Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Mit den spannenden Arztromanen um die "Kurfürstenklinik" präsentiert sich eine neue Serie der Extraklasse! Diese Romane sind erfrischend modern geschrieben, abwechslungsreich gehalten und dabei warmherzig und ergreifend erzählt. Die "Kurfürstenklinik" ist eine Arztromanserie, die das gewisse Etwas hat und medizinisch in jeder Hinsicht seriös recherchiert ist. Nina Kayser-Darius ist eine besonders erfolgreiche Schriftstellerin für das Genre Arztroman, das in der Klinik angesiedelt ist. 100 populäre Titel über die Kurfürstenklinik sprechen für sich. »Was ist los, Graf Falkenburg?« fragte Niklas von Mehringen erschrocken. »Ist Ihnen nicht gut?« »Ich… ich weiß nicht«, sagte der weißhaarige ältere Herr, mit dem Niklas an diesem Sonntagvormittag einen kleinen Spaziergang machte. Im nächsten Augenblick griff er sich ans Herz, sein Gesicht war mit einem Mal aschfahl. »Mir ist… mir ist gar nicht gut, Niklas.« »Kommen Sie, wir setzen uns einen Augenblick«, schlug Niklas vor. »Da vorn ist eine Bank!« Er nahm den Arm seines Begleiters, doch mit einem qualvollen Stöhnen sackte dieser zusammen. »Graf Falkenburg? Graf Falkenburg! Oh, nein, was mache ich denn jetzt?« Niklas kniete sich neben den Grafen, der ohne Bewußtsein war, und holte sein Handy aus der Tasche, während er sich verzweifelt umsah, ob ihm niemand helfen konnte. Zum Glück kam gerade ein junger Mann herangejoggt, der sofort anhielt, als er den am Boden liegenden Mann sah. »Wo ist hier in der Nähe ein Krankenhaus?« fragte Niklas. Der junge Mann kannte sich aus. »Die Kurfürsten-Klinik ist gleich dort drüben – aber Sie müssen zuerst einen Rettungswagen rufen.« Er beugte sich über den reglos daliegenden Grafen, den er mit ein paar geschickten Handbewegungen in die stabile Seitenlage brachte. Niklas tippte die Notrufnummer und erklärte hastig, wo er war und worum es ging. Dann hockte er sich neben den jungen Mann, der nun dem Grafen den Puls fühlte, und fragte: »Sind Sie Arzt? Sie wirken so professionell.« »Ich bin Pfleger«, erklärte der andere. »Wann ist er zusammengebrochen?« »Gerade eben. Vielleicht eine Minute, bevor Sie aufgetaucht sind. Er hat noch gesagt, daß er sich auf einmal
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 113
Veröffentlichungsjahr: 2017
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
»Was ist los, Graf Falkenburg?« fragte Niklas von Mehringen erschrocken. »Ist Ihnen nicht gut?«
»Ich… ich weiß nicht«, sagte der weißhaarige ältere Herr, mit dem Niklas an diesem Sonntagvormittag einen kleinen Spaziergang machte. Im nächsten Augenblick griff er sich ans Herz, sein Gesicht war mit einem Mal aschfahl. »Mir ist… mir ist gar nicht gut, Niklas.«
»Kommen Sie, wir setzen uns einen Augenblick«, schlug Niklas vor. »Da vorn ist eine Bank!«
Er nahm den Arm seines Begleiters, doch mit einem qualvollen Stöhnen sackte dieser zusammen.
»Graf Falkenburg? Graf Falkenburg! Oh, nein, was mache ich denn jetzt?« Niklas kniete sich neben den Grafen, der ohne Bewußtsein war, und holte sein Handy aus der Tasche, während er sich verzweifelt umsah, ob ihm niemand helfen konnte. Zum Glück kam gerade ein junger Mann herangejoggt, der sofort anhielt, als er den am Boden liegenden Mann sah. »Wo ist hier in der Nähe ein Krankenhaus?« fragte Niklas.
