Das Herz des furchtlosen Lords - Paula Quinn - E-Book

Das Herz des furchtlosen Lords E-Book

Paula Quinn

0,0
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein normannischer Schönling trifft auf eine eigensinnige Sklavin …
So aufregend geht die historische Lords of Desire-Reihe von Paula Quinn weiter!

Lord Dante Risande ist die rechte Hand des Königs und als wahrer Frauenverführer bekannt. Als er der schönen Sklavin Gianelle begegnet, soll diese seine nächste Eroberung werden. Doch Gianelle hat andere Pläne und will mit Dante und seinen Annäherungen nichts zu tun haben. Sie lebt schon ihr ganzes Leben lang als Sklavin und möchte nichts anderes, als endlich frei zu sein. Ihr Fluchtversuch wird jedoch ausgerechnet von Dante vereitelt. Kurz darauf wird ihr bösartiger Herr tot aufgefunden und Gianelle wird verdächtigt ihn ermordet zu haben. Dante sieht es als seine Pflicht an, den Fall zu untersuchen. Doch um Gianelle zu retten und ihre Unschuld zu beweisen, muss er sie zuerst kaufen …

Erste Leser:innenstimmen
„Als Fan von historischen Liebesromanen musste ich bei der Reihe einfach zugreifen und freue mich jetzt schon auf den nächsten Teil!“
„Die Spannung und Leidenschaft zwischen Gianelle und Dante ist mir regelrecht entgegengesprüht.“
„Eine Historical Romance ganz nach meinem Geschmack.“
„Romantisch, fesselnd und mitreißend!“

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 506

Veröffentlichungsjahr: 2023

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Über dieses E-Book

Lord Dante Risande ist die rechte Hand des Königs und als wahrer Frauenverführer bekannt. Als er der schönen Sklavin Gianelle begegnet, soll diese seine nächste Eroberung werden. Doch Gianelle hat andere Pläne und will mit Dante und seinen Annäherungen nichts zu tun haben. Sie lebt schon ihr ganzes Leben lang als Sklavin und möchte nichts anderes, als endlich frei zu sein. Ihr Fluchtversuch wird jedoch ausgerechnet von Dante vereitelt. Kurz darauf wird ihr bösartiger Herr tot aufgefunden und Gianelle wird verdächtigt ihn ermordet zu haben. Dante sieht es als seine Pflicht an, den Fall zu untersuchen. Doch um Gianelle zu retten und ihre Unschuld zu beweisen, muss er sie zuerst kaufen …

Alle Bände der Lords of Desire-Reihe sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden.

Impressum

Erstausgabe 2006 Überarbeitete Neuausgabe Januar 2023

Copyright © 2023 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten

E-Book-ISBN: 978-3-98637-985-8

Copyright © 2006 by Forever Titel des englischen Originals: Lord of Temptation

Paula Quinn: Der Ritter und die stolze Sklavin. Übersetzt von Ralf Sander.

© für die deutsche Übersetzung © CORA-Verlag in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg.

Copyright © 2015, CORA Verlag GmbH & Co. KG Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits 2015 bei CORA Verlag GmbH & Co. KG erschienenen Titels Der Ritter und die stolze Sklavin (ISBN: 978-0-44661-595-2).

Übersetzt von: HarperCollins Germany GmbH Covergestaltung: Anne Gebhardt Unter Verwendung von Motiven von stock.adobe.com: © Darrical, © phatthanit www.shutterstock.com: © faestock, © monicaodo, © den781, © Andrey Arkusha, © Nature Peaceful, © jakkapan, © fogcatcher Korrektorat: Johannes Eickhorst

E-Book-Version 30.01.2023, 11:12:50.

Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Unser gesamtes Verlagsprogramm findest du hier

Website

Folge uns, um immer als Erste:r informiert zu sein

Newsletter

Facebook

Instagram

Twitter

YouTube

Das Herz des furchtlosen Lords

1. Kapitel

England, 1071

„Vergiss nicht“, sagte Gianelle, während sie das dicke Seil zur Sicherheit noch einmal knotete, „eine Stunde, nachdem Lord Bryce und seine Gäste sich in ihre Gemächer zurückgezogen haben, werden wir fliehen.“ Sie zog den Knoten so fest, wie sie konnte, dann überprüfte sie, ob das andere Ende, das um alle vier Füße des Bettes lag, festen Halt hatte. Sie packte das Seil und zerrte mit all ihrer Kraft daran. Es würde halten. Hoffentlich.

„Was, wenn er aufwacht und nach uns sieht?“ Casey beobachtete, wie Gianelle das Seil zurück unter das Bett schob. Dieser Plan gefiel ihr gar nicht. Allein bei dem Gedanken, sich aus dem Fenster zu stürzen, drehte sich ihr der Magen um. Gäbe es doch bloß einen anderen Fluchtweg. Aber Gia hatte recht. Sie mussten Devonshire verlassen. Ihr Herr war schon übel genug, doch es war sein Bruder, vor dem sie sich am meisten fürchtete. Nur selten rührte er sie einmal an, was jedoch nicht hieß, dass er es nicht gewollt hätte. Wenigstens in dieser Hinsicht stellte sich ihr Herr schützend vor sie. Dennoch fand Edgar Dermott immer wieder Wege, um ihnen das Leben zur Hölle zu machen – und das galt vor allem für Gia. Mit seinen verschlagenen Augen verfolgte er sie unablässig. Wenn sie mehr aß als die spärliche Portion, die der Dienerschaft von Devonshire zugestanden wurde, dann war er sofort zur Stelle, um ihr Vorwürfe zu machen. Wenn irgendetwas auf der Burg fehlschlug, gab er ihr die Schuld und genoss es, sie anschließend zu bestrafen.

„Er wird nicht nach uns sehen“, versicherte Gianelle ihr. „Casey, das ist die ideale Nacht für uns, um zu fliehen. Bei den vielen Gästen, die zum Festmahl hergekommen sind, wird er unser Verschwinden erst bemerken, wenn wir bereits die halbe Strecke nach York zurückgelegt haben.“

Casey wünschte, sie wäre so zuversichtlich wie ihre beste Freundin. Sie war sich nicht sicher, welcher Teil des Plans ihr mehr Angst machte: dass sie sich an einem Seil an der Mauer von Devonshire nach unten lassen sollte oder dass die wahren Gefahren erst auf sie lauerten, wenn ihnen die Flucht aus der Burg gelungen war.

„Hast du die Münzen?“

Casey nickte und hob ihren Rock an, damit Gia den kleinen Geldbeutel sehen konnte, der etwa in Kniehöhe baumelte.

„Wie viel haben wir?“

„Weiter als bis zehn Pence kann ich nicht zählen“, machte Casey ihr klar. „Wir haben etwas mehr als zehn Pence.“ Sie nestelte mit den Fingern an ihrem langen, kastanienbraunen Zopf, während sie sich auf die Unterlippe biss. „Und wenn uns die Wachleute sehen, wie wir davonrennen?“

Gianelle kam zu ihr und legte ihr die Hände auf die Schultern. „Du weißt, dass sie jeden Abend einschlafen, also musst du dir keine Sorgen machen. Denk lieber daran, welches Leben uns nach dieser Nacht erwartet.“ Das entschlossene Funkeln in Gianelles Augen ließ sie leuchten wie polierten Bernstein. Auf ihren sonst so blassen Wangen lag vor Begeisterung ein sanfter roter Hauch. „Dann werden wir frei sein. Nie wieder wird uns ein Herr sagen, wie wir zu denken und uns zu benehmen haben. Es wird keine Bestrafung mehr geben, nur weil wir einmal den Blick heben. Viel besser noch: Wir werden sagen dürfen, was wir wollen, wir essen, wenn wir hungrig sind, und wir werden in sauberen Seen baden können, nicht mehr in einem Bottich hinter der Küche.“

Die Aufregung in der Stimme ihrer Freundin war irgendwie ansteckend. Selbst wenn Casey die Freiheit nicht halb so wichtig war wie Gia, musste sie doch aus lauter Vorfreude zustimmend nicken und lächeln. Sie mussten fliehen, und Casey würde nicht zulassen, dass ihre beste Freundin ohne sie fortging.

„Jetzt komm. Lass uns nach oben gehen, damit wir die pflichtbewussten Dienerinnen spielen können, für die uns unser Herr hält.“ Gianelle nahm Casey an der Hand und zog sie in Richtung Tür.

„Gia.“ Casey blieb stehen, bevor sie beide in den Korridor gelangen konnten. „Bist du dir ganz sicher, dass er nicht aufwachen und uns ertappen wird? Du weißt doch noch, was letztes Mal passiert war, als wir ihn verärgert hatten …“

Um sie zu beruhigen, tätschelte Gianelle Caseys Hand. „Ich verspreche dir, Casey, Lord Dermott wird nicht aufwachen.“

Mit dem Handrücken strich Gianelle eine Strähne aus dem Gesicht, dann hob sie das schwere Silbertablett an, auf dem ein fettes Spanferkel lag. Dabei versuchte sie ihr Magenknurren zu ignorieren, während das Gewicht des Tabletts sie wanken und nach hinten taumeln ließ. Leise fluchte sie und fragte sich, was man diesem Schwein bloß zu fressen gegeben hatte. Sie würde es wohl nicht bis in den Saal schaffen, ohne wenigstens zweimal das Tablett auf ihren Knien abzusetzen.

