Alt-Wiener Dramen - Johann Nestroy - E-Book

Alt-Wiener Dramen E-Book

Johann Nestroy

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Beschreibung

Dieser Band beinhaltet die folgenden Dramen des Wiener Schriftstellers und Regisseurs: Der böse Geist Lumpazivagabundus Der Talisman Das Mädl aus der Vorstadt Einen Jux will er sich machen Der Zerrissene Freiheit in Krähwinkel Judith und Holofernes Der Talisman Das Haus der Temperamente Eulenspiegel Zu ebener Erde und erster Stock

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Dramen

Johann Nestroy

Inhalt:

Johann Nestroy – Biografie und Bibliografie

Der böse Geist Lumpazivagabundus

Personen

Erster Aufzug

Zweiter Aufzug

Dritter Aufzug

Der Talisman

Personen

Erster Aufzug

Zweiter Aufzug

Dritter Aufzug

Das Mädl aus der Vorstadt

Erster Aufzug

Zweiter Aufzug

Dritter Aufzug

Einen Jux will er sich machen

Personen

Erster Aufzug

Zweiter Aufzug

Dritter Aufzug

Vierter Aufzug

Der Zerrissene

Personen

Erster Aufzug

Zweiter Aufzug

Dritter Aufzug

Freiheit in Krähwinkel

Personen

Die Revolution

Erster Aufzug

Zweiter Aufzug

Die Reaktion

Dritter Aufzug

Judith und Holofernes

Personen

Der Talisman

Personen

Erster Aufzug

Zweiter Aufzug

Dritter Aufzug

Das Haus der Temperamente

Personen.

Erster Akt

Zweiter Akt

Eulenspiegel

Personen

Erster Aufzug

Zweiter Aufzug

Dritter Aufzug

Vierter Aufzug

Zu ebener Erde und erster Stock

Personenverzeichnis.

Erster Aufzug

Zweiter Aufzug

Dritter Aufzug

Dramen, J. Nestroy

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849622862

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Dieses Werk bzw. Inhalt und Zusammenstellung steht unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz. Die Details der Lizenz und zu der Weiterverwertung dieses Werks finden Sie unter http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/. Der Inhalt und die Zusammenstellung oder Teile davon wurden der TextGrid-Datenbank entnommen, wo der Inhalt und die Zusammenstellung oder Teile davon ebenfalls unter voriger Lizenz verfügbar sind. Eine bereits bestehende Allgemeinfreiheit der Texte bleibt von der Lizensierung unberührt.

Johann Nestroy – Biografie und Bibliografie

Komiker und Possendichter, geb. 7. Dez. 1801 in Wien, gest. 25. Mai 1862 in Graz, studierte die Rechte, wandte sich aber 1822, mit einer schönen Baßstimme ausgestattet, zur Bühne und debütierte 1821 am Hofoperntheater als Sarastro in der »Zauberflöte« so glücklich, dass er sogleich ein Engagement erhielt. Nach zwei Jahren ging er als erster Bassist an das Theater in Amsterdam, 1824 nach Brünn und 1826 nach Graz, wo er seine Tätigkeit bald ausschließlich auf das komische Fach beschränkte und besonders durch die Darstellung des Sansquartier in Angelys »Zwölf Mädchen in Uniform«, den er bis an sein Lebensende immer wieder spielte (vgl. Vischer, Kritische Gänge: »Eine Reise«), beliebt wurde. 1831 erhielt er ein Engagement an das Theater an der Wien zu Wien, und 1854 übernahm er das Carl-Theater. 1861 zog er sich nach Graz zurück. N. war als Schauspieler ein origineller, scharf satirischer Charakterzeichner. Als Theaterdichter hatte er sich bereits 1827 in Graz versucht; in Wien trat er 1832 zuerst mit dem »Gefühlvollen Kerkermeister«, einer parodierenden Posse, dann mit »Nagerl und Handschuh« hervor, welche Stücke viele Wiederholungen erlebten. Bald folgte »Zamperl«, eine Opernparodie, und nun wandte sich N. mit derbem Realismus und scharfer Karikatur gegen alle Tragik und Sentimentalität, daher auch namentlich gegen Raimund und seine Geisterwelt. Sein Erstlings- und Hauptwerk in dieser Richtung war die (nach der Weisflogschen Novelle »Das Lotterielos« geschriebene) Posse »Der böse Geist Lumpacivagabundus« (1833), die ihren Weg über alle Bühnen machte. Auch seine folgenden Possen: »Eulenspiegel«, »Zu ebener Erde und im ersten Stock«, »Glück, Mißbrauch und Rückkehr«, »Die verhängnisvolle Faschingsnacht«, »Der Talisman«, »Mäd'l aus der Vorstadt«, »Tritsch-Tratsch«, »Einen Jux will er sich machen« u.a., hatten großen Erfolg. Von spätern Stücken sind »Der Zerrissene«, »Unverhofft«, »Der Unbedeutende«, »Nur Ruhe«, »Die Freiheit in Krähwinkel« (1848), »Kampl«, »Weiß man's denn?«, »Umsonst«, die Parodien »Judith und Holofernes«, »Tannhäuser oder die Keilerei auf der Wartburg« hervorzuheben. Seine »Gesammelten Werke« gaben Chiavacci und Ganghofer (Stuttg. 1890–91, 12 Bde.) und Rosner (Berl. 1903, 2 Bde.) heraus. Vgl. Necker, Johann N. (Stuttg. 1891); »Aus N., Erinnerungsgabe« (Zitate und Kernsprüche, 4. Aufl., Wien 1885); Schlögl, Vom Wiener Volkstheater (Teschen 1884).

Der böse Geist Lumpazivagabundus

oder Das liederliche Kleeblatt

Zauberposse mit Gesang in drei Aufzügen

Personen

Stellaris, Feenkönig

Fortuna, Beherrscherin des Glückes, eine mächtige Fee

Brillantine, ihre Tochter

Amorosa, eine mächtige Fee, Beschützerin der wahren Liebe

Mystifax, ein alter Zauberer

Hilaris, sein Sohn

Fludribus, Sohn eines Magiers

Lumpazivagabundus, ein böser Geist

Leim, (ein Tischlergesell),

Zwirn, (ein Schneidergesell),

Knieriem, (ein Schustergesell), vazierende Handwerksburschen

Pantsch, Wirt und Herbergsvater in Ulm

Fassel, Oberknecht in einem Brauhause

Nannette, Tochter des Wirts

Sepherl,

Hannerl, Kellnerinnen

Ein Hausierer

Ein Schustermeister

Ein Tischlergesell

Strudl, Gastwirt zum goldenen Nockerl in Wien

Hobelmann, Tischlermeister in Wien

Peppi, seine Tochter

Anastasia Hobelmann, seine Nichte

Ein Fremder

Gertraud, Haushälterin in Hobelmanns Hause

Reserl, Magd daselbst

Hackauf, Fleischermeister in Prag

Ein Maler

Erster,

Zweiter Bedienter bei Zwirn

Erster,

Zweiter Geselle bei Zwirn

Herr von Windwachel

Herr von Lüftig

Herr von Papillon

Signora Palpiti

Camilla,

Laura, ihre Töchter

Wirt,

Wirtin in einer Dorfschenke unweit Wien

Ein Reisender (Stellaris)

Zauberer. Magier und ihre Söhne. Nymphen. Genien. Gäste. Volk. Bauern. Handwerksleute verschiedener Zünfte etc. etc.

Die Handlung spielt teils in Ulm, teils in Prag und teils in Wien.

Erster Aufzug

Wolkendekoration.

Erster Auftritt

Mehrere alte Zauberer und Magier, darunter Mystifax, treten auf und stellen sich im Halbkreis, jeder führt einen erwachsenen Sohn an der Hand, darunter Hilaris und Fludribus. – Stellaris sitzt auf dem Throne.

CHOR DER ALTEN ZAUBERER.

Wir werden euch schon Mores lehren,

Ihr liederlichen Bursche ihr!

Was nun geschehn wird, sollt ihr hören,

Der Feenkönig richtet hier.

Ihr kehrt im nächsten Augenblick

Zur Ordnung wiederum zurück.

STELLARIS. Was versammelt euch so zahlreich an meines Wohnsitzes goldner Pforte? Was verlangt ihr von mir?

MYSTIFAX. Mächtiger Beherrscher! wir flehen um deine Hülfe. Es treibt sich ein böser Geist im Zauberlande herum.

STELLARIS. Wie heißt er?

MYSTIFAX. Lumpazivagabundus.

STELLARIS. Was tat euch dieser böse Geist?

MYSTIFAX. Er hat sich der Herzen unserer Söhne bemächtigt, und sie vom Pfade der Ordnung gelockt. Sie verabscheuen jetzt jede Beschäftigung, sie spielen, trinken, stürzen sich in tolle Liebesabenteuer – mit einem Wort, sie sind verloren, wenn du den bösen Geist nicht bannst.

STELLARIS. Lumpazivagabundus erscheine!

Musik fällt ein, Lumpazivagabundus kommt im Vordergrunde aus der Versenkung.

Zweiter Auftritt

Vorige. Lumpazivagabundus.

LUMPAZI nach der Musik. Da bin ich! Was steht zu Befehl?

STELLARIS. Du bist Lumpazivagabundus?

LUMPAZI.Der bin ich, und zugleich Beherrscher des lustigen Elends, Beschützer der Spieler, Protektor der Trinker etc. etc.; kurzum, ich bin ein Geist aus'n F.

STELLARIS. Verwegener! der du's wagtest, in das Feenreich zu dringen, ich verbanne dich von diesem Augenblick auf ewige Zeit.

LUMPAZI. Ha, ha, ha, ha, ha!Versinkt lachend.

STELLARIS ehe er noch ganz versunken ist. Halt!

