Besservisser beim Kaffeeklatsching - Sven Siedenberg - E-Book

Besservisser beim Kaffeeklatsching E-Book

Sven Siedenberg

4,9
6,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Deutsch als Exportschlager

Dass die deutsche Sprache voller Anglizismen ist, ist bekannt. Dass aber auch viele deutsche Wörter »ausgewandert« sind, weiß kaum jemand. Sven Siedenberg stellt dem staunenden Leser die populärsten und skurrilsten Germanismen mit vielen Erläuterungen zu Herkunft und Bedeutung vor. Denn oft verraten die Sprachexporte, wie die deutsche Kultur im Ausland wahrgenommen wird.

Kein langweiliges Wörterbuch, sondern überraschend amüsante Beispiele aus dem täglichen Sprachgebrauch.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 284

Bewertungen
4,9 (16 Bewertungen)
15
1
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis
 
Der Autor
Widmung
Vorwort
 
A
abseilen
Ach!
Achtung!
Alleingang
Allergie
Alpenglühen
Alpenhorn
Alzheimer
Angst
Anschauung
Anschluss
Apfelstrudel
Arbeit
Audi
Auerochs
Autobahn
 
B
Baedeker
 
Copyright
HEYNE <
Der Autor
Sven Siedenberg lebt und arbeitet als Journalist und Autor in München. Seine Glossen, Kritiken, Reportagen, Porträts und Essays sind unter anderem im Spiegel, Stern, Focus sowie in der Süddeutschen Zeitung, Frankfurter Rundschau und Berliner Zeitung erschienen. Er hat an zahlreichen Anthologien mitgewirkt und bereits einige Bücher geschrieben.
Für Monika und René
Vorwort
»Ich spreche Spanisch mit Gott, Italienisch mit den Frauen, Französisch mit den Männern und Deutsch mit meinem Pferd.« Als Karl V., geboren 1500 in Gent und letzter römisch-deutscher Kaiser, so zu seinen über Europa und Amerika verstreuten Untertanen sprach, haftete dem Deutschen in den Nachbarländern noch der Stallgeruch einer bäuerlichen, ungeliebten Sprache an. Erst mit Luthers Bibelübersetzung wurde das Deutsche geadelt und gelangten Wörter wie »Protestant« oder »Sauerkraut« ins Englische, Französische, Italienische und Spanische. Weitere Auswanderungswellen folgten zur Goethezeit, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sowie während der beiden Weltkriege. Neben militärischen und wissenschaftlichen Ausdrücken tauchten auch Perlen des Schönklangs und Tiefsinns in anderen Sprachräumen auf: »Lebenslust«, »Alpenglühen«, »Erlkönig«, »Biergarten«, »Heldentenor«, »Schnaps«, »Poltergeist«, »Edelweiß«, »Wunderkammer« oder »Minnesänger«. Deutsch, die Sprache mit den paarungswilligen Substantiven und trennfreudigen Verben, wäre einem hartnäckigen Gerücht zufolge in den Vereinigten Staaten Ende des 18. Jahrhunderts beinahe Landessprache geworden. Angeblich wurde eine entsprechende Petition mit nur einer Stimme im Repräsentantenhaus verhindert - und damit der Durchbruch des Deutschen zur Weltsprache. So eine Abstimmung hat es aber nie gegeben. Heute sprechen weltweit mehr als 120 Millionen Menschen die deutsche Sprache - in Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der deutschsprachigen Schweiz, aber auch in Luxemburg, Belgien (im Gebiet Eupen-Malmédy), Frankreich (Elsässer und Lothringer), Dänemark (Nordschleswiger), Italien (Südtiroler), Polen, Rumänien (Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen), der Tschechei, der Slowakei, Ungarn (Donauschwaben) und der ehemaligen Sowjetunion (Russlanddeutsche). Nicht zu vergessen die deutschen Sprachinseln in Kanada, USA, Brasilien, Mexiko, Paraguay, Chile, Argentinien, Australien sowie in Namibia und Südafrika.
Geschätzte 10 000 deutsche Sprachexporte sind international in Umlauf - eine Auswahl versammelt dieses Buch, mit Anwendungsbeispielen und Erläuterungen zu Herkunft, Bedeutung und Entlehnungsweg. Nicht immer lässt sich genau ermitteln, wann und über welche Grenze die Exportschlager einmal ausgewandert sind. Oft dauert es viele Jahrzehnte, bis ein Wort auch schriftlich in der neuen Sprachheimat angekommen ist, oft nimmt es mehrere Wege, und oft verwandelt es sich auch - aus Pudel wird »Franse poedel«, aus Schnorchel wird »Snorkkeli« und aus Christkind wird »Kriss Kringle«. Angesichts solcher Wortschöpfungen war der badische Schachmeister und Esoteriker Emil Josef Diemer (1908-1990) davon überzeugt, im Himmel werde Deutsch gesprochen. Und zumindest für Gottes Stellvertreter auf Erden stimmt das ja schon mal.
 