Ihre verdammten Haare erschwerten das Unterfangen nur noch weiter. Obwohl sie es zu einem Zopf geflochten hatte, war es so unbändig, dass es ihr immer wieder ins Gesicht fiel und ihr die Sicht nahm, während sie versuchte weiterzugehen.

In den Korridoren von Devonshire Castle wimmelte es von Dienern und Vasallen, und gelegentlich mischte sich auch einer der Gäste auf der Suche nach der Garderobe darunter. Lord Bryce Dermott hatte heute eingeladen, um die Sonnenwende zu feiern, und ihm war nichts zu kostspielig gewesen, um seine adligen Gäste zu unterhalten. Es waren sogar zwei zusätzliche Köche geholt worden, damit sie Milda helfen konnten, die Vielzahl von Köstlichkeiten zuzubereiten, die keinem Geringeren als dem König selbst serviert werden sollten. Barden knieten vor dem Kaminfeuer und trugen Lieder von Liebe und Treue vor, während farbenprächtig gekleidete Jongleure Bälle hoch in die Luft warfen und zwergenwüchsige Akrobaten Purzelbäume zwischen den Tischreihen schlugen, die für das Festmahl aufgestellt worden waren.

Auf einer Estrade saßen die beiden Dermott-Brüder nebeneinander. Wie üblich, war Lord Edgar Dermott sogar noch schweigsamer und übelwollender als sein Bruder Bryce, der Herr von Devonshire Castle. Mit herablassender Miene beobachtete Bryce, wie Gianelle sich mit dem Tablett abmühte, nachdem einer der Akrobaten ihr in den Weg geturnt war. „Beweg deinen Hintern, Weib!“ Er schnippte mit den Fingern nach ihr. „Wir haben Hunger.“

Gianelle biss die Zähne zusammen, senkte den Kopf und ging weiter, bis sie endlich die Estrade erreicht hatte, wo sie dann das Tablett abstellte. Beinahe wäre sie dabei noch über ihre eigenen Füße gefallen, weil Lord Douglas Landry – einer der Gäste an einem Tisch unterhalb ihres Herrn – ihr in den Po kniff. Sie schluckte nur mit Mühe den wüsten Fluch herunter, der ihr auf der Zunge lag, und drehte sich abrupt zu dem Edelmann um. Doch der warf ihr bloß einen herausfordernden Blick zu, dann sagte er: „Füll meinen Kelch auf.“

„Natürlich, Mylord.“ Gianelle sah zu Boden und machte einen Knicks. „In der Küche steht ein soeben geöffnetes Fass Wein.“ Sie nahm ihm den Kelch aus der Hand und ging lächelnd zurück in die Küche. Die war normalerweise der Ort, an dem Gerüchte und Klatsch ausgetauscht wurden. Deshalb wunderte es Gianelle auch nicht, dass sich etliche der Dienstmädchen um die Köchin Milda geschart hatten, während die einen Ochsen mit Fett begoss, der am Spieß gedreht wurde.

„Wie ich hörte, hat der Earl kurz nach der Eroberung völlig ohne Hilfe zwanzig von König Williams Kriegern aus dem Verlies von Edgar Ætheling gerettet. Ingrams ältere Schwester Sarah sagt, er ist sogar noch größer als Lord Edgar, und sein Haar ist so schwarz wie das einer Rabenschwinge, und seine Augen haben die Farbe von edlem Zinn.“

„Aye“, bestätigte Sylvia, die soeben ein Tablett mit verlorenen Eiern hochnahm, „ich konnte ihn kurz sehen, als ich im Frühjahr meine Schwester in Dover besuchte. Er kam ins Dorf geritten und saß ab, um mit einer Fischerin zu reden, als wäre er keinen Deut besser als sie. Und doch ist er reich und besitzt Ländereien in Norwich und sogar in der Normandie. Der Mann meiner Schwester sagt, dass die Leute aus Dover ihren Herrn sehr lieben. Vor allem die Frauen.“ Sylvia zwinkerte Milda zu. „Ich sag’s euch, Mädchen. Lord Dante Risande ist anständiger als jeder Mann, der dort im Saal sitzt.“

Milda lachte leise. „Ich wünschte, ich könnte heute Abend servieren.“ Als sie Gianelle sah, winkte sie ihr mit ihrem Schöpflöffel zu. „Hast du ihn gesehen, Gia?“

Gianelle schüttelte den Kopf und ging an den Frauen vorbei zu Casey, die Apfeltorten auf einem langen, bronzenen Serviertablett arrangierte. „Ich sagte dir doch schon gestern, Milda, als du uns von seiner Ankunft erzählt hast, dass mich kein Mann interessiert, der mich herumkommandieren kann.“

„Nun ja, ich fürchte, nicht mal der Anblick eines Gottes könnte Gia interessieren“, meinte Lydia, eine dunkelhäutige junge Frau, die damit beschäftigt war, einen Schwan zu füllen. Sie zog eine Hand aus dem Tier und zeigte mit einem fettigen Finger auf Gia. „Du wirst noch als alte Jungfer enden, wenn du nicht bald jemanden findest, in den du dich verlieben kannst.“

„Die Liebe ist etwas für die Dichter, Lydia“, gab Gianelle zurück, dann holte sie eine Prise Narzissenblatt aus einem der vielen Gläser heraus, die auf einem Regal über dem Hacktisch standen, und gab es in Lord Landrys Kelch. „Ich verschwende keinen Gedanken an derart romantisches Gefasel.“

„Was machst du mit der Narzisse?“, wunderte sich Casey, als sie sah, wie Gianelle Rotwein in den Kelch füllte.

„Lord Landry hat mich gekniffen“, antwortete sie mit vielsagendem Grinsen. „Jetzt darf er dafür bezahlen.“

„Er wird meinen köstlichen Ochsen herauswürgen, noch bevor der in seinem Magen gelandet ist.“ Milda warf den Kopf in den Nacken und lachte von Herzen.

„Na, das ist immer noch besser, als sich ein paar Zähne auszubeißen, so wie Lady Millicent letzten Monat, als sie Gia ohrfeigte, weil die ihren verdrießlichen alten Ehemann angesehen hatte“, warf Casey ein.

„Woher sollte ich denn wissen, dass sie sich die Zähne an den Steinen ausbeißt, die in ihrem Honiggebäck steckten?“

Während die anderen Frauen wieder lachen mussten, schwenkte Gianelle Lord Landrys Kelch und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, weil ihr seine armen Eingeweide leidtaten. Sie warf einen Blick auf die Apfeltorten. Eine Sache musste sie noch erledigen, bevor sie die Küche verließ.

Auf dem Weg nach draußen ging sie an Margaret vorbei, ebenfalls eines von Dermotts Serviermädchen, und verdrehte die Augen, als die Frau den anderen verkündete, sie habe soeben Lord Dante gesehen, und der Allmächtige möge ihr einen Blitz in den Hintern fahren lassen, wenn er nicht der wundervollste Kerl war, den sie je zu Gesicht bekommen hatte.

Als Gianelle wieder den Saal betrat, machte sie sich gar nicht erst die Mühe, sich nach dem Mann umzusehen, der in der Küche für so viel Aufruhr sorgte. Stattdessen konzentrierte sie sich ganz auf Douglas Landry und ging geradewegs zu ihm, während sie zufrieden eine Melodie summte.

„Euer Wein, Mylord“, sagte sie leise und stellte den Kelch vor ihm auf den Tisch. Als sie sich umdrehte, um wegzugehen, war es ihr, als wäre sie gegen eine massive Wand gelaufen.

Starke, breite Finger schlossen sich um ihre Arme, damit sie nicht nach hinten fiel und auf Landrys Schoß landete.

„Verzeiht, Madame.“

Unwillkürlich hob sie den Kopf und sah dunkles Haar und blassgraue Augen, dann fiel ihr noch rechtzeitig ein, dass sie den Blick zu senken hatte. Mein Gott, dieser Kerl war ein Riese! Sein Körper war so hoch und breit, dass er ihr die Sicht auf alles nahm, was sich hinter und neben ihm befand. Vor allem aber war es der Geruch, der sie überwältigte. Eine intensive Mischung aus Leder und salzigem Seetang stieg ihr in die Nase und berauschte sie auf der Stelle. Als er sie losließ, wollte sie um ihn herumgehen, doch etwas hinderte sie daran.

„Eine Strähne Eures Haars hat sich an meinem Knopf verfangen.“ Seine Stimme war tief und sanft und schien aus den Tiefen seiner muskulösen Brust zu kommen.

Das muss der berühmte Earl Risande sein, überlegte sie, während sie zusah, wie er mit behänden Fingern den kleinen Knopf an seinem Surcot von ihren Haaren befreite. Keiner von Dermotts anderen Gästen sprach mit ihr in einem so sanften Tonfall, und bei kaum einem von ihnen hörte sie diesen sinnlichen Akzent ihrer Heimat – der Normandie – heraus.

„So, nun seid Ihr frei.“

Normalerweise hätte Gianelle einem Adligen keinen zweiten so direkten Blick zugeworfen, erst recht nicht, wenn der so dicht vor ihr stand. Sie war sich nicht sicher, ob es seine Stimme oder seine Worte waren, die sie in diesem Augenblick dazu verleiteten.

