Verführt von einem Highlander - Paula Quinn - E-Book

Verführt von einem Highlander E-Book

Paula Quinn

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Beschreibung

Zwischen ihren Clans gibt es nichts als Hass - doch zwischen ihnen brennt die Leidenschaft

Bereits von der ersten Sekunde an ahnt Isobel, dass die Begegnung mit dem attraktiven Highlander Tristan ihr Leben verändern wird. Noch nie hat sie sich derart von einem Mann aus der Ruhe bringen lassen. Sein sinnliches Lächeln lässt ihre Knie weich werden, und ihr Herz klopft bei jeder noch so flüchtigen Berührung schneller. Doch als sie erfährt, wer Tristan wirklich ist, stellt sich ihre Welt auf den Kopf: Er gehört zu den MacGregors, dem verhassten Clan, der vor zehn Jahren ihren Vater tötete ...

Noch mehr Liebe und Geheimnisse im schottischen Hochland des siebzehnten Jahrhunderts: "Bezwungen von einem Highlander" von Paula Quinn.

"Die spannende Handlung dreht sich um ein gut gehütetes Geheimnis und eine scheinbar unmögliche Liebe, angetrieben ebenso durch aufregende wie durch humorvolle Szenen." ROMANCE REVIEWS TODAY

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.



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Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Weitere Titel der Autorin

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Fußnoten

Paula Quinn

VERFÜHRTVON EINEMHIGHLANDER

Aus dem amerikanischen Englisch vonSusanne Kregeloh

Weitere Titel der Autorin

Children of the Mist-Trilogie – Die MacGregors

Band 1: Begehrt von einem Highlander

Band 3: Bezwungen von einem Highlander

Über dieses Buch

Zwischen ihren Clans gibt es nichts als Hass – doch zwischen ihnen brennt die Leidenschaft

Bereits von der ersten Sekunde an ahnt Isobel, dass die Begegnung mit dem attraktiven Highlander Tristan ihr Leben verändern wird. Noch nie hat sie sich derart von einem Mann aus der Ruhe bringen lassen. Sein sinnliches Lächeln lässt ihre Knie weich werden, und ihr Herz klopft bei jeder noch so flüchtigen Berührung schneller. Doch als sie erfährt, wer Tristan wirklich ist, stellt sich ihre Welt auf den Kopf: Er gehört zu den MacGregors, dem verhassten Clan, der vor zehn Jahren ihren Vater tötete …

Über die Autorin

Paula Quinn lebt mit ihrem Mann, drei Kindern und einem kleinen Zoo in New York. Sie liest gern Liebesromane und Science-Fiction und schreibt, seit sie elf Jahre alt ist. In Ihren historischen Liebesromanen aus den Highlands verbindet sie ihre Leidenschaften: Geschichte und Schottland.

beHEARTBEAT

Digitale Neuausgabe

»be« - Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2010 by Paula Quinn

Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Seduced by a Highlander«

Published by arrangement with Grand Central Publishing,

New York, NY, USA

All rights reserved

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur

Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2013/2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Dorothee Cabras

Covergestaltung: Guter Punkt, München | www.guter-punkt.de unter Verwendung von Motiven © hotdamnstock; © shutterstock: David Cuesta | Nella

eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-6548-1

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Für alle Ritter und die Ladys, die sie lieben …und für Dan, der mein Ein und Alles ist.

Prolog

Burg CampbellGlen Orchy, Schottland1675

Nun, wir alle wissen doch, dass Tristan den Kampf gewonnen hätte, wenn das nicht passiert wäre. Niemand kann ihn besiegen.« Robert Campbell, der Elfte Earl of Argyll, wandte sich seinem Neffen zu, der neben ihm saß, und zwinkerte ihm zu.

Callum MacGregor, der ihm gegenüber Platz genommen hatte, brummte zustimmend. »Aye, nur deshalb konnte dieser Bastard Fergusson ihn zu Fall bringen und einen Kampf provozieren. Ihm hätte man die Nase brechen müssen, nicht meinem Sohn.«

»Ich habe ihm einen kräftigen Kinnhaken verpasst, Vater«, verteidigte sich Tristan. »Außerdem tut sie gar nicht mehr weh.« Er betastete seine lädierte Nase. Sie schmerzte noch immer höllisch, aber ein MacGregor jammerte nicht über gebrochene Knochen. »Alex Fergussons Stolz wird sich schwerer wiederherstellen lassen.«

»Gut gesprochen«, lobte sein Onkel und klopfte Tristan auf die Schulter. »In deinen Adern fließt Ritterblut. Du wirst zu einem Ehrenmann heranwachsen.«

Tristan glühte vor Stolz.

»Mir gefällt es, wenn der Nasenrücken ein wenig krumm ist.« Kate MacGregor legte ihre Stickarbeit aus der Hand und lächelte ihren Sohn liebevoll an. »Jetzt siehst du deinem Onkel sogar noch ähnlicher. Habe ich recht, Anne?«

Roberts schöne Frau schaute von ihrer Nadelarbeit auf und stimmte zu. »Ja, er ist genauso hübsch. Auch mit blutunterlaufenen Augen.«

Tristan errötete und versetzte seiner Schwester mit der Schulter einen Stups, als sie ihn spöttisch anlachte.

»Ich fürchte, die Nase des Jungen muss noch einige Male mehr gebrochen werden, ehe sie meiner gleicht.« Robert Campbell ergriff die Hand seines Neffen, bog ihm die Finger zur Faust und legte seine Hand darüber. »Denk immer daran, dass die Abwehr genauso wichtig ist wie schnelle Schlagkraft.«

Graham Grant, ein enger Freund der MacGregors und der Campbells of Argyll, saß am Kamin und trank sein Bier. Jetzt stieß er mit der Stiefelspitze gegen den Fuß des Chiefs der MacGregors. »Callum, du wirst Robbie doch nicht erlauben, Tristan in der Kunst des Nahkampfes zu unterweisen, oder?«

»Meine Fähigkeiten anzuzweifeln beweist nur, dass du ein schlechter Lehrer bist, Graham«, erwiderte Robert gelassen.

»Ich gebe zu, dass dein Können sich unter meiner Anleitung im Laufe der Jahre sehr verbessert hat«, entgegnete Graham leichthin. »Aber hätte ich Tristan ausgebildet, würden dem jungen Alex Fergusson jetzt ein paar Zähne fehlen und vielleicht ein oder zwei Gliedmaßen.«

Robert schaute lächelnd auf Tristan, als die Krieger um sie herum alle zustimmten, dass der lästige Fergusson-Junge sich eines Tages aufgespießt von der Klinge eines Widersachers wiederfinden würde – vorzugsweise von der Tristans.

»Denk also daran«, Robert Campbell beugte sich so weit vor, dass nur sein Neffe ihn hören konnte, »dass es im Leben eines Mannes viele Momente gibt, in denen die Entscheidung, die er trifft, sein weiteres Schicksal bestimmt.«

Tristan nickte. Er begriff diese Worte, weil Kriegerblut in seinen Adern floss. Es war nicht immer nötig, dem Gegner den schlimmstmöglichen Schaden zuzufügen – die Tatsache, dass sein Vater nicht immer mit dieser Meinung einverstanden war, ließ Tristan sich manchmal wünschen, der Earl wäre statt des Chiefs sein Vater. Er dachte über seine Entscheidung nach, gegen Alex zu kämpfen, nachdem er sich vom Boden aufgerappelt hatte. Tristan hatte nicht damit gerechnet, dass die Faust des Jungen so schnell sein würde. Alles, woran er sich erinnerte, nachdem Alex Fergusson ihn getroffen hatte, war der Geschmack von Blut in seinem Mund und dass sein und Alex’ Vater sich angeschrien hatten. Danach hatte seine Mutter ihn an den weiteren Wettkämpfen nicht mehr teilnehmen lassen – drei Wettkämpfe, von denen Tristan gewusst hatte, dass er sie gewinnen könnte. Er hatte sein Schicksal insofern gut gelenkt, als dass er lediglich mit einer blutenden Nase nach Hause gekommen war.

