Bellena: Wenn die Hölle gefriert - Nicole Kwiatkowski - E-Book

Bellena: Wenn die Hölle gefriert E-Book

Nicole Kwiatkowski

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Beschreibung

Du fühlst dich allein, doch ich bin bei dir Du bist an einem Ort, an dem du niemals sein wolltest. Ich sehe deine Angst, auch wenn du sie verbirgst. Du wirst leiden und verzweifeln, doch vertraue mir - ich zeige dir den Weg. Mit mir zusammen wirst du die Dunkelheit überwinden. Du wirst es durchstehen und stärker daraus hervorgehen. Glaube an deine eigene Kraft, denn in dir steckt mehr, als du ahnst. Du kannst dich retten - du kannst uns alle retten, denn du bist die Auserwählte. Die Fortsetzung einer magischen Liebesgeschichte Bellena ist auf sich allein gestellt, während Jay von Schuldgefühlen geplagt wird. Er setzt alles daran, sie wiederzufinden, und geht dabei an seine emotionalen Grenzen. Doch je länger seine Suche andauert, desto mehr beginnt er zu zweifeln. Sogar an seinen eigenen Freunden. Wie weit ist er bereit zu gehen, um Bellena zu retten? Währenddessen treten unerwartete Verbündete an Bellenas Seite. Doch die Hoffnung die in ihr wächst, hat ihren Preis. Kann sie ihnen wirklich vertrauen? Mit jeder Wahrheit, die sie enthüllt, verschwimmen die Grenzen zwischen Freund und Feind. Während dunkle Mächte ihre Netze spinnen, wird sie vor eine Entscheidung gestellt, die alles verändern könnte. Ist Bellena stark genug, sich ihrem Schicksal zu stellen?

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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WENN DIE HÖLLE GEFRIERT

 

 

 

 

Von Nicole Kwiatkowski

Über das Buch:

 

Du fühlst dich allein, doch ich bin bei dir.

Du bist an einem Ort, an dem du niemals sein wolltest.

Ich sehe deine Angst, auch wenn du sie verbirgst. Du wirst leiden und verzweifeln, doch vertraue mir - ich zeige dir den Weg. Mit mir zusammen wirst du die Dunkelheit überwinden. Du wirst es durchstehen und stärker daraus hervorgehen. Glaube an deine eigene Kraft, denn in dir steckt mehr, als du ahnst.

Du kannst dich retten - du kannst uns retten, denn du bist die Auserwählte.

 

Die Fortsetzung einer magischen Liebesgeschichte

 

Bellena ist auf sich allein gestellt, während Jay von Schuldgefühlen geplagt wird. Er setzt alles daran, sie wiederzufinden, und geht dabei an seine emotionalen Grenzen. Doch je länger seine Suche andauert, desto mehr beginnt er zu zweifeln. Sogar an seinen eigenen Freunden. Wie weit ist er bereit zu gehen, um Bellena zu retten?

Währenddessen treten unerwartete Verbündete an Bellenas Seite. Doch die Hoffnung, die in ihr wächst, hat ihren Preis. Kann sie ihnen wirklich vertrauen? Mit jeder Wahrheit, die sie enthüllt, verschwimmen die Grenzen zwischen Freund und Feind. Während dunkle Mächte ihre Netze spinnen, wird sie vor eine Entscheidung gestellt, die alles verändern könnte. Ist Bellena stark genug, sich ihrem Schicksal zu stellen?

Über die Autorin:

Nicole Kwiatkowski, geboren 1986 in Stollberg/Erzgebirge, lebt heute in der Nähe von Freiberg. Sie ist glücklich verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Bereits im Grundschulalter entwickelte sich bei ihr eine tiefe Begeisterung für Bücher. Die Bibliothek wurde ihr zweites zu Hause und ihre Freizeit verbrachte sie am liebsten im Bett, vertieft in Geschichten, die sie in eine andere Welt entführten.

Ihr erster Roman »Bellena« stammte aus einer Grundidee, die sie bereits in ihrer Jugend hatte. Doch es sollte einige Jahre dauern, bis sie ihre Gedanken zu Papier brachte, und zeigt somit, dass es nie zu spät ist, die eigenen Träume zu verwirklichen. Heute ist sie stolz darauf, ihre Leidenschaft für das Schreiben und ihre Liebe zu Büchern miteinander zu verbinden.

 

Copyright © 2024 Nicole Kwiatkowski

c/o Nicole Kwiatkowski, Bergmannsruh 19, 09633 Halsbrücke

 

Covergestaltung: Lunar Coverdesign

(Bildmaterial: Depositphotos.com/Freepik.com)

1. Durchgang Lektorat & Korrektorat: Yara Soneva

2. Durchgang Korrektorat: Nadine Lederer, Melanie Patzsch

Buchsatz: Yara Soneva

 

 

Alle Rechte vorbehalten.

Unbefugte Nutzung (Vervielfältigung, Verbreitung, Übertragung oder Nachdruck – auch auszugsweise) ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

 

Alle Charaktere und Handlungen sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten zu real existierenden Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Widmung

 

Für Nadine und Yara

 

Ihr habt meine Zweifel zum Schweigen gebracht und mein Feuer neu entfacht.

Ohne euch hätte Bellena nie ihren Weg aus der Hölle gefunden.

Danke für euren Glauben und eure Stärke.

 

Inhaltsverzeichnis

Vorwort1

Kapitel 12

Kapitel 212

Kapitel 319

Kapitel 428

Kapitel 535

Kapitel 642

Kapitel 751

Kapitel 861

Kapitel 970

Kapitel 1078

Kapitel 1186

Kapitel 1295

Kapitel 13105

Kapitel 14113

Kapitel 15125

Kapitel 16134

Kapitel 17145

Kapitel 18152

Kapitel 19159

Kapitel 20166

Kapitel 21177

Kapitel 22184

Kapitel 23191

Kapitel 24199

Kapitel 25207

Kapitel 26216

Kapitel 27227

Kapitel 28234

Kapitel 29237

Kapitel 30239

Danksagung244

 

Vorwort

Schön, dass du erneut hierher gefunden hast. Ich bin sicher, du brennst regelrecht darauf, zu erfahren, wie es mit Bellena weitergeht. Wird sie sich befreien können? Wird sie all das überstehen und einen Weg zurück finden?

