Aktiv bis 100 - Petra Regelin - E-Book

Aktiv bis 100 E-Book

Petra Regelin

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Beschreibung

Das Buch zeigt auf, wie die Selbstständigkeit alter Menschen bis ins höchste Alter durch ein gezieltes Bewegungstraining erhalten bleiben kann. Übungsleiter, Trainer, Leiter von Seniorengruppen und interessierte Angehörige und Betreuer erfahren, welche einfachen Übungen die Muskelkraft sowie die Standfestigkeit und Balance trainieren. Sie bekommen Tipps, wie die Beweglichkeit der Senioren erhalten und mit welchem Programm sowohl die Gehfähigkeit als auch die Mobilität geschult werden können. Betreuer können nachlesen, wie Handkraft und Fingerfertigkeit gezielt geschult werden, um alleine die Knöpfe schließen und das Marmeladenglas öffnen zu können. Da die körperlichen Voraussetzungen und die Belastbarkeit alter Menschen völlig unterschiedlich sind, werden sowohl Übungen im Sitzen, im Stehen mit Festhalten als auch ohne Festhalten gezeigt. Alle Übungen sind einfach beschrieben und zusätzlich bebildert, sodass sie leicht nachvollziehbar sind. Außerdem werden Lösungswege bei typischen Problemen aufgezeigt. Wie geht man damit um, wenn den Teilnehmern schwindelig wird, wenn sie Angst vor dem Training haben oder wenn sie bereits dement sind und die Übungen nicht mehr verstehen? Was tun bei Inkontinenz, bei Arthrosen oder bei neurologischen Erkrankungen? Dieses Buch ist ein umfassender Praxisratgeber mit über 160 Übungen, vielen Tipps, Anregungen und konkreten Hilfen bei Problemen.

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Seitenzahl: 198

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Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder die Autorinnen noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus dem vorliegenden Buch resultieren, Haftung übernehmen.

Hinweis: Diese Veröffentlichung ist aus Gründen der besseren Lesbarkeit in der männlichen Sprachform abgefasst. Selbstverständlich sind immer sowohl Übungsleiter und Übungsleiterinnen oder Teilnehmer und Teilnehmerinnen gemeint.

WO SPORT SPASS MACHT

Aktiv bis 100

Hochaltrige Menschen in Bewegung bringen

Regelin | Jasper | Hammes

Meyer & Meyer Verlag

Papier aus nachweislich umweltverträglicher Forstwirtschaft.

Garantiert nicht aus abgeholzten Urwäldern!

Aktiv bis 100Hochaltrige Menschen in Bewegung bringen

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Details sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie das Recht der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren – ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, gespeichert, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2013 by Meyer & Meyer Verlag, AachenAuckland, Beirut, Budapest, Cairo, Cape Town, Dubai, Hägendorf,Indianapolis, Maidenhead, Singapore, Sydney, Tehran, Wien Member of the World Sport Publishers’ Association (WSPA)Druck und Bindung: B.O.S.S Druck und Medien GmbHISBN 9783898997942eISBN 9783840334757E-Mail: [email protected]

INHALT

Vorwort des Deutschen Turner-Bundes

Leistungsfähigkeit spüren und Spaß haben – Impressionen aus einer Bewegungsgruppe

