Alice im Wunderland - Lewis Carroll - E-Book

Alice im Wunderland E-Book

Lewis Carroll

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Beschreibung

Alice ist kein gewöhnliches Mädchen. Um ihrem eintönigen Leben zu entfliehen, erträumt sie sich spannende Geschichten und große Abenteuer. Eines Tages sieht sie zufällig ein weißes Kaninchen, das eilig auf die Uhr schaut und in den Büschen verschwindet. Neugierig folgt Alice dem Kaninchen und landet plötzlich in einer schrägen Welt voller merkwürdiger Geschöpfe: sprechende Tiere, verrückte Hutmacher, eine seltsame Herzogin und viele weitere skurrile Wesen. Mit Witz, Mut und Phantasie sucht Alice sich ihren Weg durchs Wunderland. Lewis Carrolls Roman hat Generationen von Kindern und Eltern begeistert. Jetzt liegt "Alice im Wunderland" in einer zeitgemäßen Übersetzung vor, die den Klassiker behutsam in die Gegenwart bringt und dem klugen Humor des Originals gerecht wird.

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Das BuchAlice ist kein gewöhnliches Mädchen. Um ihrem eintönigen Leben zu entfliehen, erträumt sie sich spannende Geschichten und große Abenteuer. Eines Tages sieht sie zufällig ein weißes Kaninchen, das eilig auf die Uhr schaut und in den Büschen verschwindet. Neugierig folgt Alice dem Kaninchen und landet plötzlich in einer schrägen Welt voller merkwürdiger Geschöpfe: sprechende Tiere, verrückte Hutmacher, eine seltsame Herzogin und viele weitere skurrile Wesen. Mit Witz, Mut und Phantasie sucht Alice sich ihren Weg durchs Wunderland.

Lewis Carrolls Roman hat Generationen von Kindern und Eltern begeistert. Jetzt liegt Alice im Wunderland in einer zeitgemäßen Übersetzung vor, die den Klassiker behutsam in die Gegenwart bringt und dem klugen Humor des Originals gerecht wird.

Lewis Carroll

Alice im Wunderland

Deutsch von Siv Bublitz

Neuausgabe bei Refinery

Refinery ist ein Digitalverlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin

Juni 2016

© für die deutsche Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2016

© 1865 Lewis Carroll

Titel der englischen Originalausgabe: Alice's Adventures in Wonderland (MacMillan, London)

Umschlaggestaltung:

ZERO Werbeagentur, München

Titelabbildung: © FinePic®

ISBN 978-3-96048-062-4

Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten.

Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

Den lieben langen Nachmittag

gleiten wir faul dahin,

weil kleine Arme, ungeschickt,

an beiden Rudern ziehn

und kleine Hände um den Kurs

vergeblich sich bemühn.

Ihr schlimmen drei! Zu solcher Stunde,

in träumerischer Schwüle,

Geschichten soll ich euch erzählen,

ganz gleich, wie ich mich fühle.

Doch ohne Mitleid drängt und plagt

ein dreifach fester Wille.

Fang an! sagt Prima hoheitsvoll.

Secunda bleibt gelassen:

»Ein bisschen albern muss es sein,

es soll ja zu uns passen!«

Selbst Tertia unterbricht mich nicht –

das ist ja kaum zu fassen!

Auf einmal sitzen alle drei

mit staunendem Gesicht

und folgen mir ins Wunderland,

wo man mit Tieren spricht.

Sie wissen, Märchen sind nur Schein,

und zweifeln dennoch nicht.

Stundenlang hatt’ ich erzählt,

es fiel mir langsam schwer.

»Für heute reicht’s, es ist genug,

beim nächsten Mal dann mehr!«

Doch kein Pardon: »Nein, bitte jetzt!

Wir wünschen’s uns so sehr!«

Die Wunderland-Geschichte wuchs

ganz langsam, Stück für Stück,

doch alle Fabeln sind mal aus,

und dann ist Schluss, zum Glück.

So packen wir die Sachen ein

und rudern froh zurück.