Sei gewarnt, denn ihr Weg ist steinig. Es wird viele Tiefen geben – weit mehr, als sie zu gehen bereit ist. Du wirst auf Verzweiflung, Wut, Bedrängung und Verlust treffen.

Wirst du gemeinsam mit Bellena standhalten und ihr dabei helfen, die Hölle zu überwinden?

Eure Nicole

Kapitel 1

Bellena

»Willkommen in der Hölle, Bellena«, flüsterte seine Stimme süß und giftig in meinem Kopf. Die Kälte, die seine Worte ausstrahlten, ließ mich erstarren. Ich spürte eine gewaltige, lähmende Angst, die mich in die Dunkelheit zog. Ein Rauschen füllte die Luft, und während sich der Raum um mich herum verdichtete, wurde mir klar, dass dies erst der Anfang war. Ich glaubte, meinen Tiefpunkt bereits erreicht zu haben, doch da erkannte ich, dass es noch weiter bergab gehen konnte. Ausgerechnet er stand mir jetzt gegenüber. Luzifer, die Person, auf die ich als Letztes treffen wollte. Asazel schien ich entkommen zu sein. Oder hatte er auch in Bezug auf Luzifer gelogen und sie steckten gemeinsam unter einer Decke und welche Rolle spielte Jay dabei? Konnte ich ihm noch vertrauen?

»Was passiert jetzt?«, flüsterte ich leise, mehr zu mir selbst als zu ihm, doch eine Antwort erhielt ich nicht. Stattdessen musterte Luzifer mich. Da war nur, diese beunruhigende Stille und das Gefühl, dass sich etwas Bedrohliches näherte.

»Lukas, würdest du mir erklären, wie sie hierhergekommen ist? Warum ist sie hier?« Er wählte seine Worte mit Bedacht, doch ich sah die Wut in Luzifers Blick, der auf mir ruhte, während er auf die Antwort meines besten Freundes wartete. Halt! Ehemals bester Freund. Jedenfalls dachte ich das. Denn wie er mir vor ein paar Minuten – oder waren es Stunden, die ich bereits in diesem Loch verbrachte – verkündete, war alles nur Show, um an mich heranzukommen.

»Asazel bekam sie in seine Finger und hat sie wieder verloren, nachdem sie ihre Kräfte benutzt hatte. Und sagen wir es mal so … sie hat ordentlich Feuer unterm Arsch.«

Lukas’ Worte ließen mich aufblicken und ich beobachtete aus dem Augenwinkel, wie er mich angrinste.

Meine Arme hingen weiterhin rechts und links in Handschellen über meinem Kopf und ich lehnte nach wie vor an der kalten Steinmauer. Noch immer fühlte ich mich schwach, war wehrlos, denn sie zogen mir fortwährend die Energie aus meinem Körper. Genau wie Lukas es mir prophezeit hatte. »Aber keine Sorge, sie nehmen dir nur so viel, wie nötig. Töten werden sie dich nicht«, hallten seine Worte in meinem Kopf wider. So, wie ich mich fühlte, war ich nicht sicher, ob sie nicht doch meinen Tod bedeuteten, wenn ich sie weiterhin wie Modeschmuck um meine Handgelenke trug.

Luzifer fuhr sich mit dem Daumen über die Nase, bevor er anfing, mit seinem Bart zu spielen. »Hm, Bellena, was machen wir jetzt mit dir?«

»Freilassen?«, krächzte ich, was ihn köstlich amüsierte.

»Entschuldige, Prinzessin, aber das ist keine Option. Du wirst sicher verstehen, dass man etwas so Wertvolles wie dich nicht einfach gehen lässt.«

»Es war einen Versuch wert.« Resigniert ließ ich den Kopf hängen und schloss die Lider. Ich sehnte mich nach Ruhe. Ein wenig Schlaf war alles, was ich jetzt brauchte.

»Seit wann ist sie hier?«, hallte Luzifers eisiger Ton durch meinen Kopf.

»Ein paar Stunden.«

»Geht das auch genauer?«

»Seit heute Morgen.«

Ruckartig öffnete ich die Augen, als ich ein schnalzendes Geräusch und eine Bewegung wahrnahm. Doch ich hatte keine Kraft aufzublicken, sondern schaffte es gerade so, meinen Blick auf den Boden zu richten. Schwarze, unnatürlich glänzende Schuhe hinterließen mit jedem Schritt einen pochenden Schmerz in meinem Kopf, bis sie direkt vor weißen Sneakers stehen blieben. Ein dunkler Gehstock krachte auf den Boden und ließ mich zusammenzucken. Auf dem kalten Stein drehte er ihn hin und her, was ein weiteres unerträgliches Geräusch in meinem Kopf zurückließ.

»Löse die Handschellen!« Bei diesen Worten sammelte ich meine letzten Kraftreserven und zwang mich, dem Gespräch aufmerksam zu folgen. Es dauerte einen Augenblick, bevor ich Lukas’ Antwort vernahm. »Was? Nein! Das wäre …«

Luzifer unterbrach ihn mit einem bedrohlichen Unterton. »Ich sagte, löse die Handschellen!«

Ließ er mich womöglich doch laufen? Mit der letzten, noch verbliebenen Kraft zwang ich meinen Körper, die beiden anzusehen.

»Du hast nicht gesehen, wozu sie fähig ist …« nachdem sich Luzifers Blick verfinsterte, verstummte Lukas. Abwehrend hob er die Hände und kam ohne ein weiteres Wort auf mich zu. Er benötigte nicht mal einen Schlüssel, sondern ließ seine Finger nur über die Schellen streifen. Schon fiel mein Körper, wie ein nasser Sack direkt in seine Arme. Am liebsten hätte ich ihn geschlagen, doch mir blieb nicht mal genügend Kraft, um mich von ihm weg zu lehnen.

