Alternative 3 – Teil zwei - Leslie Watkins - E-Book

Alternative 3 – Teil zwei E-Book

Leslie Watkins

3,0

Beschreibung

Teil 2 von 2. In den siebziger Jahren verschwinden, insbesondere in England, massenweise Wissenschaftler. Die Mitarbeiter der TV-Sendung Science Report recherchieren für eine geplante Folge über diesen Umstand – und entdecken Ungeheuerliches. Schließlich münden alle Erkenntnisse, das Wissen um ermordete Astronauten, verschwundene Menschen und plötzlich tödlich verunfallte Zeugen in die wohl spektakulärste Fernsehsendung, die es jemals in Großbritannien gab: Alternative 3. Waren Menschen bereits Jahre vor der angeblich ersten Mondlandung auf dem Erdtrabanten? Welche »Überlebensfrist« gestehen die Regierungen diesem Planeten und somit seinen Bewohnern zu? Gibt es eine Elite, die sich bereits Lebensräume auf dem Mond geschaffen hat? Und existiert die größte außer-irdische Kolonie bereits seit Jahrzehnten auf dem Mars? In diesem Buch schildert Leslie Watkins seine Erlebnisse um die Geschehnisse und Hintergründe einer der größten »Verschwörungstheorien«: Alternative 3. Aktualisierte und neu übersetzte Ausgabe

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
3,0 (18 Bewertungen)
3
1
10
1
3
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Alternative 3

– Teil zwei –

 

 

von

Leslie Watkins

Inhalt

Titelseite

Abschnitt Acht

Abschnitt Neun

Abschnitt Zehn

Abschnitt Elf

Abschnitt Zwölf

Abschnitt Dreizehn

Abschnitt Vierzehn

Fußnote des Autors

Über den Autor

Packing for Mars

Wilko Lennart: Der zweite Krieg der Welten

Impressum

Abschnitt Acht

Leonard Harman war alles andere als glücklich über den Brief, den unser Anwalt Edwin Greer ihm am 12. August 1977 geschrieben hatte.

Brief vom 15. August 1977 von Harman an Rechtsanwalt Greer:

Der Inhalt Ihres Briefes hat mich überrascht, und ich muss darauf bestehen, von den Herren Ambrose und Watkins eine schriftliche Bestätigung darüber zu erhalten, dass mein Name in dem von ihnen geplanten Buch nicht erwähnt wird. Wie ich Ihrem Brief entnehme, ist Ihren Mandanten bekannt, dass Sceptre Television zugegeben hat, dass die Alternative 3-Sendung ein unglücklicher Scherz war, und die offensichtlich ausweichende Art Ihres zweiten Absatzes erstaunt mich.

Sie schreiben, dass Ihre Mandanten »sich des Hintergrundes dieser Aussage bewusst sind«. Was bedeutet das, wenn es überhaupt etwas bedeutet?

Ich wiederhole, dass es äußerst falsch wäre, in Buchform das fortzusetzen, was von der Öffentlichkeit bereits missverstanden wurde. Die Vermutung irgendeines verdeckten ost-westlichen Vorhabens der in der Sendung beschriebenen Art ist absolut unwahr, und Ihre Mandanten beabsichtigen offenbar, einen bereits eingestandenen schweren Irrtum ihres Urteilsvermögens noch zu verschlimmern.

Wenn Ihre Mandanten ihre Haltung beibehalten, besonders im Hinblick auf meine Privatsphäre, zwingen Sie mich dazu, mich um rechtliche Beratung und/oder eine Entschädigung zu bemühen.

Brief vom 18. August von Edwin Greer an Leonard Harman:

Mein Brief vom 12. des Monats war nicht ausweichend. Ich habe lediglich ausgeführt, dass meine Mandanten zum Thema des von ihnen geplanten Buches eigene Untersuchungen in England und den USA durchgeführt haben. Diese Untersuchungen laufen noch. Jegliche Entscheidung von Mr. Ambrose und Mr. Watkins wird, in Absprache mit ihren Verlegern, von den letztendlichen Ergebnissen ihrer Nachforschungen abhängen, und ich bin angewiesen, Sie davon in Kenntnis zu setzen, dass es meinen Mandanten nicht möglich ist, Ihnen irgendeine Garantie zu geben.

