fette Dottore?“, fragte Leopardo ein wenig später.

„Was?“

„Weil du machst die Observierung!“

„Ach, ja“, erwiderte der schwarz-weiße Kater. „Na klar ist es wegen dem blöden Artefakt. Ich muss dem Janus unbedingt diesen Armreif klauen. Ich meine, das Artefakt sichern.“ Er wischte nervös mit seinem Schwanz über den Teppich. „Wenn ich nur wüsste, wie. Er legt das Ding nie ab.“

Der hellbraune Kater legte den Kopf schräg. „Du meinst, niemals?“

„Nein“, bestätigte der Kleine Napoleon bitter. „Niemals.“

„Ich ... werde darüber nachdenken, Spaghetti“, tröstete di Lasagne. „Aber hör mal, psst ... geht weiter.“

 

In der Tat war das Stimmengewirr in dem Raum so weit abgeklungen, dass man es hören konnte, wie sich Dr. Janus aufmerksamkeitsheischend mehrfach räusperte.

Anscheinend hatten sich die Menschen auf irgendetwas geeinigt.

„Hrmmrhmmhmmm ...“, machte der fette Mann. „Hrrrmmmhrmmmrhmm! Wenn ich nun um Ihre Aufmerksamkeit bitten dürfte, geschätzte Freunde ...“

Langsam kehrte Schweigen an dem Tisch ein.

„Vielen Dank!“, rief der Museumsdirektor. „Nun, liebe Kunstliebende, haben wir noch ein zweites Bonbon aus selbiger Quelle. Das bedeutet: Wiederum keine Verträge, keine Nachweise, keine Versicherung!“ Er kicherte. „Fast könnte man sagen, es gibt dieses Stück gar nicht! Es hat sich allein durch Magie in unseren Händen materialisiert!“

Alle lachten humorlos.

„Nun“, räusperte sich der Janus weiter, „es handelt sich um eine schwere Silberkaraffe, hergestellt um1570 in England. Das Gesamtgewicht beläuft sich auf ca. 790 Gramm. Und unser Schätzchen erzielt einen derzeitigen Schätzpreis ...“ Wieder lachte er jovial über seinen eigenen Witz. „... also einen Schätzpreis von ungefähr 10.250 Euro.“

„Sehr geistreich, der Witz“, kicherte auch Frau Schummel-Tand. „Wirklich sehr witzig! Reichen Sie mal das Foto herüber, lieber Doktor Janus!“

„Sicher, natürlich, liebe Frau Schummel-Tand!“

Es folgte wieder das Gescharre von den Händen auf dem Tischtuch, und auch das beifällige Gemurmel der Gäste erhob sich wieder.

„Selbige Konditionen, liebe Freunde“, erklärte der Janus fast beiläufig. „Versteht sich!“

Es verstand sich höchstens von selbst, dass die anwesenden Händler mit der Prozentrechnung des Museumsdirektors in keiner Weise einverstanden waren, und schon wieder fingen alle an zu feilschen und zu streiten.

 

Leopardo di Lasagne rollte seine Augen. „Nun, wir können wieder sprechen, sie streiten über diese graue Flasche da auf dem Foto, eh?“

„Menschen!“, schnaubte auch der Kleine Napoleon.

„Ich habe nachgedacht ...“, erklärte Leopardo langsam. „Kennst du nicht irgendeinen Zauberspruch, den du sagen kannst? So wie vielleicht ‚Armreif andiamo, kommzu mir‘, oder so etwas?“

Der Kleine Napoleon legte den Kopf schräg. „Das ist ziemlich schlau, Gigolò, weisst du?“, wunderte er sich. „Aber ich habe keine Ahnung, weil das nämlich die Finder sonst machen. Ich bin ja nur der Scout, der das Artefakt aufspürt, es einschätzt und dann den Finder ruft!“

„Ahhh“, machte di Lasagne. „Verstehe. Aber ... willst du es nicht versuchen? Eh, eine bisschen?“

Der Kleine Napoleon holte ganz tief Luft, sodass er erzitterte. Dann spitzte er das Mäulchen. Die Arme des fetten Janus hingen ihm tatsächlich direkt vor der Nase. „Ok, ok. Ich mache es. Und wenn der Janus unter den Tisch guckt, und mich entdeckt?“

Leopardo grinste frech. „Dann, du musst sein unter seinem Stuhl, hinter seine Füße, capiche? Ist ganz einfach!“

Der Kleine Napoleon zog eine Grimasse. So ganz wollte er Leopardos Plan noch nicht trauen.