Als sie hochschaute, trafen sich ihre Blicke, und für einen Moment sahen sich die beiden eindringlich an. O verdammt, die Küchenmädchen hatten recht. Seine Augen waren wie aus Blattsilber geschaffen. Volle Wimpern, so pechschwarz wie sein Haar, ließen diese Augen noch klarer, noch durchdringender wirken. Die Nase war gerade, der Kiefer kantig, und seine Lippen waren wie für heidnische Vergnügungen geschaffen.

Dieser Mann erinnerte sie an einen Wolf, dessen Erhabenheit einen vergessen ließ, in welcher Gefahr man schwebte, wenn man sich ihm näherte. Diese Augen strahlten jene wilde Schönheit aus, von der eine Beute gefesselt ist, unmittelbar bevor sie ihm zum Opfer fällt. Gianelle stand einen Moment lang wie verzaubert vor ihm, während er sie anlächelte. Sie sah, wie sich Grübchen in seinen Wangen bildeten und wie er sein Gegenüber völlig aus dem Gleichgewicht brachte.

„Wenn Ihr mich dann entschuldigen würdet, Mylord“, brachte sie heraus, machte einen flüchtigen Knicks und eilte davon.

Lord Dante Risande sah ihr nach. Sein Blick wanderte dabei von ihrem langen goldblonden Zopf bis hinunter zu den verführerischen Rundungen ihres Pos.

„Merde. Habt Ihr das gesehen, Balin?“ Er wandte sich zu einem Mann um, der geduldig zu seiner Rechten wartete.

„Was gesehen, Mylord?“

„Dieses Gesicht.“ Dante drehte sich zur anderen Seite und suchte in dem belebten Saal nach dem Serviermädchen. „Diese strahlenden Augen. Findet ihren Namen heraus.“

Balin seufzte laut auf. „Eines Tages werdet Ihr feststellen, dass Ihr ein Dutzend Söhne habt, von denen Ihr nichts wisst“, brummte er, während er sich daranmachte, den Wunsch seines Herrn zu befolgen.

Dante lächelte, als er einen letzten Blick auf sie erhaschen konnte, wie sie sich ihren Weg aus dem Saal bahnte. „Vielleicht habe ich Glück und es werden dreizehn Söhne sein, noch bevor ich am Morgen diese Burg verlasse.“

2. Kapitel

Dante hob den Silberkelch hoch und betrachtete aufmerksam die kunstvollen Gravuren. Seine Augen leuchteten im gleichen Farbton wie der Glanz dieses Gefäßes. Die alte angelsächsische Handarbeit war von ausgesuchter Schönheit und so gefertigt, dass sie jahrelange Benutzung unbeschadet überstehen konnte. Damit war der Kelch so robust wie die Männer jenes Volks, die ihn geschaffen hatten.

Es freute Dante, dass Normannen und Angelsachsen gemeinsam trinken und lachen konnten. In England war bereits genug Blut vergossen worden, nun war die Zeit gekommen für Frieden zwischen den zwei unterschiedlichen Völkern in diesem Land. Aber nicht jeder wollte Frieden, und deshalb war er hier: um jeden zu finden, der sich mit Hereward dem Geächteten verbündet hatte, dem Führer des Widerstands gegen den Thron.

Als Krieger konnte Dante verstehen, warum manche Angelsachsen noch immer William bekämpften. In ihren Augen war der neue König ein Fremder, ein Eindringling, und auch wenn er seit der Eroberung versuchte, ihre Gesetze zu achten, wurde doch viel Land an die Normannen gegeben. Davon abgesehen behandelte William diese Einwohner gerecht. Wenn ein angelsächsischer Edelmann wie Bryce Dermott dem König Treue schwor, dann durfte er den größten Teil seiner Ländereien behalten. Es war der Widerstand, dem William ein Ende setzen wollte, und Dante war auf der Jagd nach dem Führer dieses Widerstands.

Etwas Warmes, Zartes strich über seinen Arm und riss ihn aus seinen Gedanken über seine Pflicht, brachte ihn aber sogleich zu seinem anderen bevorzugten Zeitvertreib. Er drehte sich zur Seite und schenkte Lady Genevieve LaSalle die Andeutung eines verführerischen Lächelns.

„Madame?“

Oh, diese Stimme … dieser Klang wie schwarze Seide und Stahl sorgte für eine wohlige Wärme in Lady Genevieves Lenden. Sie beugte sich über seinen Stuhl, sodass sich ihr milchigweißes Dekolleté dicht vor seinem Mund befand. „Ist das alles, was Ihr zu mir zu sagen habt, mon cher?“ Ihre vollen roten Lippen waren von seinen nur ein paar Fingerbreit entfernt, doch als sie sie mit ihrer Zunge benetzte, verhärtete sich Dantes Lächeln ein wenig und nahm einen nicht mehr so höflichen Zug an. „Ich hätte gedacht, dass Ihr mich nach unserer letzten …“, sie hielt kurz inne und biss sich auf die Unterlippe, „Begegnung wenigstens als amoureuse bezeichnen würdet.“

Sein Blick wanderte mit der Arroganz eines Mannes, der sich seiner Macht und Ausstrahlung vollends bewusst war, über ihren Körper. Lady Genevieve hielt den Atem an, da sie sich mit einem Mal nicht so unter Kontrolle hatte, wie es ihr lieb gewesen wäre. Zum Teufel mit diesem Mann! Warum mussten diese Augen bloß ein solches Feuer ausstrahlen? Und warum musste sein Mund nur so sinnlich sein? Lady Genevieve wurde unruhig und wünschte sich, sie hätte sich hingesetzt. Ihre Knie fühlten sich plötzlich zu schwach an, um ihr noch länger Halt zu geben. Mit einem gewissen unterwürfigen Charme, der ihrem Bewunderer nicht entging, hob sie unsicher eine Hand an ihr weizenblondes Haar. Ihre eingeflochtenen Perlen saßen noch immer am richtigen Platz.

„Ich glaube, ein einziges Stelldichein berechtigt nicht dazu, uns als Liebespaar zu bezeichnen, mein Engel“, erklärte er, während er zu Lord Landry sah, der soeben von seinem Platz aufgesprungen war, die Hände auf seinen Bauch presste und zur Tür rannte.

„Und wie sieht es nach einem zweiten Stelldichein aus?“, schlug Genevieve vor, die sich von seiner tiefen, rauen Stimme umso mehr zu ihm hingezogen fühlte. „Wir könnten uns auf der Stelle zurückziehen.“

Sein sanftes Lachen riss sie aus ihrer Träumerei. „Vielleicht ein anderes Mal, Madame.“

Die Stimme, mit der er diese Worte sprach, fühlte sich auf ihrer Haut wie ein verlockendes Feuer an. Doch Dante zog sich bereits zurück und tat sie wie ein Serviermädchen ab, das ihre lästigen Hände nicht von ihm lassen wollte. Wie konnte er das nur wagen! Hatte er vergessen, dass sie die Tochter des Comte LaSalle de la Flandre war? Jeder Mann würde es als ein Geschenk Gottes bezeichnen, dass sie ihm ihre Aufmerksamkeit schenkte, ganz zu schweigen von ihrem Körper! Und genau den hatte sie Dante geschenkt … und er hatte ihr noch viel mehr geschenkt … eine Nacht, die sie niemals vergessen würde, Küsse so hitzig, dass sie laut hatte aufschreien müssen – ohne Rücksicht darauf, ob ihr Vater sie hörte, der nur einige Zimmer weiter in seinen Privatgemächern arbeitete.

Sie starrte in seine melancholischen Augen. Mit ihrer Hand, an der Rubine prangten, hätte sie ihm am liebsten eine Ohrfeige gegeben, damit er aufhörte zu grinsen. Und gleichzeitig hätte sie liebend gern mit ihren Fingern sein Haar zerwühlt. Ihre zwiespältigen Empfindungen machten sie innerlich so wütend, dass ein paar Schweißtropfen sich einen Weg zwischen ihren Brüsten hindurch bahnten. Einerseits fühlte sie sich von diesem Mann aufs Äußerste gedemütigt, andererseits sehnte sie sich nach seinen starken Armen. Aufgebracht machte Lady Genevieve auf der Stelle kehrt und stürmte davon.

Dante sah ihr amüsiert nach und bewunderte zugleich den sanften Schwung ihrer üppigen Hüften unter dem safrangelben Kleid. Comte LaSalle würde zweifellos auf einer Heirat bestehen, wüsste er etwas von diesem Stelldichein, wie Dante es formuliert hatte. Dabei war es in Wahrheit mehr wie eine Schlacht in einem Schneesturm gewesen, die in Dante den Wunsch nach etwas Warmem weckte, nachdem alles vorüber war. Diese Frau war eine Schönheit: mit langen, anmutigen Beinen und vollen, festen Brüsten, die selbst einen Mönch zum Sünder werden lassen konnten. Zu schade nur, dass Dante bei ihr eine große Leere verspürte – so leer wie die Netze, die seine Fischer im letzten Winter unterhalb seiner Burg in Dover aus dem Meer gezogen hatten.