Sven Siedenberg
München, im März 2009
A

abseilen

Briten ist das »abseiling« mindestens so geläufig wie »free climbing«, »kayaking«, »caving« oder »canyoning«. Ruft der Berg, müssen sie allerdings weit reisen, denn in England gibt es nur fünf Erhebungen knapp über 900 Meter, und Großbritanniens höchster Gipfel, der »Ben Nevis«, misst auch nur 1343 Meter und steht in Schottland. Bis nach Südafrika, Australien oder Neuseeland, wo es hochgelegene Hotels mit dem Namen »Abseil Breakfast Inn« gibt, schwärmen zivilisationsmüde Bergfexe aus, um ihren Klettertrieb auszuleben. Kommt ihnen beim Abstieg eine steile Felswand in die Quere, wenden sie eine Technik an, für die man allerlei Seilschaften und gute Knotenkenntnisse braucht und die die Brems- und Reibungswirkung ausnutzt, die durch die mehrfachen Windungen des Seils entsteht: die Abseiltechnik. Erfunden haben soll diese Klettervariante der Schweizer Abenteurer Jean Estéril Charlet (1840- 1925), quasi der erste alpine »Cliffhanger«, lange vor Reinhold Messner und Sylvester Stallone. Das deutsche Verb »abseilen« ist seit den 1930er Jahren so fest im britischen Englisch verankert, dass es im »Oxford English Dictionary« gleich drei Schreibweisen aufweist: »to abseil«, »abseiler« und »abseiling«. Die Bedeutung der Wörter beschränkt sich dabei nicht auf die Bergwelt, sie beschreiben auch den an einer Wolkenkratzerfassade arbeitenden Monteur oder den sich an einem Brückenpfeiler entlanghangelnden Handwerker. In Ländern au ßerhalb Großbritanniens mit englischsprachiger Bevölkerung werden die Wörter »to rope down« und »to rappel« bevorzugt.
• »To help in the abseil or descent of steep, almost holdless places.« (G. D. Abraham: Modern Mountaineering, 1933)
• »To abseil you must be unroped.« (C. F. Kirkus: Let’s Go Climbing, 1941)
• »Doris Long, aged 92, abseiling down the 220-ft Millgate House in Portsmouth.« (Bildunterschrift im Guardian, 13. 6. 2006)
• »The best highlight - which you should have done - was going abseiling and rock climbing on the cliffs overlooking Monaco! It was amazing!« (New York Times, 11. 6. 2008)

Ach!

Ausruf des Schmerzes, der Freude, des Staunens. Geschmeidig passt sich die Herzensergießung der Stimmungslage des Sprechers an. Das berühmteste »Ach!« der Weltliteratur ist ein Seufzer, hingesäuselt von der sprachlosen Alkmene, als sie von Jupiter verlassen wird, der ihr in Gestalt des Gatten Amphitryon eine Liebesnacht geschenkt hatte. Möglicherweise verkörpert »Ach« eine der ersten Lautfolgen des Menschen, zählt es doch zu den Interjektionen oder Empfindungswörtern - diese seien, behaupten Sprachforscher, einmal die Urwörter der Menschheit gewesen. Stürmisch in Gebrauch bei Schiller und Goethe, Heine und Hölderlin, Lessing und Kleist: Sechzehnmal ist es allein zu hören in der »Penthesilea«, und jedes Mal klingt es anders. All diese beseelten Poetenverse hatten die deutschen Amerika-Einwanderer im Reisegepäck, als Trostlektüre. So kam das »Ach« in die Alltagssprache der schönen neuen Welt, ins »Oxford English Dictionary«, und sogar in die Filmsprache: In »The Great Dictator« (1940) bellt Charlie Chaplin gleich mehrfach ein zackiges »Ach!«. Der Brite sagt lieber »Oh!« oder »Oh no!«
• »Ach! you irritate me.« (E. Clayton: Cruel Fortune, 1865)
• »But the German ach-sound occurs only following a, o and u, not preceeding them and the other vowels.« (New York Times, 25. 5. 1987)
• »Ach, Boris« (Australischer Filmtitel, 1990)

Achtung!