Sechs Tage später erhielt Greer einen Brief von einem bekannten Abgeordneten, an den Harman sich um Unterstützung gewandt hatte. In unserem Originalmanuskript hatten wir die Namen dieses Angeordneten – und den eines anderen, der ebenfalls versuchte, das Erscheinen dieses Buches zu unterdrücken – aufgenommen, aber angesichts der strengen Verleumdungsgesetze in England wurde uns geraten, diese Namen aus der gedruckten Version zu streichen.

Dieser Abgeordnete verfolgte die gleiche Linie wie Harman. Sein Brief lautet wie folgt:

Gemeinsam mit einer Anzahl meiner Kollegen im Unterhaus habe ich bereits die fehlgeleiteten Motive missbilligt, die eine Fernsehsendung über eine sogenannte Alternative 3 hervorbrachten.

Briefe von vielen meiner Wähler zeigen, welche Unruhe ausgelöst wurde, die trotz später vorgebrachter Statements vonseiten der Fernsehgesellschaft noch anhält.

Die Tatsache, dass Ihre Mandanten offensichtlich entschlossen sind, aus dieser Unruhe Kapital zu schlagen, ist meiner Meinung nach einfach nur skandalös.

Ich beabsichtige eine Verfügung zu erwirken, um die Veröffentlichung dieses Buches zu verhindern.

Er versuchte tatsächlich, diese Verfügung zu erwirken. Dass Sie dieses Buch jetzt in den Händen halten, ist der Beweis dafür, dass es ihm – ebenso wie einem seiner Kollegen im Unterhaus – nicht gelungen ist. Wie wir zu einem späteren Zeitpunkt noch erklären werden, zwangen diese Abgeordneten uns allerdings zu einem widerwillig eingegangenen Kompromiss.

Sie konnten uns allerdings nicht davon abhalten, weitere interne Aktennotizen zu benutzen, die im Hause Sceptre Television kursierten.

Memo vom 12, April 1977 von Chris Clements an Fergus Godwin, Programmdirektor; z. K. an Leonard Harman, Colin Benson, Terry Dickson:

Durch Kontakte in Amerika haben wir nun den ehemaligen Astronauten Bob Grodin unter einer neuen Adresse aufgespürt. Er wohnt mit einem Mädchen zusammen und weiß nicht, dass uns sein Aufenthaltsort bekannt ist. Ich habe den amerikanischen Reporter instruiert, sich ihm nicht direkt zu nähern, denn angesichts der Art und Weise, wie Grodin sich nach dem Abbruch des Interviews in Boston versteckte, würde er bestimmt versuchen, uns erneut zu entwischen.

Ich möchte Benson nach Amerika schicken, damit er Grodin ausführlicher interviewt, besonders hinsichtlich dessen Anspielung auf Ballantine. Ich bin sicher, er kann uns den Schlüssel zu einer ungeheuer wichtigen Story liefern. Es wäre natürlich entscheidend, dass Benson ohne Vorwarnung eintrifft. Darf ich um Ihr Einverständnis für die notwendigen Maßnahmen bitten?

Memo vom 12. April 1977 von Leonard Harman an Mr. Fergus Godwin, Programmdirektor:

VERTRAULICH. Die heutige Notiz von Clements betreffend seiner Interessen in den USA ist eine klare Bestätigung dafür, was ich Ihnen und dem Verwaltungsdirektor bereits andeutete. Clements ist berufswidrig besessen von dieser lächerlichen Untersuchung, die er da durchführt, und ich empfehle, dass er als Produzent von Science Report sofort ersetzt wird. Ich habe seinen Vertrag geprüft, wir hätten das Recht, ihm einen Programmbereich zu übertragen, in dem er nicht so teuer wäre – vielleicht die Gartensendung oder die Kirchensendung.