Der junge Mann kannte sich aus. »Die Kurfürsten-Klinik ist gleich dort drüben – aber Sie müssen zuerst einen Rettungswagen rufen.« Er beugte sich über den reglos daliegenden Grafen, den er mit ein paar geschickten Handbewegungen in die stabile Seitenlage brachte.
Niklas tippte die Notrufnummer und erklärte hastig, wo er war und worum es ging. Dann hockte er sich neben den jungen Mann, der nun dem Grafen den Puls fühlte, und fragte: »Sind Sie Arzt? Sie wirken so professionell.«
»Ich bin Pfleger«, erklärte der andere. »Wann ist er zusammengebrochen?«
»Gerade eben. Vielleicht eine Minute, bevor Sie aufgetaucht sind. Er hat noch gesagt, daß er sich auf einmal so komisch fühlt – und dann ist er auch schon umgefallen. Sagen Sie, ist er in Gefahr?« Niklas sah den anderen ängstlich an.
»Der Puls ist extrem langsam, und das Herz arbeitet nicht richtig«, murmelte der Pfleger. »Ich hoffe, der Wagen ist bald hier. In solchen Fällen ist schnelle Hilfe das Wichtigste.«
Niklas stand auf und hielt Ausschau nach dem Rettungswagen, um den Fahrer sofort auf sich aufmerksam machen zu können. Sein Herz schlug ihm vor Angst bis zum Hals. Er hatte den Grafen sehr gern, und der Gedanke, diesem munteren Herrn könne etwas Ernsthaftes zustoßen, erschien ihm ungeheuerlich.
Endlich war das Martinshorn zu hören, der Wagen kam in rasantem Tempo um die Ecke gebogen. Niklas winkte mit beiden Armen, und keine Minute später sprangen bereits zwei Sanitäter aus dem Auto. Niklas überließ die medizinischen Erklärungen dem Pfleger, der in knappen Worten sagte, was er bisher herausgefunden hatte. Kaum hatten die Männer den Patienten in den Wagen geschoben, als sie ihm bereits eine Infusion anlegten.
»Wo bringen Sie ihn hin?« fragte Niklas. »Oder kann ich mit Ihnen fahren?«
»Leider nicht, aber Sie können die Kurfürsten-Klinik von hier aus leicht zu Fuß erreichen – es sind keine fünf Minuten.«
Rasch nahmen sie noch den Namen des Patienten auf und seine Berliner Adresse, dann wurde die Tür eiligst zugeschlagen, der Wagen setzte sich in Bewegung.
»Wenn Sie wollen, begleite ich Sie«, bot der Pfleger an. »Ich habe den selben Weg – mein Dienst fängt bald an. Spätdienst.«
»Ach, Sie arbeiten im Krankenhaus?« fragte Niklas.
Der andere nickte und hielt ihm die Hand hin. »Jörg Tobler«, stellte er sich vor. »Ich arbeite zur Zeit in der Notaufnahme, dorthin wird man ihn zunächst bringen.«
»Niklas von Mehringen«, erwiderte Niklas, während er die Hand des anderen kräftig drückte. »Vielen Dank für Ihre Hilfe, Herr Tobler. Ich wußte im ersten Augenblick gar nicht, was ich machen sollte.«
»Wenn man völlig überrascht wird, ist das ja auch kein Wunder. Er ist nicht Ihr Vater, oder?«
Niklas schüttelte den Kopf. »Nein, wir sind befreundet.«
»Befreundet?« Der andere wunderte sich sichtlich.
»Sie wundern sich wegen des Altersunterschieds«, stellte Niklas fest, »aber der spielt eigentlich gar keine Rolle. Wir haben uns bei einem Schachturnier kennengelernt – wir spielen beide in unserer Freizeit gern Schach und nehmen auch schon mal an Turnieren teil. Seitdem treffen wir uns regelmäßig. Allerdings unterhalten wir uns jetzt meistens, das Schachspielen ist etwas in den Hintergrund geraten. Der Graf ist ein hochinteressanter Mann.«
»Ist er’n echter Graf?« erkundigte sich Jörg interessiert. Er hatte braune Locken, die ihm fast bis auf die Schultern hingen, und hellblaue Augen. Da er zudem sportlich und meistens gut gelaunt war, schwärmten alle Schwestern der Kurfürsten-Klinik zwischen achtzehn und dreißig heftig für ihn.