Genevieve LaSalle war so schnell vergessen, wie sie neben ihm aufgetaucht war. Dante zuckte mit den Schultern und veränderte seine Sitzhaltung, da der mit Schnitzereien verzierte Eichenstuhl für seine langen Beine etwas zu klein war. Sein Blick wanderte durch den Saal zu Bryce Dermott, der gerade von einem Stück gebratenem Schwein aß, das vor ihm auf dem Tisch lag. Dante bezweifelte ernsthaft, dass dieser Mann der Rebell war, nach dem König William suchen ließ. Selbst wenn dem Herrn von Devonshire der Ruf anhing, ein zügelloser Tyrann zu sein, war er unfähig, auch nur den nächsten Tag zu planen, von einem Aufstand gegen den König ganz zu schweigen. Er sah zu dem Mann rechts von Bryce. Der kam ihm schon deutlich verdächtiger vor. Edgar Dermott besaß keinerlei Ähnlichkeit mit seinem älteren Bruder, weder im Aussehen noch hinsichtlich seines Temperaments. Der Mann nippte an seinem Weinkelch und beobachtete Dante auf die gleiche kühle, berechnende Weise wie ein Falke, der seine Beute ausgewählt hatte.

„Glaubt Ihr, er weiß, warum wir hier sind?“, fragte Balin leise, als er sich neben Dante setzte und ebenfalls zur Estrade schaute.

„Er weiß, wer ich bin. Und er weiß, was geschah, als Hereward im letzten Winter seine angelsächsischen Rebellen und die Dänen gegen uns schickte.“ Dante lächelte Edgar Dermott herausfordernd an, dann sagte er an Balin gerichtet: „Er sieht mich nicht sehr wohlgesinnt an, oder?“

„Nun“, Balin zuckte mit den Schultern, die nur ein wenig schmäler waren als die von Dante, „wenn er wahrhaftig einer von Herewards Spießgesellen ist, dann ergibt sein wütender Blick sehr wohl einen Sinn. Immerhin wart Ihr derjenige, der die Armee des Königs in Peterborough angeführt und diesen Rebellen schwere Verluste beschert hat.“

Auch wenn ich diese Zeit lieber vergessen würde, dachte Dante. Es war nicht die blutige Schlacht bei Peterborough, die ihn so sehr bedrückte, dass er zeitweilig glaubte, er müsse den Verstand verlieren. Zu schaffen machte ihm vielmehr, was er nach seiner Heimkehr vorgefunden hatte.

„Ihr Name ist Gianelle.“

Dante lehnte sich auf seinem Stuhl nach hinten und rieb sich das Kinn, während er versuchte, die Erinnerungen zu vertreiben. „Wer?“

„Die Dienstmagd, die Ihr vor einer Weile bewundert hattet“, erklärte Balin. „Ihr Name ist Gianelle Dejiat.“

Er schaute Balin düster an. „Stammt sie aus der Normandie?“

„Es scheint so.“

Wieder sah Dante zu Bryce Dermott, und er fragte sich, wieso sich ein Angelsachse eine Frau aus der Normandie als Dienerin hielt. Im Schein der Kerzen bemerkte er, wie sie die Kelche der anderen Gäste am Tisch auffüllte. Das flackernde Licht huschte über ihr Gesicht, während sie vornüber gebeugt ihre Arbeit verrichtete, als würde sie die Adligen um sie herum gar nicht zur Kenntnis nehmen. Unter dem groben, schmucklos braunen Wollkleid wirkte sie erschreckend dünn. Wenn auch ihr Körper nicht jene von Dante üblicherweise bevorzugten vollen Rundungen aufwies, hatte diese Frau doch etwas an sich, das ihn in ihren Bann zog.

Vielleicht war es gerade ihr zierliches Erscheinungsbild, das ihm den Atem stocken ließ, während sie sich ihm langsam näherte. Oder es lag daran, dass sie so deplatziert wirkte inmitten der vornehmen Damen, die hinter ihren hochgehaltenen parfümierten Taschentüchern verlegen kicherten, und die immer ihr Haar abtasteten, um Gewissheit zu haben, dass sich alle Perlen und silbernen Haarklammern noch da befanden, wo sie sein sollten. Gianelle war von natürlicher Schönheit, die von keinem Schmuck noch zusätzlich hervorgehoben werden musste. Edgar Dermott schien das Gleiche zu denken, wie Dante bemerkte. Der Bruder des Burgherrn verfolgte jede ihrer Bewegungen mit einem gierigen Ausdruck in den Augen.

Als sie endlich bei ihm angelangt war, betrachtete er sie ausgiebig, während sie ihn verstohlen unter den langen Wimpern hindurch ansah.

„Kann ich den bedenkenlos trinken?“, fragte er, während sie sich vorbeugte.

Sie blinzelte und sah ihm direkt in die Augen. Ein Anflug von Furcht ließ ihre Wangen ein wenig erröten. Es war das zweite Mal an diesem Abend, dass er von der außergewöhnlichen Schönheit dieser Frau gefesselt war.

„Wie bitte, Mylord?“

„Ich frage nur, weil Lord Landry nach dem Genuss des Weines recht übel wurde.“

Gianelle drückte den Weinkrug an ihre Brust. Wie war es möglich, dass er ihr Handeln durchschaut hatte? „Wenn sich Lord Landry nicht wohlfühlt, dann hat das mit mir bestimmt nichts zu tun.“

Dante wusste, dass sie log.

Er hatte gesehen, wie sie mit Landrys Kelch in den Saal gekommen war. Warum hatte sie einen gefüllten Kelch mitgebracht, wenn sie doch den Krug nehmen konnte, der am Eingang zum Saal aus dem Fass nachgefüllt wurde? Seine Jahre an der Tafel von König William hatten ihn gelehrt, wie leicht es war, sich mit nichts weiter als einem Kelch Wein eines Gegners zu entledigen. Ihm missfiel der Gedanke, diese reizende Frau könnte sich mit jemandem verschworen haben, um die normannischen Gäste an Bryce Dermotts Tafel zu vergiften. Es wäre eine Schande, wenn sie sich gegen ihre Landsleute gestellt hätte. Und es wäre eine noch größere Schande, wenn er sie deswegen gefangen nehmen und zu William bringen müsste.

Er legte eine Hand auf seinen Becher, um sie am Nachschenken zu hindern, und lächelte sie freundlich an. „Ich bleibe lieber bei Sinnen und behalte das köstliche Essen bei mir.“

Eben wollte er etwas über ihre blasse Hautfarbe sagen, da stellte eine andere Dienstmagd ein Tranchierbrett vor ihn auf den Tisch. „Ein Stück Ochse, Mylord?“

Dante drehte sich um, sah den Teller an, dann das Dienstmädchen. Mit einem erstickten Fluch auf den Lippen sprang er so plötzlich auf, dass er Gianelle fast zu Boden gestoßen hätte. Einige Herzschläge lang brachte er keinen Ton heraus, sein Atem stockte, und es war ihm nicht möglich, einen klaren Gedanken zu fassen – bis auf einen: dass seine Schwester Katherine zu ihm zurückgekehrt war.

„Balin?“, flüsterte er, ohne den Blick von der jungen Frau zu nehmen.

„Ich sehe sie, Herr“, bestätigte Balin, den die Ähnlichkeit fast genauso verblüffte wie Dante.

Der hob eine Hand, um die Wange der jungen Frau zu berühren, ließ sie aber gleich wieder sinken, als die erschrocken zurückzuckte. Ihre leuchtend blauen Augen hatte sie vor Angst weit aufgerissen. „Mein Gott, wer bist du?“ Seine Stimme war so heiser, dass er nur ein Flüstern zustande brachte.

„M-mein Name ist Casey, Mylord.“

„Casey“, wiederholte er, als sei ihm der Klang ihres Namens völlig fremd. „Du siehst aus wie jemand, der mir sehr viel bedeutete.“

Gianelle kannte viele der Listen, mit denen Männer versuchten, eine Frau zu verführen, doch der gequälte Tonfall dieses Mannes ließ sie innehalten und überlegen, ob seine Trauer wohl ehrlich gemeint war.

„Gianelle!“

Der drohende Ausruf von Bryce Dermott erschreckte sie so sehr, dass ihr der Krug aus den Händen glitt. Der Wein verteilte sich auf dem Boden, spritzte auf Dantes Stiefel und färbte den Saum ihres Kleides rot. Im Saal herrschte abrupt Grabesstille, wenn man von dem Stoßgebet absah, das Casey flüsterte.

„Meine Gäste sind durstig. Sollen sie den ganzen Abend auf ihren Wein warten, nur weil du Lord Risande anstarrst?“ Dermott presste die Lippen aufeinander und hielt Dantes zornigem Blick stand. „Ich bitte Euch um Verzeihung. Diese Frau hat nie Gehorsam gelernt, und in meinem sonst so friedlichen Leben gibt sie immer wieder Grund zum Ärgern. Seht Ihr? Seht Ihr, wie frech sie mich anstarrt?“

Als er aufstand, konnte Gianelle nicht anders, als ihm zuzusehen, wie er die Estrade verließ. Sie wusste, sie sollte den Blick senken, doch sie konnte es einfach nicht. Von Angst und Hass erfasst, starrte sie ihn bloß weiter an, während er erst um einen, dann um einen weiteren Tisch eilte, um zu ihr zu gelangen.

„Ich werde dir beibringen, deinen Herrn zu respektieren!“ Er war so dicht vor ihr, dass Gianelle in seinen eisblauen Augen sehen konnte, wie gewillt er war, ihr Gewalt anzutun.

