Begehrt von einem Highlander - Paula Quinn - E-Book

Begehrt von einem Highlander E-Book

Paula Quinn

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Beschreibung

Eine Liebe, aus Feuer geboren

Schottland 1685: Als durch den Rauch und die Flammen des brennenden Klosters ein berittener Krieger auf sie zuprescht, ist Lady Davina Montgomery sicher, dass dies ihr letzter Augenblick auf Erden ist. Doch statt eines englischen Angreifers taucht der Highlander Robert MacGregor vor ihr auf und trägt sie auf seinen starken Armen in Sicherheit. Mit dem Kloster auch ihrer Zuflucht beraubt, ist Robert plötzlich ihr einziger Verbündeter. Und seine verführerischen Blicke lassen sie beinahe vergessen, dass ihr ein unbekannter Feind nach dem Leben trachtet ...

Ein mitreißender Liebesroman vor der wildromantischen Kulisse der schottischen Highlands.

Weitere Historical-Romance-Titel der Children-of-the-Mist-Reihe: Band 2: Verführt von einem Highlander, Band 3: Bezwungen von einem Highlander.

"Paula Quinn zeigt ihr Talent in dieser packenden Geschichte voller Atmosphäre und leidenschaftlicher Figuren." ROMANTIC TIMES

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.


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Seitenzahl: 490

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Weitere Titel der Autorin

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Fußnoten

Weitere Titel der Autorin

Children of the Mist-Trilogie – Die MacGregors

Band 2: Verführt von einem Highlander

Band 3: Bezwungen von einem Highlander

Über dieses Buch

Eine Liebe, aus Feuer geboren

Schottland 1685: Als durch den Rauch und die Flammen des brennenden Klosters ein berittener Krieger auf sie zuprescht, ist Lady Davina Montgomery sicher, dass dies ihr letzter Augenblick auf Erden ist. Doch statt eines englischen Angreifers taucht der Highlander Robert MacGregor vor ihr auf und trägt sie auf seinen starken Armen in Sicherheit. Mit dem Kloster auch ihrer Zuflucht beraubt, ist Robert plötzlich ihr einziger Verbündeter. Und seine verführerischen Blicke lassen sie beinahe vergessen, dass ihr ein unbekannter Feind nach dem Leben trachtet …

Ein mitreißender Liebesroman vor der wildromantischen Kulisse der schottischen Highlands.

Über die Autorin

Paula Quinn lebt mit ihrem Mann, drei Kindern und einem kleinen Zoo in New York. Sie liest gern Liebesromane und Science-Fiction und schreibt, seit sie elf Jahre alt ist. In Ihren historischen Liebesromanen aus den Highlands verbindet sie ihre Leidenschaften: Geschichte und Schottland.

Paula Quinn

BEGEHRTVON EINEMHIGHLANDER

Aus dem Amerikanischen vonSusanne Kregeloh

beHEARTBEAT

Digitale Neuausgabe

»be« - Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2010 by Paula Quinn

Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Ravished by a Highlander«

Published by arrangement with Grand Central Publishing,

New York, NY, USA

All rights reserved

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur

Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2012/2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Dorothee Cabras

Covergestaltung: Guter Punkt, München | www.guter-punkt.de unter Verwendung von Motiven © hotdamnstock; © shutterstock: Nella | Viachaslau Kraskouski

eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-6547-4

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Für meine Mom –deine Kraft kennt keine Grenzen …

Kapitel 1

An der Südgrenze SchottlandsFrühjahr 1685

Eingehüllt vom Schweigen einer Welt, die sie nicht kannte, stand Davina Montgomery allein auf dem Glockenturm des Klosters St. Christopher. Es war seit Stunden dunkel, und dank der Männer, die hierhergeschickt worden waren, um sie zu beschützen, schliefen die Nonnen unten in der Abtei friedlich in ihren Betten. Aber für Davina gab es nur wenig Frieden. Der weite indigofarbene Himmel, zu dem sie hochschaute, war von Sternen übersät, die so nah zu sein schienen, dass man glaubte, sie mit Händen greifen zu können. Was sollte sie sich wünschen? Ihr trauriger Blick glitt nach Süden, dorthin, wo England lag, und dann voller Sehnsucht, die ebenso stark wie ihre Trauer war, zu den vom Mondlicht beschienenen Berggipfeln im Norden. Welches Leben würde sie wählen, hätte sie eine Wahl? Eine Welt, in der sie vergessen worden war, oder eine, in der niemand sie kannte? Davina lächelte betrübt, während der Wind ihr das Novizinnengewand gegen den Körper presste. Aber was brachte es zu grübeln, wenn über ihre Zukunft bereits entschieden worden war? Sie wusste, was kam. Es würde keine Abweichungen geben. Das hieß, wenn sie das nächste Jahr überlebte. Davina wandte den Blick von dem Land ab, in das sie niemals gehen würde, und von dem Menschen, der sie niemals würde sein können.

Sie hörte leise Schritte hinter sich, wandte sich aber nicht um, denn sie wusste, wer es war.

»Armer Edward«, sagte sie. »Ich kann mir vorstellen, dass Euch fast das Herz stehen geblieben ist, als Ihr mich nicht in meiner Kammer vorgefunden habt.«

Als er schwieg, bedauerte sie, ihn wegen der Ernsthaftigkeit, mit der er seine Pflicht erfüllte, geneckt zu haben. Captain Edward Asher war hierhergeschickt worden, um sie zu beschützen. Das war vor vier Jahren gewesen, nachdem Captain Geoffries krank geworden und von seinem Kommando entbunden worden war. Seitdem war Edward zu mehr als nur ihrem Beschützer geworden. Er war ihr bester Freund, jemand, dem sie vertrauen konnte, hier, innerhalb der dicken Mauern, die ihr Schutz vor den Absichten ihrer Feinde gaben. Edward kannte Davinas Ängste und akzeptierte ihre Fehler.

»Ich wusste, wo ich Euch finde«, sagte er schließlich, und seine Stimme war kaum lauter als ein Wispern.

Er wusste es immer. Nicht, dass es viele Orte gab, an denen er suchen müsste. Davina war es nicht erlaubt, die Abtei zu verlassen, deshalb stieg sie oft auf den Glockenturm hinauf, um zumindest ihre Gedanken frei schweifen zu lassen.

»Mylady …«

Bei seiner leisen Anrede wandte sie sich um und verbarg ihre Träume und Sehnsüchte hinter einem sanften Lächeln. Sie behielt sie für sich und teilte sie mit niemandem, nicht einmal mit ihm.

»Bitte, ich …«, begann er, erwiderte ihren Blick und verhaspelte sich, als verwirrte ihn das Gesicht, in das er jeden Tag schaute, noch immer so sehr wie beim ersten Mal, als er es gesehen hatte. Er liebte sie, auch wenn er das niemals offen ausgesprochen hatte, aber er verbarg auch nicht, was er empfand. Alles stand in seinen Augen geschrieben, seine Gefühle, seine Ergebenheit … und eine tiefe Resignation, von der Davina vermutete, dass sie mehr mit ihr zu tun hatte, als er jemals wagen würde zuzugeben. Ihr Weg würde ein anderer sein, das war festgelegt worden, und Davina könnte Edward niemals gehören. »Lady Montgomery, kommt weg vom Turm, ich bitte Euch! Es ist nicht gut, hier draußen allein zu sein.«

Er sorgte sich um sie, und sie wünschte, es wäre nicht so. »Ich bin nicht allein, Edward«, versicherte sie ihm. Sollte ihr Leben so bleiben, wie es war, würde sie einen Weg finden, glücklich zu sein. Das war ihre Art. »Mir ist viel gegeben worden.«

»Das ist wahr«, stimmte er zu und ging näher zu ihr. Dann blieb er stehen. »Euch ist gelehrt worden, Gott den Herrn zu fürchten und Euren König zu lieben. Die Schwestern verehren Euch ebenso wie meine Männer. Wir sind Eure Familie. Aber das ist nicht genug.« Er wusste, sie würde dem niemals beipflichten, deshalb sprach er es für sie aus.

Doch all das musste genug für sie sein. Denn auf diese Weise war es sicherer – weggeschlossen zu sein von jenen, die ihr nach dem Leben trachten würden, sollten sie Davina jemals aufspüren.

Davina wusste, dass Edward alles wagen würde, um sie zu retten. Er hatte es ihr oft gesagt, hatte sie immer wieder vor der Gefahr gewarnt. Unermüdlich mahnte er sie, niemandem zu trauen, nicht einmal jenen, die behaupteten, sie zu lieben. Seine Lektionen führten dazu, dass Davina sich oft ein wenig hoffnungslos fühlte, obwohl sie ihm das niemals eingestehen würde.

