Ausgeflippt in Washington - Claire Gold - E-Book

Ausgeflippt in Washington E-Book

Claire Gold

0,0

Beschreibung

Rena fühlte seine warmen Lippen auf ihrer Brust und erschauerte. Jetzt umkreiste die Zunge ihre Nippel, die sich aufrichteten. Sie spürte, wie seine Hand nach unten strich, ihren Leib hinab zwischen ihre Beine. Sie hob sich ihr entgegen, voll wilder Lust. Mikes Finger teilten das Dreieck und berührten ihr Inneres. Sie streichelten die seidige Feuchte, und Rena glaubte, vor Verlangen zu bersten. Endlich legte Mike sich über sie, und sie öffnete ihre Beine noch mehr. Seine braunen Augen blickten sie an, als er in sie eindrang. So war es immer. Er wollte sie sehen, während es in ihrem Schoß pochte und pulsierte, während er immer tiefer in sie glitt, Da schob sich plötzlich einen Schatten zwischen sie. Ein schemenhaftes Gesicht tauchte auf. Und der Liebesrausch zerplatzte. Mit einem Keuchen fuhr Rena hoch in ihrem Bett. Wieder hatte sie von Mike geträumt und den Sex erlebt, den sie beide so genossen hatten. Bis die andere kam. Charlotte hatte eigentlich schon seit zwei Stunden unterwegs sein wollen, doch dann musste noch dies und das erledigt werden, und jetzt befand sie sich in der vollgestopften Bostoner Innenstadt. Sowohl vor ihr als auch hinter ihr reihte sich Auto an Auto. Nichts bewegte sich. Von fern konnte Charlotte die Sirene eines Krankenwagens hören. Hinter ihr hupte ein gelbes Cab, und neben ihr schlängelte sich ein Motorradfahrer durch die Autoschlange. Charlotte seufzte. Sie hatte es versäumt, die Verkehrsnachrichten zu hören und war prompt in diesem Megastau gelandet. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie hier noch stehen würde. Nur eines war ihr jetzt schon klar. Im Hellen würde sie Washington D.C. nicht mehr erreichen. Gerade, als die Autoschlange ein paar Meter nach vorn rückte, klingelte ihr Handy. »Ich wollte nur wissen, wo du gerade bist«, fragte Matthew, Charlottes Beinahe-Verlobter. »Ich bin noch immer in Boston«, beklagte sie sich. »Die Straßen sind vollkommen verstopft, und ich habe keine Ahnung, wann ich endlich auf dem Highway sein werde.« »Fahr vorsichtig«, bat Matthew. »Hier in Washington gewittert es gerade, ich habe gehört, dass es heute noch Unwetter von Virginia bis Maine geben soll.« »Mach ich.« Charlotte legte auf und betrachtete den Himmel, der schwer und grau über der Stadt hing. Ein paar Vögel flogen über den Hochhäusern, und ein Flugzeug schwebte in Richtung Logan Airport. Auf den Straßen drängten sich die Menschen. Überall blinkte die Beleuchtung der Neonreklamen, die Türen der Geschäfte standen weit offen. Die Sirene war verklungen, endlich löste sich der Stau auf. Der Wagen

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 147

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Traumwelt – 5–

Ausgeflippt in Washington

Claire Gold

Charlotte hatte eigentlich schon seit zwei Stunden unterwegs sein wollen, doch dann musste noch dies und das erledigt werden, und jetzt befand sie sich in der vollgestopften Bostoner Innenstadt. Sowohl vor ihr als auch hinter ihr reihte sich Auto an Auto. Nichts bewegte sich. Von fern konnte Charlotte die Sirene eines Krankenwagens hören. Hinter ihr hupte ein gelbes Cab, und neben ihr schlängelte sich ein Motorradfahrer durch die Autoschlange. Charlotte seufzte. Sie hatte es versäumt, die Verkehrsnachrichten zu hören und war prompt in diesem Megastau gelandet. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie hier noch stehen würde. Nur eines war ihr jetzt schon klar. Im Hellen würde sie Washington D.C. nicht mehr erreichen. Gerade, als die Autoschlange ein paar Meter nach vorn rückte, klingelte ihr Handy. »Ich wollte nur wissen, wo du gerade bist«, fragte Matthew, Charlottes Beinahe-Verlobter.

