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Maria Fernthaler

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Beschreibung

Das Glück wohnt im Waldhäusl
Warum ein Madl nicht ins Gerede kommen wollte
Von Maria Fernthaler

Für Heidrun Brunner erfüllt sich ein Lebenstraum, als sie in einem kleinen Gebirgsdorf eine Stelle als Lehrerin bekommt. Gleich am ersten Tag lernt sie Leopold Amrainer kennen und findet in ihm einen treuen, zuverlässigen Freund. Er zeigt ihr die Gegend, lädt sie in idyllisch gelegene Landgasthöfe zum Essen ein und erleichtert ihr die Eingewöhnung in die neue Umgebung.
Als Leopold der hübschen Lehrerin aber seine Liebe gesteht, erklärt Heidrun ihm, dass er nie mehr als ein Freund für sie sein wird. Und dann verliebt sie sich ausgerechnet in Leopolds Bruder Markus, der als Holzschnitzer in einem abgelegenen Waldhäusl ein karges Dasein fristet. Da schlägt Leopolds Liebe in Hass um ...

Markus und Heidrun genießen ihr Glück in vollen Zügen und ahnen nichts von den dunklen Schatten, die ihre Zukunft bedrohen ...

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Seitenzahl: 143

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhalt

Cover

Impressum

Das Glück wohnt im Waldhäusl

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-7866-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Das Glück wohnt im Waldhäusl

Warum ein Madl nicht ins Gerede kommen wollte

Von Maria Fernthaler

Für Heidrun Brunner erfüllt sich ein Lebenstraum, als sie in einem kleinen Gebirgsdorf eine Stelle als Lehrerin bekommt. Gleich am ersten Tag lernt sie Leopold Amrainer kennen und findet in ihm einen treuen, zuverlässigen Freund. Er zeigt ihr die Gegend, lädt sie in idyllisch gelegene Landgasthöfe zum Essen ein und erleichtert ihr die Eingewöhnung in die neue Umgebung.

Als Leopold der hübschen Lehrerin aber seine Liebe gesteht, erklärt Heidrun ihm, dass er nie mehr als ein Freund für sie sein wird. Und dann verliebt sie sich ausgerechnet in Leopolds Bruder Markus, der als Holzschnitzer in einem abgelegenen Waldhäusl ein karges Dasein fristet. Da schlägt Leopolds Liebe in Hass um …

Erbarmungslos prasselte der Regen auf die wenigen dunkel gekleideten Menschen, die um das offene Grab auf dem kleinen Dorffriedhof von Leogang standen.

„Er hat ein stilles, zurückgezogenes Leben geführt, der Steffl.“ Mit diesen Worten schloss der greise Pfarrer seine Ansprache. „Aber wir, die wir hier stehen, werden uns immer gern an ihn erinnern.“

Eine ältere und eine jüngere Frau traten an das Grab und warfen ihre Blumensträuße hinunter. Der Pfarrer reichte ihnen die Hand und sprach ihnen sein Beileid aus.

Es waren die Schwester des Verstorbenen und ihre Tochter, die aus der Stadt gekommen waren, um dem Toten die letzte Ehre zu erweisen. Man sah ihnen an, dass sie froh waren, das kleine Gebirgsdorf bald wieder verlassen zu können.

Das jedenfalls dachte Markus Amrainer, der die beiden Frauen während der ganzen Feier beobachtet hatte.

Wenig hatte Steffl von seiner Schwester gesprochen, und noch seltener war er in die Stadt gefahren, um sie zu sehen. In den letzten Jahren hatte er es ganz unterlassen, und Markus wusste, dass einige spärliche Briefe der letzte Kontakt zwischen den Geschwistern gewesen waren.

Jetzt trat der Pfarrer zu ihm und schlug ihm auf die Schulter.

„Es freut mich, dass du gekommen bist, Markus! Dich hat der Steffl lieb gehabt wie seinen eigenen Sohn. Und ich glaube, du wirst ihn sehr vermissen.“

Markus Amrainers dunkle Augen waren voller Trauer.

„Er war mein bester Freund, Herr Pfarrer. Er war für mich da, solange ich zurückdenken kann. Ich hab unendlich viel von ihm gelernt.“

„Ich hab gehört, deine Schnitzereien stehen den seinen net nach“, sagte der Geistliche. „Vielleicht könntest du mir mal etwas zeigen?“

„Gern.“ Markus nickte erfreut. „Wenn Sie am Amrainerhof vorbeikommen, treten Sie ein. Meine ganze Kammer ist voll von meinen Arbeiten.“

Der Geistliche versprach zu kommen, und dann stand Markus allein auf dem Friedhof.

