Bunte Vögel fliegen höher - Cordula Nussbaum - E-Book

Bunte Vögel fliegen höher E-Book

Cordula Nussbaum

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Beschreibung

»Wir suchen anpassungsfähige Mitdenker mit stromlinienförmigem Lebenslauf und logisch-rationalen Qualifikationen.« – So sieht der Wunschangestellte der meisten Unternehmen aus. Er muss die Karriereleiter gar nicht erst erklimmen, weil man ihn automatisch nach oben hievt. Doch was ist mit den visionären Querdenkern, die über unkonventionelle Talente und mäandernde Werdegänge verfügen? Warum versanden sie so häufig in den unteren Etagen? Erfolgsautorin Cordula Nussbaum zeigt kreativen Chaoten in ihrem neuen Buch, welche außergewöhnlichen Talente sie besitzen und wie sie diese in unschlagbare Karrierezünder verwandeln. So werden Andere-Wege-Geher zum Erfolgsturbo für sich selbst und für das Unternehmen, in dem sie arbeiten!

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Cordula Nussbaum

Bunte Vögel fliegen höher

Die Karriere-Geheimnisse der kreativen Chaoten

www.campus.de

Information zum Buch

So kommen bunte Vögel beruflich hoch hinaus!

»Gesucht: Angepasster Umsetzer mit linearem Lebenslauf und logisch-rationalen Qualifikationen« – so sieht in den meisten Unternehmen immer noch der Wunschangestellte aus. Doch die Wirtschaftswelt wird immer unübersichtlicher und riskanter. Mehr denn je brauchen Unternehmen visionäre Querdenker mit unkonventionellen Talenten. Sie wissen es nur noch nicht! Jetzt beginnt die Sternstunde der kreativen Chaoten, die mit ungewöhnlichen Ideen, einem mäandernden Lebenslauf und kalkulierter Risikobereitschaft den Erfolgsturbo starten können. Erfolgsautorin Cordula Nussbaum zeigt, welch wertvolle Talente sie besitzen und mit welch außergewöhnlichen Mitteln sie diese in unschlagbare Karrierezünder verwandeln. So werden Querdenker und Andere-Wege-Geher zum Erfolgsgarant für sich selbst und für das Unternehmen, in dem sie arbeiten!

Mit Selbst-Check: Welcher Talenttyp sind Sie?

Weitere Informationen und Arbeitsmaterialien auf der Website zum Buch: www.kreative-chaoten.com

Informationen zur Autorin

Cordula Nussbaum gilt als »Deutschlands Expertin Nummer eins für kreativ-chaotisches Selbstmanagement« (Medien-Echo). Unternehmer, Freiberufler und Angestellte trainieren mit ihr, ihr Zeit-, Selbst- und Teammanagement zu verbessern sowie in Marketing- und Karrierefragen klare Strategien zu entwickeln. Ihr Buch Organisieren Sie noch oder leben Sie schon? Zeitmanagement für kreative Chaoten wurde von Stiftung Warentest zum Testsieger unter den aktuellen Zeitmanagement-Büchern gekürt. Sie ist anerkannt als »Professional Speaker« in der German Speakers Association GSA sowie ausgebildeter Business- und Life-Balance-Coach. Die mehrfache Buchautorin und Keynote-Speakerin wurde nominiert für den »Innovationspreis« der GSA sowie für den Querdenker-Award 2011. Seit über fünf Jahren zählt sie zu den »TOP 100 Excellent Speakers Deutschland Österreich Schweiz«.