Hängt man dem ➚ »Ach« ein »-tung« an, entsteht »Achtung!«. Der militärische Befehl findet sich in keinem US-amerikanischen oder englischen Standardwörterbuch, ist aber trotzdem in der Bedeutung »Warnung«, »Vorsicht« weithin bekannt. Das liegt an den populären Kriegsfilmen, in denen deutsche, arisch anmutende Schurken immer wieder »Jawohl!«, »Kamerad!«, »Mach schnell!«, »Achtung!« oder andere zackige Befehle brüllen - wie Hardy Krüger als Jagdflieger Franz von Werra in »The One That Got Away« (1956), Jürgen Prochnow als Nazi-Offizier in »The English Patient« (1996) oder Udo Kier als General Landsdorf in »All the Queen’s Men« (2001). Auch in der Musikbranche gebräuchlich, so hat etwa die irische Rockgruppe »U2« in den 1990er Jahren ein Album unter dem Titel »Achtung Baby« herausgebracht. Auch im Französischen und Italienischen bekannt.
• »Achtung! Banditi!« (Italienischer Westernfilmtitel, 1951)
• »Ilyaune vingtaine d’années, dans les cours de récréation des écoles primaires françaises, l’une des interjections favorites des enfants était ›Achtung bicyclette!‹.« (Le Monde, 28. 11. 1991)
• »Achtung, Surrender!« (Überschrift im Mirror, 24. 6. 1996)
• »Achtung! Snowboard!« (Überschrift im Corriere della Sera, 6. 1. 2000)

Alleingang

Wanderte nach den Anschlägen auf das World Trade Center aus der deutschen Fußballterminologie in die Alltagssprache der Holländer, zur Kennzeichnung der Politik von US-Präsident George W. Bush im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Auch der »Dikke van Dale«, vergleichbar dem »Duden«, erwähnt das deutsche Lehnwort in seiner aktuellen Auflage (2005).
• »De oppositie die er was tegen deze Amerikaanse ›Alleingang‹ verdween als sneeuw voor de zon op 11 september 2001.« (Algemeen Dagblad, 23. 1. 2003)

Allergie

Die krank machende Überempfindlichkeit, in allen Industrienationen auf dem Vormarsch, hat der Wiener Kinderarzt Clemens von Pirquet (1874-1929) entdeckt. Er erkannte als Erster, dass Antikörper nicht nur schützende, sondern auch gefährliche Immunabwehrreaktionen auslösen können. Die Wortschöpfung »Allergie« entstand 1906 in Analogie zu »Energie«. Damit wollte er den Zusammenhang klarmachen zwischen der »en-érgeia« (griechisch), einer körpereigenen Kraft, und der »all-érgeia« (griechisch), einer Reaktion auf körperfremde Stoffe. Der medizinische Begriff hat, wie die allergische Reaktion selbst, zahlreiche Sprachräume erobert: das Englische (»allergy«, seit 1911), Französische (»allergie«), Italienische (»allergia«, seit 1923) und Spanische (»alergia«). Nicht vergessen darf man, neben all den geplagten Pollen-, Tierhaar- und Hausstauballergikern, die ebenfalls recht bedauernswerten Fremdwortallergiker. Besonders stark vertreten sind sie in Frankreich, wo sie das ungeliebte »Franglais« mit Sprachreinigungsgesetzen einzudämmen versuchen. Aber auch Deutsche hegen sprachpflegerische Ambitionen. Schon bei Barockdichter Philip von Zesen (1619-1689) lösten zugewanderte Wörter heftige Abwehrreaktionen aus, weshalb er die Ausdrücke »Anschrift« (Adresse), »Hochschule« (Universität), »Mundart« (Dialekt), »Tiergarten« (Zoo) und »Bücherei« (Bibliothek) dem Deutschen einverleibte. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kreierte Joachim Heinrich Campe (1746-1818) die Ausdrücke »Esslust« (Appetit), »Zerrbild« (Karikatur), »Freistaat« (Republik), »Bittsteller« (Supplikant), »Stelldichein« (Rendezvous), »Ausflug« (Exkursion) und »Weltall« (Universum). Heute reagieren allergisch vor allem globalisierungsverängstigte Politiker, wertkonservative Zeitgeistverächter und überempfindliche Heimatpfleger auf eingewanderte Wörter.
• »We might rightly use the word ›allergy‹ … as a clinical conception.« (C. E. Pirquet, Archives of Internal Medicine, 1911)
• »Hannelore Kohl, de 68 años, sufría una alergia fotofóbica que la obligó a recluirse en casa.« (El Pais, 6. 7. 2001)
• »Hospital emergency rooms routinely mishandle patients who arrive with acute, potentially fatal allergies to food.« (New York Times, 10. 2. 2004)
• »A l’heure où les banques d’investissement de Wall Street perdent leur indépendance, le profil de l’établissement, concentré sur les seules activités de marchés, provoque des allergies aux investisseurs.« (Libération, 30. 9. 2008)
• »Meno germi, più allergie.« (Corriere della Sera, 18. 10. 2008)