Steffl hatte nicht viele Freunde gehabt im Dorf, er hatte wie ein Einsiedler oben in seinem kleinen Häusl gelebt. Nur für sich und seine Arbeit. Die Friedhofsarbeiter machten sich daran, das Grab zuzuschaufeln.

Markus bekreuzigte sich.

„Lebe wohl, Steffl“, sagte er leise und spürte erst jetzt, dass er bis auf die Haut durchnässt war.

Doch das hinderte ihn nicht daran, einen Umweg zu machen und hinauf zum Häusl des Stefan Kroller zu steigen. Es gehörte eigentlich gar nicht mehr zum Dorf, das kleine windschiefe Holzhaus, das schon jahrzehntelang direkt am Waldrand stand, zwischen Leogang und Saalfelden.

Als Stefan Kroller vor mehr als dreißig Jahren gekommen war, war es ein Unterschlupf für Holzfäller gewesen. Es hatte einem Bauern aus Saalfelden gehört, und der hatte es für einen geringen Preis an ihn verkauft. Nach und nach hatte Stefan Kroller einige Umbauten vorgenommen.

Von seinen letzten Cent – Geld hatte er nie viel besessen – hatte er sich Werkzeug gekauft und mit dem Schnitzen begonnen. Schon bald waren die ersten Holzfiguren fertig gewesen, und es hatte sich schnell herumgesprochen, dass dort oben im Waldhäusl ein Künstler lebte und arbeitete.

Meistens waren es Urlauber gewesen, die Steffl seine Arbeiten abgekauft hatten, und hin und wieder auch ein Geschäft in Saalfelden.

Die Tür des Häusls war nicht abgesperrt. Markus musste sich bücken, um in die niedere Diele zu kommen. Dort hing noch Steffls alter abgewetzter Lodenmantel am Haken, darüber sein unverwüstlicher Hut, den er Sommer wie Winter getragen hatte.

Das ganze Häusl bestand aus drei kleinen Räumen, von denen einer, der am meisten Licht hatte, die Werkstatt war. Es lag alles dort, als würde Steffl jeden Augenblick zur Tür hereinkommen und zu arbeiten beginnen. Mitten in seiner letzten Arbeit, dem Schnitzen einer Madonna, hatte ihn der Tod überrascht. In sich zusammengesunken auf seinem Stuhl hatte ihn Anna, die junge Magd vom Huberbauern, gefunden.

Das Madl war immer einmal in der Woche heraufgekommen, um nach dem Rechten zu sehen und ihm Lebensmittel zu bringen.

Markus bückte sich und hob das Messer auf, das dem Steffl aus der Hand gefallen sein musste. Er wollte es behalten als letzte Erinnerung an den Mann, der für ihn zum Vorbild und Lehrmeister geworden war.

Keine zehn Jahre alt war er gewesen, als er die Hütte vom Kroller-Stefan zum ersten Mal betreten hatte. Kindliche Neugier war es gewesen, die ihn heraufgetrieben hatte. Im Dorf hatte der Holzschnitzer als menschenscheu gegolten.

Der Markus vom Amrainerhof, der Bub mit den großen dunklen Augen und dem Lockenkopf, hatte dem Künstler jedoch auf den ersten Blick gefallen. So einen Sohn wie den goldigen kleinen Kerl hatte der Steffl sich einst als Sohn gewünscht. Doch das Madl, das er geliebt hatte, hatte einen anderen geheiratet. Und später hatte der Steffl nicht mehr ans Heiraten gedacht.

Der kleine Markus hatte mit großen Augen stundenlang die Arbeit des Holzschnitzers verfolgt. Und eines Tages hatte ihm Steffl ein Messer in die kleine schmutzige Hand gelegt.

„Da, versuch es auch einmal. Ich war net älter als du, als ich mit dem Schnitzen angefangen habe.“

Markus hatte sich sofort mit Feuereifer daranbegeben. Er hatte sich geschickt angestellt und konnte schon bald kleine Figuren schnitzen, auf die er mächtig stolz gewesen war. Steffl hatte nie vergessen, den Buben zu loben.

Fortan war Markus an jedem Wochenende gekommen und hatte den ganzen Nachmittag in der Werkstatt bei dem alten Mann gesessen. Das hatte sich auch nicht geändert, als aus dem Buben ein junger Bursche geworden war.

