Black Summer - Ana D. Rocky - E-Book

Black Summer E-Book

Ana D. Rocky

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Beschreibung

Wir sind deine Stiefbrüder auf Zeit und wir teilen. Alles. Auch in diesem Sommer. Wenn wir wieder in den Pitch hinabsteigen. Nach unseren Regeln spielen. Vertraust du uns, kleine Knospe? Dass wir dich erblühen lassen? Im Feuer des Hexers. Im Ring des Punchers. Im Thronsaal des Teufels. Im Gemach des Harlekins. Aber pass auf dein Herz auf, denn wir stehlen deines. Willst du es zurück? Dann komm und brenn für uns. Ein Sommer. Sechs Wochen. Vier Brüder. Und eine Knospe … Das hier ist kein Märchen, kein Sommernachtstraum oder eine Reise ins Glück. Denn ich bin kein Mädchen, das an Geschichten glaubt. Es gibt mich, meine Mum, zwei beste Freundinnen und eine Taubheit, die ich seit einigen Jahren wie eine zweite Haut trage. Bloß nicht erinnern an das, was früher war. An den blinden Fleck, der einen Umzug in ein völlig neues Leben notwendig machte. Nie wieder wollte ich den Kampf gegen meine Dämonen verlieren und doch steht mir eine Zeit bevor, die etwas nie Dagewesenes in mir entfacht: den Wunsch nach Lebendigkeit. Koste es, was es wolle. Für sie! Vier Brüder, so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Sage, Phoenix, Angel und Rocco. Die Söhne des neuen Mannes an der Seite meiner Mum. Ich bin Flores und mein Herz ist euer Mosaik. Wenn meine Vergangenheit, zu eurer Gegenwart, zu seiner Zukunft wird.

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Seitenzahl: 471

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Dark Reverse Harem
Impressum
Widmung
Stell dir vor ...
Soundtrack
Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
Epilog
Danksagung
Nachwort
Dark New Adult
Dark Romantasy
Über die Autorin
Über den Verlag
Leserwarnung

Dark Reverse Harem

Was erwartet dich in diesem Buch?

Die weibliche Hauptfigur geht mit mehr als einem Mann eine sexuelle Beziehung ein. Für diese Männer ist SIE die EINE und wenn es ein Happy End geben sollte, ist das aller Wahrscheinlichkeit nach nicht klassisch westlich. Deswegen heißt es auch »umgekehrter Harem«. Es wird geteilt. Und glaub mir:

Du willst definitiv geteilt werden.

Impressum

1. Auflage

Copyright © 2023 Ana D. Rocky, Deutschland

Alle Rechte vorbehalten

Covergestaltung: Sternfeder Verlag

Lektorat & Korrektorat: Sternfeder Verlag

Herausgeber: Sternfeder Verlag

Druck und Distribution im Auftrag der Autorin.

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.

Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich.

Jede Verwendung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig.

Personen und Handlungen sind frei erfunden und etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen rein zufällig.

Mehr über den Sternfederverlag:

Instagram: @ sternfeder.verlag

www.sternfederverlag.de

[email protected]

Mehr über die Autorin Ana D. Rocky:

www.facebook.com/anadrocky

Instagram: @ ana.d.rocky.autorin

www.anadrocky.com

[email protected]

Widmung

Doch was wäre, wenn wir uns von den Zwängen befreien und schlicht sind, wer wir sind? Wer ich bin! Wer du bist!

Auf nach Nimmerland | Zu den verlorenen Jungs!

Stell dir vor ...

Du bist eine Blume auf dem Feld. Der Wind weht seicht über deine lindgrünen Blätter, liebkost deine leicht geöffnete Blütenknospe. Doch du fühlst nichts. Keinen Regen, keine Sonne, wenn dich jemand berührt. Dabei willst du es so unbedingt. Und dann zieht ein Sturm auf. Aus allen vier Himmelsrichtungen. Er wütet: bedrohlich, zerstörerisch, bittersüß und rätselhaft. Plötzlich atmest du, als wäre es dein erstes Mal. Du willst mehr, egal wie hoch der Preis ist. Wenn die Nacht den Sommer küsst. Wird es finster. Ziehen die Schatten auf. Erstrahlst du am hellsten.

Du hast nur dieses eine Leben!

Und musst erst durch die Hölle schreiten, mit vier Dämonen an deiner Seite. Würdest du dich auf die Reise in deinen ganz persönlichen Black Summer begeben?

(Eine ausführliche Leserwarnung findest du am Ende dieses Buches)

Soundtrack

Black Summer Vibes

Wicked Game | Daisy Gray

Sünde und Absolution

Closer | Nine Inch Nails

Sage (der Puncher)

Welcome To The Jungle – Guns N´Roses

Phoenix (der Hexer)

Stripped | Depeche Mode

Angel (der Teufel)

Angel | Massive Attack

Rocco (der Harlekin)

Creatures Of The Fire | Bush

Flores (die Knospe)

I Think I´m Paranoid | Garbage

Friends

Dark Necessities | Red Hot Chili Peppers

Vollständige Playlist auf Spotify unter:

Black Summer Soundtrack

Von Ana D. Rocky

Prolog

Kleine Knospe ...

Wir sind die vier Reiter der Apokalypse und galoppieren in geschlossener Phalanx. Wir umzingeln dich von allen Seiten. Weil wir in diesem Sommer ein Spiel mit dir spielen, das dich hinab in den fünften Kreis der Hölle führen wird. Wo wir herrschen. Deine Sünde und deine Absolution sein werden. Vertraust du uns, kleine Knospe? Dass wir dich erblühen lassen?

Im Feuer des Hexers. Im Ring des Punchers.

Im Thronsaal des Teufels. Im Gemach des Harlekins.

Wir sind deine Stiefbrüder auf Zeit. Aber pass auf dein Herz auf, denn wir stehlen deines.

Willst du es zurück? Dann komm und brenn für uns.

Willkommen im Pitch!

1. Kapitel

Dope Show

Tag der Abreise ...

»Hast du alles eingepackt, Cakepop?« Schweißgebadet steht meine Mum vor mir und fächelt sich mit der Hand Luft zu. »Wir fahren in zehn Minuten los.«

»Warum fliegen wir nicht? Ehrlicherweise habe ich wenig Lust darauf, fast zwei Tage mit dem Auto quer durch die Landschaft zu tingeln, während uns die Temperaturen grillen.«

Gloria rollt mit ihren nussbraunen Augen und setzt sich zu mir auf das Bett. »Du bist zu jung für Amnesie. Die Antwort kennst du.«

»Schon gut«, winke ich ab. »Du willst Charles beweisen, dass du nicht auf seine Kohle angewiesen bist, weshalb du uns mit der Nuckelpinne in die Hamptons kutschierst.«

Zwei Daumen hoch von meiner Mum. Geschlagen plumpse ich rückwärts in die Kissen. Nur ihr zuliebe fahre ich mit, denn ich könnte meinen Sommer durchaus allein in unserer kleinen Wohnung verbringen. Ein paar Freunde einladen und meinen achtzehnten Geburtstag mit ihnen feiern.

»Flores ..., zeig ein bisschen mehr Enthusiasmus. Wir fahren an den Strand, in ein riesiges Haus mit Meerblick. Sogar ein Pool ist vorhanden, in den du nach Lust und Laune springen kannst. Außerdem wird dein großer Tag ebenfalls nicht zu kurz kommen.«

»Ich bin keine fünfzehn mehr, solltest du das vergessen haben«, maule ich und werfe ihr einen schmollenden Blick zu, drehe mich auf die Seite. »Was will ich an meinem Geburtstag zwischen Leuten, die mir nicht wichtig sind? Emma und Danielle, die beiden zählen für mich und keine Sause inmitten von Palmen und reichen Ärschen.«

Damit bin ich zu weit gegangen. Ich weiß es. Dennoch korrigiere ich meine Worte nicht und warte darauf, dass Gloria mein Zimmer verlässt. Wir beide haben ein überwiegend solides Verhältnis miteinander. Seit Jahren sind wir auf uns allein gestellt. Mein Dad? Ein paar Bruchstücke sind vorhanden. Christopher ist irgendwann zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr abhandengekommen. Ein Umstand, der es mir im Leben nicht immer leicht gemacht hat. Töchter von verantwortungsbewussten Vätern wachsen zumeist mit einem gesünderen Selbstwertgefühl auf. Sie prägen das Urvertrauen, geben den Kurs vor, sind ein Vorbild ... und eine Menge mehr. Wie es meine Psychologin in jeder Sitzung nicht müde wurde, zu erwähnen. Für sie ist mein Dad daher die Wurzel allen Übels.

Langsam schwinge ich die Beine über die Bettkante, schlüpfe in meine halben Chucks und klaube die restlichen Klamotten zusammen. Etwas verloren bleibe ich in meinem Zimmer stehen, gleite mit den Augen über mein kleines Reich. Wenn meine Freundinnen hier übernachtet haben, war nicht einmal mehr Platz für das berühmte Minzblatt. Und es war perfekt so. Wer braucht schon große Anwesen, einen Strand direkt vor der Haustür, vier Brüder und ein kleines Pubertier im Alter von vierzehn? Ich nicht. Never. Charles Morata interessiert mich nicht im Geringsten.