Alpenglühen

Alpenbewohner gehen damit schlafen und wachen damit auf: mit dem Leuchten reflektierter Sonnenstrahlen. Die Gipfel werfen das Streulicht der Dämmerung in den Farben Gelb, Orange, Rot und Purpur zurück. Wolken können das Naturschauspiel vernebeln, manchmal verstärken sie den Widerscheineffekt aber auch, denn regennasse und schneebedeckte Felsen leuchten besonders schön. Nach wenigen Minuten ist die Himmelserrötung wieder vorbei, sehr zum Frust aller Gipfelgucker, zumeist Bewohner der Ebene. Es möge doch einen Ort geben, so die Sehnsucht der Städter, an dem die Luft klar und der Blick weit ist und der romantischen Gefühlen als Reservat dient. Auf den Flügeln dieser Sehnsucht gelangten die Alpen in die Reiseberichte euphorisierter Briten - deren erste ausländische Pauschalreisen, organisiert von dem englischen Baptistenprediger Thomas Cook, führten nach Deutschland - und mit ihnen das Alpenglühen, als Lehnübersetzung »alpenglow«. In den 1870er Jahren in der neuen Sprachlandschaft angekommen, wandelt es sich zur Hilfsvokabel pittoresker Sonnenuntergänge, unabhängig davon, ob diese sich in Alaska oder am Machu Picchu ereignen. Während das »Alpenglühen« ein archaisches Hochgefühl in den angloamerikanischen Sprachraum hinüberrettet, verliert das Wort in seinen Ursprungsländern immer mehr seinen Zauber. »Alpenglow« dient als Internetadresse, unter der man aktuelle Informationen übers Wetter und über die Schneeverhältnisse abrufen kann. Und der Erotikkanal »Alpenglühen TVX« sendet seine zum Klischee verkitschten Filme in trostlos flimmernde Herrgottsstuben.
• »On August 23, 1869, the evening Alpenglow was very fine.« (J. Tyndall: Fragments of Science, 1871)
• »At sunset, Electric Peak still lives up to its name, all pink in the natural neon of alpenglow.« (New York Times, 24. 9. 1988)
• »The Belt of Venus turns peaks purple in Alpenglow« (Überschrift in Times, 12. 2. 2008)

Alpenhorn

Schweizer Nationalsymbol, nebst ➚ Jodeln und ➚ Edelweiß. Produziert ausschließlich tiefe und weiche Töne, ähnlich der Posaune. In lieblichen Tälern tönt es bis zu zehn Kilometer weit. Anfangs wurde es von Hirten und bezopften Heidis dazu benutzt, abends in den Bergen die Herden zu rufen. Seine gebogene Form rührt von der am Hang und deshalb krumm gewachsenen Fichte her, sie wird geschält und der Länge nach halbiert. Das bisher längste Alpenhorn, manche sagen auch Alphorn (für das gleichnamige Orgelregister), haben Luzerner Instrumentenbauer 1994 gefertigt, mit 46 Metern Länge eine Touristenattraktion. Normalerweise misst die Holzröhre zwischen drei und vier Metern. Gespielt wird sie in freier Natur, als Andachts übung, in fast allen Gebirgsregionen der Erde, sogar in den Rocky Mountains, wo eine Alpenhorn-Schule residiert. Das Wort Alpenhorn, um 1555 erstmals in der Schweiz schriftlich erwähnt und seit 1864 im Englischen bekannt, kennt man auch in Italien, Schweden, Russland, Frankreich und der Türkei. Mitteleuropäische Kulturlandschaften durchkämmende Touristengeschwader haben dafür gesorgt, dass es inzwischen sogar von Japanern (sie gaben ihrer größten Bergkette den Namen »Japanische Alpen«) und Chinesen als Symbol unverfälschten Brauchtums verehrt wird, nebst Jodeln und Edelweiß.
• »Alpenhorn, or Alphorn, an instrument with a cupped mouthpiece, of wood and bark, used by mountaineers in Switzerland.« (The Grove Dictionary of Music and Musicians, 1879)
• »More than 150 Alphorn players had their own competition, and the haunting sounds of these 10- to 12-foot wooden horns floated down …« (New York Times, 18. 9. 1991)
• »E, mentre la tuba evoca gli Alphorn dei pastori svizzeri, l’intreccio degli strumenti porta a immaginare che se New Orleans fosse stata fondata in alta montagna questo sarebbe stato il suo stile.« (Corriere della Sera, 2.7. 2005)
• »Isviçre - Gstaad’dan, Christian Perreten’in Alp dağlarının geleneksel çalgısı Alphorn eşliğindeki melodileri ve The Ländlertrio Saanenland grubunun şarkılarıyla keyifli geceler sizleri bekliyor.« (Sabah, 19. 4. 2006)
• »›Goldfinger‹, Shirley Bassey. It’s less a song than an alphorn to herd people into movie theaters, and Bassey walks the line between seduction and camp with the same dexterity as Sean Connery.« (Time Magazine, 13. 11. 2008)