Ich musste ihn schon mehrmals ermahnen, Zeit, Geld und Ressourcen der Firma nicht zu verschwenden – erinnern Sie sich an die Filmpannen bei den Reisen nach Norwich und Schottland? –, aber er macht trotzig so weiter.

Von den Untersuchungen, die offensichtlich auf unsere Rechnung in Amerika durchgeführt wurden, war mir nichts bekannt, obwohl solche Angelegenheiten üblicherweise über mich laufen. Das habe ich auf der Direktorensitzung am Freitag nochmals betont. Es wäre völlig verfehlt, Bensons Amerikareise gutzuheißen. Durch ein Gespräch mit diesem Grodin kann nichts gewonnen werden – selbst wenn man annimmt, dass Grodin zu einem Gespräch überhaupt bereit ist, was, wie Clements selbst zugibt, unwahrscheinlich ist. Anhand von Zeitungsberichten habe ich den Eindruck, dass Grodin instabil und wahrscheinlich völlig aus dem Gleichgewicht ist. Es ist für uns als angesehene Fernsehgesellschaft nicht die Aufgabe, einen solchen Mann zu jagen – besonders nicht aus einem so lächerlichen Grund.

Ich schlage vor, dass wir Clements anweisen, seine verwegene Aktion abzubrechen, und wir sollten auch ernsthaft darüber nachdenken, ihn zu ersetzen.

Memo vom 13. April 1977 von Fergus Godwin an Leonard Harman:

VERTRAULICH. Wir wollen nicht vergessen, dass Science Report nur dank Clements ein Network-Erfolg ist. Ich nehme jedoch Ihre Einwände zur Kenntnis und muss bekennen, dass ich mir ebenfalls Sorgen darüber gemacht habe, wieviel Geld in dieses Einzelprojekt geflossen ist. Ich habe Clements für heute zu mir einbestellt und werde Sie natürlich auf dem Laufenden halten.

Dieses Treffen zwischen Clements und Godwin – am Donnerstag, dem 13. April – lief nicht gut. Godwin hatte die ungeschnittene Version des Interviews mit Gerstein in Cambridge gesehen, und sie hatte ihn nicht beeindruckt. Die Art, wie der alte Mann jeder Diskussion über Alternative 3 ausgewichen war, gab Aanlass zu der Vermutung, dass es gar keine Alternative 3 gab – dass die Gefahren ebenso wie die Lösungsvarianten wahrscheinlich alle rein theoretischer Natur waren.

Science Report hatte sein Budget bereits ziemlich überzogen, und Godwin wusste, wie diese Tatsache bestimmte Männer im Vorstand erzürnen würde. Einer der Männer im Vorstand hatte eine Buchhalterseele und die kreative Vorstellungskraft eines schwachsinnigen Eisbären, und er war ein aufbrausender kleiner Mann.

Godwin war nicht erpicht auf ein weiteres Gefecht mit ihm – nicht über ein Thema, bei dem er selbst sich auf derart unsicherem Grund bewegte. »Ich will darüber nachdenken«, sagte er zu Clements. »Sie hören von mir.«

Memo vom 14. April 1977 von Fergus Godwin an Chris Clements; z. K. an Leonard Harman:

Bezugnehmend auf unser gestriges Gespräch bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es nicht gerechtfertigt wäre, Benson nach Amerika zu senden. Wenn die Situation sich infolge weiterer Ihnen zugehender Informationen ändern sollte, bin ich bereit, erneut mit Ihnen über die Angelegenheit zu sprechen. Im Augenblick allerdings steht das nicht an.

Clements las die Notiz und schob sie über den Schreibtisch zu Dickson hinüber. »Dieser verdammte Harman!«, sagte er. »Das ist sein Werk!«

»Und jetzt?«, fragte Dickson.

