Brennendes Begehren wie damals - Annie West - E-Book

Brennendes Begehren wie damals E-Book

Annie West

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Beschreibung

Die Auktion ist vorbei! Portia ist überglücklich, dass ein altes Gemälde von ihrem elterlichen Anwesen einen hohen Preis erzielt hat. Bis sie schockiert den neuen Besitzer sieht: ihre erste große Liebe Lex Moran, der früher auf Cropley Hall gearbeitet hat! Doch er heißt nicht mehr Moran, sondern Tomaras, wie seine griechischen Vorfahren. Und er ist auch kein Arbeiter mehr, sondern ein rachsüchtiger Milliardär, dessen abschätzender Blick sie mitten ins Herz trifft. Nur eins ist noch genauso: das brennende Begehren zwischen ihnen, das Portia wehrlos macht …

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Seitenzahl: 203

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Annie West

Brennendes Begehren so wie damals

IMPRESSUM

JULIA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/82 651-370 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© Deutsche Erstausgabe 2025 in der Reihe JULIA, Band 2702 Übersetzung: Anja Görgens

© 2025 by Annie West Originaltitel: „Ring for an Heir“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

Abbildungen: Harlequin Books S.A., gosia76, lovelyday12 / Getty Images, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2025 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751534833

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Jegliche nicht autorisierte Verwendung dieser Publikation zum Training generativer Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) ist ausdrücklich verboten. Die Rechte des Autors und des Verlags bleiben davon unberührt. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Portia saß am Ende der Reihe, die Hände über dem Katalog auf ihrem Schoß gefaltet, während der Auktionator das Objekt vorstellte, das als Nächstes zur Versteigerung anstand.

Obwohl sie hier arbeitete, kam sie sich heute in dem berühmten Londoner Auktionshaus fehl am Platze vor. Normalerweise saß sie in einem der Hinterzimmer am Schreibtisch und erledigte den Papierkram, weshalb sie nur selten in die eleganten Räume des Unternehmens kam, um Kunden Erfrischungen zu reichen.

Es war nicht der Reichtum der Leute um sie herum, der sie nervös machte, sondern vielmehr die Tatsache, dass ihr eigenes Objekt bald an der Reihe sein würde.

Ihr rechtes Bein wippte wie von selbst auf und ab, bis sie sich zwang, es stillzuhalten und tief einzuatmen. Ruhiger machte sie das jedoch nicht. So viel hing von dem Verkauf ab. Falls sich denn überhaupt ein Käufer fand.

Natürlich wird es verkauft.

Es mochte kein bedeutendes Gemälde sein, geschweige denn ein Meisterwerk, aber dem Gutachter zufolge gab es durchaus einen Markt für gute englische Landschaftsbilder. Sie würde ein hübsches Sümmchen dafür bekommen.

Würde das reichen?

Nach Jahren in schlecht bezahlten Jobs und mit ständigen Geldsorgen war dies ihre Chance. Mit dem Geld, das sie sich vom Munde abgespart hatte, und einem anständigen Verkaufspreis wollte sie den Sprung wagen und studieren.

Ein Abschluss in Kunstgeschichte war keine Garantie für eine abgesicherte Zukunft, aber Portia wusste, was sie wollte.

Das Schicksal konnte einem von jetzt auf gleich alles Glück rauben. Wenigstens den Traum vom Studium würde sie nicht aufgeben. Nur er hatte ihr die Kraft gegeben weiterzumachen.

Statt sich von herzzerreißendem Verlust oder dem Rachedurst und Zorn ihres Vaters einschüchtern zu lassen, hatte sie noch entschlossener für ihren Traum gekämpft. Für das, was ihre Leidenschaft weckte.

Portia verzog das Gesicht. Eigentlich hatte sie Leidenschaft längst hinter sich gelassen. Mit Ausnahme der Leidenschaft für Kunst. Die hatte ihr in dunklen Zeiten Trost gespendet. Deshalb war es passend, dass ausgerechnet ein Gemälde ihrem Leben möglicherweise eine Wendung geben konnte.