1 Bewegen im höchsten Alter

1.1 Was nicht eingesetzt wird, wird automatisch abgebaut

1.2 Anstrengung ist notwendig

1.3 Der Teufelskreis der Inaktivität

1.4 Aktivierung als Selbstverständlichkeit – auch in der stationären Pflege

2 Wie man hochaltrige Menschen in Bewegung bringt

2.1 Einen persönlichen Zugang finden

2.2 Drei wesentliche Ziele der Bewegungsstunde

2.2.1 Wirkungen bewusst machen

2.2.2 Bewegungslust wecken

2.2.3 Begegnungsmöglichkeiten schaffen

2.3 Hinweise zur Durchführung der Bewegung

2.3.1 Die Häufigkeit der Bewegung

2.3.2 Die Dauer der Bewegung

2.3.3 Die Intensität der Bewegung

2.3.4 Überforderung vermeiden

2.3.5 Sicherheitshinweise

2.3.6 Training im Sitzen, Stehen oder Liegen?

3 Bedeutung des Funktionstrainings zum Erhalt der Alltagskompetenzen

3.1 Alltagstätigkeiten – körperliche Voraussetzungen

3.2 Die sechs körperlichen Kernkompetenzen der Alltagsbewältigung

3.2.1 Kernkompetenz 1 – Muskelkraft

3.2.2 Kernkompetenz 2 – Standfestigkeit und Balance

3.2.3 Kernkompetenz 3 – Beweglichkeit

3.2.4 Kernkompetenz 4 – Gehfähigkeit und Mobilität

3.2.5 Kernkompetenz 5 – Bewegungssteuerung

3.2.6 Kernkompetenz 6 – Handkraft und Fingerfertigkeit

4 Die praxis

4.1 Die Muskelkraft erhalten

4.1.1 Kraftübungen für die Beine

Stufe 1: Beinmuskeltraining im Sitzen

Stufe 2: Beinmuskeltraining im Stand mit Festhalten

Stufe 3: Beinmuskeltraining im freien Raum

Stufe 4: Beinmuskeltraining mit Alltagsbezug

4.1.2 Kraftübungen für Arme, Schultern und Finger

Stufe 1: Arm-, Schulter- und Fingertraining ohne Kleingeräte

Stufe 2: Arm- und Schultertraining mit Gewichten

Stufe 3: Arm- und Schultertraining mit höheren Gewichten

Stufe 4: Arm- und Schultertraining mit Alltagsbezug

4.1.3 Kraftübungen für Rücken und Bauch

Stufe 1: Rücken- und Bauchtraining im Sitzen

Stufe 2: Rücken- und Bauchtraining im Stand

Stufe 3: Rücken- und Bauchtraining auf dem Boden

Stufe 4: Rücken- und Bauchtraining mit Alltagsbezug

4.2 Standfestigkeit und Balance trainieren

Stufe 1: Gleichgewichtstraining im Stand hinter einem Stuhl

Stufe 2: Gleichgewichtstraining im freien Raum

4.3 Die Beweglichkeit erhalten

Stufe 1: Übungen zur Erhaltung der Beweglichkeit im Sitzen

Stufe 2: Übungen zur Erhaltung der Beweglichkeit im Stand

4.4 Gehfähigkeit und Mobilität erhalten

4.4.1 Gehtraining

4.4.2 Treppensteigen

4.4.3 Von einem Stuhl aufstehen und sich hinsetzen

4.4.4 Etwas aufheben und sich aufrichten

4.4.5 Vom Liegen am Boden zum aufrechten Stand

4.5 Bewegungssteuerung

4.5.1 Die Wahrnehmung trainieren

4.5.2 Die Bewegungsgrundschnelligkeit üben

4.5.3 Sich situationsangepasst bewegen und reagieren

4.5.4 Bewegungen zielgenau steuern

4.5.5 Zwei Dinge gleichzeitig tun

4.6 Handkraft und Fingerfertigkeit

4.6.1 Die Greifkraft erhalten

4.6.2 Die Finger geschickt einsetzen

4.7 Bewegen mit Musik

4.7.1 Einfache Schrittbewegungen mit Musik

4.7.2 Tanzen und Singen – die perfekte Kombination für Hochaltrige

4.7.3 Gruppentänze

5 Mit Einschränkungen umgehen

5.1 Schwierigkeiten einschätzen und Lösungen finden

5.1.1 Wenn die Welt sich dreht – Schwindel während der Bewegung

5.1.2 Auf Schmerzen reagieren

5.1.3 Angst überwinden

5.1.4 Der Inkontinenz begegnen

5.2 Umgang mit typischen Erkrankungen und Beschwerden im hohen Alter

5.2.1 Arthrose

5.2.2 Rheumatische Erkrankungen

5.2.3 Künstliche Gelenke

5.2.4 Osteoporose

5.2.5 Diabetes mellitus (Typ 2)

5.2.6 Neurologische Erkrankungen

Schlaganfall

Morbus Parkinson

5.2.7 Venenprobleme

5.2.8 Demenz

6 Rahmenbedingungen für Bewegungsangebote für hochaltrige im Sportverein

6.1 Teilnehmer gewinnen

6.1.1 Kooperationen und Netzwerke

6.1.2 Von Schnupperangebot über Kurzzeitprogramme zur langfristigen Vereinsmitgliedschaft

6.2 Räumlichkeiten

6.3 Zusatzangebote

Anhang

1 Literatur

2 Die Autorinnen