Der Lärm, der plötzlich ins Zimmer drang, ließ die Männer aufspringen. Das laute Rufen, das von draußen zu hören war, veranlasste sie, zu ihren Schwertern zu greifen.

»MacGregor!«, brüllte jemand. »Komm raus und stell dich mir, wenn du den Mut dazu hast! Du beleidigst mich und meine Familie nicht noch einmal! Du wirst diese Nacht nicht überleben!«

Tristan hörte kaum, dass sein Vater den Frauen und Kindern befahl, nach oben in den Turm zu gehen. Während ihm die Farbe aus dem Gesicht wich, beobachtete er, wie Graham und sein Onkel zur Tür eilten. Der Mann da draußen war Alex Fergussons Vater. War er gekommen, um Callum MacGregor zu töten? Weil zwei Kinder gegeneinander gekämpft hatten?

»Tristan, geh!«, befahl sein Vater, aber Tristan konnte sich nicht bewegen. Er konnte kaum atmen. Es war seine Schuld. Die Männer würden kämpfen; sein Vater könnte seinetwegen sterben. Er streckte die Hand aus, als wollte er seinen Vater aufhalten, als der zur Tür ging. »Geh nicht fort!« Er wollte es laut rufen, doch die Bitte kam ihm nur als ein Wispern über die Lippen. Er war erst vierzehn. Sie würden nicht auf ihn hören.

»Zeig dich, Fergusson!«, rief Callum. Er ging an seinem Schwager und seinem besten Freund vorbei und stieß die schwere Tür auf. »Zeig dich, und ich werde dir noch einmal ins Gesicht sagen, dass du der Sohn eines Schweins bist!«

Lautes Brüllen folgte, aber Tristan wurde von seiner Mutter weggezerrt, die ihn am Arm gepackt hatte. Als er aus dem Zimmer geführt wurde und mit den anderen die Treppe hinaufging, warf er über die Schulter einen Blick zurück und sah, dass Graham und sein Onkel den Wohnturm verließen, um seinem Vater zu folgen.

»Ich sollte bei ihnen sein.« Im oberen Turmzimmer angekommen, versuchte Tristans ältester Bruder, sich an ihrer Mutter vorbeizudrängen, aber sie stellte sich ihm in den Weg und gebot ihm mit erhobener Hand zu bleiben.

»Deinem Vater wird nichts geschehen, Rob. Setz dich zu deinen Brüdern! Bitte, mein Sohn!«

O Gott, mach, dass ihm nichts geschieht!, betete Tristan. Ihm war schlecht und ein wenig schwindelig, als die Angst Welle um Welle über ihn herfiel. Seine Schwester saß auf Lady Annes Schoß und weinte. Ihr Weinen ließ Tristan wünschen, aus dem Zimmer zu flüchten und nach draußen zu laufen. Wenn er sich entschuldigte, würde sich Alex’ Vater dann zurückziehen? Er, Tristan, würde alles tun … alles, um diesen Schmerz loszuwerden, der in seinem Kopf tobte, in seinem Magen, in seinem Herzen. Wenn seinem Vater etwas geschah …

Ein schauriger Schrei durchstach seinen Trübsinn und ließ jeden Laut im Zimmer verstummen. Grahams Frau wurde blass und zog ihr Schwert. »Ich werde nach unten gehen.« Ohne auf die Zustimmung der anderen zu warten, öffnete sie die Tür und lief die Treppen hinunter. Ihr gellendes Aufkreischen einen Augenblick später schickte Entsetzen durch den Turm und in das Herz eines jeden, den sie zurückgelassen hatte.

Tristan war nicht der Erste, der aus dem Zimmer lief. Als er es schließlich verließ, wünschte er, er wäre drinnen geblieben und hätte die Tür verriegelt, um niemals mehr herauszukommen. Er hatte Angst um das Leben seines Vaters gehabt. Es war ihm nicht in den Sinn gekommen, dass jemand anders sterben könnte. Und niemals, niemals er.

»Dafür werden sie sterben!«, hörte er seinen Vater aus tiefster Seele brüllen. »Sie alle werden sterben!«

Tristan ging die letzten Stufen so langsam hinunter, dass es sich anfühlte, als bewegte er sich gar nicht. Alles schien so … irreal zu sein. Es musste irreal sein. Denn der schlaffe Körper, der dort auf dem Boden des Burghofs lag und den Callum MacGregor in den zitternden Armen hielt, konnte nicht sein Onkel sein. Ein Pfeil ragte aus seiner Brust. Robert Campbell konnte nicht tot sein. Er war zu stark, zu mutig und zu ehrenhaft, um im Dunkel der Nacht niedergestreckt zu werden – weil ein Kind die Entscheidung getroffen hatte zu kämpfen. Zu betäubt, um weinen zu können, zu verzweifelt und zu gequält von Schuldgefühlen, konnte Tristan nur wie erstarrt dastehen. Er sah, wie seine Mutter und Anne auf die Knie fielen. Ihr schmerzerfülltes Klagen drang in jeden Winkel des Turms.

Der Mensch, den Tristan mehr als jeden anderen auf der Welt geliebt hatte, war tot. Gestorben durch einen Pfeil, der ihn mitten ins Herz getroffen hatte. Es war ein Moment, der den Lauf vieler Leben verändern würde. Am stärksten das Tristans und des Mädchens, das ihn eines Tages wieder er selbst sein lassen würde.

Kapitel 1

England, 1685

Dieser arrogante Dummkopf!« Isobel Fergusson stieß die schwere Holztür auf und betrat den riesigen Palastgarten Whitehalls. Dabei kamen ihr ein Dutzend boshafter Flüche über die Lippen. Elf Jahre nach dem Tod ihrer Mutter und zehn, seit ihr Vater seine sieben Kinder als Waisen zurückgelassen hatte, brach sich die schwere Last der Sorge um ihre Familie endlich Bahn. Verdammt, ihr Bruder Alex würde sie alle in tödliche Gefahr bringen! Oh, warum nur waren sie nach England gekommen? Wenn sie unbedingt der Krönung des Duke of York zum König beiwohnen mussten, dann sollte jetzt Patrick bei ihr sein, ihr ältester Bruder und der Erbe ihres verstorbenen Vaters. Er war jetzt der Chieftain der Fergussons, nicht Alex. Sie hatten nur ein, zwei Wochen bleiben wollen, aber als der künftige König alle Gäste eingeladen hatte, einen weiteren Monat in Whitehall zu bleiben, hatte Alex angenommen. Isobel stieß einen kleinen Stein aus dem Weg und fluchte wieder. Wie hatte sie nur einen so unbesonnenen, gedankenlosen Dummkopf großziehen können?

Es war keinesfalls so, dass Isobel für die Annehmlichkeiten, die Whitehall zu bieten hatte, nicht empfänglich wäre: die luxuriösen Federbetten, die weitläufigen Galerien mit den hohen gewölbten Decken, in denen selbst das leiseste Flüstern der eleganten Lords und Ladys widerhallte, die so stark gepuderte Gesichter hatten, dass sie wie lebende, atmende Statuen aussahen. Alles in diesem Palast war ganz und gar ungewöhnlich und verführerisch … auf eine eigenartige Weise. Alex hatte die Einladung angenommen, obwohl er wusste, dass die MacGregors von der Insel Skye auch hier waren! Wie hatte er das tun können? Hatte er den Hass vergessen, der zwischen ihren Clans herrschte? Oder die vielen Fergusson-Chieftains, die vor zehn Jahren von dem rachsüchtigen Teufel Callum MacGregor getötet worden waren?