»Ich wünschte, ich könnte Eure Feinde töten«, sagte er jetzt beschwörend, »und mit ihnen all Eure Ängste.«

Er versuchte, sie zu trösten, aber – du lieber Himmel – sie wollte in einer solch atemberaubenden Nacht nicht über die Zukunft reden. »Dank Gott und Euch kann ich sie selbst töten«, erwiderte sie und wandte sich von der Mauer ab, um zu ihm zu gehen. Sie lächelte ihn an.

»Das kann ich bestätigen«, sagte er und hatte zu seiner guten Laune zurückgefunden, als Davina vor ihm stand. »Ihr habt die Lektionen, Euch zu verteidigen, gut gelernt.«

Sie legte die Hand auf seinen Arm und drückte ihn leicht. »Hätte ich Euch denn enttäuschen sollen, nachdem Ihr das Entsetzen der Äbtissin riskiert habt, mir darin Unterricht zu geben?«

Edward lachte mit ihr, und sie beide fühlten sich in ihrer Vertrautheit wohl. Aber schon bald wurde er wieder ernst. »James wird in weniger als einer Woche gekrönt.«

»Ich weiß.« Davina nickte und wandte sich wieder gen England. Sie weigerte sich, sich von ihren Ängsten beherrschen zu lassen. »Vielleicht«, sagte sie, und eine Spur von Trotz blitzte dabei in ihrem traurigen Blick auf, »sollten wir an der Krönungszeremonie teilnehmen, Edward. Wem würde es schon einfallen, in Westminster nach mir zu suchen?«

»Mylady …« Er streckte die Hand nach ihr aus. »Das können wir nicht. Ihr wisst …«

»Ich habe nur gescherzt, lieber Freund.« Sie neigte den Kopf und sprach über die Schulter zu ihm. Sorgsam verbarg sie so die Last, die am schwersten auf ihr Herz drückte, eine Last, die nichts mit ihrer Angst zu tun hatte. »Aber hört, Edward, müssen wir denn wirklich jetzt darüber reden?«

»Ja, ich denke, das müssen wir«, entgegnete er eindringlich und sprach rasch weiter, ehe sie protestieren konnte. »Ich habe die Äbtissin gefragt, ob wir Euch in die Abtei Courlochcraig in Ayr bringen können. Ich habe bereits eine Nachricht dorthin …«

»Auf gar keinen Fall«, unterbrach Davina ihn. »Ich werde mein Zuhause nicht verlassen. Außerdem haben wir keinen Grund anzunehmen, dass meine Feinde überhaupt etwas von mir wissen.«

»Es wäre nur für ein oder zwei Jahre. Bis wir sicher sein können, dass …«

»Nein«, wiederholte sie, und dieses Mal wandte sie sich zu ihm um. »Edward, wollt Ihr, dass wir von hier fortgehen und es den Schwestern überlassen, sich allein unseren Feinden zu stellen, sollten sie auf der Suche nach mir hierherkommen? Welche Verteidigungsmöglichkeit hätten die Nonnen ohne Eure Männer und Eure Waffen? Sie werden St. Christopher nicht verlassen und ich auch nicht.«

Er seufzte und schüttelte über ihre Worte den Kopf. »Ich kann nicht mit Euch streiten, wenn Ihr Euch mutiger zeigt als ich. Aber ich bete darum, dass ich es nicht bereuen muss. Also gut.« Die Falten in seinem attraktiven Gesicht glätteten sich. »Ich werde mich Euren Wünschen beugen. Für den Moment jedoch«, fügte er dann hinzu und bot ihr seinen Arm, »erlaubt mir, Euch in Euer Zimmer zu führen. Es ist spät, und die Ehrwürdige Mutter wird Euch gegenüber keine Gnade zeigen, wenn der Hahn kräht.«

Davina legte eine Hand in seine Armbeuge und wischte seinen Einwand mit der anderen fort. »Ich habe nichts dagegen, beim ersten Sonnenstrahl aufzustehen.«

»Warum solltet Ihr auch«, entgegnete er, und seine Stimme klang jetzt so unbeschwert wie Davinas, als er sie aus dem Glockenturm führte, »wenn Ihr während der Stunde, in der Ihr Euch still beschäftigen sollt, sofort weiterschlaft?«

»Es war nur das eine Mal, dass ich eingeschlafen bin«, verteidigte sie sich und schlug ihm leicht auf den Arm. »Und wisst Ihr mit Eurem Tag eigentlich nichts Wichtigeres anzufangen, als mir nachzuspionieren?«

»Drei Mal«, korrigierte er sie und ignorierte ihr Stirnrunzeln, von dem er wusste, dass es nicht ernst gemeint war. »Und ein Mal habt Ihr sogar geschnarcht.«

Ihre Augen wurden so groß wie ihr Mund. »Ich habe noch nie in meinem Leben geschnarcht!«

»Bis auf dieses eine Mal, meint Ihr?«

Sie sah aus, als wollte sie seiner Anklage erneut widersprechen, biss sich aber stattdessen auf die Lippen. »Und dann noch einmal während Schwester Bernadettes Klavierabend. Ich musste eine Woche lang Buße tun. Erinnert Ihr Euch?«

»Wie könnte ich das vergessen?«, lachte er. »Meine Männer haben während dieser Zeit ihre Pflichten vernachlässigt, weil sie lieber an Eurer Tür gelauscht haben, während Ihr laut zu Gott über alles außer über Eure Verfehlung gesprochen habt.«

»Gott wusste bereits, warum ich eingeschlafen war«, erklärte sie und lächelte, als Edward grinste. »Ich wollte nicht schlecht über Schwester Bernadettes Können sprechen … oder darüber, dass sie gar keines hat. Nicht einmal zu meiner eigenen Verteidigung hätte ich das ausgesprochen.«

Sein Lachen verklang und wurde zu einem Lächeln, das ein wenig betrübt wirkte. Sie standen jetzt vor Davinas Zimmertür. Als Edward nach ihrer Hand griff, bemühte sich Davina, die Überraschung zu verbergen. Sie sollte ihn nicht davon abbringen, sie zu berühren. »Vergebt mir meine Kühnheit, doch es gibt etwas, das ich Euch sagen muss. Etwas, das ich Euch schon vor langer Zeit hätte gestehen sollen.«

»Natürlich, Edward«, entgegnete sie leise und ließ die Hand in seiner ruhen. »Ihr wisst, Ihr könnt immer ganz offen mit mir reden.«

»Zuerst würde ich Euch gern wissen lassen, dass Ihr begonnen habt, mir sehr viel zu bedeuten und …«

»Captain!«

Davina beugte sich über den Treppenschacht und sah Harry Barns, Edwards Stellvertreter, durch die Tür der Abtei stürmen.

»Captain!« Harry rief zu ihnen herauf, sein Gesicht war blass, und sein Atem ging schwer vom Laufen. »Sie kommen!«

Für einen lähmenden Moment bezweifelte Davina, Harrys Worte richtig verstanden zu haben. Seit vier Jahren warnte man sie vor diesem Tag, und sie hatte beständig darum gebetet, dass er nicht kommen möge. »Edward«, fragte sie dumpf und am Rande purer Panik, »wie haben sie uns so bald nach König Charles’ Tod finden können?«

Er kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf, als weigerte auch er sich zu glauben, was er gehört hatte. Aber es war keine Zeit für Zweifel. Er fuhr auf dem Absatz herum, packte Davina am Arm und schob sie in ihr Zimmer. »Bleibt hier! Und verriegelt Eure Tür!«

»Was soll uns das nützen?« Sie griff nach ihrem Bogen und dem Köcher mit den Pfeilen und ging zurück zur Zimmertür und zu Edward, der ihr den Weg versperrte. »Bitte, lieber Freund. Ich will nicht allein in meinem Zimmer sitzen und abwarten. Ich werde vom Glockenturm auf die Feinde schießen – bis es dort nicht mehr sicher ist.«

»Captain!« Barns stürmte die Treppe herauf und nahm immer drei Stufen auf einmal. »Wir müssen uns bereit machen. Sofort!«

»Edward«, Davinas Stimme hielt ihn zurück, »Ihr habt mich für diese Situation ausgebildet. Und wir brauchen jede verfügbare Waffe. Ihr werdet mich nicht davon abhalten, für mein Zuhause zu kämpfen.«

»Eure Befehle, Captain, bitte!«

Davina schaute noch einmal zurück, als sie auf die schmale Treppe zulief, die hinauf zum Turm führte.

»Harry!«, hörte sie Edward hinter sich rufen. »Bereitet die Fässer vor und bringt das Pech zum Kochen! Ich will, dass jeder Mann alarmiert wird und für meine Befehle bereitsteht. Und, Harry …«

»Captain?«

»Weckt die Nonnen und sagt ihnen, sie sollen beten!«

In den frühen Morgenstunden, die auf das Massaker von St. Christopher folgten, war es Edwards Männern gelungen, die Hälfte der Armee der Feinde zu töten. Aber die Verluste der Abtei waren größer. Viel größer.