»Wir machen es, Terry. Wir machen es definitiv. Wir brauchen nur ein paar zusätzliche Informationen.«

»Zum Beispiel?«

»Ich weiß auch nicht, mein Lieber … du bist der Recherchemann … halt eine Information, mit der wir Fergus herumkriegen.« Er runzelte die Stirn, erhob sich und fing an, im Raum auf und ab zu gehen. »Was hat Gerstein über die Zusammenarbeit zwischen den Supermächten gesagt?«

»Er schien die Vorstellung zu haben, dass sie im Hinblick auf Alternative 3 zusammenarbeiten …«

»Das könnte es sein!«, begeisterte sich Clements. »Kennen wir irgendjemanden, der diesen Gedanken für uns näher ausführen könnte? Es müsste jemand sein, der wirklich über Ansehen verfügt …«

»Broadbent?«

»Wer ist Broadbent?«

»Ein großartiger Experte der Ost-West-Diplomatie … er leitet das Institut für Internationale Politikforschung an der St. James-Universität …«

»Hm … ein Versuch kann nicht schaden. Ist Colin in der Nähe?«

Dickson schüttelte den Kopf. »Hat seinen freien Tag.«

»Er hat immer seinen freien Tag, wenn ich ihn brauche«, sagte Clements unfairerweise. »Bitte Kate, zu mir zu kommen. Sie kann mit Broadbent anfangen …«

Um 17.15 Uhr am gleichen Tag führte die Reporterin Katherin White ihr Interview mit Professor G. Gordon Broadbent – Teile dieses Interviews wurden, wie Sie sich vielleicht erinnern, in der schließlich ausgestrahlten Sendung verwendet.

Sie benötigte einige Zeit, bevor Broadbent wirklich anfing zu reden. Er war vorsichtig, misstrauisch gegenüber ihren Motiven und ängstlich darum besorgt, nicht in irgendeine Sensationshascherei mit hineingezogen zu werden. Das war verständlich, denn immerhin war er ein international anerkannter Mann. Nach einer Weile allerdings ging er etwas mehr aus sich heraus, und wir drucken hier – wörtlich nach dem Transkript – den wichtigsten Teil dieses Interviews, wie es auch in der Fernsehdokumentation gezeigt wurde:

 

Broadbent: Im Gesamtthema der Beziehungen zwischen Sowjets und Vereinigten Staaten gibt es zugegebenermaßen ein geheimnisvolles Element, das viele Leute in meinem Fach verwirrt. Um es ganz einfach zu sagen: Niemand von uns versteht, wie der Frieden in den letzten fünfundzwanzig Jahren aufrechterhalten wurde.

White: Sie meinen, die Experten sind verblüfft?

Broadbent (lächelnd): Aber sie sind sich wenigstens einmal einig. Der beliebte Mythos, dass dieser Friede ein Beweis für das Gleichgewicht des Schreckens durch die Atombombe ist, stimmt einfach nicht ganz. Und je genauer man es betrachtet, um so weniger Sinn ergibt es. Es gibt zu viele Unausgewogenheiten – besonders, wenn Sie es aus einer historischen Perspektive sehen.

White: Was ist dann Ihre Erklärung?

Broadbent: Im Prinzip vermuten wir, dass auf den allerhöchsten Ebenen der Ost-West-Diplomatie ein Faktor wirkt, von dem wir nichts wissen. Es könnte sein, und ich betone das Wort »könnte«, dass dieser unbekannte Faktor eine intensive, aber geheime Zusammenarbeit im Weltraum ist. Aber welche Gründe es auch sind … es ist nicht unsere Aufgabe, darüber zu spekulieren.«

 

Clements stürzte in das Büro des Programmdirektors, ohne die Antwort auf sein heftiges Klopfen abzuwarten. »Haben Sie das Broadbent-Transkript gelesen?«, fragte er. Godwin sah von seiner Arbeit auf, lehnte sich zurück und lächelte resigniert. »Ja – und Ihre Begleitnotiz auch.«

