Bibi & Tina - Alle 4 Bücher zu den Kinofilmen - Bettina Börgerding - E-Book

Bibi & Tina - Alle 4 Bücher zu den Kinofilmen E-Book

Bettina Börgerding

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Beschreibung

Alle vier Bücher zu den Filmen findest du hier in einem Bundle: Bibi & Tina – Jetzt in Echt – Das Buch zum Film Auf Schloss Falkenstein findet ein Pferderennen statt. Klar, dass Bibi und Tina mitmachen wollen! Sophia ist die stärkste Konkurrentin - und sie hat ein Auge auf Alex geworfen. Bibis und Tinas Freundschaft wird auf eine harte Probe gestellt. Bibi & Tina – Voll verhext! Bibi verknallt sich zum ersten Mal! Ausgerechnet in Tarik, der mit seinen vier chaotischen Geschwistern – den "Schmülls" - nicht nur den Martinshof unsicher macht, sondern auch ein dunkles Geheimnis hütet … Bibi & Tina – Mädchen gegen Jungs Tina freut sich schon auf das Sommercamp, das in Falkenstein stattfinden soll. Auch eine Schule aus Berlin nimmt teil. Als Höhepunkt ist eine Geocaching-Challenge geplant. Um zu gewinnen, ist Urs dabei jeder schmutzige Trick recht … Bibi & Tina – Tohuwabohu Total Bibi und Tina begegnen einem Ausreißer, der von seiner Familie verfolgt wird. Das Familienoberhaupt ist weltfremd, engstirnig und stur, und selbst Bibi kommt mit Hexerei nicht weiter. Und als wäre das nicht genug, wird Tina entführt …

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Bettina BörgerdingWenka von Mikulicz

Alle vier Bücher zu den Filmen

Kurzinhalte

Bibi & Tina – Jetzt in echt!

Auf Schloss Falkenstein findet ein großes Pferderennen statt. Bibi und Tina wollen natürlich dabei sein! In der hübschen Sophia von Gelenberg haben sie eine starke Konkurrentin – und die hat auch noch ein Auge auf Tinas Freund Alex geworfen. Zu all dem versucht der Pferdezüchter Hans Kakmann, Graf Falko das süße Fohlen Socke abzuschwatzen. Das können Bibi und Tina auf keinen Fall zulassen…

Bibi & Tina – Voll verhext!

Trotz Sommerzeit herrscht auf dem Martinshof totale Flaute – nicht ein Ferienkind hat sich angemeldet! Dann wird auch noch in die Gemäldegalerie von Schloss Falkenstein eingebrochen. Höchste Zeit für Bibi und Tina, die Dinge in die Hand zu nehmen. Eine Werbeaktion soll dem Martinshof Gäste bescheren, und ganz nebenbei geraten die Freundinnen dabei auf die Fährte des Einbrechers…

Bibi & Tina – Mädchen gegen Jungs

Sommerzeit, Campingzeit. Bibi und Tina freuen sich schon auf das Zeltlager, das in Falkenstein stattfinden soll. Zahlreiche Schülerinnen und Schüler einer internationalen Schule aus der Hauptstadt nehmen teil. Als Höhepunkt ist eine Geocaching-Challenge geplant, bei der Jungs und Mädchen gegeneinander antreten. Um zu gewinnen, ist dem ehrgeizigen Urs dabei jeder schmutzige Trick recht…

Bibi & Tina – Tohuwabohu total!

Endlich wieder Sommer! Bei einem Wanderritt begegnen Bibi und Tina einem ruppigen Ausreißer, der von zu Hause weggelaufen ist. Die Freundinnen helfen ihm natürlich, und als seine Familie auftaucht, beginnt eine wilde Verfolgungsjagd … In der Zwischenzeit wird Schloss Falkenstein renoviert, was Graf Falko völlig überfordert. Zumal Alex auch noch ein Musikfestival auf dem Schloss plant – Das Tohuwabohu ist perfekt!

E-Book-Impressum

Dieses E-Book-Bundle enthält die ungekürzten, leicht überarbeiteten E-Book-Ausgaben-Einzeltitel der bei SchneiderBuch, Egmont Verlagsgesellschaften mbH erschienenen Einzelbände:

Bibi & Tina - Jetzt in echt! - Das Buch zum Film

Bibi & Tina - Voll verhext! - Das Buch zum Film

Bibi & Tina - Mädchen gegen Jungs - Das Buch zum Film

Bibi & Tina - Tohuwabohu total! - Das Buch zum Film

© 2018 KIDDINX Studios GmbH, Berlin

Lizenz durch KIDDINX Media GmbH

Lahnstraße 21, 12055 Berlin

ISBN der E-Book-Ausgabe: 978-3-95918-220-1

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Bibi & Tina – Jetzt in echt!

Bibi & Tina – Voll verhext!

Bibi & Tina – Mädchen gegen Jungs

Bibi & Tina – Tohuwabohu total!

Bettina Börgerding

Wenka von Mikulicz

Das Buch zum Film

Was für ein super Sommertag! Ganz Falkenstein war in warmes Sonnenlicht getaucht. Auf der Martinshof-Koppel grasten friedlich die Pferde, und bis auf das leise Rauschen der saftigen grünen Gräser war nichts zu hören.

Doch plötzlich näherte sich schnelles Pferdegetrappel: eine Schimmelstute und ein rotbrauner Fuchs mit hellbrauner Mähne, darauf zwei Reiterinnen.

Frau Martin, die Inhaberin des Martinshofs, machte sich gerade daran, eine Leiter am Haus hochzuklettern, um die Fenster zu putzen. Zwei der Kinder, die ihre Ferien hier verbrachten, pumpten Wasser in einen Eimer, andere putzten die Pferde, um sie für die Reitstunde vorzubereiten.

Da sausten die zwei Pferde in wildem Galopp quer über den Hof, vorbei an dem meckernden Ziegenbock Hoheit. Staub wirbelte auf, der Wassereimer schepperte über das Pflaster, die Hühner stoben auseinander, die Enten wackelten aufgeregt davon.

Frau Martin drehte sich erschreckt um: „Mal langsam, ihr zwei!“

Durch ihre plötzliche Bewegung begann die Leiter gefährlich zu schwanken. Doch da schnellten schon die Arme der einen Reiterin in die Höhe. „Plopp-Stop. Hex-hex!“

In letzter Sekunde erstarrte die Leiter in ihrer Bewegung und schwang mit der erschrockenen Frau Martin langsam wieder zurück Richtung Hauswand. Puh, es war noch mal alles gut gegangen, zum Glück!

„Hä, Holger, wer war denn das?“, fragte ein Mädchen verwundert. Sie verbrachte zum ersten Mal die Ferien auf dem Martinshof. Alles war neu und aufregend, und dieser Auftritt ganz besonders! Neugierig drehte sie sich zu Holger Martin um, der seiner Mutter Susanne auf dem Hof stets tatkräftig zur Seite stand und den Kindern Reitunterricht gab.

Der zuckte freundlich lächelnd mit den Schultern. Wer sollte das schon sein? „Das sind Bibi und Tina auf Sabrina und Amadeus!“

Bibi Blocksberg, die Junghexe aus Neustadt, verbrachte mal wieder ihre Ferien bei ihrer besten Freundin Tina Martin auf dem Martinshof. Liebstes Hobby der beiden: reiten! Und hexen? Auch, aber eigentlich war das hier verboten. Doch manchmal gingen mit Bibi … einfach die Pferde durch. So wie jetzt. Im Notfall nämlich durfte sie hexen, und das war ja wohl einer gewesen!

„Hü, Sabrina!“, rief sie und spornte ihre Lieblingsstute unbekümmert an.

„Schneller, Amadeus!“, lachte Tina.

Und schon jagten sie weiter, über die Felder und Wiesen hinter dem Hof. Was konnte es Schöneres geben! Doch Tinas Mutter war sauer auf die beiden. Sie waren überhaupt keine Vorbilder für die Ferienkinder. Dafür würden sie später auf jeden Fall eine Strafarbeit aufgebrummt bekommen. Dabei gab es einen guten Grund, warum sie so schnell ritten. Sie waren mit Tinas Freund Alexander von Falkenstein verabredet, und Zuspätkommen war ja wohl total unhöflich.

In rasendem Tempo preschten sie weiter und hängten ganz nebenbei noch den Schmiedelehrling Freddy ab. Der kleine Aufschneider glaubte doch wohl nicht im Ernst, dass er sie mit seinem „Maschinchen“, seinem getunten Geländemotorrad, beeindrucken konnte.

Lachend übersprangen die beiden Freundinnen einen Baumstamm, während Freddy mit quietschenden Reifen davor zum Stehen kam.

„Verdammt!“, fluchte er.

Bibi und Tina ritten johlend weiter – hinein ins große Abenteuer. Aber davon konnten sie in diesem Moment noch nichts ahnen …

Bibi jagte hinter Tina her, die schon einen großen Vorsprung hatte.

„Für das Rennen musst du aber noch ’nen Zahn zulegen, Bibi!“, zog Tina sie über die Schulter hinweg auf.

Bibi grinste übermütig. „Da leg ich sogar drei zu – und gewinne!“, rief sie.

Ja – das Rennen. Jedes Jahr veranstaltete Alex’ Vater Graf Falko von Falkenstein ein Pferderennen auf seinem Schloss, zu dem viele Gäste erwartet wurden. Das war alte Adelstradition. Doch dieses Jahr wollte er offenbar ein ganz besonderes Event daraus machen. So besonders, dass selbst Alex vorher nichts Genaues erfahren durfte. Es sollte bis zum Schluss eine Überraschung bleiben. Bibi, Tina und er bereiteten sich schon seit Tagen auf das Ereignis vor und trainierten zusammen. Schnelligkeit und Geschicklichkeit würden gefragt sein.

Das ließ sich auch auf dem Weg zu Alex üben. Ob über Wiesen und Felder oder durch den Falkensteiner Forst – die Mädchen kannten die schnellsten Galoppstrecken. Jetzt ging es um die Wette bis zur Alten Eiche, die ihr absoluter Lieblingszielpunkt war, da sie allein inmitten von malerischen Wiesen stand und man dorthin richtig lospreschen konnte.