Alice! Dies Märchen ist für dich,

nimm es mit sanfter Hand.

Bewahr es bei den Träumen auf,

die du als Kind gekannt,

als wär’s ein welker Pilgerstrauß,

gepflückt in fernem Land.

– 1 –

Hinein ins Kaninchenloch

Alice langweilte sich allmählich. Sie saß jetzt schon eine ganze Zeit lang neben ihrer Schwester am Ufer und hatte nichts zu tun. Ab und zu warf sie einen Blick in das Buch, das ihre Schwester las, aber sie konnte keine Bilder darin entdecken und auch keine Gespräche. »Und was soll man mit einem Buch anfangen«, fragte sich Alice, »in dem weder Bilder noch Gespräche vorkommen?«

Sie dachte darüber nach (soweit sie überhaupt nachdenken konnte, denn die Hitze machte ganz schläfrig und dumpf im Kopf), ob sie einen Kranz aus Gänseblümchen flechten sollte. So ein Gänseblümchenkranz wäre hübsch, aber lohnte es sich wirklich, dafür aufzustehen und Gänseblümchen zu pflücken? Während sie noch überlegte, rannte plötzlich ein weißes Kaninchen mit roten Augen direkt an ihr vorbei.

An und für sich war das ja nichts Weltbewegendes; Alice fand es auch nicht besonders eigenartig, dass das Kaninchen vor sich hin murmelte: »Du liebe Güte! Ich komme bestimmt zu spät!« (Als sie später darüber nachdachte, wunderte sie sich, dass es ihr nicht komisch vorgekommen war, doch während es passierte, schien ihr alles ganz natürlich.) Aber als das Kaninchen eine Uhr aus der Westentasche zog, nach der Zeit sah und eilig weiterlief, sprang Alice auf. Soviel war klar: Niemals zuvor hatte sie ein Kaninchen mit einer Westentasche gesehen. Schon gar nicht mit einer Uhr darin. Alice konnte ihre Neugier nicht mehr bezähmen und rannte dem Kaninchen quer über die Wiese nach. Sie sah gerade noch, wie es in einem großen Kaninchenloch unter der Hecke verschwand.

Sofort sprang Alice hinterher, ohne sich auch nur eine Sekunde den Kopf darüber zu zerbrechen, wie sie da je wieder herauskommen sollte.

Der Kaninchenbau lief erst geradeaus wie ein Tunnel und fiel dann plötzlich steil ab, so plötzlich, dass Alice gar nicht mehr überlegen konnte, ob sie vielleicht besser stehenbleiben sollte. Sie stürzte einfach hinunter in einen sehr, sehr tiefen Schacht.

Entweder war dieser Schacht wirklich ausgesprochen tief, oder sie fiel sehr langsam, denn sie konnte sich beim Fallen in aller Ruhe umschauen und sich fragen, was nun wohl geschehen würde. Zuerst versuchte sie hinunterzusehen. Sie wollte herausfinden, wohin sie eigentlich fiel, aber es war zu dunkel, man konnte überhaupt nichts erkennen. Dann schaute sie sich die Wände des Schachtes an und bemerkte, dass überall Schränke und Bücherregale angebracht waren; dazwischen hingen ein paar Landkarten und einige Bilder. Im Vorbeifallen nahm sie von einem der Regale ein Glas mit der Aufschrift »ORANGENMARMELADE«, doch zu ihrer großen Enttäuschung war es leer. Sie wollte das Glas nicht einfach wegwerfen, schließlich konnte es ja jemandem weiter unten auf den Kopf fallen, also stellte sie es in einen Schrank, an dem sie vorbeistürzte.

»Immerhin«, dachte Alice, »nach diesem Sturzflug wird es mir nie wieder etwas ausmachen, irgendwo eine Treppe hinunterzufallen. Zu Hause werden alle staunen, wie tapfer ich bin. Wahrscheinlich könnte ich direkt vom Dach fallen und würde keinen Piep sagen.« (Womit sie wohl durchaus recht hatte.)