Eines Tages dann hatte es mit dem Vater einen schlimmen Streit gegeben. Voller Stolz hatte Markus seine erste selbst geschnitzte Muttergottes mit auf den Hof gebracht, und während die Mutter sich darüber sehr gefreut hatte, hatte der Vater keine Miene verzogen.

„Du bist jetzt bald zwanzig, Markus, und solltest an etwas anderes denken als nur an dein Hobby. Willst du deine ganze Jugendzeit bei dem komischen Kauz da oben vertrödeln? Schau dich nach einem Madl um. Man redet schon über dich. Willst du etwa so ein Sonderling werden wie der Stefan?“

Zornesröte war dem jungen Burschen bei den Worten des Vaters ins Gesicht gestiegen.

„Der Steffl ist mehr wert als alle anderen im Dorf“, hatte er seinen Lehrmeister und Freund verteidigt, „und wenn einer was Schlechtes über ihn sagt, dann bekommt er es mit mir zu tun. Und ich denk net daran, das Schnitzen aufzugeben. Es gibt nix, was mir so viel Freude macht.“

„Auch der Hof net, den du einmal erben wirst?“, hatte der Bauer voller Spott gefragt, „du bist mein ältester Sohn. Hast du das vergessen?“

Markus hatte geschwiegen und war gegangen. Niemals konnte er dem Vater eingestehen, dass ihm das Schnitzhandwerk viel mehr Freude machte als die Arbeit auf dem Amrainerhof. Und manchmal hatte er so etwas wie Neid auf seinen jüngeren Bruder Leopold gespürt. Der konnte einmal einen Beruf ergreifen, der ihm Freude machte.

Markus hätte es nichts ausgemacht, auf sein Erbe zugunsten des Bruders zu verzichten. Aber es war schon immer so gewesen, dass der älteste Sohn den Amrainerhof übernommen hatte.

Jetzt, wo er in der verlassenen, verstaubten Werkstatt des alten Kroller-Stefan stand, musste er an jenes Gespräch, das schon vor vielen Jahren stattgefunden hatte, denken. Heute war er siebenundzwanzig Jahre alt, und noch immer begeisterte ihn die Schnitzkunst mehr als alles andere.

Vom Vater ließ er sich längst nicht mehr reinreden, wenn er am Wochenende über seinen Figuren saß. Bis jetzt hatte er immer oben im Häusl vom Steffl gesessen und gearbeitet, aber das war nun bestimmt bald vorüber.

Sicher würde die Schwester in der Stadt das Haus erben und es verkaufen. Ein neuer Besitzer würde mit dem alten Häusl nicht viel anfangen können und es womöglich abreißen und ein neues Haus hinstellen. Die Lage war herrlich hier oben am Waldrand.

Vielleicht stand Markus heute zum letzten Mal hier in dem kleinen Raum, der ihm seit seiner Kinderzeit vertraut war. Überall standen noch Steffls Figuren, jede einzelne drückte sein einmaliges Talent aus. Ob es ihm jemals gelingen würde, so wundervoll zu schnitzen wie er?

Vom Dorf her klang die Kirchturmuhr. Markus erschrak. Auf dem Amrainerhof saß man sicher schon um den Mittagstisch. Schnell steckte er Steffls Schnitzmesser in die Tasche. Einen letzten Blick warf er in den Raum, bevor er das Häusl verließ.

***

„Sie sind also Heidrun Brunner?“ Der Bürgermeister von Leogang reichte dem hübschen braunhaarigen Madl die Hand. „Es tut mir leid, dass ich Sie hab warten lassen müssen. Aber das Gespräch war sehr wichtig für mich.“

Heidrun Brunner lachte, und dieses Lachen ließ sie noch jünger aussehen, als sie ohnehin war. In ihren Wangen bildeten sich Grübchen, und der Bürgermeister machte ein nachdenkliches Gesicht. War diese neue junge Lehrerin nicht zu hübsch für ein kleines Dorf wie Leogang? Wieso hatte gerade sie sich für die ausgeschriebene Stelle beworben? Das fragte er sie auch, und ihr Gesicht wurde ernst.

„Ich bin Waise, meine Eltern sind vor vielen Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Gott sei Dank war es mir trotzdem möglich zu studieren. Schon damals habe ich mir gewünscht, Lehrerin an einer Dorfschule zu werden. Ich bin so froh, dass ich die Stelle bekommen habe.“

Der Bürgermeister nickte.