»Und?«

»Und was?«

Clements stöhnte aufgebracht. »Das gibt der Sache doch Hand und Fuß.«

Godwin schüttelte langsam den Kopf. »Nein, jedenfalls nicht aus meiner Sicht. Es ist lediglich noch mehr Theorie … das ist alles.«

»Aber Fergus, es passt alles! Gerstein und Broadbent, jeder ist auf seinem Gebiet ein Spitzenmann, beide vermuten die gleiche geheime Kooperation im Weltraum zwischen den Supermächten. »Harry, dieser Amerikaner, der behauptete, er wüsste, warum ständig Wissenschaftler verschwinden, und die Verbindungen, die er offenbar zu Ballantine und zur NASA hatte. Dann Grodin, der ohne jeden Zweifel dort oben auf dem Mond etwas wirklich Unglaubliches sah … wir können die ganze Sache jetzt nicht einfach liegenlassen und vergessen!«

»Hören Sie auf, herumzufuchteln, Chris, und setzen Sie sich.« Godwin wies auf einen Stuhl. »Na los … setzen Sie sich.« Er wartete, bis Clements sich niedergelassen hatte. »Also, jetzt möchte ich das zum allerletzten Mal klären. Ich erkenne an, dass vielleicht etwas Merkwürdiges vorgeht, aber ich verstehe es nicht, und ich finde, das sollte auch nicht unsere Sorge sein …«

Clements wollte wütend von seinem Stuhl aufspringen und ihn unterbrechen, aber Godwin hielt ihn zurück. »Sie haben mit Science Report sehr gute Arbeit geleistet. Das finden alle, und die Einschaltquoten haben es bewiesen. Daher möchte ich, dass Sie sich weiter mit dem befassen, was Sie so wunderbar können …«

»Das bedeutet, Sie sagen weiterhin ›Nein‹ zu Amerika?«

»Genau das heißt es.«

»Wenn es um die Kostenfrage geht, kann ich darauf hinweisen, wie viel Gewinn die Gesellschaft letztes Jahr gemacht hat …«

Godwin hat uns inzwischen reuevoll erzählt, dass er nur einen Aspekt seines Berufes nicht mag – dass er der Hauptpuffer zwischen den Redakteuren und den Geldleuten ganz oben ist. Die einen denken unausweichlich, dass er geizig ist, und die anderen verdächtigen ihn, ein Verschwender zu sein. Es macht keine Freude, zwischen beiden Lagern aufgerieben zu werden. Darum war seine Erwiderung an Clements ungewöhnlich scharf:

»Es ist wohl kaum Ihre Sache, darauf hinzuweisen, aber wo Sie es schon getan haben, will ich Ihnen etwas sagen: Die Gesellschaft macht Gewinne, und sie macht gute Gewinne, aber nicht, indem sie Aufnahmeteams mit idiotischen Aufträgen um die ganze Welt schickt … also bitte, lassen Sie die Sache ruhen …«

Clements erhob sich, bereit zu gehen. »Was wäre, wenn ich eine vergünstigte Reise buchen würde?«

»Die Fluggesellschaften werfen heutzutage nicht gerade mit Freiflügen um sich – nicht über den Atlantik.«

»Benson könnte einen Beitrag für die Urlaubsserie machen, während er drüben ist. Ich habe mit Simon Shaw gesprochen, der die Urlaubssendungen übernommen hat, und er ist ganz versessen drauf … und ich kenne eine Fluglinie, die sich darauf einlassen würde.«

»Meine Güte … Sie geben wirklich nicht so leicht auf!« Godwin grinste. »In Ordnung … sagen Sie Benson, er kann nach Amerika reisen.«

 

»Warum sind Sie damals verschwunden?«, fragte Benson. »An dem Abend des Interviews … warum sind Sie einfach davongelaufen?«