»Was machen wir jetzt mit ihr?« Lukas fiel es deutlich schwer, seine Unzufriedenheit zu verbergen.

Luzifer hingegen war die Freude unverkennbar anzusehen. Ein teuflisches Grinsen huschte über seine Lippen, als ich mich bemühte, ihn nicht aus den Augen zu lassen. »Wir bringen sie zu mir nach oben, wo sie in meiner Nähe bleibt. Wir beide haben noch sehr viel miteinander vor.«

Der Schock musste mir im Gesicht gestanden haben, denn er richtete augenblicklich seine Worte an mich. »Was, Prinzessin? Dachtest du etwa, dass ich meine Meinung geändert habe? Du bleibst in meiner Nähe. Es ist nur zu deiner Sicherheit. Lukas ist aktuell nicht er selbst, wenn es um dich geht. Glaube mir, bei mir wirst du es besser haben.«

Höhnisch grinste er mich an und ein eisiger Schauer durchflutete meine Adern. Ich wollte kämpfen und schreien, aber mein Körper reagierte auf keinen meiner Befehle. Stattdessen driftete mein Bewusstsein erneut ab und die Geräusche um mich herum wurden dumpf. Ein Gefühl von Schwerelosigkeit überkam mich, bevor ich endgültig den Kampf mit der Dunkelheit verlor.

 

»Bellena, sieh mich an«, flüsterte Jay mir ins Ohr, bevor er sanft meine Schulter küsste. Als sein warmer Atem meine Haut streifte, beschleunigte sich augenblicklich mein Herzschlag. Ein Kribbeln breitete sich in meinem gesamten Körper aus. Eine Welle von Wohlgefühl durchströmte mich, vermittelte mir ein Gefühl von Sicherheit. Unbeschwert atmete ich ein, vernahm die wohlige Wärme, die seine Nähe in mir auslöste – dieses süße Empfinden, das nur Liebe hinterlassen konnte.

Nachdem ich die Lider geöffnet hatte, traf mein Blick auf seine türkisblauen Augen, die mich besorgt musterten.

»Jay«, flüsterte ich und erstarrte. Erst jetzt erkannte ich, dass wir in eine Art Nebel gehüllt waren. Die Umgebung wirkte mystisch, mit den schwebenden, leuchtenden Partikeln in Rot, Blau und Goldtönen. Es hinterließ den Eindruck, als würde unsere Liebe eine Kraft ausstrahlen, die die Welt um uns herum veränderte.

Ich vernahm keinen festen Boden unter meinen Füßen, dafür Jays kräftigen Druck auf meine Taille. Zögerlich legte ich meine Hände auf seine Brust, und er lehnte seine Stirn sanft gegen meine. Erneut schloss ich die Augen, als er mir zuflüsterte: »Ich werde dich finden und alles tun, um wieder bei dir zu sein. Das verspreche ich dir.« Er hauchte mir einen sanften Kuss auf die Stirn, bevor er sich sachte von mir löste.

»Jay!«, rief ich und riss die Augen auf. Doch er war fort.

Stattdessen starrte ich in Lukas’ kalte, stahlgraue Augen. »Na Süße, hast du was Schönes geträumt? Es war so befriedigend, dir beim Schlafen zuzusehen.« Sein Arm lehnte lässig an der Lehne des schwarzen Ledersofas, auf dem ich lag. Erschrocken, dass er mir so nah war, setzte ich mich auf und rückte so weit wie möglich von ihm ab.

»Lass sie in Ruhe, Lukas«, schrillte Luzifers Stimme durch den Raum. »Du kannst jetzt gehen. Die anderen werden bald hier sein, du hast hier nichts mehr zu suchen.« Er schnalzte mit der Zunge und betrachtete ihn ablehnend. »Deinen Teil in dieser Geschichte kenne ich ja bereits.«

Ohne den Blick von mir abzuwenden, erhob sich Lukas vom Sofa. Mir fiel auf, dass seine Haare dunkler waren. Alles an ihm war dunkel. Sein Gesichtsausdruck, kühl, starr und gefühllos, blieb wie versteinert auf mir haften. Er erinnerte mich kaum noch an den jungen Mann von nebenan, der einmal mein Freund war.

Dann fiel sein Blick auf Luzifer, der in einem Sessel saß und reglos aus dem Fenster sah. Trotzdem entging ihm Lukas Bewegungslosigkeit nicht. »Ist noch etwas oder war ich nicht deutlich genug?«

Daraufhin trat er an eine große zweiflügelige Holztür heran, die verziert war mit Schnitzereien mehrerer kämpfender Engel. Ruckartig öffnete Lukas sie und ließ sie krachend hinter sich ins Schloss fallen.

Danach folgte Stille.

Luzifer sah weiter aus dem Fenster, rührte sich kaum merklich. Anders als ich, die Stück für Stück spürte, wie die Kraft in meinen Körper zurückströmte. Trotzdem scheiterte ich bei dem Versuch, mich aufzusetzen, kläglich. Mein Schädel brummte, genau wie mein gesamter Körper schmerzte, was mich unwillkürlich aufstöhnen ließ. Luzifer schien das nicht weiter zu interessieren. Warum auch? Nach allem, was ich bisher von ihm gehört hatte, war das Letzte, was er tun würde, einem Mädchen zu helfen, das anscheinend eine Bedrohung für ihn darstellte. Resigniert ließ ich mich zurückfallen und rieb mit der Handfläche über die Stirn, in der Hoffnung, dass es den Druck in meinem Kopf etwas zu lindern vermochte. Dabei fiel mein Blick auf meine Handgelenke. Die Handschellen waren weg, aber sie hatten sich in meine Haut gebrannt. Es zeigten sich unansehnliche rote Brandblasen, die mir bei Berührung einen erneuten Schmerz durch den Körper jagten. Er war so brennend, dass ich ächzte.

Offenbar hatte Luzifer genug, denn er drehte seinen Sessel in meine Richtung, stand auf und schlenderte zu mir.

