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Der Begriff "alternativlos", einst "Unwort des Jahres", steht für Sachzwänge und bürgerferne Technokratie. Eine neue Partei ist angetreten, das Lieblingswort der Bundeskanzlerin zu widerlegen: die "Alternative für Deutschland" (AfD). Doch was hat es mit den Euro-Gegnern auf sich? Für wen sprechen sie? Handelt es um wirklichkeitsfremde Professoren oder gar um gefährliche Populisten? Der Journalist Volker Schmidt hat die Entstehung der Partei verfolgt, von den ersten Versammlungen bis zur Gründung als Bundespartei und den Vorbereitungen auf die Bundestagswahl 2013. Seine Prognose: Die AfD kann den etablierten Parteien durchaus gefährlich werden - vor allem aber sich selbst.
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Veröffentlichungsjahr: 2013
Leseprobe
Volker Schmidt
Aufstand der Pfennigfuchser
Das vorprogrammierte Scheitern der »Alternative für Deutschland«
Campus VerlagFrankfurt/New York
Einleitung
Gründung
Potenzial
Absturz
Über den Autor
Impressum
Die deutsche Politik zittert: Ausgerechnet vor der Bundestagswahl im September 2013 ist eine neue politische Kraft aufgetaucht, die einen verbreiteten Unmut kanalisiert. Sie will, dass die Bundesrepublik aufhört, finanziell schwächelnden Ländern Milliarden von Euro in den Rachen zu werfen – mit dieser und nur mit dieser Forderung lockte die »Alternative für Deutschland« (AfD) Hunderte von Menschen zu ihren ersten Versammlungen. Ob die auch alle an die Wahlurnen gehen und ihr Kreuzchen bei der AfD setzen, ist zwar fraglich; sicher ist aber, dass die neue Partei das politische Klima verändert. Wahrscheinlich nicht zum Guten.
Die AfD bestreitet zwar vehement, eine Ein-Themen-Partei zu sein. Doch ihr Programm ist dünn und lässt sich tatsächlich fast komplett auf eines reduzieren: das Ende der Euro-Zone. Für viele potenzielle Wähler bedeutet das eine Rückkehr zur guten alten D-Mark, auch wenn die Protagonisten der neuen Partei – darunter eine ganze Reihe Ökonomen – nicht ganz so platt nationalnostalgische Ressentiments bedienen.
Knapp sechs Monate vor dem Wahltermin gegründet, scheint die AfD auf den ersten Blick ein gehöriges Potenzial zu bergen: 24 Prozent der Wähler könnten sich vorstellen, ihr ihre Stimme zu geben, ermittelte das Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap Anfang April in einer repräsentativen Umfrage für die Welt am Sonntag. In Ostdeutschland ist das Potenzial mit 27 Prozent größer als im Westen (23 Prozent), bei Frauen (27 Prozent) größer als bei Männern (21 Prozent) und bei Hauptschulabsolventen (33 Prozent) größer als bei Abiturienten (zehn Prozent).
Sich etwas vorstellen zu können, ist zwar noch lange nicht dasselbe, wie es auch zu tun. Aber auch bei der Sonntagsfrage schwankt die AfD in den Umfragen des Frühjahrs je nach Institut zwischen drei Prozent der Wählerstimmen und jenen fünf Prozent, die sie bräuchte, um in den Bundestag einzuziehen – also auf einem ähnlichen Niveau wie FDP, Linke und noch ein halbes Jahr zuvor die Piraten. Nach Einschätzung der Meinungsforscher könnte die AfD von Anhängern aller Parteien Stimmen bekommen, obwohl viele führende Protagonisten der neuen Partei aus CDU und FDP oder deren Umfeld stammen.
Die meisten Politikwissenschaftler halten es für unwahrscheinlich, dass es die AfD tatsächlich in den nächsten Bundestag schafft. Dazu nötig wäre eine für die Neugründung besonders günstige Konstellation aus wieder entflammter Euro-Krise, einem möglichen Vertrauensverlust der Wähler in das Krisenmanagement von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) sowie einem trittsicheren und charismatischen Auftreten der AfD-Führung.