»Flores ..., na los, du trödelst!«

Tief atme ich durch, schultere meinen Rucksack, setze die Basecap auf und ziehe die Zimmertür etwas zu fest hinter mir ins Schloss. Prompt trifft mich der Schlag. Ein greller, unkontrollierter Schrei entweicht meiner Kehle. Emi und Dan, wie ich ihre Namen liebevoll abkürze, fallen mir um den Hals, werfen mich fast um.

»Verabschiedet euch in Ruhe, ich warte unten.« Gloria zwinkert und lässt uns allein.

Sofort zaubert eine flinke Hand eine Packung Zigaretten hervor, verteilt eine Runde. »Eine Letzte auf sechs Wochen Ferien ohne dich, Fleuri. Keinen Plan, wie wir das durchstehen sollen. Kannst du nicht doch hierbleiben und deine Mum überreden?«

»Vollkommen aussichtslos, Dan. Ich habe seit Wochen alles versucht. Gloria ist im Liebesmodus. Sie besteht felsenfest darauf, dass ich Charles kennenlerne.«

»Charles Xavier, oder König Charles der Dritte?«

Der Vergleich ist so abwegig, dass wir uns schlapp lachen, ich mir bildlich die Kombination aus X-Men und Monarch vorstelle. Mit Tränen in den Augen pusten wir den Qualm durch die Wohnung, schweigen für einen Moment.

»Was ist?«, frage ich irritiert, wische mir die Wange mit dem Handrücken trocken. »Wenn ihr länger als eine Minute schweigt, stimmt etwas nicht.«

»Wie heißt der Freund deiner Mum mit Nachnamen?«

»Morata, warum?« Emma und Danielle werfen sich verstohlene Blicke zu.

»Du hast die Familie nicht zufällig mal gegoogelt?«

»Nein«, antworte ich ehrlich. »Das Stalken überlasse ich euch, Ladys.«

Erneut ziehe ich an der Kippe, laufe in die Küche und asche in die Spüle. Es ist so verflucht heiß, dass selbst das dünne Trägertop wie ein Saugnapf sitzt.

»Aber du musst doch wissen, mit wem du es zu tun bekommst?! Ehrlich, Flores, du hast keine Ahnung. Sie sind wie die Beckhams, nur von Anfang bis Mitte zwanzig und ... heißer.«

Süffisant kurbele ich den Mittelfinger in eine aufrechte Position. »Und wenn Adonis höchstpersönlich vor mir stehen würde, er hätte keine Chance. Ihr kennt meine Einstellung, ich bin mit mir selbst und dem frisch zugelegten Agent Hunnybunny rundum versorgt.«

»Du hast deinem Dildo einen Namen gegeben?«

Ich grinse. »Das ist kein Dildo, sondern ein Druckwellenvibrator. Den gibt es in jedem Drogeriemarkt zu kaufen. Batterie rein, auflegen und Spaß haben. Mehr braucht es nicht, um mich glücklich zu machen.«

Dass mich meine Freundinnen nicht verstehen, nehme ich ihnen nicht übel. Sie hatten Freunde, kamen in den Genuss der gesunden Seiten zwischenmenschlicher Beziehungen. Mein Weg war ein anderer, noch bevor wir uns kennenlernten. Daher ziehe ich Technik den männlichen Wesen vor.

Wiederkehrend vibriert das Smartphone in der Gesäßtasche meiner kurzen Jeansshorts, setzt den Countdown in Gang. Wir drei liegen uns in den Armen, zögern den Abschied bewusst hinaus. Vor fast vier Jahren sind wir nach New Salem gezogen und verbringen die Ferien nun das erste Mal getrennt voneinander.

»Ruf uns jeden Tag per Facetime an, versprochen?«, fordern beide im Chor.

»Ich werde euch so krass auf den Sack gehen, dass ihr sogar nachts von mir und meiner glockenhellen Stimme träumt.«

Wehmütig betreten wir den Hausflur. Schritt für Schritt steigen wir die Stufen aus der vierten Etage hinab, müssen uns vor Apartment 35 A die Nasen zuhalten.

»Woah, es müffelt nach Käsefuß, einem alten und gereiften Exemplar.« Emma, die ebenfalls den Beinamen Atomic Blond trägt, würgt fürchterlich.

»Was meint ihr? Vielleicht sollte ich die Turnschuhe als Präsent für die Brüder mitnehmen. Frei nach dem Motto: Hi, ich bin Flores und habe euch den exquisiten Duft aus New Salem mitgebracht. Nehmt eine Nase, so stinkt das normale Leben, ohne Geld von Daddy. Wäre doch mal ein originelles Mitbringsel.«

Beide schütteln den Kopf über mich und meine verstellte Stimme. Draußen an der Luft atmen wir drei wie der Teufel. Fest nehme ich mir vor, das Problem nach meiner Rückkehr eigenständig zu lösen und zu entsorgen.

»Ich revidiere meine Meinung«, keucht Danielle. »Es ist besser, dass du für eine Weile dem Smogalarm entkommst. In den Tretern ist jemand gestorben, anders lässt sich der Gestank nicht erklären.«

Zustimmend stelle ich mich in ihre Mitte. »Nur wenige Sekunden reichen aus und der Hausflur stinkt abartiger als derschwedische Surströmming. Dagegen ist der saure Hering eine wahre Geruchserholung.«

Gloria tätschelt uns allen die Köpfe, nachdem wir leicht blass um die Nase vor dem dunkelroten Honda Jazzzum Stehen kommen. »Wenn du dich da mal nicht täuschst, Schatz. Dieser Fisch schafft es sogar, die Dose zu verbeulen, während er gärt.«

»Themenwechsel bitte, sonst kotze ich euch gleich vor die Füße und dir ins Auto, Mum. Wobei ..., lasst uns doch weiterreden, dann entkomme ich dem Schickimickiurlaub.«

Schnurstracks zaubert Gloria zwei Tüten aus dem Handschuhfach hervor. »Vorbereitung ist alles, oder?«

Neckend strecke ich ihr die Zunge heraus und sie verabschiedet sich herzlich von meinen besten Freundinnen, schiebt sich dann hinter das Steuer.

»Du wirst uns fehlen, Flores.« Danielle kramt aus dem Rucksack ein Geschenk hervor. »Das ist von uns beiden, aber öffne es erst, wenn du im Auto sitzt.«

Vorsichtig nehme ich das rechteckige Päckchen entgegen, drücke es fest an mich. »Ein letztes Abschiedsfoto?«

Wir grinsen in Emis Smartphone-Kamera um die Wette. Blond und kurz rechts, dunkel und kinnlang links, kupferrot und bis zur Brust reichend mit Basecap von den New York Yankees auf dem Kopf in der Mitte. Wir sind ein tolles Gespann. Jede ist auf ihre Weise verrückt, liebenswert, gestört ... Freundinnen fürs Leben.

Betrübt falle ich auf den Beifahrersitz, lehne mich sofort aus dem Fenster, während Gloria den Wagen aus der Parkbox navigiert.

»Denk daran, Fleuri: heißer als die Beckhams. Alle vier.« Ihre Bewegungen mit der Zunge im Mund und der Hand, die unanständige Dinge anstellt, sind deutlich. »Ihr seid nicht verwandt, daher stehen euch alle Türen offen.«

Emma und Danielle verschwinden nach und nach aus meinem Sichtfeld. Verstohlen blicke ich zu meiner Mum, die von unserem Gebrüll Gott sei Dank nichts mitbekommen hat. Ihre Gedanken sind bei Charles und einem Sommer, der sie für die letzten Jahre der Entbehrung entschädigen soll. Das wünsche ich mir von Herzen für sie, obwohl sich meine Bedürfnisse dafür hinten anstellen müssen.

Eine Weile fahren wir schweigend durch die Landschaft, hängen unseren Gedanken nach, passieren Schotterstraßen und Buckelpisten. Bis wir endlich auf die Interstate 55 gelangen, mein Magen zur Ruhe kommt und ich einen ersten Blick auf das liebevoll verpackte Geschenk werfe.

»Charles ist übrigens strikter Nichtraucher. Du könntest den Sommerurlaub prima nutzen, um deinen gelegentlichen Konsum weiter einzuschränken. Was meinst du?«

Irritiert runzele ich die Stirn. »Und ich mag keine Pilze, dennoch verirren sich manchmal welche in mein Essen. Der frische Fünfziger wird es überleben, da bin ich sicher.«

»Tu mir bitte den Gefallen, ja!«

Um es erst gar nicht zu einem Streitgespräch kommen zu lassen, setze ich mir die Headphones auf. Musik ist Leben, ein Gefühl und ganz viel Farbe. Sie hilft mir, wenn ich mal wieder an mir selbst verzweifle. Deshalb befinden sich auf meiner Playlist die unterschiedlichsten Songs von A wie AC/DC bis Z wie ZZTop. Dazwischen tummelt sich ein bunter Blumenstrauß aller möglichen Lieder. Für jede Stimmung ist etwas dabei.

Ich drehe mich seitlich, wippe mit dem Fuß und öffne den Karton auf meinem Schoß. Unter einer schier unendlichen Anzahl von Präservativen fischen meine Finger ein edel verziertes Buch hervor. Langsam gleite ich über den Einband, fahre die Linien der gestanzten Goldschrift nach: Fülle das Papier mit tiefen Atemzügen deines Herzens.