Ich wusste, dass ich Angst vor ihm haben sollte. Eigenartigerweise hatte ich sie nicht, was womöglich daran lag, dass es nicht sein Ziel war, mich zu verletzen – jedenfalls nicht sofort. Da es mir nun möglich war, ihn näher zu betrachten, wirkte er älter, als ich anfangs dachte. Wäre er ein Mensch, würde ich ihn auf Mitte sechzig schätzen. Sein silbriger Bart zog sich um sein Kinn sowie seine Mundpartie und rundete das Gesamtbild mit einer nach hinten gegelten Frisur ab. Seine Haarfarbe harmonierte perfekt mit dem grauen Anzug, den er trug. Darunter blitzte ein weißes Hemd hervor, über dem sich eine dunkle Krawatte abzeichnete. Seinen Gehstock hatte er nicht bei sich, denn dieser lehnte herrenlos an seinem Sessel.

Er nahm meine rechte Hand und sah abwertend auf den roten Ring, der mein Gelenk zierte. Schnalzend zog er an meinem Arm und brachte mich schmerzhaft in eine sitzende Position. Im Anschluss ging er zu einem kleinen Getränkewagen, goss aus einer Karaffe eine klare Flüssigkeit in ein Glas und kam damit wieder zurück. »Trink.«

Unschlüssig sah ich zwischen Luzifer und dem Glas hin und her.

»Es ist nur Wasser.«

Mit zitternden Händen griff ich danach und führte es an meine Lippen, ohne ihn dabei aus den Augen zu lassen. Doch Luzifer hatte längst das Interesse an mir verloren. Erneut setzte er sich in den Sessel und drehte ihn wieder zum Fenster.

Im selben Moment wurde die Flügeltür zu beiden Seiten aufgerissen, sodass mir vor Schreck das Glas aus den Händen fiel. Ich setzte zu einer Entschuldigung an, biss mir aber auf die Lippen. Luzifer sah teilnahmslos aus dem Fenster. Es wirkte, als hätte er nicht mal mitbekommen, was gerade vorgefallen war.

Ein dunkel gekleideter Mann betrat den Raum. Sein langer Mantel reichte fast bis zum Boden. Seine dunklen, grau melierten Haare waren zu einem Zopf gebunden und sein Dreitagebart umschmeichelte seine Gesichtszüge. Er sah auf den ersten Blick menschlich aus, bis ich das Horn entdeckte, dass seine linke Kopfseite zierte. Seine schweren Schuhe donnerten bei jedem Schritt auf dem Holzfußboden.

»Hallo Samael, anklopfen war noch nie deine Stärke. Würdige unserem Gast doch etwas Respekt«, sagte Luzifer, der noch immer starr aus dem Fenster sah.

Bei der Erwähnung seines Namens stellten sich mir die Nackenhaare auf. Samael, der Fürst der Hölle, stand nur wenige Meter von mir entfernt. Samael, der mit Lilith verkehrte.

Er drehte seinen Kopf in meine Richtung und seine schwarzen Augen bohrten sich direkt in meine, während er abschätzig seine Mundwinkel nach oben verzog. »Bellena? Wer hätte gedacht, dass wir uns hier über den Weg laufen?«

»Es ist auch nicht gerade mein Wunschtraum, hier zu sein«, brachte ich ihm missbilligend entgegen. Meine Stimme klang noch etwas kratzig, aber meine Worte brachte ich deutlich und prägnant genug hervor.

»Meinst du, es ist klug in deiner Situation ein solch großes Mundwerk zuhaben?«

Er hatte recht. Es wäre besser, mich still zu verhalten, aber es gehörte nicht zu meiner Natur, mich in ein Schneckenhaus zu verziehen. Deshalb funkelte ich ihn an, war bereit, ihm erneut die Stirn zu bieten, doch Luzifer bereitete dem vorzeitig ein Ende. »Setz dich Samael.«

Dieser stampfte ohne ein Wort zu einem Tisch.

»Ist der Rest von euch auch unterwegs oder brauchen sie eine Sondereinladung?«, herrschte Luzifer ihn an.

Kratzend zog Samael einen der Mahagonistühle über den Holzboden. Bei diesem Geräusch stellten sich meine Nackenhaare wieder auf. Nachdem er sich gesetzt hatte, stütze er seine Ellbogen auf den Tisch und legte sein Kinn auf seine gefalteten Hände ab. Mit einem schiefen Lächeln betrachtete er mich und antworte Luzifer, ohne mich aus den Augen zu lassen. »Sie sind gleich da. Vorab wollen sie prüfen, was Bellenas Engelboy so treibt.« Er betonte die letzten Worte so langsam, dass sie aus seinem Mund wie Gift auf mich wirkten.

»Jay«, kam es flüsternd über meine Lippen.

Es klopfte und die Tür öffnete sich erneut. Zuerst trat ein junger Mann ein. Seine Haare waren genauso silberblond, wie seine Augen, die sich bei meinem Anblick schlagartig verdunkelten. Ähnlich wie bei der attraktiven Frau, die sich neben ihn stellte. Sie trug ihr erdbeerblondes Haar offen, sodass ihr ovales Gesicht und die grünen Augen noch besser zur Geltung kamen. Ihr eng anliegendes Kleid harmonierte mit dem dunklen Hemd des Mannes, den sie kurz an der Schulter berührte, bevor dieser sich bewegte und sich neben Samael setzte. Während sie ihm folgte, warf sie einen flüchtigen Blick in meine Richtung, bevor sie ihm gegenüber Platz nahm.

Ich war so gefangen von den beiden, dass ich erst später bemerkte, dass noch jemand den Raum betrat, und zwar genau in dem Moment, als die Tür krachend ins Schloss fiel. Nicht nur aufgrund des plötzlichen Knalls zuckte ich erschrocken zusammen.

Es war nicht nötig, die Person nach ihrem Namen zu fragen, denn ich wusste genau, wer sie war.