»Nehmen Sie sich noch ein Bier«, sagte Grodin. Er schob Benson eine neue Dose über den niedrigen Tisch und goss sich selbst noch ein Bier ein. »Dieser Schweinehund versuchte mich reinzulegen. Hatte ich mehr gesehen, als ich öffentlich zugeben darf? Jesus … was für eine saublöde Frage war denn das?«

Benson zwang ein Lächeln in sein Gesicht und versuchte die Spannung zu lösen. Er fühlte sich wie ein Angler, der einen problematischen Fisch an der Angel hat. Vorsicht … Vorsicht … nur so kam er weiter. Er nahm einen kräftigen Schluck Bier und seufzte vor Befriedigung, als er das leere Glas abstellte. »Das Bier habe ich gebraucht«, sagte er. »Ich hatte wirklich Durst.«

»Und Sie haben jetzt das Gleiche mit mir vor?« Grodin sah ihn misstrauisch an. »Sie wollen mich genauso reinlegen?«

Grodin hatte Angst. Das war ganz deutlich. Und er versuchte seine Angst mit Aggressivität zu bemänteln.

Benson empfand Mitgefühl für den Mann, der so entsetzlich verwundbar zu sein schien. Benson erinnerte sich an Harmans Worte in jenem Memo: »… habe ich den Eindruck, dass Grodin instabil und wahrscheinlich völlig aus dem Gleichgewicht ist. Es ist für uns als angesehene Fernsehgesellschaft nicht die Aufgabe, einen solchen Mann zu jagen …«

Letzten Endes war an Harmans Worten etwas daran, Grodin war eindeutig nicht ganz normal. Es war schön und gut, skrupellos professionell zu sein, aber würde es wirklich etwas bringen, Grodin weiter zu bedrängen? Wäre es nicht fairer, die ganze Sache einfach fallenzulassen, ins Auto zu steigen – und Grodin zu vergessen?

Benson zögerte. Es wäre leicht, Clements später zu erzählen, dass Grodin sich einfach verweigert hätte und dass es unmöglich gewesen war, ihn zu einem weiteren Gespräch zu überreden. Clements würde sich nicht darüber freuen – er würde sogar ziemlich wütend werden –, aber er würde es schließlich akzeptieren müssen, besonders nach dem Fiasko mit dem abgebrochenen Interview.

Dann dachte Benson wieder an diesen Harry. Wie er ihn in diesem zerfallenen Haus in Lambeth gesehen hatte – nackt und völlig verängstigt. Und er fragte sich, wie viele Leute in dem gleichen Zustand sein mochten. Und wie viele in Zukunft so sein würden, wenn die Wahrheit nicht ans Tageslicht kam.

»Kameras, Mikrofone, Zeugen – das ist die Art von Schutz, die ich brauche.« Das hatte Harry gesagt. Und sie hatten ihn im Stich gelassen, sie waren zu spät gekommen.

Schutz wovor? Das war immer noch ein Geheimnis. Aber es hatte irgendetwas mit dem Verschwinden von Ann Clark zu tun. Und mit dem von mindestens zwanzig anderen Leuten, darunter auch Brian Pendlebury und Robert Patterson.

Grodin besaß den Schlüssel, wenigstens zu einem Teil der Antwort, und Benson wusste, er hatte keine andere Wahl. Er musste Antworten erhalten, irgendwie musste er aus diesem Mann jedes bisschen an Information herausquetschen.

»Nun?«, beharrte Grodin. »Wollen Sie mich genauso reinlegen?«

Benson schüttelte den Kopf und öffnete sich die nächste Bierdose. »Ich hoffe nur auf ein paar Antworten«, sagte er.

