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Die Geschichte eines Journalisten, der auf das vielversprechende Manuskript einer jungen Frau stößt ... Als er versucht sich eingehendere Informationen zu beschaffen, beginnt die Arbeit und der Kontakt mit der Autorin immer mehr Opfer zu fordern ......
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Veröffentlichungsjahr: 2022
Roter Kristall
Von Philipp Fischerlehner
Impressum
AUTOR: Philipp Fischerlehner, geboren 1998, in Wien
Mailadresse: [email protected]
Telefonnummer: 069911625714
Roter Kristall
…….. Nahezu völlige Stille lag im Konferenzraum, nur das Hintergrundsummen der Leuchtstoffröhren an der Decke war zu hören, bis die eine von zweien, die sich da gegenüber saßen wieder das Wort ergriff.
“Sehen Sie Erinnerung mehr als Hilfe oder als Hindernis? Abgesehen von rein praktischer Erinnerung natürlich."
"Schon klar… Hmmm… Naja, ich denke es kann beides sein, also für mich. Aber es ist so ein Zwischending oft. Also manchmal entpuppen sich schöne Erinnerungen als Hindernis, das meine ich damit. Bitte die Jalousien runter, es ist so hell hier. Danke ... Also … da fällt mir schon etwas Beispielhaftes ein, das kann ich Ihnen meinetwegen recht nachvollziehbar rekonstruieren.
Einmal zum Beispiel, da war ich in Israel an einem Strand. Der war nicht besonders schön aber die Situation, in der ich war, ja die war trotzdem etwas Besonderes. Da war diese Musik, tief und vibrierend, aus kräftigen Boxen, und ich war eingeschlossen zwischen hohen beigen Bergen, dort am Strand. Ich kann mich nicht mehr an die Stadt erinnern, in der er war. Am Strand waren gewaltige weiße Plastikbuchstaben, ich weiß auch nicht mehr welche. Aber eine junge Frau hatte sich für Fotos draufgesetzt, die ihre Freunde von ihr machten. Ich war schon leicht und angenehm vom Bier berauscht, das ich bestellt hatte. Ich fühlte mich gut, und eins mit der Musik und dem Land in dem ich war. Eins mit der Szenerie. Die Frau war einfach gerade noch das Element, das mir alles spritzig und aufregend machte. Sie war einfach das ideale Sexobjekt, dass mich in Wallungen brachte und meine Sinne schärfte. Allein der damalige Eindruck war völlig ausreichend für mich, abgesehen davon, dass es sowieso schwer möglich erschien bei ihr zu landen, weil ihre Freunde, und Verwandte von mir selbst anwesend waren. Ich hätte sie aber auch sonst wohl kaum angesprochen. Aber irgendwie war gerade die damals gegenwärtige Verhinderung auch so interessant, denn ich hatte das Gefühl auf einmal alles entdeckt zu haben, sozusagen eine Essenz des Lebens, die ich mir nicht ruinieren konnte, indem ich zu viel wollte, und die die anderen nie kennenlernen würden, wobei sie meine Zukunft auf ewig absicherte. Ich konnte mich praktisch in sie hineintransferieren und spürte, was es heißt, den Sex auf seiner Seite zu haben. Vollkommen angstfrei, egal was passiert.
Unwichtig zu beschreiben, wie sie aussah, darum geht's auch gar nicht so sehr.
Ich hatte einfach alles auf meiner Seite. Hitze, Schweiß, Sand, Sonne, Wasser, Berg, Alkohol, Kopfschmerzen, Unzufriedenheit, Freudlosigkeit, Lustlosigkeit, alles war irgendwie geil und alles Negative machte alles nur noch geiler, das ist sogar das Wichtigste, wird mir jetzt klar. Wenn das Negative geil ist. Ist es nämlich irgendwie. Es war so etwas wie die eigenartige Würze, total ausschlaggebend.
Und musste sie nicht auch so fühlen?
Na egal, das nur um ein Beispiel zu bringen, wo ich nicht weiß, was ich damit anfangen soll. Von solchen Beispielen gibt's viele.
………………….
Oder das eine Mal, als ich daran dachte, als roter Kristall zu enden. Aber davon vielleicht ein andermal mehr."
Letzte Nacht war ich im Meer. Ich war ein Bewohner des Meeres. Ich schwamm unter Wasser durch schwarzes Seegras, durch das kobaltblaues und bronzefarbenes Licht strahlte, als ich weit weg eine Tür sah, die verschlossen war. Ich konnte aber durch die Kanten ein bronzenes Licht scheinen sehen, also schwamm ich hin.
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Heute war ich sehr nachdenklich als ich das Institut betrat, in dem die Befragung stattfand, an der ich gegen eine Bezahlung von 500 Euro teilnahm. Ich brauchte das Geld dringend. Das Institut hatte eine Online-Anzeige aufgegeben, in der stand, sie suchten Testpersonen für eine Studie zu Erinnerungswahrnehmung. Ich hatte mich gemeldet und gestern das erste Gespräch mit einer jungen Frau, nicht jenseits von dreißig Jahren alt, gehabt. Ich machte mir Vorwürfe wegen gestern, jetzt noch immer, als ich die Treppen stieg. Ich hatte mir vorgenommen die zehn Befragungseinheiten nüchtern und unpersönlich ab zu antworten, gestern war ich viel zu persönlich gewesen, hatte alles erzählt, nur keine sachliche Beantwortung dessen abgegeben, was ich über Erinnerung denke, also was sie mich eben gefragt hatte. Ich hatte eine Geschichte erzählt, vielleicht sollte ich Geschichtenerzähler werden dachte ich, als ich noch immer Treppen stieg. Das meiste davon war frei erfunden und dazu gedichtet gewesen. Natürlich werde ich das heute, jetzt gleich, wenn ich den Raum betrete, fortführen müssen, schätzte ich mal.