Kapitel 2

Bellena

Ihre Haut war weiß wie Schnee und brachte ihre roten Augen und Lippen noch ausdrucksvoller zur Geltung. Ihre glatten roten Haare fielen auf ihr dunkles Kleid, aus dem zwei schlangenartige Schwänze hervortraten. Menschlich zu wirken, schien ihr nicht wichtig zu sein. Mit stolz erhobenem Haupt und einem kräftigen Hüftschwung lief sie auf Samael zu. Ihre High Heels durchbrachen die Stille, da sie bei jedem Schritt ein lautes Klacken auf dem Holzboden hinterließen. Mit dem Arm über seine Schulter gelegt, gab sie ihm einen Kuss auf die Wange. Sofort rückte er zurück, damit sie auf seinem Schoß Platz nehmen konnte. Seine Hand strich über ihren Rücken, während sie mich mit ihrem Blick beunruhigend taxierte.

Luzifer räusperte sich und ich wendete meinen Blick von ihr ab. Gemächlich erhob er sich und nahm am anderen Ende des Tisches Platz. Er ließ seinen Blick langsam über die Runde schweifen, sah kurz zu mir und wieder zu seinen Anhängern. »Nun, wo wir alle zusammen sind, stellt sich mir eine Frage.« Er verstummte. Auf mich wirkte es, als suchte er nach passenden Worten. Anspannung lag in seinen Zügen. Die Stille der letzten Stunden schien in ihm zu brodeln und schlussendlich verlor er die Beherrschung. »Habt ihr vollkommen den Verstand verloren? Was zum Teufel habt ihr euch dabei gedacht, sie hierherzubringen? Hier, in mein Haus! Habt ihr einmal an die Konsequenzen gedacht? Sie gehört zu unseren Todfeinden! Wir wissen nichts über sie und was sie mit ihnen zu schaffen hat! Womöglich ist sie bloß ein Köder und ihr hirnlosen Nichtsnutze seid ihnen direkt in die Falle gegangen. Wessen hirnrissige Idee war das?«

Am Tisch herrschte eisiges Schweigen, bevor Samael mit einer knappen Geste in meine Richtung deutete. »Glaubst du, es ist eine gute Idee, dass vor ihr zu besprechen?«

»Nun, da ihr ja einen Plan hattet und ich darüber nicht informiert wurde, obliegt es euch, wie viel ihr preisgebt. Darin scheint ihr ja bereits Übung zu haben. Aber ich rate euch, mir mit Bedacht zu antworten. Denn sollte ein Detail fehlen, das meinem Haus und mir schaden könnte, lernt ihr mich von meiner “guten“ Seite kennen. Und ich bezweifle, dass einer von euch daran Interesse hat.«

»Es war meine Idee«, antwortete Samael, doch Lilith korrigierte ihn.

»Unsere.«

»Warum? Ihr hattet einen Auftrag. Sie finden und beobachten. Was zur Hölle …«

Samael knurrte. »Es lief alles aus dem Ruder, als Asazels kleiner Bastard uns in die Quere kam.«

»Nachdem Samael mir den Auftrag gegeben hatte, dass wir alles über sie herausfinden sollten, habe ich meine Schwester beauftragt, uns dabei zu unterstützen. Und Lilith hat dann …«

»Satarel!«, herrschte Samael ihn an.

Dieser zog daraufhin den Kopf ein und murmelte: »Entschuldigung, Sir. Ich wollte nur …«

»Du bist gefälligst still und redest nur, wenn du gefragt wirst!«

Seine Schwester holte tief Luft, doch auch ihr schnitt er das Wort ab, noch bevor sie etwas erwidern konnte. »Dies gilt auch für dich. Ihr versaut es bloß.«

»Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit«, knurrte Luzifer.

»Ich habe Lukas mit ins Boot geholt. Er kannte sie und ihre Großmutter schon länger. Für ihn war es das geringste Problem, sich an sie ranzumachen. Wir dachten, dass er sie aus der Reserve locken könnte, wenn er mit dieser blonden Puppe anbandeln würde. Leider machte uns Asazel Junior einen Strich durch die Rechnung, da ihre Aufmerksamkeit ihm mehr galt. Mister türkisblaue Augen schnappte sie uns nach der Party weg, als Lukas sie sich im Wald greifen wollte«, brachte nun Lilith hervor.

Entsetzt horchte ich auf. Lukas, war das im Wald? Bereits zu diesem Zeitpunkt wollte er mich holen? Ungläubig schüttelte ich den Kopf.

Doch mir blieb nicht viel Zeit, groß darüber nachzudenken, da Luzifer eine weitere ungeheuerliche Frage in den Raum warf. »Wenn Asazels Bastard ein solches Problem war, wäre es nicht leichter gewesen, ihn ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen?«

Ein Brummen entfuhr Samael. »Was glaubst du, was wir vorhatten? Es lag an dieser verfluchten Prophezeiung!«

Luzifer lehnte sich entspannt in seinem Stuhl zurück und drehte langsam den Kopf zu mir. »Sieht so aus, als hättest du deinem kleinen Freund das Leben gerettet.«

»Was meinst du damit? Was hat Jay mit der Prophezeiung zu tun?«, fragte ich.

Eine Antwort blieb er mir schuldig und wandte seine Aufmerksamkeit stattdessen wieder der Runde zu. »Wie ging es weiter?«

»Wir wollten sie in der Nacht nach dieser kindischen Abschlussparty holen, doch diese Bastarde haben das Haus bewacht und sie am nächsten Tag weggebracht. Nachdem Maja uns den entscheidenden Hinweis gegeben hat, fanden wir sie zwar in einer Hütte im Wald, hatten aber keine Chance. Ich sage es nur ungern, aber Asazels Junge hat ganz schön was drauf. Nachdem schließlich sein Vater sie in die Finger bekam, hatten wir verloren – jedenfalls dachten wir das.« Samael bedachte mich mit einem teuflischen Grinsen, bevor er weitersprach. »Lukas heftete sich an sie ran, doch es dauerte, bis er an sie herankam. Der Moment, als sie beschloss, dass sie bei Asazel nicht mehr sicher war und ihren Standort freigab, kam so unverhofft …«