»Ich bin noch immer in Boston«, beklagte sie sich. »Die Straßen sind vollkommen verstopft, und ich habe keine Ahnung, wann ich endlich auf dem Highway sein werde.«

»Fahr vorsichtig«, bat Matthew. »Hier in Washington gewittert es gerade, ich habe gehört, dass es heute noch Unwetter von Virginia bis Maine geben soll.«

»Mach ich.« Charlotte legte auf und betrachtete den Himmel, der schwer und grau über der Stadt hing. Ein paar Vögel flogen über den Hochhäusern, und ein Flugzeug schwebte in Richtung Logan Airport. Auf den Straßen drängten sich die Menschen. Überall blinkte die Beleuchtung der Neonreklamen, die Türen der Geschäfte standen weit offen. Die Sirene war verklungen, endlich löste sich der Stau auf. Der Wagen vor ihr fuhr an, und schon wenig später hatte sie Boston hinter sich gelassen und die Inter­state 90 erreicht. Sie fuhr nach Hause. Nach Hause zu Matthew und ihren Eltern. Deren Silberhochzeit stand an, und es sollte übermorgen ein großes Fest geben, bei dem sie ihrer Mutter noch bei den Vorbereitungen helfen wollte. Gute 720 Kilometer Fahrt lagen vor ihr. Immer wieder sagte sie sich, dass sie sich auf das Treffen freue und ganz besonders darauf, mit den Verwandten und Freunden an diesem Tag die Verlobung mit Matthew zu feiern. Aber irgendetwas nagte in ihrem Inneren. Nicht erst seit heute, sondern schon länger, gerade seit dem gemeinsamen Sommerurlaub mit Matthew und ihren Eltern im Ferienhaus auf ­Cape Cod. Es war, als läge über dem Sonnenschein, den sie für gewöhnlich im Herzen trug, ein düsterer Schatten. Charlotte konnte es sich absolut nicht erklären, woher dieser Schatten gekommen war, und auch nicht, wie lange er schon über ihrer Beziehung mit Matthew lag. Oder war er schon immer da gewesen, und sie hatte ihn nur vergessen, weil die letzten Jahre ihr nicht so viel Zeit für Matthew gelassen hatten?

Sie hatte an der renommierten Harvard-Universität in Cambridge/Massachusetts, von Boston nur durch den Charles River getrennt, Biologie studiert und würde, wenn alles gut ging, in zwei Jahren auch dort promovieren.