»Lieber Gott«, betete sie inständig, als sie neben der großen steinernen Sonnenuhr in der Mitte des Gartens stehen blieb, »gib mir Kraft und meinem unbesonnenen Bruder genügend Klugheit, dass er nicht noch einen Krieg vom Zaune bricht!«

Eine Bewegung zu ihrer Rechten lenkte ihre Aufmerksamkeit auf eine Reihe lebensgroßer Bronzestatuen, die im Sonnenlicht glänzten. Als eine davon sich unvermutet bewegte, zuckte Isobel zurück und prallte gegen die Sonnenuhr.

»Vorsicht, Mädchen!«

Er war ganz gewiss keine Statue, sondern ein Mann – auch wenn sein Antlitz vom selben Künstler hätte geschaffen worden sein können, von dem die Meisterwerke stammten, die den Garten schmückten. Isobel nahm jeden Zentimeter seiner Erscheinung in sich auf, als der Fremde hinter dem golden schimmernden Ebenbild eines Erzengels hervortrat, dessen Flügelschlag bei der Landung auf seinem Sockel für immer in der Bewegung erstarrt war. Der Fremde war wie ein Engländer gekleidet, wenn auch ohne all dessen Putz … oder die Perücke. Das Haar fiel ihm offen bis auf die Schultern und hatte die Farbe glänzender Kastanien. Es wurde von sonnengebleichten Strähnen durchzogen, die fast so golden schimmerten wie seine Augen. Er trug ein beigefarbenes Leinenhemd, das um die schmalen Hüften von einem Gürtel zusammengehalten wurde. Der gerüschte Kragen stand am Hals offen, was den Mann eher wie einen Schurken, weniger wie einen Adligen aussehen ließ. Er war groß und schlank, seine langen, muskulösen Beine steckten in einer eng sitzenden Hose. Er trug mattschwarze Stiefel, und seine Schritte wirkten leichtfüßig, aber dennoch wohl überlegt, als er auf Isobel zukam.

»Ich wollte Euch nicht erschrecken.« Der melodiöse Klang seiner Stimme wies ihn als Schotten aus, vielleicht sogar als einen Highlander. »Ich hielt Euch für meine Schwester. Aber ich bin unendlich dankbar, dass ich mich geirrt habe.« Sein Lächeln war – abgesehen von dem Aufblitzen eines schalkhaften Grübchens in einer seiner Wangen – unschuldig, und es wirkte offen und freundlich. Aber die Art, wie die Farbe seiner Augen sich von Haselnussbraun zu schimmerndem Gold veränderte, wies auf etwas Urwüchsiges hinter seinem kessen Charme hin. Es waren die Augen eines Adlers, der seine Beute erspäht hatte.

Für einen Moment, der absolut ihrer Kontrolle entglitt, vermochte Isobel sich nicht zu bewegen und betrachtete seine faszinierende Erscheinung. Bis auf eine leichte Krümmung war seine Nase von geradezu klassischer Form und thronte über einem Mund, der dazu gemacht war, eine Frau all ihrer Gegenwehr zu berauben, einschließlich jedes vernünftigen Gedankens.

Sie machte einen Schritt um die Sonnenuhr herum und hielt instinktiv Distanz zu dieser Macht, die sie verwirrte und ihr den Atem raubte.

Verdammt, sie musste etwas sagen, bevor er sie für genau das hielt, was sie war – eine Närrin. Vermutlich erging es jeder Frau mit Augen im Kopf so, wenn sie ihn ansah. Mit einem leichten Senken des Kinns, das zeigen sollte, dass sie sich von keinem Mann für dumm verkaufen ließ, warf sie ihren tief rotbraunen Zopf über die Schultern zurück und sagte: »Eure Schwester hält Euch also für einen arroganten Dummkopf?«

»Aye«, bestätigte er mit einem Grinsen, das ebenso unschuldig wie verführerisch war. »Das und noch viel Schlimmeres.«

Als sollte es seine Aussage bekräftigen, erregte eine weitere Bewegung jenseits der Statuen Isobels Aufmerksamkeit. Als sie hinschaute, sah sie eine junge Frau zum Palast zurücklaufen; sie hatte goldblonde Locken und trug ein saphirblaues Kleid.

»Meine Vermutung ist«, entgegnete Isobel, während sie an ihm vorbeisah und den Rückzug der Lady beobachtete, »dass Eure Schwester höchstwahrscheinlich recht hat.«

»Das hat sie meistens«, stimmte er zu, ohne sich die Mühe zu machen, sich umzuschauen. Seine Tonlage vertiefte sich ebenso wie sein Lächeln. »Aber ich bin nicht gänzlich unverbesserlich.«

Anstatt diesen Punkt mit einem so offensichtlichen Schürzenjäger wie ihm zu diskutieren, sollte sie besser über eine Möglichkeit nachdenken, wie sie Alex überzeugen konnte, mit ihr und Cameron abzureisen. Isobel zog zweifelnd die Stirn kraus und wandte sich zum Gehen. »So schwer es auch zu glauben ist, Sir, werde ich wohl Euer Wort für wahr nehmen müssen. Guten Tag.«

Ihr Atem beschleunigte sich einen Augenblick später, als der Fremde an ihrer Seite auftauchte und sich zu ihr herunterbeugte.

»Ihr könntet doch den Nachmittag mit mir verbringen und es selbst herausfinden.«

Seine Nähe erfüllte die Luft um sie herum mit Wärme und dem vertrauten Duft von Heidekraut. Er war ganz gewiss ein Highlander, vielleicht war er einer von den Gordons, oder er gehörte zum Clan der Donaldsons, auch wenn er kein Plaid trug. Sie erwog, ihn nach seinem Namen zu fragen, entschied sich aber dagegen. Er könnte dieses Interesse als Annahme seines Angebots werten. Und sie konnte es sich nicht erlauben, sich ihre Sinne verwirren zu lassen, indem sie einen ganzen Nachmittag mit ihm verbrachte, wenn die Sicherheit ihrer Familie auf dem Spiel stand.

»Danke, Mylord, doch ich muss über einige Dinge nachdenken.« Sie ging schneller, aber so leicht ließ er sich nicht wegschicken.

»Haben diese Dinge mit dem unbesonnenen Bruder zu tun, für den Ihr gebetet habt?«

»Warum interessiert Euch das?«, fragte Isobel, die versuchte, sich nicht von der Kühnheit beeindrucken zu lassen, mit der er ihr folgte. »Habt Ihr Sorge, er könnte sich Euren Titel angeeignet haben?«

Sein Lachen traf sie ebenso unvorbereitet wie ihre Reaktion darauf: Fröhlich und sorglos hallte es in ihr wider. Dutzende anderer Männer hätten sie ob dieser Bemerkung jetzt tadelnd angesehen, auch wenn Isobel sie lediglich gemacht hatte, um ihr mangelndes Interesse zum Ausdruck zu bringen. Aber dieser charismatische Fremde fand ihre Entgegnung witzig. Und ihr gefiel es, dass er genügend Selbstvertrauen hatte, darüber und über sich selbst zu lachen.

