Aufzeichnungen aus dem Abseits - Fjodor Dostojewskij - E-Book

Aufzeichnungen aus dem Abseits E-Book

Fjodor Dostojewskij

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Beschreibung

Erst seit dem frühen 20. Jahrhundert gelten Die Aufzeichnungen aus dem Abseits als ein Hauptwerk nicht nur Fjodor Dostojewskijs, sondern der russischen Erzählkunst insgesamt. Für das Verständnis der großen Romane Dosto­ jewskijs sind sie ein Schlüsseltext. Die Aufzeichnungen aus dem Abseits – sie erschienen erstmals 1864 – sind in zwei Teile gegliedert. Entgegen der Chro­nologie bietet Teil I (»Das Abseits«) den kommentieren­ den Nachtrag zu dem autobiographischen Bericht, der in Teil II (»Bei nassem Schnee«) erstattet wird, faktisch und zeitlich dem Kommentar jedoch vorgeordnet ist. Der Er­zähler erläutert, analysiert und rechtfertigt also seine Le­bensgeschichte, noch bevor er sie dem Leser dargeboten hat. Dass der »abseitige Mensch«, der alles daransetzt, seine unverwechselbare Eigenart gegenüber der mehrheitlichen Gleichmacherei und Anpassung zu behaupten, auf solche Weise typisiert und gleichsam als Modell vorgeführt wird, ist eins der zahlreichen Paradoxa, die das Faszinosum wie auch die Provokation der Aufzeichnungen ausmachen.

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Seitenzahl: 254

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Fjodor M. Dostojewskij

Aufzeichnungenaus dem Abseits

Aus dem Russischen neu übersetztund herausgegebenvon Felix Philipp Ingold

DÖRLEMANN

Nota beneBesonderheiten der Rechtschreibung und Zeichensetzung wurden, dem russischen Originaltext entsprechend, in der vorliegenden Neuübersetzung nachgebildet, um die Eigenart von Fjodor Dostojewskijs Schreibstil möglichst authentisch wiederzugeben.eBook Ausgabe 2016Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten© 2016 Dörlemann Verlag AG, ZürichUmschlaggestaltung: Mike Bierwolf unter Verwendung eines Gemäldes von Kasimir MalewitschSatz und eBook-Umsetzung: Dörlemann Satz, LemfördeISBN 978-3-03820-932-4www.doerlemann.com

Inhalt

CoverTitelei und ImpressumInhaltPorträtIDas AbseitsIIIIIIIVVVIVIIVIIIIXXXIIIBei nassem SchneefallIIIIIIIVVVIVIIVIIIIXXAnmerkungen des HerausgebersNachwortHinweise zur ÜbersetzungZum Autor und zu seinem ÜbersetzerZum Buch

Fjodor Dostojewskij, 1872, Porträt von Wassilij Perow

I

Das Abseits*

I

Ich bin ein kranker Mann … Ich bin ein bösartiger Mensch. Ein unansehnlicher Mensch bin ich. Ich kranke wohl an meiner Leber. Allerdings verschwende ich an meine Krankheit keinen Gedanken, und ich weiß nicht einmal, was mir eigentlich wehtut. Ich lasse mich nicht behandeln, habe mich nie behandeln lassen, obwohl ich die Medizin und die Ärzte respektiere. Dazu kommt, dass ich äußerst abergläubisch bin; nun, ich bin’s jedenfalls so sehr, dass ich die Medizin durchaus respektieren kann. (Meiner Bildung nach sollte ich eigentlich nicht abergläubisch sein, doch ich bin abergläubisch.) Nein, mit Verlaub, ich will mich aus Bosheit nicht behandeln lassen. Das freilich werden Sie gewiss nicht begreifen wollen. Nun, mit Verlaub, ich begreife es wohl. Ich werde Ihnen, versteht sich, nicht erklären können, wen genau ich in diesem Fall meine Bosheit spüren lasse; mir ist natürlich völlig klar, dass ich auch den Ärzten nicht »eins auswischen« kann dadurch, dass ich mich von ihnen nicht behandeln lasse; besser als alle andern weiß ich doch, dass ich mit alledem einzig mir selbst schade, und niemandem sonst. Wie auch immer – wenn ich mich nicht behandeln lasse, dann einzig aus Bosheit. Meine Leber tut weh, sei’s drum, mag sie mir noch mehr wehtun!

Ich lebe schon lange so – an die zwanzig Jahre. Nun bin ich vierzig. Ich war einst im Dienst, nun diene ich nicht mehr. Ich war ein bösartiger Bürokrat. Ich war ein Grobian und fand Gefallen daran. Bestechen ließ ich mich nie, wenigstens das wollte ich mir zugutehalten. (Ein übler Scherz; doch ich streiche ihn nicht durch. Hab es so hingeschrieben, weil ich dachte, es sollte so richtig scharfsinnig sein; doch nun seh ich selbst ein, dass es mir in meiner Niedertracht nur ums Forcieren ging – also streiche ich ihn erst recht nicht durch!) Wenn einst Bittsteller mit ihren Anliegen zu dem Tisch traten, an dem ich saß, begrüßte ich sie mit einem Zähneknirschen, und ich empfand eine unbezwingbare Wollust, wenn ich es schaffte, jemanden zu kränken. Fast immer gelang es mir. Größtenteils handelte es sich um scheue Leute: wie Bittsteller eben sind. Unter den Vorwitzigen aber mochte ich einen Offizier überhaupt nicht leiden. Der wollte in keiner Weise parieren und rasselte wüst mit dem Säbel. Mit ihm führte ich wegen dieser Rasselei anderthalb Jahre lang Krieg. Schließlich gewann ich die Oberhand. Er gab das Rasseln auf. Das geschah übrigens noch in meinen frühen Jahren. Wissen Sie denn aber, meine Herrschaften, worin der springende Punkt für meine Bösartigkeit bestand? Die Sache war nämlich die, und meine größte Verkommenheit bestand darin, dass mir in jedem Augenblick, auch im Augenblick äußerster Galligkeit, schamhaft bewusst war, dass ich nicht nur kein bösartiger, sondern nicht mal ein erboster Mensch bin, dass ich bloß auf Spatzen schieße und darin mein Vergnügen finde. Ich schäume vor Wut, aber man präsentiere mir irgendein Püppchen, man offeriere mir ein Teechen mit Zückerchen, und gleich, mit Verlaub, werde ich mich beruhigen. Das Herz wird mir dabei übergehn, auch wenn ich danach gegen mich selbst mit den Zähnen knirsche und vor lauter Scham monatelang unter Schlaflosigkeit leide. So ist das nun mal bei mir.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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