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Western Helden – Die neue Reihe für echte Western-Fans! Harte Männer, wilde Landschaften und erbarmungslose Duelle – hier entscheidet Mut über Leben und Tod. Ob Revolverhelden, Gesetzlose oder einsame Reiter auf der Suche nach Gerechtigkeit – jede Geschichte steckt voller Spannung, Abenteuer und wilder Freiheit. Erlebe die ungeschönte Wahrheit über den Wilden Westen Dick Williams hat es sich längst abgewöhnt, über sichere Gefühle hinwegzusehen, als wenn es sich um Einbildungen handelt. Ich habe mich noch nie getäuscht, denkt Williams und sieht wieder zur Ecke hin, in der der Mann noch immer sitzt und jetzt seinen zweiten Whisky trinkt. Heute passiert noch etwas! Schon als die Kutsche kam und hielt, als er hier hereinkam und einen Augenblick in der Tür stehen blieb, da ahnte ich es. Der Mann sieht zu ruhig aus. Draußen jagen zwei Reiter die Straße nach Sinclair hinaus, dann ist wieder Ruhe über der Main-Street von Rawlins in Wyoming. Der Mann in der Ecke, der seinen Hut auf den zweiten Stuhl am Tisch gelegt hat, hebt nicht einmal den Kopf. Williams hört einen der Boys von Nelson Courter nach einer Runde rufen und dreht sich um. Sein Blick fällt auf die neun Löcher hinter dem Tresen, die in einer Reihe im Regal sind. Er erinnert sich an den Tag, an dem hier neun Flaschen gestanden haben und der wilde Hugh Barney mit seinen Freunden seinen üblichen Wochenendbesuch gemacht hat. Das Schild draußen über der Tür, auf dem groß zu lesen ist, dass dieses Hotel Dick Williams gehört, knarrt in den beiden Haken, an denen es aufgehängt ist. »Ich müsste die Haken schmieren«, sagt Williams, den das knarrende Geräusch nervös macht, obwohl das Schild schon vier Wochen bei jedem Windstoß knarrt. Aber heute macht Williams einfach alles nervös. Wenn Hugh heute wieder herkommt, dann mache ich den Saloon zu, denkt Williams und hat die Löcher wieder vor Augen. Er hat noch nicht einmal die neun Flaschen, die beiden Lampen und den Spiegel bezahlt, der Lümmel. Wenn das mein Junge wäre, ich würde ihn verprügelt haben, das weiß er. Vielleicht, denkt Dick, vielleicht wäre dann noch etwas aus dem Lümmel geworden. Aber das Geld seines Vaters, das ist es wohl, das ihn verrückt und hochmütig macht. Ich möchte wissen, was der Alte sich denkt.
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Seitenzahl: 145
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Dick Williams hat es sich längst abgewöhnt, über sichere Gefühle hinwegzusehen, als wenn es sich um Einbildungen handelt.
Ich habe mich noch nie getäuscht, denkt Williams und sieht wieder zur Ecke hin, in der der Mann noch immer sitzt und jetzt seinen zweiten Whisky trinkt. Heute passiert noch etwas! Schon als die Kutsche kam und hielt, als er hier hereinkam und einen Augenblick in der Tür stehen blieb, da ahnte ich es.
Der Mann sieht zu ruhig aus.
Draußen jagen zwei Reiter die Straße nach Sinclair hinaus, dann ist wieder Ruhe über der Main-Street von Rawlins in Wyoming.
Der Mann in der Ecke, der seinen Hut auf den zweiten Stuhl am Tisch gelegt hat, hebt nicht einmal den Kopf.
Williams hört einen der Boys von Nelson Courter nach einer Runde rufen und dreht sich um. Sein Blick fällt auf die neun Löcher hinter dem Tresen, die in einer Reihe im Regal sind.
Er erinnert sich an den Tag, an dem hier neun Flaschen gestanden haben und der wilde Hugh Barney mit seinen Freunden seinen üblichen Wochenendbesuch gemacht hat.