Meine Hände zittern und die Augen glänzen, obwohl ich nicht ewig fort bin. Dennoch wandert dieses Geschenk zum Fundament, kratzt an der Mauer, die ich gern um mich selbst errichte. Traue ich mich, mein Herz zuzulassen? Auch wenn es nur mit dem Stift in der Hand ist? Dass eine Antwort in meinem Kopf auf sich warten lässt, sagt mehr als tausend Worte. Die Verbindung ist gekappt, verkümmert, schlimmstenfalls für immer zerstört. In Lichtgeschwindigkeit tippen meine Finger eine Nachricht.

...

Im Ernst? Billy Boy in rauen Mengen? Sogar mit Geschmack und Noppen? Sucht euch ein Hobby, meine Lieblings-Bitches.

...

Eine Reaktion von Danielle folgt prompt.

...

Google nach Rocco Morata und du wirst feststellen, dass es selten zu viel ist und niemals genug.

...

Nope, Angel gibt ein nettes Stiefbrüderchen ab. Bestimmt stellt er zauberhafte Dinge mit seiner Krawatte an.

...

Die beiden drehen völlig durch. Ehe ich etwas erwidern kann, landen zwei Fotos im Chat.

...

Iss das, Fleuri. Mit Haut und Haaren.

...

Kurz überlege ich, die Bilder zu löschen, aber meine Neugier siegt. Mit Daumen und Zeigefinger zoome ich auf eine annehmbare Größe, um Charles Söhne zu betrachten. Du meine Güte, ich reibe mir die Augen. Die beiden sind so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Der eine tätowiert bis zum Hals, der andere trägt einen edlen Zwirn, verzieht keine Miene.

...

Na, bereits am sabbern?

...

Nein, keine Homer-Simpson-Tropfen am Kinn. Und jetzt zügelt euch. Das schmeckt schwer nach Inzucht.

...

Prompt werden mir die letzten zwei Hotties präsentiert, was mich dazu veranlasst, mich noch weiter seitlich zu drehen. Jetzt schüttelt Gloria erst recht ihren Kopf über mich.

...

Last but not least: Phoenix und Sage Morata. Welcher ist dein Favorit? Wenn du uns das nicht verrätst, werden wir nicht aufhören, dir Nachrichten zu schicken. Sie reihen sich aneinander wie die geilen Orgelpfeifen.

...

Beide untermauern ihre Drohungen mit zwei Teufels-Smileys, die ich mit meinem obligatorischen Mittelfinger in doppelter Ausführung ergänze.

...

Eine Dame genießt und schweigt. Ich liebe euch für das Geschenk.

...

Damit sie mir nicht weiter auf die Nerven fallen, stelle ich den Chat stumm, verstaue das Smartphone in meinem Rucksack. Für meine Freundinnen klingt das alles lustig und nach einem Heidenspaß. Für mich bedeutet die Reise emotionaler Stress. Es war nicht gelogen, als ich sagte, ich brauche niemanden an meiner Seite. Das, was ich hatte, reichte mir vollkommen.

Gloria klopft mir auf das Knie, sodass ich mir einen Kopfhörer vom Ohr nehme. »Hast du deine Tabletten eingepackt?«

Gruselig, wie schnell Eltern Schwingungen aufnehmen. Ich nicke. »Für ausreichend Vorrat ist gesorgt, wobei mir Mrs. Thompson freigestellt hat, ob ich sie über den Sommer nehmen will. Sie hätte kein Problem mit einem ersten Auslassversuch.«

»Fühlst du dich dafür stabil genug?« Mir entgeht der sorgenvolle Ton in ihrer Stimme nicht.

»Womöglich schleiche ich sie aus und starte damit, ein über den anderen Tag keine zu nehmen. Wäre das etwas, mit dem du dich wohlfühlst?«

Die letzten Worte ziehe ich bewusst in die Länge. Seit drei Jahren schlucke ich täglich Psychopharmaka, die mich müde machen, mittlerweile einen ungünstigen Einfluss auf mein Hautbild haben. Ja, der Abschluss des Kapitels ist längst überfällig und doch fehlt mir gerade jetzt das Vertrauen meiner Mum, nicht wieder rückfällig zu werden.

»Dann lass es uns versuchen, Flores. Keine Tabletten über den Sommer.«

Gloria lächelt und das schlechte Gewissen nagt an mir, weil ich sie für meine Unzulänglichkeiten büßen lasse. Nicht sie ist das Problem, sondern ich. Auf meiner Playlist wähle ich einen passenden Song für die Einstimmung in diesen Sommer: Marylin Manson mit seiner Dope Show. Für mich sind wir alle Teil der Show. Jeder auf seiner eigenen, kaputten Reise durch das Leben.

2. Kapitel

Willkommen in den Hamptons

Schwitzig, klebrig, hungrig und durstig ... Die Nacht ist hereingebrochen und wir ruckeln auf den Parkplatz vom Bates Motel. Ohne Witz, die Leuchtschrift zeigt exakt diesen Namen. Ob das ein finsteres Omen ist?

Der kleine Honda ist fix und fertig, so wie wir. Qualm steigt aus der Motorhaube empor, was Gloria ein heftiges Fluchen und einen Schlag auf das Lenkrad entlockt.

»Beruhig dich«, versuche ich positive Vibes zu verbreiten. »Das kleine Schätzchen benötigt eine Pause. Morgen wird er schnurren wie ein Kätzchen. Warts ab.«

»Hier«, genervt drückt sie mir einhundert Dollar in die Hand. »Übernimm du die Zimmerbuchung. Ich rufe Charles an.«

»Mum, wir schaffen das. Wo ist dein Vertrauen der letzten Wochen geblieben?«

Mich erreicht ein müdes Lächeln und ich steige aus dem Wagen. Die Luft flirrt, hat sich trotz fehlender Sonne kaum abgekühlt. Mit meiner Cap versuche ich etwas Frische zu erzeugen, wedele mir vor dem Gesicht herum und folge der spärlichen Beleuchtung hinüber zur kleinen Rezeption im Annexgebäude.

Die Tür steht sperrangelweit offen, weshalb ich mir nicht die Mühe mache, anzuklopfen. Diverse Ventilatoren bewehen mich von allen Seiten.

»Guten Abend«, begrüße ich einen hageren Mann freundlich, der fast die graue Farbe des Inventars angenommen hat. »Ich hätte gern ein Doppelzimmer für eine Nacht gebucht.«

»Zahlst du bar?«, fragt er mich desinteressiert und blättert weiter in seiner Sports Illustrated.

Mein Zünder ist kurz, der Tag war lang.

»Wenn du genug nackte Titten angestarrt hast, sag mir Bescheid.«

»Und wenn du mir deine gezeigt hast, lasse ich dich hier umsonst schlafen.«

»Keine Chance, Opa. Dafür reicht dein Stehvermögen nicht.« Ich knalle ihm das Geld auf den Tresen. »Doppelzimmer, klimatisiert sowie eine Packung Kippen mit Feuerzeug. Sorte ist mir egal.«

Wir tauschen, Kohle gegen Ware und Schlüssel. Die Schachtel stecke ich in den Bund meiner Jeansshorts und kehre zum Auto zurück.

»Der Kerl ist ein schmieriger Halsabschneider«, schimpfe ich wie ein Rohrspatz. »Hoffentlich wimmelt es da drin nicht vor Kakerlaken. Was ist, alles okay bei dir?« Ich nehme meiner Mum einen Koffer ab, beäuge sie kritisch.

»Jetzt hat er gänzlich den Geist aufgegeben. Der Wagen springt nicht mehr an. Ich setze auf Sicherheit und lasse uns morgen früh abholen.«

Komischerweise schockiert mich diese Nachricht nicht. Obwohl bereits mehr als die Hälfte des Weges geschafft ist, steht mir nicht der Sinn danach, weitere Stunden in einem Wagen ohne Klimaanlage in der Gluthitze zu verbringen. »Sei froh«, recke ich daher demonstrativ den freien Arm in die Luft. »Wir entkommen dem Backofen.«

Zeitgleich setzen wir uns in Bewegung. Zimmer Nummer sechs wird für heute Nacht unsere Bleibe sein.

»Charles Sohn fährt sofort los, da er selbst verhindert ist.«

»Und welcher?«, frage ich vorsichtig, beiße mir fest auf die Zunge. Emi und Dan ..., ihr habt ganze Arbeit geleistet. Herzlichen verfluchten Dank.

»Ich glaube, Angel, er ist der Älteste mit seinen sechsundzwanzig Jahren.« Panisch beäugt Gloria das Zimmer, rümpft unentwegt die Nase. »Teppichboden, meine persönliche Hölle.«

»Ach, Mum, du überlebst die stinkenden Schuhe bei uns zu Hause, dann wirst du eine Nacht in Bates Motel sicher aushalten.«

Dass mehr hinter ihrer miserablen Laune steckt, ist mir klar. Sie ist enttäuscht, weil Charles Morata nicht höchstpersönlich auf seinem weißen Pferd angeritten kommt, um sie zu erretten.

»Wenn es okay für dich ist, vertrete ich mir draußen etwas die Füße.« Aus dem Rucksack schnappe ich mir das Smartphone und erkenne auf den ersten Blick unzählige ungelesene Nachrichten.

