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Tina Keller

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Beschreibung

Chiara ist verzweifelt. Ihr neuer Boss Tom macht ihr das Leben schwer und sie sieht nur einen Ausweg: Office Managerin Melinda soll sich selbst davon überzeugen, dass Tom ein Bad Boss ist und ein paar Tage zur Probe bei ihm arbeiten. Melinda lässt sich auf den Deal ein und stellt zu ihrem Ärger fest, dass Tom nicht nur arrogant und anmaßend ist, sondern sie völlig durcheinander bringt und in ihr Phantasien aufkommen lässt, die so gar nichts an ihrem Arbeitsplatz zu suchen haben. Die Fetzen fliegen und die Funken sprühen, als Melinda versucht, Tom Höflichkeit und Manieren beizubringen. Und dann kommt der Abend, der alles verändert ...

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Kapitel 1 – Melinda

„Ich kann für diesen Sklaventreiber einfach nicht mehr arbeiten“, weint Chiara und putzt sich geräuschvoll die Nase. „Ich bin das reinste Nervenbündel, seit dieser Arsch hier angetreten ist. Er kommandiert mich den ganzen Tag lang herum, sagt nicht ‚bitte‘ und ‚danke‘ und ich kann ihm rein gar nichts recht machen. Ich halte das keinen Tag länger aus. Entweder ich stürze mich aus dem Fenster – oder ich kündige.“

Chiara sitzt vor mir wie ein Häufchen Elend. So aufgelöst habe ich sie noch nie gesehen. Eigentlich ist sie eine taffe Frau, die nichts so schnell umhaut. Die Lage ist offenbar ernst.

„Jetzt beruhige dich erst mal“, versuche ich Chiara zu trösten. „Wir werden schon eine Lösung finden.“

Dafür bin ich als Office-Managerin und Personal- Sachbearbeiterin schließlich da.

Ich arbeite seit zehn Jahren in einem riesigen Planungsbüro mit über hundert Architekten, Ingenieuren und Bauträgern. Der Hauptsitz der Firma ist in London mit zahlreichen Dependancen in Europa. Sie arbeitet weltweit und hat zahlreiche Preise für ihre außergewöhnlichen Bauten erhalten. Ich bin stolz darauf, ein kleiner Teil dieser mehrfach ausgezeichneten Firma zu sein. Mir macht mein Job großen Spaß. Natürlich gibt es auch schwierige Situationen, wie zum Beispiel heute.

Chiara und ich haben etwa zeitgleich angefangen, bei Turner Engineering & Construction zu arbeiten. Bis vor wenigen Monaten hat Chiara ihr Job noch viel Spaß gemacht. Dann jedoch ging ihr Vorgesetzter, ein netter älterer Herr, in den wohlverdienten Ruhestand. Sein Nachfolger ist ein dynamischer, erfolgreicher Architekt mit innovativen Ideen, den die Firma sehr teuer eingekauft hat. Er war das Geld offenbar mehr als wert, denn er hat schon einige höchst lukrative Aufträge an Land gezogen. Für die Firma ist er ein echter Gewinn. Für seine Assistentin ist er offenbar eine Katastrophe.

„Was für eine Lösung willst du denn da finden?“, schluchzt Chiara. „Entweder ich gehe oder er. Und da er für die Firma weitaus wichtiger ist als ich, wird es wohl darauf hinauslaufen, dass ich gehe. Eine neue Sekretärin lässt sich schnell finden. Vielleicht liegt es ja auch an mir. Vielleicht bin ich zu dünnhäutig. Vielleicht stimmt die Chemie zwischen uns einfach nicht. So etwas gibt es ja.“

Chiara nimmt ihr Wasserglas vom Tisch und ich sehe, dass ihre Hände zittern. Sie tut mir von Herzen leid. Ich weiß, dass sie immer gern hier gearbeitet hat und ihren Job über alles liebt. Auf keinen Fall werde ich zulassen, dass sie kündigt.