3 Dank

4 Die Models

5 Bildnachweis

VORWORT

Immer mehr ältere Menschen sind in Sportvereinen aktiv: Die Vereinsmitgliedschaften von Personen über 60 Jahren konnten nach der neuesten Bestandserhebung des DOSB von 1,3 Millionen im Jahr 1990 auf über vier Millionen bis zum Jahr 2012 gesteigert werden. Auch weiterhin stellen die Älteren die größte Wachstumsgruppe im organisierten Sport dar. Dennoch ist der Organisationsgrad der Älteren (die Zahl der Mitgliedschaften im Verhältnis zur Bevölkerungszahl in der entsprechenden Altersstufe) gering: Nur 26 % aller Männer und 13 % aller Frauen über 60 Jahren sind in einem Sportverein aktiv. Da wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland mit einem deutlichen Rückgang an Vereinsmitgliedschaften von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen rechnen müssen, gewinnt die Zielgruppe der älteren Menschen an strategischer Bedeutung für alle Turn- und Sportvereine. Bei dieser Zielgruppe ist Wachstum möglich, während das bei anderen Altersgruppen, demografisch bedingt, kaum möglich ist. Deshalb ist es für Vereine wichtig, insbesondere für ältere Neuund Wiedereinsteiger ein attraktives Vereinsangebot zu entwickeln und anzubieten.

Die Anzahl der hochaltrigen Menschen in Deutschland – wir sprechen ab einem Alter von etwa 80 Jahren von Hochaltrigkeit – wird deutlich ansteigen. Während heute 4,1 Millionen über 80-Jährige in Deutschland leben, steigt die Anzahl bis zum Jahr 2030 voraussichtlich auf 6,3 Millionen an (plus 55 %). Bis zum Jahr 2060 werden es sogar rund 10 Millionen Menschen sein, die älter als 80 sind (plus 144 %). Über 80 % der 80-85-jährigen und 66 % der 85-90-jährigen Älteren sind nicht pflegebedürftig. Es gibt also viele Hochaltrige, die noch relativ rüstig sind und so lange wie möglich zu Hause wohnen möchten.

Prof. Dr. Herbert Hartmann

Prof. Dr. Walter Brehm

Umso wichtiger ist es, Bewegungsangebote für Hochaltrige in Turn- und Sportvereinen zu schaffen. Noch gibt es zu wenige davon, aber es werden immer mehr. Diesen Menschen geht es darum, durch Bewegung ihre Alltagsbewältigungskompetenz zu stärken, um auf Dauer selbstständig leben zu können. Entscheidend ist, die Kraft der wichtigsten Muskeln zu stärken, um die Treppenstufen hinaufsteigen zu können und das Gleichgewicht zu trainieren, um nicht zu stürzen. Aktiv bis 100 – unter diesem Motto steht das inhaltliche Konzept, das der Deutsche Turner-Bund unter Mitarbeit vieler Sport- und Gesundheitswissenschaftler, Gerontologen und Praktiker zusammengefasst hat.

Im vorliegenden Buch geben die drei Autorinnen eine Vielzahl praktischer Anregungen für Übungsleiter und Vereine zur inhaltlichen und organisatorischen Umsetzung von Bewegungsangeboten für Menschen im hohen Alter. Wir hoffen, dass dieses Buch vielen Turn- und Sportvereinen entscheidende Impulse für die Einrichtung von Bewegungsgruppen für sehr alte Menschen gibt. Darüber hinaus würde es uns freuen, wenn das Buch dazu beitragen könnte, mehr Bewegung in die Altenpflege zu bringen. Auch hier ist körperliche Aktivierung von enormer Bedeutung, um Abbauprozesse zu verlangsamen oder sogar aufzuhalten.

Prof. Dr. Walter Brehm Vizepräsident des Deutschen Turner-Bundes

Prof. Dr. Herbert Hartmann DTB-Verantwortlicher für die Zielgruppe Ältere

LEISTUNGSFÄHIGKEIT SPÜREN UND SPASS HABEN – IMPRESSIONEN AUS EINER BEWEGUNGSGRUPPE

Die Autorinnen dieses Buchs besuchten eine Gruppe hochaltriger Menschen, die sich wöchentlich zur Bewegungsstunde treffen. Bei diesem Angebot handelt es sich um die gelungene Kooperation zwischen einem ambulanten Pflegedienst – Häusliche Pflege Schreiner – und dem Turnverein Achern. Der Turnverein stellt die Übungsleiterin (Christel Riehle) und eine Betreuerin (Angela Doll), der Pflegedienst organisiert einen Fahrdienst und stellt den Raum zur Verfügung.