»Ja, ist er. Im Hannoverschen hat er ein richtiges Schloß, mit allem Drum und Dran. Aber er liebt Berlin und die Umgebung, deshalb hat er sich hier eine Stadtvilla zugelegt und ein großes Landhaus mit einer kleinen Pferdezucht, ein wenig außerhalb.«
»Wie sich das anhört«, murmelte Jörg. »Schloß, Stadtvilla, Landhaus, Pferdezucht. Er muß ja eine Menge Kohle haben.«
»Oh, ja, reich ist er. Sehr reich sogar. Aber er macht sich nicht viel daraus. Er ist ein einsamer Mann – und ich möchte nicht mit ihm tauschen. Lieber hab’ ich weniger Geld und bin glücklich.«
»Am besten, man hat viel Geld und ist glücklich«, meinte Jörg, und Niklas lächelte unwillkürlich, obwohl ihm die Angst um den Grafen noch immer die Kehle zuschnürte.
»Da wären wir«, sagte Jörg. »Gehen Sie einfach geradeaus, dann können Sie die Notaufnahme gar nicht verfehlen. Ich hab’ noch ein bißchen Zeit und gehe erst noch was essen.« Er wandte sich zum gehen, blieb aber noch einmal stehen. »Übrigens: Unser Chef heißt Winter. Dr. Adrian Winter. Am besten, Sie fragen nach ihm.«
»Danke!« rief Niklas ihm nach, doch der junge Pfleger mit den braunen Locken joggte bereits in Richtung Restaurant und hörte ihn nicht mehr.
*
Dr. Adrian Winter stand über den Grafen Falkenburg gebeugt und massierte dessen Herz, da dieser noch immer nicht aus seiner Bewußtlosigkeit erwacht war. »Irgendwas stimmt da nicht«, murmelte der junge Chefarzt, der die Notaufnahme der Kurfürsten-Klinik seit einigen Jahren leitete, »der Puls ist ja wirklich extrem verlangsamt. Laß die Infusion schneller durchlaufen, Walli, und wir geben ihm zusätzlich ein herzstärkendes Mittel. Schick außerdem bitte eine Blutprobe ins Labor – sie sollen sie sofort analysieren.«
»Hast du einen bestimmten Verdacht?« fragte Oberschwester Walli, während sie die Tropfgeschwindigkeit der Infusion änderte. Walli und Adrian arbeiteten seit langem zusammen und kamen sehr gut miteinander aus.
»Irgendwie glaube ich nicht, daß er zufällig umgefallen ist«, murmelte Adrian.
Walli nahm die Blutprobe, die sie dem Patienten sofort nach dessen Einlieferung entnommen hatte und sagte: »Bis gleich, ich gehe schnell selbst zum Labor, damit ich ordentlich Druck machen kann.«
»In Ordnung.« Adrian fuhr fort mit seiner Herzmassage und gerade als er sich verzweifelt fragte, ob er seinen Patienten verlieren werde, schlug dieser die Augen auf. »Na, endlich«, sagte der junge Notaufnahmechef erleichtert. »Ich dachte schon, Sie wollten überhaupt nicht mehr aufwachen, Graf Falkenburg.«
»Was… was ist denn passiert?«
»Sie sind bei einem Spaziergang zusammengebrochen«, erklärte Adrian. »Zum Glück waren Sie nicht allein – Ihr Begleiter hat einen Rettungswagen gerufen, so daß wir uns sehr schnell um Sie kümmern konnten.«
»Niklas«, murmelte der Graf. »Wo ist er?«
»Die Sanitäter sagten, er käme sicher gleich nach – Sie sind nicht weit von hier zusammengebrochen, das war ein weiterer glücklicher Umstand. Wie fühlen Sie sich jetzt?«
»Nicht besonders«, gab der Graf zu.
»Haben Sie einen Herzfehler?«
»Ja, eine Herzmuskelschwäche.«
»Und nehmen Sie deshalb Medikamente?«
»Digitalis, ja.«
»Dachte ich’s mir doch«, murmelte Adrian.
