Die Mustang-Ranch - Howard Duff - E-Book

Die Mustang-Ranch E-Book

Howard Duff

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Das Laternenlicht macht Pete Alvaros viereckiges Gesicht noch gelber. Abe Jameson bleibt hinter der Ecke stehen und beobachtet, wie Alvaro geduckt zwischen den Pferden durchschleicht. Dabei sieht sich der Greaser zweimal um. »Was, zum Teufel«, sagt Jameson zwischen den Zähnen, »will der verdammte Vieh- und Pferdedieb da?« Im nächsten Moment ist Alvaro aus dem Lichtschein. Seine vierschrötige Gestalt taucht neben Abe Jamesons großem, knochigem Hengst unter. »Die Pest!« knurrt der alte Jameson. »Wenn der Kerl das wagt, drehe ich ihm den Hals um!« Es ist der ideale Platz für einen Viehdieb. Die Gasse vom Sherman Saloon in Sonoita endet hier. Dann beginnt der Frachthof. In der linken Ecke stehen ein paar Pferde. Die Laterne des Frachthofes erleuchtet nur einen Teil des Vorhofes. So kommt es, daß Alvaro, der Pferdedieb, hinter den Tieren seelenruhig Jamesons Hengst nehmen kann. Obwohl Jameson fast sechzig Jahre alt ist, bewegt er sich mit der Schnelligkeit eines geborenen Pferdemannes. Immer noch kann der Alte ein Wildpferd zureiten. Er kennt alle Tricks in diesem Geschäft und – alle Gauner! Zu denen gehört ohne Zweifel Alvaro. Blitzschnell huscht Jameson um die Schuppenecke. Dann läuft er in langen Sätzen hinter dem Schuppen her und erreicht den schmalen Durchgang zur Vorderfront des Lagerhauses. Dicht neben der Hausecke steht sein Pferd. Im Laufen zieht Jameson seinen alten Vierundvierziger, eine schwere, langläufige Waffe. Da hört Jameson jemanden rufen. Die Stimme hört sich an, als käme sie aus der Gasse vom Sherman Saloon. Jetzt schnaubt ein Pferd vor Jameson. Und dann hat er die vordere Ecke des Lagerhauses erreicht. Er duckt sich und

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Seitenzahl: 157

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Die großen Western – 207 –Die Mustang-Ranch

Howard Duff

Das Laternenlicht macht Pete Alvaros viereckiges Gesicht noch gelber.

Abe Jameson bleibt hinter der Ecke stehen und beobachtet, wie Alvaro geduckt zwischen den Pferden durchschleicht. Dabei sieht sich der Greaser zweimal um.

»Was, zum Teufel«, sagt Jameson zwischen den Zähnen, »will der verdammte Vieh- und Pferdedieb da?«

Im nächsten Moment ist Alvaro aus dem Lichtschein. Seine vierschrötige Gestalt taucht neben Abe Jamesons großem, knochigem Hengst unter.

»Die Pest!« knurrt der alte Jameson. »Wenn der Kerl das wagt, drehe ich ihm den Hals um!«

Es ist der ideale Platz für einen Viehdieb. Die Gasse vom Sherman Saloon in Sonoita endet hier. Dann beginnt der Frachthof. In der linken Ecke stehen ein paar Pferde. Die Laterne des Frachthofes erleuchtet nur einen Teil des Vorhofes. So kommt es, daß Alvaro, der Pferdedieb, hinter den Tieren seelenruhig Jamesons Hengst nehmen kann.

Obwohl Jameson fast sechzig Jahre alt ist, bewegt er sich mit der Schnelligkeit eines geborenen Pferdemannes. Immer noch kann der Alte ein Wildpferd zureiten. Er kennt alle Tricks in diesem Geschäft und – alle Gauner! Zu denen gehört ohne Zweifel Alvaro.