Sie verschränkte die Finger fest ineinander. Was für eine garstige Fügung des Schicksals. Das einzige Bild, das sie gern behalten hätte, war zugleich das einzige Bild, das ihr Vater ihr vererbt hatte – wahrscheinlich nur wegen der Mahnung seines Anwalts, irgendetwas müsse er ihr in seinem Testament hinterlassen.

Auf dem Gemälde sah Cropley Hall aus wie eine Illustration in einem Bilderbuch. Der Künstler hatte eingefangen, wie die untergehende Sonne auf das alte Gemäuer schien, die Fenster zum Glitzern brachte und die blass roséfarbenen Rosen wie Schaumkronen auf dem Meer wirken ließ. Portias Mutter hatte den Garten umgestaltet und diese Rosen gepflanzt.

Während Portias Kindheit war Cropley Hall ein magischer Ort gewesen, voller Freude und Abenteuer. Damals hatte ihre Mutter noch gelebt. Mit ihrem Vater hatte sie selten zu tun gehabt.

Jetzt war dieses Gemälde der einzige Besitz, der sie mit ihrer Mutter verband.

„Und nun kommen wir zu unserem letzten Objekt“, kündigte der Auktionator an.

Adrenalin strömte durch Portias Adern. Ihr Herz hämmerte dermaßen, dass sie zusammenzuckte und der Katalog von ihrem Schoß auf den Boden glitt.

Es war so weit. Keine Zeit für Reue.

Sie beugte sich vor und hob den Katalog auf. Als sie wieder aufrecht saß, hatte das Bieten begonnen. Eine Frau in einem grünen Kleid hob die Hand. Dann blickte der Auktionator zu jemandem weiter hinten, und der Preis kletterte höher.

Die Leute überschlugen sich zwar nicht vor Interesse, aber zu den beiden Bietern gesellte sich ein dritter. Portia reckte den Hals und sah einen weißhaarigen Mann in einem grellen Jackett. Die Person hinten im Saal konnte sie nicht erkennen.

Welche Rolle spielt es, wer das Bild kauft? Du kannst die Leute ja nicht auf Herz und Nieren prüfen, damit es in gute Hände kommt. Du brauchst nur das Geld.

Und doch … Wieder sah sie zu dem Gemälde und empfand Bedauern. Sehnsucht nach etwas, das sie einst besessen hatte, und nach dem, was hätte sein können. So plötzlich stieg das Verlustgefühl auf und so stark, dass es sie überwältigte. Tränen brannten heiß in ihren Augen. Sie blinzelte und senkte den Blick auf den Katalog.

Erinnerungen schossen ihr durch den Kopf – und zu ihnen gesellten sich viele Gefühle, die einen ziehenden Schmerz in ihrem Herzen auslösten. Ihr drehte sich der Magen um. Einen solch verzehrenden Kummer hatte sie schon Jahre nicht mehr erlebt. Sie wusste nicht mehr, wann sie zuletzt geweint hatte, aber das Kribbeln in der Nase und der Kloß im Hals straften ihre äußerliche Gelassenheit Lügen.

Als sie sich wieder im Griff hatte, war die Auktion vorbei. Frauen schulterten ihre Handtaschen. Männer klemmten Kataloge unter die Arme. Unterhaltungen ertönten.

Portia sprang auf und wollte gerade den Herrn neben sich fragen, welches Gebot für das Bild den Zuschlag bekommen hatte, da wandte er sich um und sprach mit jemandem.