»In Ordnung, aber bleib in der Nähe, Cakepop. Wer weiß, welche Gestalten hier ihr Unwesen treiben. Der Name des Motels könnte Programm sein.«

»Nicht immer sind es die Fremden, Mum. Manchmal auch die, die schon drin sind.«

Kaum merklich zuckt sie zusammen. Leise schließe ich die Tür hinter mir, blicke mich kurz zu allen Seiten um und entdecke in ein paar Metern Entfernung eine brusthohe Mauer. Der Weg dorthin führt mich über Schotter. Winzige Steinchen landen in meinem Schuh. Mit einem Satz hieve ich mich auf das raue, ausreichend breite, Gestein. Gierig zerre ich die Folie von der Kippenschachtel, das Feuerzeug klickt und ich inhaliere den ersten Zug tief. Auch den Zweiten, bis ich es nicht mehr aushalte, meine Neugierde zu groß wird.

Emma und Danielle haben mir weitere Fotos von Charles Söhnen zugeschickt. Eingehend betrachte ich sie alle, suche nach Ähnlichkeiten. Das einzige Verbindungsmerkmal sind die dunklen Haare, sogar die Augenfarbe ist unterschiedlich. Sonst sind sie grundverschieden. Ein erstes Schubladendenken baut sich auf. Es hilft mir, die Sachen zu sortieren, Ordnung in mein Kopf-Chaos zu bringen. Mich davon abzulenken, dass sie durchaus heiß sind, ultraheiß. Meine Freundinnen irren sich nicht und wenn ich ehrlich bin, sabbere ich tatsächlich. Ein bisschen, heimlich. Weil es sich nicht gehört.

...

Ihr habt gewonnen, EmDan. Ich entscheide mich für die kleine Schwester, Holly.

...

Grinsend freue ich mich über meinen Triumph und lasse das für heute so stehen. Von Holly existiert genau ein einziges Foto im Chat. Das Mädchen blickt in die Ferne, mit großen Rehaugen, langen, dunklen Haaren und einer perfekten Haut. Attribute, die ich ebenfalls gern hätte. Stattdessen taufte man mich »die Hexe von New Salem«, verspottete mich wegen meiner Sommersprossen.

Müde streife ich mir die Schuhe von den Füßen, lege mich ausgestreckt auf die Mauer und gähne hinauf in den sternenklaren Nachthimmel. Gelegentlich ziehe ich an der Zigarette. Beim zweiten Stern rechts und geradeaus bis zum Morgen. Peter Pans Kompass auf dem Weg nach Nimmerland. Mit diesem wunderbaren Gedanken fallen mir die Augen zu. Vielleicht lerne auch ich, zu fliegen ...

... Oder zu fallen.

Eine Drehung reicht aus und ich plumpse ungebremst von dem schulterbreiten Stück Mauer auf den Boden, mit dem Gesicht voran. Ein schmerzvoller Laut entweicht meinem Mund, der Bekanntschaft mit ungenießbaren Kieselsteinen macht.

»So ein Fuck!«

Total verschlafen richte ich mich auf. Mein Körper ist eine einzige Wunde. Jeder Schritt schmerzt, von der Fahrt, dem Schläfchen auf Beton, dem Sturz.

Wie ein Zombie kehre ich auf Socken unter einem riesigen Vollmond zum Zimmer zurück. Er strahlt so hell, dass der Parkplatz vollständig ausgeleuchtet wird, auf dem ganze drei Autos stehen. Der Honda, ein rostiger Chevy und ein ... Ich blinzele mehrmals, trete näher an den Hummer H2 heran und erschrecke. Tiefblaue Augen betrachten mich gelassen, abschätzig, nicht minder intensiv. Sie gehören zu einem gepflegten Gesicht, umrahmt von kurz geschnittenen Haaren. Angel. Da bin ich sicher.

Der erste Gedanke, der mir in den Sinn kommt, ist Flucht. In Windeseile öffne und schließe ich die Zimmertür, schlucke zähen Speichel herunter, falle bäuchlings auf das Bett. Neben mir schnarcht meine Mum tief und fest. An eine eigene erholsame Nacht ist nicht mehr zu denken. Wie lange parkt er schon dort und hat gesehen, wie ich dämlich auf einer Mauer schnarche, ungalant in den Dreck falle?

Unruhig wälze ich mich auf dem dünnen Laken hin und her, bis sich erste Sonnenstrahlen durch die schäbigen Lamellen stehlen, ich mir das Kissen auf den Kopf drücke und die REM-Phase doch noch zuschlägt. Ich träume. Wirr. Vier Namen. Long Island. Ein Haus in den Hamptons.

»Aufwachen, Flores.« Viel zu laut werde ich geweckt und motze unverständliche Worte. »Wenn du duschen möchtest, solltest du jetzt aufstehen. Wir fahren in einer halben Stunde los.«

Kerzengerade sitze ich im Bett. Gloria verschwindet nach draußen. Mir brummt der Schädel. Was für eine Nacht ...

Aus meinem Koffer krame ich frische Wäsche hervor: luftige Shorts, ein helles Top und bequeme Sandalen. Je weniger Stoff, desto besser, ansonsten wird mich der Hitzschlag treffen. Wobei ich aufpassen muss, meine Haut bräunt nicht, sie wird feuerrot.

Mit drei Schritten stehe ich im Badezimmer, welches sich direkt gegenüber vom Bett befindet. Es gleicht einer winzigen Nasszelle. Waschbecken, Dusche und Klo verteilen sich auf Kleinstbereiche. Langsam schäle ich mich aus den festgesaugten Klamotten, halte erschrocken die Luft an. Meine Knie sind abgeschürft, das Kinn verkratzt und ein blauer Fleck ziert meine linke Wange. Fantastisch. Geschenke einer Nacht unter Sternen.

Schulterzuckend steige ich in die Kabine, ekele mich vor dem fast durchsichtigen, mit Stockflecken übersäten Duschvorhang. Der harte Wasserstrahl brennt auf meiner empfindlichen Haut, dennoch genieße ich für einen Moment nur das Rauschen und mich. Mit geschlossenen Lidern senke ich den Kopf, lockere meinen verspannten Nacken und hoffe, dass sich die Kopfschmerzen schnell verabschieden werden. Ich neige nicht zu Migräne, sondern zu einer Art Clusterschmerz, der meist die linke Gesichtshälfte befällt. Dann bin ich außer Gefecht gesetzt, weshalb ich bete, dass der Kelch diesmal an mir vorübergeht.

Kurz poltert es im Zimmer. Müde lege ich meine Stirn gegen die schäbigen Fliesen. Gloria hat geschnarcht wie eine Kettensäge und ich bin grundsätzlich kein Morgenmensch. Genervt wasche ich mich, spüle mir den Schaum aus den Haaren, schiebe den Vorhang mit Inbrunst zur Seite.

»Kaffee?«

Ein Wort. Eine geöffnete Tür. Ein Mann breitbeinig sitzend auf der Bettkante. Mein Herz rast wie wild. Eine Minute, zwei ..., der Augenblick verstreicht wie Kaugummi. Er betrachtet mich und ich lasse es zu, bis ich zu mir zurückkehre.

»Verschwinde«, herrsche ich ihn an, aber nichts passiert. Keine Gefühlsregung, keine Entschuldigung. Pure Überheblichkeit, verpackt in einem engen weißen Hemd mit schwarzer, leicht gelockerter Krawatte. Zügig fische ich das Handtuch vom Haken, umwickele meinen tropfnassen Körper und verpasse der Tür einen Tritt, damit sie ins Schloss fällt. Doch der Spanner ist schneller, sein Fuß schiebt sich dazwischen. Überrumpelt weiche ich einen Schritt zurück.

»Wenn du den Kaffee heiß willst, trink ihn jetzt.« Völlig unverfroren kommt er näher, stellt den Becher auf die winzige Ablagefläche des kleinen Waschbeckens. Sein herbes Parfum weht mir in die Nase. »Dann schmeckt er am besten, Petit.«

Ich recke mein Kinn, dränge den Schwindel zurück. »Und er verbrüht auch am besten, Angel. Richtig erkannt, oder? Rückwärtsgang einlegen und verschwinden, bevor ich am lebenden Objekt experimentiere.«

»Tu dir keinen Zwang an. Immer und zu jeder Zeit.«

Sich die Lippen leckend dreht er sich um und verschwindet aus meinem Sichtfeld. Total durch den Wind plumpse ich auf den Klodeckel, friere und schwitze im Wechsel. Was war das? Wütend kippe ich den Kaffee in den Ausguss. Eine Ohrfeige hätte er verdient und keine Flores, die sich anstarren lässt.

»Du hast fünf Minuten, dann fahren wir ohne dich los.«

Fast verselbstständigt sich mein Mundwerk, dass ich genau das will. Wenn Gloria es ernst meinen würde. Es ist nichts als eine Floskel.

Nachdem ich mit allem fertig bin, betrachte ich den verschweißten Tablettenblister in meiner Hand. Klein, unscheinbar, weiß und rund. Mir eine solche Pille auf die Zunge zu legen, gehört für mich wie essen und schlafen zum täglichen Ritual. Nicht aber heute! Entschlossen verstaue ich das Medikament im Koffer, schlucke stattdessen eine Schmerztablette, straffe die Schultern und trete hinaus in die Morgensonne.