Das Schild draußen über der Tür, auf dem groß zu lesen ist, dass dieses Hotel Dick Williams gehört, knarrt in den beiden Haken, an denen es aufgehängt ist.
»Ich müsste die Haken schmieren«, sagt Williams, den das knarrende Geräusch nervös macht, obwohl das Schild schon vier Wochen bei jedem Windstoß knarrt. Aber heute macht Williams einfach alles nervös.
Wenn Hugh heute wieder herkommt, dann mache ich den Saloon zu, denkt Williams und hat die Löcher wieder vor Augen. Er hat noch nicht einmal die neun Flaschen, die beiden Lampen und den Spiegel bezahlt, der Lümmel. Wenn das mein Junge wäre, ich würde ihn verprügelt haben, das weiß er. Vielleicht, denkt Dick, vielleicht wäre dann noch etwas aus dem Lümmel geworden. Aber das Geld seines Vaters, das ist es wohl, das ihn verrückt und hochmütig macht. Ich möchte wissen, was der Alte sich denkt.
»Noch einen, Mr. Williams!«
Der Mann in der Ecke redet nach zehn Minuten wieder einmal, und Williams fühlt bei dem leisen und sanften Klang seiner Stimme etwas wie Furcht. Dieser Mann da ist niemals so zahm, wie es den Anschein erweckt.
Der Mann dort ist gefährlich, weil er zu ruhig ist.
»Ja, Mister, sofort«, versichert Williams und schieb den Boys am anderen Tresenende die Gläser zu. Er braucht nicht hinzusehen, er weiß, dass auch die Boys Courters sich einige Dinge fragen, sie blicken alle auf die Ecke.
Ein Fremder kommt, er hat kein Pferd, nur einen Sattel. Er geht in den Saloon, setzt sich hin und bestellt ein Essen. Und dann wartet er und rührt sich nicht.
Williams hat das Glas gefüllt, bringt es bis zum Ecktisch und denkt daran, dass ein Mann vom Ecktisch aus jeden Winkel seines Saloons im Auge hat, ohne selbst gleich gesehen zu werden.
Ich werde ihn fragen, denkt Williams, ich kann mir das leisten, schließlich führe ich ein Hotel. Ich werde ihn fragen.
Er stellt das Glas auf die Platte und nimmt das andere hoch.
»Stranger«, sagt er stockend. »Stranger, bleiben Sie über Nacht?«
Der Mann hebt den Kopf. Es ist ein ruhiges und doch scharfgeschnittenes Gesicht mit einer kleinen Narbe über der linken Augenbraue. Die Augen sind hell wie Wassertropfen, und der Mund besitzt einen sanften Lippenschwung. Eigentlich kein böses Gesicht, keines, das zu einem Revolvermann passen würde.
Die hellen Augen mustern Williams, der Fremde lächelt ein wenig.
Ich hab’ gedacht, der kann nicht lächeln, geht es Williams durch den Kopf. Jetzt sieht er gar nicht mal so unsympathisch aus.
»Vielleicht, mein Freund.«
Das ist alles.
Donner, denkt Williams, es muss doch mehr zu erfahren sein?
»Mister«, sagt er darum freundlich. »Ich habe die besten Zimmer in dieser Stadt, das beste Essen auch. Wollen Sie noch weiter, Freund?«
»Vielleicht.«
Der Fremde lächelt immer noch unschuldig. Williams beißt sich auf die Lippen und dreht sich brüsk um, er ist wütend und geht zum Tresen zurück. Die Boys grinsen ihn an, aber niemand sagt etwas.
Kaum ist Williams hinter dem Tresen verschwunden, als draußen Schritte über den Gehsteig kommen, vor der Tür einen Augenblick anhalten und dann auf die Tür zukommen.
Eine Hand fasst die Pendeltür oben an, ein Gesicht taucht unter einem alten und verbeulten Hut auf.