Sie trat aus der Stuhlreihe. Ihr Blick traf den von Phil, ihrem Kollegen, der für den Transport der Objekte zuständig war. Er lächelte, und sie eilte auf ihn zu, bevor er das Gemälde wegtrug. „Wie hoch war das letzte Gebot, Phil? Ich habe es nicht mitbekommen.“

„Nicht mitbekommen? Obwohl es sich beim Käufer um Mr.Tomaras handelt? Das hat ja für allerhand Aufsehen gesorgt. Ich dachte gar nicht, dass so ein Bild sein Ding ist.“

Ihre Augen weiteten sich bei der Vorstellung, dass ihr Gemälde einem griechischen Tycoon gefiel. Doch als Phil das endgültige Gebot nannte, vergaß sie alles andere.

Sie würde genügend Geld haben, um ein Studium zu finanzieren, solange sie nebenbei etwas verdiente und bescheiden lebte.

Voller Erleichterung verließ sie den Saal. Dieser Geldregen würde ihr Leben verändern. In ihre Euphorie mischte sich ein Wermutstropfen. Ihr sechster Sinn warnte sie davor, an ihr Glück zu glauben.

Portia schüttelte den Kopf, um die ungute Ahnung abzuschütteln. Sie durchquerte die eleganten vorderen Räume des Auktionshauses mit Schmuckstücken und Kunstgegenständen in Schaukästen. Vielleicht würde sie eines Tages als Kunstexpertin hier arbeiten. Oder in einer Galerie oder einem Museum.

Vorfreude verdrängte die seltsame Skepsis, die in ihr aufgestiegen war.

Alles wird gut. Besser als gut.

Es wird wundervoll.

Portia lächelte ihre Kolleginnen am Empfang an und trat in den langen Korridor, der zum Eingang führte. Links und rechts lagen kostspielig gestaltete Innenhöfe.

Vor sich sah sie die vorbeifahrenden Autos, alle mit eingeschalteten Scheinwerfern an diesem späten Dezembernachmittag. Kurz bevor sie den Bürgersteig erreichte, stellte sich ihr jemand in den Weg.

Der Mann stand mit dem Rücken zum Licht. Er war groß, breitschultrig, und seine Locken streiften den Kragen einer kurzen Lederjacke. Die langen Beine steckten in Jeans.

Portias Herz setzte einen Schlag aus. Sie stoppte ruckartig, überwältigt von dem Gefühl, ein Déjà-vu zu erleben.

Statt im gedämpften Licht zu dem Mann hochzusehen, drehte sie den Kopf hastig zur Seite.

Der Junge, den sie gekannt hatte, war stark, aber im Vergleich zu diesem Mann schlaksig gewesen. Nur die Haare und die Jacke erinnerten an ihn. Sie gab dem Gemälde von Cropley Hall die Schuld dafür, die Vergangenheit aufleben zu lassen.

Zittrig atmete sie ein, ignorierte ihren rasenden Puls und machte einen Schritt nach rechts.

Wieder stellte er sich ihr in den Weg.

„Pardon.“ Sie wich auf die andere Seite des Korridors aus. Genau wie der Mann.

Portia hielt inne. Es war besser, ihn vorbeizulassen. Nur bewegte er sich nicht. Er stand einfach da, ihr gegenüber.

„Na so was. Wer hätte gedacht, dass ich dich hier treffen würde, Prinzessin.“

Blitzartig wurde ihr derart heiß, dass ihre Wangen zu brennen schienen. In der nächsten Sekunde glaubte sie, zu Eis zu erstarren.

Diese Stimme. Sie war ihr einmal vertraut gewesen. Aber so wie jetzt hatte sie nie geklungen. Nie so harsch.

Nur ein einziger Mensch hatte sie je Prinzessin genannt. Er hatte sie mit Dornröschen verglichen, die in einem von Rosen umgebenen Schloss gefangen war und darauf wartete, geweckt zu werden.

Aufgewacht bist du in der Tat. Und deine Naivität hast du schnell abgelegt.

Am Ende hatte sie sich selbst aus ihrem dornigen Gefängnis befreit.