Alzheimer

Droht sich bei älteren Menschen wie ein Schwelbrand ins Gehirn zu fressen. Die Demenzerkrankung wurde erstmals 1905 von dem deutschen Arzt Alois Alzheimer (1864-1915) beschrieben. Zur bedeutendsten Alterserkrankung der westlichen Welt geworden, beschäftigt sie Theatermacher, Schriftsteller, Maler und Filmkünstler seit den 1990er Jahren so stark wie keine andere Krankheit. Immer wieder beschreiben sie den allmählichen Verlust des Gedächtnisses, der erst zum Verfall der Persönlichkeit und später dann zum Verfall des Körpers führt. Ein Verlauf, der das Bild vom Menschen als einem selbstbestimmten Subjekt radikal in Frage stellt. Die Alzheimer-Krankheit ist als »Alzheimer’s disease« im »Oxford English Dictionary« verzeichnet. Im Französischen sagen sie »Maladie d’Alzheimer«, im Italienischen »Morbo di Alzheimer« oder »Malattia di Alzheimer«, im Spanischen »enfermedad de Alzheimer«.
• »Alzheimer’s Disease: the report of a case and review of published cases.« (S. C. Fuller, Journal Nervous & Mental Disease, 1911)
• »El hospital Clínic de Barcelona es el único de Europa que ofrece un programa integral de diagnóstico genético del Alzheimer y el posterior análisis de los familiares del afectado.« (El Pais, 7. 6. 2002)
• »Entre 2000 et 2010, le nombre de personnes atteintes de la maladie d’Alzheimer (600 000 malades aujourd’hui) pourrait augmenter d’un tiers, le nombre de cas de cataracte de 17 % et le nombre de cas d’arthrose de 13 %, alors que l’augmentation de la population de 65 ans et plus sera de 10 %.« (Le Monde, 19. 8. 2003)
• »California’s only other living former governor, Ronald Reagan, has Alzheimer’s disease and no longer makes public appearances.« (Los Angeles Times, 18. 11. 2003)
• »An estimated 4.5 million Americans have Alzheimer’s disease.« (Wall Street Journal, 2 7. 4. 2007)
• »Il morbo di Alzheimer colpisce in Italia circa 500.000 persone.« (La Repubblica, 24. 9. 2007)

Angst

In Deutschland haben ängstliche Menschen nicht einfach Angst. Sie leiden unter Fracksausen, Lampenfieber und ➚ Torschlusspanik, manchmal bekommen sie auch eine Gänsehaut, weiche Knie oder ihnen rutscht das Herz in die Hose. In Österreich kennt man außerdem die kopfschmückende »Angströhre«. Der Begriff wurde 1848 in Wien geprägt, als die aufständischen Studenten statt der breitkrempigen Filzhüte angeblich wieder bürgerliche Zylinder aufsetzten. Ein Jahr später wurde »angst« von der Schriftstellerin George Eliot, hinter diesem Pseudonym verbirgt sich Mary Ann Evans, in die englische Sprache eingeführt. Dort bezeichnet es ein Gefühl der Beklemmung oder gar Panik und hat sich seit dem Zweiten Weltkrieg so fest als düstere Variante des englischen »fear« etabliert, dass sie in zahlreichen Lexika zu finden ist, etwa im »Oxford English Dictionary« (»songs full of teenage angst«). Man begegnet »angst« in der akademischen Hochsprache, zum Beispiel als Buchtitel (»Woody Allen’s Angst«), aber auch im Boulevardjargon oder in der Comicwelt. Mindestens genauso populär ist mittlerweile die Wortkombination »german angst«. Darunter versteht man im angelsächsischen Raum ein typisch deutsches Lebensgefühl, das sich aus Verzagtheit, Pessimismus und Endzeitstimmung speist und von schrillen Sirenengesängen begleitet wird. Ein Phänomen, das die britische Oberschicht für übertrieben, uncool oder gar neurotisch hält. Die Wortkombination verbreitete sich Anfang der 1980er Jahre, als man in Deutschland immer lautstärker Umweltthemen diskutierte und das ➚ Waldsterben entdeckte, was sogleich als Zeichen des unmittelbar bevorstehenden Weltuntergangs interpretiert wurde. Eine Fehlinterpretation, wie sich herausstellte, trotzdem ängstigt man sich munter weiter: vor Genmais, Feinstaub, Vogelgrippe, Elektrosmog, Hartz IV, der Klimakatastrophe oder der nächsten Rezession. »German angst« ist besonders oft im politischen Schlagabtausch anzutreffen. So benutzte der englische Premierminister Tony Blair diesen Begriff, um damit die angebliche Reformangst der Deutschen zu geißeln. Manchmal allerdings kommt es vor, dass auch Briten plötzlich ganz unbritischen Bammel haben, zum Beispiel vor deutschen Wortschöpfungen wie ➚ »Blitzkrieg« oder ➚ »Alzheimer«; sie sind dann »angst-ridden«. Neuerdings trifft man die »angst« auch als Verb an: »to angst over something«.
• »›Die Angst‹ she says often brings on a pain at her heart.« (G. Eliot: Letters, 1849)
• »Sandra Bullock is also perfect for some thirtysomething relationship angst.« (Guardian, 23. 6. 2006)
• »Obama is trying to ease middleclass angst.« (Wall Street Journal, 1. 9. 2008)
• »His lyrics are candid and often angst-ridden but also show-offy …« (Financial Times, 8. 11. 2008)
• »The present French angst, based on fear of the future, leads to fundamental questions about what should be the role of the state.« (Financial Times, 4. 12. 2008)

