Bleib' bei mir, Doc! - Nina Kayser-Darius - E-Book

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Nina Kayser-Darius

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Beschreibung

Mit den spannenden Arztromanen um die "Kurfürstenklinik" präsentiert sich eine neue Serie der Extraklasse! Diese Romane sind erfrischend modern geschrieben, abwechslungsreich gehalten und dabei warmherzig und ergreifend erzählt. Die "Kurfürstenklinik" ist eine Arztromanserie, die das gewisse Etwas hat und medizinisch in jeder Hinsicht seriös recherchiert ist. Nina Kayser-Darius ist eine besonders erfolgreiche Schriftstellerin für das Genre Arztroman, das in der Klinik angesiedelt ist. 100 populäre Titel über die Kurfürstenklinik sprechen für sich. »Ich glaube, da drüben brennt's!« sagte die Bäckersfrau erschrocken, bei der Dr. Adrian Winter an diesem Morgen wieder einmal seine Brötchen holte. Beunruhigt sah sie durch die große Schaufensterscheibe auf ein Haus am Ende der Straße. Dabei kniff sie die Augen ein wenig zusammen, um besser sehen zu können. »Sehen Sie doch nur, Herr Doktor! Da kommt eine richtige Rauchwolke aus den Fenstern im ersten Stock.« »Ja, das sieht tatsächlich nach einem Feuer aus«, gab Adrian zu, während er seine Brötchen bezahlte. »Meine Güte, ob schon jemand die Feuerwehr verständigt hat?« »Tun Sie's zur Vorsicht noch einmal«, riet Adrian, nun ebenfalls beunruhigt, denn die schwarze Rauchwolke wurde rasch dichter. Schon war es schwierig, das Haus überhaupt noch zu erkennen. »Ich werde mal nachsehen, was da los ist. Vielleicht kann ich helfen.« »Ja, tun Sie das!« Die Bäckersfrau schien erleichtert zu sein über diese Aussicht und während Adrian über die Straße eilte, wählte sie mit zitternden Fingern die Nummer der Feuerwehr. Adrian war noch etwa fünfzig Meter von dem brennenden Haus entfernt, als er anfing zu husten. Der Qualm war beißend und ließ die Lunge schmerzen. Seine Augen tränten, und er preßte hastig ein Taschentuch vor den Mund. Er wußte nur zu gut, wie schnell man sich in einem solchen Fall eine Rauchgasvergiftung holen konnte. Ein Mann tauchte neben ihm auf und hatte ihn auch schon überholt. Er hielt sich ebenfalls ein Taschentuch vor den Mund und hustete gequält. Trotzdem rannte er weiter. »Bleiben Sie stehen«, rief Adrian. »Die Feuerwehr wird jeden Augenblick hier sein – es ist

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Seitenzahl: 113

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Die Kurfürstenklinik –47–

Bleib’ bei mir, Doc!

Ein kleiner Patient bereitet große Sorgen

Nina Kayser-Darius

»Ich glaube, da drüben brennt’s!« sagte die Bäckersfrau erschrocken, bei der Dr. Adrian Winter an diesem Morgen wieder einmal seine Brötchen holte. Beunruhigt sah sie durch die große Schaufensterscheibe auf ein Haus am Ende der Straße. Dabei kniff sie die Augen ein wenig zusammen, um besser sehen zu können. »Sehen Sie doch nur, Herr Doktor! Da kommt eine richtige Rauchwolke aus den Fenstern im ersten Stock.«

»Ja, das sieht tatsächlich nach einem Feuer aus«, gab Adrian zu, während er seine Brötchen bezahlte.

»Meine Güte, ob schon jemand die Feuerwehr verständigt hat?«

»Tun Sie’s zur Vorsicht noch einmal«, riet Adrian, nun ebenfalls beunruhigt, denn die schwarze Rauchwolke wurde rasch dichter. Schon war es schwierig, das Haus überhaupt noch zu erkennen. »Ich werde mal nachsehen, was da los ist. Vielleicht kann ich helfen.«

»Ja, tun Sie das!« Die Bäckersfrau schien erleichtert zu sein über diese Aussicht und während Adrian über die Straße eilte, wählte sie mit zitternden Fingern die Nummer der Feuerwehr.