Langsam, widerstrebend, hob sie den Kopf, während ihr das Herz schmerzhaft bis zum Hals schlug.

Die Wolken, die das Tageslicht gedämpft hatten, mussten sich aufgelöst haben. Oder jemand vom Personal hatte helleres Licht im Korridor angeschaltet. Wie auch immer: Jetzt sah Portia den Mann klar vor sich.

Blaue Augen, olivfarbene Haut und glänzende schwarze Haare. Die ungewöhnliche Kombination war schon immer unglaublich faszinierend gewesen. Er hatte fein geschnittene, markante, beinahe arrogante Gesichtszüge. Sein Mund war breit und üppig.

Und unglaublich weich.

Sie erinnerte sich an das Gefühl seiner Lippen an ihren und musste jedes Fitzelchen Selbstbeherrschung mobilisieren, um sich nicht eine Hand auf die Brust zu legen. Das Atmen fiel ihr schwer. Genau wie nach der Bestattung ihrer Mutter, als sie mit deren Pferd über die Felder galoppiert und beim Sprung über ein Gatter böse gestürzt war.

Eine Stimme erklang wie aus weiter Ferne, so dünn, dass Portia einen Moment brauchte, um sie als ihre eigene zu erkennen. „Lex? Was machst du denn hier?“

Seine strenge Miene wurde nicht milder. Die einzige Veränderung bestand darin, dass er die schwarzen Brauen leicht hochzog.

Überraschte ihn ihre Frage? Früher waren sie beide …

Nein, denk nicht daran.

Denn als ihre Lunge und ihr Hirn jetzt wieder die Arbeit aufnahmen, fiel ihr ein, dass er sich bestimmt nicht freute, sie zu sehen.

Statt zu antworten, bückte er sich und hob etwas auf. „Du solltest besser auf deine Sachen achten.“

Portia senkte den Blick auf ihre Handtasche in seiner breiten Hand. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie ihr heruntergefallen war. „Danke“, sagte sie und nahm die Tasche mit spitzen Fingern entgegen.

„Was meine Anwesenheit betrifft …“ Jetzt lächelte er, allerdings nicht freundlich oder anerkennend. Eher abschätzend. „Ich habe Kunstwerke gekauft, was sonst?“

Natürlich ist er nicht hergekommen, um dich zu treffen. Er wusste ja nicht mal, dass du hier bist.

Hinter ihr sagte ein Mann: „Mr.Tomaras, ich dachte, Sie wären schon gegangen.“

Sie drehte sich um und sah Piers Jameson, den Direktor des Auktionshauses.

„Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?“, fragte Piers.

Den Rest bekam sie nicht mit, weil sie zu beschäftigt war, das zu verarbeiten, was ihr Chef gesagt hatte.

Tomaras.

Aber er hieß nicht Tomaras, sondern Moran! Lex Moran.

„… alte Bekannte.“

Portia schnappte nur die beiden letzten Worte auf, als sich die Männer ihr zuwandten. Piers halb entzückt, halb überrascht, Lex mit einem undurchdringlichen Blick, der bewies, dass er auch nach all der Zeit nicht vergessen – oder vergeben – hatte.

„Was für ein Zufall.“ Piers musterte seine Mitarbeiterin. „Ich will Ihr Wiedersehen nicht länger stören. Aber ich schicke Ihnen den Katalog mit den modernen Skulpturen, Mr.Tomaras.“

Ihr Chef ging. Sie war wieder allein mit Lex, drauf und dran, Arbeit vorzuschützen und an ihren Schreibtisch zurückzukehren, um die Unterhaltung zu beenden.

Andererseits war dies ihre einzige Chance, Lex zu sehen. Mit ihm zu reden. Zwischen ihnen gab es einiges zu klären. Beim Gedanken daran schnürte sich ihre Kehle zusammen. Ihr war entschieden flau im Magen. So viel hatte sich seit damals geändert.

