Anfangsverdacht - Gerhard Hutterer - E-Book

Anfangsverdacht E-Book

Gerhard Hutterer

0,0

Beschreibung

Anno 2013 erfolgte der Startschuss für den Ralf-Bender-Krimipreis, den höchstdotierten Wettbewerb für Krimi-Kurzgeschichten im deutschsprachigen Raum. Gesucht werden dabei Krimi-Kurzgeschichten mit viel Lokalkolorit. Die einzige Vorgabe lautet daher: Alle Tatorte der Kurzgeschichten müssen zwingend im Bayerischen Wald spielen. Seit 2015 beteiligt sich auch Gerhard Hutterer regelmäßig und mit Erfolg an diesem Wettbewerb. Losgelöst von den Anthologien zum Ralf-Bender-Krimipreis enthält das vorliegende Buch die Wettbewerbsbeiträge des Autors, Smarthome (2021), Woidbluad (2019), Tessas Mörder (2017) und CSI Boandlkramer (2015).

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 74

Veröffentlichungsjahr: 2023

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Der Autor

Gerhard Hutterer begann Mitte der 1990er Jahre damit, seine persönlichen Gedanken in Kurzgeschichten zu fassen.

Inspiriert durch seinen Beruf als Bundeswehroffizier handelte es sich dabei zunächst um spannende Agentengeschichten.

2008 erschien im Verlag Books on Demand GmbH (BoD), Norderstedt, zunächst sein Fachbuch „Im Dialog – Die Beurteilung von Soldaten“, mit dem er sich in seiner Verwendung als Dozent im Personalmanagement der Bundeswehr einen ersten Namen als Fachbuchautor machte.

Ebenfalls 2008 gab er dann unter dem Pseudonym Henry Gerhard sein Debüt als Romanautor.

Bisher sind bei BoD von ihm erschienen:

© 2008 „Schüsse an der Heimatfront“ (Politthriller)

ISBN 978-3-8370-4413-3

© 2009 „Zusatzzahl dreizehn“ (Kriminalroman)

ISBN 978-3-8370-2045-8

© 2010 „Tabula rasa“ (Kriminalroman)

ISBN 978-3-8370-2470-8

© 2011 „Keine Tapas an der Jagst“ (Kriminalroman)

ISBN: 978-3-8423-6318-2

© 2013 „Der Tod im Wald“ (Kriminalroman)

ISBN: 978-3-8482-6732-3

© 2013 „Mord im Hasenlager“ (Kriminalroman)

ISBN: 978-3-7322-8358-3

Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung

Vorwort

2021 - Smarthome

2019 - Woidbluad (Waldblut)

2017 - Tessas Mörder

2015 – CSI Boandlkramer

2013 – Der Tod im Wald

Vorbemerkung

Die Charaktere und die Handlungen in diesen Krimi-Kurzgeschichten sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind rein zufällig und vom Autor nicht beabsichtigt.

Vorwort

Anno 2013 erfolgte der Startschuss für den Ralf-Bender-Krimipreis. Namensgeber des Preises ist der ermittelnde Hauptkommissar Ralf Bender, der in den Bayerwald-Thrillern „Raphael“, Gabriel“, „Michael“ und „Uriel“ auf Mörderjagd geht. Dessen Erfinder, Alexander Frimberger und Lothar Wandtner, haben den Preis, der jeweils in „ungeraden“ Jahren ausgelobt wird, unter anderem mit dem Ziel ins Leben gerufen, den Bayerischen Wald als Krimi-Region zu promoten.

Gesucht werden dabei Krimi-Kurzgeschichten mit viel Lokalkolorit. Die einzige Vorgabe lautet daher: Alle Kurzgeschichten müssen zwingend im Bayerischen Wald spielen, d. h., die „Tatorte“ der Krimis müssen in einem der folgenden Landkreise Passau, Freyung-Grafenau, Regen, Cham, Deggendorf oder Straubing-Bogen angesiedelt sein.

Der Anreiz mitzumachen ist groß, handelt es sich doch um den höchstdotierten Wettbewerb für Krimi-Kurzgeschichten im deutschsprachigen Raum. Dem Sieger winkt ein Glaspokal (Wanderpokal) sowie 1500 Euro in bar. Weitere Preise (je 150 Euro) gibt es für den spektakulärsten (fantasievollsten) Mord, die interessanteste Figur und den witzigsten Einfall.