Es ist Dienstagmorgen, kurz nach 9.30 Uhr. Am Eingangsbereich des Jahnparks in Achern, einem Gebäudekomplex mit betreutem Wohnen, Tages- und Nachtpflege und einem Bistro, werden wir von Angela Doll in Empfang genommen. Sie ist unübersehbar mit ihrem roten Turnvereins-T-Shirt. Sofort geraten wir in den Tumult allgemeiner Begrüßung. Autos vom Pflegedienst fahren vor und junge Leute helfen ihren Fahrgästen heraus. Die machen sich gleich, teils mit Rollstuhl, teils mit Rollator, auf den Weg zum Eingang. Lachen, Umarmungen, strahlende Gesichter. Dann zieht die Karawane los in Richtung Fahrstuhl. Unterwegs gesellen sich einzelne Hausbewohner dazu, die denselben Weg haben. Drei Gäste aus der Tagespflege hat Betreuerin Angela Doll zuvor schon in den Raum begleitet. Ihren motivierenden Worten hatten die drei nicht widerstehen können. So warten sie bereits dort, als die Gruppe eintrifft.

„Heute ist alles ein bisschen anders“, informiert die Betreuerin vom Turnverein. „Gestern war Feiertag, und da sollte die Stunde heute eigentlich ausfallen, weil Übungsleiterin Christel Riehle noch im Urlaub ist“, erklärt sie. „Aber wir wollten uns trotzdem treffen“, fällt ihr gleich eine Teilnehmerin ins Wort, „weil uns die Bewegungsstunde so wichtig ist.“ Die Umstehenden nicken zustimmend. Sie freuen sich sichtlich auf ihr Programm. Nach unserer Erklärung, dass wir ein paar Eindrücke sammeln und in einem Buch über Bewegungsangebote für hochaltrige Menschen darüber berichten wollen, sind alle einverstanden, dass wir während der Stunde fotografieren. „Vielleicht bringt das ja noch mehr Leute wie uns in Bewegung“, meint ein alter Herr zustimmend.

15 Bewegungslustige haben sich eingefunden – acht Frauen und sieben Männer. Das finden die überhaupt nicht ungewöhnlich, wohl wissend, dass sonst meist Frauen in der Überzahl sind. „Zusammen mit den Frauen macht's doch viel mehr Spaß“, schmunzelt einer der Herren und wendet sich seiner Nachbarin zu. Überhaupt sind alle füreinander da, helfen sich gegenseitig beim Ausziehen der Jacken und Anziehen von Turnschuhen oder ABS-Socken.

„Die Kommunikation ist mir hier mindestens so wichtig wie das Bewegen“, klärt uns eine Teilnehmerin über ihre Motivation zur Teilnahme auf. Sie kommt erst seit zwei Monaten und gehört damit zu den Neulingen im Kreis, ist aber schon voll integriert. „Hier wurde ich sofort freundlich aufgenommen, und das tut mir gut“, kommentiert sie. „Ich bin von Anfang an dabei und komme jede Woche, sonst fehlt mir was“, erzählt ein weißhaariger Herr und berichtet vom Start des Angebots vor rund dreieinhalb Jahren.

Allmählich werden alle unruhig, wollen sich bewegen. Musik erklingt, und endlich geht es los. Angela Doll, die gewöhnlich die Betreuung der Gruppe übernimmt, alle in Empfang nimmt, Einzelne in ihren Wohnungen oder in der Tagespflege abholt, sich nach dem Befinden erkundigt, Handtaschen und Hilfsmittel versorgt und die Übungsleiterin unterstützt usw., hat sich überreden lassen, heute ausnahmsweise das Bewegungsprogramm zu gestalten, damit die Stunde nicht ausfallen muss. Alle sind mit Eifer dabei. Einige folgen sogar der Aufforderung, eine Übung vorzustellen, die sie besonders gern machen. Klar, dass alle dem Vorschlag der Greifübung mit der Gumminudel folgen, die ein Teilnehmer zeigt und die Schrittkombination imitieren, an die sich eine andere Teilnehmerin erinnert. Nach 60 min sind alle ausgepowert. „Abschlussmusik“, kommt die Forderung aus der Runde, und alle wiegen sich mit Handfassung zum Abschied im Takt.