Die Erfahrung mit neuen Parteien – zuletzt mit den Piraten – lehrt allerdings, dass sie nach einer ersten Hype-Phase rasch Wirrköpfe anziehen und ihre Redner von politischen Fettnäpfchen magisch angezogen werden. Das dürfte bei der AfD kaum anders sein – im Gegenteil: Schon in der Gründungsphase musste sie Mitglieder wieder ausschließen.
Auch unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde allerdings kann die AfD großen Flurschaden in der politischen Landschaft anrichten. Zum einen wurde bereits vor ihrem Auftreten ein knapper Ausgang der Bundestagswahl im September erwartet. Wenn die sich bisher eher bürgerlich gebende AfD es schafft, vor allem im Lager von CDU und FDP Stimmen zu ergattern, könnte sie der Gegenseite zum Erfolg verhelfen.
Hinzu kommt, dass auch bei der Linken viele Euro-Skeptiker zu finden sind. Die Partei könnte wegen der AfD-Konkurrenz die Fünf-Prozent-Hürde verfehlen, was in den Konstellationen der Umfragen die Chancen auf eine rot-grüne Bundesregierung erhöhen würde. Das wäre ein ironischer Ausgang für die Bemühungen der euroskeptischen Partei: Sie hätten dann zur Bildung genau der Regierung beigetragen, die ihre Anhänger sich wohl am wenigsten wünschen, weil sie den AfD-Positionen am fernsten steht.
Schafft es die AfD doch ins Parlament, kann sie tatsächlich eine Rolle einnehmen, die in der Vergangenheit oft der FDP zukam: die der Mehrheitsbeschafferin. Gut möglich, dass beim knappen Wahlausgang keines der politischen Lager einen Kanzler oder eine Kanzlerin wählen kann. Laut dem Deutschlandtrend von Infratest Dimap für die ARD aus dem Mai würde es weder für Schwarz-Gelb noch für Rot-Grün reichen. Und Rot-Rot-Grün hat die SPD ausgeschlossen. Vorsorglich diskutierte die AfD schon auf ihrem Gründungsparteitag ausführlich, unter welchen Umständen sie zu Koalitionen bereit wäre.
Die größte Gefahr allerdings besteht darin, dass durch die AfD Positionen salonfähig werden, die bisher nur am ganz rechten Rand des deutschen politischen Spektrums rumorten. In der Ablehnung der Unterstützung für südeuropäische Länder klingt bei vielen Sympathisanten der neuen Partei latenter Nationalismus und Rassismus mit gegen vermeintlich weniger leistungsbereite Menschen in den Ländern des Mittelmeerraums oder Osteuropas. Einige AfD-Protagonisten haben auch schon Zustimmung zu demokratiefeindlichen Ideen gezeigt wie der, Arbeitslosen das Wahlrecht zu entziehen.
Entscheidend wird sein, wie sich die AfD in den ersten Monaten ihrer Existenz entwickelt, wem sie eine Stimme gibt, welche Positionen sie integriert. Aus ihrer Gründungsgeschichte lässt sich nur bedingt ablesen, wohin die Partei steuert. Aber es spricht einiges dafür, dass sie von nationalkonservativen, elitegläubigen Besserverdienern dominiert wird, denen es nur mit Mühe gelingt, sich als um Europa besorgte Gutbürger zu tarnen.
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Volker Schmidt ist seit 17 Jahren Journalist. Nach seinem Studium der Geschichte, Philosophie und Anglistik in Frankfurt am Main und an der University of Wales volontierte er bei der »Frankfurter Rundschau«. Von 2003 bis 2013 berichtete er für die Zeitung aus dem hessischen Landtag. Seit 2013 ist Volker Schmidt in der Unternehmenskommunikation tätig.
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