Irgendjemand hat einmal gesagt, dass Sheriff Dan Turner seinen Hut von seinem Bruder geerbt hat. Der Hut müsste demnach über zwanzig Jahre alt sein, denn Turners Bruder ist im Sturm umgekommen, der im November des sechsundfünfziger Jahres eine Menge Leute von Willies Company verschlungen hat.
Wenn Dan Turner auch der jüngste Bruder in der Turner-Sippe ist, jetzt ist er alt und müde. Seit einigen Jahren kümmert er sich kaum noch um das, was im Land und in der Stadt geschieht. Ein Grund für Williams, von der Tür zu den Löchern im Regal zu blicken und an den wilden Hugh Barney zu denken.
Turner hält die Türflügel auf, sieht durch den Raum und wirft dann einen kurzen Blick auf den Mann in der Ecke. Dann erst geht er genau auf den Tresen zu. Er lehnt sich an die Messingleiste, deutet stumm auf die Flasche und wartet, bis Williams ihm das Glas vollgeschenkt hat.
»Kannst du wenigstens bezahlen?«, fragt Williams angriffslustig. »Ich kenne Leute, die seit zwei Monaten eine Menge Geld an mich zu zahlen haben, Daniel. Sagtest du was?«
Das ist deutlich genug für Dan Turner. Williams sieben Mahnungen an ihn, endlich mit Old Barney zu reden, hat Turner bestimmt nicht vergessen.
»Ich habe Geld«, erwidert Turner ruhig und streicht über seine Bartenden, damit diese nicht in das Whiskyglas hängen. »Andere Leute haben auch Geld, aber sie wollen nicht bezahlen!«
Williams reißt die Augen auf und holt tief Luft.
»Wa – was ist? Sie wollen nicht? Jetzt sage du nur, dass du mit Old Jim geredet hast.«
»Ja, das habe ich.«
»Na, und?«, fragt Williams wütend. »Ist das eine Antwort, he? Er will nicht bezahlen? Du alter Narr!«
»Du kannst mich nicht damit aufregen, Dick. Beruhige dich, wenn jemand den Verlust einiger Flaschen, eines Spiegels und zweier alter Lampen verkraften kann, dann bist du es. Hör zu, Dick …«
Er beugt sich etwas vor und sieht Dick Williams aus schmalen Augen an.
»Es kann sein, dass es eines Tages auch mir mit Hugh und seinen Burschen zu viel wird. Es kann sein, aber es muss nicht. Etwas anderes, Dick, wer ist der Mann dort hinten?«
»Weiß ich das? Ich habe ihn gefragt, aber er hat nur eine Antwort: Vielleicht! Versuche du es doch, ich bin neugierig, was er dir antwortet.«
»Er trägt einen Revolver unter der Jacke, Dick.«
»Wer trägt keinen Revolver?«
»Einige tragen ihn sehr tief, Freund Dick. Wir haben beide eine Nase für Männer, denke ich. Kein Pferd, aber einen Sattel. Seine Kleidung ist nicht gerade neu, vielleicht ein Satteltramp, der seinen Revolver vermietet, wie?«
»Er scheint auf jemanden zu warten, Dani«, gibt Williams leise zurück. »Ich habe ihn beobachtet, er hebt nur den Kopf, wenn ein Wagen die Straße emporkommt. Ob Old Jim ihn bestellt hat?«
»Old Jim?«
Dan Turner zuckt zusammen und blickt starr auf das eine Kugelloch im Regal.
»Wenn er Old Jims Mann ist, dann stelle ihm besser nicht zu viele Fragen, Dan«, warnt ihn Dick Williams leise. »Er sieht mir zu zahm aus.«
Dan brummt etwas, dessen Sinn Williams nicht mitbekommt, dann schiebt er sich seinen alten, fleckigen und verbeulten Hut nach hinten und geht los.
Die Männer am Tresen wenden sich nun alle um und sehen ihm nach. Dan ist kein großer Mann, er ist breit, aber das Alter und das Reiten haben ihn mager bleiben lassen. Mancher sagt, er gleiche einem verhungerten Bison, dessen Hörner abgebrochen sind.