Davina stand allein auf dem Glockenturm und starrte auf die Toten hinunter, die auf dem großen Hof lagen. Der Geruch von brennendem Pech und versengtem Fleisch stach ihr in die Nase und brannte ihr in den Augen, als sie den Blick auf die Wiese vor den Toren der Abtei richtete, auf der Reiter noch immer aufeinander einschlugen, als könnte ihr Hass niemals befriedigt werden. Aber es gab keinen Hass. Sie kämpften ihretwegen, obwohl keiner von ihnen sie kannte. Doch sie kannte die Männer. Ihre Träume waren von diesen gesichtslosen Mördern heimgesucht worden seit dem Tag, an dem Edward zum ersten Mal von ihnen gesprochen hatte.

Tränen liefen Davina über die Wangen und fielen dorthin, wo ihre Freunde lagen … ihre Familie, tot oder sterbend. Davina fuhr sich mit der Hand über die Augen und suchte unter den Toten nach Edward. Eine Stunde nach Beginn des Kampfes war er zu Davina zurückgekehrt und hatte ihr befohlen, zu den Schwestern in die Kapelle zu gehen. Als sie sich geweigert hatte, hatte er sie sich wie einen Sack Getreide über die Schulter geworfen und sie dorthin getragen. Aber sie war nicht geblieben; sie hatte es nicht gekonnt. Sie war auf den Turm und zu ihrem Bogen zurückgekehrt. Mehr als ein Dutzend ihrer Feinde hatte sie getötet. Aber es waren zu viele – oder vielleicht wollte Gott der Schöpfer den Rest von ihnen auch nicht zu sich nehmen, denn sie schlachteten vor ihren Augen die Männer ab, mit denen sie gegessen und gelacht hatte.

Davina hatte sich seit so langer Zeit vor diesem Tag gefürchtet, dass diese Furcht ein Teil von ihr geworden war. Sie hatte geglaubt, darauf vorbereitet zu sein. Zumindest auf ihren eigenen Tod. Aber nicht auf den der Äbtissin. Nicht auf Edwards. Wie konnte irgendjemand sich darauf vorbereiten, die Menschen zu verlieren, die man liebte?

Verzweiflung packte sie, und für einen Moment erwog sie, von der Mauer in die Tiefe zu springen. Wenn sie tot war, würden sie aufhören zu kämpfen. Aber sie hatte zu viele Male um Mut gebetet, um Gott oder Edward jetzt zu enttäuschen. Davina griff in den Köcher auf ihrem Rücken, zog einen Pfeil heraus, spannte den Bogen und kniff die Augen zusammen, um zu zielen.

Unten, am Fuß des Turmes und außerhalb ihrer Sicht, schlich ein Soldat in Kriegsuniform, die keine englische war, an der Mauer entlang zur Kapelle. In der einen Faust hielt er eine Fackel, in der anderen ein Schwert.

Kapitel 2

Ein kalter, nasser Wind wehte Robert MacGregor das rabenschwarze Haar aus der Stirn. Er hob den Kopf und starrte auf die zinngrauen Wolken, als sollte der Himmel sich unterstehen, erneut seine Schleusen zu öffnen. Es war schon schlimm genug gewesen, dass er und seine Männer Camlochlin während eines Sturmes hatten verlassen müssen, der gedroht hatte, das Dach von Tamas MacKinnons alter Hütte zu reißen. Und in Matsch und Schlamm quer durch Schottland zu reiten machte diese Reise auch nicht angenehmer.

Rob war noch immer unschlüssig, ob er den Gründen seines Vaters zustimmte, aus denen sie den Clan verlassen hatten, um der Krönung James’ of York beizuwohnen. Denn was hatten Gesetze, die von vornehmen Adligen mit gepuderten Perücken und gerüschten Krägen gemacht wurden, mit den MacGregors zu schaffen? Nur eine Hand voll dieser feinen Herren kannte die MacGregors von der Insel Skye, und keiner von ihnen würde sich je trauen, auch nur einen Schritt in die Berge zu setzen, um ihre Gesetze durchzusetzen. Welche Treue schuldete sein Clan einem englischen König?

»Nicht immer ist eine Rebellion nötig«, gingen Rob die Worte seines Vaters durch den Sinn. »Den Clan zu beschützen muss stets an erster Stelle stehen.«

Als erstgeborener Sohn Callum MacGregors – und demzufolge als der Erbe dessen Titels als Clan-Chief der MacGregors of Skye – war Rob dazu erzogen worden, die Denkart seines Vaters zu verstehen. Er wusste, dass es klug war, dem neuen König auf höfliche Weise die Unterstützung der MacGregors zu zeigen. Auch wenn er sich so gut wie gar nicht um die politischen Verhältnisse so weit im Süden kümmerte, gab es doch viele im Parlament, die glaubten, dass das Führungsprinzip der Highland-Clans – ein Chief, der die alleinige Herrschaft ausübte – überholt wäre und abgeschafft gehörte. Wenn es also helfen würde, seinem Clan die Selbstständigkeit zu bewahren und ihm Sicherheit zu garantieren, würde Rob dem König sogar den Arsch küssen.

Für ihn spielte es keine Rolle, ob sein Vater oder er selbst der Chief war. Denn er hatte seinen Teil der Verantwortung als künftiger Chief übernommen und noch einiges darüber hinaus. Rob bewirtschaftete das Land, hütete und schor die Schafe, reparierte eingefallene Dächer und machte, meistens jedenfalls, keinen Hehl aus seinem Vergnügen an körperlich harter Arbeit. An der Seite seines Vaters traf er Entscheidungen für das Wohlergehen seiner Clan-Angehörigen und vervollkommnete aus eigenem Antrieb und gewissenhaft sein Können im Schwertkampf, weil er wusste, dass jede Schwäche des Körpers oder des Willens das zerstören konnte, was ihm gehörte. Und seit Generationen lag es den Clan-Chiefs im Blut, niemals zuzulassen, dass so etwas geschah.

Aber noch ärgerte Rob sich darüber, dass er seinen Clan hatte verlassen müssen, um Männern in den Hintern zu kriechen, die wahrscheinlich schon vor Angst schlotterten, wenn sie ein Schlachtfeld auch nur von Weitem sahen.

»Erklär mir noch einmal, warum du darauf bestanden hast, diesen Umweg zu machen«, sagte Rob zu seinem Cousin und zog an den Zügeln seines Pferdes, um es an einem Schlammloch mitten auf dem Weg vorbeizulenken. Sie hatten den Haupttrupp auf einer Straße unweit der englischen Grenze zurückgelassen, um diesen Umweg zu reiten. Es war Wills Idee gewesen, und Rob fragte sich allmählich, warum er auf ihn gehört hatte. Und warum er zugestimmt hatte, dass auch die anderen sie begleiteten.

»Wegen der Abtei St. Christopher«, rief Will ihm über die Schulter zu. »Ich habe dir doch gesagt, dass Schwester Margaret Mary dort lebt.«

»Wer zur Hölle ist Schwester Margaret Mary?«, knurrte Angus MacGregor und rieb sich das Kreuz. »Und warum hat jemand mit einem so schwarzen Herzen wie du Interesse an einer Nonne – einer Braut Christi?«

»Nach dem Tod meiner Mutter war sie sechs Jahre lang mein Kindermädchen.«

»Ich glaube, Tristan hat mal von ihr erzählt«, warf Robs jüngster Bruder Colin nachdenklich ein, während es ihm gelang, ohne Zwischenfall einen moosbewachsenen Abhang hinunterzureiten. Rob fühlte sich hin- und hergerissen – zwischen dem Gefühl der Dankbarkeit, dass sein Bruder Tristan nicht mit ihnen ritt (hauptsächlich um der Schwestern von St. Christopher willen), und der Wut auf sich selbst, Colin mit auf diese Reise genommen zu haben. Und ganz offensichtlich hatte Will keine Ahnung, wo zur Hölle dieses Kloster überhaupt lag. Denn er führte sie immer tiefer in die Berge. Eine Bande von Gesetzlosen könnte sie hier von jeder Seite her unerwartet überfallen. Nicht, dass Rob sich übermäßig über einen Kampf ärgern würde oder sich um Colins Fähigkeit sorgte, unbeschadet aus einem solchen hervorzugehen. Es wäre ihm einfach lieber, seinen jüngsten Bruder nicht dabeizuhaben, käme es zu einer Auseinandersetzung irgendeiner Art.