LUMPAZI kommt wieder in die Höhe. Haben mir Eu'r Herrlichkeit noch was zu sagen?

STELLARIS. Du hast meinen Urteilsspruch mit Hohngelächter erwidert?

LUMPAZI. Natürlich, weil er nichts nutzt. Ob ich da bin oder nicht, diese jungen Herren bleiben auf alle Fäll' meine getreuen Anhänger; denn meine Grundsätze leben in ihnen fort.

STELLARIS zu den Söhnen. Wie? Ihr seid nicht ernstlich entschlossen, zur Ordnung zurückzukehren?

FLUDRIBUS vortretend. Ich nehme im Namen meiner Kameraden das Wort. Wir haben den größten Teil unsers Vermögens durchgebracht, ob wir das Restel haben oder nicht, das ist uns gleichviel; darum wollen wir das auch noch verjuxen.

ALLE SÖHNE. Ja, wir wollen es verjuxen.

DIE VÄTER. Entsetzlich!

STELLARIS. Und wenn ihr nichts mehr habt, was dann?

FLUDRIBUS. Dann machen wir Schulden.

DIE SÖHNE. Wir machen Schulden!

STELLARIS. Und wenn ihr nicht bezahlen könnt, was dann?

FLUDRIBUS. Dann lassen wir uns einsperren.

DIE SÖHNE. Ja, ja, wir lassen uns einsperren.

FLUDRIBUS. Da gibt sich hernach die Ordnung von selbst.

LUMPAZI sich triumphierend die Hände reibend. Das sind meine Grundsätze.

MYSTIFAX zu Stellaris. Was sagen Euer Herrlichkeit nun dazu?

STELLARIS zu den Söhnen. Wenn ihr aber wiederbekämet, was ihr liederlicherweise verpraßt habt, würdet ihr dann ordentlich mit dem Eurigen haushalten?

HILARIS. Der macht uns wieder reich.

FLUDRIBUS zu Stellaris. Ja, wenn wir wieder reich würden, würden wir auch wieder brav.

DIE SÖHNE. Ja, dann würden wir brav.

STELLARIS. Nun denn, Fortuna, nahe dich!

Musik. Mehrere Nymphen mit Füllhörnern treten auf, zuletzt Fortuna, ihr folgt ihre Tochter Brillantine.

STELLARIS nach der Musik. Fortuna, diese jungen Männer haben ihr Vermögen vergeudet; gib ihnen den verlornen Reichtum wieder.

FORTUNA. Beherrscher des Feenreichs! befehlen lasse ich mir nichts, auch nicht von dir: doch weil ich gerade guter Laune bin Zu Lumpazivagabundus. und dir, Elender, zum Trotze, mag es sein. Zu  den Söhnen. Ich schütte mein Füllhorn über euch.

DIE SÖHNE. Tausend Dank!

LUMPAZI. Ha, ha, ha! das ist zum Totlachen! Durch die Fortuna will der mir meine Anhänger entreißen! Da werden grad noch ärgere Lumpen draus.

HILARIS. Ich will aufrichtig sein; Reichtum wird mich nie bessern.

MYSTIFAX. Wie? Was? Mein Sohn, du wärst der Inkurabelste von allen?

HILARIS. Nur ein Mittel gibt's, das mich festhalten wird auf dem Pfad der Tugend: es ist Brillantinens Hand.

ALLE. Was?

HILARIS. Wir lieben uns.

FORTUNA entrüstet. Tochter!

BRILLANTINE. Verzeihung, Mutter!

LUMPAZI auf Hilaris zeigend. Den geb' ich auf; die andern alle aber sind und bleiben in meiner Macht.

STELLARIS. Warum, Unhold?

LUMPAZI. Weil die Fee Fortuna nicht imstand ist, mir einen Anhänger abwendig zu machen; aber der, Auf Hilaris zeigend. der steht unter dem Schutz meiner größten Feindin, die mich einzig und allein überall vertreibt.

FORTUNA stolz. Wer ist die Fee, die mächtiger ist als ich?

LUMPAZI. Amorosa ist's, die Beschützerin der wahren Liebe.

STELLARIS. Amorosa!

Musik fällt ein. Amorosa schwebt in einer lichten Wolke, mit zwei Genien hernieder.

LUMPAZI. Sie naht schon, die Mächtige, die mir oft meine fidelsten Brüderln entreißt. – Jetzt empfehl' ich mich! Aber noch einmal, Madam Fortuna, Sie fürcht' ich nicht; denn was meine wahren Anhänger sind, die machen sich nicht so viel aus Ihnen. Kommt's Glück einmal, so werfen sie's beim Fenster hinaus, und kommt's zum zweitenmal, und will sich ihnen aufdringen auf eine dauerhafte Art, so treten sie's mit Füßen. – So behandeln meine echten Brüderln das Glück. – Gehorsamer Diener allerseits. Tritt auf die Versenkung, und versinkt unter Musik.

Dritter Auftritt

Vorige, ohne Lumpazivagabundus. Amorosa.

AMOROSA Hilaris und Brillantinen an der Hand fassend, und sich Fortunen nähernd. Fortuna! ich vereine meine Bitte mit dem Flehen dieser beiden, beselige durch günstigen Ausspruch zwei Herzen, die sich der wahren Liebe geweiht.

FORTUNA zu Amorosa. Wie, Törichte! du hoffst, ich werde mich deinem Wunsche fügen, in einem Augenblick, wo eben ein frecher Unhold zu deinen Gunsten mich erniedrigte, und du mit stolzem Blick auf mich herniedersiehst? Ich zerreiße das Band, das du um diese Herzen geschlungen.

BRILLANTINE und HILARIS. Weh' uns!

STELLARIS. Halt ein! Bedenk erst, was du sprichst. Des Feenreiches unumstößliche Gesetze erlauben dir nicht, Hilaris' Antrag unbedingt zu verwerfen; nur eine schwere Bedingung festzusetzen, deren Erfüllung die Liebenden trennt, deren Nichterfüllung aber sie auf immer vereint, nur dies ist dir gestattet.

FORTUNA. Nun denn, so sei's. Ich will eine Bedingung setzen, die zugleich jenen Frechen, der meine Macht verspottet, und glaubt, nur du Zu Amorosa. seist ihm gefährlich, das Gegenteil beweisen soll. – Ich wähle unter den Sterblichen drei seiner Anhänger, lockere Gesellen, jedoch nur solche, welche schon der Armut drückend Los gefühlt. Diese will ich mit Reichtum überschütten; werfen sie, wie er gesagt, das Glück zum Fenster hinaus, so dringe ich es ihnen zum zweiten Male wieder auf; treten sie es dann mit Füßen, so erkenne ich mich als besiegt, und Hilaris werde meiner Tochter Gemahl; doch, wenn sie, wie kaum zu zweifeln ist, das Glück mit Dank empfangen, und aus Furcht vor neuer Dürftigkeit, mit weiser Mäßigung, es sich fürs ganze Leben bewahren, und ich sie so dem Lumpazivagabundus entreiße, dann bin ich Siegerin, und Hilaris werde auf immer von meiner Tochter getrennt.

STELLARIS. Wohlan! Nur eines habe ich noch hinzuzusetzen, es gilt für beide Teile gleich. – Gelingt es dir, dem Lumpazivagabundus von den drei lockeren Gesellen auch nur zweie zu entreißen, so hast du schon gewonnen; treten hingegen auch nur zwei von ihnen das Glück mit Füßen, so hast du verloren. Dies beschwöre hier vor meinem Thron.

FORTUNA geht an die Stufen des Thrones, und erhebt die Hand zum Schwur. Ich schwöre!

Drei kurze, starke Akkorde.

STELLARIS. Dein Schwur ist angenommen.

MYSTIFAX zu Amorosa. Und für die andern verlornen Söhne hier ist keine Rettung aus den Krallen des Lumpazivagabundus zu hoffen?

AMOROSA. Nicht eher, als bis wahre Liebe in ihrem Herzen Eingang gefunden.

HILARIS Brillantinen umarmend. So leb denn wohl, auf ewig! Unmöglich kann die Bedingung zu unserm besten sich erfüllen.

AMOROSA. Verzweifelt nicht, baut auf die Beschützerin wahrer Liebe. Sie besteigt ihren Wolkenwagen.

Kurze Musik fällt ein, alle ziehen sich zurück.

CHOR.

So ist in dunkler Zukunft Schoß

Verborgen unsrer Söhne Los.

Die nächste Dekoration fällt vor.

Verwandlung

Kurze freie Gegend, die Landstraße vorstellend, links eine hölzerne Bank unter einem Meilenzeiger.

Vierter Auftritt

Leim – dann Knieriem – dann Zwirn.

LEIM mit einem Felleisen, tritt gleich nach der Verwandlung auf. Da wär' ich beim Tor. Es ist aber, soviel ich merk', eine ungefällige Stadt; denn wenn sie gefällig wär', so wär' sie mir auf halbem Weg entgegengekommen. Im Grund betracht, ist's a Schand, ich bin ein ausgelernter Tischler, und es gehn mir ordentlich d' Füß aus'n Leim. Ist's denn aber anders möglich? Die Wirt' auf der Straßen haben ja Herzen, so hart als ein Ast in ein buchsbaumenen Pfosten. Woher kommt das aber? Weil die Leut' keine Bildung haben auf'n Land. Und warum haben s' auf'n Land keine Bildung? Weil s' lauter eichene Möbeln haben, drum kennt das Volk keine Politur; und wer keine Politur kennt ist ein Sozius. – Jetzt will ich halt a bissel ausrasten da, und nachher um d' Herberg frag'n. Setzt sich auf die Bank.

Das Ritornell des folgenden Liedes beginnt. Knieriem, ein Ränzchen auf dem Rücken tritt auf.

KNIERIEM.