»Warum müssen Brüder immer so kompliziert sein?«, gab sie mit einem Lächeln nach und begann, neben ihm herzugehen. »Wahrhaftig, gäbe es einen Titel für unbesonnene Brüder, dann würde er ihm gebühren.« Sie fühlte sich ein klein wenig schuldig, weil sie auf diese Weise über Alex sprach – mit einem Mann, den sie nicht kannte. Doch vielleicht machte das die Sache auch leichter. Sie brauchte jemanden, mit dem sie über ihr Dilemma reden konnte. Nein, was sie wirklich brauchte, war ein Augenblick oder auch zwei, in denen sie nicht darüber nachdenken musste. Dieser Fremde brachte sie zum Lachen, und das hatte sie den ganzen Morgen noch nicht getan.

Er bückte sich, um einen Stein aufzuheben und ihn in den kleinen See zu werfen, der einige Schritte vor ihnen lag. »Und was hat Euer Bruder angestellt, das so schrecklich ist?«

»Er weigert sich, Whitehall zu verlassen und nach Hause zu reisen.«

»Ah, unverzeihlich.«

Isobel warf ihm einen Seitenblick zu und sah, dass er sie anlächelte. »Ihr versteht das nicht.«

Er zog eine dunkle Augenbraue hoch und wartete darauf, dass sie weitersprach.

»Also gut, wenn Ihr es unbedingt wissen wollt – unsere meistgehassten Feinde sind vor Kurzem hier eingetroffen, um dem König ihre Aufwartung zu machen. Mein Bruder ist großspurig und hochmütig. Wenn wir hierbleiben, wird er wahrscheinlich einen von ihnen beleidigen und damit erreichen, dass diese Barbaren uns erneut heimsuchen.«

Er nickte und führte sie um den See herum. »Jetzt verstehe ich Eure Lage besser. Aber warum ist es Euer Problem, darüber nachzudenken?«, wollte er wissen und wandte sich ihr zu. »Wo ist Euer Vater, dass sein Sohn Entscheidungen trifft, die seine Familie in Gefahr bringen könnten?«

»Er ist tot«, sagte Isobel. Ihr harter Blick richtete sich auf den Palast und die Bestien, die irgendwo dort drinnen umherschlenderten. »Getötet von ebendiesen Feinden. Ich schwöre, könnte ich auch nur einen von ihnen allein in die Finger bekommen, ich würde ihm die Kehle aufschlitzen und ihn zu dem Teufel zurückschicken, der ihn gezeugt hat.«

Sie war ein wenig überrascht zu sehen, dass gleichermaßen Mitgefühl wie Erheiterung die Gesichtszüge des Mannes weicher machten.

»Für mich hört sich das an, als hätten Eure Feinde mehr von Euch zu befürchten als Ihr von ihnen, Mädchen.«

Isobel schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht so dumm wie mein Bruder. Unsere Feinde haben uns bis jetzt in Ruhe gelassen, und ich will, dass das so bleibt.«

»Sehr klug«, sagte er, und Isobel war froh, dass sie ihm davon erzählt hatte. Er stimmte zu, dass sie recht damit hatte, abreisen zu wollen. »Ich könnte an Eurer Stelle mit Eurem Bruder reden, wenn Ihr es wünscht. Vielleicht kann ich ihn zur Einsicht bringen.«

Isobel konnte nicht anders, als ihn strahlend anzulächeln. Er schien ihr genau zugehört zu haben. Sie brauchte Hilfe, und sie war in diesem Moment bereit, sie von jedem anzunehmen, und sei es von einem Fremden. »Das ist sehr freundlich von Euch, aber ich möchte mich nicht aufdrängen …«

»Ihr drängt Euch nicht auf. Ich wünsche, Euch zu helfen, wenn ich es kann.«

Sie blieb stehen und schaute zu ihm hoch, als er neben ihr verharrte. »Ihr kennt mich doch gar nicht. Warum wollt Ihr mir helfen?«

Sein Grübchen vertiefte sich, zusammen mit dem honigfarbenen Ton seiner Augen. »Das ist das, was ich am besten kann.«

Nachdem er Küsse und wer weiß was noch alles von einer Lady hinter den Statuen im Garten gestohlen hatte? Dieser Mann war offensichtlich mit allen Wassern gewaschen, aber auch unglaublich liebenswert. »Wie außerordentlich ritterlich von Euch!«

Er deutete eine Verbeugung an und verzog den Mund zu einem Grinsen, als er sie ansah. Ihr Herz begann, schneller zu schlagen. »Seht Ihr? Es gibt doch noch Hoffnung für mich.«

»Nicht wenn es nach Eurer Schwester geht, und sie kennt Euch am besten.«

»Was würdet Ihr denn über mich wissen wollen?« Er bot ihr seinen Arm, und Isobel akzeptierte sein Angebot.

»Ich habe nur einen kurzen Moment Zeit, vielleicht auch zwei …«

»In dem Fall solltet Ihr Euch Eure Frage sehr genau überlegen.«

Sie tippte mit dem Finger an ihr Kinn, während sie weiter über die ausgedehnte Rasenfläche schlenderten. »Also gut, ich weiß eine. Warum hält Eure Schwester Euch für einen unbesonnenen Dummkopf … unter anderem?«

»Sehr gut«, meinte er, und so etwas wie eine Sorgenfalte bildete sich über seinen dunklen Augenbrauen. »Ihr seid klug und schön.«

Isobel sah ihn aus schmalen Augen an und lächelte wissend. »So wie Ihr.« Ihr stockte fast der Atem angesichts ihrer Kühnheit, aber sein entwaffnender Freimut brachte sie dazu, sich unbeschwert zu fühlen.

»Wie soll ich Eure Frage aufrichtig beantworten, nachdem Ihr mich schön genannt habt? Denkt Euch eine andere Frage aus!«

Sie lachte, und es fühlte sich wunderbar an. »Nein. Es bleibt bei dieser Frage. Eure Antwort bitte.«

»Hölle, lasst mich nachdenken! Nun, meine Schwester findet, dass ich stets zu sorglos bin.«

»Seid Ihr das denn?«

»Nein, ich mache mir nur weniger Sorgen um jede mögliche Konsequenz.«

»Dann seid Ihr in der Tat sorglos.«

Er nickte und hob einen Finger. »Aber nicht immer. Ich sagte, weniger Sorgen, nicht gar keine Sorgen.«

Sie billigte ihm diesen Punkt zu und erfreute sich an seinem Scharfsinn. »Seid Ihr weniger oder gar nicht wegen der Konsequenzen für den Ruf einer Lady besorgt, wenn sie mit wehendem Haar und geröteten Wangen zurück in den Palast flieht?«

Er wandte sich leicht um, als erinnerte er sich erst jetzt wieder des Mädchens, das er hinter der Statue versteckt hatte. »Wenn sie darauf bedacht ist, ihren Ruf in meine Hände zu legen, obwohl wir uns erst einen Tag kennen«, sagte er und richtete den Blick wieder auf Isobel, »dann würde ich eher dazu neigen, weniger besorgt zu sein.«

»Ich verstehe. Nun, zumindest seid Ihr ehrlich.«

»Nur weiter!«, neckte er sie. »Ich höre Euch viel lieber meine Tugenden aufzählen, als dass ich Euch meine Fehler preisgebe.«

»Gibt es denn noch viele davon?«

»Das hängt davon ab, wer das wissen will.«

»Ich denke, in diesem Fall ziehe ich es vor, mein eigenes Urteil zu fällen.«

»Es ist erfrischend, das zu hören.« Für einen Moment sah er überrascht und so aufrichtig erleichtert aus, dass Isobel sich fragte, wie kompliziert dieser Mann wirklich war.