»Wieso?« fragte der Graf besorgt. »Was ist damit? Ist das nicht in Ordnung?«
»Doch, natürlich. Wie oft nehmen Sie Digitalis? Fünfmal die Woche?«
»Ja, und zwei Tage muß ich Pause machen, damit ich nicht aus Versehen überdosiere. Digitalis ist ja gefährlich, das hat mir mein Arzt erklärt. Man darf nicht aus Versehen zu viel davon nehmen.«
»Sehr richtig«, bestätigte Adrian. »Und Sie halten sich immer genau an die Vorschriften?«
»Sicher«, antwortete der Graf verwundert. »Ich weiß doch, daß das Medikament gefährlich ist.«
Adrian sah, daß er erschöpft war und fragte nicht weiter. Zunächst einmal war das Wichtigste, daß der Patient aufgewacht war. Nun galt es, dessen Herztätigkeit zu unterstützen. Und danach erst würde er versuchen herauszufinden, was zum Zusammenbruch des Grafen geführt hatte.
Er verließ die Behandlungskabine und sah sich unvermutet einem blonden jungen Mann gegenüber, aus dessen sympathischem Gesicht ihn zwei graue Augen besorgt ansahen.
»Sind Sie Dr. Winter?«
»Ja, der bin ich«, antwortete Adrian freundlich und fügte in einer Eingebung hinzu: »Und Sie sind wegen Graf Falkenburg hier?«
»Wie geht es ihm?«
»Besser, er ist wieder bei Bewußtsein, allerdings sehr erschöpft.«
»Entschuldigen Sie, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt, mein Name ist Niklas von Mehringen. Der Graf und ich haben einen Spaziergang gemacht. Plötzlich sagte er, daß er sich nicht wohl fühlt – und dann ist er auch schon zusammengebrochen. Was fehlt ihm denn?«
»Wußten Sie, daß er einen Herzfehler hat?« Adrian ließ das Gesicht Niklas von Mehringen nicht aus den Augen, als er diese Frage stellte. Er wollte sich keine Regung entgehen lassen.
Doch er hätte sich seine gespannte Aufmerksamkeit sparen können, da der andere sofort den Kopf schüttelte und voller Erstaunen sagte: »Nein, ich hatte keine Ahnung. Er hat das noch nie erwähnt. Was für ein Herzfehler ist das? Ein schwerer?«
»Das kommt auf die Betrachtungsweise an«, antwortete Adrian ruhig. »Er hat eine Herzmuskelschwäche.«
»Aha.« Es war offensichtlich, daß der blonde junge Mann mit dieser Auskunft nicht viel anfangen konnte.
»Er muß regelmäßig Medikamente nehmen, die den Herzmuskel stärken«, erklärte Adrian. »Er kommt leicht außer Atem und muß seine Kräfte gut einteilen.«
»Mhm. Daß er leicht außer Atem kommt, stimmt, das ist mir schon aufgefallen. Aber ich dachte, das hat mit seinem Alter zu tun.«
»Ja, das wäre möglich«, gab Adrian zu, »obwohl er für heutige Verhältnisse noch nicht einmal besonders alt ist mit Mitte siebzig.«
»Kann ich zu ihm?« fragte Niklas drängend. »Ich würde ihn gern sehen und ihn fragen, ob er etwas braucht oder ob ich jemandem Bescheid sagen soll.«
»Hat er Verwandte hier in Berlin?«
»Ja, einen Neffen, der zur Zeit hier ist. Er ist sein nächster Verwandter, soviel ich weiß. Meistens verwaltet er das Schloß des Grafen im Niedersächsischen, aber jetzt ist er auf dem Berliner Landsitz.« Er sah Adrians fragenden Blick und gab ihm die gleiche Erklärung wie zuvor dem Pfleger Jörg Tobler: »Er liebt Berlin und hat sich deshalb vor ein paar Jahren zum Teil hier niedergelassen – in der Stadt hat er eine Villa gekauft und auf dem Land in der Umgebung einen Landsitz mit einem kleinen Gestüt.«
»Aha«, mehr sagte Adrian nicht, aber auch er konnte sich des Gedankens nicht erwehren, daß der Graf offenbar nicht unter Geldmangel litt.