Wie dem auch sei, ganz genau weiß keiner, was Dan Turner gerade denkt und was er tun wird. Er ist immer noch ein Mann, mit dem man vielleicht zu rechnen hat.
Der Fremde sieht hoch, als der Sheriff in seiner alten, einmal gelb gewesenen Weste auf ihn zukommt und die Hand auf die Lehne des links stehenden Stuhles legt.
»Hallo?«, sagt der alte Dan ruhig. »Kann man sich setzen, Fremder?«
»Warum nicht?«, gibt der zurück und lächelt leicht. »Es sind noch genug Stühle da, aber es ist nicht die Art jedes Mannes, sich allein zu unterhalten, Sheriff.«
Dan setzt sich und verschränkt seine Hände. Er blickt den Fremden aufmerksam an und fragt sich, wo er dieses Gesicht schon einmal gesehen hat. Dass er den Mann irgendwo schon einmal getroffen hat, das ist fast sicher, er kommt nur nicht darauf.
»Dies ist eine friedliche Stadt«, sagt Dan langsam. »Ich hoffe, du hast das gemerkt, Mister.«
»Ist sie das wirklich, Sheriff?«
Der Fremde greift in seine Brusttasche und zieht zwei Zigarren heraus. Dan, zu klug, um den Mann zu verärgern, nimmt die Zigarre an und bekommt Feuer. »Manchmal nicht, mein Freund, du scheinst etwas mehr über dieses Land zu wissen, sehe ich.«
»Ich?«
Der Fremde sieht ihn über eine Rauchwolke hinweg an und lächelt unschuldig.
»Ich reite …«
Er verbessert sich sofort und sagt träge:
»Ich komme immer nur etwas herum und gehe meist bald wieder fort, Mr. Turner.«
Turner, denkt Dan, Donner, woher kennt der mich denn, ich schätze, er kann meinen Namen noch nicht gehört haben. In der Kutsche saß er allein, mit den Fahrern hat er kein Wort geredet, und hier hat er anscheinend auch nicht viel gesprochen.
»Du willst weiter, Mister?«, fragt er nach kurzem Zaudern.
»Vielleicht, Turner, ich weiß es noch nicht genau. Hier gibt es doch einen Rancher, der Barney heißt, wie?«
»Ja«, sagt Dan kratzend und denkt: Jetzt lässt er die Katze aus dem Sack, der Bursche. Also doch Old Jim. »Er hat dich kommen lassen, wie?«
Der Fremde sieht ihn an, zieht die Augenbrauen etwas hoch und zuckt die Achseln. Das kann viel oder auch nichts bedeuten. Dan ist um kein Ende schlauer.
»Hör mal, Mister«, sagt er bitter. »Du kannst tun, was du willst, aber wenn du einen Rat haben willst, dann reite weiter. Es ist jetzt ruhig in der Stadt, weil kaum noch einer der Farmer herkommt. Das kann sich ändern, wenn einer von ihnen hier ist und einige Cowboys dazukommen. Es hat bereits zwei Tote gegeben, keine Cowboys und keinen Mann, der im Sattel der Rancher hier hockt. Es ist ein verdammt unruhiges Land, das kannst du mir glauben. Was hat er dir gezahlt? Dasselbe wie Cotter?«
»Welchem Cotter, Turner? Yank oder Slade?«
Der kennt sie alle beide, denkt Dan erschüttert, also doch, ein Mann von Old Jim.