„Du siehst aus wie ein Kaninchen, das in einen Scheinwerfer starrt.“ Er sagte es ohne jede Spur von Humor.

Jäh wünschte Portia, sie wäre ihm nicht begegnet, obwohl sie diese Gelegenheit jahrelang inständig herbeigesehnt hatte. Natürlich lässt ihn das Wiedersehen kalt. Die Vergangenheit ist aus und vorbei. Sie zuckte die Schultern. „Ich bin überrascht, dass wir uns über den Weg gelaufen sind.“

„Du meinst wohl, du bist überrascht, mich hier zu sehen? Ein Bursche aus der Arbeiterklasse unter lauter gut betuchten Leuten?“

Das Blut stieg ihr in die Wangen. Wer konnte ihm den Sarkasmus verübeln? Ihr Vater hatte seine Vorurteile nicht für sich behalten. Auf einmal fühlte sie sich zu erschöpft für diese Konfrontation.

„Du brauchst etwas, das deine Lebensgeister weckt. Komm.“ Er schob ihr eine Hand unter den Ellbogen und drehte sich zur Straße.

Sofort sprudelte das Blut schneller und heißer durch ihren Körper, und ihr Puls schoss in die Höhe. Als würde Lex es spüren, schloss er die Finger fest, fast krampfhaft um ihren Ellbogen, bevor er sie wieder lockerte. Portia merkte, dass er sie kurz von der Seite anblickte, mit einer Eindringlichkeit, die sie förmlich versengte.

Also ist es immer noch da, nach all den Jahren.

Sie hatte sich eingeredet, die Anziehungskraft wäre bloß eine Erinnerung. Ausgeschlossen, dass Lex etwas außer kalter Neugierde empfand. Und ihre eigenen Gefühle … Die waren zu durcheinander, um sie deuten zu können.

Lügnerin.

Portia ging neben ihm her und nahm ihn mit allen Sinnen wahr, seine Größe, den verlockenden Hauch eines Eau de Cologne, das sie an weiße Sandstrände im Sonnenschein und gebräunte Männerhaut denken ließ.

Ein Schauer rieselte durch ihren Körper, und wieder schloss Lex die Finger fester um ihren Ellbogen. Hielt er sie fest, oder stützte er sie?

Fast hätte sie gelacht. War sie hysterisch? Die Straße und die Fußgänger verschwammen. Wirklich war nur der Mann neben ihr und ihre Mischung aus Aufregung und Bestürzung.

Sie betraten eine Bar, in der Portia wegen ihrer hohen Preise noch nie gewesen war. Die Einrichtung war prachtvoll, der Service diskret. Ein Angestellter führte sie zu einer Nische in der Sessel mit rauchgrauen Samtbezügen standen.

„Was möchtest du trinken?“, fragte Lex, ohne sie beim Namen zu nennen.

„Wasser, bitte.“

Lex bestellte Wasser für sie und für sich selbst ein Glas Wein, den sie nur vom Namen her kannte. Anscheinend hatte er in den letzten Jahren Geschmack an teurem Wein gefunden. Und ein Vermögen verdient. „Tomaras? So nennst du dich jetzt?“

Etwas Hartes, Gefährliches blitzte in seinen Augen auf, doch sie hatte keine Angst vor ihm. Warum auch? Er hatte ihr nie wehgetan. Allerdings fühlte sich sein kühler, forschender Blick an, als würde er ihr mit einer Klinge über die Haut kratzen. „So lautet mein Name.“

Seine Stimme klang tiefer als früher. Portia bekam eine Gänsehaut. Ihr Körper nahm Lex, den Mann, wahr. Trotz der Umstände spürte sie, wie etwas tief in ihr weich wurde. Die prickelnde Wärme einer Frau, die auf einen begehrenswerten Mann reagierte. Wenn sie ehrlich war, hatte sie es von Anfang an gefühlt, sogar im ersten schockierenden Moment des Wiedersehens.