„Was stört dich denn konkret an ihm?“, hake ich nach. „Kannst du mir ein paar Beispiele nennen?“

„Er hat überhaupt keine Umgangsformen“, beschwert sich Chiara. „Er knurrt mir irgendeinen Befehl zu und erwartet, dass ich sofort springe – egal, was ich gerade mache. Ich erwarte wirklich nicht, dass er mir einen roten Teppich ausrollt, aber er könnte sich wenigstens ein ‚Guten Morgen‘ abringen, oder ist das zu viel verlangt?“

„Sicher nicht“, stimme ich ihr zu. „Aber du weißt, dass manche Architekten total in ihre Arbeit vertieft sind und nichts um sich herum mitkriegen. Ihnen fällt gar nicht auf, dass noch jemand außer ihnen im Raum ist. Abgesehen davon wollte Tom keine Sekretärin haben, weil er lieber alles allein macht, wie er mehrfach betont hat. Möglicherweise liegt es an seiner Einstellung. Wenn er gar keine Assistentin will, sieht er wahrscheinlich nur die Fehler, die sie macht, damit er triumphierend sagen kann: ‚Seht ihr, ich habe es doch gewusst. Allein hätte ich das viel besser hingekriegt.‘“

„Genau“, nickt Chiara. „Er hält mich für überflüssig und lässt mich das dauernd spüren. Dass er mich zum Teufel wünscht, ist mehr als offensichtlich. Aber wenn er keine Sekretärin haben will, warum habt ihr ihm dann eine zugeteilt? Dann soll er seinen Scheiß doch allein machen, wenn er glaubt, er selbst sei unfehlbar.“

„Weil er eine Sekretärin braucht – ob ihm das nun bewusst ist oder nicht“, erkläre ich. „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass er höchstpersönlich seitenlange Baubeschreibungen Korrektur lesen will?“

„Das kann ich mir auch nicht vorstellen“, seufzt Chiara. „Dafür bin ich dann doch wieder gut genug. Und für andere, total bescheuerte Aufgaben. Stell dir vor, letztens musste ich eine Liste mit tausend Frauennamen und den dazugehörigen Telefonnummern anfertigen. Also echt, ich bin doch nicht die Verwalterin seiner Fickbeziehungen! Was denkt der Kerl sich eigentlich?“

Ich muss grinsen. Tom ist mit Abstand der heißeste Typ, der bei uns arbeitet. Er sieht unverschämt gut aus und die gesamte weibliche Belegschaft schmachtet ihn an. Das ist auch kein Wunder, denn er ist total durchtrainiert und mit seinem markanten Gesicht der Inbegriff von Männlichkeit. Er ist wirklich der absolute Hingucker. Ob diese Tatsache etwas mit Chiaras Problem zu tun hat?

„Du bist jetzt aber nicht auf die Frauen auf der Liste eifersüchtig, oder?“, erkundige ich mich sicherheitshalber. „Ich meine – ist es ein Problem für dich, dass Tom so verdammt gut aussieht? Interessiert er dich als Mann?“

Chiara zuckt mit den Schultern.

„Klar, er sieht geil aus – und welche Frau würde ihn schon von der Bettkante stoßen? Aber ganz ehrlich: Bei seiner unmöglichen Art vergesse ich das ganz schnell wieder. Okay, manchmal macht er mich schon nervös und es fällt mir schwer, mich zu konzentrieren, aber das ist nicht mein Hauptproblem. Mein Hauptproblem ist seine herrische Art und dass er mich behandelt wie einen Sklaven.“

„Okay, ich werde mit ihm sprechen“, beschließe ich. „Ich werde ihn fragen, warum er so unhöflich ist und ob ihm das überhaupt bewusst ist. Vielleicht ist ihm das gar nicht klar. Bist du damit einverstanden, wenn ich mit ihm rede? Naja, das wirst du ja wohl sein, sonst wärst du schließlich nicht hier. Oder sollen wir uns zu dritt zusammensetzen? Ich könnte eine Art Mediator für euch sein. Das wäre vielleicht am besten, denn so kannst du direkt hören, was er dazu sagt.“

Chiara winkt erschrocken ab.

„Nein, bloß nicht. Sprich du erst mal allein mit ihm. Ich will nicht mit ihm reden.“

„Warum das denn nicht?“, frage ich. „Normalerweise bist du doch gar nicht so ängstlich.“

„Aber bei ihm schon“, gesteht Chiara zu meiner Verwunderung. „Er macht mich ganz nervös. Wenn es sein muss, kann ich ja bei einem zweiten Gespräch dazu kommen.“

Wir sprechen noch eine Weile über die Details und ich mache mir Notizen. Eigentlich gibt es wenig, was man nicht mit einem klärenden Gespräch aus der Welt schaffen kann. Ich bin mir sicher, auch bei Chiara wird sich eine Lösung finden lassen.

„Weißt du, was eine coole Idee wäre?“ Chiaras Augen glänzen auf einmal. „Und womit du mir echt helfen könntest?“

Ich schüttele den Kopf.

„Nein, weiß ich nicht. Lass hören.“

Chiara verknotet ihre Finger ineinander.