Es kommen d' Stern, es wird schon spat,

Zeit is, daß s' einmal da is d' Stadt,

Ich brauch' ein Guld'n jetzt zum Verhau'n,

Da muß i gleich zum Fechten schau'n.

Und wie i ein Guld'n z'sammbettelt hab',

Da laßt's mir drei Maß Bier hinab,

A drei Maß Bier laßt's mir hinab.

Mein Rausch hab' i jahraus jahrein,

Es wird doch heut kein Ausnahm sein.

Er setzt sich auf die Bank rechts.

Die Musik verändert sich. Zwirn tritt von derselben Seite ein, er ist abgeschaben, aber dennoch so viel wie möglich geputzt, und trägt ebenfalls den Wanderbündel auf dem Rücken.

ZWIRN äußerst lustig.

D' Stadt ist in der Näh',

Drum schrei' ich Juheh!

Juheh! Juheh! Juheh!

Wer d' Madeln gern hat,

Find't g'nug in der Stadt,

Juheh! find't g'nug in der Stadt.

Blauer Montag is alle Tag,

Darum laß ich nicht nach,

Bis die Sonn' morgen scheint,

Grad so lang' tanz' i heunt;

Ich tanz' mir doch nit g'nu,

Darum gib ich kein Ruh',

Spring' wie a Gas in d' Höh,

Und schrei' Juheh!

Was sitzen denn da für ein paar Maner?

LEIM. Ich bin ein Tischler.

KNIERIEM. Und i bin a Schuster.

ZWIRN. Seid's ös schon so weit gangen heut, daß's so müd seid's.

LEIM. Das just nit, aber mit'n Essen hat's schlecht ausg'schaut. Ich hab' nit mehr als zwei Meilen g'macht.

KNIERIEM. Und ich hab' mir eine halbe Stund von hier ein Rausch ausg'schlafen, das war aber schon ein Millionhaarbeutel das – und was hab' i trunken? Neun Halbe Bier; aber seit dem letzten Kometen greift mich alles so an.

ZWIRN. Pfui Teuxel! Schamt's euch nit? Auf so ein Trümmerl Weg rasten s' aus! Ich geh' heut' schon meine drei Stationen, und kann den Augenblick nit erwarten, wo ich zum Tanzen komm'.

LEIM. Hör auf, Brüderl, du schneid'st auf. Ich bin g'wiß nit schlecht auf die Füß; aber drei Stationen gehn, und noch tanzen woll'n, das is g'log'n. Jetzt schaun wir halt, daß wir g'schwind auf d' Herberg kommen.

KNIERIEM. Ich hab' einen enormen Durst.

LEIM. Zuerst gehn wir fechten. Das Betteln parodierend. Euer Gnaden, ein armer reisender Handwerksbursch bitt gar schön um a bissel was auf a Musik; nachher wird's ein Leben werden heut nacht.

ZWIRN. Fidel muß's zugehn.

KNIERIEM. Ich dudl' mir heut ein an, wie ich seit'n letzten Kometen kein g'habt hab'.

LEIM. Also frisch in die Stadt marschiert.

ALLE DREI.

Lied.

Wir wollen in die Stadt marschieren,

Und drinnen unser Glück probieren.

Der Weg wird uns zur Herberg führen,

In der Herberg nacher da geht's an.

Was uns's Fechten g'winnt,

Durch die Gurgel rinnt,

Und is all's vertan,

Liegt uns a nix dran;

Darum nicht lange spekulieren,

In der Herberg zeigt sich was man kann.

Gehen Arm in Arm ab.

Verwandlung

Schenkstube in der Herberge.

Fünfter Auftritt

Fassel. Mehrere Bräuknechte und Handwerksburschen von verschiedenen Professionen. Pantsch. Nannette. Sepherl. Hannerl. – Dann Zwirn, Leim und Knieriem.

Alle sitzen teils an den Tischen und trinken, teils tanzen sie mit Hannerl und Sepherl, Fassel tanzt mit Nannetten.

ALLE. Vivat! der Herr Bestgeber soll leben!

FASSEL im Tanzen. Ein Glas her! Pantsch gibt ihm während dem Tanz eine Flasche. Die ganze Gesellschaft Vivat!

Er trinkt im Tanzen die Flasche aus, wirft sie dann

zur Erde, und tanzt weiter.

Zwirn, Leim und Knieriem treten ein.

ZWIRN. Hallo! da hab' ich a Musik g'hört!

KNIERIEM. Herr Vater! a Halbe G'mischt's. Setzt sich links.

LEIM. Mir eine Halbe, und eine Portion Niernd'ln.

HANNERL. Wie schaffen Sie's denn?

LEIM. Mit Semmelbröseln oder mit Sagschaten, das ist ein hungerigen Tischler alles eins. Setzt sich.

Kellnerinnen bringen das Verlangte.

ZWIRN zu einem Musiker. Da sein acht Groschen, jetzt macht's mir einen saubern Walzer auf. Gibt ihm Geld.

FASSEL beiseite. Das ist ein fideler Kerl.

ZWIRN zu Fassel, neben welchem Nannette sitzt. Sie erlauben schon eine Tour. Nannette auffordernd. Mein Fräulein, darf ich so frei sein? Ein Ländler beginnt, Zwirn haut auf, und schlägt ungeheure Fußtriller.

LEIM. Ah wart, Schneider, du sollst mich nicht spotten. Nimmt Hannerl, welche ihm das Bier bringt, und tanzt mit ihr ein paarmal herum, endlich sieht er einen Handwerksburschen sehr ärmlich und traurig dasitzen – er hört zu tanzen auf, und sagt zu ihm. Ich glaube gar, das ist ein Tischler?

Die Musik hört auf.

HANDWERKSBURSCH. Ja, leider!

LEIM. Wo fehlt's denn?

HANDWERKSBURSCH. Überall.

LEIM. Mir auch; aber wer wird denn deswegen traurig sein? – Heda! Eing'schenkt da für den eine Halbe Wein auf meine Rechnung.

FASSEL. Nix, das laß ich nit angehn, heut geht alles aus mein Sack. Ich hab' tausend Taler g'wonnen in der Lotterie, heut traktier' ich ganz allein.

KNIERIEM. Tausend Taler? – A Halbe G'mischt's!

LEIM. Ah schön! da werd'n wir schon so frei sein, und werden's uns schmecken lassen.

ZWIRN. Das wird schon ein schön's Glück sein; wenn ich das hätt', ich setzet mich gar nicht mehr nieder, da ging's alleweil a so. Er haut auf. Ah verdammt! ich hab' mir den rechten Wadel überstaucht – ich muß mich schon niedersetzen.

FASSEL. Warum setzt's euch denn nicht zu unserm Tisch, Kameraden?

LEIM UND ZWIRN. Mit Verlaub.

Setzen sich zu Fassel und den Brauknechten.

KNIERIEM. Noch ein G'mischt's! Gibt der Kellnerin das leere Zimment, und setzt sich ebenfalls an diesen Tisch. Ein schlechter Zeitpunkt war's halt doch, jetzt was z' g'winnen.

FASSEL. Warum?

KNIERIEM. Weil man's nicht mehr anbringen kann. Aufs Jahr kommt der neue Komet, der die Welt z'grund richt, nacher ist der Herr pfutsch mitsamt sein Treffer.

LEIM. Red nit so dumm, gar nichts g'schieht, mir hat's ein Professor g'sagt.

KNIERIEM. Ich werd's doch besser verstehn als ein Professor? Ich hab' die Astronomie aus'n Büchel g'lernt, und mach' alleweil meine Beobachtungen, wenn ich ham geh' in der Nacht.

LEIM. Ja, wenn du besoffen bist.

ZWIRN. Mit'n Tanzen ist's heut schon Feierabend bei mir.

FASSEL. So singen wir eins, weil wir so in caritatibus beisammen sitzen.

KNIERIEM. Gut is! Ich hab' ein superbes Lied g'macht.

LEIM. Heraus damit!

KNIEREIM. Ös müßt's aber alle mitsingen. Der Text ist von mir nach einer Rittergeschichte frei bearbeitet.

FASSEL. Das is recht. O ich hab' die romantischen Sachen so gern.

KNIERIEM. Schaut's mir aufs Maul, und singt's alle mit mir zugleich.

Gesang.

Eduard und Kunigunde,

Kunigunde und Eduard,

Eduard und Kunigunde,

Kunigunde und Eduard.

Eduard und Kunigunde,

Kunigunde und Eduard.

FASSEL. Das ist wirklich einzig.

LEIM. Ordentlich rührend.

KNIERIEM. Ein G'mischt's! – Also jetzt singen wir die zweite Strophe, die is noch schöner.

Gesang.

Eduard und Kunigunde,

Kunigunde und Eduard,

Eduard und Ku –

LEIM. Hört's auf! Das is ja allweil's nämliche.

KNIERIEM. Ihr wißt nicht, was schön ist.

FASSEL. Halt! Ich weiß was schön ist. Wir ziehen alle da ins Kaffeehaus hinüber, und ich zahl' dort ein jeden ein Glasel Punsch. Wer mitgehn will, geht mit. He, Musikanten! Aufg'rebellt!

Chor und alle ab, bis auf.

Sechster Auftritt

Zwirn. Leim. Knieriem. Pantsch. Kellnerinnen.

LEIM. Dem sähet man's auch nicht an, daß er tausend Taler gewonnen hat.

KNIERIEM. Warum? er schaut dumm genug aus.

ZWIRN zum Wirt. Wer ist er denn?

PANTSCH. Der Oberknecht in der Bräuerei da darneben.

ZWIRN. Da haben wir's, so ungebildetes Volk hat ein Glück. Ein Schneider gewinnt in seinem Leben nichts.

PANTSCH. Ich bin ihm drum gar nicht neidig, ich dank' Gott, daß ich die tausend Taler nicht g'wonnen hab'.