»Beten die Nonnen in England genauso viel wie die in Schottland?«

»Noch sind wir nicht in England«, murmelte Rob ungeduldig und schaute Finlay Grant über die Schulter hinweg an. Der Junge wirkte einen Moment erschrocken, ganz so, als hätte er sich gerade in den Augen seines Chiefs als unwissend erwiesen. Verdammt, was würde er eigentlich mit Finn machen, sollten sie tatsächlich überfallen werden? Der Junge konnte durchaus wacker kämpfen, doch er hatte bisher mehr Interesse daran gezeigt, den Dudelsack zu spielen und Geschichten von alten Helden zu erzählen, als am Schwertkampf. Jeder Laird hatte einen Barden, und Finn war dazu bestimmt, der Robs zu werden. So lästig es manchmal auch war, den Jungen stets um sich zu haben und von morgens bis abends beobachtet zu werden, für den Fall, dass er eine heroische Tat vollbrachte, die weitererzählt werden musste – Rob mochte Graham und Claire Grants jüngsten Sohn. Er war ein respektvoller Junge mit einem neugierigen Geist, und weil Finn nicht die Ursache für Robs Frustration war, sollte er auch nicht deren volle Wucht zu spüren bekommen. »Nein«, sagte Rob daher in milderem Ton als zuvor, »schottische Nonnen beten mehr.«

»Mir ist es egal, ob sie sich die Knie durch ihre Gewänder hindurch abnutzen oder nicht«, grummelte Angus und holte einen Trinkschlauch mit Whisky unter dem Plaid hervor. »Wenn diese Schwester Margaret Mary Will und Tristan großgezogen hat, hab ich nicht den Wunsch, ihr zu begegnen.«

»Still, Angus!« Rob hob die Hand, um dem alten Haudegen Schweigen zu gebieten. »Hört ihr das auch?«

Seine Begleiter verharrten einen Augenblick und lauschten. »Klingt wie Schwerterklirren«, sagte Angus dann und griff sofort nach dem Schwert. »Und dieser Geruch – das ist verbranntes Fleisch.«

»Das Kloster!« Wills Gesicht wurde blass. Sogleich riss er sein Pferd herum und trieb die Sporen in die Flanken des Tieres. Er verschwand über den Kamm eines kleinen Hügels, ehe jemand ihn aufhalten konnte.

Rob stieß einen Fluch aus. Sein Cousin und engster Freund würde eines Tages sich selbst und jeden in seiner Umgebung umbringen, weil er sich immer kopfüber ins Ungewisse stürzte! Dennoch folgte er Will, nachdem er die beiden jüngeren Burschen ermahnt hatte, zurückzubleiben.

Rob und Angus hielten knapp unterhalb des Kammes, wo auch Will sein Pferd angehalten hatte. Voller Schrecken und Entsetzen starrten sie auf die Szene vor ihnen. Als Colin und Finn zu ihnen stießen, verfluchte Rob seinen Bruder heftig dafür, ihm nicht gehorcht zu haben, aber sein Blick war schon wieder auf die kleine Abtei gerichtet, die, eingebettet zwischen den niedrigen Hügeln, vor ihnen lag.

Das Kloster wurde angegriffen. Und so, wie es aussah, dauerte der Angriff schon mehr als nur einige Stunden. Hunderte Tote bedeckten den Boden. Nur eine Hand voll Männer war von dem übrig geblieben, was zwei feindliche Armeen gewesen waren. Bänder von schwarzem Rauch erhoben sich in die Luft, es waren die Reste von brennendem Pech. Der linke Flügel des Gebäudes stand in hellen Flammen.

»Lieber Gott, wer würde denn so etwas tun?«

Will hielt sich nicht damit auf, Finns gequälte Frage zu beantworten, sondern griff nach seinem Bogen und zerrte einen Pfeil aus dem Köcher.

»Will, nein!«, hielt Rob ihn zurück. »Es ist nicht unser Kampf. Wer immer die Abtei angegriffen hat, ich werde nicht riskieren, dass er sich gegen den Clan wendet! Nicht für jene, die schon …«

Der Rest seiner Worte erstarb, als er einen brennenden Schmerz in der linken Schulter verspürte. Im nächsten Augenblick zerschnitt das Sirren zweier von Will abgeschossener Pfeile die Luft. Verdutzt schaute Rob auf den dünnen Schaft aus Holz, der aus seinem Körper hervorragte. Er war getroffen worden! Verdammter Hurensohn … Rob kämpfte eine Welle der Übelkeit nieder, als er die Finger um den Pfeil schloss und das gefiederte Ende abbrach, das aus dem Plaid herausschaute. Er richtete seinen mörderischen Blick auf das Gemetzel, hielt den zerbrochenen Pfeil in der Faust und zog mit der anderen Hand sein Schwert aus der Scheide.

»Nun, jetzt ist es unser Kampf, Colin«, knurrte er und trieb sein Pferd voran. »Du und Finn bleibt hier in Deckung, oder ich werde dafür sorgen, dass ihr die nächsten vierzehn Tage nicht mehr auf euren Ärschen sitzen könnt.«

Finn nickte gehorsam, doch Colin brauste auf. »Rob, ich will auch kämpfen!«

»Nicht heute«, warnte Rob ihn; sein Kinn war starr vor Wut, die jeden Moment losbrechen würde. Dieses Mal gehorchte Colin.

Rob hatte schon zuvor in Schlachten gekämpft. Er hatte sogar einige der Fergussons getötet, aber dies hier war die Art von Kampf, die ihm im Blut lag und für die er von seinem Vater ausgebildet worden war. Sich selbst zu schützen und jene, die ihm anvertraut waren, und das um jeden Preis. Es war ihm egal, wer auf ihn geschossen hatte. Sie alle würden dafür bezahlen. Er stürmte auf das versiegende Kampfgeschehen zu, schlug mit dem Schwert in wilder Genugtuung zu und tötete rasch, während Will und Angus einige Fuß weit von ihm entfernt kämpften. Rob hatte soeben wieder zu einem Hieb ausgeholt, als sein mögliches Ziel ihm laut schreiend Einhalt gebot.

»Halt, Schotte! Haltet um Gottes willen ein!« Für den Bruchteil eines Atemzuges sackte der Mann in seinem Sattel zusammen. Dabei starrte er erst Rob in die Augen und dann auf dessen hoch erhobenes, blutbeflecktes Schwert. Er sprach schnell und nahm dabei sichtlich an Willenskraft zusammen, was ihm noch geblieben war. »Ich bin Captain Edward Asher von der Armee des Königs. Wir wurden kurz vor der Morgendämmerung angegriffen. Ich bin nicht Euer Feind.«

Rob musterte den Mann rasch. Sein dunkles Haar war nass von Blut, und der Schweiß, der ihm von der Stirn tropfte, hinterließ helle Streifen in seinem schmutzigen Gesicht. Seine Kleider waren ebenfalls blutbesudelt, wiesen ihn jedoch als zum Regiment des Königs zugehörig aus.

Robs Zorn darüber, angeschossen worden zu sein, war noch ungebrochen, und er schickte sich an, das Pferd zu wenden, um einen anderen Soldaten niederzumähen.

»Wartet!« Der Captain griff nach Robs Arm, um ihn aufzuhalten. »Ihr seid ein Highlander. Warum seid Ihr hier? Hat jemand Euch geschickt?«

»Ihr stellt sehr viele Fragen, anstatt dankbar zu sein, dass ich hier bin.«

»Ihr habt meinen Dank für Eure Hilfe.«

Rob nickte. »Hinter Euch!«

Captain Asher fuhr im Sattel herum, und ihm gelang es nur knapp, einem Schlag auf den Kopf auszuweichen, der ihn vermutlich getötet hätte.

Rob nahm sich einen Moment Zeit, sich zu vergewissern, dass kein weiterer feindlicher Soldat in der Nähe war, und beobachtete unbewegt, wie der Captain seinen Angreifer zu Boden schickte.

»Ich schulde Euch mein Leben«, sagte Asher keuchend.

»Richtig. Sind wir jetzt damit fertig? Denn da kommen noch mehr.«

Ashers Schultern sackten so schwer herunter, als hätte er genug und wüsste um sein Schicksal. Er machte sich nicht die Mühe, sich umzusehen, sondern wischte sich über die feuchte Stirn. »Euren Namen, bitte!«

Hölle, der Mann war wohl nicht mehr ganz bei Verstand! Es muss der Blutverlust sein, entschied Rob, und weil er Mitleid mit ihm hatte, nannte er ihm seinen Namen.

»Robert MacGregor, wenn ich heute sterbe, müsst Ihr Lady Montgomery retten.« Ehe Rob zustimmen oder ablehnen konnte, sprach der Captain weiter. »Bitte, ich flehe Euch an, rettet sie! Sie ist noch am Leben, ich weiß es.« Seine Augen glitten zu dem abgebrochenen Pfeilschaft in der Hand des Highlanders.