Adrian war noch etwa fünfzig Meter von dem brennenden Haus entfernt, als er anfing zu husten. Der Qualm war beißend und ließ die Lunge schmerzen. Seine Augen tränten, und er preßte hastig ein Taschentuch vor den Mund. Er wußte nur zu gut, wie schnell man sich in einem solchen Fall eine Rauchgasvergiftung holen konnte.

Ein Mann tauchte neben ihm auf und hatte ihn auch schon überholt. Er hielt sich ebenfalls ein Taschentuch vor den Mund und hustete gequält. Trotzdem rannte er weiter.

»Bleiben Sie stehen«, rief Adrian. »Die Feuerwehr wird jeden Augenblick hier sein – es ist gefährlich, sich dem Haus ohne Atemschutzgerät noch weiter zu nähern.«

»Meine Frau und mein Sohn!« keuchte der Mann. »Wir wohnen in dem Haus, im ersten Stock – ich muß wissen, ob sie noch drin sind oder nicht.« Er hastete weiter. Sekunden später hatte der Qualm, der sich jetzt die Straße entlangwälzte, ihn bereits verschluckt.

In diesem Augenblick ertönten die Sirenen der Feuerwehr, und gleich darauf tauchte ein ganzer Löschzug auf. In Windeseile verschaffte sich der Einsatzleiter ein Bild von der Unglücksstelle und gab dann seine Kommandos. Bald wimmelte es überall von Feuerwehrleuten, die Schläuche entrollten und sich in ihren Schutzanzügen durch den immer dichter werdenden Qualm dem Haus näherten. Sie alle schienen genau­ zu wissen, was sie zu tun hatten.

Adrian kämpfte sich zum Einsatzleiter durch.

»Mein Name ist Winter, ich bin­ Unfallchirurg an der Kurfürsten-Klinik. Wenn ich helfen kann…«

»Bleiben Sie hier, Herr Dr. Winter«, sagte der andere sofort. »Wenn das möglich ist, meine ich. Die Rettungswagen müssen gleich kommen, aber ich bin froh um jeden Arzt, der in der Nähe ist. Ich weiß ja noch nicht, ob sich noch Leute in dem Haus befinden. Angeblich ist es leer, aber ganz sicher kann man da nie sein.«

»Ich habe eben mit einem Mann gesprochen, der unbedingt in das Haus wollte. Er wohnt mit seiner Frau und seinem Sohn im ersten Stock und war nicht sicher, ob sie es geschafft hatten, nach draußen zu kommen. Er ist an mir vorbeigelaufen – direkt auf das Haus zu.«

»Um Himmels Willen!« Der Einsatzleiter gab diese Information umgehend weiter.

Das erste Wasser traf auf die Flammen, die mittlerweile hell aus dem Dachstuhl loderten. Man konnte sich nur noch schreiend verständigen, so laut war es jetzt durch das prasselnde Feuer und die Pumpen auf den Fahrzeugen. Der zweite Wasserstrahl, der dritte…

Zahlreiche Neugierige hatten sich mittlerweile eingefunden, die das unheimliche Schauspiel aus sicherer Entfernung verfolgten, und es war wie immer. Schaulust und Entsetzen vermischten sich untrennbar miteinander. Diejenigen, die nicht betroffen waren, empfanden zwar Mitleid mit den Bewohnern des Hauses, von denen man annahm, daß sie sich alle in Sicherheit befanden – aber es überwog doch die Erleichterung darüber, selbst nicht betroffen zu sein.

Und dann tauchte eine völlig rußverschmierte Gestalt schwankend an einem Fenster im ersten Stock auf, kaum zu sehen durch die dichten Rauchschwaden. Ein Schrei ging durch die Menge.

Auch Adrian war entsetzt. Das mußte der Mann sein, mit dem er gesprochen hatte. Und nun sah er auch, daß dieser etwas trug – ein formloses kleines Bündel.