»Da bist du ja endlich, Schatz.« Ihre Augenbrauen wandern Stück für Stück nach oben, unterziehen mich einer Leibesvisitation. »Wie siehst du denn aus?«

»Frag besser nicht«, antworte ich ausweichend, ziehe mir sofort den Mützenschirm der Yankees tief ins Gesicht. »Ich hatte einen sehr lebhaften Traum.«

»Darüber reden wir später. Jetzt sollten wir Angel nicht länger warten lassen.«

Aus dem Augenwinkel betrachte ich den Luxusschlitten, blinzele erneut. Der Honda wirkt dagegen wie ein Spielzeugauto aus Plastik. Gloria nimmt wie selbstverständlich auf dem Beifahrersitz Platz und ich ziehe meine Habseligkeiten bis zum Kofferraum.

»Reicher Penner«, murmele ich zu mir selbst, werde sogleich von einem Schatten überragt, der von hinten über mich kommt.

»Bis heute war ich der Meinung, die Rothaarigen tragen überall rot.« Angel berührt meinen Rücken mit seiner Brust, nimmt mir den Koffer ab und schlägt die beiden Laderaumtüren ohrenbetäubend zu. »Du bist also unsere neue Schwester.«

»Wenn überhaupt Stiefschwester.«

Ich versuche, an ihm vorbeizulaufen, werde am Oberarm gepackt, harsch zurückgezogen. »Spielt das eine Rolle?«

»Keine Ahnung, was du meinst.« Nervös huschen meine Augen zwischen ihm und den verdunkelten Scheiben des Fahrzeugs hin und her. Ich will nicht, dass Gloria falsche Schlüsse zieht. »Schlagen wir hier Wurzeln, oder fahren wir endlich los?!«

»Sieh mich an!«

Prompt balle ich meine Hände zu kleinen Fäusten, lege den Kopf in den Nacken. »Was. Willst. Du?«

»Wir, Petit. Die richtige Frage lautet, was wollen WIR von dir?!«

Der Schauer, der mir über den gesamten Körper fährt, nimmt kein Ende. Ich reiße mich los, rutsche auf die Rücksitzbank, zwänge mich dicht gegen die Tür und damit so weit wie möglich weg von ihm.

»Danke, Angel«, flötet Gloria mit glockenheller Stimme, sodass ich gedanklich auf der Schleimspur ausrutsche. »Unheimlich nett, dass du dir extra den weiten Weg gemacht hast und uns aus der misslichen Lage befreist.«

»Nicht der Rede wert. Charles wird den Honda später zur Reparatur bringen lassen. Entspann dich, genieße die Fahrt, ich tue es ebenfalls.«

Lächelnd betrachtet er mich über den Rückspiegel. Schleunigst setze ich mir die Headphones auf. Ablenkung, das ist es, was ich jetzt benötige. Daher starte ich einen ersten Eintrag und lasse mein Herz den Stift führen:

02. Juli 2023 | Fucked Angel Morata | Ein Engel in Teufelsgestalt?

Dunkelbraune Haare, makellose leicht gebräunte Haut, tiefblaue Augen. Südländische Wurzeln? Er duftet nach gestärkten Hemden, teurem Aftershave und ... Blut. Seine Arroganz ist seine Schwäche und zeitgleich der Sog. Dass er mich nackt gesehen hat, macht mir weniger aus, als es sollte. Was sagt das über mich aus? Vielleicht nichts, denn Nacktheit ist ein ureigener Zustand, wir haben nur verlernt, ihn zu akzeptieren. Verstecken uns unter Kleidern, Masken, Make-up, Muskeln und dem Wunsch, von allen gemocht und geliebt zu werden. Doch was wäre, wenn wir uns von den Zwängen befreien und schlicht sind, wer wir sind? Wer ich bin!

Gerade schaut er mich an, ich spüre es. Während ich über ihn schreibe, betrachtet er mich. Angel Morata, du bist der Wolf im Schafspelz. Und mir gefällt, dass du mich zu lesen versuchst. Nur zu, das haben schon viele versucht und die Hexe von New Salem unterschätzt.

Bewusst langsam schließe ich das Tagebuch, lehne meinen Kopf gegen das Nackenpolster und lausche dem Monolog meiner Mum. Wenn sie nervös ist, redet sie pausenlos, daher höre ich zum unendlichen Male die Liebesgeschichte von Gloria Bloom und Charles Morata:

Eine IT-Technologie Messe im mittleren Westen, eine Bankangestellte, für den Stand der Bank of Oklahoma zuständig, der Cyberdefense Mogul von Morata Intelligence auf der Durchreise ... Das Märchen nimmt seinen Lauf. Der Ritter im edlen Zwirn erspäht die Dame im Kostüm von der Stange. Es funkt, die Systeme spielen verrückt, die Wochenenden gehören ab sofort dem neuen Liebespaar.

So bezaubernd Glorias Schilderungen sind, weil ich mich wirklich für sie freue, lullt mich die Wiederholung ein. Die kurze Nacht steckt mir in den Knochen, der Schmerz in meinem Schädel. Den Platz ausnutzend, fläze ich mich ins weiche Leder und genieße den klimatisierten Innenbereich, die bombastische Federung des Multimillionendollar-Gefährts.

»Flores ist ein bezaubernder Name, Gloria. Welche Blume hat dich bei der Namenswahl inspiriert?«

»Natürlich eine Rose. Hoffnung, Liebe, Dornen, Magie. Von der Knospe bis zur Blüte. Für mich steckt in jeder Phase etwas Besonderes.«

Obwohl ich nur Bruchstücke des Gesprächs mitbekomme, schnellt mein Puls in die Höhe.

»Rosen duften köstlich, wenn sie in voller Pracht stehen. Ich bin sicher, deine Tochter wird schon bald ...«

Das Schlafbedürfnis ist zu groß, den Rest bekomme ich nicht mehr mit. So sehr ich mich auch bemühe.

»Ist sie tot?«

»Lass sie schlafen, Holly. Die Reise war anstrengend.«

Eine dunkle, sonore Stimme schleicht sich in mein Unterbewusstsein und ich schrecke wie von der Tarantel gestochen hoch, stoße mir den Kopf am Dachhimmel. Zwei Augenpaare betrachten mich durch die heruntergelassene Fensterscheibe mit unterschiedlichen Emotionen: belustigt und abschätzig.

»Hey«, krächze ich, wische mir schnell einen Speichelfaden vom Kinn. »Wo bin ich?«

Meine Frage trägt zur weiteren Erheiterung der Anwesenden bei. »Mach in Ruhe, Flores und akklimatisiere dich erst einmal. Ich bin Charles, das ist meine Tochter, Holly. Willkommen in den Hamptons.«

Charles nickt mir zu und lässt mich mit seiner Tochter zurück. Die mich anstarrt, als hätte ich einen fetten Pickel auf der Nase.

»Also, was machst du so?«

»Aus dem Auto aussteigen, wenn du einen Schritt zur Seite treten würdest.«

Holly macht Platz, ich rutsche etwas unbeholfen vom Rücksitz, sehe parallel kleine Lichtblitze aufflackern. Mein Kreislauf spielt verrückt, aber die Kopfschmerzen sind zumindest auf dem gleichen Level geblieben.

»Alles okay bei dir, du siehst total blass aus?«

»Das bin ich immer«, erwidere ich trocken und lasse meine Augen trotz der hereinbrechenden Dämmerung über eine Weitläufigkeit schweifen, die ich so nicht erwartet hatte. Nach und nach klaren sich die Bilder auf, weshalb ich aus dem Staunen nicht mehr herauskomme. Der komplette Strandabschnitt funkelt in den unterschiedlichsten Farben.

»Das Meer«, stammele ich fast ehrfürchtig. »Es ist so ..., nah und alles glitzert. Wahnsinn.«

»Magst du eine Führung?«

»Wenn wir da unten anfangen könnten, liebend gern.«

»Hast du bisher nie den Ozean gesehen?«

Die Frage ist mir etwas peinlich, aber ja, Holly liegt richtig. Meine Füße kennen nur Dekosand und Süßwasser. Anhand meiner Reaktion gibt sie sich die Antwort selbst.

»Na, dann wirds höchste Zeit.«

Sie nimmt mich bei der Hand, führt mich weg vom Parkplatz, der auf einer Anhöhe liegt, über eine schmale Treppe, hinab zum Strand. Zügig entledige ich mich meiner Sandalen, nehme sie in die Hand und vergrabe meine Füße.

»Scheiße ist das cool.«

Jegliche Desorientierung ist wie weggeblasen. Kleine Laternen schießen um mich herum wie Pilze aus dem Boden, drehen die Achse und ich stehe inmitten der Sterne.

»Ich glaube, hier bleibe ich für eine Weile«, erkläre ich feierlich, plumpse weich auf meinen Hintern.

»Das würde ihnen nicht gefallen.«

»Wem?«, frage ich überrascht.

»Meinen Brüdern. Sie sind gespannt auf die Tochter von Gloria Bloom.«

Ein leichter Wind frischt auf, der mir eine Gänsehaut beschert. Erst jetzt bemerke ich die leise Musik, die vom Anwesen zu uns herüberschwappt. Über die Schulter blicke ich den Hügel hinauf und erkenne Umrisse von Personen, die nah an der Klippe stehen. Obwohl uns einige Meter trennen, fühle ich mich zwischen ihnen eingekesselt. Der Trotz macht sich in mir bemerkbar, dennoch hadere ich mit mir, ob ich auf Konfrontation gehen soll. Schließlich entscheide ich mich für den mahnenden Finger von Gloria.