Blitzschnell huscht Jameson um die Schuppenecke. Dann läuft er in langen Sätzen hinter dem Schuppen her und erreicht den schmalen Durchgang zur Vorderfront des Lagerhauses. Dicht neben der Hausecke steht sein Pferd.

Im Laufen zieht Jameson seinen alten Vierundvierziger, eine schwere, langläufige Waffe.

Da hört Jameson jemanden rufen. Die Stimme hört sich an, als käme sie aus der Gasse vom Sherman Saloon.

Jetzt schnaubt ein Pferd vor Jameson. Und dann hat er die vordere Ecke des Lagerhauses erreicht. Er duckt sich und äugt nach vorn. In diesem Moment sieht er Alvaros silberne Sporen. Der Bursche ist tatsächlich neben Jamesons Hengst. Geduckt schiebt sich der Alte an den anderen Pferden vorbei, hält sich zwischen Wand und Haltebalken.

»Pete – Pete!«

Jemand ruft in der Gasse, aber Pete Alvaro antwortet nicht.

Wird sich schwer hüten, denkt Jameson grimmig, wenn er meinen Hengst mitnehmen will, der Halunke. Warte, Freundchen, gleich habe ich dich!

Sekunden darauf hört Jameson etwas leise klirren. Dann ist er genau neben dem Hals seines Pferdes und taucht unter dem Haltebalken durch. Jetzt gereicht auch ihm die Dunkelheit zum Vorteil.

Jameson macht einen schnellen Sprung nach vorn.

Alvaro steht an der linken Flanke von Jamesons Hengst. Er hat die Satteltasche geöffnet. Das rechts neben dem Hengst stehende Pferd wirft jäh den Kopf hoch und prustet. Da blickt sich Alvaro gehetzt um, aber es ist schon zu spät für ihn.

Abe Jameson holt kurz aus. Der

Vierundvierziger saust herunter. Der lange Lauf knallt quer über Alvaros Handgelenk.

»Oaah, was…«

»Du verdammter Pferdedieb!« faucht Jameson. »Was hast du an meiner Satteltasche zu suchen?«

Und dann bleibt ihm gerade noch Zeit, sich zur Seite zu werfen. Obwohl er Alvaros linken Unterarm getroffen hat, zuckt Alvaro wie eine Natter weg und wirft sich nach vorn, zieht ein blinkendes Messer heraus, stößt zu…

Jameson duckt sich, sieht die Hand mit dem Messer an sich vorbeizischen und schlägt von unten her zu. Diesmal trifft er Alvaros Hand. Während das Messer im hohen Bogen davonfliegt, kracht Alvaro gegen den Haltebalken. Ehe er herumkommen kann, ist der alte Abe hinter ihm.

Der Zorn verleiht Jameson Riesenkräfte. Mit der einen Hand packt er Alvaro im Genick, mit der anderen erwischt er Alvaros Hosenbund. Dann holt er aus. Er befördert den Pferdedieb über den Haltebalken hinweg und schleudert ihn gegen die Lagerhauswand. Dort sinkt Alvaro stöhnend zusammen, kommt nicht mehr hoch. Jameson setzt sofort nach und schießt seine klobige Rechte mit voller Wucht ab. Alvaro kippt zur Seite und bleibt reglos liegen.

Keine Sekunde später hört Jameson, wie jemand heranläuft. Der Mann kommt aus der Gasse, biegt um die Ecke und bleibt starr stehen. Es ist Moro, Alvaros Freund und Partner.

»Das ist weit genug!« knurrt Jameson. »Moro, noch einen Schritt oder eine falsche Bewegung, dann drücke ich ab!«

Joaquin Moro steht im vollen Schein der Laterne. Er ist ein großer, knochig-hagerer Typ, ein Mischblut, das über zehn Umwege mit Alvaro verwandt ist.

Obwohl es bei den Pferden dunkel ist, sieht Moro genug.

