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Niemals hätte Billy Jenkins sich träumen lassen, einmal gegen seinen alten Freund Sean den Revolver ziehen zu müssen. Die beiden hatten sich gegenseitig das Leben gerettet. Jetzt stoßen sie beim Bau der Southern Pacific Railroad auf verschiedenen Seiten aufeinander und müssen eine Entscheidung treffen. Und schließlich ist da noch die schöne Ebony Brewster, die nicht nur mit den Waffen einer Frau für ihre Ziele zu kämpfen weiß. Es wird hart für Billy, zumal der große Eisenbahnchef Collis Huntington mit allen Wassern gewaschen ist und nichts dem Zufall überlässt …
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Veröffentlichungsjahr: 2022
Tomos Forrest
Aus dem Billy-Jenkins-Tagebuch
Die Lady und der Schienenstrang
aus dem Amerikanischen Westen
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Steve Mayer nach Motiven, 2022
Nach den Aufzeichnungen von Glenn Stirling
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
Weitere Billy-Jenkins-Bände
Niemals hätte Billy Jenkins sich träumen lassen, einmal gegen seinen alten Freund Sean den Revolver ziehen zu müssen. Die beiden hatten sich gegenseitig das Leben gerettet. Jetzt stoßen sie beim Bau der Southern Pacific Railroad auf verschiedenen Seiten aufeinander und müssen eine Entscheidung treffen. Und schließlich ist da noch die schöne Ebony Brewster, die nicht nur mit den Waffen einer Frau für ihre Ziele zu kämpfen weiß.
Es wird hart für Billy, zumal der große Eisenbahnchef Collis Huntington mit allen Wassern gewaschen ist und nichts dem Zufall überlässt …
***
Aus alten Aufzeichnungen des berühmten Westmanns, die sich im Nachlass fanden, entstand nun der vorliegende und die folgenden Bände. Verleger Arthur Dietsch, der immer gern den Artisten und Westmann Billy Jenkins unterstützte, hatte sich den Karton mit diesen Aufzeichnungen aufgehoben, aber nie verwertet. Als wir jetzt darauf stießen, bat mich der Bärenklau-Verleger, daraus Romane um Billy Jenkins zu machen. Diese Episode spielt vor dem Erwerb der Herz-Ass-Ranch von Billy und seinen Freunden.
Lassen wir die Helden von einst wieder reiten!
Eigentlich hatte ich geglaubt, die Ereignisse von Julesburg weit hinter mir gelassen zu haben. Aber wer einmal Menschen an Telegrafenmasten hängen sah, wird diese Bilder nicht so schnell wieder los. Damals war ich für die Union Pacific Eisenbahn tätig geworden. Ein Knochenjob, denn wir mussten in den Bautrupps mit den etwa achtzehntausend Chinesen mithalten, deren Arbeitstempo bei den schwierigsten Strecken geradezu atemberaubend war. Nicht, dass wir in den gleichen Gruppen arbeiteten.
Wir waren, zusammen mit unzähligen Iren, Polen und Deutschen etwa zwölftausend Mann, die gemeinsam die gut eintausendsiebenhundert Meilen lange Strecke zu bewältigen hatten – das waren alles nur nüchterne Zahlen, hinter denen sich unglaubliche Schicksale verbargen.
Die Arbeit der Schwellenleger war knochenhart, und als eines Tages erfahrene Jäger gesucht wurden, um die riesige Anzahl der Arbeiter mit Frischfleisch zu versorgen, hatte ich die Chance erhalten, eine angenehmere Tätigkeit auszuüben. Und das war vielleicht sogar auch mein Glück an jenem Tag, der als Julesburg-Massaker bekannt wurde.
General Casement zog gegen eines der üblichen Endlager, eine Zeltstadt voller Spieler, Huren und Saloons, in denen der übelste Fusel als Whisky ausgeschenkt wurde. Alles war in diesen Zeltstädten am Ende der jeweiligen Schienenstrecke mobil, konnte innerhalb kürzester Zeit aufgeladen werden und einige Meilen weiterziehen, um dort das Treiben wieder aufzunehmen. Natürlich waren wir häufig in den Zelten, um nach dem schweren Arbeitstag mit etwas Whisky leichter in den Schlaf zu kommen.
Das Spielen hatte mich noch nie gereizt, und die Zelte der Huren boten ebenso wenig etwas Einladendes – dazu waren die Frauen zu verkommen und gehörten, zusammen mit den meisten Spielern, zum Abschaum der Menschheit, angelockt vom schnell verdienten Geld der Eisenbahnarbeiter.