Unwillkürlich trat sie einen Schritt nach hinten, stieß aber auf ein scheinbar unverrückbares Hindernis. Sie wusste, ihr Herr würde sie schlagen. Nichts konnte das jetzt noch verhindern. Ihr Blick wanderte durch den Raum, und sie entdeckte Edgar Dermott, der trübselig lächelte. Es war offensichtlich, wie sehr er sich wünschte, derjenige zu sein, der den Schlag austeilte. Gianelle bedauerte wirklich, dass sie nicht auf sein Essen geniest hatte, als sie es in den Saal brachte. Trotzig hob sie den Kopf, auch wenn sie wusste, dass sie eine Schmach erwartete.

„Du wirst schon lernen, dich zu fügen, ungezogenes Weib!„ Als Dermott seine Hand hob, kniff sie die Augen zusammen. Doch die erwartete Ohrfeige kam nicht. Sie blinzelte vorsichtig, dann erkannte sie, dass Dermotts Arm von einer anderen, größeren Hand umschlossen war. Das Knurren, das hinter ihrem Kopf seinen Ursprung hatte, klang so bedrohlich, dass Gianelle am liebsten davongelaufen wäre.

„Seid gewarnt, Dermott. Senkt Eure Stimme, und nehmt Eure Hand nach unten, sonst seid Ihr derjenige, der niedergeschlagen wird.“

Bryce Dermott sah zwischen Dante und ihr hin und her, woraufhin sie den Kopf zur Seite drehte, da sie seinen bedrohlichen Gesichtsausdruck nicht länger ertrug.

„Rührt sie an“, sprach Dante mit eisiger Stimme weiter, „und ich schwöre, ich werde Euer Blut dort vergießen, wo Ihr gerade steht.“

Langsam nickte Dermott und schaute Gianelle gar nicht erst an, als Dante ihn losließ. Stattdessen rieb er sein Handgelenk und wandte sich zu seinem Bruder um, der von seinem Platz aus alles mitverfolgt hatte. Edgar Dermott nickte ihm kaum merklich zu, bevor er Dantes vernichtenden Blick erwiderte. Einen Moment lang funkelten in seinen Augen Rachegelüste, doch plötzlich begann er zu grinsen.

„Ein Trinkspruch auf den Kommandanten von König William!“ Er hob seinen Kelch. „Auf den kühnen Beschützer des …“, er sah über den Gefäßrand Gianelle an, „des schwachen Geschlechts. Wollen wir hoffen, dass ihn das niemals sein Leben kosten wird.“

„Und wollen wir hoffen“, fügte Dante an, dessen Augen nicht das herausfordernde Lächeln widerspiegelten, mit dem er Edgar Dermott begegnete, „dass dieser Mann genug Kraft und Geschick besitzt, damit ich wenigstens ins Schwitzen komme, bevor er mit seiner Absicht scheitert.“

Der selbstbewusste Tonfall überzeugte Gianelle davon, dass Dante Risande nicht daran gewöhnt war, einen Kampf zu verlieren. Darüber konnte sie aber nicht länger nachdenken, denn als er sich auf einmal bewegte, merkte sie, dass es sein Körper war, gegen den sie sich die ganze Zeit über gepresst hatte. Ohne sich nach dem Mann umzusehen, der sie soeben gerettet hatte, machte sie einen Satz weg von ihm und durchquerte den Saal, um einen neuen Krug zu holen und am nächsten Tisch weiter ihrer Pflicht nachzukommen.

Die nächste Stunde über unternahm sie alles, um einen großen Bogen um Lord Risandes Tafel machen zu können. Er hatte bereits seine Wachsamkeit bewiesen, als er ihr auf die Spur gekommen war, dass sie etwas in Lord Landrys Wein gemischt hatte. Warum war er mit dieser Erkenntnis nicht sofort zu Lord Dermott gegangen? Er verdächtigte sie einer schändlichen Tat, und doch beschützte er sie vor dem Zorn ihres Herrn. Wieso nur? Über diese Frage würde sie noch ein oder zwei Wochen lang grübeln, dessen war sie sich sicher. Dieser Mann führte irgendetwas im Schilde, doch sie wusste nicht, was es war. Ein paar verstohlene Blicke bestätigten ihren Eindruck, dass er seine gesamte Umgebung aufmerksam beobachtete, während er den Wein trank, den Sylvia ihm eingeschenkt hatte. Würde er ihren Plan durchschauen, wenn sie Casey einen flüchtigen Blick zuwarf? Nein, dieses Risiko konnte sie nicht eingehen.

Sie hielt sich aber auch aus einem anderen Grund von ihm fern, den sie sich nur widerstrebend eingestehen wollte. Tatsächlich war es so, dass sie sich versucht fühlte, immer wieder zu ihm hinzusehen – sogar jetzt, als sie eine abgebrannte durch eine neue Kerze ersetzte. Sie hörte ihn lachen, ein volles, tiefes Lachen, das männlicher nicht hätte sein können. Vermutlich betörte er irgendeine junge Frau, die beim Anblick seiner Grübchen und seines Lächelns weiche Knie bekam. Dumme Kühe, ging es Gianelle durch den Kopf. Sie hatte Wichtigeres zu tun, als sich über Lord Dante Risande Gedanken zu machen. Da war zum Beispiel die Frage, was sie und Casey machen sollten, wenn sie erst einmal frei waren. Vielleicht würden sie nach Schottland reisen und dort Schafe züchten. Gianelle überlegte, ob sich die Männer dort wohl auch eine Dienerschaft hielten. Falls ja, wären sie da falsch. Aber sie würden schon irgendeinen Platz finden, wo sie leben konnten. So wie ihr Vater würde auch sie nie aufhören zu suchen. Sie hoffte, Henri Dejiat hatte seine lang ersehnte Freiheit gefunden.

Immer noch in Gedanken bei ihrem Vater hob sie den Kopf, da sie spürte, dass Dante seinen verführerischen Blick wieder auf sie gerichtet hatte. Überrascht und bestürzt zugleich bemerkte sie, wie er sich ihr näherte. Was wollte er von ihr? Sie weiter zu Landry befragen, der zwar zweimal in den Saal zurückgekehrt, aber jedes Mal nach wenigen Augenblicken mit leichenblasser Miene nach draußen gestürmt war? Ihr Herz raste wie wild, und für einen kurzen Moment überlegte sie, ob sie ihm eine Kerze entgegenwerfen sollte, damit er stehen blieb. Doch das Einzige, was sie zustande brachte, war ein kläglicher Blick in seine Richtung.

Dieser Mann war das Sinnbild eleganter Männlichkeit in einem auf ihn zugeschnittenen, aufgeknöpften kobaltblauen Surcot, der ihm bis unter die Knie reichte. Darunter trug er ein weißes, mit Goldfäden durchwirktes Hemd, ein Breitschwert in dicker Lederscheide hing unter dem Surcot von der Hüfte herab. Eine schwarze wollene Hose und weiche Lederstiefel umhüllten seine langen, muskulösen Beine. Sein dunkles Haar hatte er aus dem Gesicht gestrichen, im Nacken war es zum Zopf geflochten.

Anstatt gegen die Wirkung anzukämpfen, die sein Erscheinungsbild auf sie hatte, stand sie einfach nur da und trat ungeduldig mit einem Fuß auf. Er sollte sie endlich befragen und sie dann in Ruhe lassen. Ihr Problem war allerdings, dass sie einfach nicht den Blick von ihm nehmen konnte. Ihn schien das jedoch nicht zu stören, denn er schaute sie einfach weiter an, bis er sie erreicht hatte.

„Verzeiht, Madame“, sagte er mit tiefer Stimme. „Aber ich möchte unbedingt herausfinden, warum das Ersetzen alter Kerzen Euch so schmachtend dreinschauen lässt.“

Er war ein Hexer, der ihre Gedanken lesen konnte. Gianelle versuchte, ihm zu entkommen, bevor er mit dem Finger auf sie zeigen und alle ihre Verfehlungen verkünden konnte. Würde man sie züchtigen, weil sie letzten Monat die flüssige Seife durch Baumharz ersetzt hatte? Und war die Peitsche die angemessene Strafe dafür, dass sie vor dem Servieren über alle Apfeltorten geleckt hatte?

Der Mann versperrte ihr den Weg und hob ihren Kopf an, damit er ihr in die Augen sehen konnte. „Du musst dich vor mir nicht fürchten.“

Fast hätte Gianelle laut gelacht. Sie reichte diesem Mann gerade mal bis zur Brust, und seine Muskeln zeichneten sich deutlich unter dem Stoff seines Surcots ab. Sie hatte allen Grund, sich vor ihm zu fürchten.

„Worüber hast du nachgedacht?“, wollte er von ihr wissen.

„Über meinen Vater“, erwiderte sie. Für den schmachtenden Blick, den zu sehen er behauptet hatte, hätte sie wohl eher darüber nachdenken müssen, wie sie völlig frei über ein Heidekrautfeld in den Highlands lief, doch das wagte sie ihm nicht zu sagen.

„Dann fehlt er dir also“, sagte er verständnisvoll.

„Nein, Mylord. Das tut er nicht.“

Verblüfft über ihren sachlichen, kühlen Tonfall und neugierig, wie sie in Bryce Dermotts Dienste geraten war, fragte er weiter: „Hat er dich in die Knechtschaft verkauft?“

„Ich wurde als Sklavin geboren, Mylord.“ Sie sah sich im Saal um und wünschte, er würde seine Fragen zu Landry stellen und dann tun, was er zu tun hatte.

„Wo warst du, bevor du herkamst?“

Schließlich hob sie den Blick und sah ihm in die Augen. Die Art, wie sie leicht die Stirn runzelte, ließ Dante lächeln.