„Bisher hatten wir immer Lehrer an unserer Schule. Meinen Sie, Sie werden mit den Bauernkindern fertig werden? Es sind ganz schöne Starrköpfe darunter, besonders bei den älteren Schülern.“

„Das macht mir keine Sorgen, Herr Bürgermeister. Viel mehr Kummer macht es mir, dass ich noch kein Zimmer habe. Soviel ich gehört habe, möchte der alte Lehrer oben im Schulhaus wohnen bleiben. Meinen Sie, einer der Bauern vermietet mir ein Zimmer?“

„Ich werde Ihnen gern behilflich sein. Vorläufig sind Sie ja im Gasthof gut untergebracht.“

Heidrun Brunner reichte ihm die Hand.

„Vielen Dank. Ich fange ja erst am Ersten an. Die vier Tage bis dahin werde ich mir die Gegend ansehen und hoffentlich schon einige meiner Schüler kennenlernen.“

Sie hatte keinen Schirm mitgenommen, aber jetzt, als sie vor die Tür des Gemeindeamtes trat, regnete es so stark, dass sie sich unterstellen musste. Bis zum Gasthof waren es nur wenige Meter, aber bis dorthin würde sie patschnass werden.

Während sie sich noch unschlüssig umsah, kam ein junger Bursche die Dorfstraße hinunter. Er pfiff fröhlich vor sich hin, und seine Augen wurden groß, als er das braunhaarige, bildhübsche junge Madl sah, das verzagt auf die niederprasselnden Regentropfen sah. In dem Glauben, dass es sich um eine Urlauberin handelte, trat er vor sie hin.

„Sie dürfen net bös sein auf den Petrus, weil er es heute so regnen lässt. Wir haben auch sehr viel Sonnenschein hier in Leogang.“

Heidrun Brunner musste lachen. Der junge Bursche mit den lustigen blauen Augen und dem dunkelblonden Wuschelkopf gefiel ihr.

„Darüber bin ich auch nicht böse. Aber ich überlege, wie ich schnell zum Gasthof komme, ohne ganz nass zu werden.“

Der junge Bursche lachte, und seine Augen strahlten.

„Wenn das die einzige Sorge ist, das werden wir gleich haben.“

Er zog seine Jacke aus und hängte sie Heidrun über die Schultern.

„Und jetzt geben Sie mir Ihre Hand“, meinte er, „und wir laufen, so schnell es geht.“

Heidrun hoffte nur, dass der Bürgermeister ihr nicht vom Fenster aus nachsah. Was würde er davon halten, wenn die neue Lehrerin gleich am ersten Tag an der Hand eines jungen Bauernburschen durch das Dorf lief?

„Kommen Sie, jetzt wird Ihnen ein Tee guttun“, sagte ihr neuer Bekannter, als sie den Gasthof erreicht hatten.

„Da schau her, der Poldi schon so früh am Morgen“, sagte der Wirt schmunzelnd.

„Nur auf einen Tee“, sagte Poldi, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen.

„Nett von dir, dass du dich um die neue Lehrerin kümmerst“, meinte der Wirt.

„Sie sind die neue Lehrerin?“, fragte Leopold Amrainer verwundert und schaute in das schmale, hübsche Gesicht mit den großen dunkelblauen Augen.

Heidrun Brunner musste lachen.

„Ja, es stimmt. Ich heiße Heidrun Brunner und bin seit drei Stunden im Dorf. Als wir uns getroffen haben, habe ich mich gerade bei Ihrem Bürgermeister vorgestellt.“

Leopold Amrainer tat einen tiefen Seufzer und fuhr sich nachdenklich über die Stirn. Er dachte an seine Schulzeit zurück, die nicht gerade sehr erfolgreich verlaufen war.

„Die Schulzeit und der Lehrer liegen mir noch heut im Magen“, gab er lachend zurück, „ganz im Gegensatz zu meinem älteren Bruder. Der ist mir immer als leuchtendes Beispiel vorgehalten worden.“

„Ich hoffe, man wird mich hier nicht allzu lange als Fremde behandeln“, sagte Heidrun leise, „ich habe mich so gefreut, gerade in dieses Dorf kommen zu dürfen.“

Leopold Amrainer legte seine Hand auf die ihre. Er war ernst geworden.

„Einen Freund haben Sie schon gefunden, Heidrun. Und ich wüsste keinen Grund, dass man Sie hier bei uns nicht mögen sollte. Ganz Leogang wird stolz auf seine schöne junge Lehrerin sein.“

Heidrun lachte ein wenig verlegen.