LEIM. Ist der Herr verruckt?

PANTSCH. Könnt's nit sagen. Morgen vormittag ist die Hauptziehung, da gewinnt man hunderttausend Taler, und das wär' so meine Passion.

LEIM. Na, die Passion wär' freilich nicht schlecht.

PANTSCH. Ich g'winn s' auch; denn meiner Frau Ahnl hat ja's Nummero traumt.

LEIM. Ah, nachher ist's schon g'wiß. – Weil aber der Herr heut noch kein Kapitalist ist, so macht's uns ein Stroh herein, daß wir uns niederlegen; es wird so bald Tag.

PANTSCH. Recht gern. O mich macht's Glück nicht stolz. Zu den Kellnerinnen. He! laßt's Stroh bringen.

Ab mit Hannerl und Sepherl.

LEIM. Das ist ein recht ein rarer Mann der Wirt, er ist gar nicht stolz auf den Treffer, der noch gar nicht gezogen ist.

KNIERIEM. Hunderttausend Taler! das gibt über eine Million Maß G'mischt's – die kann der Mensch nicht versaufen, mit'n besten Willen nicht. –

ZWIRN. Schuster, du bist ein gemeiner Kerl.

KNIERIEM auffahrend. Du, Schneider, trau mir nicht!

LEIM sie beruhigend. Seid's ruhig – schamt's euch. – Schaut's, wenn ich mir's recht überleg', glücklich – so was man sagt, recht glücklich, machet mich halt doch das viele Geld nicht, wenn nicht noch etwas dabei wär' – Seufzend. ein Etwas –

KNIERIEM. Da bist du ein Nimmersatt.

ZWIRN zu Knieriem. Aber merkst denn nicht, er ist ja verliebt.

KNIERIEM. Schwachheit.

ZWIRN. Ja wohl Schwachheit, in meiner Gegenwart von Madeln und Verliebtsein sprechen. Da müßt's mich erzählen lassen, ich könnt' euch meine Amouren bataillonweis aufmarschieren lassen.

LEIM. Ich war nur in ein einzige verliebt.

ZWIRN. In eine einzige? Brüderl, das ist ja gar nicht der Müh' wert, daß man davon redt. Wie ich in der Lehr war, war ich schon in zehne verliebt. Mein erster Meister, zu dem ich als G'sell kommen bin, hat ein schön's jung's Weiberl g'habt, das Weiberl hat mir g'fallen, und ich ihr auch, denn ich war damals ein sehr ein liebenswürdiger Jüngling. – Einmal gibt mir das Weiberl ein Bussel, da kommt der Meister dazu, und der Esel halt sich drüber auf, daß mir sein Weib ein Bussel geb'n hat, und jagt mich auf der Stell davon. – Mein zweiter Meister hat fünf Töchter g'habt – das waren Zwilling – da war ich dir aber in alle fünfe zugleich verliebt. – Einmal haben wir Pfänder g'spielt – no du weißt, das geht auch mit'n Busselgeben aus –

KNIERIEM. Allemal.

ZWIRN. Wie wir die Pfänder ausg'löst haben, kommt der Meister dazu – der geht her, gibt mir für eine jede Tochter zwei Watschen, und jagt mich fort.

KNIERIEM. Zwei Watschen? Das ist zu viel.

ZWIRN. Nicht wahr? Ich wär' ja hinlänglich zufrieden gewesen, wenn er mir für eine jede Tochter eine Watschen gegeben hätte, aber zwei Watschen, das ist ja ein offenbarer Luxus. – Mein dritter Meister, der hat ein G'schwisterkind g'habt von 21 Jahren – aber hörst, Schuster, so ein schönes G'schwisterkind hab' ich in meinem ganzen Leben nit g'sehn. Da hab' ich aber hernach eine saubere Köchin kenneng'lernt, mit der bin ich durchgangen, und's G'schwisterkind hab' ich sitzenlassen.

KNIERIEM. Meine G'schicht ist nicht so lang, aber äußerst tragisch. Erstens ist mir meine Profession z'wider, ich hab' nur Sinn für die Astronomie – und dann hab' ich nichts als unverschuldete Unglücksfälle g'habt. – In Budweis hab' ich mein Meister g'haut.

LEIM. Warum denn?

KNIERIEM. Weil ich ein Rausch g'habt hab', also kann ich nix davor. In Altbrünn hätt' ich bald ein Lehrbuben zerrissen.

LEIM. So was ist aber auch abscheulich.

ZWIRN. Aber was soll denn ein zerrissener Lehrbub anfangen? Und gar ein Schusterlehrbub – kann es denn etwas Zarteres geben als einen Schusterbuben?

KNIERIEM. Ich hab' damals einen unsinnigen Haarbeutel g'habt, also kann ich nix davor. Ich sag' euch, ich hab' schon so viel Malheur g'habt, und allzeit durch meine Räusch. Wann ich mir meinen Verdruß nit versaufet, ich müßt' mich grad aus Verzweiflung dem Trunk ergeben.

Zwei Hausknechte kommen mit Stroh, und bereiten

die Schlafstellen.

LEIM. Sie, machen S' mir mein Bett etwas in Entfernung von den andern, denn ich schlag' furchtbar herum bei der Nacht.

ZWIRN. Warum denn?

LEIM. Das ist alles mein Herzenskummer. Ihr werdet mir's nicht glauben – ich seh' einem lustigen Kerl gleich, aber das is alles nur auswendig, inwendig schaut's famos aus bei mir. Wie ich trink', glaub' ich, ein jeder Tropfen ist Gift – wie ich iß, so ißt der Tod mit mir – wenn ich spring' und tanz', so ist mir inwendig, als wenn ich mit meiner Leich ging' – wie ich ein Kameraden seh', der nix hat, so gib ich ihm gleich alles, obwohl ich selbst nix hab', und das bloß, weil ich in Gedanken alleweil mein Testament mach'.

ZWIRN. Ja, Brüderl, wer ist denn deine Geliebte, daß sie dich gar so enderisch macht?

LEIM. Sie ist eine Tischlermeisterische.

KNIERIEM. Hat s' Laschi?

LEIM. Was? –

KNIERIEM. Knöpf.

LEIM. Wie? –

ZWIRN. Nein, nein – er fragt, ob sie Batzen hat.

LEIM. Geld? – Freilich hat s' Geld. Sie ist die Tochter vom reichen Meister Hobelmann in Wien.

ZWIRN. Von dem? – Schuster, den reichen Tischlermeister Hobelmann mußt ja kennen.

KNIERIEM. Ich bin ein Schuster, was geht mich ein Tischler an. Beleidigt's mich nicht!

ZWIRN. Wart, ich werd' dir gleich draufhelfen. Der reiche Tischler Hobelmann logiert in – – in Wien logiert er. – Du kennst den reichen Tischler Hobelmann nicht?

KNIERIEM. Nein.

ZWIRN. Ich kenn' ihn auch nicht.

KNIERIEM zu Leim. Da weiß ich dir ein Rat, schau daß du s' kriegst.

LEIM. Das hätt' ich selber g'wußt; aber da ist's zu mit'n Kriegen, ich glaub' es hat s' schon ein anderer.

KNIERIEM. So nimm du dir auch eine andere.

LEIM. Das bring' ich nicht übers Herz. O meine Peppi!

ZWIRN. Ja, mag sie dich, oder mag sie dich nicht?

LEIM. Das ist's eben was ich nicht weiß. Ich hab' drei Jahr bei ihrem Vater gearbeitet –

ZWIRN. Und weißt nicht, ob dich's Madel mag? – Tischler, du hast ja Hobelschaten im Kopf?

LEIM. Der Vater ist reich, er lebt in Pracht und Herrlichkeit, er war zwar selbst immer beim Geschäft, aber die Tochter haben wir Gesellen kaum alle Monat einmal zu sehen kriegt. Einmal bringt meine himmlische Peppi ihrem Vater eine Schale Kaffee in die Werkstatt – ich schau' sie zärtlich an, sie laßt ihre Blicke auf mich, und die Schalen auf die Erd' fallen – der Vater, der gähzornigste Patron von der Welt, wirft's Stemmeisen auf sie – ich erseh' das, halt' mich vor, und das Stemmeisen fahrt mir zolltief in die Achsel hinein.

ZWIRN. Ah Spektakel! Setzt sich aufs Stroh.

KNIERIEM. Hast'n nit g'haut den Alten? – Wann mir das g'schehn wär'!

LEIM. Warum nicht gar! Ich bin umg'fallen, und wie ich wieder zu mir kommen bin, war der Alte und die Peppi bei meinem Bett. Der Alte hat g'sagt, ich möcht' das nicht übelnehmen, es war nicht so bös gemeint.

KNIERIEM. Bedank' mich.

LEIM. Es wird Sein Schaden nicht sein, hat er g'sagt, Er hat meiner Tochter das Leben gerettet; bis Er wieder gesund ist, wollen wir weiterreden über Sein künftiges Glück. Mittlerweile hat Zwirn sich mit einem zerrissenen Tüchel den Kopf eingebunden, sich auf das Stroh gelegt. Ein paar Wochen darauf, wie ich schon wiederhergestellt war, hör' ich auf einmal, der dicke reiche Strudl, der Wirt vom goldenen Nockerl, heirat – ich frag' wem? so heißt's: die Hobelmannische. – Das hat mir den Gnadenstoß geben; denn der Meister Hobelmann hat keine andere Tochter g'habt, als meine Peppi.

KNIERIEM. Na, da wirst aber doch aus Verzweiflung g'red't hab'n?

LEIM. Nein – es war grad Samstag, der Meister hat uns auszahlt – da bin ich den andern Tag in der Fruh aufg'standen, hab' auf ein Zettel g'schrieben: »Adieu Peppi, aus Bosheit heirat' ich jetzt auch« – und dann bin ich fort über Berg und Tal, ohne B'hüt' dich Gott und ohne allem; und so flankier' ich jetzt schon über zwei Jahr in der Welt herum.