Anschauung

siehe »Weltanschauung«

Anschluss

Bezeichnet den Umstand, dass sich viele Österreicher 1938 jubelnd von den ➚ Nazis überrennen ließen. Historiker benutzen den Terminus, um ➚ Hitlers ➚ großdeutsche Gelüste zu illustrieren. Auch in politischen Berichten angloamerikanischer Zeitungen anzutreffen, mittlerweile mit erweiterter Bedeutung. So textete die New York Times am 27. März 1996 die Überschrift »The Double Anschluss« und meinte damit die Bestrebungen der bosnischen Regierung, sich Serbien und Kroatien einzuverleiben. Das Wort ist im »Oxford English Dictionary« verzeichnet und auch im Französischen, Italienischen und Russischen (»anschljus«) bekannt.
• »Anschluss would be disastrous to Austria and to the peace of Europe.« (Social Sciences Abstracts, 1929)
• »Ability to opt to join the Commonwealth might give certain states a valuable policy counter, when other forms of Anschluss seem to be in the offing.« (Economist, 18. 10. 1958)
• »… conducting debut with Le nozze di Figaro - on the night of the Anschluss.« (Financial Times, 28. 10. 2002)
• »C’était du hip-hop de conquête, pas l’Anschluss, mais une conquête positive …« (Le Monde, 9. 12. 2003)
• »… La stessa sorte tocca ai dipinti di Bloch, compresi i due ritratti della moglie La fuga di Bloch Con l’Anschluss, nel 1938 Ferdinand Bloch, ricco industriale e mecenate ebreo …« (La Repubblica, 4. 2. 2006)

Apfelstrudel

Ohne ihn wäre die Donaumonarchie wahrscheinlich noch früher untergegangen. Er hat kaisertreue Soldaten mit Kalorien versorgt, aufmüpfige Bürgersleute zu stundenlangem ➚ Kaffeeklatsch verführt und war die Leibspeise von Kaiserin Sisi, wenn sie nicht gerade Diät machte. Der Apfelstrudel drängt in die internationalen Konditoreien und Kochstudios wie sonst nur die holländische Fleischtomate in die Supermärkte. Es gibt ihn nicht nur hausgemacht, sondern auch als tiefgefrorene Variante, was seinen Aufstieg als Botschafter der Wiener Küche im fast-foodgierigen US-Amerika beschleunigt hat. Trotz großer Sympathie für die aus Äpfeln, Rosinen, Zimt und Semmelbröseln komponierte Süßspeise hat es im Englischen nur für eine Lehnverbindung gereicht. Davon reden Sprachwissenschaftler, wenn ein Teil des zusammengesetzten Worts originalgetreu übernommen und der andere Teil übersetzt wurde. Das Ergebnis der Wortfusion: »apple strudel« - so im »Oxford English Dictionary« verzeichnet. »Strudel« ist auch im Griechischen, Italienischen, Portugiesischen und Spanischen (»estrudel«) bekannt. Im Hebräischen benutzt man das Wort »Strudel« für das @-Zeichen.
• »We have some apple strudel if you want it.« (E. Hemingway: In our time, 1923/26)
• »And for dessert, some delicious apfelstrudel.« (Elvis Presley in dem amerikanischen Film »G.I. Blues«, 1960)
• »The new governor also dined in the Capitol Rotunda with federal and state elected officials, where Austrian apple strudel was served for dessert.« (Los Angeles Times, 18. 11. 2003)
• »Da provare lo strudel di mele con gelato alla vaniglia« (La Repubblica, 29. 11. 2008)
• »My little apple strudel.« (Wallace zu seiner Angebeteten in dem englischen Animationsfilm »A matter of loaf and death«, 2008)