Längst hatte der Einsatzleiter seine Leute mit einem Sprungtuch unter das Fenster dirigiert. »Springen Sie!« schrie er dem Mann zu. »Los, springen Sie sofort, bevor es zu spät ist! Nun machen Sie schon, Mann!«

Doch der Mann streckte wortlos die Arme aus, ließ das Bündel, das er trug, fallen und verschwand erneut im Innern des brennenden Gebäudes.

Wieder ertönte, aus vielen Kehlen, ein Schrei des Entsetzens, als das Bündel auf dem Sprungtuch aufschlug: Rasch stellte sich heraus, dass es ein Kind war, in eine nasse Decke gewickelt, die es vor den Flammen hatte schützen sollen. Adrian rannte nach vorn, doch bevor er noch etwas hatte sagen können, schrie die Menge schon wieder. Der Mann war erneut am Fenster aufgetaucht – und wieder trug er etwas auf den Armen. Dieses Mal war gut zu erkennen, daß es sich um den Körper eines erwachsenen Menschen handeln mußte. Die Kleidung des Mannes brannte mittlerweile, und allen, die ihn beobachteten, blieb dieses Mal der Schrei im Halse stecken.

»Springen Sie!« rief der Einsatzleiter mit wachsender Verzweiflung. »Springen Sie endlich!«

»Geben Sie mir das Kind!« sagte­ Adrian fast im selben Augenblick zu einem der Feuerwehrmänner. »Ich bin Unfallchirurg.«

Man legte ihm ohne Widerspruch oder Fragen zu stellen das Kind, einen sehr bleichen, bewußtlosen Jungen von etwa vier Jahren in die Arme, doch bevor er mit ihm zu einem der Rettungswagen lief, warf er noch einen Blick nach oben und erkannte, daß den Mann die Kräfte verließen. Er schaffte es nicht mehr, mit der Frau zusammen auf das Fensterbrett zu steigen und zu springen. Mehrmals versuchte er es, scheiterte jedoch. Schließlich ließ er die Frau in die Tiefe fallen, dann verschwand er.

Adrian hörte den Körper der Frau noch auf dem Sprungtuch aufschlagen, er sah noch, daß bereits eine Leiter ausgefahren wurde, damit ein Feuerwehrmann auf diesem Wege versuchen konnte, den Mann aus dem brennenden Haus zu retten. Dann drehte er sich um und rannte mit dem Jungen zu den wartenden Sanitätern.

*

Alexa Herrenberg saß mit ihrem älteren Kollegen John Stelton in einem sehr teuren Restaurant in Los Angeles und ließ sich das Essen schmecken, zu dem er sie eingeladen hatte. Sie war im Auftrag der Filmgesellschaft »Fama«, für die sie arbeitete, in den USA, wo sie Spielfilmrechte eingekauft hatte. Die Verhandlungen waren zäh gewesen, und mehr als einmal hatte sie befürchtet, mit leeren Händen nach Berlin zurückkehren zu müssen – doch in letzter Minute hatte sich das Blatt gewendet, und nun war sie sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Sie hatte ein paar erstklassige Filme gekauft und dafür weniger bezahlt, als einkalkuliert gewesen war. Es gab also allen Grund, dieses Essen wirklich zu genießen.

Außerdem war John Stelton ein sehr angenehmer Gesprächspartner. Er war schon über sechzig, ein außergewöhnlich gebildeter Mann, der Deutsch studiert hatte und sich immer freute, wenn Alexa in die USA kam, weil er dann Gelegenheit hatte, seine Sprachkenntnisse aufzufrischen. Zwar versicherte sie ihm jedesmal, daß das keineswegs nötig war, denn sein Deutsch war perfekt – aber er beharrte darauf, daß er in Übung bleiben müsse.

John war Rechtsanwalt und vertrat die Interessen von »Fama« in Los Angeles. Sie hatte ihn sehr gern, und auch er hatte die attraktive und ehrgeizige junge Frau ins Herz geschlossen.

