Beim Vorderhuf meines Pferdes - Petra Hartmann - E-Book

Beim Vorderhuf meines Pferdes E-Book

Petra Hartmann

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Beschreibung

Das Messer zuckte vor. Fauchend wich die riesige Katze zurück. Doch nur, um sofort wieder anzugreifen. Das Mädchen, das auf dem Leichnam seiner Stute kauerte, schien verloren. Acht Jahre ist Steppenprinzessin Ziris alt, als sie bei einem Sandkatzenangriff ihr Lieblingspferd verliert. Ist es wirklich wahr, was ihr Vater sagt? "Alle Pferde kommen in den Himmel ..." Drei Erzählungen aus der Welt der Nearith über edle Steppenrenner, struppige Waldponys und die alte graue Stute aus Kindertagen.

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Seitenzahl: 43

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Petra Hartmann

Beim Vorderhuf meines Pferdes

Neue Geschichten aus Movenna

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Alle Pferde kommen in den Himmel

Der Reiter auf dem schwarzen Pferd

Ein fliehendes Pferd

Der Fels der schwarzen Götter

Impressum neobooks

Alle Pferde kommen in den Himmel

Das Messer zuckte vor. Fauchend wich die Sandkatze zurück. Doch nur, um sich, tief ins trockene Steppengras geduckt, von der anderen Seite aufs Neue heranzupirschen. Die zweite – größere – Sandkatze spannte sich zum Sprung. Wieder blitzte die Messerklinge auf. Das Raubtier knurrte, tauchte weg. Doch es war nur eine Frage der Zeit, bis die Säbelzähne und Krallen der beiden Riesenkatzen ihr Opfer packten. Schon hatten sie an dem Menschenkind erste Zeichen der Ermüdung gewittert. Und das kurze Messer war keine Waffe, mit der man sich der Säbelzahnbestien ernsthaft erwehren konnte.

Das Mädchen mochte kaum acht Jahre zählen. Es kauerte auf dem Leichnam einer grauen Ponystute, die die Raubtiere gerissen hatten, und ließ die Katzen keine Sekunde lang aus den Augen. Vier Pferdlängen entfernt, unerreichbar für das Kind, lag der Bogen, der ihm beim Sturz aus der Hand gefallen war. Dass das Kind mit der Waffe umgehen konnte, bewiesen zwei tote Katzen im Steppengras, aus deren Kadavern die rotbefiederten Pfeile aufragten. Doch nun hatte das Mädchen nur noch das Messer. Zu wenig im Kampf gegen zwei ausgewachsene Sandkatzen. Das Kind war verloren. Schon kreiste über ihm und dem toten Pony ein einzelner Geier. Weitere Aasfresser würden bald folgen.

Da, nun sank der Geier nieder und landete neben einer der toten Katzen. Einen Augenblick lang war das Mädchen abgelenkt. Ein machtvoller Satz, die größere Raubkatze schnellte vorwärts, flog heran und riss das Kind von seinem Pferd. Hilflos stocherte die rechte Hand mit dem Messer in der Luft herum. Die Katze hatte das Kind unter sich begraben. Scharfer Raubtieratem fauchte ihm ins Gesicht. Das Mädchen stieß einen gellenden Schrei aus.

Plötzlich zerfetzte ohrenbetäubendes Schreien die Luft. Der Schrei des Kindes hallte zwanzigfach wider – der helle, schrille Kriegsruf der Nearith. Hufdonnern. Die Erde bebte. Da waren sie heran. Zwanzig Krieger auf windschnellen Rossen. An ihrer Spitze der alte König Swadilfari. Pfeile sirrten. Die Riesenkatze bäumte sich auf. Fauchte. Dann sackte sie lautlos in sich zusammen und sank mit ihrem vollen Gewicht auf das Mädchen nieder. Das Kind konnte nicht mehr schreien. Es spürte, wie seine Rippen sich gegen einander verschoben. Der Brustkorb drohte zu bersten, das Atmen war unmöglich.

Doch dann spürte das Kind, wie sich die Raubkatze erneut zu regen begann. Mit beiden Händen riss ihr Vater an dem schweren Tier herum. „So helft mir doch – herbei, ihr Helden der Nearith!“

Reiter sprangen aus dem Sattel. Hände streckten sich nach der noch zuckenden Raubkatze aus. Da, endlich, das Mädchen spürte, wie die Zentnerlast über ihm in Bewegung geriet. Die Katze rutschte zur Seite. Es wurde wieder hell. Licht. Luft. Leben. Tief atmete das Mädchen durch. Dann rappelte es sich mühsam auf.

„Ziris! Ziris, mein Kind!“, rief der alte König wieder. „Bist du verletzt?“

Sie schüttelte den Kopf. Da entdeckte sie einen blutigen Streifen an ihrem rechten Arm. „Nur ein Kratzer.“

Stumm schloss Swadilfari seine Tochter in die Arme. Dann erhob er sich ruckartig, nun wieder vollkommen beherrscht und äußerlich gelassen, wie es einem König der Steppenreiter zukam. „Häutet die Katzen ab“, befahl er. „Begrabt das Pferd, und dann lasst uns von hier verschwinden.“

Ziris stieß einen spitzen Schrei aus. Tränen schossen ihr in die Augen. Das Pferd! Ihre graue Stute! Sie stürzte auf das reglos daliegende Pony zu und schlang die Arme um den Hals des toten Tieres. Stumm weinte sie in das graue, mit Blut besudelte Fell hinein.

„Lasst sie allein“, befahl der König. „Es ist das erste Mal, dass sie ein Pferd verliert.“

Seine Männer nickten. Schweigend machten sie sich an die Arbeit.

Ziris saß wie versteinert neben ihrer Stute. Längst waren die Sandkatzen abgehäutet. Längst hatten die Krieger eine Grube ausgehoben, die den Leichnam der Grauen aufnehmen sollte. Längst war die Sonne weit nach Westen gewandert. Sie stand kaum noch eine Handbreit über dem Horizont und würde bald untergehen.

Noch immer hockte die junge Prinzessin da, den Blick unverwandt auf das graue, blutverkrustete Fell gerichtet. Sie schien die Krieger um sie herum weder zu hören noch zu sehen. Doch sobald einer von ihnen die Hand regte und das tote Pferd anfassen wollte, blitzte sie ihn aus schwarzen, todbringenden Augen an. „Nein!“, schrie sie. „Nein!“ Und wenn die Männer sich zurückzogen, verfiel sie erneut in totenähnliche Starre und schien mit dem Pferd verwachsen zu wollen.

Endlich räusperte sich König Swadilfari. „Ziris, meine Tochter“, sagte er ruhig. „Nimm jetzt Abschied von deiner Stute. Du hast lange genug getrauert. Nun ist es Zeit, sie zu begraben.“