Matthew kannte sie seit den Tagen ihrer Kindheit. Seine und ihre Eltern waren im selben Country-Club Mitglieder, und Charlotte konnte kaum laufen, als sie schon das erste Mal mit Matthew Tennis gespielt hatte. Matthew hatte sie zu allen Schulbällen begleitet, von ihm hatte sie den ersten Kuss bekommen, er war der Mann, der einzige Mann bisher, mit dem sie geschlafen hatte. Es war schön gewesen, hatte sie sich eingeredet, aber in Wirklichkeit wusste sie nicht so genau, ob diese Nacht wirklich so schön gewesen war. Sie hatte sich den Sex immer irgendwie anders vorgestellt. Aufregender, sinnlicher, voller Feuer und Begierde. Doch das Feuer, das sie in Matthews Armen empfand, glich eher einem Teelicht. Matthew war ein toller Mann. Er war groß und sportlich, verlässlich und großzügig, klug und sensibel. Er arbeitete in der Firma seines Vaters, einem Unternehmen, das Präzisionsmessinstrumente für den pharmazeutischen Bedarf herstellte. Wäre es nur nach Matthew gegangen, so hätte Charlotte Pharmazie studieren sollen, weil Matthew davon träumte, später einmal mit ihr gemeinsam die Firma zu führen. Und wenn erst einmal die Kinder da waren – natürlich zuerst ein Junge und später dann ein Mädchen – und Charlotte mit ihnen zu Hause blieb, so konnte er wenigstens am Abend mit ihr über seine Arbeit reden. Aber Charlotte hatte sich für das Studienfach Biologie mit dem Spezialgebiet Tierphysiologie entschieden. Sie hoffte, später an einer Universität in der Forschung arbeiten zu können. Zumindest, bis die Kinder kamen. Danach konnte sie vielleicht von zu Hause aus wissenschaftliche Artikel schreiben oder hin und wieder eine Gutachtertätigkeit ausüben. Denn eines ahnte Charlotte jetzt schon: Ein Leben nur als Hausfrau und Mutter, wie ihre Mutter es führte, würde sie nicht zufriedenstellen. Auch, wenn Charlottes Mutter schon seit einer kleinen Weile immer wieder nachfragte, wann Charlotte denn zu heiraten gedachte und wann mit Enkelkindern zu rechnen sei. Ihre Freundinnen aus dem Country Club waren zum Teil nicht nur verheiratet, sondern schaukelten bereits ihre ersten Kinder auf den Armen. Obwohl Charlotte nichts gegen die Ehe und Kinder hatte, so wollte sie doch noch nicht heiraten. Sie hatte den Eindruck, noch nicht genug erlebt zu haben, um sich in einem weißen Haus mit Terrasse und Eiswürfelbereiter am Kühlschrank zur Ruhe zu setzen. Sie fühlte sich so oft selbst noch wie ein Kind, sodass sie sich nicht vorstellen konnte, für ein eigenes Leben die Verantwortung zu übernehmen. Aber wenn sie ihrer Mutter damit kam, dann hob diese nur die Augenbrauen. »In deinem Alter, Charlotte, da war ich schon verheiratet und hatte zwei Kinder.« Sie erwiderte darauf stets: »Ich möchte erst noch promovieren und ein paar Jahre arbeiten, ehe ich zum Heiraten bereit bin.«

»Promovieren! Was für ein Luxus!« Charlottes Mutter warf jedes Mal die Arme in die Höhe, wenn sie das sagte. »Was nützt dir das denn, wenn du eine Familie hast?«

Wenn Charlotte ganz ehrlich war, dann wusste sie nicht einmal genau, ob sie überhaupt Familie wollte. Aber das wagte sie weder zu denken noch auszusprechen. In ihren Kreisen machten die Männer Karriere, die Frauen beaufsichtigten die Haushaltshilfen, kümmerten sich um die Kinder und brachten Kuchen, den sie nicht selbst gebacken hatten, zu Wohltätigkeitsbasaren mit. Ansonsten vertrieben sie sich die Zeit mit Friseur, Kosmetik und ein bisschen Sport im Country-Club. Sie trafen sich mit Freundinnen, deren Leben dem ihren aufs Haar glich, zum Shoppen und zum Mittagessen, fuhren die Kinder zum Hockeytraining oder in die Musikschule und sorgten dafür, dass der Ehemann es gemütlich hatte, wenn er von seinem anstrengenden Job da draußen wieder nach Hause kam. Ihr Leben würde ohne Höhepunkte sein, wenn man den Sieg im Talentwettbewerb der Schule nicht mitzählte und auch nicht die Freitagabend-Sundowner mit den Nachbarn, nicht die monatlichen Cocktailpartys für die Kollegen des Mannes und nicht den jährlichen Sommerurlaub auf Cape Cod im Ferienhaus der Familie.

Einerseits fand sie dieses Leben ein wenig langweilig, andererseits wusste Charlotte aber auch, dass es Sicherheit bot. Und Sicherheit war etwas, das Charlotte so sehr zum Leben brauchte wie die Luft zum Atmen. Zu ihrem Glück würde sie ihren 30. Geburtstag erst in drei Jahren feiern. Sie hatte also noch genügend Zeit, um etwas zu erleben. Denn der 30. Geburtstag einer Frau war laut ihrer Mutter eine Zäsur. Wer sich bis dahin nicht gebunden hatte, für den wurde es eng. Wer mit 30 Jahren nicht wenigstens verlobt war, galt irgendwie als Mauerblümchen, als nicht ganz richtige Frau, der als Trost nur die Karriere blieb. Charlotte wusste natürlich, dass es in Amerika viele andere Lebensformen gab, aber dort, wo sie herkam, war es so, wie ihre Mutter es sagte. Charlotte war nicht rebellisch genug, um daran etwas zu ändern.