Auf unsere Frage, wie sie von dem Angebot erfahren haben, erhalten wir unterschiedliche Antworten. Plakate im betreuten Wohnen und persönliche Ansprache werden genannt. Ruth Kossobucki (88) hat die Information aus dem Internet. Sie ist nach einem Oberschenkelhalsbruch auf ihren Rollator angewiesen, will sich aber trotzdem möglichst viel bewegen. Seit drei Monaten fährt sie 1 x wöchentlich selbst mit dem Auto hierher. Schmunzelnd erzählt sie, dass ihr Sohn zuvor „zur Kontrolle“ einmal mit ihr mitgefahren ist, um sich zu überzeugen, dass sie noch sicher unterwegs ist. „Wir müssen halt selbst etwas tun, damit es uns gut geht“, fällt ihr eine Dame ins Wort, „von allein geht nichts. Hier bekomme ich nicht nur Bewegung, sondern vor allem Ablenkung vom Alltag und jede Menge Spaß.“

Für Werner Gund (85) ist das Mitmachen wichtiger Eckpunkt in seinem regelmäßigen Training. Der passionierte Sportler konnte sich in der Vergangenheit wegen einer Erkrankung lange Zeit nicht mehr betätigen. Vom Pflegedienst, der ihn bei der Pflege seiner Frau unterstützt, erfuhr er von dem Angebot, das er seitdem in Anspruch nimmt. Der Pflegedienst holt ihn jede Woche zu Hause ab und bringt ihn wieder zurück, und alles zu einem verträglichen Preis. „Meine Gleichgewichtsstörungen sind mittlerweile fast weg“, berichtet er und ergänzt, dass er zu Hause täglich seine Gehübungen macht. „Aktuell schaffe ich täglich 600 m ganz ohne Gehhilfe“, sagt er stolz und fügt hinzu „die will ich steigern auf 900 m.“

KAPITEL 1

1 Bewegen im höchsten Alter

2 Wie man hochaltrige Menschen in Bewegung bringt

3 Bedeutung des Funktionstrainings zum Erhalt der Alltagskompetenzen

4 Die Praxis

5 Mit Einschränkungen umgehen

6 Rahmenbedingungen für Bewegungsangebote für Hochaltrige im Sportverein

Kapitel 1

BEWEGEN IM HÖCHSTEN ALTER

In diesem Buch geht es um Bewegung für sehr alte Menschen, oft auch als Hochaltrige bezeichnet. Experten sprechen in der Regel ab einem Alter von 80 Jahren von Hochaltrigkeit. Doch eine Altersangabe ist nicht in jedem Fall hilfreich, um sich ein Bild von den Menschen zu machen, um die es in diesem Buch geht. Jeder von uns kennt 80-Jährige, die sehr jung wirken, weil sie körperlich und geistig fit sind, vor Energie sprühen und sich ständig neuen Herausforderungen stellen. Man trifft aber auch auf alte Menschen, die gesundheitlich stark beeinträchtigt sind und kaum noch das Haus verlassen.

Im Alter von 80 Jahren ist alles möglich: Man kann sich fit fühlen und das Leben in vollen Zügen genießen. Man kann an der Grenze der Pflegebedürftigkeit stehen oder bereits pflegebedürftig sein. Man kann völlig selbstständig zu Hause leben, mithilfe eines Angehörigen oder einer Pflegekraft in den eigenen vier Wänden versorgt werden oder in einer stationären Einrichtung untergebracht sein.

Die Bandbreite der körperlichen und geistigen Funktionsfähigkeit im hohen Alter ist sehr groß. Dennoch weiß man, dass sich um das 75. Lebensjahr herum bei vielen Menschen etwas verändert. Ab dem 75. Lebensjahr steigt die Anzahl der Menschen, die in stationären Einrichtungen leben, deutlich an. Körperliche Leistungseinbußen, wie zum Beispiel der Verlust an Muskelmasse mangels Training, zeigen sich ab dem 75. Lebensjahr immer häufiger darin, dass alltägliche Verrichtungen nicht mehr ausgeübt werden können. Beispiele hierfür sind Treppenstufen hochsteigen oder vom Sitzen in einem Sessel allein zum Stehen nach oben kommen.

Die Muskelkraft sinkt kontinuierlich im Zuge des Älterwerdens, wenn sie nicht trainiert wird. Doch um das 75. Lebensjahr herum kommt bei vielen Menschen der Punkt, an dem die Kraft der Muskeln so gering geworden ist, dass sie nicht mehr ausreicht, um das Aufrichten allein zu schaffen oder die Stufen nach oben zu steigen, um ins Schlafzimmer zu kommen. Dies ist ein Wendepunkt im Leben vieler Menschen. Wer sich im hohen Alter dafür entscheiden kann, körperlich aktiv zu werden, hat bessere Chancen, länger selbstständig zu Hause zu leben.