Sie straffte die Schultern und sprach instinktiv brüsker als beabsichtigt, weil sie gegen ihren eigenen Körper ankämpfte. „Alexandros Tomaras? Das bist wirklich du?“ Es ergab keinen Sinn. Er war kein Grieche, sondern Engländer mit irischen Vorfahren.

„Das bin wirklich ich. Soll ich dir meinen Reisepass zeigen?“

Der Kellner servierte Rotwein und Mineralwasser. Portia wünschte fast, sie hätte Alkohol bestellt. Etwas, um ihre Nerven zu beruhigen. Andererseits musste sie jetzt bei klarem Verstand bleiben. Sie nahm ihr Glas. „Wenn du sagst, dass du so heißt, dann stimmt es. Aber wie ist es dazu gekommen?“

„Jetzt interessiert dich das also?“

Portias Körper versteifte sich. Als hätte es sie vorher nicht interessiert! Sie hätte mit dem Vorwurf rechnen sollen, doch sie war nicht vorbereitet auf die Betroffenheit und Reue, die in ihr aufwallten. Ihr Glas verharrte auf halber Höhe zwischen Tischplatte und ihren Lippen. Sie sah Lex in die Augen, ohne seinen Blick deuten zu können, und zuckte die Schultern, als würde seine Missbilligung keine Rolle spielen. Dann nippte sie an ihrem Wasser und zwang sich zu schlucken, den Schmerz zu ignorieren, den Lex’ Verachtung in ihr auslöste.

Er hob sein Weinglas, schwenkte es leicht und atmete den Duft ein, bevor er trank. Portia riss den Blick von seinem sinnlichen Mund los. Von der Art und Weise, wie sich seine Kehle bewegte, als er schluckte. Sorgsam stellte sie ihr Glas auf den silbernen Untersetzer.

„Ich habe meinen Vater gefunden“, sagte er ohne Vorwarnung.

Sie riss die Augen auf. „Tatsächlich?“, stieß sie hervor und musste lächeln. Damals hatte Lex seinen Vater nicht gekannt, und seine Mutter war allen Fragen ausgewichen. Portias Lächeln erlosch, weil er nicht erfreut aussah. „Magst du ihn nicht?“

„Im Gegenteil, er ist einer der ersten wahrhaft anständigen Menschen, die ich kennengelernt habe.“

Die Andeutung war unmissverständlich. Während seiner Zeit mit Portia hatte er niemanden gekannt, den er anständig nennen würde. Dich eingeschlossen. Obwohl seine Haltung nachvollziehbar war, konnte Portia die Geringschätzung schwer ertragen.

„Er hat sich sehr gefreut, mich kennenzulernen. Als ich ihn endlich gefunden habe, war das der beste Tag meines Lebens. Jetzt habe ich eine Familie.“

Ungeachtet ihres Kummers gönnte sie Lex sein Glück. Er war immer stoisch gewesen, aber sie hatte seine schwierige Mutter gekannt und seine Sehnsucht, die Wahrheit über seinen Vater zu erfahren. Hatte die Sticheleien gehört – nicht nur von ihrem Vater, demzufolge Lex durchtrieben und faul war, Sohn eines unbekannten Erzeugers, der ihm schlechte Eigenschaften vererbt hatte. Die Hälfte der Einwohner von Cropley war voller Vorurteile gewesen gegen den Jungen mit der olivfarbenen Haut und der Mutter, die den Erwartungen des Dorfes nicht entsprach. „Ich freue mich für euch beide. Also hast du den Nachnamen deines Vaters angenommen.“

„Eigentlich hieß ich schon immer so. Meine Mutter hat gelogen. Bei meiner Geburt war sie verheiratet.“