Die Entscheidung darüber, wer gewonnen hat, obliegt einer Jury, bestehend aus Persönlichkeiten aus den Bereichen Kultur, Wirtschaft und Politik.

Die besten Kurzgeschichten eines Jahrgangs werden in einer Anthologie veröffentlicht, die Gewinner der einzelnen Preise bei einer Veranstaltung öffentlich ausgezeichnet und bekannt gegeben.

Bisher sind die Anthologien „Zamp“ (2013), „Boandlkramer“ (2015), „Doudnsuppn“ (2017) sowie „Woidbluad“ (2019) in der Edition Golbet des HePeLo Verlages erschienen.

Seit 2015 beteiligt sich auch Gerhard Hutterer regelmäßig am Wettbewerb um den Ralf-Bender-Krimipreis.

Seinen bisher größten Erfolg feierte er gleich bei seiner ersten Teilnahme 2015, bei der er den Sonderpreis für die witzigste Idee (den witzigsten Einfall) gewinnen konnte.

Seine Siegergeschichte „CSI Boandlkramer“ hat auch der Anthologie 2015 zu diesem Wettbewerb den Namen geliehen, ebenso wie vier Jahre später sein Wettbewerbsbeitrag für die Anthologie „Woidbluad“ titelgebend war, wofür Gerhard Hutterer auch mit dem undotierten Sonderpreis für „kontinuierliches Ideengeben“ ausgezeichnet wurde.

Losgelöst von den Anthologien enthält das vorliegende Buch die Wettbewerbsbeiträge des Autors, „Smarthome“ (2021), „Woidbluad“ (2019), „Tessas Mörder“ (2017) und „CSI Boandlkramer“ (2015) sowie einen Hinweis auf seinen Bayerwald-Krimi „Der Tod im Wald“ (2013).

2021 - Smarthome1

Das Leben ist ein Würfelspiel. Wir würfeln alle Tage. Dem einen bringt das Schicksal viel, dem and´ren Müh´ und Plage. Paul Stangl war zwar nicht sehr musikalisch, dieses alte Landsknechtlied beschrieb sein bisheriges Leben jedoch sehr zutreffend.

Paul war immer „der and´re“ gewesen. Das Schicksal hatte ihn noch nicht beschenkt, vielmehr im Gegenteil. Paul hatte ständig das Gefühl, dass an seinem Schicksalswürfel sogar nur Nullen zu würfeln waren. Manchmal wäre er schon froh gewesen, wenn er wenigstens eine Eins oder vielleicht ausnahmsweise einmal eine Zwei gewürfelt hätte.

Vor fünfzehn Jahren glaubte Paul kurz, eine Sechs oder wenigstens eine Fünf gewürfelt zu haben. Seine Fünf hieß Regina. Regina war blond, gut gebaut und im Bett eine solide Akteurin. Beinahe hätte Paul sie für eine Sechs gehalten. Bis er sie mit seinem besten Freund Ruben in flagranti erwischte. Ruben, die linke Ratte! Regina, das Miststück! Mehr war in Pauls Erinnerung nicht übriggeblieben von dieser Beziehung. Schon gar kein Geld. Regina hatte ihn ausgenommen. Er hatte es nicht einmal gemerkt. Wie sollte er. Er, der nur Nullen, maximal Einsen kannte. Er konnte einfach mit einer Fünf, die vielleicht sogar eine Sechs gewesen sein könnte, nicht umgehen. Da fehlten ihm einfach die Erfahrung und das Feeling dafür.

Feeling? Englisch war auch nicht Pauls Stärke. Fünf Jahre Englischunterricht an der Hauptschule hatten kaum Spuren bei ihm hinterlassen. Paul würde das Wort Feeling nicht in den Mund nehmen. Er wusste noch nicht einmal, ob man das Wort Loser mit einer oder zwei oder sogar drei Nullen in der Mitte schreibt. Spielte für Paul auch keine große Rolle.

Heute Morgen hatte er zumindest eine kleine Glückssträhne. Dienstags war er meistens schon wieder pleite. Heute hatte er aber zum zweiten Mal in dieser Woche – und für Pauls Verhältnisse war das eine Glückssträhne! – einen Job als Sortierer im Briefzentrum bekommen. Acht Euro pro Stunde - bar auf die Hand - war zwar kein Spitzenverdienst, aber mehr als Nichts. Paul hatte sich sogar dazu motivieren können, wieder hinzugehen. Die Aussicht auf vierzig Euro Lohn für einen Vormittag Arbeit war einfach zu verlockend gewesen.