Mehrfach hatte es von Seiten der Bahndirektion Verbote und Verwarnungen gegeben. Aber die Betreiber der verschiedenen Zelte lachten nur darüber und trieben ihr Unwesen noch ärger als zuvor.
Bis zu jenem schrecklichen Tag.
Ich erfuhr erst zwei Tage später davon, als ich, zusammen mit den anderen Jägern, in das Lager zurückkehrte. Die von uns erlegten Bisons und einige andere Tiere wurden von den dafür angeheuerten Schlachtern in der Prärie zerlegt, auf schwere Fahrzeuge verladen und folgten uns mit großem Abstand.
Casement hatte ein gut zehnminütiges Massaker in den Spielhöllen und Bordellen mit seinen Männern veranstaltet. Dabei schossen sie auf alles, was sich bewegte -wahllos und gnadenlos. Die Bilanz dieses Tages zeigte nahezu einhundert Tote. Ein paar der Zeltbetreiber, die dem Massaker zunächst entkamen, wurden anschließend doch noch gefasst und an den Telegrafenmasten entlang der neu verlegten Schienenstrecke aufgehängt.
Dieser Anblick empfing uns damals bei unserer Rückkehr und war die Ursache dafür, dass ich meinen Job aufgab und weiterzog.
Eine Weile trieb ich Rinderherden in Texas, aber dann traf ich endlich wieder auf das Camp der Eisenbahn. Diesmal gehörte es der Southern Pacific. Und ich hatte mich der Gesellschaft verpflichtet, als ich von einem alten Bekannten erfuhr, dass man Männer wie mich suchte. Es wurde Zeit, wieder einmal auf andere Weise Geld zu verdienen, als ich es bislang getan hatte – auf wochenlangen Trails durch das Land, immer im Staub der Rinder, in Hitze und allen Unbilden der Natur. Und natürlich unter häufigen Angriffen der Indianer. Geronimo tat sich unter ihnen besonders hervor. Er hatte allen Weißen den Krieg erklärt.
Das Lager der Bahn hatte nichts Friedliches. Mir erschien es wie ein Ungeheuer, das alle Muskeln zum Sprung spannt, zum Sprung in diese flimmernde Gluthölle, die sich östlich von uns ausbreitete. Da war noch dieses technische Wunderwerk der Brücke über den Colorado River, gar nicht weit von der Stelle entfernt, wo sich die alten Festungsanlagen und das jetzige Gefängnis von Yuma befanden. Hier mündete auch der Gila River in den Colorado.
Drüben auf der Brücke herrschte ziemlicher Betrieb. Einige Dutzende Männer scharten sich um den wichtigsten Mann dieser Eisenbahngesellschaft, Collis Huntington. Er war der Mann, der diese Bahn nach Osten schlug, quer durch die Gila Wüste durch Neu-Mexiko, durch Texas. Aber noch befanden wir uns hier am Colorado River. Der kalifornische Teil der Wüste lag hinter uns.
Drüben auf der Brücke waren alle sechs Lokomotiven, die uns hier beim Bau zur Verfügung standen, aufgefahren. Eine nach der anderen rollten sie jetzt langsam von der Brückenrampe auf die Brücke. Das war die Belastungsprobe.
Ich hatte es zwar eilig, so rasch wie möglich zu Richard Moore zu kommen, aber ich blieb doch stehen, schaute hinüber und ließ mir das Ereignis nicht entgehen. Sechs schwere Baldwin-Maschinen rollten langsam im Schritttempo auf die Brücke.
Würde sie halten? Es war eine aufwendige Konstruktion, die sie diesmal gewählt hatten. Stahl, wenig Holz, genau im Gegensatz zu den schwindelerregenden Gebilden, die beim Bau der Union-Pacific Bahn oben im Norden über die Flüsse geschlagen wurden. Dies hier war eine richtige Brücke, und Collis Huntington hatte versprochen, dass sie zwei Jahrhunderte halten werde. Elf Arbeitern hatte der Bau das Leben gekostet. In vier Monaten war die Brücke fertig gewesen. Vier Monate nur!
Die sechs Lokomotiven rollten langsam weiter. Die Brücke schwankte nicht einmal, wie es schien. Ich konnte jedenfalls nichts dergleichen erkennen.
