Ardistan - Karl May - E-Book

Ardistan E-Book

Karl May

4,4

Beschreibung

Die überragende Krönung von Karl Mays Alterswerk stellt der zwischen 1907 und 1909 entstandene Roman Ardistan UND DSCHINNISTAN dar (Band 31 Ardistan und Band 32 DER MIR VON DSCHINNISTAN), in dem der Autor den Schauplatz der irdischen Realität verlässt. Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar bewegen sich hier innerhalb einer imaginären Welt, Sitara, deren Länder und Völker ein großes Gleichnis der Menschheitsgeschichte darstellen. Ein frühes Beispiel in der deutschen Literatur, wie Fantasy funktionieren kann, lange bevor dieser Begriff zum Gemeingut wurde. "Ardistan" ist der erste Band der zweiteiligen Reihe "Ardistan und Dschinnistan". Fortsetzung ist: "Der Mir von Dschinnistan" (Band 32).

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KARL MAY’s

GESAMMELTE WERKE

BAND 31

ARDISTAN

Ardistan und Dschinnistan

Erster Band

ROMAN

VON

KARL MAY

Herausgegeben von Roland Schmid

© 1967 Karl-May-Verlag

ISBN 978-3-7802-1531-4

Der vorliegende Roman bildet den ersten Teil der zweibändigen Reiseerzählung ‚Ardistan und Dschinnistan‘, die in den Jahren 1907-09 entstand und erstmalig in der Zeitschrift ‚Deutscher Hausschatz‘ abgedruckt wurde. Die vorliegende Fassung enthält den ungekürzten Text der ersten Buchausgabe (Freiburg 1909). Über die Entstehungsgeschichte unterrichtet der Abschnitt ‚Gestalt und Idee‘ in Band 34 »ICH«. Zudem erschien 2005/2007 im Karl-May-Verlag eine kritische Ausgabe nach dem Manuskript, mit umfangreichem Kommentar von Hans Wollschläger.

IM LANDE DER STERNENBLUMEN

Meine neue Erzählung beginnt in Sitara, dem in Europa fast gänzlich unbekannten „Land der Sternenblumen“, von dem ich im „Reiche des silbernen Löwen“ erzählt habe. Die Sultanin dieses Reiches ist Marah Durimeh, die allen meinen Lesern wohlbekannte Herrscherin aus uraltem Königsgeschlecht. Zu Sitara gehört auch das in meinem Drama „Babel und Bibel“ erwähnte, weit ausgestreckte Gebiet von Märdistan mit dem geheimnisvollen Wald von Kulub, in dessen tiefster Schlucht, wie man sich heimlich erzählt, die Geisterschmiede liegt, in der die Seelen durch Schmerz und Qual zu Stahl und Geist geschmiedet werden. Ein späterer, hochinteressanter Ritt wird uns Gelegenheit geben, diesen Wald und diese Schmiede kennenzulernen. Für heute verzichten wir auf diesen Ort der Marter und der Pein und wandeln durch die Gärten von Ikbal, um alles Leid der Erde zu vergessen.

Ikbal ist eine der schönsten Residenzen Marah Durimehs. Ihre fürstliche Wohnung, mehr einem Tempel als einem Schlosse gleichend, hebt sich wie die aus weißem Marmor gedichtete Strophe eines salomonischen Psalms hell, klar, rein und leuchtend von dem dunklen Hintergrund der himmelanstrebenden Berge ab. Diese liegen im Norden. Nach Süden dehnt sich die blaue, von silbernen Fäden durchzogene See, leise atmend, wie ein schlafendes, glückliches Kind, das im Traume lächelt. Und wie köstliche, schimmernde Perlen, die von einer reichen, kunstsinnigen Fee aus der Meerestiefe empor geholt und am Ufer in grünende Gärten gebettet wurden, so haben sich die Häuser der Untergebenen dem Palaste der geliebten Gebieterin zu Füßen hingestreckt. Die Seeluft mildert die Glut der strahlenden Sonne. Schattige Wege führen von Tal zu Berg, von Berge zu Tal. Goldige Früchte winken aus dunklem Laub. Jede Bewegung der Luft spendet süßen Blumenduft. Ed Din, der Fluss, tritt, unberührt vom Schmutz des alltäglichen Lebens, wie eine Offenbarung aus höheren Welten aus dem Gebirge hervor, schließt Ikbal in zwei schwellende Arme ein und tritt dann in die See, um ihre Flut zu läutern und zu klären.