„Seit ich Sie kenne, fühle ich mich schon ein bisserl zu Hause. Aber jetzt muss ich hinauf in mein Zimmer gehen. Ich habe noch nichts ausgepackt.“

„Wann fangen Sie in der Schule an?“, wollte Leopold wissen.

„Ich habe noch vier Tage Galgenfrist. Und die werde ich dazu nutzen, die Umgebung kennenzulernen. Ich bin zum allerersten Male in so einem kleinen Gebirgsdorf.“

Eine gute Möglichkeit, das hübsche Madl bald wiederzusehen, dachte Leopold.

„Darf ich Ihnen unsere schöne Umgebung zeigen? Vielleicht morgen schon? Einverstanden?“ Er reichte ihr die Hand.

Heidrun nickte.

„Dann bin ich gegen zehn Uhr da, und Sie werden sehen, ich bringe Sonnenschein mit.“

Lachend sah sie ihm nach. Der Wirt trug die leeren Teegläser zur Theke.

„Der Leopold, der ist schon recht“, meinte er, „bei dem sind Sie gut aufgehoben. Der hat sein Herz und sein Mundwerk auf dem rechten Fleck.“

Heidrun ging hinauf in ihr Zimmer. Es war klein, aber jetzt zur Urlaubszeit, mitten im August, war sie froh, überhaupt etwas für den Übergang gefunden zu haben.

Sie dachte an den Mann, den sie gerade kennengelernt hatte. Leopold Amrainer hieß er, und so wie er aufgetreten war, war sein Vater bestimmt ein angesehener Bauer im Dorf. Er hatte ihr gut gefallen, sie mochte Männer, die lebhaft und lustig waren.

Auch Gerd, der Freund der Studienjahre, war so gewesen. Aber Heidrun hatte ihm Adieu gesagt. Weil sie ihn nicht lieben konnte, genauso wenig wie sie einen Mann wie Leopold Amrainer jemals würde lieben können.

Wie jener Mann aussehen musste und wie er sein sollte, das hatte sie sich oft vorgestellt, aber sie war ihm noch nie begegnet. Er müsste vor ihr stehen, und ihr Herz müsste sofort höherschlagen. Ein bisschen so wie in einem Film oder in einem Roman.

Trotzdem freute sie sich auf den morgigen Tag.

***

Beide Söhne des Amrainerbauern kamen an diesem regnerischen Augusttag zu spät zum Mittagessen. Markus, weil er zu lange in dem Häusl vom Kroller-Stefan geblieben war, und Leopold, weil er ein hübsches junges Madl kennengelernt und sich wieder einmal verliebt hatte. Vor dem Hof stießen sie fast zusammen, so eilig hatte es jeder. Und dann lachten sie beide.

„Ich hab gehofft, wenigstens du wärst pünktlich“, sagte Markus, „wo hast du dich denn herumgetrieben?“ Leopold, der dem älteren Bruder nur bis zur Schulter ging, zwinkerte mit den Augen.

„Ich war in Sachen Liebe unterwegs“, raunte er dem Bruder zu.

Sie traten beide gleichzeitig in die große Küche, wo nur noch der Vater am oberen Tischende saß. Er rauchte seine Pfeife, ein Zeichen dafür, dass das Essen längst beendet war.

Resi, die junge Magd, schaute Leopold ängstlich an. Sie wusste, dass es gleich ein Donnerwetter geben würde, und sie hatte den jüngeren Amrainer nun einmal ins Herz geschlossen. Auch wenn Poldi keine Augen für die hübsche Magd hatte.

„Meine Herren Söhne kommen sehr zeitig“, sagte der Bauer, ein grauhaariger wuchtiger Mann mit buschigen Augenbrauen über wasserhellen Augen.

„Entschuldige, Vater, aber du weißt, dass ich bei dem Begräbnis vom Steffl war, und hinterher hab ich in seinem Häusl noch nach dem Rechten gesehen. Es war das letzte Mal, dass ich dort oben war, weil es seine Schwester ja sicher schnellstens verkaufen wird.“

„Dann wirst du wenigstens wieder mehr Zeit für andere Dinge haben“, sagte der Vater, und sein Blick ging zu seinem jüngeren Sohn.

„Ich hab dich zum Tierarzt um ein Rezept geschickt. Wie mir scheint, bist du den Weg dreimal gegangen.“

„Der Tierarzt war net gleich zu sprechen, ich hab warten müssen“, erwiderte Poldi stockend, und jedermann in der Küche wusste, dass er wieder einmal zu einer Notlüge gegriffen hatte.