»Was? Wer ist da?« keucht Moro. »Mr. Jameson?«

»Woher weißt du, daß ich es bin? Los, heraus damit! Woher weißt du es?«

Moro zögert einen Augenblick, sieht Alvaro an der Wand liegen.

»Das ist Ihr Pferd. Wir haben unsere Pferde danebengestellt«, erwidert Moro dann ächzend. »Mr. Jameson, was ist passiert? Schießen Sie nicht! Pete ist betrunken. Ist er umgefallen?«

»Umgefallen?« echot Jameson schnaubend. »Der verdammte Gauner ist an meinem Pferd gewesen und hat in den Satteltaschen herumgewühlt. Als ich ihn überraschte, wollte er mir sein Messer in den Leib stoßen. Reicht das, du Halunke?«

Moros Augen sind für Sekunden schreckgeweitet, schließlich stößt er stockend hervor:

»Pete hat in der Satteltasche… Mr. Jameson, er ist betrunken, bestimmt. Wir haben in Shermans Saloon seit dem Nachmittag gehockt. Das – das muß eine Verwechslung von Pete gewesen sein.«

Jameson bückt sich leicht, hält aber den Revolver schußbereit auf den hageren Burschen gerichtet. Moro hat alle krummen Geschäfte Alvaros mitgemacht. Vor zwei Jahren hat Jameson Alvaro und dessen Freunde verdächtigt, ihm Pferde gestohlen zu haben. Hätte der alte Abe damals Alvaro erwischt, wäre es für ihn und dessen Freunde die Hölle geworden.

Abe steigt der Brandygeruch in die Nase. Und plötzlich begreift er, daß Alvaro wirklich betrunken sein muß. Ein nüchterner Alvaro hätte seine Klinge sicher ins Ziel gestoßen.

»Sein Pferd steht neben Ihrem, Mr. Jameson«, sagt Moro, als sich der Alte bückt. »Tun Sie Pete nichts, er hat zuviel Brandy im Bauch!«

»War das damals auch so?« fragt Old Abe grimmig. »Daß man euch Halunken überhaupt über die Grenze kommen läßt. Bleibt in eurem verdammten Mexiko! Ihr stehlt wie die Raben.«

Hinter Moro taucht ein Mann auf, tritt in den Lichtschein. Abe Jameson stößt einen deftigen Fluch aus.

»Sieh einer an, Mr. Budd Staines! Macht dein Boß etwa auch Geschäfte mit dem Strolch Alvaro? Oder du – auf eigene Rechnung?«

Staines, die rechte Hand von Joe Frazer, einem der größten Pferdehändler der Gegend, starrt zu dem Alten hin.

»Nicht so vorlaut, Jameson!« zischelt er. »Überlegen Sie sich, was Sie sagen! Sie haben meinen Boß schon zuviel geärgert!«

»Das Maß ist noch längst nicht voll!« erwidert der Alte grollend. »Frazer ist kein ehrlicher Mann, von seinen Leuten ganz zu schweigen. Hat er nicht auch schon gestohlene Pferde verkauft?«

»Verdammt, jetzt ist es genug!« knirscht Staines. »Du redest zuviel, Grandpa! Geh da weg, ich will sehen, was mit Alvaro ist!«

Er kommt vorsichtig heran. Dabei schielt er auf Jamesons Revolver. Der Alte tritt zurück, Moro und Staines heben Alvaro auf und zerren ihn ins Licht. Alvaro blutet an Lippen und der Nase. Sein Gesicht ist verschmiert.

Stöhnend kommt der Greaser zu sich. Er hockt am Boden und wimmert.

»Meine Arme… alles gebrochen… Oaach, meine Nase!«

Es gelingt ihm, seine Hände zu heben und das Gesicht zu betasten. Als er die Finger betrachtet und das Blut daran sieht, scheint er mit einem Schlag nüchtern zu werden.

Alvaro starrt Jameson, der schon im Sattel sitzt, aus glitzernden Augen an und knirscht mit den Zähnen.