„Eh, Spaghetti, du musst machen, bevor sie werden wieder still!“

Der magere Kater knurrte widerwillig, schlich dann jedoch tatsächlich ganz vorsichtig bis vor die Füße, die der dicke Dr. Janus breitbeinig und plattfüßig vor sich gestellt hatte.

Einen heiklen Moment lang konnte man den schwarz-weißen Kleinen Napoleon sich unter dem langen Tischtuch hervorschieben sehen, bevor er unter den gepolsterten Stuhl hinter die Füße des dicken Mannes schlüpfte.

Leopardo verfolgte all dieses ganz gespannt unter dem Tisch hervor und zwinkerte seinem Freund mehrfach aufmunternd zu.

Der Kleine Napoleon holte tief Luft. „Artefakt gesichert“, flüsterte er schließlich.

Nichts geschah.

„Quatsch, Blödsinn“, murmelte er ärgerlich, „das geht doch anders. Äh, ja, ‚Reif derSympathie‘! Artefakt ...“ Er räusperte sich.

Di Lasagne wippte unter dem Tisch ungeduldig auf und ab und mahnte ihn mit Grimassen zur Eile. „Beeil‘ dich! Presto, Spaghetti!“

„Nee ... also: ‚Band der Sympathie‘: Artefakt gesichert!“

 

Es gab ein rotgoldenes Aufstrahlen, das die beiden Kater sogar unter dem Tisch und dem Stuhl wahrnehmen konnten.

Zu ihrer großen Überraschung ertönte ein heller, glockenähnlicher Klang, die kupferne Armspange öffnete sich und fiel, fast wie in Zeitlupe, von dem Handgelenk des fetten Mannes hinunter auf den Teppich. Dort landete sie lautlos und blieb direkt vor der Nase des Kleinen Napoleons liegen.

Einen Moment lang kniff der magere Kater die Augen zu.

Es konnte gar nicht sein, dass keiner der anwesenden Menschen das Licht nicht gesehen oder den Glockenton nicht gehört hatten. Aber niemand hatte etwas bemerkt.

Sie stritten immer noch eifrig weiter, auch wenn sich immer weniger der Anwesenden an dem Gespräch beteiligten.

Auch der Janus hatte nichts von seinem herben Verlust bemerkt, da er im Augenblick viel zu interessiert die verschiedenen Meinungen verfolgte.

Vielleicht gehörte auch das dazu, wenn das Artefakt gesichert wurde, wenn sein Zauber sozusagen von einer Katze gebrochen wurde. So genau wusste es der Kleine Napoleon nicht, und es war ihm auch egal.

Unter dem Tisch hüpfte di Lasagne aufgeregt hin und her. „Spaghetti! Schnell! Los, mach‘ schon!“

Der schwarz-weiße Kater erwachte wie aus einem Traum. „Ich hab’s!“, jubelte er möglichst leise. „Ich hab’s dem doofen Janus endlich abgenommen!“

„Ja, ja! Schwing‘ die Keulen!“ Dem karamellfarbenen Kater traten vor Aufregung fast die Augen aus dem Kopf.

 

Endlich nahm der Kleine Napoleon ehrfürchtig den Armreif zwischen seine Zähne und war nur einen Wimpernschlag später wieder bei di Lasagne unter dem Tisch.

„Spaghetti! Du bist der Größte! Du bist ein Genie! Du heißt nicht umsonst wie dieser Menschen-Napoleon!“, freute sich auch Leopardo. „Es ist mir eine große Ehre, dein Freund zu sein!“

Der Kleine Napoleon zitterte so sehr, dass fast seine Zähne aufeinander schlugen. „Ich habe ihn gesichert!“, sagte er noch einmal mit Tränen in seinen Augen.