Tiefer, tiefer, tiefer. Würde dieser Sturz denn niemals aufhören? »Wie viele Kilometer ich jetzt wohl gefallen bin?« fragte sie laut. »Ich muss ungefähr am Mittelpunkt der Erde sein. Mal sehen: das wären sechstausend Kilometer, glaube ich …« (Solche und ähnliche Sachen hatte Alice nämlich in der Schule gelernt. Zwar war dies nicht die allerbeste Gelegenheit, mit ihrem Wissen zu glänzen, weil niemand da war, der ihr zuhörte, aber sie konnte ja mal üben.) »… hm, das müsste ungefähr hinkommen … aber auf welchem Längen- und Breitengrad ich jetzt wohl bin?« (Alice hatte keinen Schimmer, was ein Längen- oder ein Breitengrad war, aber die Worte klangen ziemlich gebildet.)

Laut überlegte sie weiter: »Vielleicht falle ich ja einmal durch die ganze Erdkugel. Das wird komisch, wenn ich bei den Leuten herauskomme, die auf dem Kopf rumlaufen! Wie nennt man die doch gleich? Antipathen, oder so ähnlich …« (Jetzt war sie ganz froh, dass keiner zuhörte; das Wort klang irgendwie nicht richtig.) »… am besten frage ich sie, wie das Land heißt. ›Entschuldigen Sie, ist das hier Neuseeland oder Australien?‹« (Und sie versuchte, dabei einen Knicks zu machen – stellt euch das vor, knicksen, während man durch die Luft fliegt!) »Die Leute werden mich allerdings für ziemlich dumm halten, wenn ich frage! Nein, ich lass es lieber. Vielleicht steht es ja irgendwo dran.«

Tiefer, tiefer, tiefer! Weil es sonst nichts zu tun gab, redete Alice einfach weiter mit sich selbst. »Dina wird mich heute Abend bestimmt vermissen.« (Dina war ihre Katze.) »Hoffentlich vergessen sie nicht, ihr zum Nachmittagstee ein Schälchen Milch zu geben. Ach Dina, ich wünschte, du wärst hier unten bei mir! Leider gibt es in der Luft keine Mäuse, aber du könntest eine Fledermaus fangen; die wird es hier wohl geben, oder nicht? Und Katzen fressen doch Fledermäuse?« Allmählich wurde Alice müde und murmelte schläfrig: »Fressen Katzen Fledermäuse? Fressen Katzen Fledermäuse?« und manchmal auch: »Fressen Fledermäuse Katzen?« Sie wusste das eine so wenig wie das andere, deshalb war es eigentlich egal, wie herum sie fragte. Schließlich nickte sie ein und träumte gerade, sie ginge Hand in Hand mit Dina spazieren und fragte sie ernsthaft: »Ganz ehrlich, Dina, hast du schon mal eine Fledermaus gefressen?«, als sie – rums! – auf einem Haufen trockener Blätter und Zweige landete und es mit dem Fallen ein Ende hatte.

Alice hatte sich überhaupt nicht wehgetan. Sie sprang auf und schaute nach oben, doch über ihr war alles dunkel. Geradeaus lag wieder ein langer Gang, und in einiger Entfernung sah sie auch schon das weiße Kaninchen, das eilig weiterrannte. Es war keine Zeit zu verlieren: Alice lief wie der Wind hinterher und konnte gerade noch hören, wie das Kaninchen sagte: »O meine Löffel und Schnurrhaare, wie spät es schon ist!«, bevor es um eine Ecke bog. Alice war ihm dicht auf den Fersen, aber als sie um die Ecke kam, war das Kaninchen nicht mehr zu sehen. Sie stand in einem langen, niedrigen Saal, der von einer Reihe Deckenlampen erleuchtet wurde. Rund um den Saal waren lauter Türen. Alice probierte zuerst sämtliche Türen auf der einen Seite, dann die auf der anderen, doch sie waren alle verschlossen. Ganz niedergeschlagen ging sie durch die Mitte des Saales zurück und fragte sich, wie sie hier jemals wieder herauskommen sollte.

