Am Morgen Danach und weitere Kurz und Kürzestgeschichten - Philipp Fischerlehner - E-Book

Am Morgen Danach und weitere Kurz und Kürzestgeschichten E-Book

Philipp Fischerlehner

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Beschreibung

Ein junger Mann wacht eines Morgens wie immer auf... Aber etwas hat sich geändert, er versucht mit seiner Umgebung ins Gespräch zu kommen. Er hat das Gefühl, er müsste die Hintergründe seiner Existenz aufdecken, denn etwas scheint nicht zu stimmen ... Zusätzlich : zahlreiche weitere Kurz und Kürzestgeschichten.

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Am Morgen Danach und weitere Kurz und Kürzestgeschichten

 

Von Philipp Fischerlehner

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

AUTOR: Philipp Fischerlehner, geboren 1998, in Wien

Mailadresse: [email protected]

Telefonnummer: 069911625714

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Morgen danach

 

“Du musst wissen, dass auf der Spiegelseite dieses Hauses ein junger Mann sitzt. Eingebunden ist er in ein blaues Haus, aber nicht von außen gesehen, siehst du das nicht? Sein Tag beginnt als eine Fortsetzung des hypnagogen Schlafs, der seine Nacht bestimmt hat. Man kann durchaus sagen, dass auch der Schlaf ein durch und durch blaugetränkter war.” Was tut er jetzt? “Jetzt gerade ist es ein Nebel der den jungen Mann umgibt. Er steht auf und denkt wahrscheinlich an etwas Ähnliches wie du gerade und wahrscheinlich seht ihr euch sogar gar nicht so unähnlich.” Es ist schwierig zu beurteilen. Ich kann ihn weder sehen noch habe ich ihn jemals getroffen und nach dem, was du mir erzählt hast, habe ich nicht besonders viele Anhaltspunkte. “Geh nach draußen. Suche das Restaurant auf, von dem ich dir gestern erzählt habe und warte dort. Ein Mann wird kommen, du wirst ihn schon zuzeiten erkennen, und der wird dir dann alle Details geben. Vergiss erst mal was ich dir gesagt habe und konzentrier dich verdammt nochmal auf das Wesentliche. Vergiss nicht, dass alles auf der Kippe steht, jetzt besonders.” Okay.

Ich schätze das Beste wäre es zunächst mal einen Kaffee zu bestellen um klar zu werden. Ich weiß weder wer der Typ ist den ich treffen soll noch wozu. Scheiße, ich habe nicht einmal eine Ahnung wie er aussieht. “Alles was du tun kannst ist versuchen cool zu bleiben und abzuwarten auch wenn es schwer fällt”, sagte ich mir. “Dich zu verwirren ist doch genau was die wollen also mach es Ihnen nicht so einfach.” Wenn ich das hier erledigt habe ist das erste was ich tue die Stadt auf schnellstem Wege zu verlassen und es sollte dabei möglichst wenig Zeit vergehen. Soviel ist sicher. Du holst deine Freundin ab und sagst ihr wir fahren fort.

Eine halbe bis dreiviertel Stunde vergeht und ich hatte jetzt wahrscheinlich den fünften Kaffee. “Am Besten du gehst raus und rauchst eine Zigarette.” Häh? “Kommen Sie mit?” Ich wollte eigentlich gerade gehen aber… ja in Ordnung. “Ich denke es wäre das Beste.” In Ordnung.

Als wir zu zweit um die Ecke des Restaurants standen hatte ich zum ersten Mal Zeit mir den Typen genauer anzusehen. Er trug knallrote Schuhe aus irgendeinem billigen Plastik und der Rest an ihm war eigentlich nicht der Rede wert. Es war jemand den man bis auf die Schuhe irgendwie in dem Moment wieder vergisst in dem man ihn gesehen hat und das gleiche galt auch für sein Gesicht. Ich konnte darin wirklich keine Auffälligkeit erkennen außer dass er etwas unangenehm Asymmetrisches an sich hatte. Ich meine das auf seine gesamte Erscheinung bezogen. Irgendwas war an ihm vollkommen falsch positioniert, etwas das eher in der Körperhaltung lag als in seinem Aussehen.