Portia stockte. Lex war mit seiner alleinerziehenden Mutter und deren Nachnamen aufgewachsen, nahezu mittellos. Die beiden hatten in einem winzigen Cottage gewohnt. Es gehörte einem Onkel seiner Mutter, der in den Ställen von Cropley Hall arbeitete. „Ich verstehe nicht.“

„Sie hat meinen Vater ohne Vorwarnung verlassen. Er hat jahrelang nach uns gesucht, vor allem in Irland, ihrer Heimat, und in Amerika, wo Verwandte von ihr leben. Möglicherweise litt sie unter Depressionen und konnte sich nicht an das Leben in Griechenland gewöhnen.“ Lex machte eine kurze Pause. „Inzwischen ist sie tot, deshalb werden wir es nie erfahren. Aber sie hat gelogen und sowohl meinem Vater als auch mir viel Schmerz zugefügt. Manche Menschen sind einfach so.“ Eindringlich sah er Portia in die Augen.

Da war sie – die Verachtung, die sie erwartet hatte. Sie machte den Mund auf, brachte jedoch kein Wort über die Lippen. Wie konnte sie es diesem voreingenommenen Mann erklären, der ihretwegen so verletzt worden war? Lange war sie stark geblieben, aber seine Verachtung traf einen Nerv. Sie fühlte sich unerträglich erschöpft. Wozu das Ganze? Er würde ihr nicht glauben, und selbst wenn, würde es nichts ändern. Eins allerdings musste sie wissen: „Bist du zur Auktion gegangen, weil du wusstest, dass ich dort sein würde?“

Die Art, wie er das Gesicht verzog, beantwortete ihre Frage. „Ich hatte keine Ahnung, dass du dort sein würdest. Ich wollte das Gemälde von Cropley Hall kaufen.“

„Warum?“

„Aus einer Laune heraus.“ Er hielt ihren Blick mit seinem fest. „Aber ich habe meine Meinung geändert. Ich werde es nicht behalten. Cropley Hall hat mir nie gefallen. Vielleicht verbrenne ich das Bild“, sagte er gleichmütig, mit einem grausamen Ausdruck in den Augen. Er wusste, wie sehr sie den Ort geliebt hatte, selbst in jenen letzten Jahren mit ihrem strengen Vater. Außerdem kannte er ihre Liebe zur Kunst und ahnte, wie entsetzlich sie seine Worte fand.

Es war ein Fehler gewesen, in diese Bar zu gehen. Mit einer Unterhaltung wie dieser konnte Portia keinen Schlussstrich ziehen. Nur Kummer kam dabei heraus. Sie verstand seine Wut, weigerte sich aber, ihm als Prügelknabe zu dienen. Von grausamen Männern hatte sie die Nase voll. Also betupfte sie ihre Lippen mit einer Leinenserviette und stand auf. „Danke für das Wasser, Alexandros.“ Lex, den Jungen, den sie gekannt hatte, gab es längst nicht mehr. „Ich bin froh, dass sich die Dinge gut für dich entwickelt haben.“ Sie drehte sich um und schritt zwischen den Tischen zum Ausgang, mit geradem Rücken und erhobenem Kopf, ohne einen Blick zurückzuwerfen.

2. KAPITEL

Lex stand vor der Fensterfront des Besprechungsraums. Von hier aus konnte er die dunkelblaue Ägäis jenseits von Athen sehen.

Er schob beide Hände in die Hosentaschen, verärgert über seine Unfähigkeit, sich zu konzentrieren. Statt an das Geschäft dachte er an ein Paar braune Augen voller Schmerz. An zusammengebissene Zähne, die einen inneren Aufruhr unterdrücken sollten.

Als er gesehen hatte, wie Portia aus dem Auktionssaal eilte, war alles anders geworden. Ihm entglitten. Die Welt, die er kannte, schien einen Ruck zur Seite gemacht zu haben, sodass sich selbst die vertrautesten Dinge ungewohnt anfühlten.