Doch Gianelle begann in diesem Moment zu verstehen, dass er sogar noch klüger als bislang angenommen war. Er wollte die Namen ihrer früheren Herren, damit er die befragen konnte, ob sie schon anderen Menschen Schaden zugefügt hatte. Aber so schlau wie er war sie schon lange. Sie würde ihm alle Namen geben, die er hören wollte, allerdings nicht die wahren Namen. „Ich weiß nicht, was das soll. Aber wenn Ihr es wissen wollt, dann kann ich mich nicht weigern. Lasst mich überlegen. Mein erster Herr nach meiner Ankunft in England … das war … Lord Harold … ähm … Hampton. Und danach …“

Dante kniff die Augen ein wenig zusammen und musste sich zurückhalten, um nicht schon wieder zu grinsen. Ihm war beim besten Willen nicht klar, warum sie ihn schon wieder belog. Es hätte ihn umso misstrauischer machen sollen. Doch es war ein so köstlicher Anblick, wie sie versuchte, die Oberhand zu behalten, dass er genug Mühe hatte, um nicht laut zu lachen. „Ich habe noch nie von einem Lord Harold Hampton gehört. In welcher Grafschaft verteidigt er die Ehre des Königs?“

„Grafschaft?“ Sie biss sich auf die Unterlippe und versuchte, sich an die Namen irgendwelcher Grafschaften in England zu erinnern. In den sechs Jahren, die sie nun hier im Land war, hatte sie sich erst in drei davon aufgehalten, und von den anderen wollte ihr nicht eine einzige in den Sinn kommen.

Dante legte die Hände auf den Rücken und gestattete es sich, sie so strahlend anzulächeln, wie er nur konnte. „Sag einfach das, was dir als Erstes einfällt, Gianelle. Ich schwöre bei meinem Schwert, dass du mir erzählen könntest, dieser Harold Hampton hielte tief unten am Meeresboden Hof, und ich müsste dir nur in die Augen sehen, um es zu glauben.“

Gianelle betrachtete ihn aufmerksam, war sich aber nicht sicher, ob er ihr soeben ein Kompliment gemacht oder sie als Lügnerin hingestellt hatte. Letzteres musste der Fall sein, denn kein Adliger, der bei Verstand war, würde einer Dienerin ein Kompliment machen. Die Erkenntnis machte sie auf der Stelle wütend. Wie konnte er es nur wagen, sie als Lügnerin zu bezeichnen! „Wenn Ihr damit fertig seid, mich auszufragen, darf ich mich dann wieder meinen Pflichten widmen?“

Er sah sie vorwurfsvoll an. „Ich wollte dich nicht verhören, sondern mich nur mit dir unterhalten.“

„Warum um alles in der Welt denn das?“ Sie stemmte die Hände in die Hüften und schaute ihn mit vor Unglauben weit aufgerissenen Augen an.

„Pardon?“ Dante musste sich verhört haben, etwas anderes war gar nicht möglich. „Warum ich mich mit dir unterhalten will?“

„Oui.“

„Ich …“, begann er, hielt jedoch gleich wieder inne. „Nun, ich …“ Zum Teufel! Noch nie hatte er erklären müssen, weshalb er mit einer Frau reden wollte. Daher wusste er auch nicht, was er antworten sollte. Zu seiner Enttäuschung deutete sie sein Schweigen so, als hätte er die Unterhaltung beendet.

„Warte.“ Er bekam sie am Arm zu fassen, ehe sie weggehen konnte. Für einen Moment überlegte er, ob sie ihm etwas in sein Essen getan hatte. Warum sollte er sonst so hinter ihr herlaufen wie ein junger Hund, der gekrault werden wollte? So etwas war ihm noch bei keiner Frau passiert, und er wollte auch nicht jetzt damit anfangen. Seine Miene war noch immer finster, dennoch machte er den Mund auf. „Geh mit mir später draußen spazieren, wenn du deine Arbeit getan hast.“

Sie schüttelte den Kopf und entgegnete: „Non.“

„Ich werde auch schweigen und mich von dir ausfragen lassen.“

„Aber, Mylord“, wieder sah sie ihm in die Augen, „es gibt nichts, was ich über Euch erfahren möchte.“

Dante stand nur da und sah ihr wortlos nach, wie sie ihn zum dritten Mal an diesem Abend einfach stehen ließ. Ihre Worte hätten ihm einen Stich versetzen sollen, da noch nie eine Frau so etwas zu ihm gesagt hatte, doch er musste darüber lächeln. Er war ein Krieger, der jede Herausforderung durch einen würdigen Gegner annahm. Tatsächlich hatte der Gedanke, sie für sein Bett zu gewinnen, etwas Erfrischendes an sich.

3. Kapitel

Niemals hätte sich Gianelle träumen lassen, dass es so schwierig sein könnte, an einem Seil nach unten zu klettern. Nach gerade einmal fünf Knoten waren ihre Hände bereits wund. Zweimal hatte sie mit den Füßen den Halt verloren, und nur mit Mühe war es ihr gelungen, sich am nächsten Knoten festzukrallen. Casey machte alles nur noch schlimmer, da sie quiekte wie eine Ratte und unablässig jammerte, dass nur Narren Geschicklichkeit und göttliche Weisheit verabscheuen. Gianelle wäre ein Psalm lieber gewesen, denn sie war dankbar dafür, dass sich die Quartiere des Dienstpersonals so tief unten befanden. Wäre sie eine Adlige gewesen, die einen Fluchtversuch unternahm, dann hätte der noch hundert Fuß über ihr begonnen.

„Wie viele Knoten noch?“

Gianelle schaute nach oben und betete, dass Casey nicht den Halt verlor und auf sie stürzte. „Ich weiß nicht. Aber wir sind fast unten.“

„Sieh nach unten und zähl die Knoten, Gia“, forderte Casey sie auf.

„Sieh doch selbst nach unten!“, gab sie zurück.

„Meine Wange blutet.“

„Dann drück sie nicht so fest gegen das Seil, Casey.“

Bald schon würden sie frei sein. Das hielt sich Gianelle immer wieder vor Augen, um den Schmerz in ihren Händen zu beruhigen. Der bloße Gedanke, nie wieder der Kontrolle eines anderen zu unterliegen, hatte ihr geholfen, auch die schlimmsten Tage zu überstehen. Und nun trieb dieser Gedanke sie voran, aller Angst zum Trotz vor dem, was sie möglicherweise erwartete.

„Pass doch auf“, zischte sie Casey zu, als die zu schnell nach unten kletterte und ihr Schuh auf Gianelles Kopf landete.

„Ich glaube, das Seil gibt nach“, rief Casey so laut, dass jeder in der Burg davon aufwachen musste. „Hast du das gerade gemerkt?“

Der Doppelknoten, mit dem das Seil an Gianelles Bett festgemacht war, begann sich aufzulösen, und einen Augenblick später stürzten sie beide die verbleibenden wenigen Fuß in die Tiefe. Gia kam ziemlich unsanft auf ihrem Po zu Fall, Casey landete auf ihr, und dann klatschte ihnen das Seil auf den Kopf.

Gianelle hatte genug damit zu tun, leise zu fluchen und sich aus dem Seil zu befreien, sodass sie nicht den Mann bemerkte, der im hellen Mondschein an die Burgmauer gelehnt dastand. Als er zu sprechen begann, stieß Casey einen erschreckten Schrei aus, während Gianelle keinen Laut von sich gab.

„Wohin wollen wir denn?“

Verdammt, was hatte er denn hier draußen zu suchen? Gianelle schlug mit den Fäusten auf die harte Erde, Casey hingegen sprang auf und rannte los.

„Holt sie Euch, Balin“, befahl Dante der Gestalt, die Gianelle links von sich in der Dunkelheit erkannte. „Bringt sie zurück in ihr Zimmer und versichert ihr, dass wir Dermott davon nichts sagen werden.“

Gianelle hatte sich noch immer nicht gerührt. Sie überlegte, warum dieser Fremde sie abermals beschützen wollte. Irgendetwas wollte er von ihr – nur was? Ob sie wohl kräftig genug war, um ihn mit dem Seil zu würgen? Doch ein Blick auf den breitschultrigen Mann genügte, um sie erkennen zu lassen, wie sinnlos ein solches Unterfangen sein würde. Am liebsten hätte sie ihn verflucht, während er mit verschränkten Armen dastand und breit grinste. Vermutlich hatte er die ganze Zeit zugesehen, wie sie und Casey nach unten geklettert waren.

„Welcher Fluch wurde auf mich gelegt, dass Ihr hier seid?“ Sie wollte in Tränen ausbrechen, sie wollte schreien, weil er alle ihre Hoffnungen auf eine Flucht zunichtegemacht hatte.

Dante stieß sich von der Wand ab, kam zu Gianelle und hockte sich neben sie. „Sagst du immer, was dir als Erstes durch den Kopf geht? Denn dann …“ Sein Blick blieb an ihrer Silhouette hängen, dann erst wanderte er langsam weiter zu ihrem bloßen Oberschenkel, der unter dem aufgerissenen Kleid zum Vorschein gekommen war. Es war ihm praktisch unmöglich, sich abzuwenden, und er hätte fast laut geseufzt, als sie den Saum schnell wieder nach unten zog. „… dann muss ich dich wissen lassen, dass deine Geringschätzung mich tief verletzt. Meine Anwesenheit als die Folge eines Fluchs zu bezeichnen …“ Er sah zu, wie sie aufstand und eine Strähne aus dem Gesicht strich.