Jetzt hatten sie die Mitte erreicht. Sie hielten an.
Ich wusste, dass eine Rangierprobe erfolgen sollte, das heißt, dass drei der Loks langsam weiterfuhren, dann zurückkamen und vorsichtig auf die drei stehenden Lokomotiven auffuhren, so, als würden Waggons aneinanderstoßen. Für eine Brücke war dies eine gewaltige Belastungsprobe.
Das Schauspiel währte zehn Minuten. Alles hatte geklappt. Ich hörte, wie drüben ein paar Dutzend Männer in die Hände klatschten vor Begeisterung.
Und dann sah ich die Frau.
Sie stand abseits der Brücke, direkt am Ufer des Colorado. Und sie schaute empor. In ihrer Rechten hielt sie einen wunderschönen Falbhengst am Zügel.
Aber schöner als das Pferd war die Frau selbst. Die schon ziemlich hochstehende Vormittagssonne ließ ihr Haar wie eine Flamme erscheinen.
Das dunkelgrüne Reitkleid, das sie trug, glänzte im Sonnenlicht wie lackiert.
Jetzt, als auch die Rangierprobe erfolgt war, wandte sich die Frau ab, stellte den Fuß in den Steigbügel und zog sich in den Damensitz nach oben. Der herrliche Hengst warf den Kopf hoch, schnaubte und trabte an.
Ich sah mit einem Blick, dass sie eine vorzügliche Reiterin war. Ich hoffte schon, sie würde in meine Richtung reiten, aber sie wandte sich nach Süden, hielt direkt auf den zerfallenen Rancho zu, der kurz vor der mexikanischen Grenze lag. Eine mexikanische Familie hauste dort. Der Mann hatte nach zwei Jahrzehnten erbärmlichster Armut seit einem Vierteljahr so etwas wie Wohlstand erlangt. Die Bahnleute trugen ihm, der mit allem möglichen handelte, das Geld ins Haus. Aber ich wunderte mich, dass eine Frau wie sie zum alten Sancho reiten wollte.
Eigentlich hätte ich jetzt nicht mehr dastehen und in die Weltgeschichte schauen dürfen, denn Moore wartete sicher schon geraume Zeit auf mich. Aber ich konnte es mir nicht verkneifen, der Frau nachzuschauen. Und ich bewunderte nicht nur sie, sondern auch ihren Hengst, dessen ausgreifender Galopp jedes Mannes Herz höher schlagen ließ, der ein Pferd liebte. Und ich verstand auch etwas davon, zu viel, um den Wert dieses Pferdes nicht zu erkennen.
Sie ritt nicht zum alten Sancho, sie hielt sich jetzt weiter links, ziemlich genau auf diesen gewaltigen Pfahl zu, der als Grenzmarkierung diente. Sie war nur noch zweihundert Schritte entfernt.
Plötzlich hörte ich Pferde hinter mir im Galopp näherkommen.
Überrascht wandte ich mich um und sah drei Männer der Sicherheitstruppe. Sie jagten in voller Karriere an mir vorbei; unnütz, ihnen eine Frage stellen zu wollen.
Ein paar Sekunden später war ich eingehüllt in Staubwolken, verfluchte die drei und fragte mich, was das Manöver zu bedeuten hatte … bis ich begriff, dass sie in derselben Richtung ritten wie die Rothaarige.
Ich erkannte nichts von ihr, erkannte überhaupt nichts in diesem Staub, der um mich wogte. Und als der sich endlich legte, sah ich die drei Reiter der Sicherheitstruppe schon dicht vor der Grenze. Gar nicht weit neben dem Pfahl ritten sie, preschten in mexikanisches Gebiet hinein.
Ich versuchte, etwas von der Frau zu erkennen, aber die drei Reiter wirbelten eine derartige Staubwolke empor, die dazu noch vom Wind nach Osten getrieben wurde, dass es links von ihnen die ganze Sicht verdeckte.
Aber dann tauchte die Frau wieder auf. Sie musste hinter Sanchos Rancho geritten sein.
Es war eine Frage von Sekunden, wann die drei Reiter sie eingeholt haben würden. Ich fragte mich, was dieses ganze Manöver bedeuten sollte.
Als ich rein zufällig einmal über die Schulter zurück zur Brücke schaute, sah ich dort nahezu alle Männer, die oben der Belastungsprobe zugesehen hatten, in einer Reihe stehen und, genau wie ich eben noch, nach Süden schauen.