Im Radio sang Chris Rea »Josephine, I send you all my love«, und Charlotte sang leise mit. Die Landschaft um sie herum war mit einem zarten Grün bedeckt. An den Bäumen, die am Straßenrand oder in Obstgärten standen, zeigten sich die ersten zarten Knospen, irgendwo zog ein kleines Kind einen Bollerwagen über eine Wiese, ein Stück weiter waren zwei andere damit beschäftigt, ein Baumhaus zu bauen. Sie drehte am Knopf des Autoradios die Lautstärke hoch, und plötzlich zog so etwas wie Wehmut in ihr Herz. Familienzeit. Leckerer Braten und köstliche Kuchen. Und zum Nachtisch Cranberry mold, ein Pudding aus eingekochten Cranberries, mit Birnenstücken verfeinert. Das letzte Mal war sie zu Weihnachten in Washington gewesen. Ihre kleine Schwester Celeste hatte wieder witzige Ohrringe mit kleinen Tannenbäumen getragen. Die Mutter hatte sich in ein Kaschmirtwinset gehüllt, ihre Perlenkette angelegt, und ihr Vater trug seine Strickjacke mit Lederflicken an den Ellbogen. Familienmode eben. Und Matthew? Matthew war im Anzug gekommen, die Krawatte so eng gebunden, dass Charlotte stets befürchtete, er würde keine Luft mehr bekommen. Ein bisschen steif und ein kleines bisschen spießig, hatte Charlotte gedacht und hatte sich doch sehr wohlgefühlt beim Weihnachtsessen und auch auf der Silvesterparty im Country Club.

Wie anders war die Party gestern Abend in Cambridge gewesen! Sie hatten gesungen und gelacht, hatten Wein getrunken und ausgelassen getanzt. Später, als die Sterne am Himmel glitzerten, da waren die Doktoranden alle nach draußen gelaufen und hatten auf dem gepflegten Universitätsrasen weitergetanzt, bis sie mit roten Wangen und leuchtenden Augen genug davon hatten. Und danach hatten sie weiter Wein getrunken und temperamentvolle Diskussionen geführt, die lange bis nach Mitternacht gedauert hatten. Charlotte lächelte, als sie an den Abend kurz vor der Party zurückdachte. Sie war auch ausgelassen gewesen, hatte für ein paar Stunden vergessen, dass sie eine erwachsene Doktorandin war und keine übermütige Studentin mehr. Ob sich zu Hause eine ausgelassene, fröhliche und keiner Regel gehorchende Tanzerei wiederholen ließ? Nein, ganz bestimmt nicht. Mit wem sollte sie denn da tanzen? Mit Matthew und ihrer Mutter? Warum sollten sie sich wie Kinder benehmen? Die Zeit war vorüber, auch wenn sie das manchmal in Cambridge vergaß.

Charlotte dachte wieder an ein Erlebnis der letzten Tage. Sie war sehr spät und leicht angetrunken in die kleine Wohnung zurückgekehrt, die sie sich mit einer anderen Doktorandin teilte. Bethany hatte wohl vergessen, die Tür zu ihrem Schlafzimmer zu schließen, sodass Charlotte durch den Spalt hineinschauen konnte. »Hallo, Beth!« rief sie, doch dann hörte sie merkwürdige Geräusche. Bethany stöhnte, und auf der Stelle wurde Charlotte klar, was da in Bethanys Zimmer vor sich ging. Sie stellte sich so, dass sie nicht entdeckt werden konnte, aber von ihrem Standort aus alles genau sah, was dort drinnen vor sich ging. Das Mondlicht, das durch das Fenster schien, hüllte Bethanys nackte Haut in silbernes Licht. Sie lag auf dem Bett, und über ihr kniete Raoul, ein junger Professor, der erst seit ein paar Monaten an der Universität war. Bethany lag lang hingestreckt, ihre Brüste hoben und senkten sich in einem raschen Rhythmus. Sie hielt die Augen geschlossen, doch ihre Lippen, praller als sonst, waren leicht geöffnet. »Komm«, hauchte sie. »Komm endlich zu mir.« Aber Raoul lachte leise und flüsterte: »Noch lange nicht.« Er strich mit dem Daumen die Umrisse von Bethanys Lippen nach, fuhr danach über ihren Hals, umkreiste die nackten, zitternden Brüste, fuhr weiter hinab zu ihrem Bauchnabel. Charlotte spürte, wie ihr plötzlich warm wurde. Sie zerrte sich den Schal vom Hals, riss sich die Mütze vom Kopf und musste ein leises Stöhnen unterdrücken. Ihre Lippen schienen ihr plötzlich so trocken, dass sie darüber lecken musste. Rauols Daumen strich über die Innenseite von Bethanys Schenkel, verschwand zwischen ihren Beinen. Bethany bäumte sich auf, warf den Kopf hin und her. »Komm zu mir!«, bat sie, doch wieder lachte Rauol dunkel. »Ich will, dass du mich anflehst. Ich will dich seufzen und stöhnen hören. Ich will, dass du nichts auf der Welt so sehr begehrst wie mich.«