Sie sollte in den Palast zurückkehren und nach ihren Brüdern sehen, aber verdammt, sie amüsierte sich. Was konnte es schon schaden, einfach nur eine Weile zusammen spazieren zu gehen? Es war schließlich nicht so, als würde sie sich hinter der nächsten Statue, an der sie vorbeikamen, von ihm küssen lassen. Obwohl sie durchaus verstehen konnte, warum einige der vornehmen, normalerweise überkorrekten Ladys bei Hofe ihren Ruf für einige gestohlene Augenblicke mit ihm wegwerfen würden. Je länger sie ihn ansah, desto unwiderstehlicher wurde er. Isobel war sich nicht sicher, ob es sein lausbübisches Lächeln war oder die Art, wie seine Augen jede Regung in ihrem Gesicht wahrnahmen, wenn er sich nur auf sie konzentrierte und damit ihren Verstand außer Kraft setzte. Im Augenblick war ihr das egal. Ihr gefiel die Art, wie er sie anschaute – so, als wäre sie mehr als die Mutter, das Kindermädchen und die Köchin für ihre Brüderbrut. Nicht dass sie etwas dagegen hatte, all das zu sein. Sie liebte ihre Familie mehr als alles andere auf der Welt, doch es war schön, ihre Pflichten für eine kurze Zeit zu vergessen, besonders jetzt, da sie wusste, dass dieser Mann ihr helfen und mit Alex reden würde.

»Was ist mit Euch?«, fragte er, während sie sich dem Westtor näherten. »Was würde Euer Bruder über Euch sagen?«

»Das hängt davon ab, welchen Bruder Ihr fragt.« Sie lächelte, als sie an ihre Brüder dachte, die sie bei Patrick daheim gelassen hatte. »Ich habe sechs.« Sie verdrehte die Augen himmelwärts und nickte bestätigend, als er sie entsetzt ansah. »Die drei jüngsten würden sich vermutlich darüber beklagen, dass ich ihnen zu viele Pflichten auferlege. Aber das wäre unwahr, denn sie spielen sehr viel mehr, als sich um ihre Aufgaben zu kümmern. Cam würde Euch sagen, dass ich zu nachgiebig bin, während Patrick mich für so stur wie unseren Ochsen hält.«

»Euer Ochse?« Sein Lächeln wirkte ein wenig angestrengt. »Gibt es einen im Besonderen, an den Ihr ihn erinnert?«

»Wir haben nur den einen; wir brauchen ihn unbedingt, weil wir nur zwei Kühe haben.« Kaum dass sie es ausgesprochen hatte, tat ihr diese Antwort leid, denn sein Lächeln wurde ein klein wenig dünner. Sie konnte an seinen Kleidern erkennen, dass er nicht arm war. Würde er jetzt auf sie herabsehen, weil sie es war?

»Für Eure Mutter muss es schwer sein, so viele Söhne aufzuziehen, wenn nur so wenig Vieh vorhanden ist, das etwas einbringen kann«, sagte er und bewies damit, dass er über ihren unterschiedlichen gesellschaftlichen Rang ebenso wenig besorgt war wie darüber, eine Lady in aller Öffentlichkeit zu küssen.

»Meine Mutter ist bei Tamas’ Geburt gestorben.«

Er blieb stehen, als sie zu der Steinbank kamen, die sich an der Tormauer entlangzog. »Ihr habt Eure Geschwister also alle allein großgezogen?«

»Patrick und ich haben sie großgezogen. Wir tun es noch. Tamas ist erst elf. Es hat schwere Zeiten gegeben, aber auch wunderbare.« Sie lächelte ihn an, als er ihr einen Platz anbot, ehe er sich setzte.

»Habt Ihr Hunger gelitten?« Die Besorgnis in seiner Miene war ganz reizend, jetzt, da sie von seiner angeblichen Sorglosigkeit wusste.

»Legt Eure schimmernde Rüstung ab, edler Ritter! Es gibt keinen Grund, Euer Angebot zurückzunehmen. Patrick hat immer dafür gesorgt, dass genug zu essen auf dem Tisch war.«

Sein charismatisches Grinsen kehrte zurück und blitzte sie an, was Isobel ein für alle Mal davon überzeugte, dass ihm wahrscheinlich keine Frau in ganz Schottland und ganz England widerstehen könnte. »Eine Rüstung ist ein zu sperriges Gewand, es zu tragen. Außerdem wäre meine ziemlich eingerostet.«

»Man kann sie aufpolieren.«

Auf die Stille, die darauf folgte, war sie ebenso unvorbereitet wie auf seinen Blick, der plötzlich weicher wurde. »Das ist wahr«, sagte er nach einer langen Weile. »Es ist seltsam, dass Ihr von solchen Dingen zu mir sprecht.«

»Niemand sonst hat das je gemacht, nehme ich an.«

Sie teilten ein geheimnisvolles Lächeln miteinander, ehe er antwortete. »Mein Onkel hat oft von Rittern und deren edlen Taten erzählt. Ich bin schon seit langer Zeit nicht mehr an seine Geschichten erinnert worden.«

»Dann kennt Ihr vermutlich die Legende von König Artus?«

»Natürlich. Wollt Ihr, dass ich sie Euch erzähle?«

Sie sollte das wirklich lieber lassen. Alex und Cameron suchten vielleicht bereits nach ihr. »Gern.«

Aus den wenigen Momenten, die Isobel mit diesem gut aussehenden Fremden hatte verbringen wollen, wurden Stunden. Doch erst als die Sonne sich anschickte unterzugehen, wurde ihr klar, wie viel Zeit vergangen war. »Ich muss gehen. Meine Brüder sind vermutlich schon krank vor Sorge.«

»Trefft Euch morgen mit mir!« Er griff nach ihrer Hand, als sie sich von der Bank erhob und zum Gehen wandte. »Im Garten bei der Sonnenuhr.«

Sie schüttelte den Kopf und war sich seiner Finger sehr bewusst, die ihre losließen, als sie zurückwich. »Ich sollte das nicht tun. Ich weiß nicht einmal, wie Ihr heißt.«

»Tristan.«

Sie lächelte und fühlte sich unbeschwerter als seit Monaten … Jahren. »Ich kenne die Geschichte jenes Ritters nicht«, rief sie ihm im Fortgehen zu. »Aber Ihr könnt mich Guinevere nennen.«

»Nein.« Er lachte. »Tristans Lady hieß Isolde.«

Während Isobel sich zum Palast wandte, wurde ihr Lächeln strahlender. »Das passt sogar noch viel besser.«

Kapitel 2

Tristan schaute ihr nach und erfreute sich am Anblick ihres wiegenden Ganges, als ihre Gestalt in der Ferne kleiner wurde. Wer zum Teufel war sie? Sie musste aus den Lowlands kommen. Für einen kurzen Moment fragte er sich, zu welchem Clan sie gehören mochte. Trotz ihres ausgeblichenen safrangelben Kleides und der Tatsache, dass ihre Familie nur einen Ochsen besaß, war sie zu den Krönungsfeierlichkeiten eingeladen worden – sie konnte also kein einfaches Landmädchen sein. Wer auch immer sie war, Tristan fand sie äußerst anziehend. Er war überzeugt, noch nie so grüne und vor Erstaunen so große Augen wie ihre gesehen zu haben, als er hinter der Statue hervorgekommen war. Sie war nicht so schön wie einige der anderen Frauen bei Hofe, aber Tristan fand die Sommersprossen auf ihrer ungepuderten Nase ebenso bezaubernd wie das Aufblitzen ihres Temperaments, als sie ihm beschrieben hatte, wie sie ihre Feinde zum Teufel jagen würde.