Zufrieden sah er zu Lilith, die nun mit der Erzählung fortfuhr. »Wir wollten angreifen, hatten bereits einen Plan. Doch es war nicht mehr nötig, denn nachdem dieser kleine süße Engel ihr Geheimnis offenbarte, flog sie uns direkt in die Arme. Wir übergaben sie Lukas, der sie in einem Zimmer gefangen hielt und ihr den Hof machte. Währenddessen versuchten wir, zu verstehen, was vorgefallen war. Zum Glück lief uns einer von Asazels Laufburschen über den Weg, der ebenfalls auf Suche nach ihr war.« Hoheitsvoll betrachtete sie ihre manikürten Fingernägel, als wäre dies für sie das einzig Wichtigste. »Er war sehr gesprächig, nachdem wir ihm einen Tausch angeboten hatten. Er hing an seinem erbärmlichen Leben und erzählte uns, dass Asazael Bellena töten lassen wollte. Sein Freund hatte Aszael Junior die Kraft genommen, und die anderen waren zu feige, um ihr zu helfen. Also musste sie sich selbst retten und der kleine Engel ging doch tatsächlich in Flammen auf. Als wir die nötigen Informationen hatten, räumten wir den Laufburschen aus dem Weg und überließen Lukas das Feld.«

»Doch er hatte keine Chance. Leider kam er nicht an sie heran, obwohl er sich sichtlich Mühe gab«, fuhr Samael an Luzifer gewandt fort. »Also handelte er instinktiv, was meiner Meinung nach genau richtig war. Dass sie hier ist, ohne Schutz, ist ein Fehler. Wenn sie ihre Kräfte einsetzt, wird sie alles niederbrennen. Das ist dir hoffentlich bewusst.«

»Woher sollte ich wissen, welche Gefahr von ihr ausgeht? Schließlich war ich der Einzige, der keine Kenntnis davon hatte, was hier vor sich ging. Dabei dachte ich immer, dass ich das Sagen habe. Warum in Teufelsnamen wusste ich nicht darüber Bescheid?!«

»Es lag nicht in unserem Interesse, zuzugeben, dass wir versagt hatten. Lilith wollte sie dir als Geschenk präsentieren. Sie ist der Schlüssel gegen deine Familie und jetzt gehört sie dir. Mach mit ihr, was du willst«, brachte Samael entgegen.

Luzifer drehte sich zu mir. Seine Mundwinkel zuckten kaum merklich. Bevor er etwas sagen konnte, kam ich ihm zuvor. »Wer von euch hat Sarafina benutzt?«

»Bellena«, schrie es plötzlich in meinem Kopf und ich fasste mir instinktiv an die Schläfe, da es unerträglich laut nachhallte.

Niemand im Raum bemerkte etwas, denn alle sahen fragend in die Runde, bis Satarels Schwester sich zu Wort meldete. »Das war ich.«

Samael schob Lilith von seinem Schoß, legte beide Handflächen auf dem Tisch ab und bäumte sich auf. »Was fällt dir ein, ohne mein Wissen solche Entscheidungen zu treffen?«

»Sie hat sie getroffen, weil ich es so von ihr verlangt habe.« Satarels Schwester senkte den Blick, während Lilith und Samael überrascht zu Luzifer sahen. »Habt ihr ernsthaft geglaubt, dass ich euch diese Aufgabe ohne mein Zutun anvertraut hätte? Ich hatte meine eigenen Pläne.«

Ich dachte darüber nach, etwas zu fragen, doch die Stimme in meinem Kopf schrie erneut. »Keine weiteren Fragen.«

Okay, aber das bedeutete nicht, dass ich den Mund halten musste. »Beeindruckend. Und ich dachte, ich wäre die Einzige, die von vorn bis hinten verarscht wird. Habt ihr schon mal was von Teambuilding gehört? Für eure weiteren Vorhaben ist es auf alle Fälle sehr empfehlenswert.«

Als Samael sich zurück auf seinen Stuhl fallen ließ, legte Lilith ihre Hand auf seine Schulter, bevor sie stolz ihr Kinn reckte. »Da hast du es. Dieser kleine Engel ist nicht so unschuldig, wie es den Anschein hat. Sie ist eine tickende Zeitbombe, Luzifer. Wenn du sie nicht bald in Ketten legst, werden solche dummen Kommentare dein geringstes Problem sein.«

»Was bringt es mir, sie im Kerker verrotten zu lassen?« Luzifer legte den Kopf schief. »Nein, das wäre eine Verschwendung.«

»Was hast du dann mit ihr vor?«, fragte sie.

»Du wirst dich darum kümmern.«

Mit einem süffisanten Lächeln und rot aufblitzenden Augen sah mich Lilith an, während ich mich aufrecht setzte.

»Nicht das, was du denkst, Lilith. Ich brauche sie lebend«, woraufhin sie fragend zu Luzifer sah. »Du wirst ihr verdeutlichen, dass sie ihre Magie nur benutzen kann, wenn du oder ich es ihr befehlen. Dann werden wir sehen, was alles in der Prinzessin steckt.«

»Bist du sicher, dass das funktioniert?«, fragte Samael.

»Hmm, wir werden es erfahren«, erwähnte Lilith beiläufig, während sie sich gemächlich auf mich zubewegte.

Mit aller Kraft stand ich auf, schwankte, doch der Überlebensinstinkt war stärker. Rückwärtslaufend steuerte ich auf die Tür zu, ohne sie aus den Augen zu lassen. Lachend behielt sie mich fest im Blick. Den Ausgang hatte ich fast erreicht, bis mich plötzlich zwei Arme von hinten packten.

Unnachgiebig schlang Samael seine Finger um mich und flüsterte mir ins Ohr: »Keine Sorge, Bellena. Es wird nicht wehtun. Du solltest dir besser Gedanken darüber machen, was dich danach erwartet.«

 

Kapitel 3

Jay

»Jay?«, hörte ich meinen Namen rufen, doch ich drehte mich nicht um, hatte mein Ziel fest vor Augen. Er war mir eine Erklärung schuldig. Sie war fort, in den Händen von Dämonen, Lilith und womöglich Luzifer und es war seine Schuld. Was hatte er sich nur dabei gedacht?