Oft konnte Paul diesen Verlockungen eisern widerstehen. Heute nicht. Warum? Paul wusste es nicht. Paul dachte auch nicht darüber nach. Er dachte lieber an seine Freunde Jack und Jim. Mit Jack hatte er schon lange keine Party mehr gefeiert. Jack war momentan im Angebot für 0,7 Liter zum Preis von unter fünfzehn Euro. Das war zu verlockend.

Deshalb erschien er an diesem Dienstagmorgen – entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten – wieder zur Arbeit.

Sein Vorgesetzter merkte nicht, dass heute für Paul ein besonderer Tag war. Für ihn war auch kein besonderer Tag. Er hatte auch kein besonderes Gespür für die besonderen Tage seiner Mitarbeiter. Sie waren im schlichtweg egal. Und das Pack, das ihm die Arbeitsagentur jeden Morgen als Tagelöhner schickte, war ihm erst recht egal.

Ohne es zu ahnen würfelte Paul an diesem Morgen und er würfelte eine Vier. Die Vier in Form eines Briefumschlags fiel zu Boden, als er gerade wieder einmal einen Anfall gehabt hatte. Seine rechte Hand zitterte so stark, dass ihm der Umschlag durch die Finger rutschte und nicht in dem Fach, das mit der Postleitzahl der Kreisstadt an der Donau beschriftet war, sondern auf dem Boden vor seinen Füßen landete. Arbeitstechnisch betrachtet eigentlich eine Null, maximal eine Eins. In diesem Fall aber eine Vier. Paul erkannte die Vier am Klang, obwohl er selbst mit Vieren wenig Erfahrung hatte.

Er hatte mal eine Vier. Muss so vor sieben Jahren gewesen sein. In einer Klinik hatte er Berta kennen gelernt. Sie war dort auch auf Entzug. Die Gespräche mit ihr hatten ihm geholfen, nicht ständig an Bier, Wein und härtere Sachen zu denken. Sie war zwar zehn Jahre älter gewesen als Paul. Machte aber nichts. Berta erwies sich als eine Vier für Paul. Nach dem Entzug zogen sie zusammen. Bis er sie eines Morgens tot im Bett fand. Sie hatten sich heftig geliebt. Paul war unter die Dusche gegangen. Als er endlich zurückkam, war sie nicht mehr am Leben.

Neben dem Englischunterricht war auch von Pauls Erste-Hilfe-Ausbildung nicht viel hängen geblieben. Der Notarzt meinte nämlich, wenn Paul ihr sofort das Erbrochene aus dem Mundraum entfernt und an ihr eine Herzdruckmassage durchgeführt hätte, wären ihre Überlebenschancen nicht schlecht gewesen.

Hatte Paul aber nicht!

Er wurde trotzdem nicht wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt, da man ihm nicht hatte nachweisen können, dass er an jenem Morgen nüchtern genug war, um das erkennen zu können.

„Stangl, was gibt es da zu trödeln?“, rief der Vorarbeiter in einem unangenehm lauten Ton Pauls Nachnamen durch die Halle, weil ihm wahrscheinlich dessen Vorname gerade wieder entfallen oder scheißegal war.

Paul hatte sich kurz nach der Vier gebückt und sie in der Innentasche seiner Jeansjacke verschwinden lassen. Dieses Bücken hatte der Vorarbeiter aus seinem Augenwinkel heraus als Bewegung wahrgenommen, die nicht in sein normales Spektrum passte. Das Wegstecken hatte er zu Pauls Glück nicht bemerkt. Nun war der Brief schon in Pauls Jackentasche und bereit, nach Hause mitgenommen zu werden. Zusammen mit den anderen sieben Umschlägen, die Paul heute schon verstaut hatte.

Punkt zwölf Uhr beendete Paul seine Schicht und ging – mit vierzig Euro in der Tasche und zufrieden - zu Fuß zu seiner Wohnung. Mit einer wischenden Handbewegung schaffte er auf dem Tisch etwas Platz, sodass die leeren Bierdosen mit einem blechernen Geräusch zu Boden fielen. Er würde das Leergut zu einem späteren Zeitpunkt wieder wegbringen und zu Geld machen.