Bibi spornte Sabrina an: „Hü, Sabrina!“

Die Schimmelstute wieherte vergnügt. Auch Sabrina und Amadeus mochten nichts lieber, als mit ihren beiden Reiterinnen unterwegs zu sein.

Meter für Meter holte Bibi gegenüber Tina auf. Da näherte sich hinter ihnen mit kraftvollen Bewegungen ein imposantes Pferd. Es wurde von seinem Reiter heftig angetrieben. Wollte der Mann sich an ihrem Wettrennen beteiligen? Es hatte ganz den Anschein, denn mit einem Mal zog er seitlich an Tina vorbei und drängte sich triumphierend vor die beiden.

„Ja!“, rief er siegessicher.

Bibi und Tina schauten sich erstaunt an. Der Typ sah echt unglaublich aus. Er trug eine schillernde rot-schwarz gestreifte Jacke, auf den grellblonden Haaren eine schwarze Melone und ein hämisches Grinsen im Gesicht. Sein Pferd allerdings war eine Wucht. Schwarz wie die Nacht und unglaublich schnell! Die beiden Mädchen konnten gar nicht glauben, wie rasant es sie überholte hatte.

„Äh … kennst du den?, fragte Bibi ihre Freundin.

Tina nickte. „Klar, das ist doch der Kakmann! Der lebt seit ein paar Monaten in der Gegend.“

„Wie bitte?“ Bibi fing an zu kichern. „Der Kack-Mann?!“

Da musste auch Tina lachen.

„Dann zeigt mal, was ihr könnt!“, rief Kakmann ihnen zu. „Go, Fantastico!“

Ja, das Pferd schien wirklich fantastisch zu sein, aber der Reiter?

Die beiden schauten sich entschlossen an. So einfach ließen sie sich doch nicht abhängen!

„Los, Sabrina!“

„Hü, Amadeus!“

Sie holten auf.

Hans Kakmann hatte seine wahre Freude daran, immer ein Stück vor den Mädchen zu bleiben. Gekonnt ritt er in Schlangenlinien vor ihnen her und hinderte sie so daran, an ihm vorbeizukommen.

„Was ist? Sind eure Pferde nicht wendig genug?“, stichelte er.

Bibi fand das gar nicht witzig. Was bildete der sich ein? Na, warte …

Kakmann nahm nun ein wenig sein Tempo zurück, sodass Bibi und Tina sich nähern konnten. Als sie ihn fast erreicht hatten, grinste der fiese Typ die Mädchen jedoch frech an. „Bye, bye!“

Er spornte seinen Fantastico kräftig an, um noch schneller zu galoppieren. Das Pferd schien sein Tempo zu verdoppeln, und Bibi und Tina konnten nur noch mit offenem Mund zusehen, wie es rasend schnell auf die Alte Eiche zugaloppierte und den mitten auf einer Wiese stehenden Baum mit großem Vorsprung erreichte.

Mit kindlicher Freude reckte Kakmann seine Arme in die Höhe und jubelte: „Ja, ja, ja, jaaa …!“

Bibi und Tina stoppten Sabrina und Amadeus.

Ungläubig schüttelte Tina den Kopf. „Was sollte das denn jetzt?“ Sie fand Kakmanns Verhalten ausgesprochen unfair und überheblich.

Der schnalzte bedauernd mit der Zunge. „Nicht ärgern! Ich nehme Kinder sehr ernst. Kinder sind die Konkurrenten der Zukunft. Und an Niederlagen wächst man. In eurem Fall doch ein klarer Vorteil, ihr kleinen Hosenscheißer.“

Bibi brauchte ein Weilchen, um auf so eine Unverschämtheit antworten zu können. „Äh … was?! So groß, wie Sie sind, müssen Sie dann ja schon oft verloren haben!“

Punkt für Bibi. Doch Kakmann schien nicht minder schlagfertig: „Ja, ich bin ziemlich groß!“

Bibi und Tina tauschten einen verdutzten Blick aus, während Kakmann sich daranmachte, weiterzureiten.

„The winner takes it all! Bis zum nächsten Mal!“, verabschiedete er sich.

Bibis Antwort folgte prompt: „Ja, genau, man sieht sich immer zweimal!“

„Oder dreimal!“

„Vielleicht auch viermal!“

Tina schaute mit wachsendem Erstaunen vom einen zum anderen.

„Fünfmal!“

Als Bibi schon wieder etwas erwidern wollte, unterbrach Tina sie: „Bibi?!“

Bibi verteidigte sich: „Könnte doch sein, so rein statischtischisch … du weißt schon, was ich meine!“

Warum musste man sich auch so schwierige Wörter für eigentlich einfache Dinge ausdenken? Absurd. Auch so ein Wort. Aber dieses Wort mochte Bibi, und es passte ja gerade auch ganz gut zur Situation.

Ungläubig blickten die Freundinnen Kakmann hinterher, der bestens gelaunt und pfeifend davontrabte und sich dabei prüfend umsah. „Schön hier! Hat was …“, bemerkte er.

Tina seufzte. Aber aus dem Seufzer war auch ein bisschen Bewunderung herauszuhören. „Der war schon unglaublich schnell, oder?“

Bibi sah es gar nicht ein, beeindruckt zu sein. „Er hat einfach ein supertolles Pferd.“

Tina nickte. „Der macht ja auch was mit Pferden – Pferdezucht oder so.“

Da krächzte auf einmal der Falke, der über ihnen in der Alten Eiche saß, und es klang fast, als wollte er sie vor etwas warnen …

Bibi ihrerseits hatte sich entschieden, sich ihre gute Laune nicht verderben zu lassen, nicht von so einem Angeber. Energisch trieb sie Sabrina wieder an. „Auf nach Schloss Falkenstein!“

Es war nicht mehr weit zum Schloss, das prächtig auf einem Hügel thronte. Als Bibi und Tina auf den Hof der herrschaftlichen Anlage ritten, bot sich ihnen ein unerwartetes Bild. Sie parierten erstaunt ihre Pferde durch.

Auf der Wiese vor dem leise plätschernden Brunnen standen Graf Falko von Falkenstein, sein Sohn Alexander und sein Butler Dagobert nebeneinander und schauten gespannt zum Tor. Immer wieder überprüfte Graf Falko auf seiner Uhr die Zeit. Auch Dagobert wirkte nervös.

Eilig banden Bibi und Tina ihre Pferde an die eigens dafür vorgesehene Stange im Hof und liefen ihnen entgegen.

„Erwartet ihr jemanden?“ fragte Bibi fröhlich, während Tina ergänzte: „Sind wir zu spät?“

„Nein, nein, wir erwarten nur die Tochter von Freunden“, winkte Alex ab. „Sie macht auch beim Rennen mit.“

Tina umarmte Alex und gab ihm einen kleinen Begrüßungskuss, was ein Räuspern von Graf Falko zur Folge hatte. Energisch ermahnte er seinen Sohn: „Bitte ein bisschen Anstand!“

Voller Neugier, wer da so aufgeregt erwartet wurde, stellten sich Bibi und Tina neben Alex und schauten nun ebenfalls in Richtung Tor.

Da fuhr auch schon ein prachtvoller Oldtimer mit einem würdevollen chinesischen Chauffeur am Steuer in den Hof ein und hielt genau vor dem Begrüßungskomitee. Auf der Rückbank saß ein hübsches dunkelhaariges Mädchen, das hoheitsvoll aus dem Fenster sah. Dagobert öffnete die Autotür, und das elegant ganz in Gelb gekleidete Mädchen stieg aus.

Graf Falkos Gesicht drückte Begeisterung aus. „Sophia von Gelenberg! Schön, dich mal wiederzusehen! Mein Gott, bist du groß geworden!“

Sophia lächelte und gab Graf Falko geziert und formvollendet die Hand. Dann wandte sie sich ihrem Chauffeur zu und sprach in einer Sprache mit ihm, die Bibi ziemlich spanisch vorkam. Nein – das war Chinesisch! Verwundert schüttelte Bibi den Kopf. Sophia sprach Chinesisch?

Tina zuckte nur mit den Achseln. Erst Kakmann und dann dieser Auftritt hier! Diesmal sah sie es überhaupt nicht ein, sich beeindrucken zu lassen.

Alex legte seinen Arm um sie. „Sophia, darf ich vorstellen, das ist Tina, meine Freundin.“

„Hallo!“, sagte Tina freundlich.

Sophia musterte Tina ungläubig. „Freundin? So richtig?“

Alexander nickte, nichts ahnend, was sein Besuch mit dieser Frage eigentlich zum Ausdruck bringen wollte. „Ja klar!“

„Ach, wie süß.“ Sophia verzog ihren hübschen Mund.

Bibi reichte es jetzt mit diesem ganzen komischen Geplänkel. Rasch rieb sie sich die Hand an ihrer Hose ab und hielt sie Sophia hin. „Und ich bin Bibi, Bibi Blocksberg!“

Sophia beäugte sie wie ein merkwürdiges Insekt. „Ja … und?“

Bibi war etwas verwirrt. „Und auch eine Freundin … aber anders richtig.“

Doch Sophia beachtete sie gar nicht mehr. Stattdessen zeigte sie angeekelt auf Tinas Stirn. „Du hast da was!“

Während Tina sich verlegen räusperte, verstand Bibi überhaupt nicht, was das sollte. Okay, da war ein kleiner Pickel. Aber wer scherte sich schon um so was?! Außerdem fand sie, dass ihre Freundin Tina so eine herablassende Behandlung überhaupt nicht verdiente.

„Was denn?“, fragte sie betont ahnungslos. „Also ich seh da nichts … Aber, hey, da!“ Bibi zeigte nach oben.

Als alle in den Himmel blickten, hob Bibi schnell ihre Arme und hexte leise in Richtung Pickel: „Eene meene Winde wehn, Pickel muss jetzt ganz schnell geh’n. Hex-hex!“

Und tatsächlich, im nächsten Moment war Tinas Pickel verschwunden!