»Jay, jetzt warte doch!« Tatsächlich zeigte der Kleine Entschlossenheit und stellte sich mir in den Weg. Versperrte den Eingang, der mich nur wenige Meter von meinem Vater trennte. »Tu nichts, was du später bereuen könntest. Er ist dein Vater und der Einzige, der dir aus deiner Familie geblieben ist.«

»Geh zur Seite, Maro.«

»Jay. Maro hat recht.« Genervt drehte ich mich zu Dan, der Aria, Nathan und Toby im Schlepptau hatte.

»Du bist viel zu emotional, um eine rationale Entscheidung treffen zu können«, pflichtete Nathan ihm bei. »Du solltest …«

»Wage es nicht, deine Magie bei mir anzuwenden.«

Beschwichtigend hob Nathan seine Hände. »Das habe ich nicht vor, aber Asazel ist dein Vater. Du solltest ein klein wenig herunterfahren und dir deine nächsten Schritte gut überlegen. Ich weiß, dass sie dir viel bedeutet...«

»Er ist schuld daran!«, fiel ich ihm ins Wort. »Sie wäre noch hier und nicht bei ....« Ich war unfähig, es laut auszusprechen, und schüttelte den Kopf, um den Gedanken abzuhängen. »Wenn er sein Handeln überdacht und auf mich gehört hätte, dann ...«

»Und du handelst jetzt weniger impulsiv?«, unterbrach mich Nathan, woraufhin ich näher an ihn herantrat und ihm entschlossen in die Augen sah. »Ich habe einen verdammt guten Grund dafür, anders als er. Maro, geh mir aus dem Weg.« Der kleine Lausbub zögerte und allmählich hatte ich genug. Blitze schossen aus meinen Händen. »Ich sagte, du sollst mir aus dem Weg gehen!«

»Nathan, jetzt tu doch etwas!«, bat Aria eindringlich.

»Lasst ihn doch einfach gehen. Er wird schon wissen, was richtig ist.« War ja klar, dass ausgerechnet Toby hinter mir stand. Missbilligend sah ich ihn an und er senkte den Blick zu Boden, hatte aber trotzdem den Schneid, Befehle zu geben. »Maro, lass ihn vorbei.«

»Seit wann hast du hier das Sagen?«, blaffte ich ihn an.

»Gar nicht, aber wir sind Freunde und ich bin auf deiner Seite.«

»Das klären wir später, Freund.« Die Worte kamen wie Gift über meine Lippen. Wir sind keine Freunde, aber das würde ich ihm später noch begreiflich machen. Vorerst hatte ich Wichtigeres zu tun.

Nathan nickte Maro kurz zu und dieser gab den Weg frei. Ich zögerte nicht, mich an ihm vorbeizudrängeln. Natürlich folgten mir alle die geschwungene Treppe hinauf, direkt in den Saal meines Vaters, der auf seinem Thron saß. Sein Kopf hob sich, als er uns bemerkte, während sein Blick mein Gesicht fixierte. Er hob den Kopf und sah mir in die Augen. Sein Gesichtsausdruck war gelassen, wirkte nicht so, als hätte er etwas verloren, was ihm die ganzen Jahre so wichtig war.

Die Scherben, die Bellena hinterlassen hatte, waren weg. Ein Blick nach oben und in den Raum zeigte, womit er sich die letzten Stunden beschäftigt hatte. Der Saal hatte sich seit Bellenas Flucht verändert. Neue Säulen, andere Bilder und Statuen, auch die Glaskuppel wirkte noch imposanter.

Wütend ballte ich die Hände zu Fäusten, fühlte, wie Strom durch meine Adern schoss. »Hervorragend! Während wir versucht haben, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, hattest du offenbar Wichtigeres zu tun!«

»Wie redest du mit mir, Jerahmel?!«

»So, wie du es verdient hast! Was zum Teufel sollte das?«

»Ich habe getan, was nötig war.«

»Das sehe ich nicht so. Es war niederträchtig und abscheulich.«

»Sie war eine Gefahr für uns. Das ist sie nach wie vor. Hast du nicht gesehen, wozu sie fähig ist? Glaubst du ernsthaft, sie hätte uns geholfen?«

»Du kennst sie nicht. Niemals …«

»Schweig, mein Sohn! Sie hat es geschafft, dass du dich gegen mich gestellt hast.«

»Und ich stelle mich weiter gegen dich. Ich werde nicht länger den Handlanger spielen und meine Prinzipien für dich über Bord werfen.«

Mein Vater erhob sich mit einem kaltherzigen Blick. »Sie hat sich gegen dich entschieden. Hast du vergessen, wie du sie angefleht hast, dass sie bei dir bleiben soll? Trotzdem ist sie einfach davongeflogen. Sie vertraut dir nicht. Du hast versagt, Jerahmel. Nur deshalb musste ich handeln. Es ist nicht meine Schuld, sondern deine. Nur deine Unfähigkeit hat mich zu diesem Schritt gezwungen.«

Entsetzt und wütend zugleich sah ich meinen Vater an. Es war nicht meine Schuld. »Du hast Lügen verbreitet. Dara und du habt dafür gesorgt, dass sie mir nicht mehr vertraut hat.«

Mein Vater lachte so laut auf, dass es durch den gesamten Raum hallte. »Sie liebt dich nicht. Wenn sie es tun würde, wäre sie bei dir geblieben. Wusstest du, dass sie schon vor unserem kleinen Zwischenfall fliehen wollte? Wir haben ihren gepackten Rucksack unter ihrem Bett gefunden. Sieh es dir an. Sie hatte bereits ihrem besten Freund geschrieben, bevor sie Dara im Speiseraum traf.« Er stand auf und überreichte mir ihr Handy. »Sieh nach, Jerahmel.«