„Si, si. Spaghetti. Molto bene“, beruhigte ihn sein Freund. „Nun, wir müssen ganz still sein, dass sie nicht unter den Tisch gucken! Du musst bringen die Artefakte sicher zu Boss! Und wenn die Kellner kommt, zu bringen neuen Vino, du musst schlüpfen hinter ihm aus der Tür, subito! Verstehst du?“

Der Kleine Napoleon nickte mit weit aufgerissenen Augen. Sprechen konnte er nicht, denn er hatte das ‚Band der Sympathie‘ wieder fest zwischen die Zähne genommen.

 

Eine Weile saßen die beiden Kater unter dem Tisch still eng nebeneinander. Die Menschen redeten noch über verschiedene Kunstgegenstände, für die der eine oder der andere Zwischenhändler Interessenten gefunden hatte, was natürlich wieder ordentliche Prozente für den Janus, Sissy und die anderen Teilhaber abwarf.

Schließlich erklärte Dr. Janus die Versammlung mit gewichtigen Worten für beendet.

Offensichtlich hatte sich jedoch weder für das Rubinhalsband noch für die Silberkaraffe in dieser Runde ein Käufer gefunden. Worüber sich Dr. Janus mit salbungsvollen Worten bitter enttäuscht zeigte.

Leopardo bedeutete dem Kleinen Napoleon, sich bereit zu halten.

Die haarigen Beine von Neidhard Oberplitz erhoben sich von seinem Stuhl und schritten zur Tür.

„Eh, bringt noch mehr von dem Roten!“, brüllte der Restaurantinhaber in den Gang vor dem Kaminzimmer hinaus, knallte die Tür aber sofort wieder zu.

„Gleich“, flüsterte di Lasagne mit angehaltenem Atem dem Kleinen Napoleon zu. „Und eh, Spaghetti?... Du sagst doch der schönen Kleopatra, wie ich habe ... ein bisschen geholfen?“

Der Kleine Napoleon grinste Leopardo um den Armreifen herum zu und antwortete seinem Freund mit einem Augenzwinkern.

Plötzlich öffnete sich die Tür, der Kellner kam mit einem großen Tablett hinein, wobei er das Türblatt hinter sich offenstehen ließ.

„Alles in Ordnung!“, rief Dr. Janus jovial. „Unsere Versammlung ist ja beendet! Ab jetzt wird nur noch privat getrunken!“

Einige Gäste lachten.

Diese gute Gelegenheit nutzte nicht nur der Kleine Napoleon, um ungesehen aus der Tür zu wischen, auch Leopardo di Lasagne verließ zur Sicherheit seinen Horchposten.

Wenn es da drin nicht mehr um die Mäuse ging, waren die Menschen immer leicht desinteressiert. Möglicherweise sah doch einmal der eine oder andere unter den Tisch.

 

Vor der Hintertür holten die beiden Kater erst einmal tief Luft.

Die Nacht war kühl und wolkenverhangen.

„Ich wünsche dir viel Glück“, grinste Leopardo den Kleinen Napoleon schief an. „Bringe das Artefakt schnell zu die Boss, meine Freund!“

„Das hat Spaß gemacht“, schmunzelte auch der Kleine Napoleon. „Hast du Lust, ich meine, wenn ich Boss frage, vielleicht können wir dann mal zusammen observieren gehen, was meinst du, Gigolò biondo?“

Leopardo grinste von einem Ohr bis zum anderen. „Molto bene, Spaghetti ! Wir sind gutes Team, eh?“

„Das molto beste Team, ciao, Leopardo!“ Dann stutzte der Kleine Napoleon, bevor er den Armreif wieder zwischen seine Zähne nahm. „‘Los, schwing die Keulen‘?“, fragte er. „Was ist denn das für ein Italienisch?“

Di Lasagne seufzte, aber er grinste immer noch über sein ganzes, karamellfarbenes Gesicht dabei. „Das kommt immer gut bei den Ladies an, äh, bei die signoras. Sie denken dann, ich bin kultiviert und gebildet. Buona notte, Kleiner Napoleon!“

„Das ist molto interessante. Gut, zu wissen, eh? Buona notte, Gigolò biondo!“

Noch bevor der Kleine Napoleon mit dem Artefakt im Mäulchen einige Schritte gehen konnte, hörten sie Sissy von drinnen laut schreien: „Oh, mein Gott! Was ist denn das?! Ihhhh, wie das stinkt! Neidhard, du schuldest mir eine neue Handtasche! Deine Scheiß-Katze hat in meine teure Designertasche gepinkelt!“

Die Männer lachten.