Doch da tauchte er plötzlich auf der Wange des überraschten Butlers Dagobert auf.

Bibi stotterte: „Na, so was!“

Und damit nicht genug: Plopp! Der Pickel wanderte weiter und landete nun auf der großen Nase von Graf Falko.

„Äh, also … doch nicht vom einen zum …!“, stammelte Bibi.

Aber der Pickel war nicht aufzuhalten, und weiter ging es auf die Stirn von Sophia von Gelenberg! Sie schielte zu ihm hoch. „Was ist das?“

Dort allerdings schien es dem Pickel so gut zu gefallen, dass er sich nicht mehr von der Stelle rührte.

Alex bemühte sich, die Situation zu entschärfen. „Ach, das ist gar nichts – Blütenstaub oder so …“

Tina konnte sich ein Lachen kaum verkneifen. Graf Falko hingegen fand das alles andere als amüsant. „Bibi Blocksberg, hast du wieder gehext?“

„Äh … also …“, stotterte Bibi. Das hatte sie so ja gar nicht geplant. Typisch, wieder mal war aus einer kleinen Rettungsaktion ein großes Chaos entstanden. Sie lächelte verlegen. „Tschuldigung!“

Sophia war neugierig geworden. „Gehext?“ So etwas hatte sie ja noch nie gehört!

Doch Graf Falko überhörte ihre Nachfrage. „Es ist so schön, dich mal wiederzusehen!“, unterbrach er schnell ihre Frage. Er hatte wenig Lust, seinen Gast noch mehr zu verwirren, und gab nun seinem Sohn ein Zeichen: „Alexander, du bringst Sophia jetzt erst einmal auf ihr Zimmer.“

Alex sah Bibi und Tina entschuldigend an, schnappte sich einen Teil des Gepäcks und machte sich zusammen mit Sophia und Dagobert, der weitere ihrer zahlreichen Koffer schleppte, auf den Weg ins Schloss.

Tina rief ihm hinterher: „Wir sehen uns dann später!“

Bevor Graf Falko dem Tross folgte, wandte er sich noch mit einem scharfen Tadel an Bibi. Er konnte ihr ein solches Verhalten nicht einfach durchgehen lassen: „Fräulein, du weißt ganz genau, was ich davon halte, wenn du hier hext!“

Bibi nickte kleinlaut.

Als sie schließlich allein auf dem Schlosshof standen, grinste Tina: „Das hast du super hingekriegt, besser als jedes Pickelzeug!“ Aber eigentlich beschäftigte sie etwas ganz anderes. „Ich glaube, Alex’ Vater findet Sophia richtig toll.“ Nachdenklich sah Tina Bibi an.

Da schnappte Bibi sie am Arm und zog sie energisch in Richtung Stall. Vielleicht konnte ja das süße Fohlen Sokrates, von ihnen wegen seiner weißen Abzeichen an den Fesseln nur Socke genannt, ihre Laune wieder heben! Socke war wegen einer heftigen Grippe von der Weide in den Stall geholt worden, und gemeinsam mit Alex kümmerten sich die Mädchen um das Fohlen, wann immer sie konnten.

Als die beiden Mädchen in den schönen alten Stall von Schloss Falkenstein traten, hörten sie eine tiefe Stimme: „Hmmm, Energie fließt, du wirst ganz ruhig, Socke Sokrates, hmmm, spürst du das …“

Erstaunt erkannten sie den Tierarzt Dr. Eichhorn senior, genannt Eichhörnchen, in Sockes Box. Er massierte dem Fohlen sanft die Ohren. Fast sah es so aus, als würde er sie ihm lang ziehen.

Da musste Tina doch mal nachfragen: „Was machst du denn da, Eichhörnchen?“

„Shiatsu. Es gibt sechs energetische Punkte bei Pferden. Hab ich aus Japan.“

Bibi und Tina sahen amüsiert zu, wie Eichhörnchen weitere Griffe ausprobierte.

„Reisen bildet“, meinte Dr. Eichhorn. „Bin gespannt, was Robert aus Afrika mitbringen wird.“

Robert Eichhorn war sein Sohn, der die Tierarztpraxis von seinem Vater übernommen hatte, als dieser in Rente gegangen war. Eichhörnchen half aber immer mal wieder aus und übernahm die Vertretung, wenn sein reiselustiger Sohn gerade unterwegs war. Allerdings strengte Eichhörnchen die Arbeit in der Praxis und das viele Unterwegssein in der Falkensteiner Umgebung ganz schön an. Und dann noch dieses Fohlen, das er nun schon seit über einer Woche betreute und das ganz schön widerspenstig sein konnte!

Bibi machte eine beschwörende Geste. „Vielleicht ja irgendwas mit Voodoo …“

Verwirrt hielt Eichhörnchen einen Augenblick lang inne. Diesen Moment nutze Socke, bäumte sich vergnügt auf und ging eilig in die Ecke seiner Box.

Bibi und Tina lachten. Eichhörnchen hingegen wirkte etwas ermattet.

„Egal, Hauptsache, ich kann die Vertretung bald wieder abgeben!“, seufzte er. „Die Grippe ist weg, die Temperatur runter.“ Er zog das Fieberthermometer hinter seinem Ohr hervor, packte es zurück in seine Arzttasche und holte eine braune Arzneiflasche heraus. „Könnt ihr ihm noch was von den Globuli zur Stärkung geben?“

Bibi nickte. „Machen wir.“

Die beiden Mädchen hatten ohnehin vorgehabt, bei Socke im Stall zu schlafen. Für die Nacht war ein starkes Gewitter angekündigt, und sie wollten das Fohlen nicht allein lassen.

Eichhörnchen bedankte sich und machte sich auf zum Mühlenhofbauern. Dessen Kuh war krank.

Wie gern wäre Alex schon bei Bibi und Tina gewesen! Stattdessen liefen er und Dagobert mit Sophia und ihren gelben Koffern durch die Gemäldegalerie des Schlosses zum Gästezimmer. Obwohl Alex schwer beladen war und unter seinem Arm auch noch Sophias ebenfalls gelber Geigenkoffer klemmte, bemühte er sich um ein angemessenes Gespräch.

Doch Sophia interessierte etwas ganz anderes: „Das mit dem Hexen eben, das hat dein Vater doch nicht ernst gemeint, oder? Hexen gibt’s doch seit dem Mittelalter nicht mehr.“

Im Vorbeigehen betrachtete Sophia all die Ahnen der von Falkensteins, darunter auch eine herrschaftliche Darstellung von Graf Falko, der würdevoll durch sein Monokel blickte.

Alex zuckte mit den Achseln. „Es gibt ja auch … Schamanen! Und Dinge, die man nicht erklären kann! Bibis Mutter ist auch eine Hexe. Das ist angeboren.“

„Wie jetzt?“ Sophia glaubte nicht richtig zu hören. „Hext sie wirklich? Was denn? Also keine Klamotten, oder?“

Schon wieder so eine kleine Gemeinheit!

„Na ja. Alles kann sie nicht hexen. Das Wetter zum Beispiel kann sie nicht verändern und auch keine Krankheiten heilen …“

Sophia winkte ab. „… und wie macht sie das? Mit ’nem Zauberstab?“

Alex widersprach. „Nicht zaubern.“ Er ahmte Bibis Hexgeste nach. „Eher so hex-hex.“

Sophia schaute ihn ungläubig an. „Hex-hex? Und das muss sich reimen?“ Alex gab nur ein kurzes, zustimmendes Geräusch von sich, aber Sophia ließ nicht locker und fügte ironisch hinzu: „Du kennst doch bestimmt ein paar von ihren Sprüchen. Oder kann man da selbst ein bisschen kreativ werden, hmmm?“ Kokett lächelte sie Alex an. „Zimmer, Zimmer … ich bleibe jetzt für immer. Hex-hex!“

Oh Mann. Langsam ging Alex das ein bisschen zu weit. Selbst Dagobert verdrehte fast unmerklich die Augen und murmelte: „Zimmer immer … wirklich ein interessanter Zusammenhang.“

„Äh … ich zeig dir dann erst mal dein Zimmer“, stammelte Alex verunsichert. Er öffnete die Tür und ließ Sophia den Vortritt ins altmodisch eingerichtete Gästezimmer.

Sophia blickte sich kurz um. Besonders begeistert schien sie nicht zu sein. „Oh, schön. Meine Eltern haben unser Schloss komplett renovieren, sanieren und modernisieren lassen.“

Alex zog die Schultern hoch und suchte einen geeigneten Platz für das ganze Gepäck. „Ja, also, wir mögen das hier so.“

Das Zimmer war sehr groß und wirkte etwas düster. Die Wände waren holzvertäfelt, an den Fenstern bauschten sich lilafarbene Vorhänge. Rund um das von einem prachtvollen, ebenfalls lilafarbenen Baldachin überspannte Bett standen Antiquitäten aus dunklem Holz, sorgsam bewacht von einer alten Ritterrüstung.

Sophia inspizierte das Bett. „Ziemlich kurz, hm?“ Es sah tatsächlich fast wie ein Kinderbett aus.

Aus dem Hintergrund meldete sich Dagobert zu Wort: „Die von Falkensteins schliefen früher im Sitzen, damit sich der Nachtalb nicht auf ihren Brustkorb setzen konnte.“

Herablassend zog Sophia ihre Augenbraue hoch. „Oh! Was für ein Nachtkalb?“

Dagobert verbesserte sie unbeirrt: „Nachtalb. Das ist ein kleines schwarzes Wesen. Aber ich will Sie nicht beunruhigen.“ Er wandte sich Alex zu und sah ihn bedeutungsvoll an: „Sie kommen zurecht?“

Alex nickte. „Danke, Dagobert.“

Sophia würdigte den Diener keines Blickes mehr. Nachdem er den Raum verlassen hatte, forderte sie Alex auf, ihr einen der Koffer zu reichen. Als sie ihn öffnete, war er zu Alex’ Erstaunen mit Büchern gefüllt. „Ich weiß, ich weiß. Aber viele gibt es eben noch nicht als E-Book“, erklärte Sophia, die Alex’ Blick bemerkt hatte.