KNIERIEM. Ich hätt' den Alten und den Wirt g'haut, und's Mädel hätt' ich g'heirat.

LEIM legt sich nieder. Mit mir ist's aus, ich hab' nichts mehr zu hoffen. Ich lauf' halt so mit, solang's sein muß.

KNIERIEM. Und ich sauf' halt so mit, solang's geht. Zieht den Rock aus. Ich hätt' jetzt ein Gusto zu astronomischen Beobachtungen; denn mich hat's G'mischte ein wenig duslich g'macht. Gähnt.

LEIM. Ich hab' schon seit ein paar Jahren kein Schlaf mehr. Gähnt.

Knieriem löscht das Licht aus und legt sich nieder.

ZWIRN. Werdt's nit bald still sein? Schläft ein.

LEIM einschlafend. Peppi – Pep-pi–

KNIERIEM ebenso. Noch – ein – G'mischtes – denn der Komet –

Leise Musik beginnt. Wolken senken sich über den

Hintergrund. Nach einer Weile teilen sich die Wolken, Fortuna wird sichtbar mit einem Füllhorn, daraus kommt die transparente Zahl 7359. – Der Schlaf der drei Gesellen wird unruhig. Die Wolken erheben sich wieder.

LEIM sich nach und nach ermunternd. Ah – ah – Gähnt. Das war ein kurioser Traum – 7359. – Wenn ich's nur nicht vergiß. – Ah, ich merk' mir's schon bis morgen. Will wieder schlafen. Es laßt mir keine Ruh', ich muß – He, Schneider! Schneider! – Der schlaft fest. – Landsmann!

ZWIRN sich ermunternd. Was ist's denn?

LEIM. Hast keine Kreiden?

ZWIRN. Ich glaub' nit. – Zu was denn?

LEIM. Mir hat ein Numero traumt.

ZWIRN ihm eine Kreide gebend. Ein Numero hat dir traumt?

LEIM. Ja. Nr. 7359.

ZWIRN. Und mir hat auch ein Numero traumt – es war Nr. 7359.

LEIM. Was? das nämliche Numero? – Bruder, das hat was zu bedeuten. Nur g'schwind aufg'schrieben. Schreibt das Numero auf den Tisch.

Es wird von außen stark geklopft.

STIMMEN von außen. Heda! Aufg'macht! Aufg'macht!

Siebenter Auftritt

Vorige. Hannerl. Sepherl. Dann mehrere Maurer, Zimmerleute, Marktweiber etc.

HANNERL. Ich komm' schon! Öffnet die Tür.

SEPHERL. Gar keine Ruh' hat man!

ZWIRN. Kellnerin! bring Sie mir ein Spiegel und ein Kölnerwasser.

SEPHERL aufräumend. Vor drei Uhr kommt man in kein Bett, und um halber Sechse soll man schon wieder auf'n Füßen sein. Sie wischt das Numero aus.

LEIM. Unglückliche! was hast du getan?

SEPHERL erschrocken. Was sein denn das für Dummheiten?

Die Eintretenden haben Schnaps etc. verlangt, und setzen sich an die Tische.

LEIM. Schneider, da schau her, 's Numero hat sie ausg'wischt.

ZWIRN. Wär' nicht übel! – Zu Sepherl. Sie ist eine unüberlegte Person, ein von der Natur vernachlässigtes Geschöpf.

LEIM. Weißt du das Numero noch?

ZWIRN. Freilich weiß ich's. Schreib auf das Numero. Es war 87tausend –

LEIM. Das war's nicht.

HANNERL Knieriem aufweckend. Aber hör' der Herr, schlaft man denn bis Mittag? Sieht Er denn nicht, daß schon wieder Gäst da sein?

KNIERIEM sich halb im Schlaf erhebend, lallt. Siebentausend – dreihundert – neunundfufzig.

LEIM schnell auf ihn losfahrend. Brüderl, was hast g'sagt?

KNIERIEM. Mir war im Traum, als wenn in einem ganzen Nebel von G'mischten – ist auf einmal erschienen – Nr. 7359.

LEIM. Nein, das geht nicht natürlich zu, alle drei den nämlichen Traum!

ZWIRN. Auf d' Letzt ist uns gar das Glück bestimmt.

LEIM. Wie können wir denn was g'winnen, wenn wir kein Los haben?

KNIERIEM. Wenn's Glück will, braucht man kein Los.

Achter Auftritt

Vorige. Ein Hausierer.

HAUSIERER mit seinen Anhängtrüherl, worin verschiedene Waren sind, eintretend. Guten Morgen allerseits. Kaufen die Herren Hosenträger, Brieftaschen, Pfeifenröhrln, Tabaksbeuteln – auch noch einige Lotterielose hab' ich – die Ziehung geht schon in einer Stunde vor sich. Kaufen Sie, vielleicht gewinnen Sie heut das große Los, probieren Sie Ihr Glück.

LEIM. Laß anschau'n, was sein's denn für Nummern?

HAUSIERER zeigt die Lose. Nr. 439.

LEIM. Das kann ich nicht brauchen.

HAUSIERER. Nr. 8521.

KNIERIEM. Das ist ein alt's Numero.

HAUSIERER. Nr. 7359.

ZWIRN auf ihn losspringend. Der hat unser Numero!

KNIERIEM zu Leim. Frag ihn, was's kost't.

LEIM zum Hausierer. Was kost't das Los?

HAUSIERER. Sechs Gulden Silber.

LEIM zu seinen Kameraden. Sechs Gulden Silber hat er g'sagt.

ZWIRN. Das bringen wir nit z'samm. – Wißt's was wir tun? – Schlag'n wir'n tot.

LEIM. Ah, wer wird denn so grob sein? Ein Menschen, den wir's erstemal sehn – wir wurden ausg'richt.

KNIERIEM. Ja, hing'richt wurden wir. – Ich hab' da in mein Brustfleck ein Taler eing'naht. Trennt ihn heraus.

LEIM. Ich hab' auch sechs neue Zwanziger.

ZWIRN. Da sein fünf Zwanziger – und zwei Zehnerln.

HAUSIERER. Na, wie ist's? kaufen's die Herren?

LEIM legt den Taler auf das Trüherl. Da ist ein Taler vom Schuster – und da sein sechs neue Zwanziger von mir. Wendet sich zum Schuster.

KNIERIEM. Der Taler ist von mir, daß keine Irrung g'schieht.

ZWIRN zum Hausierer. Der Taler ist vom Schuster – und die sechs Zwanziger sein vom Tischler. Steckt den Taler in die Westentasche und tritt beiseite.

HAUSIERER. Ja, wo ist denn der Taler?

KNIERIEM. Der Taler ist von mir.

LEIM. Da hab' ich ihn hergelegt.

HAUSIERER. Er ist aber nicht da.

LEIM zieht den Zwirn herbei. Du hast g'sehn, daß ich den Taler da herg'legt hab'.

ZWIRN verlegen. Ja – ja – der Taler ist eh'nder da g'leg'n.

HAUSIERER. Aber wo ist er denn jetzt?

ZWIRN. Wo er jetzt ist, wollen S' wissen? – Eh'nder ist er da g'leg'n.

KNIERIEM. Du, mach mich nicht fuchtig!

LEIM beiseite zu Knieriem. Sei still, ich hab' schon ein Mittel den Täter zu entdecken. Laut zu den Anwesenden. Meine lieben Leut', es ist ein Taler weggekommen, halten Sie daher alle, wie Sie hier im Zimmer sind, die Hände in die Höh'.

Alle tuen wie Leim gesagt.

LEIM. Haben alle die Händ' in der Höh'?

ALLE. Ja!

LEIM. Der auch, der den Taler g'nommen hat?

ZWIRN. Ja! Bemerkt in diesem Augenblick, daß er sich verschnappt hat, und schlägt sich mit der Hand an die Stirn. O je!

KNIERIEM. Haben wir dich erwischt!?

ZWIRN den Taler zurückgebend. Nur nicht kindisch – ich hab' den Taler nur wechseln woll'n.

KNIERIEM. Ja, du bist der, der's Geld wechselt.

LEIM zum Hausierer. Also, da ist der Taler vom Schuster – da sein die sechs Zwanziger von mir – und da sein fünf Zwanziger und zwei Zehnerln vom Schneider. – Jetzt her mit'n Los.

HAUSIERER. Da haben Sie's. Ich wünsch', daß Sie damit gewinnen. Schaffen S' ein andermal.

Neunter Auftritt

Vorige ohne Hausierer.

SEPHERL. Das ist stark, wie ich's Geld so hinauswerfen könnt'!

LEIM. Das wird sich kurios rentieren.

ZWIRN. Aber Sie reden ja schon wieder drein?

LEIM. Um wieviel Uhr ist denn die Ziehung?

SEPHERL. Gleich nach sechs Uhr fangt's an, grad da drüben, und dauert den ganzen Tag.

Man hört trommeln.

LEIM. Was trommeln s' denn?

ALLE WEIBER. Die Ziehung geht schon los.

EIN ZIMMERMANN. Weiß man nicht, wer's g'winnt?

SEPHERL. Gewiß wieder einer der's nicht braucht.

ZWIRN. Das könnt' man von uns nicht sagen, wenn wir's gewinneten.

Leim steht traurig und tiefsinnig.

KNIERIEM zu Leim. Was machst denn du wieder für trübselige Faxen? Das ärgert mich von dir.

LEIM. Meine Peppi ist mir eing'fallen. Wieder heiter. Aber es macht nur ein Bremsler, 's ist gleich vorbei.

Zehnter Auftritt

Vorige. Pantsch.