»Damnato… Bestialo hombre!«

»Du lausiger Greaser!« knurrt ihn der Alte vom Sattel aus an. »Du kannst es gleich bestialisch bekommen, wenn du nicht dein Maul hältst! Geh noch mal an eins meiner Pferde, dann hänge ich dich eigenhändig auf, du Strolch! Und läßt du dich auf meinem Land blicken, Bursche, werden meine Leute auf dich schießen. Dasselbe gilt für euch.«

Er zieht sein Pferd herum und reitet an.

Staines knirscht vor Wut mit den Zähnen. Nur Pete Alvaro ist überraschend ruhig. Sie sehen Jameson verschwinden. Der Hufschlag entfernt sich von den Häusern. Der Alte reitet nach Hause.

»Warte!« sagt Alvaro dann zischend. »Blut um Blut – ja! Er werden bezahlen. Blut für Blut. Er geschlagen Pete blutig und nicht kennen Gesetz in Mexiko. Moro, reiten er nach Hause?«

»Si«, antwortete Moro gepreßt.

»Pete, wir sind in Amerika, nicht drüben, verstehst du? Blutrache, Pete, kannst du nicht…«

»Er nicht kommen nach Hause«, stößt Alvaro durch die Zähne. »Ich bringe ihn um, ich mach tot Jameson! Keiner gesehen uns? Keiner hören zu? Gut, keiner hier. Moro, komm, reiten!«

Pete Alvaro ist gerissen, verschlagen und teuflisch geschickt. Aus dem Hinterhalt würde er unbedenklich auf

Jameson feuern.

*

»Er kommt!« zischt Moro nach oben. »Pete – er kommt, hörst du?«

»Ja, ich höre«, flüstert Alvaro mit wutverzerrter Stimme.

Unter Moro dehnt sich das Tal. Die Tiefe des Canyons kann man nur ahnen. Es gibt kein Mondlicht heute, und der Canyon liegt wie ein dunkler, tiefer Abgrund vor ihnen. Von hier bis zur Mustang-Ranch der Jamesons sind es noch neun Meilen. Der Weg zur Ranch führt durch den Davidson Canyon. Hufschlag kommt auf.

Moro blickt nach rechts. Dort oben hockt Pete Alvaro hinter einigen Steinen. Auf der Höhe des Vorsprungs liegt ein flacher Felsbrocken. Er ragt etwas in das Tal hinein. Jemand hat ihn vor Jahren »Devilsham – Teufelsschinken« getauft. Etwa sechzig Fuß tiefer führt der Steilpfad aus der Canyonschlucht zum Rand hoch. Es gibt nur diesen Weg zur Mustang-Ranch.

Moro ist es ganz mulmig zumute, als er Pete Alvaro vorwärtskriechen sieht. Alvaro schiebt sich nun hinter jenen Teufelsschinken. Er hat eine Stange dabei und vorher schon ausprobiert, ob sich der Stein bewegen läßt. Danach hat er teuflisch vor sich hin gelacht und Moro nach unten geschickt.

»Er kommen!« stößt Alvaro mit höhnischem, haßvollem Unterton hervor. »Bezahlen jetzt, Jameson – Blut für Blut! Kommen nur weiter, Hund!«

Der Hufschlag wird lauter. Das tackende Geräusch hallt von den Canyonwänden wider.

»Pete – Pete!« keucht Moro. »Wenn es nicht klappt, dann haben wir ihn hinter uns. Sein Pferd ist zweimal so schnell wie unsere. Pete, mach es nicht! Vielleicht knallt er uns ab, wenn er nicht getroffen wird.«

»Du Angst?« erkundigt sich Alvaro bissig. »Er nicht kann wenden sein Pferd – er können anhalten, mehr nicht. Und dann zu spät für ihn. Warum er hat mich geschlagen? Jetzt er bezahlen!«

Er ist verrückt, denkt Moro. Das geht nicht gut.