Der kleine Hafen von Ikbal ist mit der Außenwelt nur durch einen einzigen größeren Segler verbunden, der „Wilahde“ heißt und immer segelfertig gerichtet ist. Dieses Schiff gleicht einer Arche. Sein Bau ist uralt. Es hat die Formen und die Linien vergangener Jahrtausende. Sein Tau- und Segelwerk mag im ältesten Babylonien oder Ägypten erfunden worden sein. Aber man hat trotzdem keinen Grund, irgendetwas daran zu tadeln, denn alles, was man sieht, ist genau dem Zwecke, dem es dienen soll, entsprechend eingerichtet. Wir werden diesem Fahrzeug in meinen späteren Erzählungen noch oft begegnen; darum verzichte ich für jetzt darauf, es zu beschreiben. Ebenso wird es Sache meiner künftigen Berichte sein, das Land Sitara und die Stadt Ikbal eingehender zu schildern. Für heute habe ich sie beide nur kurz zu erwähnen, weil sie den Ausgangspunkt der vorliegenden Erzählung bilden. – – –

Ich war mit meinem Hadschi Halef Omar, dem obersten Scheik der Haddedihn vom Stamme der Schammar, zu Marah Durimeh gekommen, um für einige Zeit ihr Gast zu sein und bei dieser Gelegenheit das „Land der Sternenblumen“ noch besser kennenzulernen, als es mir bisher möglich gewesen war. Sie hatte mich in einer Weise aufgenommen, als ob ich ein naher Verwandter, ja, als ob ich ein Sohn von ihr sei. Wir wohnten nicht in der Stadt, sondern bei ihr im Palast, ich in demselben Stockwerk mit ihr, Halef aber im Erdgeschoß bei den dienenden Geistern. Sie liebte auch ihn. Sie war von seiner fast beispiellosen Liebe und Treue gerührt. Sie beglückwünschte mich, ihn gefunden und mir zum Begleiter erzogen zu haben. Aber sie tadelte an ihm, dass er sich keine Mühe gab, seine Seele in Geist umzusetzen, und sie hielt gerade das, was andere an ihm lobten, nämlich seine Liebenswürdigkeit, für seine größte Schwäche. Sie, die unvergleichliche Menschenkennerin, konnte keinen Menschen für entwickelt halten, der nicht die Kraft besaß, über die Forderungen seiner körperlichen Anima hinauszukommen.

Alle, die meine Bände: „Im Reiche des silbernen Löwen“ gelesen haben, werden sich gerne an Schakara, die „Seele“, erinnern, die von Marah Durimeh damals zu uns gesandt wurde, uns gegen unsere Feinde beizustehen. Diese Schakara, die mich vom beinahe sicheren Tod errettete, war ein besonderer Liebling ihrer Herrin und durfte sie nur dann verlassen, wenn es sich um sehr wichtige Dinge handelte. Sie war auch jetzt bei ihr in Ikbal und sorgte für mich in genau derselben schwesterlich aufopfernden Weise wie damals, als ich krank am Boden lag.

Unsere Abreise war auf morgen festgesetzt. Am Nachmittag waren wir, nämlich Marah Durimeh, Schakara und ich, noch einmal durch die Stadt und ihre Umgebung gewandelt, um die mir liebgewordenen Plätze aufzusuchen. Dann gingen wir nach der hinter dem Palaste liegenden, üppigen Weide, wo unsere beiden Pferde grasten, bei deren Namen sich jeder meiner Leser herzlich freuen wird, ihnen wieder zu begegnen. Es waren die beiden Rappen Assil Ben Rih und Syrr, der erstere für Halef und der letztere für mich. Wer diese beiden edelsten der Pferde, die es gegeben hat, noch nicht kennt, der wird sie im Verlaufe unserer Erzählung kennenlernen. Sie hatten uns aus fernem Land hierher getragen und sollten uns auf demselben Wege wieder zurückbringen. So dachten wir. Aber es sollte anders kommen, als wir uns vorgenommen hatten.