PANTSCH rabiat hereinstürzend. Das ist entsetzlich!

ALLE. Was ist's denn?

PANTSCH. Das ist unbegreiflich! Ich hab' den Haupttreffer nicht.

ALLE. Ist er schon da?

PANTSCH. Auf'n ersten Zug war er heraus. Nr. 7359.

LEIM, ZWIRN, KNIERIEM außer sich vor Freude. Mich trifft der Schlag! Alle drei fallen um.

ALLE. Was ist denn das? Zu Hülf!

LEIM, ZWIRN, KNIERIEM springen jubelnd auf. Den Treffer haben wir! Den Treffer haben wir! Juheh!

ALLE. Was? Nicht möglich!

LEIM. Da ist's Los, was wir grad kauft haben. – Wir wollen uns lustig machen. Alle Tischler von der ganzen Stadt sind eingeladen.

KNIERIEM. Herr Wirt! alle Schuster vom ganzen Land.

ZWIRN. Alle Schneider von der ganzen Welt!

ALLE. Juheh! Juheh! Juheh! Alle ab.

LEIM indem er mit Zwirn und Knieriem vortritt. Jetzt sagt's mir aber, Kameraden, was fangen wir mit unserm Reichtum an? Ich hab' meinen Plan.

ZWIRN. O ich auch. Aber nur nobel!

KNIERIEM. Ich hab' ganz eine eigene Idee.

LEIM. Ich reis' nach Wien morgen in aller Früh; find' ich meine Peppi noch ledig, so bin ich der glücklichste Mensch auf der Welt; ist sie verheiratet, dann nutzt mich mein ganzer Reichtum nichts – da geh' ich dann nach Haus, bau' ein Spital für unglückliche Tischlergesellen, und da leg' ich zuerst mich selber hinein, und stirb auch drin.

ZWIRN. Nein, dieser Plan ist mir zu traurig. Ich werde von nun an mehr Don Juan, als Schneider sein.

KNIERIEM. Und ich hab' keine Leidenschaft, als die Astronomie, drum g'wöhn' ich mir's Biersaufen ab, und verleg' mich von heut an bloß auf'n Wein. Aufs Jahr geht so die Welt zugrund, da zieh' ich halt heuer noch von einen Weinkeller in den andern herum, und führ' so ein zufriednes, häusliches Leben.

LEIM. Mir ist leid, daß wir auf die Art nicht beisammen bleiben können.

ZWIRN. Wir haben jeder unsre aparte Passion.

KNIERIEM. Auseinander müssen wir.

LEIM. Aber, wie einer vom andern hört, daß er im Unglück ist –

KNIERIEM. Von Unglück ist gar keine Red' nicht, wenn der Mensch einen Treffer macht.

ZWIRN. Wenn's halt aber doch der Fall ist, so wollen wir einer dem andern beistehn.

LEIM. Die Hand drauf!

ZWIRN und KNIERIEM. Gilt allemal. Reichen sich die Hände.

LEIM. Und heut übers Jahr, am heutigen Tag, an dem Gedächtnistag unsers Glücks, kommen wir alle drei in Wien zusammen beim Meister Hobelmann, dort bin ich entweder glücklich, oder ihr erfahrt, wo ich in meinem Unglück zu finden bin.

ZWIRN und KNIERIEM. Gilt detto. Reichen sich die Hände.

Pantsch und viele Männer und Weiber treten ein.

ALLE. Wir gratulieren!

LEIM. Danke, danke! – Herr Wirt!

PANTSCH. Euer Gnaden!

KNIERIEM. Wir geben eine Tafel bei Ihm.

PANTSCH. Euer Exzellenz –

ZWIRN. Heute ist bei mir bal paré.

PANTSCH. Euer Durchlaucht – mein Saal in der Vorstadt hab' ich aufs prächtigste neu arrangieren lassen, es kann alle Stund der Ball anfangen.

LEIM. Und jetzt aufg'rebellt, Musikanten! Jetzt marschieren wir im Zug zu der Ausspielung, um unser Geld z' holen, und nachdem geht's gleich ans Essen, Trinken und Tanzen bis morgen fruh.

CHOR.

Es kommt halt das Glück

Auf einmal oft dick;

Die Hüt' werft's in d' Höh',

Schreit's Juheh! Juheh!

Unter dem Chor alles jubelnd ab.

Der Vorhang fällt.

Ende des ersten Aufzuges.

Zweiter Aufzug

Die Bühne stellt die Tischlerwerkstätte des Meister Hobelmann in Wien vor. Mittel- und Seitentüren.

Erster Auftritt

Ein Fremder. Dann Gertraud.

FREMDER die Werkstätte musternd. Hat wirklich eine schöne Werkstätte, der Meister Hobelmann.

GERTRAUD kommt aus der Seitentüre rechts – im schwäbischen Dialekt. Euer Gnaden, ich hab's dem Meister Hobelmann schon gesagt, er wird gleich da sein. Da kommt er schon.

Geht durch die Mitteltüre ab.

Zweiter Auftritt

Der Fremde. Hobelmann.

HOBELMANN. Untertänigster Diener, Euer Gnaden. Mit was kann ich zu Diensten stehn?

FREMDER. Ich etabliere mich hier, und habe ein großes Möbelgeschäft mit Ihm abzumachen, lieber Meister.

HOBELMANN. Ist mir eine Ehr'. Aber dürft' ich nicht bitten, wenn's möglich wär', die Sach' auf morgen zu verschieben? Heut kann ich nicht, und wenn ich tausend Gulden profitieret; denn ich hab' heut eine Hochzeit im Haus.

FREMDER. Nach Gefallen, ich bin nicht pressiert.

HOBELMANN. Dann hab' ich aber noch eine Bitt'. Der Hochzeitschmaus ist zwar schon zu End', aber ein Schalerl Kaffee, wenn Euer Gnaden bei uns zu sich nehmen wollten – die Ehr' müssen Euer Gnaden der Braut antun.

FREMDER. Mit Vergnügen, lieber Meister.

HOBELMANN ruft zur Türe hinein. Peppi! richt den porzellanenen Weidling zum Kaffee für den gnädigen Herrn.

Beide ab.

Dritter Auftritt

Leim. Etwas später Gertraud.

LEIM im schlechten zerrissenen Rock, den Wanderbündel auf dem Rücken, tritt ein. Ich weiß nicht, was das ist, kein Mensch fragt mich, zu wem ich will. In der Kuchel hab' ich eine Menge Dienstboten g'sehn, die jubeln, was's Zeug halt, und einer sitzt vor der Tür, dem muß übel sein. Umhersehend. Da wär' ich halt wieder in meiner lieben Werkstatt. – Das sind Erinnerungen für mich! Auf dem Platz hab' ich einen Tisch g'macht und hab' d' Füß vergessen; denn meine Gedanken waren bei der Peppi – an dem Platz hab' ich ein Kastenb'schläg an ein Spucktrüherl g'nagelt; denn meine Gedanken waren nicht bei der Arbeit. – O ich war ein Stockfisch, daß ich nie g'redt hab', und mir g'schähet recht, wenn sie schon längst den Wirt gehei–

GERTRAUD zur Mitte eintretend. Wie kommt denn Er da herein?

LEIM. Nu, wie jeder andere Mensch, bei der Tür.

GERTRAUD. Wann Er Arbeit suche tut, so komm Er morge, heut ist's nix, heut hanne wir Hochzeit.

LEIM erschrocken. Wer hat g'heirat?

GERTRAUD. Der Herr Strudl, der Wirt im goldene Nockerle hat g'heirat – Vormittag war die Kopulation.

LEIM. Wem hat er g'heirat?

GERTRAUD. Die Mamsell Hobelmann.

LEIM fährt auf sie los. Schwabin! ich bring' dich um.

GERTRAUD schreit, indem sie abläuft. Zu Hülfe! zu Hülfe! er will mich verschlage.

Vierter Auftritt

Leim. Hobelmann.

HOBELMANN. He, he! was gibt's denn da?

LEIM. Meister Hobelmann –

HOBELMANN erfreut. Was seh' ich! Leim, Er ist wieder da? Na das freut mich! Ruft in die Türe. Peppi! Peppi! g'schwind komm, der Leim ist da!

LEIM. Um alles in der Welt, nein! Ich will sie nicht sehen – ich kann sie nicht sehen.

Fünfter Auftritt

Vorige. Peppi.

PEPPI heraushüpfend, einen weißen Kranz auf dem Kopf, ganz weiß gekleidet. Ach Vater – wo – wo ist er? – Ha! endlich kommt er wieder zurück. Ist das auch recht, daß Er so lange auf sich warten ließ? Faßt ihn sanft am Arme.

LEIM sie in heftiger Bewegung, aber nicht unsanft abwehrend. Zurück, junge Frau!

PEPPI. Vater, was ist ihm denn?

HOBELMANN. Das wird sich geben.

PEPPI. Ach Gott, Johann, ich bin so froh, daß Er wieder da ist, so froh. Das muß ich gleich dem Strudl erzählen. Ins Seitenzimmer ab.

Sechster Auftritt

Vorige, ohne Peppi.

LEIM. O Strudl! – Der Strudl liegt mir im Magen, wie ein Knödel.

HOBELMANN. Er schaut etwas abg'schaben aus, mein lieber Leim, Er hat nicht viel aufg'steckt in der Fremd. Sei Er froh, daß Er wieder bei mir ist, ich hab' mit Ihm einen Plan.

LEIM. O jetzt geht der Leim aus'n Leim, für mich plant sich nichts mehr. – Meine Peppi!

HOBELMANN. Ah! ist es das? Sieht Er, mein lieber Johann, wie Er mir damals so unverhofft davongegangen ist, hat Er ja geschrieben, Er wird aus Bosheit heiraten.