Moro kauert auf den Hacken und lauscht. Das Hufgeklapper wird lauter. Jameson ist also bereits auf dem Steilpfad und kommt heraus.

»Pete… Pete!«

»Ruhig!«

Er ist nicht zu bremsen, denkt Moro und schließt die Augen. Wenn er sein eigenes Blut sieht, dann wird er verrückt. Großer Gott, der Pfad wird immer schmaler. Noch hat Jameson eine Chance umzudrehen. Aber dreißig Yards weiter…

Über Moro kniet Pete Alvaro hinter dem Teufelsschinken. Er hat die Stange bereits darunter geschoben und ihr Ende auf seiner Schulter liegen.

Komm! denkt Alvaro in wildem Haß, komm noch zwanzig Schritt herauf – noch zehn – fünf… Jetzt!

Im gleichen Augenblick stemmt er sich mit aller Kraft gegen die Stange. Der Stein bewegt sich, neigt sich nach vorn, kommt ins Rutschen…

»Herunter… herunter, fallen ihm auf Kopf!« keucht Alvaro wild. »Machen ihn tot!«

Joaquin Moro hockt unterhalb von Alvaro mit kalkigem Gesicht. Er hört das Poltern und Krachen, dann das schrille Wiehern von Jamesons Hengst.

*

Abe Jameson reißt instinktiv den Kopf hoch, erkennt über sich die Bewegung. An der Wand tauchen einige Schatten auf. Sie stürzen rasend schnell auf ihn herunter.

Sofort drückt der alte Jameson seinem Hengst die Hacken in die Weichen. Das Pferd springt an, fällt augenblicklich in einen gestreckten Galopp. Das grelle Wiehern des erschrockenen Pferdes steht in der Schlucht. Der Alte aber duckt sich und blickt nach oben.

Steine, denkt er entsetzt, der Teufelsschinken!

Ihm bleibt keine Zeit, an etwas anderes zu denken. Da krachen die Brocken tosend herab, vor denen er sich nur durch die Schnelligkeit seines treuen Pferdes in Sicherheit bringen kann.

Die Felsstücke knallen gegen die Wand und reißen anderes Gestein mit sich, das unmittelbar vor Old Abe Jameson prasselnd auf die schmale Trasse des Pfades schlägt. Was dann aber rumpelnd, polternd und fauchend herangesaust kommt, ist der riesengroße Teufelsschinken.

Im nächsten Moment schlägt der Felsblock mit einem dumpfen Knall auf den Pfad. Es gibt einen Krach, als feuere man neben dem Alten eine Kanone ab. Plötzlich stellt sich der Hengst steil auf. Seine Vorderhufe keilen aus. Keine zwei Yards vor Jamesons Pferd hat der Riesenbrocken den Steg getroffen.

Abe Jameson rutscht blitzschnell nach hinten. Ihm bleibt nur die Chance, sich über die Kruppe vom Pferd zu werfen und sich an die Wand zu pressen. Es gelingt ihm, den Boden zu erreichen. Doch kaum steht er, als das seltsame Pfeifen über ihm ist. Durch die aufwallende Staubwolke sieht der alte Mann sein Pferd nur noch verschwommen. Steine treffen Jameson an den Schultern und am Kopf. Er will an die Wand, als sich vor ihm sein Hengst auf der Hinterhand dreht.

Jetzt geht das Pferd durch. Er kommt noch herum, wird jedoch von einem größeren Brocken am Hals getroffen. Und dieser Treffer entscheidet es.

Der Hengst streift den alten Jameson und schleudert ihn zur Seite, in das herunterprasselnde Gestein hinein. Dann dröhnt sein Kopf wie eine Kesselpauke.

Aus!