„Nix gibt‘s!“, erwiderte Neidhard Oberplitz. „Du hast deine fünf Prozente, hast heute wieder gut verdient, eh? Du kannst dir eine neue Handtasche kaufen!“

„Aber ... aber ...“, keuchte Sissy Pfuhs empört, „das war eine echte Luxus-Handtasche! Hast du eine Ahnung, wie teuer die war?“

„Bah!“, erklang die Stimme des Restaurantbesitzers zu den zwei Katern hinaus in die Nacht, „Leopardo ist auch ein Luxus-Kater! Das ist ein Burma! Der pisst eben nur in teure Handtaschen! Da kannst du dich geschmeichelt fühlen, eh Sissy?“

Wieder ertönte lautes Gelächter.

Nur Sissy schien nicht zu lachen.

Leopardo und der Kleine Napoleon blinzelten sich noch einmal verschwörerisch zu.

Glücklich wie noch nie, trug der Kleine Napoleon sein wertvolles Artefakt eilig durch die dunkle Nacht hinauf zu der Katzenvereinigung in der alten Villa auf dem Zuckerberg.

„Was für eine Nacht ...“, seufzte di Lasagne, der nun wieder auf seiner Mülltonne saß. „Sogar die Sterne sind ein bisschen zu sehen, und der Gigolò biondo hat endlich einen guten Freund gefunden!“

2. Katzpitel,

 

in dem es beginnt, von allen Seiten für den

dicken Janus eng zu werden

Ken McRight trommelte ungeduldig mit den Fingern auf dem Tisch neben seinem offenen Laptop herum. Er war erst ziemlich spät von Cadys aufgebrochen und nach Hause gekommen. Sie hatten noch lange geredet.

Irgendwann hatte Cadys ihr Handy überprüft und die Nachricht von Kitty abgehört.

Das änderte einiges.

Beide waren sich einig, dass es nun endlich an der Zeit war, Adonis, aber auch Dr. Janus und den Artefakt-Dieben, das Handwerk zu legen. Zumindest, soweit sie es konnten.

Natürlich war das Wichtigste dabei, dass Kitty unschuldig aus der ganzen Sache heraus kam, damit nicht wieder ein Unschuldiger für die Taten von Dr. Janus büßen musste.

Bis in die späte Nacht saßen Cadys und Ken in der Küche zusammen, tranken Tee und hatten sich schließlich einen Plan zurechtgelegt.

 

Nun saß Ken McRight nervös in dem dunklen Wohnzimmer seines Reihenhauses vor dem Computer und wartete, dass sein Vater in Edinburgh endlich online kam.

Noch bei Cadys hatte Ken an seinen Vater eine SMS gesandt: ‚Video-Konferenz mit Opa heute dringend, 1 Uhr früh, schottische Zeit‘.

Das alte Antiquitätengeschäft seiner Familie in Schottland spielte eine entscheidende Rolle in ihrem Plan. Endlich öffnete sich das Fenster auf dem Bildschirm.

„Hi, Dad“, grinste Ken, „hi, Opa!“

„Hallo, Junge“, grüßten die beiden Männer zurück, „was gibt’s denn Dringliches so spät, das nicht bis Morgen Zeit gehabt hätte?“

Seine Familie ging immer früh schlafen, das wusste Ken. Überhaupt schienen die Uhren in Schottland langsamer zu laufen. Selbst in der schottischen Hauptstadt Edinburgh ging man alles viel gemächlicher an als hier in Deutschland.

Ken grinste schief und räusperte sich. „Also, ich halte euch wirklich nur ungern vom Schlafen ab, Leute. Aber es ist wirklich wichtig. Es geht wieder einmal um die alte Geschichte im Museum hier in Rosenburg. Deshalb ist es auch so wichtig, dass Opa dabei ist.“

„Soso“, antwortete sein Opa, während er sich bedächtig mit dem Daumen an seinen grauen Bartstoppeln rieb. „Ist schon mal wieder was verschwunden im Museum oder haben sie den Janus endlich erwischt? Und was hat das mit dir zu tun?“

„Ja ...“, begann Ken etwas lahm. Nun kam der Teil des Gespräches, um den er sich am liebsten herumgedrückt hätte. Leider fiel ihm so gar nichts Schlaues ein, was er stattdessen als Erklärung hätte sagen können.