»Normalerweise mache ich nicht, was andere von mir erwarten, aber Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel.«

Holly streckt mir ihre Hand entgegen, hilft mir auf. Gemeinsam schlendern wir zurück und meine Gedanken werden mit jedem Schritt schwerer.

»Hör zu«, räuspere ich mich, verfalle auf halber Strecke in einen kurzen Monolog. »Eines direkt vorab. Wenn du ein Problem damit hast, dass dein Dad mit meiner Mum zusammen ist, lass es mich wissen. Ich kann mir vorstellen, wie ätzend die Situation für dich ist. Gloria wird deine Mum niemals ersetzen, will sie auch gar nicht.«

Kugelrunde Augen starren mich überrascht an. Wenn ich eines von meiner Psychologin gelernt habe, dann zur Sache zu kommen, sofern es angebracht ist. Und das war es. Hollys Hirn verarbeitet meine Worte und ihre Gesichtszüge entspannen sich.

»Ich müsste leider noch einmal kurz zum Auto.«

»Hast du etwas vergessen?«

Daumen, Zeige- und Mittelfinger schnellen in die Höhe. »Genau, drei überlebenswichtige Dinge.«

Wir kehren zum Parkplatz zurück. Beherzt krabbele ich hinein in das Flaggschiff, doch der Rücksitz ist leer. Weder mein Rucksack liegt im Fußraum noch mein Tagebuch oder die Yankees auf dem Sitz. Mir wird übel. Nervös streiche ich mir durch die Haare, atme tief durch, weiß nicht, wohin mit meinen Händen. Sie zittern. Holly lässt sich ihre Verwunderung nicht anmerken, obwohl sie meine Anspannung bemerkt. Mir bleibt nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen und mich quer über den Vorplatz zum Anwesen führen zu lassen. In mir schwelt die Hoffnung, dass meine Sachen schlicht ins Haus umgezogen sind.

Staunend betrete ich eine Welt, die Lichtjahre von meiner kleinen, unglamourösen Blase entfernt ist. Glasfronten, soweit das Auge reicht, zweigeschossig gebaut, geradlinig, modern. Ohne kühl oder übertrieben zu wirken. Im Gegenteil, warme Lichtquellen versprühen Behaglichkeit, werden durch einen dunklen Holzboden ergänzt, der mich an alte, auf Hochglanz polierte Schiffsdielen erinnert. Außerdem bringen diverse Familienporträts und Kunstwerke an den Wänden, Farbe und Persönlichkeit ins Spiel. Mit aller Kraft sträube ich mich dagegen, mich auf Anhieb wohlzufühlen, aber ich habe keine Chance. Sogar die leichten Goa-Klänge im Hintergrund passen zur Stimmung. Die Atmosphäre hat etwas verschleiert Zwielichtiges, verursacht ein feines Kribbeln.

»Da seid ihr ja. Wir haben euch schon überall gesucht.« Charles drückt mir eine bis zum Rand gefüllte Champagnerflöte in die Hand und seiner Tochter ein Glas mit Orangensaft.

»Keine einundzwanzig«, erwidere ich freundlich, gebe mich als brave Musterschülerin aus. Ob er mir das abkauft?

»Zur Feier des Tages drücken wir beide Augen zu, Flores. Außerdem wirst du in drei Wochen achtzehn. Äußerst sicher bin ich mir, dass es nicht dein erstes Glas Alkohol ist.«

Liebevoll legt er meiner Mum den Arm um die Schulter, zwinkert mir zu, küsst sie auf die Schläfe und wir stoßen gemeinschaftlich an. Holly erträgt es mit Fassung. Mein Eindruck: Ich mag sie und ihn ebenfalls. Nichts würde darauf schließen lassen, dass wir uns zum ersten Mal in dieser Formation gegenüber stehen.

Miteinander plaudernd, laufen wir unseren Elternteilen hinterher, bis wir erneut nach draußen zu einer imposanten Poollandschaft gelangen. Abrupt bleibe ich stehen. Unzählige Gesichter drehen sich in meine Richtung und die Gespräche verstummen. Charles Morata hat eine verdammte XL-Willkommensparty organisiert. Hatte ich gesagt, ich mag ihn? Einatmen, ausatmen, mir die Enge in meiner Brust nicht anmerken lassen. Das übersteigt den Pegel des Erträglichen. Ich fühle mich völlig deplatziert.

»Komm, wir stellen dich den Gästen vor, Schatz.«

»Ach was, Gloria. Ich übernehme das gern und führe deine Tochter herum. Ihr genießt eure Party.«

Angel erscheint neben mir, umfasst wieder meinen Oberarm. Bevor ich protestieren kann, schiebt er mich durch die Menge, hält unentwegt Körperkontakt. Der Kerl kennt keine Grenzen.

»Schön geschlafen, Petit?«

»Nenn mich nicht so!«, lächele ich mein bestes, falsches Lächeln und trete extra auf seinen Fuß, wann immer sich mir eine Möglichkeit bietet. Doch das interessiert ihn nicht im Geringsten. Wir drehen unsere Runden, ich merke mir nicht einen einzigen Namen, er hält Small-Talk wie ein Weltmeister.

»Wo sind meine Sachen?«, frage ich flüsternd, schüttele die nächste Hand. »Jemand hat sie aus dem Auto mitgenommen.«

»Keine Ahnung, wovon du sprichst, Petit.«

Mir platzt das kurze Geduldsfädchen. Ich habe ihm nichts getan und bin es leid, wie eine Marionette durch die Gegend geschleift zu werden. Vor Wut trinke ich mein zweites Champagnerglas in einem Zug leer, schnappe mir das nächste vom Tablett der vorbeilaufenden Kellnerin und stolpere mit voller Absicht gegen seine Brust.

»Oh, Verzeihung«, säusele ich zynisch, schlage mir übertrieben die Hand vor den Mund, ignoriere den düsteren Ausdruck auf seinem Gesicht. Ein kreisrunder Fleck ziert Angels Hemd und ich bin frei. Mit meiner Impulsivität hat er nicht gerechnet. Schnell nutze ich das Überraschungsmoment, kehre der furchtbaren Party den Rücken zu. Morgen wird sich sowieso niemand ernsthaft an mich erinnern. Planlos laufe ich durch das Anwesen, stoße in Sackgassen, weiche Menschen aus, bis ich zu einer gemauerten Treppe komme, die in die erste Etage führt. Ruhe, ich brauche dringend Abstand vom Trubel und der Tatsache, dass einer der Brüder etwas gegen mich hat. Nervös blicke ich mich um, nehme gleich zwei Stufen auf einmal.

Hier oben bin ich für mich allein, was mir einen leisen Seufzer entlockt. Ich stehe überhaupt nicht gern im Mittelpunkt. Zügig husche ich durch den Spalt einer leicht geöffneten Tür. Der Raum ist nur minimal beleuchtet, sodass ich kaum in der Lage bin, etwas vom Inventar zu erkennen. Leise schleiche ich mich vor das riesige Panoramafenster, wische mir eine Träne aus dem Augenwinkel, lege meine Hände auf das Glas. Emi und Dan, warum könnt ihr nicht hier, bei mir sein? Ich vermisse euch tierisch.

Rechts neben mir landet polternd mein Rucksack auf dem Fußboden, entlockt mir vor Schreck einen schrillen Ton. »Was sind dir deine Cap und das Tagebuch wert?«

Die kratzig weiche Stimme ist mir fremd. Langsam drehe ich mich um, presse meinen Rücken gegen das Glas. Vier männliche Wesen kesseln mich ein, nehmen mir jegliche Fluchtmöglichkeit, rauben mir die Luft zum Atmen. Mein Herzschlag wird schneller, unkontrollierter. Trotz dass Gefahr im Verzug ist, vergleiche ich ihre im Schatten liegenden Gesichter mit den Fotos aus dem Chat. Nacheinander pinne ich gelbe Post-its an die Köpfe, wiederhole still ihre Namen, recke mein Kinn. »Was wollt ihr?«

»Wieder die falsche Frage, Petit.« Angel macht einen Schritt auf mich zu, schält sich aus seinem beschmutzten Hemd und lässt es vor mir zu Boden gleiten. Weniger als zwanzig Zentimeter trennen uns voneinander. »Versuch es noch einmal.«

»Kein Interesse, aber Dankeschön.«

Sie lachen mich aus. Fest beiße ich die Zähne zusammen, will mit dem Kopf durch die Wand, die Barriere aus Testosteron durchbrechen. Doch die Brüder sind schneller, drängen mich erneut gegen das Fenster, weshalb ich unter vier Augenpaaren jämmerlich zusammenschrumpfe, mir selbst eine Ohrfeige verpasse.

Männer sind Schweine! Und erst recht, wenn sie so von sich überzeugt sind, wie diese Exemplare vor mir.