Über dem Davidson Canyon steht das Dröhnen und Tosen der herabstürzenden Geröllmassen…

*

»Pete – Pete, ich bin es!«

Moro taucht staubbedeckt auf und hustet. Er kommt heran, deutet nach unten und stöhnt:

»Alles still – kein Geräusch mehr, Pete. He, was willst du tun? Pete, wohin?«

Alvaro läuft zu den Felsen, holt sein Gewehr und hastet vor dem hustenden Moro her. Als er das Ende des Steilpfades erreicht hat, sieht er sich um.

»Nachsehen!« sagt er kaltschnäuzig. »Er ist unten, wollen wir wetten?«

Dennoch wird er vorsichtiger, je weiter er auf dem schmalen Pfad absteigt. Schließlich schleicht er nur noch. Aus dem sich lichtenden Staub taucht nun der in zwei Teile geborstene Teufelsschinken auf. Ein ganzer Berg Geröll liegt rechts und links daneben, reicht bis an den Rand des Weges. Von dem Hengst und Old Abe Jameson ist nichts mehr zu sehen. Behutsam kriecht Alvaro über die Brocken, horcht in die Tiefe. Von dort zieht kühl die Nachtluft hoch. Kein anderes Geräusch als das Säuseln des Windes ist zu hören.

»Pete – Pete, willst du etwa hinunter?«

»Eh – was, ich? Zweihundertfünfzig Fuß hinunter… Bist du verrückt?« sagt Alvaro kichernd. »Warum hat er mich geschlagen – äh?«

Er sagt den letzten Satz in seinem schlechten Amerikanisch. Danach stemmt er sich auf und hastet zurück. Wieder müssen sie über den Steinhaufen hinwegsteigen. Kurze Zeit später sind sie oben und nehmen die Laterne, um sie anzustecken.

»Pronto – alle Spuren löschen!« bestimmt Alvaro unter höhnischem Gekicher, das Moro grell in den Ohren klingt. »Du zu den Pferden gehen und machen Lederstulpen an Hufe! Sie werden vermissen ihn und suchen am Morgen, was? Es darf nicht geben Spuren, verstehst du? Haben sie nicht gesagt immer, Teufelsschinken wird eines Tages herabfallen? Haben sie doch alle gesagt, eh? Jetzt sein passiert. Pech für Jameson, hähä!«

Joaquin Moro hat plötzlich das bedrückende Gefühl, daß sie von jetzt an in Staines’ und Frazers Hand sein werden. Staines weiß nun zuviel.

»Pete, du Narr!« sagt Moro finster. »Wer weiß, was alles auf uns zukommt? Du hättest nicht in Staines’ Gegenwart sagen sollen, daß du Jameson umbringen würdest. Sie sind beide schlecht – und sie werden ihr Wissen ausnutzen, paß nur auf! Es ist nie gut, wenn andere zuviel wissen.«

»Pah!«

*

Das Mädchen hebt den Kopf, als der Mann aus dem Flur kommt und auf den Vorbau tritt. Aber es ist nicht Abe, sondern Jefe Ferrel, der alte Zureiter der Mustang-Ranch.

Ich darf nicht mehr daran denken, grübelt Mabel Jameson. Ich zermartere mir umsonst den Kopf, warum der Teufelsschinken ausgerechnet dann heruntergekommen sein soll, als Dad genau unter ihm war. Ich glaube nicht an diesen Zufall…

»Miß Jameson!«

»Ja«, sagt sie leise und bleibt sitzen. Sie hat die Knie angezogen, trägt wie immer Männerhosen, ein buntes Hemd und auch Stiefel. »Nun, Jefe?«

»Wir haben überall herumgehorcht«, berichtet Ferrel. »Niemand hat Old Abe wegreiten sehen. Er verließ den Store und sagte noch, er wolle zu seinem Pferd gehen und nach Hause reiten. Von da an hat ihn keiner mehr gesehen.«

Also nichts, auch nicht in der Stadt, denkt Mabel Jameson voller Bitterkeit. Ich habe meine Männer vier Tage lang die Umgebung des Davidson Canyons nach jeder Spur absuchen lassen. Nur gestern nicht, da haben wir Dad begraben müssen. Es waren so viele Leute da – alle Nachbarn und Freunde Dads. Am liebsten wäre ich weggelaufen.