Ich nahm es entgegen, behielt es jedoch regungslos in der Hand, weshalb er es mir wieder entriss. Nur wenigen Sekunden später hielt er es mir vor die Nase. »Siehst du es? Sie hatte ihrem Lukas bereits vormittags die Nachricht geschrieben und ihn damit zu uns gelockt. Sie war der Grund, warum sie uns gefunden haben. Nur durch mein Handeln konnte verhindert werden, dass sie uns angreifen. Genau aus diesem Grund hatten sie ihr Augenmerk auf sie gerichtet und nicht auf uns.« Er drehte sich um und setzte sich wieder. »Ich gebe zu, dass es nicht so gelaufen ist, wie ich es mir vorgestellt hatte, aber das ist nur ein kleiner Rückschlag, mein Sohn. Ich sage dir, wie es jetzt abläuft, mein Junge. Du nimmst deine kleinen Freunde und ihr sucht nach ihr.« Seine provokative Pause machte mich wütend, doch nicht so sehr wie seine Mundwinkel, die sich zu einem selbstgefälligen Lächeln verzogen. »Und wenn ihr sie gefunden habt, verlange ich, dass du zu Ende bringst, was ich begonnen habe.«

»Niemals.« Es war nur ein Flüstern, das ich über die Lippen brachte, denn zu mehr war ich nicht fähig. Zwei Sätze hallten immer und immer wieder durch meinen Kopf. »Sie wollte fliehen. Es war deine Schuld.«

»Du wirst sie töten. Hast du das verstanden, mein Sohn?!«, schrie er plötzlich auf.

Unbändiger Zorn stieg in mir auf und ließ einen Stromschlag durch meinen Körper schießen, der sich bis zu meinen Fingerspitzen zog und dort kanalisierte. Blitze zeichneten sich auf meinen Handflächen ab. Demonstrativ sah ich meinem Vater in die Augen. »Das werde ich nicht.«

»Jerahmel«, erhob mein Vater seine Stimme.

»Was willst du tun, Vater? Mich umbringen?«

»Du wärst nicht der Erste meiner Söhne, dessen Leben ich beenden muss.«

»Aber ich wäre der Letzte.« Nie war ich mir einer Sache so sicher. Mein Entschluss war gefasst. Ich würde standhaft bleiben und ihm zeigen, wozu ich fähig war. Ich war nicht wie er, das würde ich niemals sein. »Du bist allein. Weder Bagel, noch Ananel sind hier, um dir zu helfen. Also sage ich dir, wie es jetzt läuft. Ich werde Bellena finden, sie vor dir und jedem, der sich uns in den Weg stellt, beschützen, und du wirst mich nicht daran hindern. Falls doch, wird es dein Leben sein, dem ich ein Ende setze.«

»Du weißt nicht, was du da redest.«

»Oh doch. Ich war lange genug deine Marionette und habe alles getan, was du verlangt hast. Aber jetzt ist damit Schluss. Ein für alle Mal«

»Du machst einen großen Fehler«, hörte ich meinen Vater hinter mir herrufen, bevor ich an den anderen vorbeilief und durch die Tür verschwand.

Ich suchte mein Zimmer auf, um die wichtigsten Sachen zusammenzupacken und in meinen Rucksack zu befördern. Nachdem ich ihn aufgeschultert hatte, verharrte ich einen Moment. Mein Blick glitt zu dem Flügel und dem Bücherregal, wo ich Bellena in meinen Gedanken stehen sah. Die Erinnerungen unseres ersten Kusses drängten sich nach vorn. Mein Vater war der Grund, dass ich mich dagegen gesträubt hatte, aber in diesem Moment konnte ich nicht anders. Dieser Kuss war eine Entscheidung, die ich getroffen hatte. Die ich traf, weil meine Gefühle für sie echt waren. Es war dieser eine Augenblick, der mir deutlich machte, wie sehr ich ihr verfallen war. Ich ließ es zu, obwohl mir bewusst war, dass ich ihre größte Hoffnung war und sie mit meiner Liebe ins Verderben stürzen würde.

»Es ist deine Schuld«, hallten die Worte erneut in meinem Kopf. Ich versuchte, sie abzuschütteln, doch sie brannten sich in meinen Gedanken fest.

 

Misstrauisch lief ich zum Ausgang, rechnete damit, dass mein Vater sich mir in den Weg stellen würde. Doch es passierte nichts. Lediglich meine sogenannten Freunde warteten auf mich, als ich nach draußen trat. Sie musterten mich, als ich wortlos an Ihnen vorbeilief. Statt mich jedoch aufzuhalten, folgten sie mir. Sobald wir den Schleier durchbrachen, den mein Vater als Schutz um sein Haus gelegt hatte, wandte ich mich ihnen zu. »Was wird das?«

»Wir kommen mit«, sagte Dan, so als wäre es vollkommen selbstverständlich.

»Nein, kommt ihr nicht. Ich kann euch nicht mehr vertrauen.«

»Was? Aber warum denn nicht?« Maros Erschütterung darüber war ihm deutlich anzusehen.

»Ihr alle hättet ihr helfen können, habt es aber nicht getan. Stattdessen habt ihr nur dagestanden und zugesehen. Das kann ich euch nicht verzeihen.« Ich drehte mich um, bereit zu gehen.

»Weil wir dachten, dass du es nicht wolltest. Du hast ihr genauso wenig geholfen. Also lag nahe, dass du dich letzten Endes für deinen Vater entschieden hast«, rief Dan mir hinterher.

»Es ist deine Schuld«, schossen die Worte erneut durch meinen Kopf. Erbost drehte ich mich um und lief ein paar Schritte auf Dan zu. »Ja, weil ich ihr nicht helfen konnte! Bagael hat meine Kräfte blockiert!«

»Wie bitte?« Fassungslos sah Nathan mich an, auch die anderen wirkten bestürzt.

»Er ist ein Magiesauger.«

»Jay, das wussten wir nicht, sonst hätten wir …«, erklärte Nathan sich.

»Du weißt doch sonst alles, aber ausgerechnet das ist dir entgangen?

---ENDE DER LESEPROBE---