»Sie werden es weit bringen, Alex«, sagte er in diesem Augenblick lächelnd. Er nannte sie immer Alex, was sie sich gerne gefallen ließ. Es klang nett, fand sie.­ »Wie alt sind Sie jetzt? Drei­ßig?«

»Zweiunddreißig«, verbesserte sie.

»Sie sehen aus wie fünfundzwanzig«, versicherte er ernsthaft, »haben aber bereits mehr Erfolg als die meisten Vierzigjährigen. Wird Ihnen nicht manchmal schwindelig, wenn Sie sich Ihre Karriere ansehen?«

Sie schüttelte den Kopf und strich sich mit einer für sie typischen Geste die lockigen dunklen Haare aus dem Gesicht. Ihre Züge waren ein wenig unregelmäßig, doch machte gerade das ihren Reiz aus – das und die grünen, schräg stehenden Augen mit den dichten schwarzen Wimpern. »Eigentlich nicht«, erklärte sie freimütig. »Ich wollte immer Karriere machen, John. Mann, Kinder, Familie – das ist nichts für mich.«

»Sind Sie da so sicher?« fragte er.

»Eigentlich schon. Warum fragen Sie?«

Er zuckte mit den Schultern. »Aus keinem bestimmten Grund, falls Sie das meinen. Ich frage mich nur, ob Sie in den nächsten dreißig Jahren so weitermachen wollen wie jetzt.«

»So habe ich mir das noch nicht überlegt«, meinte Alexa. »Aber wenn Sie schon so fragen: Ja, ich glaube, das will ich. Ich liebe meine Arbeit, ich kann mir kein anderes Leben für mich vorstellen.«

Er hob sein Glas, um mit ihr anzustoßen. »Wenn das so ist«, meinte er nachdenklich, »dann sind Sie zu beneiden. Sie scheinen Ihr Glück gefunden zu haben.«

Ihr fiel sein plötzlicher Ernst auf. »So wie Sie das sagen, John, klingt es fast, als freuten Sie sich nicht darüber. Gönnen Sie mir mein Glück nicht?«

»O doch, natürlich. Aber meine Erfahrung sagt mir, daß im Leben nicht immer alles glattgeht und so, wie man es geplant hat.«

»Das wäre doch auch schrecklich!« rief Alexa temperamentvoll. »Ich liebe es, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Erst dann fühle ich mich herausgefordert. Nein, wirklich, John! Ich bin rundherum glücklich mit meinem Leben – und es hat bis jetzt immer genügend Überraschungen für mich bereitgehalten.«

John Stelton trank von seinem Champagner, dann stellte er sein Glas sehr langsam und fast ein wenig umständlich zurück auf den Tisch. »Möge das Glück Ihnen treu bleiben, Alexa«, sagte er leise. »Ich wünsche es Ihnen von ganzem Herzen.«

*

Einer der Notärzte, die mit den Rettungswagen zur Unglücksstelle gekommen waren, kam zu Adrian herübergerannt und fragte: »Wie sieht’s mit dem Jungen aus, Herr Dr. Winter?«

»Rauchgasvergiftung und einige kleinere Verbrennungen«, antwortete Adrian. »Er bekommt Sauerstoff und eine Infusion, um das Volumen aufzufüllen. Ich hoffe, er schafft es. Wie geht’s der Mutter?«

»Schlecht«, antwortete der Kollege bedrückt. »Sie reagiert nicht auf den Sauerstoff, und ihre Verbrennungen sind viel schlimmer als die des Jungen. Schwere Verbrennungen zweiten Grades mindestens. Wenn nicht sogar dritten Grades – das muß sich erst noch zeigen. Sie hat es offenbar gerade noch geschafft, ihren Sohn in diese nasse Decke zu wickeln, aber weiter haben ihre Kräfte wohl nicht gereicht.«

»Wir sollten die beiden jetzt so schnell wie möglich in unsere Notaufnahme bringen«, sagte Adrian, der den Jungen keine Sekunde aus den Augen ließ. »Was ist mit dem Vater?«