Rob folgte dem Blick und konnte jetzt vermuten, wer auf ihn geschossen hatte. Sein Kinn spannte sich an, ebenso seine Finger. »Noch lebt Ihr. Rettet Ihr sie doch!«

»MacGregor!«, rief Captain Asher, als Rob davonritt. »Sie haben die Kapelle in Brand gesteckt. Die Nonnen – alle sind tot. Sie waren alles, was Lady Montgomery hatte. Sie hat nur gehandelt, wie Ihr oder ich auch gehandelt hätten. Rettet sie, ehe die Flammen sie töten! Das ist es, was der Feind will.«

Rob richtete den Blick auf das brennende Kloster. Hölle! Er sollte Will suchen und ihn in dieses Inferno schicken, um die Lady zu retten, denn schließlich war es seine Idee gewesen hierherzukommen. Eine Lady. Verdammte Hölle, er konnte nicht ein Mädchen den Flammen überlassen, selbst wenn sie versucht hatte, ihn mit einem Pfeil zu töten. Mit hoch erhobenem Schwert mähte er einen anderen Reiter nieder, der auf ihn zugeprescht war, und sah sich nicht mehr um, um sich zu vergewissern, was aus Asher geworden war. Er wusste es auch so. Rob überschaute den rauchverhangenen Platz vor der Abtei, suchte nach der Frau und stieß eine Reihe von Verwünschungen aus, als er sie nicht entdecken konnte. Mit einem Ausdruck finsterer Feindseligkeit und Entschlossenheit auf dem Gesicht vertrieb er zwei weitere Soldaten aus seinem Weg und ritt direkt auf den feuerhellen Eingang der Abtei zu. Es gab nur eine Möglichkeit hineinzukommen, und er konnte es sich nicht leisten zu zögern. Rob zerrte heftig an den Zügeln, grub die Fersen in die Flanken des Hengstes und ließ ihn steigen. Die verkohlten Türen zersplitterten und brachen unter der Kraft der Vorderhufe des Pferdes. Dicker Rauch stach Rob in die Lunge und machte es ihm fast unmöglich, etwas zu sehen.

Er rief laut nach der Frau: »Lady!« Sein Hengst wieherte und buckelte angesichts der brüllenden Flammen um sie herum, aber Robs Hand war stark und zwang das Pferd weiter. Er rief wieder und wollte schon aufgeben und sie zu den Toten zählen, als er sie entdeckte. Zu seinem Erstaunen versuchte die Frau verzweifelt, mit einer dünnen Decke die Flammen auszuschlagen.

»Dazu ist es zu spät, Mädchen. Gebt mir Eure Hand!«

Beim Klang seiner Stimme fuhr sie herum, hob die Decke an ihr Gesicht, um sich vor dem beißenden Rauch zu schützen. »Edward?« Sie hustete und versuchte, durch den erstickenden Dunst etwas zu erkennen. »Edward, ich …« Die Decke entglitt ihren Händen, und die Beine gaben unter ihr nach.

Rob drängte das Pferd zu ihr und beugte sich aus dem Sattel herunter. Ehe sie auf dem Boden aufschlug, fing er sie auf.

Ich sterbe. Danke, o Herr …

Davina hatte gehofft, es würde weniger schmerzhaft sein als dies. Es war nicht der Rauch, der ihre Lunge versengte, oder das Hämmern in ihrem Kopf, die sie sich nach dem Tod sehnen ließen, sondern die Erinnerung an die Schreie der Nonnen, die in der Kapelle verbrannt waren.

»Atmet jetzt, Mädchen!« Die Stimme eines Mannes, die befehlend genug war, um die Edwards zu sein, aber unendlich viel tiefer klang, holte sie zurück.

Davina hustete und sog nur leicht die jetzt frischere Luft in die Lunge. Feuer stach durch ihre Brust. Feuer. Sie starb nicht … Davina öffnete die Augen und erkannte undeutlich zu Schwarz verbranntes Gras und mächtige Hufe, die die Erde unter ihr aufrissen. Sie hustete wieder, und eine Hand, die groß genug war, ihren Hinterkopf zu umschließen, strich ihr das Haar von der Wange. Davina saß auf einem Pferd – nein, sie lag bäuchlings quer auf dem Schoß eines Mannes, um genau zu sein. Sie waren gekommen, um sie zu holen, genau wie Edward es befürchtet hatte, und jetzt hatten sie sie. Davina wollte schreien, aber ihre Kehle war rau. Sie wollte wegspringen, fort von diesen beiden Ungeheuern, doch der Arm, der sie festhielt, war hart wie Granit. Ihr Blick glitt über einen Toten, der auf dem Boden lag. Aller Schrecken, der an diesem Tag über sie hereingebrochen war, kehrte zu ihr zurück.

Sie waren tot.

Nein. »Nein!« Entsetzen und Wut packten Davina, und sie stemmte sich auf den Schenkeln ihres Entführers hoch. Der Blick über seine blutverklebte Schulter ließ sie einen Augenblick später erstarren. Das Kloster St. Christopher, ihr Zuhause, stand in hellen Flammen, die alles verbrannten. Jeden. »Nein, Gott, bitte … nicht meine Familie!«, wimmerte sie. Tränen strömten über ihr Gesicht, und sie fürchtete, sie würden niemals mehr versiegen. Sie hörten nicht auf zu fließen, auch nicht, als sie sich bewusst machte, wer sie festhielt.

»Ungeheuer«, schrie sie, schlug gegen seine Brust und kämpfte mit der Verrücktheit ihres Schmerzes gegen seine Kraft. »Bastard! Was habt Ihr getan?«

»Lady.« Seine Stimme klang so sanft, dass Davina Trost suchend gegen ihn sackte. »Seid still!«, sagte er beruhigend an ihrem Ohr, als sie sich an seinen Unterarm klammerte und auf die zerstörten Mauern ihres Heims starrte. »Ihr seid jetzt in Sicherheit.«

»Ich werde Euch töten«, drohte sie leise, während sie die Leichen jener hinter sich zurückließ, die sie geliebt hatte.

»Das habt Ihr bereits versucht, aber nicht ich war es, der diese abscheuliche Tat begangen hat.«

Es war nicht seine Erklärung, sondern das tiefe Mitgefühl, das darin mitschwang, das Davina fast überzeugte, ihm zu glauben. Sie stieß sich von seiner Schulter ab und starrte zu ihm hoch. Er war keiner von ihnen. Seine Sprache war rauer und seine Kleidung sehr viel einfacher als die jedes anderen Mannes, den sie je gesehen hatte, ob Engländer oder anderer Herkunft. Ein Highlander. Sie hatte nicht erwartet, jemals einem von ihnen zu begegnen. In ihren Unterrichtsstunden hatte die Äbtissin ihr von den Männern des Nordens erzählt; dass sie statt kurzer Mäntel und Hosen Decken trugen, die sie um ihre Körper schlangen. Davinas Blick glitt zu dem großen gegürteten Plaid, das eine der Schultern des Fremden bedeckte, und zu dem blutbefleckten Rock, den er darunter trug. Dieser Highlander war sehr groß. Sein dunkles Haar war länger als das anderer Männer, und er hatte es aus dem Gesicht gestrichen und zurückgebunden – bis auf eine einzelne Strähne, die ihm in die Stirn fiel und mit der der Wind spielte. Er roch nach Erde und Leder … und Rauch.

»Wer seid Ihr dann?«, verlangte sie mit zitternden Lippen zu wissen. »Was führt Euch her?« Sie wartete, während er sie anstarrte, als hätten ihre einfachen Fragen seine Gedanken durcheinandergebracht. Harry Barns hatte ihr erzählt, dass die Highlander Dummköpfe waren, die mehr an Schlachten als an Büchern interessiert waren. Und dieser hier sah wahrlich so aus, als könnte er Edwards ganzes Regiment besiegen.

»Edward«, wisperte sie, und eine neue Woge des Kummers durchflutete sie. »Lasst mich gehen!« Sie begann, erneut gegen ihn zu kämpfen. »Ich muss ihn finden. Bitte!«, rief sie, während ihr Entführer sie enger an sich zog, um sie festzuhalten. »Ihr versteht nicht. Er wird denken, dass sie mich geraubt haben.«

»Von wem wird er denken, dass sie Euch geraubt haben?« Der Highlander zog sich gerade so weit zurück, dass er ihr in die Augen sehen konnte. »Wer hat Euch angegriffen, Mädchen?«

Sie dachte an Edward, nicht an sich oder ihre Sicherheit, als sie es ihm sagte. »Es waren die Männer des Dukes oder die des Earls. Ich bin mir nicht sicher. Bitte, ich flehe Euch an, bringt mich zurück! Ich muss Captain Asher finden.«

Es waren die Augen des Fremden, die ihr verrieten, was er nicht aussprechen wollte. Blaue Gemmen, die ihren Glanz verloren hatten, als er den Blick schließlich abwandte. Edward war tot. Tränen perlten aus Davinas Augen, aber sie sagte nichts, als sie sich in den Armen des Fremden umwandte, fort von allem, was sie kannte, von jedem, dem sie vertraut hatte.