Er hatte Portia nur von hinten gesehen und trotzdem sofort erkannt. Wie ein Fausthieb in den Bauch war der Anblick gewesen. Eigentlich hätte er ihm nichts ausmachen sollen. Die gemeinsame Zeit war eine Ewigkeit her. Portia hatte ihn zum Narren gehalten. Angesichts ihrer Herkunft hätte er wissen sollen, dass er ihr nicht vertrauen durfte.

Trotzdem hast du es getan. Und fast wolltest du es wieder tun.

Denn ein paar Sekunden hatte Portia bei der Begegnung mit ihm verloren und erschüttert gewirkt. Als hätte ihr die Vergangenheit etwas bedeutet. Als hätte er ihr etwas bedeutet.

Einmal ist es ihr gelungen, dich zu blenden, und sie hat es erneut versucht. Selbstverständlich war sie erschüttert, als sie dir völlig unerwartet gegenüberstand.

Dennoch konnte Lex das Gefühl nicht abschütteln, dass es noch etwas zu klären gab. Dinge, die er wissen wollte.

Rachsüchtig war er nie gewesen. Selbst als seine Welt zusammengestürzt war, hatte er Portia nicht alle Schuld dafür gegeben. Sie war gerade erst siebzehn gewesen, er zwei Jahre älter. Kein Wunder, wenn sie mehr ihrem grässlichen Vater glich, als er für möglich gehalten hatte.

Trotzdem hatte ihr Verrat – mehr noch, ihr Hohn – geschmerzt. Fast so sehr wie die Erkenntnis, dass seine Mutter ihn sein Leben lang belogen hatte.

Letzten Endes war Portias Verrat eine gute Sache gewesen, sagte ihm die Vernunft. Ohne diese Frau war er besser dran. Und doch … Er hätte nicht die Beherrschung verlieren sollen, unabhängig davon, was sie ihm angetan hatte. Im Geschäftsleben hatte er gelernt, dass es eine Schwäche war, Gefühle zu offenbaren. Ein Gegner konnte diese Schwäche ausnutzen.

Ahnte Portia, wie verletzt er gewesen war? Hatte sie ihn womöglich insgeheim ausgelacht? Oder bereute sie die Trennung, nun, da sie wusste, dass aus ihm ein reicher, mächtiger Mann geworden war? 

Lex fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und versuchte, die unsinnigen Gedanken zu verscheuchen. Er hätte nicht drohen sollen, das Gemälde zu zerstören. Leere Drohungen waren nichts für ihn, aber Portia hatte auf keinen Fall erraten sollen, welche intensiven Gefühle ihn dazu getrieben hatten, für das Bild zu bieten.

Ein Blick auf das Gemälde im Katalog, und er war entschlossen gewesen, es zu ersteigern. Wenn der alte Oakhurst seine Besitztümer verkaufen musste, weil er knapp bei Kasse war, wie passend war es dann, dass Lex einen der einst sorgsam gehüteten Schätze erwarb? Er, den Oakhurst mal einen nichtsnutzigen Bastard genannt hatte?

Aber er hatte das Bild nicht nur ersteigert, um es Portias Vater heimzuzahlen. Obwohl die ganze Sache ein Jahrzehnt zurücklag, war etwas in ihm beim Anblick des Gemäldes weicher geworden. Das Foto im Katalog hatte ihn in jene glückliche Zeit mit Portia zurückversetzt, die kurz, aber unbeschreiblich schön gewesen war.

Darum hatte er gesagt, dass er es verbrennen wollte. Sie durfte nicht ahnen, dass er das Bild aus Sentimentalität ersteigert hatte.

Er glaubte nicht mehr an die Träume aus Jugendtagen. Genau genommen war es verwunderlich, dass er es je getan hatte. Nur in Portias Nähe …

Lex drehte sich um. Er hatte zu arbeiten. Er musste sich auf die Gegenwart und seine Zukunftspläne konzentrieren statt auf die Vergangenheit.