Wie üblich, wenn Tristan eine junge Frau sah, die sein Interesse weckte, war sein erster Gedanke, wie er sie auf schnellstem Wege dazu bekam, dass sie ihre Kleider für ihn auszog. Und ebenso üblich war, dass er über diesen Punkt hinaus nicht weiter über eine Frau nachdachte. Meistens war es ihm sogar gleichgültig, wie er bei der Verführung vorging. Ein strahlendes Lächeln, der Betreffenden einige Male zugeworfen, und wohlgesetzte Komplimente reichten, damit er das bekam, was er haben wollte. Aber diese eine hatte ihn mit klugen Fragen und Antworten herausgefordert, mit denen sie fast ebenso schnell bei der Hand gewesen war wie er selbst. Sie hatte ihn nicht scheu angelächelt, mit ihren ungeschminkten korallenroten Lippen, und die sanfte Röte auf ihren Wangen war natürlich und unverfälscht gewesen. Sie wusste, dass er ein Frauenheld war – dank Eleanor Hartley, die aus ihrem Versteck hervorgekommen und zurück zum Palast geflüchtet war. Doch zu seiner Überraschung war die Unbekannte auf seine Tugenden statt auf seine Unzulänglichkeiten eingegangen.

Tristan lächelte, als er sich von der Bank erhob. Sie war eine Unschuld, und der Gedanke, sie zu verführen, ließ seine Nerven vor Entzücken über eine solche Herausforderung vibrieren.

Aber verdammt, sie hatte ihn »ritterlich« genannt. Seit zehn Jahren hatte das niemand mehr von ihm gesagt. Und sie hatte von einer schimmernden Rüstung gesprochen und damit Erinnerungen geweckt, die er an einem Ort eingesperrt hatte, den er nie wieder hatte aufsuchen wollen. Er wollte auch jetzt nicht daran denken. Was immer er hatte werden wollen, als er ein Junge gewesen war – es war an dem Tag zerstört worden, an dem er mit Alex Fergusson gekämpft hatte.

Er sah zum Banketthaus hinüber, in dem jetzt vermutlich das Abendessen serviert wurde. Seine Leute würden bei warmem Honigwein oder Bier lachend an ihrem Gasttisch sitzen, vielleicht würden sie die Geschichte irgendeiner lange zurückliegenden Schlacht erzählen oder über die Neuigkeiten reden, die ihr Cousin Angus ihnen gestern überbracht hatte: Tristans Bruder Rob hatte eine Nonne aus einem brennenden Kloster gerettet. Tristan hatte nicht den Wunsch, ihm zu Hilfe zu eilen. Auch wenn er mit dem Schwert ebenso gut umgehen konnte wie jeder der Krieger zu Hause auf Camlochlin, hatte er kein Interesse daran, sich dem Kodex der Highlands und seiner Sippe zu unterwerfen: Stolz, Arroganz und Rache. Er zog es vor, einen Mann – oder eine Frau – mit seinem Verstand zu entwaffnen, nicht mit seiner Klinge. Es war eine Einstellung, die ihn, so manches Mal zu seinem tiefen Bedauern, von seinem Vater trennte. Nichtsdestotrotz war es eine Einstellung, von der er zutiefst überzeugt war. Es gab keine Gunst, die er nicht gewinnen konnte, keine Meinung über ihn, die er nicht ändern konnte – wenn ihm der Sinn danach stand, das zu tun.

Einen Moment blieb er reglos in der Dämmerung stehen, wie gefangen zwischen den zwei Welten, die er zurückgewiesen hatte. Seine Gedanken kehrten zu dem Mädchen zurück … Isolde … und zu der Art, wie sie ihn angelächelt hatte, als er ihr seine Hilfe angeboten hatte. Er hätte für immer in diesem Moment verharren mögen. Aber sie irrte sich in ihm. Er hätte ihr die Wahrheit sagen und dafür sorgen müssen, dass sie ihm glaubte. Er war ein gedankenloser Schuft, der sie nur ins Bett kriegen und sie wieder verlassen wollte, ehe sie eine Bindung an ihn aufbaute.

Oder bevor er es tat, was noch schlimmer wäre.

Nachdem Tristan sich entschlossen hatte, welchen Weg er einschlagen wollte, wandte er sich zum Westtor, um den Palastgarten zu verlassen. Unerwartet hörte er eine weibliche Stimme seinen Namen rufen.

Er blickte sich um und sah Lady Priscilla Hollingsworth, eine dunkelhaarige Schönheit, auf die sein Auge gleich bei seiner Ankunft im Palast gefallen war.

»Ich habe Euch im Banketthaus vermisst«, sagte sie und ging rasch auf ihn zu. »Seid Ihr allein?«

Sein Blick glitt von ihren leicht geöffneten Lippen zu ihrem puderweißen Busen, den die feste Schnürung ihres tief ausgeschnittenen Kleides mehr als betonte.

»Glücklicherweise jetzt nicht mehr.« Langsam hob er den Blick und lächelte sie an.

»Wunderbar.« Ihr Mund verzog sich zu dem gleichen dekadenten Lächeln wie seiner. »Wollen wir einen Spaziergang machen?« Ohne auf seine Antwort zu warten, schob sie den Arm unter seinen. »Lady Hartley hat mir berichtet, dass Ihr Highlander seid. Ich habe viele aufregende Dinge über die Männer aus dem Hochland gehört.«

»Gewiss sind sie nicht aufregender als die Geschichten, die mir über englische Ladys zu Ohren gekommen sind.«

Sie kicherte, was vermutlich von dem Prickeln herrührte, das er ihr offensichtlich ihren Rücken herunterlaufen ließ. »Oh, ich bewundere über die Maßen den Tonfall, in dem Ihr sprecht. Er klingt so ungezähmt und doch anmutig. Ganz wie Eure Erscheinung.«

Verdammt, sie hatte Absichten! Die hier brauchte allerdings keine hübschen Worte, sondern verlangte nach etwas, das von ein wenig wilderer Natur war. Und das konnte er schließlich, wie eben noch von ihm behauptet, am besten: Mädchen behilflich sein.

»Lasst Euch nicht von meinem gerüschten Äußeren narren, Lady! Was sich darunter verbirgt, ist das reinste Tier.«

»Aber, Mr. MacGregor!« Sie legte in vorgetäuschter Verlegenheit die Hand auf ihre Brust. »Ich bin eine Lady!«

Als sie die Finger von ihrem milchweißen Busen fortzog, ging Tristan der Gedanke durch den Sinn, dass sie in ihrem Katz-und-Maus-Spiel noch einen Schritt weitergehen und ihm tatsächlich ins Gesicht schlagen könnte. Doch stattdessen presste sie ihre zarten Handflächen auf seine Brust und schob ihn tiefer in die Schatten.

»Aber bitte«, schnurrte sie und ließ ihren heißen Atem über seine Kehle streifen, »lasst Euch davon nicht aufhalten!«

Er legte die Arme um ihre Taille und zog sie an seine Hüften. »Das würde mir nicht im Traum einfallen«, flüsterte er an ihren Lippen, ehe er sie küsste.

»Priscilla!« Der Ruf eines Mannes schnitt durch die Luft wie ein Pfeil.

»Verdammt«, fluchte Tristan und gab sie frei.

»Es ist mein Mann!«

Er warf ihr ein ärgerliches Stirnrunzeln zu, als er ging, um sich der Strafe zu stellen. »Ihr habt mir nicht gesagt, dass Ihr verheiratet seid.«

»Ihr habt mich nicht gefragt.«

Das stimmte. Er hatte nicht gefragt.