Sie ritten schweigend weiter. Zwei weitere Highlander stießen zu ihnen und dann noch weitere, die auf dem Hügelkamm gewartet und auf das Kloster heruntergeschaut hatten. Der Mann, mit dem sie ritt, sagte etwas zu den anderen, doch Davina achtete nicht auf seine Worte. Als einer von ihnen sie fragte, warum das Kloster angegriffen worden sei, sagte sie nur leise: »Ich weiß es nicht.« Dann verstummte sie. Sie war allein. Wer immer dieser Mann auch war, der hinter ihr im Sattel saß, ob er von ihren Feinden geschickt worden war oder aber von Gott, um sie zu retten – es war gleichgültig. Sie war allein. Sie konnte nirgendwohin, und ihr blieb keine andere Wahl, als mit ihm zu gehen. Zumindest fürs Erste.

Kapitel 3

Robs Schulter schmerzte. Zwei Mal hatte Angus darauf beharrt zu rasten, um den Pfeil herauszuziehen, der noch immer aus Robs Haut ragte, aber es war zu gefährlich, so nahe der Grenze Rast zu machen. Jemand hatte sehr viele Schwierigkeiten in Kauf genommen, um zu versuchen, das Mädchen zu töten, das er in seinen Armen hielt. Ihretwegen waren die Angreifer gekommen. Captain Ashers Worte klangen wie Alarmglocken durch seine Gedanken. Rettet sie, ehe die Flammen sie töten! Das ist es, was der Feind will. Der Feind. Der Earl oder der Duke. Welcher der beiden war es, und warum wollte er sie töten? Warum wollte irgendjemand ihren Tod? Wer war diese Frau? Der Captain hatte sie Lady Montgomery genannt. War sie die Tochter eines Adligen, die dem Kloster mit ihrer Familie einen Besuch abgestattet hatte? Falls es so war, warum zur Hölle trug sie dann das Gewand einer Novizin? Wer immer das Kloster angegriffen hatte, hatte gewollt, dass sie in den Flammen verbrannte. Hielt man sie für eine Hexe? Rob bezweifelte nicht, dass sie eine sein könnte, denn ihre Schönheit hatte beinahe seine Seele zerrissen, als sie ihn das erste Mal angesehen hatte. Diese Frau hatte fast etwas Katzenhaftes an sich; ihre leicht schräg stehenden Augen waren so groß und so blau wie der endlose Himmel hinter ihr. Ihre blassen Brauen waren weit und fein geschwungen. Die Kontur ihrer Nase war perfekt, auch wenn auf deren Spitze ein winziger Rußfleck saß. Ihre Lippen waren voll und zeigten ein natürliches Schmollen, das verdammt verführerisch wirkte.

Von seinen Nachbarn, den MacLeods, hatte Rob Geschichten über Elfen gehört, diese magischen Wesen, die so schön waren, dass ein Blick auf sie das Herz selbst des mannhaftesten Kriegers erweichen konnte. Und als wollte es Lady Montgomerys jenseitiger und irdischer Erscheinung noch ein Attribut hinzufügen, schimmerte ihr Haar, auch wenn es von Asche verschmutzt war, im Sonnenlicht in Tönen von blassem Gold und glänzendem Silber. Er beugte den Kopf zu ihr, um ihren Duft einzuatmen. Sie roch nach Rauch und Ruß. Aber danach, dachte Rob, riechen wir wohl alle.

Es war nicht schwer zu verstehen, warum ein englischer Captain um ihre Rettung gefleht hatte. Aber warum waren Soldaten der königlichen Armee überhaupt in St. Christopher gewesen? Ein Dutzend Fragen nagte an Robs Gedanken. Das Mädchen schwieg, doch er war überzeugt, dass sie ihm die Antworten geben könnte. Abgesehen von einem leisen Keuchen, das ihr die Geschwindigkeit seines Pferdes hin und wieder abrang, hatte sie seit über einer Stunde kein einziges Wort gesagt. Sie bewegte sich kaum gegen ihn. Ihr weicher Körper lag an seiner Brust, und das ließ ihn sich unbehaglicher fühlen, als kämpfte sie gegen ihn. Es ist der Schock, dachte er bei sich. Er konnte das Leid in ihren schweren Atemzügen fühlen, und er musste sich bemühen, sein Herz davon abzuhalten, Mitleid mit ihr zu empfinden. Hätte er jeden Menschen verloren, den er liebte, er würde vor Kummer verrückt werden. Sie fühlte sich klein und verletzlich an in seiner Armbeuge, und der Wunsch, sie zu beschützen, flackerte in seinen Adern mächtiger auf als alles andere, was er je zuvor empfunden hatte.

Verdammt, das war genau das, was er in seinem Leben noch gebraucht hatte – eine weitere Verantwortung! Zumindest würde das so sein, bis er dieses Mädchen zu Englands neuem König gebracht hatte. Auch wenn ein Teil von ihm sie schon jetzt nicht mehr hergeben wollte, eines war offensichtlich: Derjenige, der sie hatte töten wollen, wünschte ihren Tod so sehr, dass er den Kampf gegen die Soldaten des Königs gewagt hatte. Und die Sicherheit von Robs Clan ging immer vor. Falls dieses Mädchen also zum König gehörte, dann sollte der auch für ihren Schutz sorgen.

Rob richtete sich im Sattel auf und biss die Zähne zusammen, um ein leichtes Stöhnen zu unterdrücken. Sein Arm pochte und wurde bei jedem Atemzug steifer. Er wäre nutzlos, sollten sie jetzt angegriffen werden.

»Hast du herausgefunden, wer auf dich geschossen hat, Rob?« Die Frage kam von Finlay Grant. Rob hätte wissen müssen, dass der Junge nahe genug neben ihm ritt, um zu merken, dass ihm die Wunde zu schaffen machte.

»Aye«, war alles, was er erwiderte.

»Dein Vater wird uns den Kopf abreißen, wenn er von deiner Verwundung erfährt«, erklärte Angus, als sie die Pferde schließlich in einem langsameren Schritt gehen ließen.

Will griff nach dem Trinkschlauch, den Angus ihm hinhielt, und grinste den alten Kriegsmann herausfordernd an. »Es freut mich mächtig zu hören, dass du vor dem Laird ebenso große Angst hast wie die Dorffrauen.« Er ignorierte Angus’ lautstarken Widerspruch, nahm einen großen Schluck von dem starken Whisky, schüttelte sich und reichte das Behältnis an Rob weiter. »Das ist das reine Gift.«

Rob lehnte das Angebot mit einem Kopfschütteln ab. »Mein Vater wird verstehen, warum ich in den Kampf eingegriffen habe. Die Verwundung ist nicht sehr schwer und wird schon abheilen, wenn wir in Westminster ankommen …«

Das Mädchen fuhr so abrupt zu Rob herum, dass es fast von seinem Schoß gerutscht wäre. »Ihr bringt mich nach Westminster?«

Hölle, die Wirkung dieser Frau auf ihn war schlimmer als jedes tödliche Gebräu, das Angus in den Falten seines Plaids bei sich trug. Rob hatte sie wieder ansehen wollen, seit sie das Kloster verlassen hatten, um seinen Blick auf dem blassen Korallenrot ihrer Lippen verweilen zu lassen, um sich die Zeit zu nehmen, die vollkommene Symmetrie ihrer Gestalt zu betrachten und die Makellosigkeit ihrer zarten cremefarbenen Haut. Aber es waren die Furcht und die Verzweiflung in ihren Augen, als sie zu ihm hochstarrte, die stärker an seinem Herzen zerrten als ihre Schönheit. Verdammt, was geschah da mit ihm?

»Zur Krönung des Dukes of York, aye«, entgegnete er und wandte den Blick von ihr ab. Er weigerte sich, es einem Mädchen zu gestatten, seine oberste Pflicht zu vergessen, auch wenn es so faszinierend war wie dieses. »Wir treffen uns dort mit unseren Clan-Angehörigen und …«

»Nein! Ich kann nicht nach England gehen. Ihr dürft mich nicht dorthin bringen!«

Das Entsetzen in ihrer Stimme lenkte seinen Blick wieder zu ihrem. Ihre Unterlippe bebte, und Rob widerstand dem Drang, sie mit der Fingerspitze zu berühren. »Warum? Ihr wurdet doch von der königlichen Armee beschützt, oder nicht? In der Obhut des Königs werdet Ihr sicher sein.«

Sie schüttelte den Kopf und klammerte sich an seinem Plaid fest. »Ich werde dort nicht sicher sein.«

Rob schaute auf seine Gefährten und bemerkte ihre besorgten Mienen. Er wusste, was sie dachten. Wenn sie sich nicht in London mit seinem Vater trafen, würde Devil MacGregor das Schlimmste vermuten. Mit Graham an seiner Seite würde er England sofort verlassen, würde vielleicht sogar jeden töten, der versuchte, sie aufzuhalten. Und er würde dadurch seinen Clan erneut der ganzen Härte des Gesetzes aussetzen. Dieses Risiko konnte Rob nicht eingehen. Aber dennoch …

»Wo seid Ihr denn in Sicherheit?«

»Rob, nein …«

Rob hob die Hand, um Angus’ Einwand abzuwehren, und wartete, dass die junge Frau antwortete. »Wo?«

Alles, was ihr widerfahren war, schien ihr auf einmal schlagartig zu Bewusstsein zu kommen, als sie sich umschaute, als suchte sie nach etwas Vertrautem. Sie zitterte, er spürte es, dann ließ sie sein Plaid los und richtete den Blick auf ihre Hände. »Nirgendwo.«

»Sie ist eine Gesetzlose.« Angus nahm einen weiteren Schluck von seinem Whisky, dann warf er einen vernichtenden Blick zum Himmel. »Von der Sorte hatte ich genug für zehn Leben.«

»Englische Soldaten opfern ihr Leben nicht für Gesetzlose.«

Will beugte sich im Sattel nach vorn und nahm Angus den Trinkschlauch aus der Hand. »Dieses Zeug wird dich noch umbringen. Sieh dir doch an, wie dämlich es dich schon gemacht hat!«, fügte er hinzu, während Angus mit offenem Mund erst auf ihn und dann auf den Whisky starrte, der im Erdboden versickerte.