Nirgends war ein Mensch zu sehen da wir um die Ecke einer kalkweißen Mauer neben dem Restaurant standen. Ich konnte nur den Verkehr von der Hauptstraße aus hören. Hatte mich der Kerl die ganze Zeit über beobachtet?

Als ich in den Laden hereingekommen war kann ich mich nicht erinnern ihn gesehen zu haben und ich hatte die Eingangstür doch die gesamte Zeit im Blick. Ich war nicht eine Sekunde von meinem Platz weg und habe mich gründlich umgesehen und gerade in dem Moment als ich den innerlichen Entschluss fasste auf diesen ganzen kryptischen Auftrag ins Restaurant zu gehen und auf jemand zu warten den ich weder kannte noch wusste was er für mich bereit hielt zu verzichten, um es nett auzudrücken, taucht er wie aus dem Nichts auf und redet mich an. Unmöglich dass er mich bis zum Exzess warten ließ nur um mich in meiner größer werdenden Anspannung zu foltern und wenn ja dann sind er und der der was von Spiegeln und blauen Träumen gefaselt hat noch kranker als ich ohnehin schon dachte.

Also…ähhh… Sie wollten mich sprechen? Bevor der Rotbeschuhte antwortete zog er nochmal an der Zigarette, was mich unglaublich reizte weil damit kein Zweifel mehr an seiner Provokation mir gegenüber bestand. Die Ruhe und die Tatsache, dass er mich dazu gebracht hatte als erster etwas zu sagen waren wie Öl ins Feuer meiner sengenden Stirn. Ich hatte bereits seit Tagen eine schreckliche chronische Migräne die, wenn sie wieder im Gange war, von Minute zu Minute schlimmer zu werden schien, noch angefacht von der Absurdität dieser Begegnung und der mit seinem Arbeitspartner oder was auch immer der Hintergrund ihrer Verbindung war. Die Zigaretten und der übermäßige Kaffeekonsum machten alles noch schlimmer und ich hatte Angst falsche Schritte zu setzen, etwas Falsches zu sagen oder irgendeinen unwiderruflichen Fehler zu begehen der mich vielleicht noch tiefer in Verwirrung und Sinnlosigkeit verstrickte.

„Sie müssen wieder dahin.“ Ich gab ihm einen bösartigen und aggressiven Blick. Entschuldigung? „Sie müssen wieder in den Traum.“ In welchen Traum? „In den, den Sie vorletzte Nacht hatten. Sie müssen unbedingt wieder dahin. Gar kein Zweifel daran, vorausgesetzt Sie wollen wirklich verstehen was hier abläuft. Wollen Sie das für mich tun?“ Und das wars? „Das reicht fürs erste. Wir können uns übermorgen treffen, das ist ein Freitag. Ich bin gegen neun am Abend in der Lounge im Hotel. Sie wissen wo?“ Ja weiß ich, ist mir bekannt. „Guten Tag.“

Ich denke das Beste wärs jetzt wahrscheinlich nach Hause zu gehen und dem Ganzen ein Ende zu machen oder noch spätestens heute Abend die Stadt zu verlassen. Es ist jetzt gegen elf Uhr am Vormittag und du hast den ganzen Tag Zeit um alles in die Wege zu leiten. Okay, das einzige Problem ist C. Sie arbeitet wahrscheinlich noch und abgesehen davon hat sie sowieso keinen Plan davon was hier läuft. Früher oder später wird es sich nicht vermeiden lassen ihr die Grundpfeiler der Angelegenheit zu erklären aber das hat keine Eile. Du musst vollkommen übergeschnappt sein Mann.

Denkst du wirklich, dass Sie mit dir wegfährt, ohne den geringsten Anhaltspunkt und ohne absehbare Zeit einer Rückkehr? In ein Hotel ein paar hundert Kilometer von hier? Eine riskante Aufforderung deinerseits, sie wird wahrscheinlich nein sagen und dich für eine lange Zeit nicht sehen wollen, noch länger als das letzte Mal. Es ist vielleicht besser du bleibst cool und wartest wie die Sache weitergeht um nicht in einer unbegründeten Panik unüberlegte Schritte zu machen.