Später, einige Zeit nach Sonnenuntergang, saßen wir drei auf dem hohen Söller beim Abendessen, das nicht aus Fleisch, sondern nur aus Brot und Früchten bestand. Unter uns im Hof saß Halef bei einer Anzahl von Dienern und Dienerinnen. Er erzählte von seinen Abenteuern. Er tat das in seiner wohlbekannten, bombastischen, nach Beifall hungrigen Weise. Aber der Erfolg, den er an jedem anderen Orte einzuheimsen verstanden hatte, hier fiel er aus. Man hörte ihm ruhig zu; kein Lob erscholl; kein Beifall ließ sich hören. Ein nachsichtiges Kopfnicken oder gar ein ironisches Lächeln, weiter gab es keinen Dank. Da stand er von seinem Platz auf, warf die Arme verächtlich in die Luft, ließ die Zuhörer sitzen und ging zum Tor hinaus.

Wir achteten nicht auf ihn und diese seine wohlverdiente Niederlage. Wir hatten nur Augen, nur Sinne für die vor uns liegende, köstliche Gotteswelt, die im Glanz der untergehenden Sonne fast überirdisch leuchtete und glühte. Ganz draußen im äußersten Süden, da, wo das Meer sich mit dem Himmel einte, gab es einen kleinen, sich aber vergrößernden, weil immer näherkommenden Punkt, der bald wie ein Blitz aufzuckte, bald goldig schimmerte, bald silbern funkelte, bald in einer oder in mehreren der sieben Regenbogenfarben flackerte.

„Ein Bote kommt“, sagte Schakara, und deutete mit ausgestrecktem Arm nach diesem Punkt.

Marah Durimeh richtete den Blick nach der bezeichneten Richtung, ließ ihn dort nur einen Augenblick lang ruhen und nickte dann, näher bestimmend:

„Ja, ein Bote, aber kein fremder, sondern der unsrige.“

„Welcher?“, fragte Schakara.

„Der mir die Antwort bringt vom Mir von Dschinnistan.“

Was für Augen hatte diese Frau, deren Alter so groß war, dass man es kaum mehr bestimmen konnte! So sehr ich die meinigen anstrengte, ich konnte doch nur ahnen, aber nicht deutlich bemerken, dass dieser in der Sonne schillernde Punkt eigentlich ein weißes Segel war. Sie aber sah das Boot und sah wohl auch den Mann, der es regierte! Und ebenso wie die Schärfe ihres Auges verblüffte auch der Name, den sie nannte. Der Mir von Dschinnistan! Welcher von meinen Lesern hat schon einmal von diesem berühmten Mann, von diesem Beherrscher eines großen, hochwichtigen Reiches gehört? Wohl keiner! Auch ich war ohne Ahnung von seiner Existenz, bis ich Marah Durimeh kennenlernte und aus ihrem eigenen Munde nach und nach die Namen der zahlreichen Gebiete erfuhr, über die sich ihr persönlicher Einfluss erstreckte. Der Mir von Dschinnistan stand unter ihrem ganz besonderen Schutz. Der Bote, der sich jetzt sehr schnell dem Hafen näherte, weil günstiger Wind ihn trieb, war bei ihm gewesen. Die Kunde, die sie von ihm erwartete, schien von großer Wichtigkeit für sie zu sein, denn sie stand von ihrem Sitz auf, beschattete mit der Hand ihre Augen, bog sich über die Brüstung des Söllers hinaus und verfolgte das schwimmende Boot wohl eine ganze Minute lang mit gespannter Aufmerksamkeit. Dann sagte sie:

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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