„Warum schlaft Ihr nicht wie alle anderen auch?“

Für Dante hörte sie sich herzzerreißend niedergeschlagen an, was bei ihm den Wunsch weckte, sie in die Arme zu nehmen und zu trösten. „Ich konnte nicht schlafen“, antwortete er und richtete sich auf. Als er dann direkt vor ihr stand, musste er die Augen schließen, um sich auf seine Worte zu konzentrieren und sich nicht von ihrem verführerischen Schmollmund irritieren zu lassen. „Ich machte mit Balin einen Spaziergang, und dabei sprachen wir über dich.“

Gianelle kniff die Augen zusammen. „Mitten in der Nacht?“

„Oui.“ Natürlich würde er ihr nicht verraten, dass er und Balin gewartet hatten, bis alle eingeschlafen waren, damit sie sich in Bryce Dermotts Privatgemächern umsehen konnten. Noch hatten sie nichts gefunden, was ihn mit Hereward dem Geächteten in Verbindung brachte. Bei dieser Suche war Dante auf die Stimmen vor dem Fenster aufmerksam geworden, und er und Balin hatten die Burg verlassen, um der Angelegenheit auf den Grund zu gehen.

„Warum solltet Ihr mit Balin ausgerechnet über mich reden?“, fragte sie argwöhnisch. Diesem rätselhaften Fremden mit den wachsamen Augen und dem schurkischen Lächeln konnte sie nicht vertrauen. Die Art, wie er sie ansah, gab ihr zudem das Gefühl, als würde sie nur spärlich bekleidet vor ihm stehen.

„Eigentlich sollte ich doch derjenige sein, der hier die Fragen stellt, nicht wahr?“, entgegnete er, ging um sie herum und hob das Seil auf. „Zum Beispiel die Frage, warum du und Casey fliehen wolltet.“

Gianelle drehte sich zu ihm um, sah dabei aber zu Boden. „Das würdet Ihr doch nicht verstehen.“

„Erzähle es mir trotzdem.“

„Wir wollen frei sein.“

Dante kam es so vor, dass er der erste Mann war, der sie diese Worte aussprechen hörte. Ihr momentaner Herr würde sie ganz sicher bestrafen, sollte sie ihm gegenüber so etwas eingestehen. Dennoch wollte Dante sie eigentlich fragen, warum sie den Schutz der dicken Burgmauern verlassen und auf eine Küche verzichten wollte, in der warme Mahlzeiten zubereitet wurden, die ihren Hunger stillten. Nur wenn ihr Aussehen ihn nicht täuschte, wog Gianelle kaum mehr als ein Seidenschleier. Ihr musste das Leben mit einem Burgherrn, von dem sie geschlagen wurde, eher wie ein Dasein in einem Gefängnis vorkommen. Dabei war die Welt außerhalb von Devonshire viel schlimmer als das, was sie unter dem Tyrannen der Burg zu ertragen hatte. Dante kannte diese traurige Wahrheit aus eigener Erfahrung.

„Wohin wolltest du mit Casey fliehen?“ Er legte das Seil zusammen und warf es sich über die Schulter.

„Wohin uns die Füße getragen hätten“, erwiderte sie und hob trotzig das Kinn.

„Kein sehr gut überlegter Plan. Trägst du irgendwo an deinem Körper einen Dolch?“

Gianelle sah ihn lange an. „Non.“ Warum hatte sie nicht selbst an ein Messer gedacht? Es war tatsächlich dumm gewesen, ganz ohne Waffe zu fliehen. Andererseits jedoch hätte sie ohnehin nicht gewusst, wie sie damit umgehen sollte. „Wir haben einen Geldbeutel.“ Kaum hatte sie ausgesprochen, schloss sie die Augen. Hätte sie doch bloß den Mund gehalten. Jetzt würde er natürlich von ihr wissen wollen, wem sie die Münzen abgenommen hatten.

„Nun, wenigstens wären dann die Straßenräuber, die euch beide ermordet hätten, für ihre Mühe belohnt worden.“

„Man hätte uns nicht ermordet“, widersprach Gianelle und wich zurück, als er sich ihr näherte.

„Mit diesen dünnen Armen“, er legte sanft Daumen und Zeigefinger um ihren Oberarm, „kannst du froh sein, wenn dein Angreifer eine Schramme im Gesicht davonträgt.“

Am liebsten hätte Gianelle diese Behauptung an seiner Wange ausprobiert, doch in diesem Moment glitten seine Finger über ihren Arm bis hinunter zur Hand, als wäre es eine Liebkosung. Diese sanfte Berührung ließ einen Schauer über ihren Rücken huschen. Sie versuchte, ihren Arm zurückzuziehen, Dante hingegen packte ihn etwas fester.

„Die Hand einer Frau sollte nicht so zugerichtet sein. Komm, ich kümmere mich um diese Verletzungen.“

„Ihr wollt Euch um mich kümmern?“ Ihr wäre wohl nach Lachen zumute gewesen, hätte sie nicht kurz davorgestanden, in Tränen auszubrechen. Bevor sie aber sein sonderbares Angebot ablehnen konnte, hatte er schon ihre Hand in seine Armbeuge genommen und ging in Richtung Eingangspforte.

Gianelle wehrte sich nicht dagegen. Wozu auch noch? Er hatte ihren Traum von der Freiheit ohnehin zerstört, selbst wenn sie sich eingestehen musste, dass sie zu hastig gewesen war und nicht gründlich genug die Flucht geplant hatte. „Glaubt Ihr wirklich, Casey und ich wären Straßenräubern zum Opfer gefallen?“

„Oui, ma petite fée. Junge Frauen sollten sich niemals allein in einen Wald begeben.“

Etwas an der Art, wie er das sagte, wie Trauer und Schmerz seine Stimme färbten, brachte Gianelle dazu, ihm zu glauben. Dennoch warf sie einen sehnsüchtigen Blick zurück über die Schulter, ehe sie gemeinsam in die Burg zurückkehrten.

In der Küche war es dunkel, und nach zwei Schritten stieß sich Dante das Schienbein so heftig am Hacktisch, dass die Gläser darauf erzitterten. Er fluchte auf Französisch, und nur einen Moment später wären sie fast zusammen über ein Fass voll mit Steckrüben gefallen.

Gianelle zog ihren Arm zurück, stieg über einen Hocker und entzündete erst einmal genügend Kerzen, bevor sie und Dante sich noch das Genick brachen. Als sie damit fertig war und sich zu ihm umdrehte, entging ihr nicht das schiefe Grinsen, das seinen Mund umspielte. Sie war noch immer wütend auf ihn, weil er ihre Flucht vereitelt hatte, doch in diesem Augenblick war ihr tatsächlich nach Lachen zumute.

„Wo geht es hinunter in den Keller?“, fragte er. Gianelle zeigte auf eine Tür den Korridor entlang, dann sah sie ihm nach, wie er mit der Dunkelheit verschmolz. „Ich will nur das Seil weglegen. Geh nicht fort“, sagte er zu ihr über die Schulter.

„Dass ich das nicht mache, dafür habt Ihr ja schon gesorgt“, murmelte Gianelle und drehte sich zu dem großen Schrank, in dem Milda saubere Tücher und Lappen aufbewahrte. In einem Topf neben dem Untersetzer fand sich noch etwas frisches Wasser, in das sie das Tuch eintauchte. Als sie den Stoff auf ihre blutigen Finger drückte, stieß sie ebenfalls einen Fluch auf Französisch aus.

„Komm, lass mich das machen.“

Seine Stimme wie aus dem Nichts so dicht hinter sich zu hören, raubte ihr beinah den letzten Rest an Selbstbeherrschung. Sie wirbelte herum, sah in seine funkelnden Augen, drehte den Kopf dann aber schnell zur Seite.

„Tut es sehr weh?“ Seine seidenweiche Stimme trug seinen warmen Atem mit sich, der über ihre Wange strich.

Sie schüttelte den Kopf, während er die Verletzungen säuberte und versorgte.

Einmal sah sie ihn an, dann noch einmal. Er schaute ihr in die Augen und lächelte.

„Eure Augen haben eine sehr sonderbare Farbe, Mylord.“

„Machen sie dir Angst?“

„Warum sollten mir Augen Angst machen? Ich finde sie nur … sonderbar. Da sind winzige grüne Sprenkel zu sehen, die mir zuvor nicht aufgefallen waren.“

Seine Grübchen wurden noch etwas tiefer, woraufhin Gianelle einen Fluch murmelte. Dieser Mann war wirklich ein arroganter Kerl. „Ihr habt eine entsetzlich aufreizende Art an Euch“, erklärte sie und hoffte, seinem Stolz einen Stich zu versetzen. „Ihr seid wie ein Juckreiz, der genau zum falschen Zeitpunkt auftritt und der einfach nicht aufhören will, so viel man auch kratzt.“

Dante hörte auf, ihre Finger abzuwischen, und musterte ihr Gesicht. „Du hast aber noch gar nicht versucht zu kratzen.“

Gianelle war sich sicher, es sich bloß einzubilden. Dennoch kam es ihr so vor, als würde sich dieser Mann wie ein großer, gemütlich schnurrender Löwe anhören.

„Vielleicht tue ich das ja, noch bevor der Morgen anbricht, Mylord“, warnte sie ihn, da die Wärme in seinen Augen ihr Mut machte.