Am Morgen danach…

Ich weiß nicht, hab irgendwie Kopfweh, willst du noch was Essen gehen? „Ich hab jetzt keine Zeit mehr, sorry, hab meiner Schwester versprochen noch vorbei zu kommen. Ich ruf dich an, ja?“ Hm ja na gut. Dann schönen Tag. „Was war los letzte Nacht?“ Nichts besonderes, ich hab auf dich gewartet, du sagtest eigentlich du kommst. „Du hast um 3 Uhr morgens angerufen. Denkst du ich bleibe ewig auf und warte bis du dich meldest? Warum rufst du um 3 Uhr an? Normale Menschen schlafen zu dieser Zeit.“ Ach ja, das hab ich total vergessen. Naja vielleicht hast du ja am Wochenende Zeit. „Ja vielleicht.“

Es ist eine halbe Stunde vergangen seit C. wegging. Es ist Donnerstag 13:33 Uhr. Du hast einen unüberblickbaren Haufen an Arbeit vor dir die du erledigen solltest. Jeder Beginn scheint wie das Aufmachen einer Tür zu einem unüberblickbar langen und finsteren Gang. Jeder Abschluss von etwas wirkt wie eine Farce. Du hast am Nachmittag eine Vorlesung an der Universität und gehst hin obwohl du weißt, dass das eine noch größere Farce ist.

Und ich höre…

Eine vollkommen tonlose, ausdruckslose und nichtssagende Stimme, die mich zum Kotzen bringen könnte, wenn ich sie länger als die Gott sei Dank ohnehin schon bemessene Zeit zu hören haben müsste, die sich dennoch wie eine Ewigkeit anfühlt. Tatsächlich vollkommen tonlos, ausdruckslos und dramatisch demotivierend schleicht sie fahl und rau daher wie ein kotzig milder und keuchender Wind. Man kann nicht einmal einschlafen wenn man sie hört, denn dafür ist sie viel zu störend und gewöhnlich. Ein energiesaugender, Hitzewallungen auslösender und Schweiß produzierender Tonus, der in Kombination mit den anderen Aspekten dieser Sitzung nur unter größten eskapistischen Kunststücken zu ertragen, besser gesagt zu überstehen vielleicht möglich ist. Es würde vielleicht helfen das aufzuschreiben aber unter Vermeidung der angenehmen Verschriftlichung auf einem Zettel, die aufgrund von zu nahen anderen Personen, vornehmlich in zu naher Distanz und Paranoia provozierendem Winkel hinter mir jegliches Wort zu entziffern imstande wären, welches auf weißem ausgeleuchteten Papier in dem Saal mit süßlich heißer Luft zu einfach wäre, selbst wenn ich wie zuerst geplant krankhaft klein zu schreiben versuchen würde, was sich wiederum als zu gezwungen anfühlen muss um wenigstens annähernd dem Sinn eines Schreibens nachzukommen.

Die Stimme, die ohne Mikrofonverwendung komischerweise wahrscheinlich genau gleich zwischen nicht leise und nicht laut dahinsäuseln würde, legt eine Pause von zwanzig sehr langen Minuten ein, die mit uninteressanten Referaten gefüllt werden, bis Stimme und zugehöriges, auch dem Wesen der Stimme nach passendes Gesicht wieder auf dem Podest erscheinen und mit vom Projektor erleuchteter Stirn fortfahren ihren monotonen, schwitzend machenden Vortrag im Seegang abzuleiern. Ausdruckslose und vor allem geistlos dämliche Augen in einfallslosem typischen offen gelassenen Vortragenden-Anzug der das weiße Hemd über dem Bauch entblößt. Ich denke man könnte diesen Typen wie er ist als Pressesprecher einer letztklassigen Zeitung einsetzen, eine Erscheinung die einem im Moment des Verschwindens glücklicherweise sofort wieder entfallen muss und die die Aufmerksamkeit der Zuseher voll und ganz auf die Story lenkt, nicht jedoch ohne eine fade und triste Geistlosigkeit in den Opfern zurückzulassen. Ich könnte von dieser Stimme und ihren unmittelbaren emotionalen Wirkungen in einer Art Schnell- oder Soforttherapie schreiben aber ich versuche mit Positivität in die Zukunft, in die U-Bahn zu gehen und zurück in meine Wohnung zu fahren wo mich hoffentlich nicht zu unausstehlicher Small Talk beim Abendessen mit C. erwartet, sollte sie sich entschließen heute doch noch vorbeikommen zu wollen. Soll ich diesen Weg jetzt schon antreten? Riskieren, beunruhigend langem Beisammensein mich nicht außer durch als mir als Unfreundlichkeit empfundenen Schlafengehen entziehen zu können?