„Spuck’s aus“, grummelte sein Vater. „Deine Mutter ist eh schon im Bett!“

Ken räusperte sich wieder und verzog kurz das Gesicht. „O.k. Also, ich hab‘ da so ein Mädchen kennengelernt ...“

„Soso“, sagte sein Vater belustigt.

„Na, endlich“, sagte sein Großvater erfreut.

Die beiden älteren Männer grinsten sich an, und beide hoben ihr Whisky-Glas zum Toast in die Kamera. „Auf die Jugend! Cheers!“

Ken verdrehte die Augen. „Nicht gleich, was ihr beide wieder denkt! Sie ist nur eine Freundin, und sie hat vor ein paar Wochen Opas Job im Museum bekommen. Jetzt hat sie dieselben Probleme am Hals, wie du damals, Opa!“

 

„Aha“, knurrte Grandpa. „Soll sie auch in Rente gehen? Sag‘ mir lieber, ob sie hübsch ist!“

„So viel zu Opas Urteil über deinen Geschmack bei Frauen! Und wie heißt deine Freundin?“, schmunzelte Kens Dad.

Ken seufzte. Das schien ja wieder so eine Unterhaltung zu werden. Dazu hatte er jetzt wirklich keine Lust. „Sie heißt Kitty“, antwortete er ungeduldig. „Und nein, Opa, ich mag keine so viel älteren Frauen, und ja Opa, sie ist sehr hübsch!“

Er hob abwehrend beide Hände zum Bildschirm. „Und Leute, ich brauche keine Tipps von Euch oder Ähnliches! Danke, aber nein danke!“

„Hört, hört“, murmelte sein Opa, während er die Nase wieder in sein Whisky-Glas steckte, „dann hätte sich das Wachbleiben aber wenigstens gelohnt!“

„Außerdem ist sie im Augenblick mit jemand anderem zusammen, den ihr auch kennt. Nämlich mit diesem Adonis, mit dem Cadys mal verlobt war. Kitty steckt wirklich in Schwierigkeiten!“

 

Sein Vater schnalzte mit der Zunge. „Da würd‘ ich auch drauf wetten! Die Dame scheint wirklich ein Händchen für Probleme zu haben! Und was hast du dir ausgedacht, um dieses Rattennest auszuräuchern, diesen Adonis allen voran? Darum geht’s doch, oder?“

Ken fuhr sich mit den Fingern über sein Kinn. Er konnte jetzt ein Grinsen nicht verbergen. „Also, eigentlich ist der Plan von Cadys.“

„Na, endlich!“, erwiderte sein Vater mit Genugtuung. „Ich wusste doch, dass Cadys eine Menge von unserem schottischen Blut abgekriegt hat! Die lässt sich nicht kleinkriegen. Wie eine zähe, schottische Diestel!“

„Und sie hat auch allen Grund, diesem Adonis eins zu verpassen“, grantelte der Großvater. „Los, Junge, nun erzähl‘ schon!“

„Also, ich habe mit Kitty die Museumsdateien gecheckt und sie mit Opas altem Essay verglichen, den er damals für das Museum hier geschrieben hat. Dabei ist uns aufgefallen, dass in den letzten Jahren wieder eine Menge wertvolle Artefakte verschwunden sind!“

„Janus lebte schon immer auf großem Fuß“, bemerkte sein Opa. „Der braucht immer eine Menge Geld!“

Ken hob wieder beide Hände. „Passt auf: Jetzt erst, vor einigen Tagen, ist ein wertvolles Rubin-Halsband aus einer Schenkung verschwunden. Wir meinen, dass Janus mit diesem Diebstahl Kitty belasten wird!“

„Wenn man ihm irgendwann darauf kommt, dass es verschwunden ist, und wenn das Fräulein ihm unbequem wird, schon!“