Auch, wenn man bereits in einer Altenpflegeeinrichtung stationär versorgt wird, ist Bewegung wichtig, um den Prozess des körperlichen und geistigen Abbaus hinauszuzögern. Bewegung erhält die Lebensqualität, die Lebenszufriedenheit und damit letztendlich auch die Lust am Leben.

Dabei gibt es viele Gründe, die Menschen im höchsten Alter davon abhalten, sich aktiv zu bewegen. Die körperliche Leistungsfähigkeit nimmt ab, Einschränkungen, Beschwerden und Schmerzen nehmen in der Regel zu. Die Muskelkraft schwindet, die Gelenke tun weh, dadurch fällt das Treppensteigen immer schwerer und irgendwann klappt es vielleicht überhaupt nicht mehr. Hinzu kommt die Unsicherheit bei freien Bewegungen. Dadurch steigt oft die Angst zu stürzen. Viele ältere Menschen haben Probleme, sich die Schuhe zu binden, weil sie sich nicht mehr bücken können, vom Sessel aufzustehen, weil die Kraft der Oberschenkelmuskeln nicht mehr ausreicht oder mit dem Bus zu fahren, weil sie nicht mehr sicher auf wackeligem Untergrund stehen können.

Die Muskelkraft nimmt ab, wenn die Muskeln nicht mehr ausreichend aktiviert werden. Die Beweglichkeit der Gelenke nimmt ab, wenn die Gelenke nicht ständig mobilisiert werden. Die Festigkeit der Knochensubstanz nimmt ab, wenn sie nicht immer wieder durch die Druck- und Zugbelastungen während einer Bewegung auch zum Aufbau angeregt werden. Die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems nimmt ab, wenn beides nicht regelmäßig angeregt und gefordert wird.

1.1 Was nicht eingesetzt wird, wird automatisch abgebaut

All diese Funktionen, die man braucht, um das tägliche Leben möglichst selbstständig leben zu können, bleiben im höchsten Alter nur erhalten, wenn sie regelmäßig eingesetzt und trainiert werden. Körperliche und geistige Aktivität ist der Schlüssel zur Aufrechterhaltung der Alltagsbewältigungskompetenzen. Die Aufrechterhaltung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten im höchsten Alter geschieht auf der Grundlage eines biologischen Grundgesetzes. Dieses Gesetz sagt aus, dass Funktionen nur dann erhalten bleiben, wenn sie regelmäßig eingesetzt werden. Was nicht gebraucht wird, wird automatisch abgebaut. Wer sich also kaum noch bewegt, den Körper nicht mehr fordert, der gibt seinen Organen und Strukturen auch keine Anreize mehr, das Funktionsniveau aufrechtzuerhalten. Das Ergebnis ist der Abbau aller körperlichen Funktionen – bis hin zur völligen Unselbstständigkeit.

1.2 Anstrengung ist notwendig

Anstrengung ist folglich auch im höchsten Alter notwendig und sinnvoll. Wer sich körperlich anstrengt, bleibt fit und mobil. Das gilt natürlich nur, solange es nicht zu viel wird und die alten Menschen die Situation unter Kontrolle halten können. Werden Anstrengung und Stresspegel zu hoch, weil man ständig über seine aktuelle Leistungsgrenze hinausgeht, wirkt sich das negativ auf die körperliche und die psychische Gesundheit aus. Anstrengung ist gut, eine permanente Überforderung sollte man jedoch vermeiden.

1.3 Der Teufelskreis der Inaktivität

Bei hochaltrigen Menschen entwickelt sich oft ein Teufelskreis aus körperlicher Inaktivität, nachlassender Leistungsfähigkeit und Rückzug. Wenn Hochaltrige Beschwerden, Einschränkungen und Schmerzen bei Alltagsbewegungen haben, werden sie inaktiver. Dies führt zu einem Nachlassen der Leistungsfähigkeit und zu einem Verlust von körperlichen und geistigen Funktionen. Wenn die Hochaltrigen das wahrnehmen, werden sie unsicher und ziehen sich noch mehr zurück. Sie werden wiederum inaktiver und verlieren weiterhin an Funktionsfähigkeit und Bewegungssicherheit – ein Teufelskreis, aus dem es schwer ist, wieder herauszufinden.