Sie saßen in einfachen Leinensesseln zu zweit auf der grüngefliesten Veranda hinter dem Bungalow, den Grodin in einer einsamen Ecke von New England gemietet hatte. Es war friedlich hier draußen. Keine Nachbarn. Keine Stadt, kein Ort im Umkreis von fünfzehn Meilen. Weit in der Ferne, hinter dem ausgedehnten Buschland, konnten sie die rauchblauen Berge sehen, die sich dort wie eine Spielzeuglandschaft erstreckten. Ihre Gipfel schienen mit dem Himmel zu verschmelzen. Stille, nur unterbrochen von dem einschläfernden Summen von Insekten.

Aus dem Bungalow hinter ihnen drangen keine Geräusche, aber Benson wusste, dass Annie, Grodins Freundin, wahrscheinlich in der Küche beschäftigt war. Grodin hatte gesagt, es würde bald etwas zu essen geben, also musste Annie dort sein. Benson war ihr bei seiner Ankunft kurz vorgestellt worden, dann hatte sie sich sofort scheu zurückgezogen. Annie, das spürte er, war nicht besonders glücklich über seinen »Überfall«. Sie sah jung aus, eigentlich viel zu jung für Grodin. Sie hatte glattes Haar, trug kein Make-up, aber eine goldgeränderte Omabrille. Die Sorte ernsthaftes Mädchen, wie sie überall Psychologie studieren. Es war nicht schwer, ihre Hauptfunktion zu erraten. Benson hoffte, dass sie auch eine gute Köchin war …

Auf der anderen Seite des Bungalows prüfte Bensons Kollege von der Technik, Jack Dale, im Auto seine Ausrüstung und bereitete sich vor. Er hatte eine besonders leise Kamera, aber er war so klug, sie nicht zu zeigen, bevor er ein Zeichen erhalten hatte. Die Kamera musste außer Sicht bleiben, bis Benson Grodin in die richtige Stimmung gebracht hatte …

Grodin leerte sein Glas. »So etwas ähnliches wie das hier hat mir mal gehört« sagte er. »Nicht nur gemietet wie jetzt, sondern es gehörte mir richtig. Wissen Sie, damals dachte ich, ich würde dort Wurzeln schlagen. Ich fuhr immer im Sommer mit der Familie hin. Ach, damals war alles anders. Wir hatten Pferde und …« Er hielt inne, schnitt eine Grimasse und lächelte ironisch. »Vermutlich könnte man sagen, dass ich mir für die Zukunft nicht mehr besonders viel vornehme.«

Er betrachtete prüfend sein Glas, als versuchte er herauszufinden, warum es plötzlich leer war. Er drehte die Bierdose um, ein kleiner Rest tropfte heraus. »Ich schwöre, die füllen heutzutage diese Dosen nur zur Hälfte«, sagte er bitter. »So machen die ihr Geld – wussten Sie das? –, indem sie die Dosen nur halb füllen.« Verächtlich warf er die Dose fort, sie rollte scheppernd zum Rand der Veranda. »So ist es heute. Alle legen sich gegenseitig rein, jeder will absahnen. Kein Anstand mehr, nirgendwo.« Seine Sprache war leicht verwaschen, und Benson fragte sich, wieviel er bereits vor ihrer Ankunft getrunken hatte.

»Miese Spirituosendealer!«, rief Grodin. »Kleinkarierte Betrüger!« Er drehte sich in seinem Stuhl und rief über die Schulter: »Annie! Wir haben kein Bier mehr! Bringst du noch ein paar …« Er blickte Benson an. »Oder wollen Sie einen richtigen Drink?«

»Bier ist prima«, sagte Benson. Grodin grunzte, zuckte die Achseln und rief erneut: »Annie! Hier draußen sterben zwei Männer vor Durst …«

Sie kam mit zwei Bierdosen heraus und schüttelte lächelnd den Kopf; ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie in ihm einen liebenswerten, schelmischen kleinen Jungen sah. Einen Jungen, der Bemutterung brauchte.

Grodin drückte ihr die Hand. »Danke, Baby.« Er schien eine Erklärung für nötig zu halten: »Sie sind einfach nicht mehr richtig gefüllt wie früher …«

Sie lächelte wieder. »Das war schon immer so«, sagte sie.