Wie zur Antwort ertönten von draußen heftige Schreie der immer zahlreicher werdenden Zuschauer, die sich außerhalb der Absperrungen drängelten, die die Polizei mittlerweile rings um das brennende Haus errichtet hatte. Adrian warf einen schnellen Blick aus dem rückwärtigen Wagenfenster. Er sah den Feuerwehrmann, der zuvor über die Leiter in das brennende Haus gelangt war, wieder am Fenster auftauchen. Hinter seinem Rücken brannte es lichterloh. Er trug jemanden und stieg nun über das Fensterbrett wieder auf die Leiter. Sehr langsam und vorsichtig machte er sich an den nicht ungefährlichen Abstieg. Von unten verfolgten seine Kollegen jede seiner Bewegungen voller Anspannung und Angst.

»Es scheint, als hätten sie ihn gefunden«, murmelte Adrians Kollege. Seine Stimme klang bedrückt. »Hoffentlich haben sie ihn noch rechtzeitig da herausgeholt.«

Adrian und er wechselten einen raschen Blick. Sie wußten beide, daß die Chancen des Mannes, der versucht hatte, seine Frau und sein Kind zu retten, außerordentlich gering waren.

Ein Sanitäter kam zu ihnen gerannt, der Schweiß lief ihm über das Gesicht. »Da sind noch mehr drin!« schrie er. »Im Erdgeschoß sind auch noch Menschen, das hat sich jetzt erst herausgestellt. Fahren Sie los, wir fordern Verstärkung an!«

Adrian und sein Kollege nickten stumm. Dann gaben sie den Fahrern ein Zeichen und die ersten beiden Rettungswagen setzten sich mit eingeschalteten Martinshörnern in Bewegung.

*

Thomas Laufenberg, der Verwaltungsdirektor der Kurfürsten-Klinik, hob den Kopf, als es an seiner Bürotür klopfte und rief laut und deutlich: »Kommen Sie herein, Herr Dr. Hübner!«

Die Tür wurde vorsichtig geöffnet, und das sympathische Gesicht eines jungen Mannes mit kurzen blonden Haaren und sehr blauen Augen erschien. »Woher wußten Sie, daß ich das bin?« fragte er verunsichert.

Thomas lachte vergnügt. »Weil wir einen Termin haben, Sie und ich. Zu mir kommt nur selten jemand ohne Voranmeldung.«

»Ach so.« Andreas Hübner schloß die Tür hinter sich und trat zögernd näher. »Eigentlich weiß ich gar nicht richtig, was ich hier soll«, gestand er, wobei ihm sein Unbehagen deutlich anzumerken war.

Thomas schaffte es, ein Lächeln zu unterdrücken. Er kannte die Vorbehalte, die fast alle Ärzte zunächst einmal gegen die Verwaltungsdirektion hatten. Er selbst hatte lange Zeit damit zu kämpfen gehabt, bis es ihm endlich gelungen war, die Mediziner davon zu überzeugen, daß er auf ihrer Seite stand und für sie arbeitete, nicht gegen sie.

Er wollte die renommierte Kurfürsten-Klinik nicht kaputtsparen – im Gegenteil, er war bereit, Geld zur Verfügung zu stellen, wenn er davon überzeugt war, daß es dem Wohl der Patienten diente und die sie behandelnden Ärzte ein wenig entlastete. Denn er wußte sehr wohl, daß das nötig war – die Bedingungen, unter denen viele Krankenhausärzte arbeiten mußten, waren alles andere als ideal, das war auch an der Kurfürsten-Klinik so.

»Setzen Sie sich«, bat er freundlich. »Ich rede mit allen, die wir neu einstellen, in den ersten Monaten ihrer Tätigkeit bei uns. Wenn jemand neu ist, dann hat er einen frischen Blick auf unser Krankenhaus und kann mir manchmal nützlichere Hinweise geben als jemand, der das Haus seit Jahrzehnten kennt und daher vielleicht im Laufe der Jahre ein bißchen betriebsblind geworden ist. Ich möchte von Ihnen wissen, wie es Ihnen gefällt, hier bei uns zu arbeiten und ob Sie Vorschläge haben, was man besser machen könnte.«