1.4 Aktivierung als Selbstverständlichkeit – auch in der stationären pflege

Auch, wenn die Selbstständigkeit der Älteren bei Aufenthalt in einer stationären Altenpflegeeinrichtung bereits eingeschränkt ist, hat Bewegungslosigkeit massive Auswirkungen. Aus falsch verstandener Hilfsbereitschaft oder aus Zeitmangel übernehmen Mitarbeiter in den Einrichtungen oft Alltagstätigkeiten, die ein Pflegebedürftiger zumindest teilweise noch selbst ausführen kann. Aber gerade hier ist eine Aktivierung von ganz wesentlicher Bedeutung, um weitere Abbauprozesse zu verlangsamen oder sogar aufzuhalten. Zielsetzung sollte es sein, gerade diese Menschen zu ermuntern, selbst etwas für sich zu tun, um körperlich und geistig beweglicher zu werden! Körperliche und geistige Beweglichkeit, Bewegungsvermögen und Selbstbewusstsein, Aktivität und Kompetenz hängen untrennbar zusammen und müssen angeregt werden. In den Alten- und Pflegeheimen muss sich die Erkenntnis durchsetzen, dass körperliche Aktivierung keine Sonderleistung der Pflegenden ist, sondern eine Selbstverständlichkeit, ein Teil der Betreuung.

Viele alte Menschen sind auf Anregung von außen angewiesen. Gerade weil sie ihr eigenes Aktivitätspotenzial verloren haben, kann ein Eingreifen von außen dazu beitragen, ein weiteres Abrutschen in Passivität zu verhindern. Denn nachweislich ist die Gefahr groß, dass Passivität in Funktionsunfähigkeit, zunehmende Pflegebedürftigkeit, Teilnahmslosigkeit, Freudlosigkeit, Einsamkeit und Lebensüberdruss mündet.

Es geht um Ansprache, Aktivierung und Betreuung von Menschen im hohen Lebensalter. Dabei müssen die noch vorhandenen Fähigkeiten zielgerichtet trainiert und stabilisiert werden und bereits verlernte Fähigkeiten können wieder neu entwickelt und geübt werden. Viele Menschen glauben immer noch, dass Altern von Natur aus ein Abbauprozess sei, an dessen Ende Bewegungslosigkeit, Schmerz, Einsamkeit, Depression stehen. Aber es gibt genügend Beispiele, die zeigen, dass Menschen zufrieden, gelassen und vital alt werden, dass Menschen gesund leben und beweglich bleiben. Und auch bei eingeschränkter Mobilität kann man sich wohlfühlen und zufrieden sein. In diesem Buch wird aufgezeigt, mit welchen Methoden Hochaltrige in Bewegung gebracht werden können und welche Inhalte wichtig und sinnvoll sind, um die Alltagsbewältigungskompetenzen tatsächlich zu trainieren.

KAPITEL 2

1 Bewegen im höchsten Alter

2 Wie man hochaltrige Menschen in Bewegung bringt

3 Bedeutung des Funktionstrainings zum Erhalt der Alltagskompetenzen

4 Die Praxis

5 Mit Einschränkungen umgehen

6 Rahmenbedingungen für Bewegungsangebote für Hochaltrige im Sportverein

Kapitel 2

WIE MAN HOCHALTRIGE MENSCHEN IN BEWEGUNG BRINGT

2.1 Einen persönlichen Zugang finden

Wer versucht, hochaltrige Menschen zu Bewegung zu motivieren, hat es nicht immer ganz leicht. Vor allem dann, wenn alte Menschen sich sehr lange nicht mehr bewusst und gezielt bewegt haben, ist der Neuanfang oft kompliziert. Wer heute hochaltrig ist, kannte Sport in seiner Jugend in der Regel in Form von Leistungssport. Gesundheitssport, Fitnesstraining oder Bewegung zur Erhaltung von Selbstständigkeit und zur Prävention von Stürzen – das gab es damals nicht. Wer Sport treibt, muss leistungsfähig sein, das glauben viele Hochaltrige heute noch. Und das macht es ihnen schwer, im hohen Alter noch einmal einen Zugang zu Bewegung zu finden.

Viele haben Ängste und Hemmungen, sich mit ihren Schwächen, Einschränkungen und Behinderungen zu präsentieren, gegenüber den anderen in der Gruppe und auch gegenüber dem Übungsleiter. Sie fürchten sich davor, dass die anderen Gruppenteilnehmer sehen, dass sie sich nicht mehr bücken können, dass sie nicht mehr allein aufstehen können oder dass sie ihren Arm nicht mehr bis nach oben anheben können. Hinzu kommen Ängste aufgrund von Bewegungsunsicherheit oder chronischen Schmerzen.