Plötzlich stand sie vor einem kleinen, dreibeinigen Tisch aus dickem Glas. Darauf lag nichts außer einem winzigen, goldenen Schlüssel, und Alices erster Gedanke war, dass er bestimmt zu einer der vielen Türen passte. Aber nein – entweder waren die Schlösser zu groß, oder der Schlüssel war zu klein; jedenfalls konnte man keine einzige Tür damit öffnen. Als sie das zweite Mal die Runde machte, entdeckte sie einen niedrigen Vorhang, den sie vorher nicht bemerkt hatte, und dahinter eine Tür, ungefähr dreißig Zentimeter hoch. Sie steckte den goldenen Schlüssel ins Schlüsselloch, und siehe da, er passte.

Alice schloss die Tür auf und stellte fest, dass dahinter wieder ein Gang lag, nicht viel größer als ein Mauseloch. Sie kniete sich hin und spähte durch den Gang in den schönsten Garten, den man sich vorstellen kann. Nur zu gern wäre sie aus dem düsteren Saal geflohen und zwischen den bunten Blumenbeeten und kühlen Brunnen umherspaziert; aber sie konnte nicht mal den Kopf durch die Tür stecken. »Und selbst wenn mein Kopf da durchginge«, dachte die arme Alice, »hätte ich ja wohl nicht viel davon, ohne die Schultern. Wie praktisch wäre es, wenn ich mich zusammenschieben könnte wie ein Fernrohr! Das ginge bestimmt, wenn ich bloß wüsste, wie ich anfangen soll.« Nun ja, inzwischen waren so viele merkwürdige Dinge passiert, dass Alice allmählich nichts mehr für unmöglich hielt.

Es hatte keinen Sinn, noch länger vor dieser kleinen Tür herumzustehen. Also ging Alice zum Tisch zurück, in der Hoffnung, es könnte noch ein Schlüssel darauf liegen oder wenigstens ein Buch, in dem stand, wie man sich nach Art eines Fernrohrs zusammenschieben konnte. Diesmal fand sie eine kleine Flasche auf dem Tisch (»Die stand vorhin bestimmt noch nicht da«, sagte Alice). Am Flaschenhals hing ein Zettel, auf dem stand in wunderschönen großen Druckbuchstaben »TRINK MICH!«

Das war leicht gesagt, doch die schlaue kleine Alice wollte nichts überstürzen. »Nein«, sagte sie, »erst werde ich mal nachsehen, ob nicht irgendwo ›Gift‹ draufsteht.« Denn sie hatte einige hübsche kleine Geschichten von Kindern gelesen, die sich verbrannt hatten, von wilden Tieren gefressen worden oder anderweitig in Schwierigkeiten geraten waren, bloß weil sie ein paar einfache Regeln nicht bedachten, die freundliche Menschen ihnen beigebracht hatten: Zum Beispiel, dass man sich an einem glühend heißen Schürhaken verbrennen kann, wenn man ihn zu lange in der Hand behält, und dass es gewöhnlich blutet, wenn man sich richtig tief in den Finger schneidet. So wusste Alice auch genau, dass man nicht zu viel aus Flaschen trinken durfte, auf denen »Gift« stand, weil einem sonst mit ziemlicher Sicherheit übel wurde.

Aber auf dieser Flasche stand nirgends »Gift«, deshalb riskierte Alice einen Schluck zum Probieren. Es schmeckte recht gut (eigentlich wie eine Mischung aus Kirschtorte, Vanillesauce, Brathähnchen, Karamellbonbons und Butterhörnchen), und kurz darauf war die Flasche leer.

»Was für ein komisches Gefühl!« sagte Alice. »Ich glaube, ich schiebe mich zusammen wie ein Fernrohr.«

Und so war es. Alice maß jetzt nur noch zwanzig Zentimeter und strahlte, als ihr einfiel, dass sie ja nun klein genug war, um durch die kleine Tür in den schönen Garten zu gehen. Allerdings wartete sie zuerst noch ein paar Minuten ab, ob sie vielleicht weiter schrumpfte. Sie war ein bisschen beunruhigt, »denn es könnte schließlich soweit kommen«, sagte sie sich, »dass ich ganz ausgehe, wie eine Kerzenflamme. Wie ich dann wohl aussähe?« Und sie versuchte sich vorzustellen, wie eine Kerzenflamme aussieht, wenn sie ausgepustet ist; aber sie konnte sich nicht erinnern, dass sie so etwas schon mal gesehen hatte.