Rob war es egal, ob die junge Frau eine Gesetzlose, eine Hexe oder eine Zauberin war, die Armeen dazu gezwungen hatte, ihretwegen Krieg zu führen. Sie konnte nirgendwohin und würde keine Zuflucht finden, nicht einmal vor ihrem Kummer. Er würde sie nicht ihren Feinden ausliefern, nur um sie loszuwerden. »Ich werde einen sicheren Ort für Euch finden«, sagte er, wobei er die verantwortungsvollere Stimme in seinem Kopf ebenso ignorierte wie die Gotteslästerungen, die über Angus’ Lippen kamen.

Das Mädchen schien nicht erleichtert zu sein. Genau genommen sah sie aus, als wollte sie aus seinen Armen springen und davonlaufen. Er spannte den Arm um ihre Taille ein wenig fester an.

»Angus, du wirst zu meinem Vater reiten und ihm berichten, was hier geschehen ist. Aber sag es ihm unter vier Augen.«

»Wir müssen darüber nachdenken, was …«, begann Angus, doch die Autorität in Robs Stimme ließ ihn verstummen.

»Das habe ich bereits, und was wir tun werden, steht fest. Versichere ihm, dass wir wohlauf sind und dass er nicht kommen muss. Es würde nur Argwohn erregen, sollte er die Feierlichkeiten vorzeitig verlassen. Der König wird von den Geschehnissen noch früh genug von seinen eigenen Leuten erfahren, und solange ich nicht weiß, was vor sich geht, soll er nicht wissen, dass wir in diese Sache verwickelt sind. Sollten die Feinde der Lady bei Hofe weilen, werden sie uns ab dem Moment verfolgen, in dem sie von ihrem Entkommen erfahren. Wir brauchen alle Zeit, die wir herausschlagen können. Sag meinem Vater, dass ich dabei bin, eine Zuflucht für sie zu finden, und dass ich ihn zu Hause wiedertreffen werde! Reite los und nimm die beiden Jungen mit!«

»Ich werde nicht nach England gehen.«

Rob fuhr herum und durchbohrte seinen Bruder mit einem mörderischen Blick. Colin schüttelte dessen Wirkung wie eine lästige Decke ab. »Wenn du mich mit Angus zusammen wegschickst«, erklärte er, und seine Stimme klang tief und knurrend vor Entschlossenheit, »werde ich mich davonmachen und dir allein folgen.«

»Und ich bleibe auch«, verkündete Finn und rückte die Wollkappe auf seinem flachsblonden Haarschopf zurecht. »Rob«, fügte er dann hinzu, als sich dessen Blick auf ihn verfinsterte, »unsere Väter haben uns nicht Angus’ Fürsorge überlassen, sondern deiner, und sie vertrauen darauf, dass du uns unversehrt zu ihnen zurückbringst. Das soll keine Beleidigung gegen dich sein, Angus.« Er warf dem alten Highlander einen reumütigen Blick zu, ehe er die Aufmerksamkeit wieder auf Rob richtete.

Verdammt, aber der Junge hatte recht! Wenn Colin nicht bei Angus blieb und ihm sollte etwas zustoßen … Rob bezweifelte nicht, dass sein Bruder seine Drohung wahr machen würde, denn der Junge besaß mehr Mut und Arroganz, als gut für ihn war.

Er musterte Colin und Finn mit einem letzten stechenden Blick, dabei spannten sich seine Kinnmuskeln an. Schließlich nickte er. Er würde den beiden später das Fell über die Ohren ziehen. Für den Moment jedoch mussten sie ihren Weg fortsetzen.

»Reite los, Angus, und richte ihren Vätern aus, dass die Jungen bei mir sicher sind!« Rob zog heftig an den Zügeln und wendete sein Pferd in die entgegengesetzte Richtung. Verdammt! Er brauchte das alles nicht.

»Lasst uns noch ein wenig weiterreiten und dann Rast machen«, schlug Will vor, der dem nach Süden davonreitenden Angus nachschaute. »Mein Arsch bringt mich um.«

Finn warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, bevor er den Kopf senkte.

Will bemerkte die dezente Zurechtweisung und wandte sich an das Mädchen. »Vergebt mir meine schlechten Manieren, Mylady!« Er bedachte sie mit einem schuldbewussten Lächeln, in dem ein wenig von der Sorglosigkeit und dem Draufgängertum aufblitzten, das Frauen anzog wie der Honig die Bienen.

Robs Verwundung machte ihn nervös. Das musste der Grund dafür sein, dass er seinen Cousin am liebsten vom Pferd stoßen wollte.

»Wie heißt Ihr, Mädchen?« Will lenkte sein Ross näher. Er befand sich jetzt in guter Trittweite.

»Davina«, entgegnete sie leise.

»Davina«, wiederholte Will, als wäre es das Sinnvollste, was je über seine Lippen gekommen war.

Das war es.

Als sein Cousin nach dem Wassersack griff, der an seinem Sattel hing, und ihn ihr reichte, verfluchte Rob sich dafür, nicht daran gedacht zu haben, dass sie Durst haben könnte. Er sah zu, wie sie trank und Will dabei immer wieder kurz anschaute. Sein Vetter beobachtete sie ebenfalls. Rob hatte es nie gestört, dass die Frauen für gewöhnlich Will ihm vorzogen. Er konnte es ihnen nicht verdenken. Wills Ziel im Leben war es, im Herzen eines Mädchens die gleiche Zerstörung anzurichten wie auf dem Schlachtfeld. Robs Ziel hingegen war, für Ordnung zu sorgen.

»Danke.«

»Will«, erwiderte der Schuft, als hätte sie nach seinem Namen gefragt. Hatte sie aber nicht. »Sohn des Brodie Mac …«

»Will«, schnitt Rob ihm das Wort ab und versuchte dabei nicht einmal, gleichmütig zu klingen. »Lass sie jetzt in Ruhe!« Das Mädchen war erschöpft und musste nicht noch bedrängt werden, und zur Hölle damit, ob Will das gefiel oder nicht!

»In Ordnung, also dann.« Sein Cousin bedachte ihn mit einem wissenden Grinsen, auf das Rob mit einem noch finstereren Stirnrunzeln reagierte. »Ich übernehme die Vorhut. Kommt, Jungs!«, rief er Colin und Finn zu.

Als sie allein waren, kehrte Robs Blick zu Davina zurück, doch sie sah geradeaus. In welche Lage hatte er sie alle mit seiner Entscheidung gebracht? Er musste ihr mehr Fragen über das stellen, was geschehen war, aber erst später, nachdem sie sich ausgeruht hatte. Rob fühlte sich verdammt schlecht, ihr nicht schon früher Wasser angeboten zu haben, doch schließlich war er auch kein verdammtes Kindermädchen. Er war ein Krieger, dafür ausgebildet, hart und ohne Mitleid zu agieren. Obwohl er in der Gesellschaft vieler Frauen zum Mann herangewachsen war, wusste er nichts darüber, wie man sie tröstete, wenn sie weinten.

Er beugte sich an ihr Ohr und bot ihr das Einzige an, das er zu geben wusste. Seinen Schutz.

Kapitel 4

Ich werde Euch beschützen, Mädchen. Das geflüsterte Versprechen des Highlanders hallte durch Davinas Kopf, während sie dabei zusah, wie sein Gefährte Will ihm die Pfeilspitze aus der Schulter zog.

Das weiche goldene Licht der untergehenden Sonne fiel durch den spärlichen Laubbaldachin über ihrem kleinen Rastplatz und schien auf den Mann, von dem Davina vermutete, dass er der Anführer der Gruppe war, der Mann, der sie aus den Flammen gerettet hatte, derjenige, der ihr geschworen hatte, sie zu beschützen. Sein Gefährte hatte ihn Rob genannt. Er war größer als die anderen. Vielleicht war es aber auch seine Beherrschtheit, die er sogar jetzt zeigte, als der hölzerne Schaft durch sein Fleisch gezogen wurde, die ihn größer scheinen ließ und stärker und zu allem fähig.