Arbeit

Verblasster Wirtschaftswunder-Mythos. Speiste seine Strahlkraft aus der ➚ protestantischen Ethik und den Schikanen des mitteleuropäischen Wetters, das wenig zur Attraktivität des Nichtstuns beitrug. Heute gibt es kaum ein Land auf der Welt, in dem Arbeitnehmern der Feierabend samt Tarifvertrag dermaßen heilig ist und man so viel Urlaub machen darf wie in Deutschland. Das Wort »Arbeit« brachten deutsche Fachkräfte nach Japan, die sich dort in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts am Aufbau einer modernen Infrastruktur beteiligten, als Ingenieure, Juristen oder Mediziner. Im Japanischen verwandelte es sich in »arubaito«. Meist wird nur noch die Kurzform »baito« gebraucht, in der Bedeutung »Nebenjob«, »Studentenjob«. Auch im Koreanischen bekannt.
• »Junigatsu no arubaito jikyu hatsuno mainasu.« (The Asahi Shimbun, 15. 1. 2009)
• »Shokugyo kunren chuuni arubaito.« (The Nikkei, 20. 2. 2009)

Audi

siehe »Vorsprung durch Technik«

Auerochs

Das ist der, mit dessen Abbildungen sie vor etwa 250 000 Jahren in Südfrankreich und dann auch im restlichen Europa ihre Höhlen ausgeschmückt haben. Die Zeichnungen, meist Szenen aus dem Jagdleben, stellen eine frühe Phase des Comicstrips dar. Der Auerochs wurde in der Jungsteinzeit domestiziert und war, wie Cäsar in »De bello Gallico« berichtet, fast so groß wie ein Elefant. Auch verdankt die deutsche Sprache dem Urrind zahlreiche Metaphern und Redewendungen (»Du blöder Hornochse, du!«), was es nicht vor der Ausrottung durch den Menschen bewahrte: Der letzte Auerochse starb 1627 in Polen. Ein Jahrhundert später gelangte das Wort vom Deutschen ins Französische und Englische. Im »Grand Robert« (»aurochs«) und »Oxford English Dictionary« (»aurochs«) verzeichnet. Auch im Italienischen (»aurochs«) und Portugiesischen (»auroque«) bekannt.
• »The Urus of the Hercynian forest described by Caesar … called by the modern Germans Aurochs.« (T. Pennant: British Zoology, 1766)
• »Gli abitanti cacciavano i cervi, i lupi, le linci, i leopardi e l’aurochs, il toro selvaggio, progenitore dei bovini attuali, che erano riusciti ad addomesticare insieme con l’asino selvaggio.« (La Repubblica, 19. 1. 1991)
• »Tout cela a dopé le tourisme, donnant à d’autres l’idée d’introduire des bisons, des aurochs, des chevaux de Mongolie ou des vautours.« (Le Monde, 8. 8. 2001)
• »Some argue that they are descended from an Indigenous breed of aurochs, an extinct kind of wild European longhorn that resembles cattle seen in ancient Egyptian paintings.« (Los Angeles Times, 6. 4. 2003)