Der schüttelte den Kopf. „Nein, ich dachte nur … du machst hier doch eigentlich Urlaub.“

Nachsichtig lächelte Sophia Alex an. „Urlaub bedeutet ja nicht gleich lernfreie Zeit.“

Staunend schaute Alex zu, wie Sophia die Bücher auf ihrem Nachttisch stapelte. „Tja, da haben wir wohl ganz unterschiedliche Ansichten.“ Bio, Mathe, Sprachen … Sophias Bücherstapel wuchs immer höher.

„Ich bin froh, dass ich mir überhaupt ein paar Tage fürs Rennen freischaufeln konnte. Das nächste Schuljahr muss vorbereitet werden. Und dann lerne ich gerade auch noch Chinesisch. Ohne das kommt man ja gar nicht mehr klar“, meinte sie.

Nun war Alex doch beeindruckt.

Sophia ging lächelnd auf ihn zu. „Ich freu mich so, dass wir endlich mal wieder zusammen sind, Alexander. Und wenn du dir erst mal mein Internat angeschaut hast …“

Alex schluckte verdutzt. „Internat?“

Draußen ertönte ein Donnerschlag.

Sophia schlug mit großen Augen die Hand vor ihren Mund. „Verplappert!“

Über dem Schloss verdichteten sich die Wolken. Das Gewitter rückte näher. Graf Falko von Falkenstein, der an seinem Schreibtisch saß, schien das gar nicht mitzubekommen, so vertieft war er in die vor ihm ausgebreitete Zeichnung. Vergnügt machte er sich an ein paar Änderungen, als Dagobert pünktlich wie die Uhr mit einem Teetablett das Zimmer betrat. Wie ein Schüler schirmte der Graf rasch die Zeichnung vor ihm ab. Dagobert räusperte sich etwas beleidigt, woraufhin der Graf die Sicht darauf nun doch freigab.

„Ich kann mich ja auf Ihre Verschwiegenheit verlassen.“ Begeistert zeigte Graf Falko auf den Plan. „Dieses Rennen wird besonders, überraschend und …“

„Verwirrend!“, ergänzte Dagobert trocken.

Triumphierend erwiderte Graf Falko: „Ja, ein Irrgarten!“

Das also war es, was er sich als besonderen Höhepunkt ausgedacht hatte. Einen Irrgarten als Teil des Pferderennens – das hatte es noch nie gegeben! Es war außergewöhnlich und musste sorgfältig geplant werden.

Da klingelte das Telefon. Graf Falko schreckte hoch und bat Dagobert, ihm den Apparat zu bringen. Auf einem Tablett „servierte“ der Butler dem Grafen das altmodische Telefon.

Der Anrufer war Hans Kakmann. Er war gut gelaunt und voller Freude über die vielfältigen Projekte, die er gerade erfolgreich hinter sich gebracht hatte und die in der Zukunft noch auf ihn warteten. Eben noch hatte er seine Angestellten durch die nicht gerade bescheidenen Räumlichkeiten seines hochmodernen Anwesens gescheucht. Nun stand er auf dem Balkon und schaute erwartungsvoll in die Ferne. Es schien fast, als hätte er geahnt, womit sich der Graf gerade beschäftigte. Denn genau deswegen rief er an. „Ich möchte Ihnen sagen, dass ich natürlich Ihre Einladung zum Rennen annehme. Ich liebe Herausforderungen!“

„Oh, äh … eigentlich ist es für eine Anmeldung schon zu spät“, bedauerte der etwas überrumpelte Graf Falko.

Überrascht hielt Kakmann die Luft an. Dass man ihm eine Abfuhr erteilte, war er gar nicht gewohnt. Schnell machte er einen Vorschlag: „Als Neuling in der Gegend werde ich aber ein ordentliches Startgeld mitbringen.“

Graf Falko räusperte sich. Auch wenn er es nicht zugeben wollte: Dieses Angebot gefiel ihm, denn das Rennen würde voraussichtlich viel teurer werden als ursprünglich geplant.

„In Ihrem Fall werde ich natürlich eine Ausnahme machen“, versicherte er. „Wir Falkensteiner begegnen neuen Nachbarn immer gastfreundlich. Das ist unser Gebot!“

Kakmann grinste in sich hinein. „Ein Mann, ein Wort. So ist es richtig!“

Mit einem Mal aber schlich sich in seine Stimme ein verschlagener Tonfall: „Bevor ich es vergesse: Ich habe gehört, dass Sie im Besitz eines vielversprechenden Fohlens sind …“

Graf Falko war überrascht. „Sokrates? Ja, woher wissen Sie das?“

„So etwas bleibt in der Nachbarschaft ja nicht verborgen. Bei einem solchen Juwel horche ich natürlich auf, Graf Falko.“

Ein Juwel – da konnte der Graf nur zustimmen. Der Vater von Sokrates war schließlich der fantastische Hengst Khalif, die Mutter die schöne Araberstute Sarabande.

„Sokrates ist ein wundervolles Tier, manchmal allerdings etwas schwierig … und anfällig für Krankheiten“, bemerkte er.

Das kümmerte Kakmann nicht. „Wenn Sie möchten, werfe ich mal einen Blick auf ihn.“ Bevor Graf Falko antworten konnte, fuhr er fort: „Kleiner Freundschaftsdienst. Wann soll ich vorbeischauen? Morgen früh? Ist mir ein Vergnügen!“

Kakmann beendete zufrieden das Gespräch. „Dingdong. So macht man Termine!“

Graf Falko, der überhaupt nicht mehr zu Wort gekommen war, legte verwirrt auf und sank in seinen Sessel zurück. „Jetzt will der herkommen!“

Tröstend bot Dagobert ihm einen Tee an. Diese Anrufer, die es neuerdings wagten, zur Teestunde zu stören, mochte er genauso wenig wie der Graf.

Über Falkenstein zuckten mittlerweile beeindruckende Blitze. Ein kräftiger Donner erschallte. Von seinem Balkon aus blickte Kakmann nach oben in den Himmel. Wie er es liebte, sich zu messen! Und vor allem: zu gewinnen! Es wäre doch gelacht, wenn ihm das dieses Mal nicht wieder gelingen würde. Angriffslustig begann er, wie ein Wolf gegen das Gewitter anzuknurren.

Das Donnergrollen war auch im Stall deutlich zu hören. Bibi streichelte den unruhigen Socke, während Tina einen Brei für ihn anrührte.

„Gleich gibt’s was Leckeres“, versprach sie.

Bibi steckte ihren Finger in die Schüssel mit dem Brei, probierte und machte ein zustimmendes Geräusch.

Ihre Freundin schüttelte den Kopf. „Bibi, da sind schon die Globuli drin!“

Bibi grinste. „Kann ja nicht schaden!“ Sie stellte Socke die Schüssel hin. „Schön essen, Socke.“ Dann lief sie zum Heubett hinüber, das sich die Mädchen in der Stallgasse neben Sockes Box aus Strohballen gebaut hatten. „Ich glaube, Socke will endlich wieder auf die Weide“, sagte sie. „Deswegen ist er so unruhig. Zwei Wochen Grippe, und dann musste er auch noch auf seine Freunde verzichten. Das ist doch grausam.“

Tina nickte zustimmend und ergänzte: „Mutti sagt immer, es gibt nichts Besseres als die frische Luft und die heilende Kraft der Erde!“

Die beiden ließen sich genüsslich aufs Heubett fallen. Da hörten sie plötzlich ein Geräusch an der Stalltür. Es war Alex.

Tina schaute ihn vorwurfsvoll an. „Wen haben wir denn da?“ Deutlich merkte man ihr an, dass sie ziemlich genervt war, dass er sie wegen Sophia so lange hatte warten lassen.

Gequält verzog Alex sein Gesicht. „Die ist echt unglaublich … Und von wegen Rennen: Sie geht auf das Internat in England, auf das mich mein Vater auch schicken möchte!“

Diese Information verbesserte Tinas Laune nicht besonders. „Was?“

Auch Bibi fand das ganz schön heftig. „Und jetzt soll sie dich überzeugen und dahin schleppen?“

Alex zog die Schultern hoch. Was sollte er sagen? Sein letztes Zeugnis war echt mies gewesen. Zwei Fünfen! Da konnte Bibi noch so aufmunternd einwerfen: „Für’n Jungen doch gar nicht so schlecht!“

Für Tina hingegen war ganz klar, welche Strategie der Graf verfolgte. „Na, komm, Alex. Unsere Schule ist deinem Vater einfach nicht standesgemäß genug. Deswegen dieses Nobelinternat in England.“

Erschöpft krabbelte Alex zu Bibi und Tina auf das Nachtlager. „Ich will da nicht hin, wer hat denn gesagt, dass ich dahin gehe? Ich bleib hier!“ Draußen blitzte es, und es donnerte ohrenbetäubend.

Das passte zur Stimmung, fand Bibi.

„Das gibt heute noch was …“, murmelte sie.

Tina schaute trotzig zu Boden: „Das glaub ich auch, dass das heute noch was gibt!“

„Alles irgendwie ganz schön aufgeladen …“, versuchte Bibi einen kleinen Scherz, der bei Ihren Freunden nicht besonders gut ankam.

Den Abend hatte sie sich ganz anders vorgestellt: gemütlich im Heu schlafen, bei Socke sein, ein bisschen quatschen … Doch leider hatte die Ankunft von Sophia die Stimmung gründlich vermiest. Alex war verwirrt von dem Mädchen und den Internatsplänen. Tina spürte seine Verwirrung und wurde deswegen eifersüchtig.

Da blitzte es erneut. Bibi versuchte, ihre Freunde abzulenken, indem sie anfing, laut die Sekunden zu zählen. Dort, wo das Gewitter gerade am heftigsten wütete, blitzte und donnerte es gleichzeitig. Aber hier bei ihnen erleuchtete der Blitz erst den Stall, bevor der Donner krachte. Wenn man die Sekunden zwischen Blitz und Donner zählte, konnte man ungefähr abschätzen, wie weit das Gewitter noch entfernt war. Drei Sekunden entsprachen einem Kilometer. So etwas interessierte Bibi im Moment. Sophia und diese ganzen Eifersüchteleien dagegen waren ihr egal – warum sollte man sich über so einen Quatsch aufregen?