Na und wenn schon, es ist ja nicht so als hätte ich etwas zu verheimlichen, oder? Wovor sollte ich Angst haben? Vielleicht davor, einige Türen zu öffnen, die besser geschlossen bleiben sollten.
Ich kann ihre Fragen gerne beantworten. Ich kann aber den Traum von letzter Nacht für mich behalten. Ich muss nicht alles erzählen. Ich muss nicht alles erzählen.
Als ich aber drinnen war überlegte ich es mir anders.
Mir fiel ein Bild auf, dass an der Wand hing, aber gestern noch nicht dort gewesen war, und ich traute im ersten Moment meinen Augen nicht. Ich war so verstört von dem, was ich sah, dass ich mich nicht darauf konzentrieren konnte, was die Befragerin mich fragte oder mit welchen Worten sie das Gespräch einleitete.
Irgendwann bemerkte sie anscheinend meine Teilnahmslosigkeit und fragte, ob alles okay war. Ich sagte: “Entschuldigung, aber was in aller Welt ist das?”, und deutete darauf.
“Oh, das hat mir gestern jemand geschenkt, wieso? Ich dachte, ich hänge es auf, es hat so eine beruhigende Wirkung, finden sie nicht?”
“Ähhm, ja …. also, also, ein Freund oder eine Freundin von Ihnen? Verstehe, schon gut.”
“Vielleicht habe ich es ja auch selbst gemalt. Sind sie interessiert?”
Ich verstand den Scherz nicht und wusste nichts Weiterleitendes darauf zu sagen.
“Haha, ich mache nur Witze, ich kenne denjenigen gar nicht so gut. Ein Kollege von mir hat es von einem seiner Patienten bekommen und mir gegeben. Ich denke, es hat ihm nicht besonders gut gefallen.”
“Mhmmm…”
“Also, wollen wir fortfahren?”
“Ähh, ja, ja natürlich.” Und ich lächelte es ab.
“Schlecht geschlafen letzte Nacht?”
“Nein… Warum?”
“Sie sehen ein bisschen zerknirscht aus.”
Bei mir schlug es wie der Blitz ein. Und ich hoffte, das gestrige Gespräch war für sie belanglos oder irgendwie aus ihrer Erinnerung gelöscht.
“Wir waren bei … rotem Kristall?”
Ich zündete mir eine wohltuende Zigarette an, um mich irgendwie von diesem bescheuerten Bild abzulenken, das hinter ihr an der Wand hing. Dann antwortete ich.
“Jaaa … Also, ich weiß gar nicht mehr was ich dazu noch erzählen sollte. Es ist auf jeden Fall keine besonders angenehme Erinnerung. Umso interessanter vielleicht.” Und ich bereute sofort jedes Wort.
“Könnten sie näher darauf eingehen?”
“Es war kalt und es war Nacht. Ich stand am Fenster und als ich auf die graue Straße unter mir blickte, dachte ich an roten Kristall.”
“Blutrot?”
“Ja … Hören Sie … Ich fühle mich heute wirklich nicht so gut, könnten wir das auf morgen verschieben?”
“Natürlich, gar kein Problem …”
Als ich nach draußen ging, warf ich noch einen Blick auf das Gemälde und konnte den Titel aus der Nähe dechiffrieren. “Eine Nacht als Meeres Bewohner”
Ist das Ahnung oder Erinnerung? Ich weiß es nicht, aber ich muss unbedingt mit demjenigen reden, der es gemalt hat, dachte ich.
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Den restlichen Tag verbrachte ich mit Einkaufen und Wäsche aufhängen. Es war heiß, sogar in meiner Wohnung war es brütend heiß, ich schwitzte als ich zu Bett ging und ich schwitzte während ich schlief. Am nächsten Morgen dachte ich sofort an das nächste Gespräch. Als allernächstes spreche ich das an, dachte ich. Ich will herausfinden, wer dieses Bild gemalt hat. Ich werde wahrscheinlich zur Antwort bekommen, dass das nicht der Grund ist, warum wir hier sind. Okay, aber kann er es bitte werden? Du spürst, da ist nichts. Aber du machst weiter in einem Dead End, wo es für mich kein Weiter, sondern Zurück mit Anlauf ist. Und mir wird ein aussichtsreiches Gespräch für morgen garantiert. Und beim Rausgehen frage ich mich dann noch, …. Wie ist das jetzt passiert? Ja, das ist die positive Einstellung. Ja, aber mir wird gleich klar, es wird nichts nützen. Das wird mich alles in den nächsten Schiffbruch führen, auch wenn, gerade wenn ich die Wahrheit erfahre. Das ist ein Psychogramm einer Sackgasse, oder eine Psychographie.