„Ja, aber erst wird er es verticken, Shaun“, unterbrach Grandpa Kens Vater. „Auf das Geld verzichtet er nie und nimmer! Und das will er möglichst bald haben, wie ich ihn kenne. Das hinterlässt Spuren über Zwischenhändler und Käufer und so weiter. Und wenn’s dann eng wird, dann wirft er sicher deine Kleine den Löwen zum Fraß vor!“

„Sie ist nicht meine Kleine!“ Ken war ganz blass geworden. „Ich sag‘ doch, sie ist mit diesem Schnurz zusammen!“

„Papperlapapp“, antwortete sein Vater unwirsch, „bist du ein Mann, oder eine Maus?!“

 

Ken McRight schüttelte genervt den Kopf, ohne darauf einzugehen.

„Sie war wohl sogar selbst schon bei Dr. Frei und wollte mit ihm über die verschwundenen Sachen reden! Das hatte sie jedenfalls vor, als ich zuletzt mit ihr gesprochen habe!“

Die beiden älteren Männer sahen einander verdutzt an.

„Dann wird’s bald eng“, entgegnete Kens Opa trocken, bevor er wieder einen Schluck Whisky aus seinem Glas nahm.

Kens Vater schüttelte seufzend den Kopf. „Deine Freundin lässt wohl auch keinen Fallstrick aus, was?“

„Sie ist nicht ...“, begann Ken. „Wie meinst du das?“

„Wenn sie schon weiß, dass da irgendetwas nicht stimmt im Museum, warum hält sie dann nicht besser den Mund und geht gleich zur Polizei? Sie weiß doch gar nicht, wer da alles mit drinsteckt!“

„Ja“, seufzte Ken, „das habe ich auch schon gedacht!“

Sein Großvater runzelte die Stirn. „Nun lass schon hören, was du dir ausgedacht hast, Junge! Vielleicht können zwei alte Männer in Edinburgh euch helfen!“

„Ich habe gehofft, dass ihr dabei seid“, atmete Ken erleichtert auf. „Wie es immer so ist: Ohne die Familie funktioniert alles nicht! Außerdem Dad, könntest du mir das alte Buch aus dem Antiquariat schicken? ‚Artificia praepotentes‘, du weißt schon. Aus einigen Gründen könnte das eventuell noch hilfreich sein!“

„So“, erwiderte sein Vater, „na, daran hängst du ja schon seit geraumer Zeit! Geht morgen in die Post.“

Ken grinste in die Webcam und zog eine Flasche des besten alten Highland-Single-Malt-Whiskys unter dem Couchtisch hervor. Er füllte einen Fingerbreit davon in ein Glas. „Also, Cadys und ich, wir dachten uns Folgendes ...“

Die geheimnisvolle Internet-Konferenz der drei McRight-Männer dauerte noch eine ganze Weile, bis tief in die frühen Morgenstunden hinein.

Toffee Pearl lag auf ihrem roten Samtkissen wie immer im Erkerfenster des Wohnzimmers. Sie lauschte aufmerksam der samtenen Stimme ihres liebsten Menschen und sah von hinten das bläuliche Leuchten des Bildschirms.

Das kleine, hübsche Briten-Mädchen schloss seine goldenen Topas-Augen und schnurrte gemütlich vor sich hin.

Wie aufregend war das, was sie da zu hören bekam!

Und das Beste war, keine Katze außer ihr konnte von diesem Plan wissen! Endlich konnte sie ihrem Admiral Lord Mizius auch einmal etwas Wichtiges und Abenteuerliches erzählen!

 

Ungefähr um die gleiche nächtliche Zeit stolperten zwei Menschen vor die Tür des ‚Zum silbernen Groschen‘ auf den Rosenburger Marktplatz.

Einige Teilnehmer der ‚Loge für Kulturschätze‘hatten den Abend im Kaminzimmer nach dem offiziellen Abschluss der Sitzung noch ein wenig ausgedehnt.

Nun schloss Neidhard Oberplitz mit einem genervten, nur bemüht freundlichen Gesichtsausdruck und einem letzten Gruß die Tür hinter ihnen ab.