„Es hört sich vielleicht ein bisschen skurril an … Aber ich fände es toll, wenn du dir selbst ein Bild von Tom als Vorgesetztem machen würdest. Ich meine, ich kann dir viel erzählen, aber vielleicht denkst du, ich übertreibe maßlos. Wie wäre es, wenn du dich ganz praktisch in meine Lage versetzen würdest?“

Verständnislos sehe ich Chiara an.

„Wie meinst du das?“, frage ich. „Wie soll ich mich ganz praktisch in deine Lage versetzen?“

„Indem du eine Weile für ihn arbeitest“, schlägt Chiara eifrig vor. „Ich habe ab morgen drei Wochen Urlaub. Das wäre einfach perfekt. Du bist in diesen drei Wochen seine Assistentin und kannst dir danach ein Urteil darüber erlauben, wie er als Boss so ist. Und wenn du der Meinung bist, dass er unausstehlich ist, kannst du ihn gleich mal umerziehen.“

„Ihn umerziehen? Ich bin doch nicht seine Mutter“, erwidere ich lachend. „Außerdem geht das gar nicht. Erstens müsste er damit einverstanden sein …“

„Das ist er sicher“, unterbricht Chiara mich euphorisch. „Ganz bestimmt.“

„Zweitens habe ich keine Zeit, um seine Sekretärin zu spielen“, erkläre ich. „Schließlich habe ich auch noch einen Job. Und zwar einen, bei dem ich nicht den ganzen Tag lang Däumchen drehe.“

„Aber du kannst doch sicher einiges delegieren“, bettelt Chiara. „Du gibst einen Teil deiner Arbeit ab und erledigst dafür meine.“

„Irgendjemand soll einen Teil meines Jobs machen, damit ich einen Teil deines Jobs übernehme?“, fasse ich zusammen. „Das ist schon ein bisschen crazy, oder?“

„Ist es nicht“, widerspricht Chiara. „Du würdest mir damit unheimlich helfen. Wenn du das nicht tust, was soll denn dann aus mir werden? Ich kann so echt nicht weitermachen. Dann muss ich eben kündigen.“

Ihr schießen Tränen in die Augen.

„Ich habe zwar wahnsinnig gern hier gearbeitet, aber so geht es nicht weiter. Das kann ich auf die Dauer nicht. Aber gut, ihr werdet auch ohne mich auskommen. Ich bin nicht so wichtig. Ob nun ich oder eine andere Sekretärin den Job macht, ist piep egal.“ “

Ich seufze auf.

„Was soll das bringen, wenn ich weiß, wie er als Boss ist?“, versuche ich, meinen neuen Teilzeit-Job abzuwehren. „Davon wird er sich dir gegenüber auch nicht anders verhalten.“

„Wenn du ihm die Leviten liest, dann schon“, glaubt Chiara. „Du hast viel mehr Einfluss als ich. Du bist die Personal-Referentin. Auf dich hört er bestimmt. Wenn du ihm sagst, dass er sich unmöglich verhält, hat das ein ganz anderes Gewicht, als wenn ich ihm das sage. Und dann kannst du ihm gleich klarmachen, wie er sich im besten Fall verhalten soll.“

„Ich bezweifle, dass er sich von mir Anregungen geben lässt“, bin ich nicht gerade optimistisch.

Ehrlich gesagt halte ich Chiaras Vorschlag für die absolute Schnapsidee. Ich habe überhaupt keine Lust, mich von einem Möchtegern-Chauvinisten herum kommandieren zu lassen. Ich bin froh, dass ich in meinem Job weitestgehend selbstständig arbeiten kann und mir von so gut wie niemandem etwas sagen lassen muss. Andererseits möchte ich Chiara natürlich helfen. Unschlüssig sehe ich sie an.

„Bitte“, schmeichelt meine Kollegin. „Bitte, bitte, bitte. Ich tue auch alles, was du willst. Ich putze deine Wohnung, gehe für dich einkaufen, hole dir in der Mittagspause was zu essen, wenn ich wieder da bin.d Ich mache alles. Versprochen.“

„Das ist Bestechung“, ermahne ich sie.

Chiara winkt ab. „Egal. Ach komm, Melinda, tu mir den Gefallen. Wenn du in den Urlaub gehst, finden sich doch auch Leute, die dich vertreten und deine Arbeit machen. Vielleicht reichen ja auch schon ein paar Tage. Bitte hilf mir.“

Dem Welpenblick, den sie jetzt aufsetzt, kann niemand widerstehen. Ich als großer Hundeliebhaber schon gar nicht.