Die Angst vor dieser Eventualität ist jedoch nicht groß genug um mich noch eine weitere gute Stunde hier zu behalten, in der die Inhalte nochmals durchgekaut werden. Ich begebe mich auf den Weg zur U-Bahn. Auf einmal steigt etwas in mir hoch, ein vages Unwohlsein, gepaart mit der Erinnerung an die Forderung des Mannes mit den roten Schuhen. Ich theoretisiere den weiteren Abendverlauf, den ich mir nicht zu langweilig gestalten will, während ich an gefährlich unnahbaren Gesichtern in warmer U-Bahn Zugluft vorbeigehe und selbst eine reservierte Miene aufsetze. Ich versuche aus meiner Nachdenklichkeit zu entkommen, indem ich mir denke, dass es besser ist mit einer anderen, das heißt der möglichen Anwesenheit C. ` s gemäßeren Einstellung die Wohnung zu betreten um ihr und vor allem mir selbst einen, wenn zwar oberflächlichen, so zumindest angenehmen Abend zu ermöglichen.

Als ich die Wohnung betrete ist alles in einem gelben Licht erleuchtet. Ich kann mich nicht erinnern das Licht angelassen zu haben. Ich rufe, aber niemand meldet sich. Ich checke alle Zimmer aber keiner ist da und vor allem, keine. C. war vielleicht kurz da aber muss wieder gegangen sein und das Licht brennen gelassen haben. Ich sehe nach meinem Handy aber keine Nachrichten und als ich C. anrufe telefonieren wir kurz und sie sagt sie kommt später vielleicht noch vorbei und übernachtet bei mir. Ich sage das geht klar. Mir fällt ein, dass es schon gegen neun am Abend sein muss und ich morgen unbedingt beginnen muss diese eine Arbeit zu schreiben, denn die Abgabe ist bald. Ich gehe in die Dusche und masturbiere um mich von dem Horror abzulenken, dass ich morgen planmäßig arbeiten sollte bevor ich am Abend wegen einer Angelegenheit die auf den Tag genau vor fünf Jahren begonnen hat in ein abgelegenes, verrottetes Hotel kommen zu müssen.

Was ist vor vier Tagen passiert? Eine Nacht als Fortsetzung des Tages der ihr vorausgegangen war? Du stehst an einem Fenster in einem unbekannten Gebäude in einer unbekannten Stadt. Es ist nicht klar ob es Tag oder Nacht ist aber da ist eine Reflexion von einem der Milliarden Glasfenster auf der anderen Straßenseite die an deinem Fensterbrett aufschlägt. Als du dich umdrehst um den Schwindel loszuwerden den die Höhe verursacht, schlägt dir eine versengende Hitze entgegen und du erwachst…

Freitag, 11:30

„Living on a thin line”.Ein brillantes Motto um den Tag zu beginnen der schon weit gegen Mittag fortgeschritten ist. Ich versuche mich an den Traum von letzter Nacht zu erinnern aber habe nur noch dieses schreckliche Bild meiner verbrannten Hand im Kopf, dieser Verletzung die ich mir beim Versuch einen Brand in einem unbekannten Dorf zu löschen zugezogen habe.

---ENDE DER LESEPROBE---