„Einundzwanzig, zweiundzwanzig …“ Bibi stupste Tina lächelnd an, und schließlich fielen sie und Alex mit ein: „… dreiundzwanzig, vierundzwanzig, fünfundzwanzig, sechsundzwanzig …“

Ein kräftiger Donner erschallte. Beschützend umarmte Alex Tina. „Hab keine Angst!“

Doch Tina protestierte: „Ich hab keine Angst!“

Als der Donner über dem Dach des Stalls verhallte, blieb die Spannung darunter noch spürbar. Das merkte auch der kleine Socke, der unruhig wiehernd in seiner Box hin und her tobte.

„Heck-meck, leck-leck, Pickel weg. Hex-hex!“ Sophia stand im Gästezimmer vor dem Spiegel und versuchte sich in Hexerei. Da zischte erneut ein Blitz über den Himmel, und es donnerte. Sophia schreckte zusammen. Dieses alte Zimmer wirkte in dem flimmernden Licht sehr gruselig.

Schnell versuchte sie, sich abzulenken. Sie wandte sich ihren chinesischen Vokabelkarten zu, die sie an den Spiegel gepinnt hatte, um jederzeit üben zu können, und hexte erneut: „Und nun mal gleich, Vokabeln lern ich schnell und leicht. Hex-hex!“

Prüfend legte sie die Hand über die deutschen Übersetzungen – aber keine einzige Vokabel war in ihrem Kopf gespeichert.

Sophia fluchte. Draußen blitzte und donnerte es wieder, und nun flackerte auch noch das Licht der Deckenlampe. Sophia erhob ihre Arme in deren Richtung.

„Rumpelstilzchen, Licht geh an ein bisschen. Hex-hex!“

Da erhellte mit einem Mal ein greller Blitz das Zimmer, und das Licht erlosch endgültig. Gleichzeitig ging knarrend die Tür auf, und ein großer Schatten erschien an der Wand. Sophia schrie erschrocken auf. Doch es war nur Dagobert mit einer Öllampe in der Hand, die er auf den Nachttisch stellte.

„Nicht der Nachtalb, nur der Dagobert. Einige der alten Stromleitungen machen bei diesem Wetter Schwierigkeiten“, beschwichtigte er sie.

Sophia war ihr Verhalten peinlich, und sie bedankte sich höflich bei dem Diener. Aber kaum war Dagobert gegangen, überkam sie erneut die Angst.

Mit der Öllampe in der Hand, betrat sie die Gemäldegalerie, die von Kerzen erleuchtet wurde.

„Ist ja wie im Mittelalter hier“, schimpfte sie, schlich zur nächsten Tür und rief vorsichtig: „Alexander?“ Keine Antwort. Daraufhin drückte sie langsam die alte Türklinke herunter und schaute ins Zimmer. „Alexander?!“

Im Stall sorgte das Gewitter ebenfalls weiter für Unruhe. Socke stieg und wieherte aufgeregt in seiner Box. Bibi versuchte, das Fohlen zu beruhigen. Doch sie hatte nicht damit gerechnet, dass es, als sie die Boxentür öffnete, an ihr vorbeistürmen würde.

„Mist!“, fluchte sie.

Tina und Alex versuchten, das Fohlen wieder einzufangen. Sie redeten sanft auf das Tier ein: „Ruhig, Socke!“

Doch Socke rannte in Richtung Stalltür davon.

Ausgerechnet in diesem Augenblick öffnete die sich knarrend. „Alexander?!“

Sophia blickte mit einer Mischung aus Ängstlichkeit – wegen des Gewitters – und Erstaunen – wegen Socke, der sich vor ihr aufbäumte – in den Stall.

Hektisch rief Bibi Sophia zu, was sie tun sollte: „Breite deine Arme aus! Dann bleibt er stehen!“

Doch Sophia trat einfach zur Seite, und im nächsten Augenblick raste Socke auch schon an ihr vorbei.

Tina stöhnte auf. „Oh, nee!“

Empört verteidigte sich Sophia: „Ich stell mich doch nicht so ’nem wild gewordenen Fohlen in den Weg!“

Socke rannte quer über den Hof. „Socke! Halt!“ Bibi hob die Hände. „Plopp-Stopp! Hex-…“

Ein heftiger Donner ertönte und verschluckte den Hexspruch. Socke galoppierte immer weiter. Verzweifelt versuchten Bibi, Tina und Alex, ihm auf den Fersen zu bleiben.

Sophia war außer sich: „Hey, warte! Alexander, du kannst mich doch hier nicht allein … Bring mich jetzt sofort wieder ins Schloss!“

Doch die drei liefen hinter Socke her. In einer wilden Jagd über den Schlosshof versuchten sie, das Fohlen zu erwischen. Zwischen den blau blühenden, in schöne Formen geschnittenen Büschen ging es hindurch und über die ebenfalls blau blühenden Blumenbeete hinweg, vorbei am Brunnen und den Marmorvasen – Socke war einfach zu flink für sie, obwohl sie rannten, was das Zeug hielt. Da entdeckte Socke plötzlich das offene Schlosstor und galoppierte schnurstracks darauf zu.

Panisch rief Tina: „Bibi, das Tor!“

Bibi nickte. Keuchend versuchte sie noch einmal zu hexen: „Eene meene Kuh, Tor schnapp sofort zu! Hex-hex!“

Und tatsächlich: Das alte Tor setzte sich knirschend und knarrend in Bewegung, während Socke weiter darauf zuraste – erst in letzter Sekunde schloss es sich vor seinen Nüstern.

Socke legte eine Vollbremsung hin.

Vorsichtig näherten sich Bibi und Tina dem Fohlen und konnten ihm nun endlich den Weg versperren. Erleichtert umarmten sie ihn. „Oh, Socke, du Verrückter!“, seufzte Tina. Gemeinsam mit Alex führten sie Socke zurück zum Stall.

Vor der Tür stand immer noch Sophia, die sich kaum beherrschen konnte, so wütend war sie.

„Alexander??!! Bringst du mich jetzt ins Schloss?“

Alex schaute sie entschuldigend an. „Sophia, du siehst doch … Das Fohlen hatte gerade eine Grippe, es ist sehr empfindlich –“

Wütend unterbrach ihn Sophia: „Bin ich auch!“

Doch da war Alex schon im Stall verschwunden.

Da fing es auch noch heftig an zu regnen. Sophia schrie erneut wütend auf und lief eilig allein hinüber zum Schloss.

Das Gewitter schien alles reingewaschen zu haben. Am nächsten Morgen wirkte die Natur ganz frisch, und in den Pfützen spiegelte sich die Sonne. Frau Martin, die aus der Tür in ihren Garten trat und sich an die Arbeit machte, begrüßte den schönen neuen Tag mit einem fröhlichen Lächeln.

Falko von Falkenstein saß derweil in einer Nische seiner Gemäldegalerie und war mit der Gästeliste für das Rennen beschäftigt war. „Diese ganzen internationalen Gäste! Zusagen, Absagen, Zusagen, Absagen!“, murmelte er vor sich hin.

Unwirsch fuchtelte er mit der Liste herum. Dagobert, der ihm behilflich war, versuchte, ihn zu beruhigen: „Sie werden sehen. Am Tag selbst läuft alles wie am Schnürchen.“

Graf Falko sah wenig überzeugt aus. „Ich brauche unbedingt diese Beruhigungstropfen!“

Kaum merklich verzog Dagobert sein Gesicht, während er dem Grafen ein kleines Fläschchen reichte. Sicher, es waren nur pflanzliche Aufbautropfen. Aber der Graf griff in letzter Zeit ziemlich häufig dazu – und jetzt nahm er sogar einen großen, kräftigen Schluck! „Nur drei Tropfen!“, mahnte Dagobert.

Graf Falko war da anderer Meinung: „Vorbeugung!“ Da bemerkte er Sophia, die im Morgenmantel auf ihn zugelaufen kam. „Guten Morgen, Sophia! Gut geruht?“

Sophia seufzte bedeutungsvoll. „Ich schon …“ Als Graf Falko sie fragend ansah, fügte sie mit einem leicht verschlagenen Glitzern in den Augen hinzu: „Aber Alexander hat heute Nacht nicht in seinem Zimmer geschlafen.“

Graf Falko fiel fast das Fläschchen aus der Hand. „Wie bitte?“

Es gefiel Sophia, dass Graf Falko sich aufregte. „Socke ist ausgebüxt, und Bibi und Tina …“, setzte sie noch eins drauf. „Egal … Hat er Ihnen nicht Bescheid gegeben?“ Unschuldig fuhr sie fort: „In meinem Internat muss man wegen jeder Kleinigkeit Bescheid sagen. Na ja, wer weiß, wofür das später gut ist.“

Fassungslos schüttelte der Graf den Kopf. Sein Sohn hatte offenbar seine Manieren verloren. „Und wo ist Alexander jetzt?“

Sophia zuckte mit den Achseln.

Nervös stand Graf Falko auf. „Und das alles, wo ich gleich noch Besuch wegen des Fohlens erwarte!“

Alex war mit Bibi, Tina und Socke unterwegs. Das Fohlen schien wieder so gesund zu sein, dass sie ihm einen Tag auf der Koppel gönnen konnten. An den Koppelzaun gelehnt, beobachteten die drei Freunde, wie Socke glücklich in der Morgensonne herumtollte.

„Hier fühlt er sich wohl, der kleine Dickkopf!“ Bibi konnte richtig nachempfinden, wie frei er sich fühlen musste.

Tina lächelte. „Er ist so süß mit seinen weißen Socken!“ Die weißen Abzeichen an Sockes Fesseln leuchteten in der Sonne. „Ich glaub, aus Socke wird mal was ganz Besonderes.“

„Das sagt mein Vater auch immer“, stimmte Alex zu.