Auch Sissy Pfuhs war ganz bis zum Ende geblieben. Sie hatte noch auf ein Zeichen von Adonis Schnurz gehofft, doch leider war der blonde Mann ohne ein weiteres Wort an sie verschwunden, just in dem Moment, als Sissy auf dem stillen Örtchen weilte.

Unter dem dunklen Himmel, an dem verstreute Wolkenfetzen vor den Sternen hin und her trieben, stand sie nun mit ihrer nassen, stinkenden Designerhandtasche und einer verbissenen Miene auf dem Kopfsteinpflaster, das so gar nicht für ihre hohen Stiletto-Absätze geeignet war.

Auf ihre Schulter stützte sich mit einem Arm und seinem ganzen Gewicht Dr. Dietbert Janus. Der Museumsdirektor hingegen war so lange geblieben, weil ihm Oberplitzens Wein so gut geschmeckt hatte.

„Aber Sissilein“, nuschelte er jetzt gerade mit widerspenstiger Zunge, „du weißt doch, dass bei mir im Garten dieses Katzenvieh sein Unwesen treibt! Ich kann nicht nach Hause. Und ich habe letzte Nacht so gut bei dir geschlafen!“

„Du faselst, Dietbert“, entgegnete Sissy spitz, während sie angewidert ihr Gesicht von seinem alkoholdichten Atem wegdrehte. „Ich denke, du hast die Katze umgebracht?“

Der blonden Frau war schon klar, dass Dr. Janus die Katze mitnichten ins Jenseits befördert hatte. Sie kannte all seine Lügen und Prahlereien inzwischen auswendig. Sissy wollte nur Zeit gewinnen, denn hinter all der Schminke auf der feinen Stirn überlegte sie fieberhaft, wie sie ihren Chef und Liebhaber loswerden konnte, um die Nacht doch noch bei Adonis Schnurz zu verbringen.

Dr. Janus kicherte listig und legte den Zeigefinger an seine Nase. „Neeein ... Das ist ja nur ein Trick gewesen für den Sülz. Mein Purzelchen ...“

Die Sekretärin unterdrückte ein Stöhnen. Gertenschlank war sie, aß kaum etwas, nur das Allernötigste. Deshalb hasste Sissy es, wenn Janus sie ‚Purzelchen‘ nannte. Dann kam sie sich vor wie eine fette Wachtel.

„Mein Purzelchen“, fuhr der Museumsdirektor lallend fort, „ich möchte doch so gern bei dir übernachten!“ Der große, dicke Mann stützte sich gut gelaunt noch schwerer auf die schmalen Schultern der Frau.

„Ich habe ‚nein‘ gesagt, Dietbert“, erwiderte Sissy noch etwas spitzer. „Du bist voll wie eine Strandhaubitze!“

Dr. Janus zog die Augenbrauen missbilligend zusammen, seine Mundwinkel sackten in einer beleidigten Flunsch nach unten. Entschlossen stieß er den Atem durch die Nase aus und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Seinen Arm hatte er dabei von Sissys Schulter gleiten lassen.

Ehrfurchtgebietend schob er sein Kinn nach vorne, während er hin und her schwankte und dabei versuchte, der blonden Frau vor sich streng in die Augen zu starren. „Sissy“, sagte er in möglichst deutlichem Befehlston, „ich wünsche es!“

 

Doch nun geschah etwas für Dr. Dietbert Janus völlig Unerwartetes.

Sissy Pfuhs runzelte die Stirn und trat einen Schritt von ihm zurück. Mit zusammengepressten Lippen musterte sie den dicken Mann vor sich von oben bis unten. „Ach, steck‘ dir dein Gefasel an den Hut, Dietbert!“, zischte sie schließlich. „Ich habe es allmählich endgültig satt!“

Wütend knallte ihm Sissy die nasse, stinkende Handtasche auf die Schulter, wo sich auch sofort ein übelriechender Fleck auf dem teuren Anzugstoff ausbreitete.

„Waaas?!“, entfuhr es Dr. Janus. „Hast du nicht gehört? Ich wünsche es! Sissy!“

Entgeistert musste er beobachten, wie die blonde Frau ihn einfach stehenließ, über den stillen Platz davonstöckelte und ohne sich noch einmal umzusehen, in einer entfernten Gasse verschwand.