»Yank, Mister. Slade sitzt augenblicklich in Casper im Jail und zählt die Gitterstäbe. Yank bekommt zweihundert den Monat!«
»Etwas viel für Yank, Turner, etwas viel. Und wer hat die beiden Toten auf dem Gewissen?«
»Yank und Kirby Dean. Die Farmer haben als Grenze den Sage Creek. Einige ihrer Milchrinder sind auf die andere Seite gelaufen und kamen auf das Gebiet von Barney und Jones. Als die Farmer sie zurückholen wollten, da kam es zum offenen Streit zwischen ihnen und den Boys. Dabei wurden zwei Männer erschossen und einige verwundet. Mister …«
Er macht eine kleine Pause, ein alter Mann, der Ruhe haben und gern noch seine Pension kassieren möchte. Dan Turner weiß, dass er sich einmischt, aber er will nicht noch mehr Ärger sehen.
»Mister, es sind genug Revolvermänner in diesem Land. Nimm einen Rat an, geh weiter. Ich schätze, das Fahrgeld für die Mitternachtskutsche nach Laramie kannst du von mir bekommen. Nun …«
»Ich habe nicht gesagt, dass ich bleiben will, Sheriff«, murmelt der Fremde leise. »Wann immer ich gehe, ich werde den Tag selber bestimmen, glaube ich. Ich bin hier fremd und suche mit niemandem Streit, so ist das! Ist das alles, was du mir zu sagen hast?«
Dan Turner würgt an diesem dicken Brocken. Der Mann will nicht, er kann ihn auch nicht vertreiben. Bevor hier nichts passiert ist, kann er ihn nicht einsperren oder aus der Stadt jagen.
»Du weißt nicht, was hier geschieht, Mann«, sagt er hart. »Die Farmer haben genug einstecken müssen. Da sie nun einmal hier sind, kann man sie nicht wieder verjagen. Weißt du, dass sie beim nächsten Streit alle losschlagen werden? Dann ist hier die Hölle los, und ich stehe mitten in ihr. Fahr weiter, Mann, sonst …«
»Was wird sonst sein, Sheriff?«, fragt der Fremde kühl.
»Sonst sperre ich dich nach dem ersten Krach ein, Mann. Das ist ein Versprechen. Bekommst du auch nur die geringste Sache hier, ganz gleich ob eine Prügelei oder einen Revolverkampf, ich sperre dich ein!«
»Auch dann, wenn ich nicht anfange, Sheriff?«
»Auch dann! Richte dich danach!«
Dan Turner steht hastig und wütend auf. Dieser Mann will nicht, er lächelt, obwohl ihm der Sheriff offen droht. Dan geht los und erinnert sich erst am Tresen, dass er den Mann nicht nach dem Namen gefragt hat. Jetzt ist es zu spät, er flucht leise und sagt gallenbitter zu Dick Williams:
»Den Burschen soll der Teufel holen. Dick, gib mir noch einen Whisky, aber einen großen. Er wartet hier, das ist sicher, aber auf wen, wenn nicht auf Old Jim? Ich werde …«
Draußen kommt das Rollen eines Wagens auf, dann schnaubt ein Pferd laut, und jemand ruft hallend in die Nacht hinein:
»He – he, Dan, komm heraus! Hier ist der Wagen von Cliff Morgan. Und wenn ich noch richtig sehen kann, dann liegt Cliff in ihm und bewegt sich nicht mehr. He, Dan, komm schnell heraus und sieh dir das an!«
Williams erstarrt, die vier Reiter von Courter drehen sich um, und der Fremde in der Ecke hebt langsam den Kopf.
Dan Turner trinkt auf einen Zug sein Glas leer, stellt es hart auf den Tresen und greift unwillkürlich zu seinem Revolver.
Dann erfasst sein düsterer Blick die vier Mann von Courter, und seine alte, jetzt knarrende Stimme sagt grimmig:
»Das habe ich kommen sehen, ihr Narren. Denkt nur nicht, dass ihr aus dem Reigen bleiben könnt, wenn die Farmer jetzt losbrechen. Ihr habt oft genug eine Prügelei gesucht und euch mit den Farmern angelegt. Ist Cliff Morgan tot, Leute, dann fängt es jetzt an, sage ich euch. Fangt an zu beten, denn der Krieg wird nicht aufzuhalten sein. Ihr verdammten dickschädeligen Narren, man sollte euch alle einsperren!«
Die Männer sehen sich betreten an, Dan Turners narbige, hochhackige Stiefel klopfen einen kurzen, harten Takt auf die Tür zu.