»Gut, Jefe«, erwidert sie matt. »Noch etwas, Jefe: Ich fahre übermorgen nach Tucson zur Vergabe der Pferdelieferungen an die Bahn. Jefe…«

»Ja, Miß?«

»Schaffen wir es innerhalb eines halben Jahres, siebzig Tiere zu liefern? Du weißt, wir müssen Wildpferde fangen, wenn wir etwas verdienen wollen. Die Bahn zahlt keine großen Preise. Wenn wir woanders Pferde einkaufen, verdienen wir nichts. Haben wir Männer genug?«

»Die bekommen wir schon«, antwortet der Alte mürrisch. »Miß, ich hab’s Old Abe oft genug gesagt, ich… Ich kann nicht mehr so zureiten wie früher. Meine Augen lassen immer mehr nach. Wenn ich am Tag fünf Mustangs zureiten soll, dann…«

»Jefe, traust du es dir nicht mehr zu?«

»Doch – schon, aber nicht mehr so wie früher«, gibt Ferrel zurück. »Zum Zureiter muß jemand geboren sein, das läßt sich schlecht lernen. Big Charlie könnte es einmal schaffen – mit mehr Geduld und weniger Härte. Er verliert zu schnell die Ruhe. Ich wollte sagen, Miß, wir brauchten ein oder zwei gute Zureiter.«

»Mein Gott, Jefe, die sind teuer.«

»Ja, ich weiß, Miß. Aber soll ich länger lügen und mir selbst etwas vormachen? Jefe taugt gerade noch für ein paar Pferde – und sonst zum Sattelflicken.«

»Jefe!«

»Es ist schon so«, murmelte er bitter. »Miß, ich könnte mal mit Tonio reden – Tonio Francheira, Sie kennen ihn doch? Ich fürchte nur…«

Als er auf den Lippen nagt und wegsieht, steht Mabel auf. Sie ist groß und schlank, hat ein ebenmäßiges Gesicht und grüngraue helle Augen. In Rock und Bluse hat man sie hier noch nie gesehen. Old Abe wollte immer einen Sohn haben, aber er bekam keinen. So blieb’s bei der Tochter. Allerdings hat er sie wie einen Mann erzogen. Sie wuchs unter Männern und ohne Mutter auf. Eine Mexikanerin zog sie groß.

»Was fürchtest du, Jefe?«

»Daß Frazer den Tonio wegkauft. Es ist ein verdammtes Zusammentreffen, Miß. Ich will nichts gesagt haben, aber merkwürdig ist es schon. Die Bahn vergibt die Konzessionen für die Pferdeanlieferungen, und eine Woche vorher stirbt Old Abe. Jetzt ist nur noch Frazer da. Die anderen Leute sind nicht wichtig, sie könnten niemals zur Konkurrenz für Old Abe oder Frazer werden. Im Rennen sind wir und Frazer, Miß.«

»Du meinst auch, daß Frazer…«

Der Alte zuckt resigniert mit den Schultern und seufzt.

»Meinen – meinen«, murmelt er. »Beweise muß man haben, nur die zählen. Frazer war zu Hause, Staines in der Stadt. Meeker, der schlimmste Bursche aus Frazers Verein, wurde in Nogales gesehen, als Old Abe umkam. Und dennoch, ich werde das verdammte Gefühl nicht los, daß der Tod Abes kein Zufall gewesen ist. Gut, Miß, ich werde mitkommen nach Tucson. Charlie doch sicher auch, wie? Und, Miß: Denken Sie nicht dauernd daran! Old Abe sagte einmal, er möchte nie im Bett sterben.«