Sie wartete noch eine Weile, und als weiter nichts passierte, beschloss sie, gleich in den Garten zu gehen. Arme Alice! Als sie nämlich an die Tür kam, stellte sie fest, dass sie das goldene Schlüsselchen vergessen hatte. Sie ging zum Glastisch zurück, um es zu holen, doch sie konnte nicht zur Tischplatte hinaufreichen. Ganz deutlich sah sie den Schlüssel durch das Glas und versuchte verzweifelt, an einem der Tischbeine hochzuklettern, aber es war viel zu glatt. Von der vergeblichen Anstrengung völlig erschöpft, setzte sich die arme Alice schließlich hin und weinte.

»Es nützt überhaupt nichts, hier zu sitzen und zu heulen«, schimpfte sie mit sich selbst. »Ich gebe dir einen guten Rat: Hör sofort auf damit!« Alice gab sich oft ausgezeichnete Ratschläge (die sie allerdings nur selten befolgte), und manchmal schalt sie sich selbst so streng, dass ihr die Tränen kamen. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie einmal versucht hatte, sich eine Ohrfeige zu geben, als sie gegen sich selbst Krocket gespielt und dabei geschummelt hatte. Sie war ein merkwürdiges Kind und tat gern so, als wäre sie zwei Personen. »Aber im Augenblick hilft es gar nichts«, dachte die arme Alice, »zu tun, als wäre ich zwei Personen. Was jetzt noch von mir übrig ist, reicht ja kaum für eine anständige Person!«

Kurz darauf bemerkte sie einen kleinen Glaskasten unter dem Tisch, öffnete ihn und fand einen sehr kleinen Kuchen darin, auf dem mit schönen Rosinenbuchstaben »ISS MICH!« geschrieben stand. »Na gut, ich werde ihn essen«, sagte Alice. »Wenn ich davon größer werde, kann ich den Schlüssel erreichen; wenn ich davon kleiner werde, kann ich unter der Tür durchkriechen. Auf jeden Fall komme ich so in den Garten – wie, ist ja eigentlich egal.«

Sie aß ein kleines Stück und fragte sich ängstlich: »Welche Richtung? Welche Richtung?« Dabei legte sie die Hand prüfend auf den Kopf und stellte erstaunt fest, dass sie so groß blieb, wie sie war. Natürlich ist das meistens der Fall, wenn man Kuchen isst; aber Alice hatte sich schon so daran gewöhnt, merkwürdige Dinge zu erleben, dass ihr alles Normale sterbenslangweilig vorkam.

Also machte sie sich wieder über den Kuchen her, und bald hatte sie ihn bis auf den letzten Krümel vertilgt.

– 2 –

Der Tränenteich

Merkwürdiger und merkwürdigerer!« rief Alice (vor lauter Überraschung konnte sie schon nicht mehr richtig sprechen). »Jetzt schieße ich in die Länge wie das längste Fernrohr aller Zeiten! Lebt wohl, Füße!« (Als sie nach unten schaute, konnte sie ihre Füße nämlich kaum noch erkennen, so weit entfernt waren sie schon.) »O je, meine armen Füße, wer soll euch jetzt Schuhe und Strümpfe anziehen? Ich kann es jedenfalls nicht mehr! Bald werde ich viel zu weit weg sein, um mich um euch zu kümmern. Ihr müsst wohl allein zurechtkommen – aber ich sollte lieber nett zu ihnen sein«, dachte Alice, »sonst gehen sie vielleicht nicht mehr dahin, wo ich hinwill! Mal nachdenken … Ich werde ihnen einfach jedes Jahr ein Paar neue Stiefel zu Weihnachten schenken.«