Dann sagt einer der vier Cowboys:
»Daniel, wir haben schließlich keinen umgebracht, was? Eine Prügelei, was ist das schon in diesem Land?«
»Für euch nichts, aber für den, der die Prügel schlucken muss, sicher eine höllische Sache«, erwidert der Sheriff eisig. »Vielleicht habt ihr irgendwann einmal das Gefühl, nur ein Hund zu sein, den jeder verprügeln kann. Genau das habt ihr immer wieder mit den Farmern getan. Ich bin nicht für Farmer, ich bin aber nicht unfair genug, mich darüber freuen zu können, dass eine ganze Meute über einige wehrlose Männer herfällt. Das solltet ihr langsam begriffen haben.«
Er ist an der Tür, als Dick Williams hinter seinem Tresen herauskommt und eilig auf die Tür zurennt. Die vier Cowboys gehen nun ebenfalls los. Dann schurrt der Stuhl in der Ecke, der Fremde erhebt sich langsam und blickt aus schmalen Augen auf die kaum erleuchtete Fahrbahn.
Draußen rufen ein paar Stimmen. Stiefel trampeln über den Gehsteig, irgendwo sagt eine Frauenstimme bitter:
»Sie tragen uns den Verdruss noch in die Stadt, diese Narren. Der arme Morgan, so ein guter Mann, lasst mich durch, Leute, lasst mich! Er hat mir die Milch für mein Baby geliefert, als mein Mann sich das Bein gebrochen hatte. Lasst mich doch zu ihm!«
Der Fremde geht, seine Augen blitzen einmal kurz auf.
Die Frau draußen redet weiter.
»Zwei Sack Mehl hat er mir gebracht, nur, weil Tony ihm einmal einen Gefallen getan hatte.«
Der Fremde kommt aus der Tür und geht sofort nach links. Es ist vielleicht Zufall, vielleicht aber genau das Gegenteil.
Vor dem Eingang zum Saloon brennen die Laternen, dort ist helles Licht. Der Fremde geht in den Schatten und bleibt an einer, der Tragstützen des Saloonvordaches lehnen. Von hier aus kann er über die Köpfe der Menge hinweg, die sich im Nu um den Wagen angesammelt hat, in den flachen Kasten des Einspänners blicken.
Dort liegt ein Mann, er sieht ziemlich groß aus, soweit man das im Laternenschein erkennen kann. Sein ehemals weißer Bart ist schmutzig, das Haar zerzaust, sein Gesicht …
Der Mann an der Tragstütze hat auf einmal jenes seltsame Flimmern in den Augen, das auf Zorn schließen lässt. Man hat den alten Mann dort im Kasten ziemlich hart angefasst und verprügelt.
Nicht jeder Mensch wird zusehen, wenn man jemanden schlägt, der sein Vater sein könnte. Vielleicht gehört der Mann an der Stütze zu diesen Menschen, vielleicht.
Es ist eine raue, wilde Zeit, das Leben ist Kampf, aber es gibt immer noch Männer, die fair bleiben können.
*
Von links läuft ein kleiner Mann aus einem der Häuser. Er hat eine Tasche in der Hand, wie sie jeder Doc in diesem Land besitzt. Der Sheriff steht jetzt auf dem Kasten und hebt den alten Mann vorsichtig an.
Dann sagt er laut über die Köpfe hinweg.
»Er lebt, er lebt. Aber Gott allein mag wissen, welche Schurken ihn so zugerichtet haben. Das kann doch nur ein …«
Er sagt einige Worte, die dem Mann oder den Männern gelten, die es getan haben.
Jetzt ist der Doc da und steigt über das Rad hoch. Das Pferd an der Deichsel steht mit hängendem Kopf da und prustet leise.