Autobahn

Synonym für ➚ Fahrvergnügen und Geschwindigkeitsrausch. Vor allem US-Amerikaner bekommen leuchtende Augen bei dem Wort, sie denken dabei an eine Wolllust des Dahinrollens, die ihnen der amerikanische Highway mit seinen 90-Meilen-Schildern nicht bietet. Die weltweit erste Autobahn, damals noch »Autostraße« genannt, wurde in Deutschland im Jahre 1932 zwischen Bonn und Köln eröffnet, und von KdF-Wagen (den ersten Volkswagen) und ➚ Panzern befahren. Endlose, den Märchenwald zerschneidende Autobahnkilometer folgten, gesäumt von Notrufsäulen, Wickelstationen und Autobahnkirchen, verklärt zu deutschen Lebensadern und zur letzten Bastion der Freiheit in einem ansonsten überregulierten Staat. Autobahnfahrer sind Bleifußpropagandisten. Sie drücken auf die Tube, geben Gas, kratzen Kurven und schmettern dabei die Autobahnfahrerhymne: »Mein Maserati fährt zweihundertzehn / Schwupp, die Polizei hat’s nicht geseh’n / Das macht Spaß / Ich geb’ Gas, ich geb’ Gas.« Manchmal stehen Autobahnfahrer im Stau, dann kommen Psychotherapeuten auf Motorrädern vorbeigerauscht und versuchen, die aufgestauten Aggressionen der festsitzenden Fahrer zu dämpfen. Autobahnfahrer erfreuen sich an einem tollen Fahrgestell, auch an einem von Porsche, Mercedes, BMW, Audi oder Volkswagen; lauter wohlklingende, international verbreitete Produktnamen, die Neidreflexe auslösen. »You can be sure it’s schnell«, dichteten die Werbeleute von Rover, in Anspielung auf die geballte PS-Kraft made in Germany. Die von dem Zeitgeistmagazin Wiener als »Bayreuth der 80er Jahre« titulierte Band »Kraftwerk«, die mit ihrem Album »Autobahn« einen Welterfolg feierte, verstärkte diesen Mythos noch. Benutzen US-Amerikaner oder Briten das Wort »Autobahn«, meinen sie die deutsche, tempolimitfreie Autobahn mit den rhythmisch vorbeifliegenden Mittelstreifen, ansonsten sprechen sie von »motorway«. Auch im Türkischen (»otoban«) und Japanischen (»autoban«) bekannt. Im Französischen existiert zumindest das Adjektiv »autobahnisé«; es bezeichnet ein von mehrspurigen Trassen durchzogenes Land.
• »In the last six mounths or so there has sprung up from several quarters a demand for motorways, or autobahnen or autostrada - meaning new roads for the exclusive use of motor traffic.« (Sunday Times, 18. 4. 1937)
• »It was easy for a Hitler or a Mussolini to drive great autobahns or autostradas through their respective countries.« (Times, 14. 6. 1955)
• »This is the legendary West German Autobahn, the last bastion of true white-knuckle motoring, in a land otherwise legendary for its profusion of rules and regulations.« (New York Times, 29. 7. 1989)
• »Germany’s love of speed on the autobahn is colliding with fears about global warming …« (New York Times, 16. 3. 2007)
• »Otoban kenarında camdan binası var.« (Überschrift in Zaman, 22. 6. 2007)
• »Teenagers often drive at speeds that would be unsafe even on an autobahn, and people of all ages have been known to engage in unprotected sex with strangers, even when they are perfectly aware of the risks.« (Los Angeles Times, 4. 5. 2008)
B

Baedeker

Synonym für Reiseführer; Wegbereiter des Massentourismus; Symbol deutscher Gründlichkeit. Beim Erklimmen des Mailänder Doms soll der Verleger und Autor Karl Baedeker (1801- 1859) alle 20 Stufen stehen geblieben sein und eine Erbse von der Westen- in die Hosentasche gesteckt haben, um so die exakte Stufenzahl für den späteren Reiseführer zu ermitteln. Beim Abstieg machte er dann die Gegenprobe. Seinem Perfektionsdrang verdankt die deutsche Sprache angeblich auch den Begriff des Erbsenzählers. Sogar in Jacques Offenbachs Operette »La Vie Parisienne« (1866) findet sich eine Anspielung darauf: »Kings and governments may err, but never Mr. Baedeker«. Nachdem Germaine de Staël in ihrem 1813 erschienenen Buch »De l’Allemagne« die Deutschen zu feinsinnigen Kulturmenschen stilisiert hatte, brachen zahlreiche französische Intellektuelle zur Bildungsreise nach Deutschland auf. »Wenn ich nicht schon Franzose wäre, hätte ich Deutscher werden wollen«, schwärmte etwa Victor Hugo. Franzosen griffen in der Mitte des 19. Jahrhunderts begeistert zu den rot eingeschlagenen, für ihre Übersichtlichkeit, Genauigkeit und Aktualität gerühmten Handbüchern. Sie wurden nach ihrem großen Erfolg in Deutschland - der erste Baedeker erschien 1827 als »Handbuch für Schnellreisende« - schon bald ins Französische und Englische übersetzt. Über den Namen »Baedeker« stolpert man seither an jeder Ecke, in E. M. Forsters Roman »A Room with a View« ebenso wie in T. S. Eliots Gedicht
 
 
 
 
Originalausgabe 7/2009
 
Copyright © 2009 by Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH Redaktion: Johann Lankes Umschlagkonzept und -gestaltung: Eisele Grafik-Design, München
 
eISBN : 978-3-641-03309-5
 
www.heyne.de
 
Leseprobe
 

www.randomhouse.de