Dr. Dietbert Janus fasste sich erst an die Stirn und dann nach einer Minute erschrocken an sein rechtes Handgelenk. Schlagartig wurde er wieder nüchtern.

In diesem Augenblick stellte der Museumsdirektor fest, dass ihm nicht nur sein Charisma und seine Autorität, sondern auch sein antiker Armreif auf mysteriöse Weise abhandengekommen war.

 

Mina, die Polizeihündin, lag in ihrem Körbchen und stützte den Kopf auf ihre Pfoten.

Im Moment hatte sie keinen Polizeiauftrag, also lag sie auf der Wache in ihrer Ecke und beobachtete die Beamten bei der Arbeit, wie sie vor ihrer Nase wichtig hin und her eilten.

Ihr liebster Mensch, Oberkommissar Bellamy Ritter, telefonierte schon den ganzen Tag, redete und redete. Und wenn er nicht redete, guckte er konzentriert auf den Bildschirm seines Computers, während er ab und zu auf der Tastatur tippte. Sein Gesicht war angespannt, und Mina machte sich Sorgen.

Wie sollte sie bloß das Missverständnis mit Kitty und dem Heuchelheimer in Ordnung bringen, wenn sie dazu verurteilt war, den ganzen Tag untätig auf der Polizeiwache auf ihren Decken zu liegen? Wenn sie wenigstens zum Ausgleich einen flüchtigen Dieb hätte erschnüffeln und beißen können! Aber nein!

Sie hob den Kopf und schlug winselnd mit der Rute auf den Boden.

„Ruhig, Mina“, sagte Ritter sofort, ohne überhaupt zu ihr hinzusehen.

Mina runzelte die Stirn, winselte noch einmal, legte dann jedoch folgsam den Kopf wieder auf die Pfoten.

Dann klingelte das Telefon.

Oberkommissar Ritter nahm ab. „Aha“, erwiderte er nach kurzem Lauschen, dann klickte er wieder mit der Computermaus herum, bevor er die freie Hand hob und seinem Chef, der hinter einer Glasscheibe in einem anderen Büro saß, ein Zeichen gab.

Hauptkommissar Sperber kam aus seinem Büro herüber und setzte sich auf Ritters Schreibtischkante.

„Aha“, sagte der Polizist wieder, dann schlug er mit der Faust auf den Tisch. „Na, endlich!“, rief er, sodass Minas Kopf hoch ruckte. „Da haben wir ja endlich etwas! Ja, ich sehe, das Fax kommt gerade durch! Danke!“

Bellamy Ritter hing das Telefon ein, ging mit eiligen Schritten durch den Raum und nahm drei Zettel aus dem Faxgerät, die er dann vor seinem Chef auf den Schreibtisch legte.

„Hier“, erklärte er wichtig, „das kam eben von unseren Kollegen aus der Dienststelle Hamburg. Vor ungefähr vier Jahren sind einige wertvolle Artefakte dort aus dem ‚Museum für Kunst und Schmuck‘ verschwunden.“

„Und?“, bohrte Sperber.

„Nicht so auffällige Dinge, eher untergeordnete Sachen, über die man beim Museumsspaziergang hinweg sieht. Aber ...“ Und hier hob Bellamy Ritter grinsend den Zeigefinger. „... immer noch wertvoll genug! Und da das Hamburger Museum schon eine Größe in seinem Metier ist, waren alle verschwundenen Artefakte versichert und noch besser ... eingetragen bei der weltbekannten ‚TreasureLoss‘!“

 

Hauptkommissar Sperber machte ein absolut unbeeindrucktes Gesicht. „Und das wäre was?“, fragte er trocken.

Ritter grinste schlau. „Das wäre die international bekannte und größte Detektei und Registrierstelle für verschwundene Kunstobjekte. Und die steht immer in Verbindung mit den wichtigsten Versicherungen für Museen und Kunstschätze. Und mit Interpol.“

Sperber pfiff durch die Zähne. „Dann war der Dieb ziemlich dumm, in Hamburg zu klauen!“

„Oder es war sein Erstlingswerk“, grinste Ritter zurück.

Sein Chef rieb sich über die Nase. „Und wie passt das nun zu diesem Zettel, den Ihnen heute Morgen irgendein Informant zugespielt hat?“