Tina verdrehte die Augen. „Du immer mit deinem Vater …“

Da hörten sie plötzlich eine Stimme – wenn man vom Teufel sprach: Es war Graf Falko, der auf sie zukam. Zusammen mit … Bibi glaubte, nicht richtig zu sehen: zusammen mit diesem „Kackmann“!

Kaum hatten die beiden Bibi, Tina und Alex erreicht, stellte Graf Falko seinen Sohn zur Rede: „Ich habe gehört, du hast heute Nacht gar nicht in deinem Zimmer geschlafen. Wo warst du?“

Doch Alex kam gar nicht dazu, etwas zu erklären, denn schon ergriff Kakmann das Wort: „Nanu, wen haben wir denn da! Meine beiden kleinen Verliererinnen!“

Angriffslustig schaute Bibi ihn an. Es gab ja Menschen, die einen von jetzt auf nachher auf hundertachtzig bringen konnten. In ihrem Fall war das dieser Typ. „Ja, man sieht sich immer zweimal, Herr …“, Tina warf ihr einen warnenden Blick zu, woraufhin Bibi seinen Namen betont richtig aussprach, „… Kakmann – mindestens zweimal!“

Auch Kakmanns Augen funkelten. Graf Falko beobachtete ihn verwundert. „Sie kennen, äh –“

Kakmann unterbrach ihn nickend, den Blick immer noch auf Bibi gerichtet. „Und – etwa auch beim Rennen dabei?“, wollte er wissen.

„Na klar! Darauf können Sie wetten!“, antwortete Bibi frech.

„Gute Idee! Wetten ist mein zweites Hobby nach Gewinnen!“, entgegnete Kakmann.

Na toll. Leute, die über ihre eigenen Witze am lautesten lachten, wie es Kakmann jetzt tat, konnte Bibi besonders gut leiden. Graf Falko, wenngleich etwas verwirrt, lachte höflich mit. Bestens gelaunt legte Kakmann seinen Arm um ihn. „Dann wollen wir mal, mein Freund.“

Erstaunt schaute Bibi Tina und Alex an, während Kakmann und der Graf die Koppel betraten.

„Freund?“ Auch Tina fragte sich, was das zu bedeuten hatte. „Was will der hier?“

Die beiden Männer liefen auf das Fohlen zu.

Mit einem Mal spürte Bibi ihr Herz heftig pochen. „Ich glaub, es geht um Socke!“

Rasch erhob sie ihre Arme, um zu hexen. „Eene meene ohne Rauschen, wir können gleich viel besser lauschen. Hex-hex!“

Wie sie nun laut und deutlich hören konnten, ging es wirklich um Socke. Kakmann begutachtete ihn fachmännisch. Graf Falko wippte erwartungsvoll vor und zurück. „Und? Was denken Sie – hat mein Sokrates Potenzial?“

Kakmann nickte. „Ja, wirklich gute Anlagen. Er hat Kraft, Eleganz … Und eine gewisse Widerspenstigkeit zeugt ja erst einmal von Temperament.“ Schließlich riss er sich von Sockes Anblick los. „Erfolg ist ja eigentlich nur das Nebenprodukt von Spaß.“

Graf Falko war sprachlos. „Äh … erstaunlich.“

„Natürlich gehört auch Erfahrung dazu, das richtige Umfeld, ein Trainer – das kostet!“ Kakmanns Gesicht nahm mit einem Mal einen verschlagenen Ausdruck an. „Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Sie geben mir Sokrates, und ich mache aus ihm genauso ein klasse Pferd wie mein Fantastico.“ Er hielt Graf Falko die Hand hin.

Bibi schaute Tina und Alex verblüfft an. „Äh, was?“

Auch Graf Falko wirkte überrumpelt, da beugte sich Kakmann zu ihm. „Sie kommen mir bestimmt woanders entgegen. Ich habe hier noch so viel vor.“

Graf Falko wich zurück. „Ähem … in der Regel behalten wir die Pferde und bilden sie selbst aus.“

„Natürlich, alter Adel. Immer schön festhalten an den Dingen.“ Kakmann lächelte Graf Falko wie einen kleinen Jungen an, den man belehren musste. „Unter Geschäftsleuten nennen wir das Endowment-Effekt. Was wir besitzen, erscheint uns wertvoller als das, was wir nicht besitzen. Absurd, oder? Sie müssen lernen, loszulassen und Geld zu machen, Graf Falko!“

Er trat noch näher an den Grafen heran. „Sie können mir so viel geben und ich … ich Ihnen auch, Know-how, Cashflow … somehow.“ Plötzlich begann er auch noch zu singen: „Let it flow, let it flow, let it flow. Ach, Graf Falko, wir beide könnten uns so wunderbar gegenseitig befruchten.“

Bibi, Tina und Alex verzogen angeekelt das Gesicht. „Ihhhhhhh …“

Kakmann klopfte dem Grafen auf die Schulter. „Schlafen Sie noch mal darüber.“ Noch bevor Graf Falko antworten konnte, hatte Kakmann schon wieder etwas Neues entdeckt, das ihn interessierte. Auf der Nachbarkoppel galoppierten die Jährlinge, die einjährigen „Jugendlichen“ unter dem Nachwuchs, wild über die Wiese. Energisch zog Kakmann Graf Falko mit sich, der sich dessen Energie einfach nicht entziehen konnte. Irgendwie war er auch geschmeichelt von Kakmanns überschwänglicher Begeisterung.

Aufgeregt wandte sich Bibi an Alex und Tina: „Dieser Typ darf doch niemals Socke kriegen!“

Alex versuchte, sie zu beruhigen: „Mensch, Bibi, jetzt mach mal halblang. Ich meine, mein Vater hat doch eben gesagt, dass er seine Pferde in der Regel selbst –“

Bibi unterbrach ihn: „Ja, in der Regel – und wenn er diesmal eine Ausnahme macht?“

Ihre Auseinandersetzung wurde jäh unterbrochen, denn Sophia ritt an der Koppel entlang auf sie zu. Sie saß auf Miraculus, einem grauen Apfelschimmel mit toller Mähne, den Graf Falko ihr für das Rennen zur Verfügung gestellt hatte. Auch das noch!

Ohne Umschweife kam sie zu ihrem Anliegen: „Alexander, was ist eigentlich mit unserem Training?“

Tina schaute Alex mit zusammengekniffenen Augen an. „Unser Training?“

Doch Alex, dem die Mädchen von dem Rennen mit Kakmann erzählt hatten, musste jetzt erst mal etwas anderes loswerden: „Bibi, sag mal, hast du den Kakmann auf dem Kieker, weil du gestern gegen ihn verloren hast?“

Bibi wurde langsam ungeduldig. Alex’ Unterstellungen konnte sie gar nicht verstehen. Klar, sie hatte sich gestern geärgert. Aber nicht weil sie verloren hatte, sondern weil Kakmann mit fiesen Tricks gekämpft hatte. Und weil seine eingebildete Art ihr gar nicht gefiel. Ihr kribbelte einfach die Nase, wenn sie diesen Typen sah, und das war ein Warnzeichen, das sie sehr ernst nahm.

„Nein, das hat nichts damit zu tun! Traust du dem etwa? Der hat deinen Vater doch schon total eingelullt! ,Mein Freund! Sie müssen loslassen!‘ Bibi war so empört, dass sie sogar anfing, laut Kakmanns Gesang nachzumachen: „Let it flow, let it flow, let it flow!“

Keiner schenkte Sophia Beachtung, die sichtlich genervt laut nach Alexander rief.

Abrupt drehte sich Tina zu ihr um. „Mensch, Sophia. Du siehst doch, das wir hier was Wichtiges besprechen müssen.“

Sophia verzog ihren Mund. „Empfindlich?“

Da hatte Bibi mal wieder eine ihrer Ideen: „Also, ich finde, wir sollten uns das Gestüt vom Kakmann mal aus der Nähe angucken! Recherche vor Ort hat noch nie geschadet!“

Denn Bibi war sich sicher, dass es diesem Typen nicht um das Wohl der Pferde ging, sondern um das Geld, das er mit ihnen verdienen konnte. So viel hatte sie aus seinen eigenartigen Ausführungen herausgehört. Und wer wusste schon, was Kakmann für Geld alles tun würde … Aber es war Bibi auch klar, dass man nicht einfach so jemanden verdächtigen durfte, ohne echte Beweise!

Schon wieder mischte sich Sophia ins Gespräch ein: „Könntet ihr mir mal sagen, was los ist?“

Jetzt reichte es Tina langsam. Trotzdem versuchte sie, Alex’ Gast gegenüber höflich zu bleiben. „Tut uns leid, Sophia. Aber wir haben jetzt was Wichtiges zu tun!“

„Ach so? Und was ist mit unserer Vorbereitung aufs Rennen?“ Sophia sah Alex auffordernd an. Konnte er vielleicht auch mal was sagen?

Alex versuchte zu beschwichtigen: „Klar, das ist auch wichtig. Aber das können wir später immer noch machen.“

Bibi nickte. „Ja, genau! Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.“

Sophia schnappte nach Luft. „Alexander, dein Vater findet das bestimmt nicht gut!“

Doch Alex schüttelte den Kopf. „Tut mir leid.“

Sophia war zu stolz, um weiter auf dem gemeinsamen Training zu beharren. Hoch erhobenen Hauptes griff sie nach Miraculus’ Zügeln. „Na, dann mach ich eben was allein …“ Wütend ritt sie davon.

Tina rief ihr hinterher. „Empfindlich?“

„Boah, die braucht ja ganz schön viel Aufmerksamkeit“, meinte nun auch Bibi. Sie fand Sophia inzwischen ganz schön stressig.