Was, zum Teufel, ging hier vor?
Als ich wieder in Richtung auf Sanchos Rancho und Mexiko blickte, entdeckte ich plötzlich von rechts kommend eine größere Reiterschar. Es blitzte und funkelte in der Sonne. Ich brauchte nicht zweimal hinzusehen, um herauszufinden, dass es sich um einen Trupp mexikanischer Soldaten handelte.
Seit wir uns hier mit dem Bahnbau in Grenznahe befanden, ritten sie fast täglich ihre Patrouillen. Und nun waren sie da. Es konnte für die drei Männer haarig werden, die da einfach auf mexikanisches Gebiet geritten waren. Was bedeutete schon mexikanisches Gebiet? Wir alle betraten es, mitunter jeden Tag. Sanchos Rancho lag ja genaugenommen auch auf mexikanischem Boden.
Aber hier sah die Sache wohl anders aus. Die drei Männer vom Sicherheitstrupp waren jener Frau nachgeritten, weshalb auch immer. Und das schien den Reitern der Patrouille nicht zu passen. Ich sah, wie einer von ihnen, wahrscheinlich ein Offizier, einen Revolver zog und in die Luft schoss. Ich sah es aufblitzen, aber erst eine Sekunde später hörte ich den Knall.
Die drei vom Sicherheitstrupp machten kehrt und sahen zu, dass sie zurück auf amerikanisches Gebiet kamen. Die Patrouille ritt ihnen noch ein Stück nach. Aber an der Grenze zügelten sie ihre Pferde.
Die drei kamen jetzt wieder, nicht mehr ganz so schnell wie vorhin, zurückgeritten. Schließlich fielen ihre Tiere in Trab und gingen dann sogar im Schritt.
Ich pfiff auf die Eile von Mr. Moore, der mit mir sprechen wollte und wartete erst mal auf die drei. Als sie dann mit mir auf gleicher Höhe waren, rief ich Logan Walker zu, den ich kannte:
»Was hat euch denn gebissen?«
Die beiden anderen sahen mich böse an. Sie gehörten zum Strecken-Bewachungstrupp, das waren die Männer, die auf die Depots, aber auch auf die schon fertiggestellte Strecke zu achten hatten. Logan Walker war erst seit Kurzem bei ihnen. Vor einiger Zeit noch war er wie ich beim Voraustrupp geritten.
Logan zügelte sein Pferd, die anderen beiden ritten weiter. Walker war ein magerer, fast ausgemergelter Kerl, der noch vor einem halben Jahr als Zureiter gearbeitet hatte. Man sah ihm auch an, dass es kaum noch einen Knochen an seinem Körper gab, der nicht schon mal gebrochen gewesen war. Auch sein Gesicht war voller Narben und spiegelte die Zweikämpfe wider, die er mit störrischen Broncos ausgefochten hatte.
Er lehnte sich aufs Sattelhorn, schnippte sich mit der Linken den Hut ins Genick und grinste schief.
»Wir hatten Pech. Sie war schneller, sie wird immer schneller sein, aber eines Tages werden wir sie fassen«, sagte er, und es hörte sich an wie bei einem zahnlosen alten Mann. Walker hatte nur noch drei Vorderzähne, alle anderen waren ihm ausgeschlagen worden.
Ich blickte ihn kopfschüttelnd an.
»Seit wann machen Männer auf diese Art Jagd auf eine Frau?«
»Auf eine Frau?« Er lachte wild. »Das ist keine Frau, das ist der Teufel!«
»Weil sie rote Haare hat? Seid ihr alle verrückt geworden?«
»Hast du nie von Ebony Brewster gehört?« Er fragte das so vorwurfsvoll, als spräche er mit einem hilflosen Kind.
Ich zuckte die Schultern.
»Nicht den Schimmer einer Ahnung.«
Er stieß wieder ein bellendes Lachen aus.
»Das musst du mal Huntington erzählen. Du brauchst nur Ebony Brewster zu sagen und sollst erleben, wie er sich verfärbt. Wie ein Krebs wird er.« Er warf einen kurzen Blick zur Brücke hinüber. »Da oben steht er. Du hast keine Ahnung, wie er uns verflucht, dass wir sie nicht erwischt haben.«
»Hat er euch ihr nachgeschickt?«
»Irgendwer hat sie stehen sehen und muss es ihm wohl gesagt haben, und dann hat er uns losgejagt.