Ein heißer Strom schoss durch Charlottes Leib, sammelte sich in ihrem Schoß. Sie räusperte sich, und in diesem Augenblick hob Bethany den Kopf. »Was war das?«, fragte sie.

»Was?«

»Hast du das nicht gehört?«

»Nein, hier ist nichts«, erklärte Rauol. »Konzentriere dich lieber auf mich.«

So leise Charlotte konnte, schlich sie in ihr Zimmer. Dort zog sie sich aus und legte sich ins Bett, lauschte dabei aber immer wieder nach den Geräuschen, die aus dem Nebenzimmer kamen. Sie hörte Bethany stöhnen. Noch immer war ihr heiß, so heiß. Sie stieß die Bettdecke von sich, riss an ihrem Nachthemd, sodass die kühle Luft wie ein Streicheln über ihre erhitzte Haut fuhr. Ohne es bewusst zu wollen, öffnete Charlotte ihre Schenkel, so weit sie konnte, und erschauerte, als die kühle Nachtluft sanft über ihre Schamlippen strich. Leise stöhnte sie auf, darauf bedacht, keinen unnötigen Lärm zu machen. Sie öffnete ihre Schamlippen und fuhr mit ihrem Zeigefinger sanft darüber. Auf die Art hatte sie sich noch nie berührt, sie war überrascht, wie seidig sich diese Stelle ihres Körpers anfühlte. Es war, als striche sie mit ihrem Finger über das Blatt einer voll aufgeblühten Rose. Sie empfand sich plötzlich als … kostbar. Ja, als kostbar. Hitze breitete sich in ihrem ganzen Körper aus, eine so köstliche, prickelnde Hitze, wie sie sie noch nie erlebt hatte. Behutsam öffnete sie die Rosenblätter noch weiter, fuhr mit dem Daumen über die Innenseiten ihrer Schamlippen und spürte die prickelnde Hitze noch intensiver. Sie floss durch ihren ganzen Leib wie ein leichter Stromstoß, und Charlotte legte stöhnend den Kopf in den Nacken. Sofort darauf hielt sie sich aber die Hand vor den Mund und fühlte Scham in sich aufsteigen. Was, wenn Bethany und Raoul sie gehört hatten? Sie lag ganz still, die Hand zwischen ihre Beine gepresst, lauschte auf die Geräusche aus dem Nebenzimmer. Aber da war nichts mehr. Nur noch diese Stille, die sie umhüllte wie eine warme, kuschelige Decke. Ihr Herz, das sonst ruhig und gleichmäßig in ihrer Brust schlug, hatte einen neuen Rhythmus gefunden, hämmerte laut und fordernd, als wollte es die köstlichen Empfindungen ja nicht abbrechen lassen. Aber es war vorbei. Alles in ihr, das weit und offen gewesen war, hatte sich zusammengezogen. Charlotte zog das Nachthemd zurecht, schlug die Decke über sich, doch das Erlebnis ihres eigenen Körpers hatte sich tief in sie eingebrannt.