Alex versuchte, seinen Gast in Schutz zu nehmen: „Vielleicht ist sie ja nur unsicher und will das mit ihrer Art –“

Tina unterbrach ihn mit spöttischem Unterton. „Überspielen? Na, klar doch, Alex!“

Eingeschnappt machte sich Sophia auf den Weg zurück zum Schloss. Der Schönheit der Falkensteiner Natur um sie herum konnte sie nichts abgewinnen, so beschäftigt war sie damit, sich über das unverschämte Verhalten der drei Freunde zu ärgern. Die dachten nur an sich – na gut, dann machte sie das jetzt eben auch so! Als sie durch einen schmalen Hohlweg kam, bemerkte sie, dass sie ein bisschen die Orientierung verloren hatte. In dieser furchtbaren Gegend gab es nicht mal Schilder! Hinter einem gigantischen Steinbruch landete sie schließlich zwischen alten Ruinen, die von Efeu und Unkraut überwuchert waren. „Alles Schrott!“, murmelte sie vor sich hin.

Da entdeckte Sophia etwas, das ihre ganze Aufmerksamkeit gefangen nahm. Eine in einen Felsen geritzte Inschrift. Sophia las leise vor: „Alex + Tina!“

Sie gab einen verächtlichen Ton von sich und stieg vom Pferd. Solch eine kitschige Kritzelei forderte sie einfach zu einem Kommentar heraus. Nach kurzem Nachdenken fiel ihr etwas ein, das ihr diebische Freude bereitete und die anderen bestimmt durcheinanderbringen würde. Zumal sie ja nicht wissen konnten, wer da neben Alex + Tina „NO FUTURE“ hingekrakelt hatte. Zufrieden betrachtete sie ihr Werk, und mit erheblich besserer Laune ritt sie weiter.

Doch plötzlich hörte sie ein Motorengeräusch. Im nächsten Moment kam auch schon ein Motorrad über einen Hügel in der Nähe gebraust. Mit einem kühnen Sprung hob sich die Crossmaschine in die Luft und landete am Fuß des Hügels auf dem Hinterrad. Dann bretterte das Motorrad weiter, direkt auf Sophia zu.

Miraculus wieherte verängstigt und stieg auf die Hinterbeine. Bevor Sophia reagieren konnte, rutschte sie aus dem Sattel und schlug unsanft auf dem Boden auf. „Mist!“, fluchte sie.

Erschrocken lief der Motorradfahrer auf sie zu. Es war Freddy. „Hey, alles klar bei dir? Das tut mir echt leid!“ Er starrte Sophia, die sich benommen aufrappelte, überrascht an.

„Das sollte es auch“, fauchte sie. Sie griff ins Gras neben sich und hob ein Hufeisen auf. „Miraculus hat deinetwegen ein Eisen verloren, das findet Graf Falkenstein bestimmt nicht witzig.“

Freddy schaute auf ihre Hand. „Und du blutest.“ Schnell löste er sein Halstuch. „Zeig mal her!“ Er nahm ihre Hand und verband sie mit seinem Tuch.

Eher widerwillig ließ Sophia es geschehen. „Ist das auch steril?“

„Was denkst du denn?“ Freddy lächelte sie hingerissen an. Sophia gefiel ihm ziemlich gut.

Die räusperte sich und zog ihren Arm zurück. „Wenn du entschuldigst … Ich muss jetzt wirklich los.“

Eilig entgegnete Freddy: „Ich kann dich begleiten!“

Sophia winkte ab. „Danke, das ist nicht nötig!“ Sie stieg wieder auf Miraculus und ritt davon. Bei dem Sturz schien ihr nichts Schlimmes passiert zu sein.

„Aber es ist voll gefährlich hier!“, rief ihr Freddy hinterher. „Es soll Wölfe geben!“ Ungläubig drehte sich Sophia um. Was war das denn für ein Spinner?!

Doch Freddy ließ nicht locker, schmiss sein Maschinchen an und folgte Sophia.

„Ich kann dein Pferd neu beschlagen! Natürlich kostenlos!“, bot er an. „Komm einfach mal in die Schmiede! Da bin ich öfter, kuscheliges Plätzchen! Aber eigentlich interessiere ich mich mehr für Kfz.“

Je weniger Sophia darauf reagierte, desto mehr legte sich Freddy ins Zeug.

„Du bist echt das schönste Mädchen, das ich jemals auf einem Pferd gesehen habe. Ich heiße übrigens Freddy, und du?“

Keine Frage, er hatte sich auf der Stelle verknallt. Sophia war aber auch wirklich ein Mädchen zum Träumen!

Inzwischen waren Bibi, Tina und Alex in der Nähe von Kakmanns Anwesen angekommen. In einer verborgenen Ecke an einem kleinen Bach, versteckt hinter Büschen, banden sie ihre Pferde an und schlichen vorsichtig näher. Sie staunten nicht schlecht, als sie das Haus von Kakmann sahen. Es sah aus wie ein großer Goldbarren, vor dem eine Pferdeskulptur auf einem schwarz-weiß gestreiften Sockel in den Himmel ragte. Ganz schön modern und abgefahren. „Wow“, entfuhr es Tina und Alex wie aus einem Mund.

Bibi hingegen zuckte nur mit den Achseln. „Voll protzig. Lass uns mal umsehen.“

Alex zögerte. „Wenn mein Vater das mitkriegt.“

Als Tina ihn scharf ansah, schluckte Alex und gab klein bei: „Na gut.“

Sie liefen zum Haus und bemerkten nicht, dass im Auge der Pferdeskulptur eine Kamera eingebaut war, die sie filmte. Vorsichtig schlichen sie weiter, um das Haus herum, wo sich Kakmanns riesige Pferdeställe befanden. Sie traten ein und liefen staunend eine lange Stallgasse entlang. Aus den vielen Boxen lugten die edlen Sportpferde heraus und schienen die Besucher ebenfalls staunend zu betrachten.

„Sind die schön!“, bemerkte Bibi ehrfurchtsvoll.

Plötzlich stutzte Tina, die mit Bibi vorauslief, und blieb stehen. In einer Box stand wieder so ein künstliches Pferd wie draußen vor dem Haus. Diesmal bemerkten die beiden Mädchen das rot blitzende Auge.

„Was ist denn das?“ Tina sah Bibi fragend an.

Die erwiderte scherzhaft: „Ein Überwachungspferd?“ Sie ahnte nicht, wie recht sie hatte!

Da hörten sie plötzlich Kakmanns Stimme: „Nanu. Wen haben wir denn da?!“

Der Schreck fuhr den beiden Mädchen in die Glieder, und sie rannten los. Bibi erhob dabei ihre Arme in Richtung eines Heuhaufens, der am Ende der Stallgasse lag. „Eene meene gar nicht dämlich, wir sind dem gleich superähnlich. Hex-hex!“

Alex hingegen blieb verdattert stehen. Mit einem etwas misstrauischen Grinsen näherte sich Kakmann ihm. „Ah, der junge Graf!“

Verzweifelt suchte Alex nach einer Ausrede. „Ich … ich war hier grade in der Nähe und äh …“ Verstohlen schaute er sich nach Bibi und Tina um, die plötzlich verschwunden waren. „Mein Vater hat so viel von Ihrem Hof erzählt!“

Kakmanns Blick durchbohrte Alex wie Röntgenstrahlen. „Dein Vater, so, so – und jetzt bist du neugierig.“ Plötzlich lachte er gut gelaunt. „Ohne Neugierde hätte Kolumbus nicht Amerika entdeckt und ich nicht euer schönes Falkenstein!“

Alex nickte erleichtert. Offenbar glaubte Kakmann ihm. Allerdings hätte er gut darauf verzichten können, dass Kakmann nun seinen Arm um ihn legte und begann, ihm seinen Besitz zu zeigen.

„Alles, was du hier siehst, habe ich nur mir selbst zu verdanken“, prahlte er. „Kein Erbe! Kein Vati, der mich verhätschelt!“

Sie gingen am Heuhaufen vorbei, auf dem sich – wie Alex stirnrunzelnd registrierte – zwei Augenpaare abzeichneten, die sie beobachteten.

Kakmann redete derweil gut gelaunt weiter: „Meine Zucht ist vielfach prämiert. Meine Hengste gehören zu den besten der Welt. Und mein neuester Geschäftszweig: Aufbau- und Ergänzungsprodukte für Pferde!“ Er klopfte auf Alex’ Oberarme. „Könntest du auch mal gebrauchen, was?“

Alex verzog sein Gesicht. Das fehlte ihm gerade noch, dass Kakmann sich über ihn lustig machte.

Kaum hatten sie den Heuhaufen hinter sich gelassen, lösten sich daraus zwei Gestalten: Bibi und Tina, über und über mit Halmen gespickt, sodass sie eigentlich selbst wie Heuhaufen aussahen. Tina kam sich ziemlich lächerlich vor, aber immerhin hatte Bibis Hexspruch verhindert, das Kakmann sie entdeckte. Sie beeilte sich, ihrer Freundin zu folgen, die bereits weiterlief.

Die Mädchen gelangten in einen großen Vorraum, von dem mehrere Türen abgingen. Über einer elektrischen Sicherheitstür, die einen Spalt offen stand, war ein „Betreten verboten“-Schild angebracht. Die beiden lugten in den laborähnlichen Raum dahinter. Unter einer Rotlichtanlage stand ein Pferd und wurde von einem Mann mit Kabeln versehen. Er trug eine schwarz-graue Uniform, die auf der Brust ein großes goldenes K zierte und die ihn deutlich als einen Angestellten von Kakmanns Imperium kennzeichnete.

Ein anderer Mann, ebenfalls in Uniform und mit einem langen Zopf, stand an einem großen Tisch, auf dem viele Fläschchen mit einer grünlich schimmernden Flüssigkeit standen. Während er nach einem davon griff, beriet er sich mit seinem Kollegen – und ahnte nicht, dass es Zeugen für ihr verräterisches Gespräch gab: „Der Chef sagt, Fantastico ist nicht fit.“

Der Mann neben dem Pferd pflichtete ihm bei: „So werden ihn die Araber bestimmt nicht kaufen.

Nun begann der andere am Tisch, die grünliche Flüssigkeit mit einer Spritze aufzuziehen. „Wir brauchen noch was von dem Zaubermittel.“

Da forderte ihn sein Kollege auf: „Der Chef sagt, wir sollen die doppelte Dosis nehmen.“

Wie vom Donner gerührt schaute Bibi Tina an. „Denkst du, was ich denke?“, wisperte sie.