„Also gut“, sage ich, schon halb überredet. „Aber natürlich muss ich erst mit Tom abklären, ob er damit einverstanden ist.“

Chiara klatscht vor Freude in die Hände.

„Ja, natürlich“, pariert sie. „Sprich mit ihm. Aber er ist ganz sicher einverstanden. Danke, dass du das machst, Melinda. Du bist wirklich ein Schatz.“

Sie springt von ihrem Stuhl auf, umrundet den Schreibtisch und reißt mich in ihre Arme.

„Das werde ich dir nie vergessen“, verspricht sie. „Nie im Leben.“

„Schon gut“, lache ich und drücke sie. „Eine Frage habe ich noch: Warum kommst du erst jetzt zu mir? Du arbeitest doch schon seit einigen Wochen für ihn.“

Chiara zuckt mit den Schultern und antwortet nicht sofort.

„Ich wollte erst mal versuchen, allein damit klarzukommen“, antwortet sie schließlich. „Ich habe gedacht, das sind vielleicht nur Anfangsschwierigkeiten und es renkt sich irgendwann ganz von selbst ein. Das war aber leider nicht der Fall.“

„Okay.“ Das klingt für mich plausibel. „Es ist gut, dass du damit zu mir gekommen bist, anstatt noch monatelang unglücklich zu sein und irgendwann vielleicht tatsächlich zu kündigen.“

„Das finde ich auch“, bestätigt Chiara. „Und du wirst dieses Problem ganz sicher lösen. Davon bin ich fest überzeugt.“

„Hoffen wir’s.“

Ich bin zwar nicht davon überzeugt, aber einen Versuch ist es allemal wert. Dann bin ich eben für ein paar Tage Toms Sekretärin. Ich werde schon mit ihm fertig werden, da mache ich mir keine Sorgen.

Kapitel 2 – Melinda

„Einen wunderschönen guten Morgen, Herr Jansen“, begrüße ich den Star-Architekten am nächsten Tag. „Hätten Sie ein paar Minuten Zeit für mich?“

Tom blickt mich mit gerunzelter Stirn und wirrem Blick an. Sein Schreibtisch ist überladen mit Entwürfen und Zeichnungen und er sieht so aus, als habe er die ganze Nacht hier verbracht.

„Eigentlich nicht“, erwidert er uncharmant. „Wie Sie vielleicht sehen, habe ich die ganze Nacht durchgearbeitet. Mir steht jetzt wenig der Sinn nach irgendwelchen Gesprächen.“

Er setzt ein abweisendes, muffiges Gesicht auf und ich kann verstehen, dass Chiara sich in seiner Gegenwart nicht wohlfühlt. Wenn mich mein Vorgesetzter so anmaulen würde, würde ich auch nicht gern für ihn arbeiten.

„Okay, wenn Sie heute zu müde sind, dann nennen Sie mir einen Termin, an dem es Ihnen besser passt“, komme ich ihm entgegen.

„Ich habe nicht gesagt, dass ich müde bin“, fährt Tom mich an. „Ich habe nur wichtigeres zu tun, als mit Ihnen ein Schwätzchen zu halten.“

„Ich will mit Ihnen kein Schwätzchen halten“, stelle ich klar. „Es geht um das Verhältnis zu Ihrer Sekretärin. Sie hat mich gebeten, mit Ihnen zu sprechen.“

Tom fährt sich durch seine Haare, die in alle Richtungen abstehen. Gegen meinen Willen registriere ich, dass er absolut atemberaubend aussieht. Es gibt Menschen, die sind von Natur aus schön, ohne dass sie irgendetwas dafür tun müssen. Tom gehört zu dieser Gattung. Er ist groß, athletisch, hat ein markantes Gesicht mit unfassbar schönen Augen und ist ein absoluter Hingucker. Ich kann mir vorstellen, dass ihm die Frauen scharenweise hinterher laufen. Die Liste, die Chiara für ihn anfertigen musste, war bestimmt ziemlich lang.

„Wieso spricht sie nicht selbst mit mir?“, murrt Tom ungnädig. „Ist sie zu feige? Ich beiße nicht.“

„Genau das zweifelt sie an“, kann ich mir nicht verkneifen. „Haben Sie jetzt Zeit oder sollen wir einen Termin vereinbaren?“

Tom stöhnt gequält auf und rauft sich wieder seine Haare.

„Wenn es unbedingt sein muss und ich mir vorher einen Kaffee holen kann …“, lenkt er ein.