»Das kannst du besser, kleine Fleur. Na los, wir warten.«

Rocco Morata übernimmt die Bühne. Etwas zu lange verharrt mein Blick auf seinem gänzlich tätowierten Oberkörper, der nur spärlich von einer Lederjacke bedeckt wird. Um meinen Augen einen anderen Fokus zu geben, starre ich auf meine Füße, lasse mir die Haare ins Gesicht fallen. Widerwillig spucke ich mir selbst die Frage entgegen, weil ich mich so dermaßen in die Ecke drängen lasse. »Was soll ich tun, um meine Sachen wiederzubekommen?«

Mit dem Zeigefinger hebt er mein Kinn an, lässt sein Zungenpiercing hervorschnellen und streicht etwas zu fest über die Schramme auf meiner Wange. »Du lernst flink. Das gefällt mir.«

»Dann spannt mich nicht auf die Folter und kommt zur Sache.«

Applaus von dem Typen mit Sonnenbrille und kariertem Bandana um die Stirn gewickelt. Sage schüchtert mich in der Formation am meisten ein. »Du bekommst deine Sachen zurück, wenn du einem von uns erlaubt hast, dir seine Zunge in den Hals zu stecken.«

»Ihr erpresst mich?«

»Finderlohn, Petit«, ergänzt Angel gelassen. »Nicht mehr und nicht weniger.«

Kurz überlege ich, ob ich um Hilfe rufen soll. Es wäre so leicht. Das Haus ist voll mit Leuten, die mich nicht kennen, die ich nach dem Sommer nicht wiedersehen werde. Doch ich bleibe still, denke an meine Mum, wäge ab: Ein Kuss für meine Sachen und gegen die Traurigkeit im Gesicht von Gloria. Ich schlucke, stelle mich aufrecht.

»Phoenix«, spreche ich mit fester Stimme, schaue genau in seine Richtung. Er ist der Einzige, der sich bisher zurückgehalten hat. Meine Wahl fällt auf ihn. Dunkelbraune Haare fallen ihm locker in die Stirn und im Mundwinkel hängt ein süßlich duftender Stick. Der Marihuana-Geruch ist unverkennbar. Dass er ein Achselshirt mit der Aufschrift Sex, Drugs & Rock & Roll trägt, hätte mich in einer anderen Situation angesprochen. Jetzt bin ich kaum imstande, einen klaren Gedanken zu fassen.

Atemlos und mit immer wilder pochendem Herzen beobachte ich, wie er sich dicht vor mich stellt, auf mich hinabblickt. Er überragt meine einen Meter siebzig um anderthalb Köpfe. Je länger diese Situation andauert, desto mehr werde ich eins mit der Scheibe, so fest presse ich mich dagegen. Zwischen Daumen und Zeigefinger greift er die Tüte, hält mir den Stick vor die Lippen. »Willst du fliegen?«

Entgegen jeder Vernunft, ziehe ich fest am Joint, puste ihm den Rauch schnippisch ins Gesicht. »Na los«, flüstere ich. »Hol dir deinen Finderlohn.« Links und rechts landen seine Hände neben meinem Kopf, was mich nachhaltig aus dem Konzept bringt. Phoenix duftet nach Regen, der auf die warme Erde tropft, Minze und einer dunklen Note, die meine Sinne berauscht. Mit eisblauen Augen taxiert er mich abschätzig.

»Ich trete meinen Platz an Rocco ab.«

Mir bleibt keine Zeit, das Gesagte zu verarbeiten. Eine Hand greift in meinen Nacken, ein weicher Mund legt sich auf meinen und eine gepiercte Zunge teilt kompromisslos meine Lippen. Obwohl ich mich versteife, kralle ich mich in Roccos Oberarme, sende ambivalente Signale aus. Das hier ist mein erster Kuss seit Jahren und ich verfalle in einen Rausch. In einen Tanz. Und alle gucken zu.

»Danke«, haucht er in mein Ohr. »Du schmeckst nach mehr. So Fuck viel mehr.«

Die Brüder lassen von mir ab, drücken mir die Gegenstände in die Hand. Verwirrt sacke ich in die Knie. Ich bin high. Vom Dope, vom Kuss, meiner Angst ... Sechs Wochen liegen vor mir.

3. Kapitel

Sempre Viva

Die Tür ist noch nicht ganz ins Schloss gefallen, da packe ich meinen kleinen Bruder am dünnen Stoff seines Shirts und ziehe ihn dicht vor mein Gesicht. »Fick sie, aber gib ihr kein Dope am ersten Abend. Es reicht, dass wir einen Junkie in der Familie haben. Ist das klar?!«

»Sagt der perverse Penner, der sie beim Duschen stalkt und nur zu gern den Stoff vertickt.« Phoenix schubst mich von sich. »Das ist krank, Alter.«

Bevor die Situation eskaliert, ist es Sage, der uns beiden jeweils eine Flasche Bier in die Hand drückt und sich zwischen uns stellt. »Was machen wir mit ihr?«

»Die Frage ist, was machen wir nicht mit ihr?«

Ich ziehe mir ein frisches Hemd über, lasse die Worte für einen Moment im Raum stehen. Wenn es nach mir ginge, würde ich ihr die Sache mit dem Champagner umgehend zurückzahlen, ihren Einstand gebührend feiern, aber ich kneife ein Auge zu. Vorerst.

»Was spricht gegen ein bisschen Spaß? Weil Charles uns hier als Babysitter festkettet, obwohl wir alle etwas anderes geplant hatten?«

»Du willst das volle Programm, Roc? Ohne Vorgeplänkel?«

Er nickt, leckt sich die Lippen, weshalb mir klar ist, dass er die pure Unschuld gekostet hat. So wie ich. Petits Körper ist makellos, voller kleiner Sommersprossen und mir geht fast einer ab, wenn ich darüber nachdenke, das zu korrigieren.

»Die Kleine ist siebzehn. Minderjährig!«

»Noch! Und seit wann schert dich das, wenn die Möglichkeit besteht, deinen verseuchten Schwanz in einer dicht vor dir tänzelnden Pussy zu versenken?«

Eine Antwort erhalte ich nicht. Phoenix taucht in seine Welt ab, sitzt vor einem kleinen Spiegel und betäubt sich wieder einmal nach allen Regeln der Kunst selbst.

»Du kennst unseren Kodex. Entweder freiwillig oder gar nicht. Lassen wir es darauf ankommen.«

Mit der Hand streiche ich über das frisch bezogene Rundbett, blicke hinauf an die verspiegelte Decke, sehe mich selbst. Sage hat recht. Wir teilen. Wir vögeln. Hart. Jeder hat Vorlieben, auf seine persönliche zerstörte Art und dennoch gibt es Regeln, an die wir uns halten. Auch wenn es mir diesmal verdammt schwerfällt. Denn wie hat Petit es treffend über mich verfasst: Fucked Angel Morata ... Das stimmt, ich bin abgefuckt und ritze Glorias Tochter mit Freude meine Initialen in die Haut.

»In Ordnung«, spreche ich mit fester Stimme, nippe an meinem Bier. »Ihr wisst, wie es abläuft. Direkter Kurs! Direkter Treffer! Kitzeln wir sie, spielen wir mit ihr, machen wir die verbotene Frucht nass.« Demonstrativ stelle ich mich vor Phoenix, recke ihm meine Flasche entgegen. Aus glasigen Augen blickt er zu mir auf, streicht sich die strähnigen Haare aus dem Gesicht. »Bist du wie immer dabei?«

Langsam erhebt er sich, taxiert mich auf Augenhöhe. Aus meinem kleinen Bruder ist ein ebenbürtiger Mann geworden. »Eine Frage, eine Antwort, Angel. Warum sie?«

»Warum nicht sie, Phoenix?« Ich greife in seinen Nacken, ziehe seinen Kopf dicht zu mir heran, flüstere. Meine Worte sind schneidend, deutlich, unbeschönigt. »Du willst es, du weißt es und du brauchst es. Den Kick, weil du danach gierst, wenn sie in meinen Armen erblühen und du dir zeitgleich deine Line ziehst. Ab sofort klopft der Rausch jeden Tag an deine Tür, denn der Sommer meint es gut mit uns, hat sich Rotkäppchen vor unsere Betten verirren lassen.«

Grob reißt er mir das Päckchen aus der Hand, welches ich aus meiner Hosentasche ans Tageslicht befördere, stößt klirrend mit mir an. Seine Abgründe sind tief, zu tief und wenn seine Selbstbeherrschung bröckelt, wird das ein Inferno auslösen. Die nächste Zigarette landet qualmend in seinem Mundwinkel, glimmt vor sich hin, bis er auf jeden von uns zeigt.

»McGhee bedeutet Ärger. Auf verschissenen Liebeskummer am Frühstückstisch, weil wir eine Jungfrau knacken, habe ich keinen Bock. Sechs Wochen. Maximum.«

»Beruhig dich, Kumpel. Deine Message ist angekommen. Vögeln ja, heiraten nein.«

»Fresse, Roc. Ich hau ab.«

Zurück bleiben wir drei. Im Pitch. Unserem Synonym für Sempre Viva. Wir sind, wer wir sind. Jung. Lebendig. Verdorben. Für immer.

4. Kapitel

Ich. Bin. Kein. Opfer

Der nächste Morgen fängt deutlich besser an, als der vergangene Abend aufgehört hat. Dennoch presse ich meine Augen zusammen, um das Geschehene aus meinen Gedanken zu tilgen. Ich bin damit eingeschlafen, träumte nachts davon und sehe es jetzt im Spiegel vor mir. Das, was ich zugelassen habe. Ich schmecke Rocco in meinem Mund, egal wie oft ich mir die Zähne putze. Fühle den Rauch von Phoenix in meiner Lunge, obwohl ich die frische Meeresluft durch das geöffnete Fenster wie eine Ertrinkende einatme. Spüre den stechenden Blick von Angel auf meiner Haut. Sehe Sage vor mir, unter dessen Oberfläche ein schlafender Vulkan tobt.