»Mein lieber Lord Hollingsworth. Ich …«

Tristan duckte sich weg, als der stämmige Politiker mit überraschender Gewandtheit sein Schwert zog und es ihm an die Kehle setzen wollte. »Es gibt keinen Grund, das zu tun«, sagte er, wobei er einem weiteren Hieb auswich, der auf seine Eingeweide zielte. »Lasst Euer Schwert sinken und lasst uns darüber reden wie …«

Zum Teufel, der nächste Schlag hätte fast getroffen. Zu versuchen, mit dem wütenden Burschen vernünftig zu reden, würde nichts bringen. Einen Kinnhaken als Strafe dafür, die Frau des Mannes geküsst zu haben, hätte Tristan akzeptiert, aber ganz gewiss würde er dafür nicht sterben wollen.

Der vierte Streich zischte über Tristans Kopf hinweg, nur einen Augenblick, bevor seine Faust an Hollingsworths fleischiger Wange landete. Der Aufwärtshaken ans Kinn, der darauf folgte, ließ den Lord in die Knie sinken und verschaffte Tristan die Gelegenheit, seinem Gegner die Waffe aus der erschlaffenden Hand zu reißen.

Er schleuderte das Schwert über den Torbogen hinweg auf die jenseits des Bogens verlaufende Straße, ehe er sich wütend an Lady Hollingsworths Gatten wandte. »Falls Ihr je wieder das Schwert gegen mich erhebt, werde ich Euch töten. Seht Euch selbst als die Ursache der Indiskretion Eurer Frau und nicht mich oder den nächsten Mann, den Ihr bei ihr finden werdet.«

Tristan ging mit großen Schritten auf das Tor zu, stieß es auf und verschwand die King’s Street hinunter. Hollingsworths Schwert ließ er dort liegen, wo es zu Boden gefallen war. Er kam auf seinem Weg an einem Dutzend Frauen vorbei, die in den Schatten standen und ihm Gefälligkeiten anboten, die alle seine Erwartungen übersteigen würden. Er blieb bei keiner von ihnen stehen. Er wollte keine Gesellschaft, keine fordernden Hände, die sich in seine Kleider krallten, kein Flehen, doch zurückzukommen, wenn er wusste, er würde das nicht tun. Heute Abend wollte er nicht daran erinnert werden, zu was er geworden war.

Tristan betrachtete den Nachmittagshimmel und schaute dann auf die Sonnenuhr. Wie zur Hölle war es möglich, an einem Pfeil auf einer Steinplatte die Tageszeit abzulesen? Aber die noch bessere Frage war, was um alles in der Welt ihn dazu trieb, hier und jetzt auf ein Mädchen zu warten, das Sommersprossen auf der Nase hatte und dessen Lachen wie Musik klang. Er hatte während des ganzen Abends an sie gedacht, und als er schließlich zu Bett gegangen war, hatte der Gedanke an sie ihm noch immer keine Ruhe gelassen. Und heute Morgen hatte er gewusst, dass er sie wiedersehen wollte.

Unglücklicherweise bestand einer der Nachteile eines Palastes mit fünfzehnhundert Zimmern darin, dass Menschen schwer darin zu finden waren. Umso froher war Tristan, dass sie am Vorabend einen Treffpunkt verabredet hatten.

»Seid gegrüßt, Sir Tristan.«

Er hatte sie nicht kommen hören und musste unwillkürlich darüber lächeln, wie sie ihn genannt hatte. Er wandte sich um und ergriff ihre Hand. Es überraschte und rührte ihn ein wenig, dort Schwielen zu fühlen. »Lady Isolde.« Er neigte das Haupt und hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken. »Waren Eure Brüder in so großer Sorge um Euch, wie Ihr es befürchtet habt?«

Sie schüttelte den Kopf, und er bewunderte, wie das Sonnenlicht mit dem üppigen Rot und dem schimmernden Braun ihres Haares spielte. »Ihre Aufmerksamkeit war anderweitig in Beschlag genommen – von zwei französischen Ladys, die den Abend damit zugebracht haben, Worte zu kichern, von denen meine Brüder vermutlich kein einziges verstanden haben.«

»Man sagt, dass Liebe keine Worte braucht.« Tristan beugte den Arm und bemerkte überrascht, dass ihm der Atem stockte, als ihre warme Hand ihn berührte. »Ich sage immer, die richtigen Worte sind die wahre Zierde der Liebe.«

»Dann kennt Ihr Euch also mit wahrer Liebe aus?« Ein Lachen tanzte im lebhaften Grün ihrer Augen.

»Ich weiß gar nichts darüber«, gestand er, während er sie von den vielen Menschen fortführte, die auf den weitläufigen Rasenflächen flanierten. Er dachte an Lord und Lady Hollingsworth. »Aber ein Mann muss nicht übermäßig klug sein, um eines zu wissen: dass die Frau, die er liebt, ihre Freude daran hat, wenn er ihr sagt, dass alles, was er hat, ihr gehört. Sein Körper, sein Verstand, sein Herz. Dass sie die Herrin über all das ist.«

»Ja«, stimmte sie zu und rückte ein wenig näher an ihn heran. »Ich denke, es wäre sehr schön, das zu hören. Doch woher wisst Ihr so genau, was die Frauen wollen, wenn so viele andere Männer es nicht wissen?«

»Sir Gawein«, entgegnete er und war froh, sich in der vergangenen Nacht dieser Geschichte erinnert zu haben. »Er hatte König Artus sein Wort gegeben, ein altes Weib namens Ragnelle zu heiraten – dafür, dass es dem König die Antwort auf die ewige Frage verraten würde, was Frauen am meisten wollen. Nur die richtige Antwort konnte dem König das Leben retten.«

»Hat er sein Wort gehalten?«

»Natürlich hat er das«, sagte Tristan. »Er war …« Er machte eine Pause, weil er sich seltsam berührt von dem fühlte, was er sagen wollte, und von den alten Gefühlen, die es an die Oberfläche zerrte. »Er war ein Mann von Ehre.« Rasch wechselte er zu einem anderen Thema. »Gibt es einen Mann, der zu Hause auf Euch wartet, schöne Isolde? Einen Ehemann vielleicht?« Dieses Mal fragte er wohl besser erst einmal nach.

»Nein.« Sie lachte leise. »Es gibt niemanden, der mir die Herrschaft über sein Herz eingeräumt hat.«

»Dann sind alle Narren.«

Sie sahen sich an und lächelten. Sie, die hinter seine Oberflächlichkeit zu blicken schien und etwas in ihm anrührte, das er seit zehn Jahren in sich verschlossen hütete. Er, der eine Frau vor sich sah, die vielleicht als Einzige fähig wäre, seine Schutzwälle niederzureißen. Tristan wandte den Blick ab, weil er diese Mauern brauchte, um in der Welt zu überleben, in die er hineingeboren worden war.

»Ich habe ihn gestern Abend im Banketthaus gesehen.«

»Wen?«, fragte Tristan und sah sie an. Er wollte sie küssen – und sich damit beweisen, dass er es tun konnte, ohne sich davon berührt zu fühlen.

»Diesen Teufel, der meinen Vater getötet hat. Ich habe sein Gesicht nie vergessen. Als ich ihn gesehen habe, konnte ich seinen Anblick nicht ertragen.«

»Ihr habt die Tat mitangesehen?«, hakte Tristan nach, und sein Herz brach ein wenig für sie. Er hatte den Mann, den er geliebt hatte, tot am Boden liegen sehen. Es war ein Bild, das er vermutlich nie mehr vergessen würde.