Gerade jetzt, im Auto auf dem Weg von Boston nach Washington D.C., dachte sie kurz an das Erlebte und wusste nicht, ob sie sich darüber schämen oder freuen sollte. Mit Matthew war die Liebe nie so gewesen. Mit Matthew war es eher ein Ritual. Etwas, das feste Regeln hatte. Zuerst die Küsse, dann sein Griff nach ihren Brüsten, dann das Spreizen der Beine, seine Frage »Bist du so weit?«, von der sie nie gewusst hatte, was sie eigentlich bedeuten sollte, dann war er behutsam in sie eingedrungen. »Ist es gut so?«, hatte er gefragt, und Charlotte hatte genickt. Danach hatte Matthew sich jedes Mal bei ihr bedankt. So, als hätte sie ihm einen Gefallen getan. Eigentlich war es ja auch so. Charlotte wusste natürlich, dass es einen Orgasmus bei Frauen gab, aber wie sich ein solcher anfühlte, das hatte sie noch nicht erlebt.

»Sei nicht sentimental«, sagte sie zu sich selbst, und dann wurde der gerade gespielte Song von einer Nachricht vom Verkehrsfunk unterbrochen. Charlotte stellte den Lautstärkeregler wieder hoch und hörte mit Entsetzen, dass eine heftige Gewitterfront mit Orkanböen bald kommen würde oder schon eingesetzt hatte. Wie auf Kommando wurden die Wolken am Himmel dichter, ballten sich zu riesigen Fäusten zusammen, und dann begann zu regnen, was vom Himmel hinunterwollte. Charlotte warf die Scheibenwischer an, doch schon nach wenigen Minuten wusste sie, dass es zwecklos war. Sie konnte geradeaus nur wenige Meter sehen, und es nützte auch nichts, dass sie auf ihrem Sitz so weit vorrutschte, wie es nur möglich war. Sie fuhr so konzentriert, dass ihre Fingerknöchel, die das Lenkrad umklammert hielten, weiß von Anstrengung waren. Hinter ihren Augen klopfte leise ein Kopfschmerz an, von dem sie wusste, dass er mit jeder Minute stärker werden würde. Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen, zwinkerte, doch die Sicht wurde nicht besser. Sturm war aufgekommen, die Regentropfen trafen klatschend an Charlottes Frontscheibe und zerplatzten, der Wind riss an ihrem Auto, sodass sie Mühe hatte, den Lenker ruhig zu halten. Charlotte fuhr jetzt beinahe Schritttempo und konnte kaum mehr die Motorhaube ihres Wagens sehen, als die Musiksendung unterbrochen und schon wieder eine Nachricht aus der Verkehrsüberwachung gesendet wurde: »Allen Autofahrer, unterwegs in den Staaten Main, Massachusetts, Connecticut, Rhode Island, New York und New Jersey, wird empfohlen, die nächste Raststätte anzufahren und sich von den Straßen fernzuhalten. Es besteht erhebliche Unfallgefahr.«

Charlotte beugte sich weit nach vorn, um besser sehen zu können. Plötzlich setzte Hagel ein. Die hühner­eigroßen Körner trommelten auf ihr Autodach, und Charlotte fragte sich, ob sie wohl Dellen hinterließen. Sie duckte sich ein wenig, als könnte sie sich so vor dem Unwetter schützen. Alle Autos um sie herum fuhren im Schritttempo, hatten die Nebelleuchten eingeschaltet, und die Fahrer saßen weit nach vorn gebeugt. Plötzlich bildeten die Autos eine Gasse, und gerade, als Charlotte sich an den linken Fahrbahnrand drängte, kam ein Straßenfahrzeug vorüber, das Splitt auf die Straße streute, um die Hagelkörner unschädlich zu machen. Steinsplitter spritzten auf, knallten an ihre Seite und an Frontscheibe, doch der Weg hinter dem Straßenfahrzeug war noch immer glatt, und der gestreute Splitt wurde sofort von einer neuen Schicht Hagel bedeckt. Allmählich wurde es dunkel. Charlotte schaltete die Scheinwerfer ein und wurde von denen der entgegenkommenden Autos geblendet. Der Kopfschmerz war stärker geworden.