Ihre Freundin zuckte mit den Achseln. „Was denkst du denn?“ Seufzend zeigte sie auf ihr Heu-Outfit. „Mensch, Bibi, so können wir doch nicht bleiben.“

Na gut, Tina hatte ja recht. Bibi erhob ihre Arme: „Eene meene Schneider, zurück in andere Kleider. Hex-hex!“

Perplex starrte Tina an sich hinunter. Nun waren sie wie zwei Ballettmädchen gekleidet und trugen elegante weiße Tutus, weiße Strumpfhosen und Schläppchen! „Was soll das denn, das ist ja voll unpassend!“, flüsterte sie ungehalten.

Obwohl sie ganz leise gesprochen hatte, horchte der Mann mit dem Zopf auf und ging auf die Tür zu.

Bibi nickte Tina auffordernd zu. „Schnell, wir müssen abhauen!“

Die beiden Mädchen rannten, was das Zeug hielt, und landeten schließlich in einer riesengroßen, menschenleeren Reithalle. Dort kamen ihnen auf einmal zwei merkwürdige Kreisel entgegen. Es waren zwei Männer, die sich im Flickflack auf sie zubewegten.

Bibi blieb abrupt stehen. „Häh?“

Die beiden Kreisel stoppten vor Bibi und Tina und entpuppten sich als zwei weitere Hausangestellte von Kakmann. Sie grinsten die Mädchen breit an.

Bibi suchte nach Worten, um zu überspielen, wie seltsam sie diese Begegnung fand. Die zwei Typen trugen die gleiche schwarz-graue Uniform wie die Angestellten im Pferdelabor, und diese beiden hier sahen einander auch noch ziemlich ähnlich. „Wow, äh … ihr seid … Zwillinge!“

Die beiden Männer wechselten einen amüsierten Blick. Dann kamen sie todernst und ein wenig drohend näher. „Unser Chef will das so.“

Bibi und Tina sahen sich verwirrt an. Was sollte das denn bedeuten?

„Und ihr?“, fragte der eine.

„Was seid ihr?“, fuhr der andere fort.

Offenbar fanden die zwei es toll, immer abwechselnd zu sprechen.

„Mädchen …“, sagte nun der eine Zwilling wieder.

„… die hier nichts zu suchen haben?“, ergänzte der andere.

Bibi und Tina wichen zurück.

„Ja. Äh … ich meine, nein, wir … wir wollten nach Unterricht fragen“, stotterte Tina.

Die beiden Männer lachten, während sie Bibis und Tinas Tutus musterten.

„Ballettunterricht? Lügen haben kurze Beine.“

„Seid ihr deswegen so klein?“, übernahm der zweite.

Bibi schaute Tina bedeutungsvoll an, bevor sie sich wieder mit einem Lächeln den beiden komischen Käuzen zuwandte: „Aber wir können ja einfach später noch mal wiederkommen, hm?“

„Genau, Bibi!“ Tina nickte erleichtert.

Die Mädchen machten einen formvollendeten Knicks und trippelten rechts und links an den beiden Männern vorbei. Kaum waren sie ein paar Meter entfernt, flitzten sie davon.

Niemand von ihnen hatte bemerkt, dass Kakmann von der Empore aus das Geschehen beobachtet hatte. Lächelnd schüttelte er den Kopf. „Ts, ts, böses Mädchen, Bibi.“

Da waren Bibi und Tina schon längst aus der Halle gelaufen und erreichten kurze Zeit später Alex, der bei ihren Pferden wartete.

Ungläubig betrachtete der ihre Ballettkostüme. „Wie seht ihr denn aus?!“

„Darum geht’s jetzt nicht“, keuchte Bibi. „Der dopt seine Pferde!“

Ungläubig schaute Alex sie an, doch Bibi beharrte darauf: „Ganz sicher, Alex. Er hat Fantastico ’ne Spritze geben lassen.“

Das konnte Alex nicht glauben. „Vielleicht war es ja nur ein Aufbaumittel.“ Kakmann hatte ihm ja gerade in aller Ausführlichkeit davon erzählt.

Tina plagten gerade ganz andere Sorgen. Sie stupste ihre Freundin an. „Bibi, jetzt reicht’s echt. So reite ich nicht nach Hause!“

Endlich hatte Bibi Erbarmen. „Eene meene Schimmer, wir sehen aus wie immer! Hex-hex!“

Mit einem Seufzer der Erleichterung stellte Tina fest, dass sie tatsächlich wieder ihre normale Reitkleidung trug.

Als Bibi, Tina und Alex wenig später auf dem Schlosshof einritten, standen dort Frau Martin und Graf Falko nebeneinander, beide mit einem sehr ernsten Gesichtsausdruck.

Fragend blickte Bibi vom einen zum anderen. „Oh, erwartet ihr wieder jemanden?“

„Ja, euch!“ Graf Falko nestelte verärgert an seinem Monokel.

Frau Martin sah ihn beschwichtigend an, bevor sie erklärte: „Graf Falko hat mich angerufen. Ich finde es nicht in Ordnung, wie ihr mit Sophia umgegangen seid. Ihr könnt sie doch nicht willkommen heißen und dann in die Wüste schicken!“

„Wüste?“ Bibi, Tina und Alex wussten nicht, wie ihnen geschah.

„Oh ja“, bekräftigte Graf Falko. Tränenüberströmt und vollkommen verzweifelt habe Sophia ihn nach ihrem Ausritt aufgesucht. Es sei ihm wirklich sehr unangenehm, dass sie sich so ausgeschlossen fühlte.

Leider hatte Graf Falko in keinster Weise Sophias gemeinen Trick durchschaut. Sie hatte die Folgen ihres Sturzes maßlos übertrieben dargestellt, um den Grafen noch mehr gegen Bibi und Tina aufzubringen.

Tinas Mutter schaute Bibi, Tina und Alex strafend an. „Ich lasse euch alle Freiheiten. Aber es gibt ein paar Grundsätze: Respekt vor anderen, niemanden ausschließen.“

„Du weißt ja gar nicht, wie sie drauf ist!“, verteidigte sich Tina. „Außerdem hatten wir etwas Wichtiges zu besprechen.“

Bibi nickte aufgeregt. „Wir waren bei dem Kakmann, und wir glauben, dass der seine Pferde dopt.“

„Wie bitte?“ Graf Falko und Frau Martin zogen erstaunt die Augenbrauen hoch.

„Ja, da war überall so komisches Zeug, und Fantastico –“, fuhr Bibi fort.

Graf Falko unterbrach sie: „Ihr habt da herumspioniert?“ Er wandte sich an Alex: „Alexander, warst du auch dabei?“

Alex wusste nicht so recht, wie er reagieren sollte. So richtig war er ja nicht dabei gewesen, aber irgendwie schon. „Nein … ja, also …“

Alex wand sich und versuchte, dem bohrenden Blick seines Vaters auszuweichen, der nicht lockerließ.

Nun starrten ihn auch Bibi und Tina an, die nicht verstanden, warum er nicht sagte, was Sache war.

Alex stotterte weiter: „Also, so halb, so –“

Aber bevor er weiter erklären konnte, was vorgefallen war, übernahm Graf Falko streng das Wort: „Du bist also auch der Meinung, dass man einen Menschen so ungeheuerlich beschuldigen darf?“ Er war außer sich. „Als wenn ich nicht schon genug zu tun hätte!“

Frau Martin fasste ihn am Arm. „Graf Falko … beruhige dich.“

Da stieß Tina Bibi an. Sie hatte Sophia am Fenster des Gästezimmers bemerkt. Triumphierend winkte sie ihnen zu. Von Verzweiflung keine Spur.

Graf Falko hatte sich inzwischen wieder gefasst. Er atmete ein paarmal tief ein und aus und lächelte Tinas Mutter an. „Danke, Susanne.“ Manchmal fühlte er sich so ganz ohne ordnende weibliche Hand im Haus doch überfordert. Daher war er sehr froh, dass Susanne Martin ihm zur Seite stand.

Er räusperte sich und wandte sich an Bibi, Tina und Alex: „Herr Kakmann ist ein ehrenwerter und übrigens sehr erfolgreicher Geschäftsmann, auf den ich nichts kommen lasse.“ Sein Ton wurde mit Blick auf Alex noch einmal strenger: „Auf jeden Fall trainierst du morgen mit Sophia für das Rennen, das steht fest!“ Er nestelte an seinem Monokel. „Alexander, wir reden drinnen weiter. Ich habe dir etwas Wichtiges zu geben. Damit wirst du dich auseinandersetzen müssen!“

Damit verabschiedete er sich von Frau Martin und den beiden Mädchen und gab seinem Sohn ein Zeichen, ihm zu folgen.

Auch Frau Martin wollte Bibi und Tina nicht so einfach davonkommen lassen. Sie sollten am nächsten Tag den Stall komplett ausmisten und neu einstreuen. „Da könnt ihr in Ruhe noch mal über alles nachdenken“, sagte sie ernst.

Tina ärgerte sich. Zumal Sophia ihr erneut triumphierend zuwinkte, als sie mit Bibi zu ihren Pferden lief.

Kurze Zeit später stand Alex am Fenster des väterlichen Arbeitszimmers und blickte nachdenklich auf die Broschüre, die ihm sein Vater in die Hand gedrückt hatte. Damit sollte er sich also nun beschäftigen, na super. Sehnsuchtsvoll schaute er in die Ferne. Wie viel lieber wäre er jetzt bei Tina und würde alles, was vorgefallen war, mit ihr besprechen.

Da klopfte es, und Sophia trat ein. „Störe ich?“, fragte sie vorsichtig.

„Was? Äh … nein.“ Alex schüttelte den Kopf. „Komm ruhig rein.“ Dabei war es ihm eigentlich nicht so recht, dass sie gerade jetzt auftauchte.

Sophia lächelte ihn entschuldigend an. „Es tut mir leid, wenn du meinetwegen Ärger bekommen hast. Aber es war wirklich nicht nett von euch, mich allein zu lassen.“

Alex seufzte – was sollte er sagen?