»Kann ich zu ihm?« wiederholte Niklas.
»Ja, gehen Sie nur. Den Neffen sollten Sie auf jeden Fall benachrichtigen, Herr von Mehringen.«
Sofort nahm das Gesicht wieder den erschrockenen Ausdruck an. »Wieso? Besteht doch Gefahr? Haben Sie mir etwas verheimlicht, Herr Dr. Winter?«
»Ich glaube nicht, daß der Graf noch in Lebensgefahr schwebt«, erwiderte Adrian. »Aber ich frage mich, wie es zu dem Zusammenbruch kommen konnte. Er sagt, er nimmt seine Medikamente regelmäßig, daran kann es also nicht liegen.«
»Aber was vermuten Sie denn, woran es liegen könnte?«
Adrian war in Versuchung, diesem sympathischen Blonden mit den klugen grauen Augen seine Vermutung mitzuteilen, doch er hielt sich zurück. Besser, er wartete ab, ob sich sein Verdacht bestätigte. Dann war es immer noch früh genug, um etwas zu sagen.
»Wenn ich das wüßte«, sagte er daher ausweichend. »Und nun gehen Sie zu Graf Falkenburg, Herr von Mehringen – aber bleiben Sie bitte nicht lange. Er braucht absolute Ruhe. Wir werden ihn später auf die Kardiologie verlegen, sobald er sich ein bißchen erholt hat.«
»Danke für alles, Herr Dr. Winter.« Mit diesen Worten betrat Niklas vorsichtig die Kabine, in der der Graf lag.
*
Teresa Salinger durchquerte langsam den großzügigen Eingangsbereich der Kurfürsten-Klinik und blieb vor den Aufzügen stehen. Sie wollte ihre Freundin Alena Rottmann besuchen, die gerade Mutter geworden war – und sie, Teresa, sollte Patin des niedlichen kleinen Mädchens werden, das Alena auf die Welt gebracht hatte. Sie war glücklich darüber und fest entschlossen, diese Aufgabe sehr ernst zu nehmen.
Jemand berührte sie am Arm und sagte: »Entschuldigen Sie bitte.«
Teresa wandte sich zur Seite und sah sich einer älteren Frau gegenüber, die ihr schon zuvor aufgefallen war, weil sie sie unverwandt angesehen hatte. Teresa war es gewohnt aufzufallen, obwohl sie nicht recht wußte, warum die Leute sie immer anstarrten. Lag es an ihren grünen Augen, die das schmale Gesicht mit der geraden Nase und dem üppigen Mund beherrschten? Oder an den langen, glatten, dunklen Haaren? Oder an ihrer Erscheinung, die immer elegant wirkte, gleichgültig, was sie trug? Sie wußte es nicht, und sie machte sich auch keine Gedanken mehr darüber.
»Ja, bitte?« fragte sie freundlich. Sie kannte die andere nicht, soviel war sicher: Eine stämmige grauhaarige Frau von mindestens sechzig Jahren, deren dunkle Augen nun forschend auf Teresa gerichtet waren.
»Sie sind es – Sie müssen es sein!« stieß die Frau hervor, offensichtlich in höchster Aufregung. Mit einem Finger zeigte sie auf das Medaillon, das Teresa um den Hals trug. »Das haben Sie von Ihrer Mutter, nicht wahr? Sie hat es Ihnen gegeben?!«
»Ja«, antwortete Teresa erstaunt, »das stimmt. Aber woher wissen Sie das?«
»Sophia«, sagte die Frau, und nun liefen ihr Tränen über die faltigen Wangen. »Meine liebe Sophia.«
»So hieß meine Mutter«, sagte Teresa, nun ganz seltsam berührt. »Haben Sie sie gekannt?«
»Ach, mein liebes Kind! Natürlich habe ich sie gekannt. Und du bist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten. Die gleichen Augen, der gleiche Mund, die gleichen Haare. Wie heißt du jetzt? Salinger? Oder bist du schon verheiratet?«