»Ich habe von meinem Fenster aus gesehen, wie er meinem Vater mit seiner Klinge das Herz durchbohrt hat.«

Zur Hölle. Tristan blieb stehen und legte die Finger an ihre Wange, als wollte er die Tränen fortwischen, die sie an jenem schrecklichen Tag geweint haben musste. »Ihr habt mir nicht gesagt, warum diese Bestie Euren Vater getötet hat.«

Bei seiner zarten Berührung schloss Isobel für einen Moment die Augen. »Er hat geglaubt, dass mein Vater während eines Überfalls den Earl of Argyll getötet hat.«

Tristans Hand erstarrte ebenso wie sein Herz.

»Der Earl war ein Blutsverwandter der MacGregors«, sprach sie gnadenlos weiter. »Er war der Schwager dieses Teufels Callum MacGregor, so wurde mir gesagt. Wenn der Earl von derselben Art war wie seine barbarischen Verwandten, dann hatte er den Tod verdient.«

Nein! Tristans Verstand wollte nicht wahrhaben, was er hörte. Dieses reizende, kluge Mädchen, das ihn an Dinge erinnert hatte, die zu vergessen er sich gezwungen hatte, konnte nicht Archibald Fergussons Tochter sein! Sie hatte ihm nicht gerade eben gesagt, dass sein Onkel den Tod verdient hatte! Er ließ die Hand sinken und zog sich von ihr zurück. Er wollte ihre Sippschaft in den Hades verbannen, aber wie konnte er das, wenn der Tod seines Onkels doch seine Schuld war? Sie irrte sich, was Robert Campbell anging, doch Tristan war zu wütend über ihre Anklage, um es ihr zu sagen. Er war so erschüttert, dass er sie nur anstarren konnte.

»Ich muss gehen.«

»Was?« Sie schaute überrascht auf und streckte die Hand nach ihm aus. Er wich zurück. »Was habt Ihr denn?«

Er sollte ihr erklären, wer er war. Er sollte ihr sagen, dass alles Schreckliche in ihrem Leben durch sein Handeln geschehen war. Aber er hatte nicht das Herz dazu. Oder den Mut. »Mir ist eingefallen, dass ich meiner Schwester versprochen habe, ihr das Theater des Königs zu zeigen. Einen guten Tag noch für Euch.« Er ging, ohne sich umzusehen und ohne ein weiteres Wort. Sie war eine Fergusson, und zu ihrem eigenen Besten würde er vergessen, dass er ihr je begegnet war.

Kapitel 3

Und dort zu Eurer Rechten seht Ihr die Huldigung Charles I.«

Tristan schaute hinauf zu den Deckengemälden des Banketthauses, auf die Henry de Vere, Sohn des Earl of Oxford, Mairis Blick gewiesen hatte. Tristan fühlte ein klein wenig Mitleid mit seiner Schwester, die sich durch die Tischordnung gezwungen sah, während acht Gängen dem englischen Adligen ihre ganze Aufmerksamkeit zu widmen. Tristan kümmerte die Verherrlichung toter Könige kein bisschen – und die der lebenden auch nicht, um genau zu sein. Aber den langatmigen Erläuterungen zuzuhören lenkte seine Gedanken von Archie Fergussons Tochter ab.

Seine Absicht war es gewesen, sie für immer aus seinem Gedächtnis zu verbannen, doch in den sechs Stunden, seit er sie verlassen hatte, waren all seine Gedanken beharrlich um sie gekreist. Warum? Warum sie? Er hatte bisher nie ein Problem damit gehabt, ein Mädchen in dem Moment zu vergessen, in dem er es verließ. Selbst jene, mit denen er geschlafen hatte, verfolgten ihn nicht auf die Weise, wie Miss Fergusson es tat. Ihr reizendes Lächeln, die Schwielen in ihrer Hand, ihr verdammtes Gerede über Ritterlichkeit und ihr schweres Leben zu Hause, das in ihm den Wunsch geweckt hatte, dorthin zu stürmen und sie vor all dem zu retten.

Was zur Hölle hatte er sich nur gedacht?

Er war kein Ritter, wie er in den Büchern vorkam, die seine Mutter und sein Onkel ihm vorgelesen hatten. Er hatte den Versuch aufgegeben, jemals einer zu sein, und selbst wenn es anders wäre – wie könnte er Isolde vor dem Hass seiner Familie bewahren? Auch wenn er ihrem Vater nicht die Schuld an dem gab, was geschehen war, die übrigen MacGregors taten es.

»Und dort seht Ihr die Union Englands und Schottlands«, tönte Oxford weiter und zeigte nach oben links.

Tristan stürzte seinen Wein hinunter und winkte einem Diener, ihm nachzuschenken. Es würde ein langer Abend werden mit diesem Langweiler, der zwischen ihm und seiner Schwester saß. Kurz dachte er daran, sich an Lady Eleanor Hartleys Tisch zu flüchten. Er könnte sich an einem Biss in ihre hübschen Brüste erfreuen, aber sie würde so scharf werden wie der Falz eines gestärkten Bettlakens. Ehe er es verhindern konnte, glitt sein Blick auf der Suche nach einem bestimmten Gesicht durch die gut gefüllte Halle. Einem Gesicht ohne Puder und Arglist.

»Das ist höchst interessant, Mylord.«

Glücklicherweise riss ihn die Stimme seiner Schwester aus den Gedanken an die Tochter des schlimmsten Feindes seines Clans.

»Ich staune über Euer großes Wissen über die Geschichte Whitehalls.« Ihre Worte klangen wie gesäuselt. »Ich würde gern mehr hören.«

Tristan verdrehte die Augen und machte sich auf einen weiteren stundenlangen Diskurs über die Geschichte Whitehalls gefasst. Gerade als er dachte, er müsse gehen, bevor er Oxford und jeden anderen anwesenden Engländer beleidigen würde, erhob sich der Adlige von seinem Stuhl.

»Und Ihr werdet mehr hören, werte Lady«, balzte Oxford. »Aber zuvor muss ich ein Wort mit Lord Huntington wechseln, der, wie ich sehe, soeben zum Essen gekommen ist.«

Er entschuldigte sich. Tristan schaute kaum auf. »Sag mir die Wahrheit, Mairi!«, wandte er sich an seine Schwester. »Findest du seinen Vortrag über die Geschichte dieses Ortes nicht ebenso abstoßend wie die Narbe, die ihm vom Auge bis zum Kinn reicht?«

»Ich finde seine Narbe eher faszinierend.« Mairi verzog den Mund zu einem schwer definierbaren Lächeln, während sie die Tasse zum Mund führte. »Und falls du ein wenig Verstand in deinem hübschen Kopf hast, wüsstest du, dass man von einem Mann mit einer flinken Zunge viel erfahren kann.«

»Schwester«, seufzte Tristan, der nur zu gut wusste, worauf sie anspielte, »dein Eifer, Covenanters1 aufzuspüren, bereitet mir allmählich Sorge. Ganz zu schweigen von den grauen Haaren, die unserem Vater deinetwegen im letzten Jahr gewachsen sind. Er ist noch immer nicht überzeugt, dass du nichts mit der Miliz zu tun hast, die im letzten Frühjahr diese vier Cameronians2 vor der Küste von Skye getötet hat.«

»Du weißt, dass ich Verräter der schottischen Sache nicht ausstehen kann«, erwiderte sie so sanft wie ein schnurrendes Kätzchen. »Aber ich würde nie ein Schwert gegen einen Mann führen.«

Tristan warf ihr einen Blick zu, der ebenso wissend wie ihrer war, verbarg sie doch in den Falten ihres Rockes mindestens fünf Dolche, mit denen sie ebenso treffsicher umzugehen verstand wie mit ihrer scharfen Zunge.