„Nur zu“, ermuntere ich ihn.

Mürrisch steht er auf und schlurft von dannen. Selbstverständlich ist er nicht auf die Idee gekommen, mich zu fragen, ob ich auch einen Kaffee wollte, aber damit habe ich auch gar nicht gerechnet.

„Also, gut, reden wir“, seufzt Tom ergeben, als er mit seinem Kaffee zurückkehrt. Er setzt sich auf seinen Stuhl und legt lässig die Beine auf seinen Schreibtisch.

„Was ist mit Frau Marquardt?“, will er wissen.

„Sie fühlt sich unwohl mit Ihnen“, informiere ich ihn. „Offenbar legen Sie keinen gesteigerten Wert auf Umgangsformen, und damit hat Frau Marquardt ein Problem.“

„Ich bin hier, um zu arbeiten“, teilt Tom mir mit und nimmt einen Schluck von seinem Kaffee. „Ich bin nicht hier, um Konversation zu betreiben. Dazu habe ich schlicht und ergreifend keine Zeit. Wenn ich ständig Erklärungen abgeben muss, die nicht nötig sind, kann ich schon etwas ungehalten werden. Frau Marquardt ist hier, um mich zu entlasten, aber ehrlich gesagt belastet sie mich nur. Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich keine Unterstützung brauche. Es ist mir lieber, wenn ich alles allein mache, dann geht es auch schneller. Ich habe keine Lust, meiner Assistentin zu erklären, wo sich das Fragezeichen auf der Tastatur befindet. Verstehen Sie, was ich meine?“

Oh Mann, Chiara hatte völlig recht: Er ist wirklich ein ungehobelter Grobian. Ob er seine Ansicht Chiara auch so unverfroren klarmacht? Kein Wunder, dass sie völlig durch den Wind ist.

„Wieso haben Sie den Eindruck, dass Frau Marquardt sie eher be- als entlastet?“, will ich wissen. „Sie hat zehn Jahre für Ihren Vorgänger gearbeitet und der war immer sehr zufrieden mit ihr.“

„Darum muss ich es aber nicht sein, oder?“, erwidert Tom mit hochgezogenen Augenbrauen. „Jedes Mal, wenn ich in meine Arbeit vertieft bin, reißt sie mich raus, weil sie mir wieder irgendeine Frage stellen muss.“

„Das kommt vor“, sage ich schnippisch. „Es soll passieren, dass Chef und Sekretärin miteinander reden und Rückfragen haben.“

Tom verdreht die Augen.

„Ich habe keine Zeit für endloses Höflichkeitsgeschwafel“, erklärt er. „Was will meine Assistentin denn hören? ‚Hätten Sie vielleicht heute noch Zeit, um diesen Stapel zu kopieren? Natürlich nur, wenn es Ihnen nichts ausmacht und Sie mit dieser Aufgabe nicht über- oder unterfordert sind. Ich würde mich wirklich sehr darüber freuen und bin schon jetzt zutiefst dankbar.‘ Bei mir läuft das eben zackiger ab.“

Das kann ich mir lebhaft vorstellen.

„Wahrscheinlich knallen Sie Frau Marquardt den Stapel Kopien auf den Schreibtisch und sagen nur ‚Kopieren!‘“, vermute ich.

Tom grinst diabolisch.

„Das spare ich mir. Auf dem Stapel klebt ein Post It mit dem entsprechenden Zeichen und der Angabe, bis wann ich die Kopien brauche. Und ich lege Frau Marquardt den Stapel nicht auf den Tisch, sondern sie holt ihn sich aus meinem Ausgangskorb. Mindestens einmal pro Stunde muss sie checken, was sich in diesem Korb befindet. Es ist nicht meine Aufgabe, ihr die Arbeit nachzutragen. Sie muss sie sich schon holen.“

„Bei Ihnen geht es aber zackig zu“, resümiere ich. „Dennoch glaube ich, dass es Ihre Zeit zulässt, zumindest ein bisschen Höflichkeit einzubringen. Das ist lediglich eine Frage der Einstellung.“

Tom zuckt gelangweilt mit den Schultern.

„Da müsste ich erst einen Kurs machen. Ich habe es bei der Arbeit nicht so mit Umgangsformen.“

„Wenn Sie eine Frau kennenlernen, die Sie interessiert, werden Sie wohl auch freundlich und nett sein“, vermute ich.

Gemäß dem Grundsatz „Wer ficken will, muss freundlich sein“, aber das verkneife ich mir gerade noch.

---ENDE DER LESEPROBE---