Kurz bin ich geneigt, zu den Tabletten zu greifen, meine Gefühle zu dämpfen, verdränge den Gedanken schnell wieder. Ein Ausrutscher ist kein Ausrutscher. Ein Moment der auferzwungenen Schwäche wird mich nicht an mir selbst zweifeln lassen. Mit beiden Füßen bleibe ich im Licht und sperre die Dunkelheit aus, inklusive meiner Impulsivität. Dass ich Angel den Schampus über das Hemd geschüttet habe, war übertrieben. Denn mir ist das Prinzip von Ursache und Wirkung aus dem Physikunterricht durchaus bekannt.

Mit wenigen Handgriffen binde ich mir die Haare zu einem Zopf, fädele den Pferdeschwanz durch die Öffnung der Yankees und schultere meinen Rucksack. Solange ich hier bin, werden wir zu untrennbaren Zwillingen. Wo ich hingehe, wandert er ebenfalls hin.

Frisch motiviert verlasse ich mein Märchenzimmer auf Zeit. Charles hat sich mit der Einrichtung enorm viel Mühe gegeben. Ein großes Himmelbett, flauschige Teppiche, Multimedia der Extraklasse und ein eigenes kleines Bad direkt nebenan. Am besten gefällt mir jedoch der gemütliche Sitzplatz vor dem Fenster. Von dort aus habe ich eine unvergleichliche Sicht auf das Meer, höre sogar die Wellen rauschen, sofern sich ungebetene Partygäste zurück in ihre Löcher verkriechen. In New Salem beschränkte sich der Ausblick auf vertrocknete Felder und ein großes schäbiges Fabrikgebäude mit dampfendem Schlot.

Als hätte Holly auf das Öffnen meiner Zimmertür gewartet, steht sie prompt vor mir, klimpert mit ihren dichten Wimpern. »Wo warst du gestern so plötzlich?«

Ich habe mit deinen Brüdern gespielt, oder besser, sie mit mir.

»Kopfschmerzen«, antworte ich schnell, was noch nicht einmal gelogen ist. »Ein schwarzes Loch, weitab vom Trubel, ist dann das Einzige, was Abhilfe schafft.«

»Kommst du mit zum Frühstück? Alle sind wach und mein Magen knurrt gewaltig.«

»Holly, du hättest nicht auf mich warten müssen. Für gewöhnlich esse ich kaum etwas am Morgen.«

»Ich wollte aber.« Der Trotz eines Mädchens in der Blüte der Pubertät.

Damit nimmt sie mir den Wind aus den Segeln. Außerdem erklärt sie mir feierlich, dass ihr Zimmer direkt gegenüber von meinem liegt. Charles und Gloria ebenfalls im linken Flügel residieren, die männliche Fraktion dafür den kompletten rechten Arm belegt. Dazwischen siedeln sich die Gemeinschaftsräumlichkeiten an. Auf den ersten Blick ist die Villa wie ein doppelgeschossiges modernes Rechteck aufgebaut, inklusive eines Kellergeschosses, wo die motorisierten Schwanzverlängerungen schlafen.

»Genug Umgebungskunde fürs Erste. Riechst du das? Mein Dad macht Pancakes.«

»Mit Ahornsirup?«

Sie zieht ihre Nase kraus, schleift mich hinab in eine Küche, die so groß ist, wie die Hälfte unserer Wohnung. »Magst du den etwa nicht?«

»Nicht wirklich«, gebe ich zu und lächele entschuldigend. »Ich bin eher der Frische-Sahne-Typ.«

»Das lässt sich einrichten«, ertönt eine Stimme direkt neben mir, weshalb ich zusammenzucke. Das war eine klassische Steilvorlage.

»Verdammt, Sage. Schleich dich nicht immer so an.«

Holly boxt ihrem Bruder in den Bauch und er nimmt breit grinsend Position ein. Sage ist der sportliche Morata-Sprössling. Aus seiner Körperhaltung interpretiere ich, dass er häufiger in den Ring steigt.

»Wie hast du geschlafen, Flores? Wir haben den Ehrengast auf der Party vermisst.«

Charles zieht den Stuhl an einer üppig gedeckten Tafel zurück, setzt mich genau in die Mitte von Rocco und Angel. Den Rucksack klemme ich zwischen meinen Füßen ein.

»Danke für das luxuriöse Zimmer«, weiche ich seiner Frage sowie dem leicht unterschwelligen Ton aus, beobachte, wie Phoenix in die Küche schleicht. Anstatt sich zu uns zu setzen, gießt er sich einen Pott Kaffee ein, lehnt sich mit dem Rücken gegen die Kochinsel. Heute trägt er ein schwarzes Bandshirt von Mötley Crüe zu einer tief sitzenden zerschlissenen Jeans. Total peinlich ertappe ich mich dabei, wie ich ihn etwas zu lange anstarre. Augenblicklich kippt die Stimmung. Sein Dad wirkt alles andere als begeistert von seinem abweisenden Verhalten.

»Flores meinte, sie hatte Kopfschmerzen, daher war sie gestern so früh verschwunden.«

War ich mit vierzehn ebenso vorlaut? Die Antwort ist simpel: Nein. Ich war schlimmer.

»Geht es dir denn heute besser?«, fragt meine Mum kauend und versucht, die einsetzende Stille zu überbrücken. »Du hast mir bisher nicht erzählt, woher der blaue Fleck auf deiner Wange und die Schramme an deinem Kinn stammen.«

»Lass uns das später besprechen«, bitte ich sie gespielt freundlich und trinke einen Schluck Orangensaft, an dem ich fast ersticke.

»Aber dann erst heute Abend. Charles hat Holly und mich zu einem Stadtbummel mit anschließendem Lunch, Kino und Dinner eingeladen. Es sei denn, du möchtest mitkommen, ein bisschen die Stadt kennenlernen.«

»Möchte sie nicht, Gloria«, mischt sich Angel unverfroren ein. Unter dem Tisch berührt er mich absichtlich mit seinem Knie. »Später kommen ein paar Freunde vorbei. Wir verbringen den Tag am Strand, genießen die Sonne. Deine Tochter ist fest eingeplant, mit uns ein bisschen Spaß zu haben.«

Auf meinem Teller landen zwei Pancakes, garniert mit frischen saftigen Himbeeren. Mein Magen rebelliert.

»Oh, das klingt wunderbar. Vergiss aber bitte nicht, dich ordentlich einzucremen. Versprochen, Schatz?«

Rocco legt mir seinen Arm um die Schulter, zieht mich an sich. »Wir passen auf sie auf, wozu sind große Brüder schließlich da.«

Ohne Vorwarnung kneife ich ihm in die Seite, aber er lässt sich nichts anmerken. Stattdessen streichelt er über meinen Rücken, sodass ich auf der Sitzfläche bis zum Anschlag nach vorn rutsche.

»Iss, bevor sie kalt werden.«

Unter dem wachsamen Blick von Gloria stopfe ich mir ein Stück in den Mund, kaue verkrampft.

»Ihr fehlt die Sahne«, stellt Sage fest, verschränkt seine Arme hinter dem Kopf. »Das nächste Mal halten wir welche für dich bereit.«

Die Zweideutigkeit seiner Worte bleibt mir nicht verborgen. Sicherlich meint er nicht die Sahne aus dem Supermarkt und er weiß, dass ich das weiß.

»Erzähl uns ein bisschen was von dir, Flores. Von deinen Hobbys, möchtest du nach der Highschool studieren? «

Alle Anwesenden schweigen, warten auf meinen Einsatz. Wie ich das hasse.

»Musik ist mein Hobby«, erwidere ich knapp.

»Und welche Richtung?« Der Herr des Hauses lässt mich nicht vom Haken.

»Grunge, Metal, Rock, harte Gitarrenriffs. Hauptsache, der Funke springt über, löst eine Emotion aus.«

»Hörst du, Phoenix. Du hast eine Gleichgesinnte gefunden.«

Sein Sohn dreht den Kopf in meine Richtung, fokussiert mich düster und ich weiche seinem stechenden Blick aus. Er kann mich mal oder etwa nicht? Allein die Frage in meinem Kopf nervt und ich sehne die Einfachheit meiner vier Wände herbei.

Holly steht auf, schiebt ihren Bruder auf den freien Platz neben sich. Widerwillig fällt er auf den mit weichem Samt bezogenen Freischwinger. Keinen Bissen bekomme ich mehr herunter, lege Messer und Gabel zurück auf den Teller.

»Keinen Hunger, Petit?« Angels warme Hand landet auf meinem Oberschenkel. Sofort halte ich den Atem an. Zentimeter für Zentimeter schiebt er sie hinauf, bis zum Rand meiner Shorts.

»Hey, McGhee, ich brauche noch einen Schluck Kaffee.« Phoenix streckt mir seine Tasse entgegen. »Jetzt!«

»Also wirklich, du überraschst mich immer wieder, Junge. Wo ist dein Anstand geblieben?«