Aber konnte er … würde er sie wirklich beschützen? Sie wollte glauben, dass er es ehrlich gemeint hatte, weil jeder andere Mensch, den sie in ihrem Leben gekannt hatte, tot war. Doch falls Rob ihr Feind war, der seine Absichten lediglich gut verhüllte, dann gab es nichts mehr, worauf sie hoffen konnte.

Aber sie war keine Närrin. Edward und seine mehr als hundert Soldaten waren nicht in der Lage gewesen, sie zu beschützen, obwohl sie es versucht hatten. Ganz gewiss würden da doch vier Highlander, von denen zwei kaum das Mannesalter erreicht hatten, bei einem Angriff noch schneller unterliegen. Würden sie das wirklich? Bei allen Heiligen, aber sie sahen wild aus mit ihren nackten Knien und den riesigen Schwertern, die sie an den Hüften trugen. Was hatten sie in St. Christopher gewollt? Würden sie sie wirklich an einen Ort bringen, an dem sie sicher war, oder zu ihren Feinden? Wie auch immer, sie konnte nicht bei ihnen bleiben. Falls sie unschuldig waren, würde sie ihnen vermutlich den Tod bringen. Sie könnte die Männer natürlich ganz kühn fragen, ob ihr Feind sie geschickt hatte, doch sie würden ihr gewiss nicht die Wahrheit sagen.

Kummer lähmte ihre Gedanken, wenn auch nicht so sehr, um dem einen zu vertrauen, der sie gerettet hatte – oder aber auch nicht. Wie hatten ihre Feinde sie sogar noch vor der Krönung des neuen König finden können? Jemand hatte sie informiert. Aber wer?

Die Nonnen hatten ihr die Wahrheit niemals verschwiegen. Davina wusste, dass man sie als Säugling aus den Armen ihrer Mutter gerissen hatte, dass sie von ihrem Vater verlassen und nach St. Christopher gebracht worden war. Sie begriff den Wert ihrer Existenz, denn diese hatte sie jetzt bereits zwei Mal alles gekostet, was sie geliebt hatte. Als Edward vom Hofe König Charles’ in das Kloster gekommen war, hatte er Davina von den Männern berichtet, die ihren Tod wollten. Und du lieber Gott, es waren ihrer viele! Obwohl seine Warnungen bei Davina eine Angst ausgelöst hatten, die fast greifbar war, hatte sie seine Beweggründe verstanden, es ihr zu sagen. Seine Feinde zu ignorieren war ebenso gefährlich, wie ihnen auf dem Schlachtfeld gegenüberzustehen. Und deshalb hatte sie in Ungewissheit und Unruhe gelebt und war sich immer der Gefahr bewusst gewesen, die sie umgab.

Im schwindenden Licht beobachtete sie, wie Rob zum Bach ging und sich an dessen Ufer vorbeugte, wo sie sich zuvor den Ruß aus dem Haar gewaschen hatte. Er schöpfte mit den Händen Wasser und säuberte sich das Gesicht. Seine Wunde musste gereinigt werden, doch Davina war dankbar, dass er beim Baden seine Kleider nicht ablegte. Sie hatte bis jetzt in der Gesellschaft von vielen Männern gelebt, aber nicht ein einziger von ihnen hatte eine so ungezähmte Kraft ausgestrahlt wie dieser eine. Und keiner hatte so breite Schultern gehabt wie er. Sie war sicher, dass es das primitiv wirkende, gegürtete Plaid war, das dazu beitrug, diesen Vergleich anzustellen. Es schwang um seine Knie, als er sich aufrichtete. Auch die staubigen Felle, die um seine Waden geschlungen waren – aus einem schaute der Griff eines Dolches hervor –, legten Zeugnis von seiner urwüchsigen Kraft ab. Diese Männer saßen nicht nur tagein, tagaus müßig mit ihren Kameraden beisammen, tranken und warteten auf die nächste Schlacht; sie hatten Besseres zu tun.

Ihr Blick folgte Rob, als er sich vom Bach abwandte und den Rastplatz umrundete. Sein Gang wirkte leichtfüßig und zeugte von der stolzen Selbstsicherheit von Generationen vor ihm. Als er den Kopf wandte, zu ihr herüberschaute und bemerkte, dass sie ihn anstarrte, richtete sie den Blick auf einen Baum in der Nähe.

»Wisst Ihr, Mädchen«, sagte er, und erst da wurde ihr bewusst, dass er auf sie zukam, »wenn meine Schwester auch nur für ein Viertel der Zeit so schweigsam sein könnte wie Ihr, hätte sie vermutlich schon einen Ehemann gefunden.«

Will, der jetzt zu ihrer Rechten vor einem kleinen Feuer kauerte, grinste amüsiert. Er ist die fleischgewordene Versuchung, dachte Davina, als er sie ansah und ihr zuzwinkerte. Auf finstere Weise so faszinierend wie ein Wolf mit hellgrauen Augen und einem Paar Reißzähne, die dazu passen würden.

»Lass Mairi außen vor!«, sagte der Junge, der Rob so kühn getrotzt hatte, als ihm befohlen worden war, weiter nach England zu reiten. Er mochte vielleicht neunzehn sein, war sehr schlank und hatte auf dem Weg hierher sehr entspannt im Sattel gesessen. Dunkle seidige Wimpern beschatteten Augen, die in

einem Dutzend verschiedener Grün- und Goldtöne schimmerten, glühende Augen, die von einer Entschlossenheit fast so intensiv brannten wie die Robs. »Ihr beide wisst, warum sie nicht geheiratet hat.«

»Aye, Colin«, lachte Will und schichtete Zweige auf die jetzt hochleckenden Flammen. »Die Männer haben Angst vor ihr.«

»Ich glaube, Colin bezieht sich auf meinen Bruder Connor.«

»Ich beziehe mich auch auf ihn, Finn. Obwohl ich Connor nicht vorwerfe, dass er nach England geflohen ist.« Wills Augen funkelten über den Flammen. Spielerisch und neckend war sein Blick auf den jungen Mann gerichtet, dessen Gesicht allein schon Davina die Schrecken des Tages fast hatte vergessen lassen – für einen kurzen Moment.

Als sie den Jungen, den sie Finn nannten, zum ersten Mal gesehen hatte, war ihr der Gedanke durch den Sinn gegangen, dass Gott möglicherweise einen seiner schönsten – und unzweifelhaft schottischen – Engel geschickt hatte, um sie zu retten. Sein Haar war glatt und fast so hell wie ihres, und dazu trug er eine Kappe in einem tiefen Smaragdgrün, derselben Farbe wie seine Augen. Seine Stimme war melodisch, und seine Augen funkelten und tanzten wie helle Sterne über den Mooren Irlands. Ihn einfach nur anzusehen bewirkte, dass Davina sich besser fühlte. Anders als Colin, der die gleiche dunkle, gefährliche Erscheinung wie Rob hatte, war Finn so wunderschön, dass Davina Mitleid mit jeder jungen Lady empfand, die sich in ihn verliebte.

»Connor hat vor nichts Angst«, stellte Finn klar und lehnte sich mit dem Rücken gegen einen Baum. »Warum, denkst du wohl, hat König Charles ihn zum Captain gemacht?«

Davina war in Anbetracht dieses Stückchens Information nicht überrascht. Der verstorbene König war bekannt dafür gewesen, viele Schotten, und selbst Highlander, in seine Armee aufgenommen zu haben. Davina fragte sich, ob Edward Finns Bruder kannte. Gekannt hatte, korrigierte sie sich dann und kämpfte gegen eine weitere Welle von Kummer an, die drohte, als Tränenflut aus ihren Augen zu stürzen.

Sie wandte sich von den Männern ab und sah, dass Rob vor ihr kauerte. Du lieber Gott, aber er ließ jeden anderen Mann, die um sie herum eingeschlossen, so unauffällig aussehen! Im schwächer werdenden Tageslicht konnte sie die goldenen Sprenkel nicht sehen, die seinen lebhaften blauen Augen ihr Feuer verliehen, doch sie wusste, dass sie da waren. Seine Nase war gerade und von klassischer Form, sein Kinn breit und von einem Bartschatten überzogen, was ihm seine raue Erscheinung verlieh. Der Anflug eines Grübchens bestimmte die Unnachgiebigkeit seines Kinns und schien allein für den Zweck geschaffen zu sein – Davina war sich dessen ganz sicher -, Frauen straucheln zu lassen.

»Seid Ihr hungrig?«, fragte er.

»Ich sollte mich nützlich machen«, sagte sie und schickte sich an aufzustehen.

»Ihr solltet sitzen bleiben«, erklärte Rob und griff nach ihren Röcken, um sie sanft wieder herunterzuziehen. »Wir müssen reden«, fügte er hinzu und wurde ernst, »und so sehr es Euch auch missfallen mag, werdet Ihr die meiste Zeit sprechen.«