LEIM. Das hab' ich nur aus Bosheit g'schrieben; aber ich bin so ledig, als nur was sein kann.

HOBELMANN. Ich hätt' vor zwei Jahren durch einen gähzornigen Wurf meine Tochter umbracht, wenn Er nicht gewesen wär', für diese Tat hat Er sich's Madel verdient; aber Er hat ja nix g'redt – oder hat Er glaubt, daß ich ihn um Gottes willen bitten soll, daß Er's Madel heirat?

LEIM verzweifelnd. O ich war ein Esel! so was kommt nur alle Jahrtausend einmal auf d' Welt.

Siebenter Auftritt

Vorige. Strudl. Anastasia. Peppi. Der Fremde.

HOBELMANN auf Leim zeigend. Da, meine Freunde, seht's, da ist er!

ALLE. Willkommen! Willkommen!

STRUDL gutmütig zu Leim. Das war nicht schön von Ihm, daß Er uns so abg'fahren ist.

LEIM beiseite grimmig. Der Dickwanst foppt mich noch? Das ist zu viel! Grob zu Strudl. Sie haben's nötig, daß S' mich aufziehn wollen. Pfui Teufel! ich schamet mich, heiraten mit dem Bauch. Sie sollten sich lieber zwischen Ihre Weinfässer setzen, von denen keins so dick ist, als Sie, und so lang trinken, bis Sie liegen bleiben im Keller unten, das wär' g'scheiter, als auf der Welt heroben einem ehrlichen Kerl seine Lieb abfischen.

ALLE. Was?

HOBELMANN. Leim, jetzt sei Er still! Wie kann Er einen ehrenfesten Mann in meinem Hause so traktieren?

LEIM. Ja, ehrenfester Mann –

HOBELMANN. Da geh' Er her; ich muß Ihn ja erst bekannt machen mit der ganzen Gesellschaft.

LEIM. Oh, ich kenn' alle.

HOBELMANN auf Strudl zeigend. Das ist mein Freund Strudl, der Bräutigam, jetzt eigentlich schon Ehmann – das Auf Peppi zeigend. ist meine Tochter Peppi, die Kranzeljungfer. –

LEIM froh überrascht. Kranzel – Jungfer?

HOBELMANN Anastasia vorführend. Das ist Anastasia Hobelmann, die Tochter von meinem verstorbenen Bruder, gegenwärtig ehrenfeste Strudl.

LEIM in höchster Freude losbrechend. Also die Peppi ist nicht seine Frau? sie ist noch frei? Zu Peppi eilend. Du bist also noch mein, Peppi? – bist keine Strudl? Anastasien die Hand küssend. O meine Gnädige! erlauben Sie, daß ich Ihnen die Hand küsse. Zu Strudl. Und Sie, mein bester, liebster, schönster, goldener Herr von Strudl, jetzt hab' ich Ihnen so lieb, weil Sie nur die Peppi nicht g'heirat haben. Verzeihen Sie, ich war ein Flegel – ich begreif' gar nicht, wie ich hab' schimpfen können über Ihre respektable Westegegend – Dreht ihn um, und streicht über seinen Rücken. Sie sind so schön, so proportioniert – gar kein Bauch – lassen Sie sich umarmen. Umarmt ihn. – Und Sie, Herr Schwiegerpapa Sich zu Hobelmann wendend.

HOBELMANN. Was? Schwiegerpapa? Er hat ja noch nicht einmal mit'n Madel Richtigkeit g'macht, Sein Wort angebracht, bei mir gar nicht angehalten um sie.

LEIM. O Peppi! himmlische Peppi!

PEPPI. Ich sollt' bös sein, Johann.

LEIM. Ja, ich verdien's.

PEPPI. Du hast mir viel Kummer verursacht.

LEIM. Und das bloß durch meine Dummheit, weil ich nix g'redt hab'.

PEPPI ihm die Hand reichend. Du hast mir das Leben gerettet, ich bin dein.

HOBELMANN. Halt! da hab' ich auch ein Wort dreinzureden. Dem ersten besten Hasenfuß, der nix ist und nix hat, kann ich meine Tochter nicht geben. Indessen, das ist mit Ihm anders geworden, Er ist ein Mann, der seine Batzen hat.

LEIM. Was? Wie weiß denn der Meister das?

HOBELMANN. Nu, wenn ich's nicht wüßt', wer sollt's denn hernach wissen. – Ich hab' für Ihn damals, wie Er den Wurf aufg'fangt hat, der meine Tochter getroffen hätt', 500 Dukaten angelegt, die g'hören samt Interessen Sein. Jetzt fang Er halt Sein Meisterstuck an, in drei Wochen ist Er Meister, und dann soll Er's Madel haben.

ALLE. Wir gratulieren!

LEIM. Bester, großmütigster Herr Schwiegerpapa! ich nehm's an; aber jetzt müssen auch Sie und die Peppi erlauben, daß ich das auch dazuleg', was ich hab'.

HOBELMANN. Hat Er sich auch was erspart?

LEIM. Was man sich halt so erfecht auf der Straßen. Ich werd' gleich die Kisten hereintragen lassen. Läuft zur Türe. Heda, Leut'! nur herein!

Vier Träger tragen eine große Kiste herein.

ALLE. Was ist das?

LEIM den Deckel aufreißend. Das gehört alles meiner Braut.

HOBELMANN. Lauter Geldsäck? – Was Tausend!

LEIM. Nix tausend – über dreißigtausend Taler sind da drin. Ich hab s' in der Lotterie gewonnen, ich bin jetzt ein Mandel mit Kren.

ALLE ganz verwundert. Ah! Ah!

LEIM. Der alte zerrissene Rock da, war nur Verstellung, ich hab' dich nur prüfen wollen, ob du mich noch liebst.

PEPPI. Johann! Mein Johann! ich verlang' mir nichts als dein Herz. Sinkt in seine Arme.

HOBELMANN. Das Geld gehört also alles Sein? – Jetzt muß Er's Madel nehmen! Vereinigt ihre Hände. Heut vier Wochen ist Hochzeit, da soll die ganze Stadt reden davon.

LEIM. Das Geld g'hört mein – die Peppi g'hört auch mein, jetzt nimm ich mein ganze Bagage zusamm, und zieh' aus. Er hebt Peppi in die Kiste auf die  Geldsäcke, die Träger tragen sie ab, er geht nebenbei, alle andern folgen.

Verwandlung

Elegantes Zimmer in Zwirns Wohnung mit Mittel-und Seitentüren. Im Vorgrunde rechts und links Tische und Stühle.

Achter Auftritt

Zwirn allein, tritt in einem modernen Palmenschlafrock auf.

ZWIRN. Jetzt bin ich schon über ein Vierteljahr hier in Prag etabliert – ist das ein Leben in dem Prag, wenn der Mensch ein Geld hat. Ich betreib' zwar mein Handwerk auf eine noble Manier, aber es bleibt halt doch Schneiderei, und mich hat die Natur zu etwas Höherem bestimmt, alles zeigt, daß ich nicht zum Schneider geboren bin.

Neunter Auftritt

Zwirn. Mehrere Bediente und Gesellen, einer nach dem andern.

ERSTER BEDIENTER aus der Mitteltüre. Eu'r Gnaden, es ist eine Kundschaft da.

ZWIRN. Ich bin heut' nicht mehr zu sprechen.

ERSTER BEDIENTER. Sehr wohl, Eu'r Gnaden. Ab.

ZWIRN. Die Leut glauben grad, ein Schneider ist nur wegen ihnen auf der Welt.

ERSTER GESELL aus der Seitentüre links. Herr von Zwirn!

ZWIRN. Was gibt's?

ERSTER GESELL. Der Herr von Fidibus hat seinen Konto bezahlt. Will ihm Geld geben.

ZWIRN ihn stolz zurückweisend. Das geht den Buchhalter an. Der Gesell will gehen.

ZWEITER GESELL ebenfalls von links kommend. Herr Meister! –

ZWIRN. Grobian! Weiß Er meinen Titel nicht?

ERSTER GESELL leise zum zweiten. Herr von Zwirn mußt sagen.

ZWIRN. Noch einmal das Wort Meister, und du hast ausgerungen.

ZWEITER GESELL. Herr von Zwirn, der Konto da ist nix nutz g'schrieben.

ZWIRN. Man trage ihn schleunigst noch einmal in die Kopiatur, und melde dem Kanzleipersonale meinen Zorn. Beide Gesellen ab.

ERSTER BEDIENTER durch die Seitentüre links. Euer Gnaden, es ist Samstag, die Gesellen wollen ihr Geld.

ZWIRN. Sie sollen zu meinem Kassier gehen, ich bekümmere mich nicht um solche Gemeinheiten.

ERSTER BEDIENTER. Das hab' ich ihnen auch g'sagt, aber sie sagen, sie sein überall vom Meister auszahlt worden.

ZWIRN. Zum Kassier hab' ich g'sagt. Hinaus, Filou! Erster Bedienter ab.

ZWEITER BEDIENTER durch die Mitte. Euer Gnaden, der Maler ist da.

ZWIRN. Herein mit'n Maler.

ZWEITER BEDIENTER. Sehr wohl. Ab.

Zehnter Auftritt

Zwirn. Maler.

MALER mit vielen Verbeugungen zur Mitte eintretend. Wenn es gefällig wäre, mir nur noch gütigst auf ein Viertelstündchen die Ansicht Ihrer höchst interessanten Physiognomie zu verstatten. Richtet seinen Apparat auf den Tisch.

ZWIRN. Na, ein Viertelstündchen hab' ich grade noch Zeit. Setzt sich. Aber Sie dalken lang herum mit mein Porträt.

MALER. Heut wird der Dalk fertig.

ZWIRN. Was? – Wie meinen Sie das?

MALER. Ich meine meine eigne Wenigkeit – ich werde heute fertig mit Hochdero Porträt.