»Großartiges Kind«, sagte Grodin, während Annie zum Bungalow zurückging. »Und sie ist nicht meine Tochter! Okay? Das muss unbedingt aufs Band!«

»Wie wäre es, wenn wir noch etwas anderes aufs Band brächten?«, schlug Benson in ruhigem Ton vor.

»Zum Beispiel?«

»Zum Beispiel, was Sie über Ballantine wissen.«

Der wachsame Ausdruck kehrte auf Grodins Gesicht zurück. »Ich habe den Kerl nie gekannt.«

»Damals, als er zum NASA-Hauptquartier ging … haben Sie ihn da nicht kennengelernt?«

»Hör auf damit, Junge, bitte! Ich hab’ das doch schon gesagt, um Himmels willen. Ich habe ihn nie gekannt … ich bin ihm nie begegnet …«

»Aber Sie wissen, was mit ihm geschehen ist – und warum.«

Grodin stand auf. »Zeit zum Essen«, sagte er. »Rufen wir Ihren Kumpel.«

Nach der Mahlzeit ging Grodin zu Bourbon on the Rocks über. Er versuchte, die anderen gleichfalls dazu zu überreden, aber Benson und Jack Dale blieben beim Bier, und Annie ebenso. Und später, während Annie das schmutzige Geschirr abräumte, willigte Grodin ein, sich interviewen zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt schaute er schon ein bisschen glasig drein, aber er konnte immer noch in Zusammenhängen denken.

Dieses Interview, von Dale gefilmt, war Teil der berühmten Science Report-Sendung vom 20. Juni 1977. Wir zitieren jetzt direkt aus dem Transkript:

 

Grodin: Über Ballantine weiß ich nur, dass er mit einem Band bei der NASA auftauchte. Als er es auf deren Juke-Box abspielte, wurde er sehr aufgeregt.

Benson: Juke-Box?

Grodin: Dekodierer. Man kann ein Signal aufnehmen, wenn man die dafür Ausrüstung hat, aber man kann es nicht entschlüsseln …

Benson: … nicht ohne die Ausstattung der NASA?

Grodin: Irgendein junger Typ half ihm dabei. Ich würde mal sagen, der hätte es besser wissen sollen.

Benson: War es dieser Mann?

(Benson zeigt Grodin ein postkartengroßes Foto von Harry Carmell – eine Vergrößerung aus dem in der Straße aufgenommenen Film. Grodin runzelt die Stirn und versucht sich zu erinnern.)

Grodin: Könnte sein. Ja, sieht so aus. Wollen Sie wirklich keinen Bourbon?

Benson: Bier ist prima.

Grodin: Bourbon ist besser für Sie.

Benson: Nein, danke … Sie sagen, Ballantine wurde getötet, weil er dieses Band gesehen hat?

Grodin: Ich sage gar nichts. Ich habe nur gesehen, wie diese Kerle ihn ansahen. Ich kenne solche Blicke … mich haben die auch schon so angeschaut.

Benson: Wer »die«?

Grodin: Ach, los …! Hier, ein richtiger Drink, das tut Ihnen gut.

 

An diesem Punkt gab es eine Unterbrechung des Interviews. Die Fernsehzuschauer sahen, wie Grodin sein Glas leerte und durch den Raum torkelte, um es an der Bar in der Ecke aufzufüllen. Sie sahen nicht, wie Annie aus der Küche zurückkam. Und sie hörten auch nicht den Streit zwischen ihr und Grodin.

Sie hatte, wie wir später von Benson erfuhren, Angst, dass Grodin zuviel sagte, dass er gefährlich indiskret wurde. Aber zu diesem Zeitpunkt hatte Grodin schon so viel getrunken, dass er verwegen wurde – und dass es ihm nicht passte, von einem Mädchen Befehle zu erhalten.