„Nenn mich Dante. Und du sollst wissen, dass ich genau hier gekratzt werden möchte.“ Bei diesen Worten nahm er ihre Hand und legte sie auf eine Stelle gleich unterhalb der untersten rechten Rippe.

Sie zog ihre Hand zurück und nahm ihm den Lappen ab. Um ihre Verletzungen würde sie sich allein kümmern. Währenddessen ging Dante um sie herum und nahm die Küche genauer in Augenschein.

„Hast du Dermott oder seinen Bruder je über Hereward den Geächteten reden hören?“

„Hereward … wer?“ Sie betrachtete seinen Rücken, während er ein Glas aus dem Regal über dem Hacktisch nahm. Milda und die anderen wären tot umgefallen, hätten sie in diesem Moment sehen können, wie aufmerksam Gianelle das Spiel von Kerzenlicht und Schatten auf seinem vollen Haar mitverfolgte, das ihm zwischen den breiten Schultern bis in den Rücken fiel.

„Hereward der Geächtete“, wiederholte er, während er den Korken von einem kleinen Glas abzog und es ihr zeigte. „Hast du das Lord Landry verabreicht?“

Sie machte den Mund auf, um einmal mehr seinen Vorwurf zu verneinen. Doch er fragte auf eine so beiläufige Art und sah sie so überzeugt von seiner Meinung an, dass sie gar nicht erst versuchen sollte, ihm weiterhin Lügen aufzutischen. Warum auch? Er hatte sie bei ihrem Fluchtversuch überrascht, und doch war sie von ihm nicht zu ihrem Herrn gebracht worden, damit der sie bestrafen konnte. Zwar wusste Gianelle, sie sollte ihm besser nicht vertrauen, gleichzeitig hatte sie bisher aber keinen Anhaltspunkt dafür gefunden, dass er etwas im Schilde führte. Genau genommen war er sogar der erste Mann, der ihre Fragen beantwortete, ohne sie dabei anzubrüllen – selbst dann, wenn sie ein wenig unhöflich zu ihm war. Er war der erste Adlige, dem sie in die Augen sehen durfte und der das sogar zu genießen schien. So verrückt dieser Gedanke auch war, gab er ihr doch das Gefühl, ihm gleichwertig zu sein.

„Wollt Ihr die Wahrheit wissen?“

„Das wäre mal eine erfreuliche Abwechslung“, sagte Dante, dem nicht das flüchtige Lächeln auf ihren Lippen entgangen war.

„Nun gut, Mylord. Ich habe noch nie von diesem Hereward gehört. Und was Ihr da in der Hand haltet, ist Pfeffer.“

Dante schaute in das Glas, dann hielt er es dicht an die Nase, um den Geruch aufzunehmen. Gianelle konnte nichts anderes mehr tun, als eine Hand auf den Mund zu drücken, um ihr Lachen zu ersticken, während er zu niesen begann und eine Pfefferwolke in ihre Richtung trieb.

„Oui, das ist Pfeffer.“ Er wischte sich die Augen trocken, setzte den Korken wieder auf und stellte das Glas zurück ins Regal. Gleich darauf strichen seine Finger über das Glas daneben.

„Zimt“, erklärte Gianelle. „Allerdings benutzt Milda das Gewürz nicht oft. Es ist sehr teuer. Der Bruder meines Herrn hat es per Segler von einem anderen Kontinent herkommen lassen. Dessen Name ist mir allerdings nicht vertraut.“

„Indien.“ Dante betrachtete das Gefäß. „Wie eigenartig, dass sich der jüngere Bruder eines angelsächsischen Barons einen solchen Luxus leisten kann.“ Es sei denn, er hatte einen Weg gefunden, für Dienste bezahlt zu werden, von denen der König nichts wusste.

„Und dies?“ Er zeigte auf ein anderes Glas. „Ein weiteres seltenes Gewürz?“

„Das ist Salbei“, antwortete Gianelle verblüfft. „Darf ich offen sprechen, Mylord?“

Auf seinen Lippen zeichnete sich ein flüchtiges Lächeln ab. „Es wäre mir ein Vergnügen, wenn du das machen würdest.“

Diese Erwiderung ließ sie stutzen und sorgte bei ihr für zusätzliche Verwunderung. Dieser Mann besaß die Gabe, anderer Leute Gedankengänge völlig durcheinanderzuwirbeln. Sie fragte sich, ob er das wohl absichtlich machte. „Wie kommt es, dass Ihr einerseits wisst, woher Zimt kommt, und andererseits nicht erkennt, wenn Ihr Pfeffer vor der Nase habt?“

„Ich mag Zimt in meinem Met“, erklärte Dante. „Aber ich bereite nicht selbst mein Essen zu.“

„Natürlich nicht.“ Sie kam sich albern vor, dass sie auch nur für einen Moment geglaubt hatte, Dante könnte wissen, wie es in einer Küche aussah. Vermutlich hatte er diesen Raum in seiner eigenen Burg noch nie betreten.

„Du siehst übrigens unwiderstehlich aus, wenn ich dich in Verwirrung stürze.“

„Ihr stürzt mich nicht in Verwirrung“, gab sie hastig zurück. „Und im nächsten Glas befinden sich Narzissenblätter, in getrockneter und gemahlener Form so gut wie geschmacklos – auch im Wein von wollüstigen Adligen.“

Ihn amüsierte, wie Gianelle ihn dabei anschaute, als sie diese Bemerkung anfügte. „Und was bewirkt das bei einem wollüstigen Adligen?“

„Brechreiz.“ Gianelle wartete auf seine Reaktion. Schließlich hatte sie jetzt seinen Verdacht bestätigt.

Er zuckte daraufhin nur mit den Schultern. „Unangenehm, aber harmlos. Hatte Landry eine solche Behandlung verdient?“

„Ja, das hatte er.“ Mit einem Mal fühlte sie sich erleichtert und entspannt – und sehr müde.

„Darf ich Euch etwas fragen, Mylord?“

„Natürlich“, erwiderte er und vertrieb die Bilder aus seinem Kopf, die Gianelle zeigten, wie sie sich unter ihm räkelte.

„Hätte er es nicht verdient, hättet Ihr mich dann geschlagen?“

Einen Moment lang sah er sie einfach nur an. Er wusste, warum sie ihm diese Frage stellte, und es machte ihn wütend, wenn er nur daran dachte, dass jemand gegenüber einem so zerbrechlichen Ding handgreiflich wurde. „Non“, antwortete er mit ruhiger Stimme und ging einen Schritt auf sie zu. „Ich würde dich nie schlagen, Gianelle.“

Seine Augen strahlten Wärme aus, und im Kerzenschein hatte sein Gesicht sanfte Züge angenommen.

„Ihr seid sehr ungewöhnlich, Lord Risande.“

Er nahm ihre Hand in seine. „Das Gleiche denke ich schon den ganzen Abend von dir.“ O verdammt, er musste sie jetzt küssen, sonst würde er noch den Verstand verlieren.

In diesem Moment hallte ein Schrei durch die Burg. „Was zum Teufel …?“, begann er.

Im Korridor waren eilige Schritte zu hören, und während eine Frau wieder und wieder schrie, erwachte die ganze Burg urplötzlich zum Leben. Bald verstand Gianelle, was die entsetzten Stimmen verkündeten.

Lord Bryce Dermott war tot. Vergiftet in seinem eigenen Bett.

Ohne den Blick von ihr zu nehmen, ließ Dante Gianelles Hand los und wich ein Stück zurück. Ihr Herz stockte, als er über die Schulter zu den Gewürzgläsern über dem Hacktisch schaute.

4. Kapitel

In einer Ecke des großen Saals war die Dienerschaft von Devonshire versammelt und tuschelte aufgeregt. Edgar Dermott hatte sie dort zusammengetrieben, ohne einem von ihnen mehr zu sagen, als bislang bekannt war. Ihr Herr war vergiftet worden und im Schlaf gestorben. Offenbar hatte Lady Genevieve LaSalle zu dieser Zeit das Bett mit ihm geteilt, da sie als Erste seinen Tod bemerkte.

„Woher weiß man, dass er vergiftet wurde?“, fragte Margaret die anderen. „Vielleicht versagte sein Herz ihm beim Liebesakt mit der adligen Dirne den Dienst. Immerhin hörte ich früher am Abend, wie Lady LaSalle sich ein zweites Mal Lord Risande hingeben wollte. Ich verwette meinen Hintern darauf, dass eine Frau, die sich zwei Runden mit diesem Hengst zutraut, für eine aufgeblähte Kröte wie unseren Herrn tödlich sein kann.“

„Gia?“ Casey zupfte am Ärmel ihrer Freundin. „Glaubst du, eine Frau kann einen Mann durch den Liebesakt umbringen?“

„Ich weiß nicht“, antwortete Gianelle ausweichend. Sie starrte unablässig zur Tür, da sie damit rechnete, dass Dante hereinkam und sie für schuldig erklärte. Ihr war seine misstrauische Miene nicht entgangen, nachdem er die Gläser in der Küche betrachtet hatte. Sie war so dumm gewesen, ihm zu gestehen, was sie Lord Landry in den Wein gemischt hatte, und nun glaubte er, sie habe auch ihren Herrn vergiftet.

„Gia?“ Wieder zog Casey sie am Ärmel. „Edgar Dermott wird nun unser Herr sein, und du weißt, wie grausam er sein kann.“