ZWIRN. Ah so!

MALER indem er malt. Dieselben hätten sich aber doch sollen gefälligst in Öl malen lassen.

ZWIRN. Wegen meiner, wenn wir wo ein gutes Öl kriegen. – Schaun S' nur, daß S' mich gut treffen, es wär' schad' um ein jeden Zug, der danebengeht.

MALER. Ihre Nase ist sehr schwer zu treffen.

ZWIRN. Meine Nasen? Gar nicht. Schaun S', mir hat voriges Jahr im Bierhaus einer ein Halbglas ins G'sicht g'haut, der hat meine Nasen sehr gut getroffen, sag' ich Ihnen.

Eilfter Auftritt

Vorige. Hackauf.

HACKAUF zur Mitteltüre eintretend, im böhmischen Dialekt. Ale Gagramente, was wär' denn das? Sie sein's nit auf zu Haus, und sitzen's da und lassen's Ihne paladatschete G'fries mal'n?

ZWIRN. Hinaus!

HACKAUF. Ah, da muß ich bitten! Ich bin ich Kundschaft, die zahlte gleich. Gleich af der Stell meßt Er mir ein Rock an.

ZWIRN. Hinaus!

HACKAUF. Was? Ich soll ich hinausgehn? – Er packt Zwirn, und drängt ihn auf den Sessel, worauf der Maler das Bild gelegt, – Bediente treten ein, und drängen Hackauf zur Mitteltüre hinaus.

MALER. Wo ist denn mein Porträt?

ZWIRN. Das hat gewiß der Fleischhacker mitgenommen. Geht an die Türe, das Porträt klebt an seinem Schlafrock.

MALER. An Ihrem Schlafrock klebt's.

ZWIRN besieht sich. Ah verflucht, jetzt hab' ich mich auf mein Miniaturg'sichtl g'setzt.

MALER. Das ist hin; doch es macht nichts, Sie zahlen um 50 Dukaten mehr, und ich mach' es Ihnen von neuem.

ZWIRN. Aber heut kann ich nicht mehr sitzen, ich bin zu alteriert.

MALER hat seine Sachen zusammengepackt. So werd' ich morgen die untertänigste Ehre haben. Mit Verbeugung ab.

Zwölfter Auftritt

Zwirn allein, sehr erschöpft.

ZWIRN. Den Fleischhacker klag' ich – ich muß Satisfaktion haben. Ich arbeit' einmal für keine Kundschaft, die mir meinen Respekt nicht gibt, und wenn s' mich zehnfach bezahlt.

Dreizehnter Auftritt

Zwirn. Windwachel. Lüftig.

WINDWACHEL. Teurer Freund! hier hab' ich das Vergnügen, dir einen Duzbruder von mir vorzustellen. Herrn von Lüftig.

LÜFTIG. Herr von Zwirn, ich hatte schon lange den Wunsch, den berühmten Mann kennenzulernen –

ZWIRN geschmeichelt. Ich bitte, die Ehre ist meinerseits.

WINDWACHEL. Mein Freund will sich Verschiedenes bei dir machen lassen.

ZWIRN. O ich bitte, mein ganzes Magazin steht zu Befehl. Belieben Sie sich nur nach Gusto auszusuchen.

LÜFTIG. Ich brauche aber ziemlich viel.

ZWIRN. Je mehr, desto besser.

LÜFTIG. Bin aber für den Augenblick nicht bei Kassa, um gleich bezahlen zu können.

ZWIRN. Tut nichts, ich hab' Geld genug; übrigens kennt Sie mein Freund Windwachel, und das ist genug. – Spazieren Sie nur in mein Magazin.

LÜFTIG. Ihr untertänigster Diener, Herr von Zwirn. Im Abgehen zu Windwachel. Der Schneider kriegt keinen Kreuzer von mir. Ab.

ZWIRN. Jetzt sag mir, Freund, kommt die Frau von Palpiti?

WINDWACHEL. Ich war heute vormittag bei ihr, sie nahm deine Einladung samt ihren beiden Töchtern mit Vergnügen an.

ZWIRN. Du hast doch nichts merken lassen, daß ich ein Schneider bin?

WINDWACHEL. Keine Silbe.

ZWIRN. Hast g'sagt, daß ich ein Kapitalist bin aus – aus – aus Particulier?

WINDWACHEL. Freilich. – Nun hätt' ich aber eine Bitte an dich. In deinem Magazin ist nicht ein Stück, was mir paßt; du mußt schon die Güte haben, und mir selbst das Maß nehmen.

ZWIRN sehr bereitwillig. Ja, Freund! mit dir mach' ich eine Ausnahm. Läutet, erster Bedienter tritt ein. Johann, geh' Er hinüber, und hol' Er mir eine Schneidermaß. Bedienter ab.

WINDWACHEL. Du wirst finden, daß ich seit einiger Zeit etwas schlanker geworden bin.

ZWIRN. Es ist wahr, du bist bedeutend mägerer geworden, du brauchst auf ein Frack jetzt nicht mehr als anderthalb Achtel Kasimir. Der Bediente hat das Maß gebracht. Was willst denn haben?

WINDWACHEL. Einen modernen Kaput.

ZWIRN ihm Maß nehmend. Was nehmen wir denn für eine Farb?

WINDWACHEL. Ich denke, kastanienbraun.

ZWIRN. Die Hand halt so, daß wir die Armlänge kriegen. – Nimmt ihm die Länge zu einem Schlepp. Was nehmen wir denn für einen Kragen?

WINDWACHEL. Schwarzblauen Samt.

ZWIRN. G'fallt mir nicht – ich glaubet pomeranzengelb.

WINDWACHEL. Ah, was fallt dir ein!

Vierzehnter Auftritt

Vorige. Frau von Palpiti, Laura, Camilla treten, von beiden unbemerkt, ein.

PALPITI. Wir haben die Ehre –

ZWIRN. So, jetzt die Mitte.

PALPITI. Wir haben die Ehre –

ZWIRN sie bemerkend, wirft Maß und Schere weg. Mich trifft der Schlag!

PALPITI. Wir haben gestört –

ZWIRN sehr verlegen. O nein – es war – ich hab' nur –

WINDWACHEL. Ein Scherz, weiter nichts.

ZWIRN. Ja, nur ein G'spaß – wir wollten sehen, wer dicker ist um die Mitte. – Ich bin noch ganz im Negligé, Sie erlauben schon – ich werd' gleich mein Sonntagskleid anleg'n. Windwachel, unterhalte die Damen indes.

Ab in die Seitentüre rechts.

Fünfzehnter Auftritt

Vorige, ohne Zwirn.

CAMILLA. Ah, das ist ein kurioser Mensch.

LAURA zugleich. Was ist denn das?

PALPITI zu Windwachel. Sie haben uns gesagt, daß der Herr vom Haus ein gebildeter Weltmann ist. Weh' Ihnen, wenn Sie meine Töchter durch eine ignoble Bekanntschaft blamieren.

CAMILLA. Ich hab' schon geglaubt, Sie haben uns in eine Schneiderwerkstatt geführt.

WINDWACHEL. Was fällt Ihnen ein? Der Herr vom Haus ist ein Mensch, der von seinem Geld lebt und viel Geld hat; ist Ihnen das nicht genug?

LAURA. Freilich, wenn ich an die brillantenen Ohrringe denke –

WINDWACHEL. Dann finden Sie, daß er eine scharmante Bildung hat.

CAMILLA zu Windwachel. Wir sind Ihnen verbunden für die Connaissance, zu der Sie uns verholfen haben.

PALPITI. Oh, nicht ihm habt ihr das zu danken, sondern nur mir; denn erst seitdem ihr nach meiner Idee euch für Italienerinnen ausgegeben, habt ihr einigen Anwert.

LAURA. Es liegt doch nur in unserm interessanten Benehmen, daß man es uns glaubt.

CAMILLA zu Laura. Meine wällische Aussprach hat schon manchen irregeführt, bei dir aber wird er sich bald auskennen, daß du nur eine Burkersdorferin bist.

LAURA. Das könnte wohl bei dir der Fall sein.

WINDWACHEL. Nur keinen Streit, meine Damen – da kommt der Herr vom Haus.

CAMILLA. Jetzt will ich gleich Eindruck auf sein Gemüt machen.

Sechszehnter Auftritt

Vorige. Zwirn nach dem neuesten Journal, aber karikiert gekleidet.

CAMILLA sich stellend, als ob sie weine. O ich Unglückliche! Freund, weinen Sie mit mir.

ZWIRN. Was ist denn geschehn?

CAMILLA. Ich habe meinen Mopperl verloren.

ZWIRN. Ha, ha, ha! Ist nicht schad' um so ein Viecherl.

CAMILLA. O ich bin untröstlich! Jetzt erst hab' ich den Verlust bemerkt.

ZWIRN. Er kann ja noch nicht weit sein.

CAMILLA. Das Hunderl ist sicher nach Italien geloffen.

ZWIRN. Lassen wir'n anschlagen. Ich zahl' zwanzig Dukaten, wer ihn bringt. – Windwachel! – Windwachel! hörst denn nicht, wenn ich dich ruf'?

WINDWACHEL der mit Frau v. Palpiti gesprochen, wendet sich zu ihm. Was willst denn?

ZWIRN. Schreib eine Annonce!

WINDWACHEL. Schreib sie selbst.

ZWIRN leise zu ihm. Ich kann nicht schreiben.

WINDWACHEL. Ah so! Setzt sich an den Tisch.

ZWIRN diktiert. Verlorner Hund –

CAMILLA. Halt! das geht nicht; die Annonce muß italienisch sein, sonst versteht's dort niemand.

ZWIRN beiseite. Jetzt kocht's. Leise zu Windwachel. Kannst du wällisch?

WINDWACHEL. Kein Wort.