Einige alte Menschen haben Angst, sich durch das Training zu schaden. Sie fürchten, dass sich ihre Schmerzen verschlimmern könnten, dass sie hinfallen könnten oder sich einfach zu viel zumuten. Viele Hochaltrige haben nie ein Gefühl für die wohltuende Wirkung von Bewegung entwickelt und es dauert einige Zeit, bis sich dieses Gefühl einstellt. Für einige Hochaltrige ist es, vor allem, wenn sie mobilitätseingeschränkt oder leicht dement sind, bereits ein Erfolg, rechtzeitig, am richtigen Ort und in passender Kleidung zum Bewegungsangebot zu erscheinen. Umso wichtiger ist es, dass der Gruppenleiter es schafft, einen persönlichen Zugang zu jedem Einzelnen der erschienenen Menschen aufzubauen, um die Ängste langsam abbauen und Vertrauen aufbauen zu können.

Übungsleiter, die Bewegungsgruppen für sehr alte Menschen leiten, brauchen viel Einfühlungsvermögen, eine hohe Sozialkompetenz, aber auch die Fähigkeit, zu motivieren. Denn man muss im schlimmsten Fall auch damit rechnen, vor einer desinteressierten, schweigenden und teilnahmslosen Gruppe zu stehen. Es gibt Situationen, in denen der Übungsleiter damit umgehen muss, dass bereits eine kleine Bewegung ein Fortschritt sein kann. Dies kommt insbesondere dann vor, wenn eine neue Gruppe aufgebaut wird und wenn die Teilnehmer sich niemals vorher aktiv bewegt haben.

Übungsleiter, die in Altenpflegeeinrichtungen tätig sind, berichten oft, dass sie sich anfangs damit zufriedengeben mussten, wenn sie durch die Bewegung ein flüchtiges Lächeln auf das Gesicht einer ansonsten teilnahmslos erscheinenden, alten Frau auslösen konnten. Doch genauso oft wird darüber berichtet, dass es durchaus möglich ist, aus einer anfänglich teilnahmslos erscheinenden Gruppe eine fröhliche Runde zu entwickeln und aus leeren Blicken lachende Gesichter zu formen. Das Aktivieren und das fröhliche Erleben während des Bewegens wirkt sich nicht nur auf die Zeit der Bewegung aus, sondern zeigt nachhaltig Wirkung. Doch all das kann nur funktionieren, wenn der Übungsleiter einen persönlichen Zugang zu den Menschen findet.

Der Übungsleiter muss jeden Teilnehmer mit seinem Namen kennen. Er sollte im Laufe der Zeit wissen, wer welche gesundheitlichen Probleme hat, um möglichst individuell auf jeden Einzelnen eingehen und gezielte Tipps und Hinweise zur Alltagbewältigung geben zu können. Dadurch baut sich eine Bindung zwischen Teilnehmer und Übungsleiter auf, die ganz wichtig ist, um alte Menschen auf Dauer zu motivieren, zur Bewegungsgruppe zu kommen. Wenn es dem Übungsleiter gelingt, diesen persönlichen Zugang zu finden und die anfänglichen Hemmungen und Ängste abzubauen, dann kann man gemeinsam sehr viel erreichen und dabei außerdem unglaublich viel Spaß haben.

In manchen Gruppen übernimmt diese Aufgaben der Motivation und Betreuung nicht der Übungsleiter, sondern eine zusätzliche Person. Die nimmt die Teilnehmenden bei ihrer Ankunft in Empfang, führt Gespräche, unterstützt, wenn nötig, beim Aus-, An- und Umziehen, kümmert sich um Handtaschen und Gehhilfen und hat für alle ein offenes Ohr. Eine solche Lösung ist besonders dann zu empfehlen, wenn zwei oder mehr Gruppen sich nacheinander am selben Ort zur Bewegung treffen oder der Übungsleiter einem engen Zeitplan folgen muss. Wer die Übungsstunde leitet, kann sich bei einer derartigen Konstellation voll und ganz auf den bewegungspraktischen Teil konzentrieren.

2.2 Drei wesentliche Ziele der Bewegungsstunde

Wer hochaltrige Menschen nicht nur kurzfristig für Bewegung gewinnen will, sondern langfristig daran binden möchte, der sollte drei wesentliche Ziele nicht aus den Augen verlieren.

Drei wesentliche Ziele der Bewegung für Hochaltrige

Das sollten Übungsleiter wissen und immer mit berücksichtigen:

Erstes Ziel: Die alten Menschen sollten die Wirkungen der Bewegung, insbesondere im Hinblick auf die Erhaltung der Selbstständigkeit, spüren und diese sollten ihnen bewusst gemacht werden.