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Copyright © 2011 Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main

Umschlaggestaltung: total italic, amsterdam – berlin

Konvertierung Koch, Neff & Volckmar GmbH,

KN digital – die digitale Verlagsauslieferung, Stuttgart

ISBN der Printausgabe: 978-3-593-39358-2

E-Book ISBN: 978-3-593-41151-4

www.campus.de

|7|Vorwort

Rückblick: Berlin, August 2005

»Sie sind ja ein bunter Vogel!« Konzentriert blättert die Personalchefin eines großen Süßwarenherstellers in meiner Präsentationsmappe. Es ist Mitte August, draußen brennt die Sonne vom Himmel, im Büro steht die Hitze, eine Fliege brummt immer wieder gegen die gekippte Fensterscheibe, die keinen Hauch frische Luft hereinlässt. Mein Kleid klebt am Rücken. Scheinbar gelassen beobachte ich meine potenzielle neue Kundin bei der Lektüre.

»Bunter Vogel?«, wundere ich mich im Stillen. »Wie meint sie das denn? Ist das gut? Ist das schlecht?« Mein Kopfkino läuft an, aber ich bremse mich schnell wieder aus. Halt! Erst einmal locker bleiben und sehen, wie das Gespräch verläuft. Heute entscheidet sich nämlich, ob ich als neue Trainerin in diesem Konzern die Mitarbeiter in puncto Selbst- und Zeitmanagement fit machen darf. Was ich liebend gern tun würde.

Das Gespräch läuft gut und wir wollen uns im Dezember erneut unterhalten, wenn die Weiterbildungsmaßnahmen für das kommende Geschäftsjahr geplant werden. Ich fliege nach München zurück und merke, der »bunte Vogel« brütet immer noch in mir.

Langsam regt es mich wirklich auf, dass ich diesen Spruch einfach nicht mehr aus dem Kopf bekomme. Ich will das jetzt endgültig für mich klären, nehme meinen ganzen Mut zusammen und schreibe der Personalerin eine E-Mail. Ich bedanke mich darin zunächst für das nette Gespräch und erkundige mich dann freundlich, wie sie das mit dem »bunten Vogel« denn gemeint habe. Sie beantwortet meine Frage in einer sehr netten E-Mail, in der sie schreibt, sie sei einfach begeistert von meinem abwechslungsreichen Lebenslauf gewesen, davon, welche Erfahrungen ich schon gemacht hätte, welche unterschiedlichen Facetten dies in mein Leben bringe und wie bereichernd dies alles für eine Trainerin sei. Denn oftmals treffe |8|man – Entschuldigung, liebe Kollegen – im Trainerbereich auf total farblose Menschen, die unreflektiert irgendein Konzept nachbeten, aber nicht mit Leben füllen können, geschweige denn ein eigenes Leben mit einer entsprechenden Persönlichkeit haben.

Mir fällt ein Stein vom Herzen. Das war ja eines der schönsten Komplimente, die ich je bekommen habe. Danke für diese Rückenstärkung; offensichtlich hatte ich sie nötig. Ja, ich habe als Mittdreißigerin durchaus schon viel erlebt in meinem Leben. Allerdings empfinde ich mich dabei im Vergleich zu anderen als ziemlich brav. Na ja, etwas kreativ-chaotischer als andere, aber keinerlei Ausbrüche, Skandale oder Exzesse.

Vielleicht habe ich in meinem kurzen Leben wirklich schon mehr gemacht als andere in 70 Jahren schaffen – ein Bekannter vergleicht mich gerne mit einer Kerze, die an beiden Seiten brennt. Und ja, ich brenne. Egal was ich tue, ich lege meine gesamte Leidenschaft hinein. Sie entzündet immer wieder Ideen an jeder neuen Lebensstation: von der Industriekauffrau über das Studium der Kommunikationswissenschaften, Wirtschaftsgeografie und Markt- und Werbepsychologie hin zu einem Auslandsstudium Journalistik in Paris; von der Marketingabteilung eines Elektronikkonzerns in München über einen TV-Sender in Marseille und eine Tageszeitung in Paris bis hin zum Einstieg bei einem Nachrichtenmagazin in München und die Tätigkeit als freiberufliche Marketingjournalistin – und schließlich als Trainerin und Businesscoach. Eines hat sich aus dem anderen entwickelt, vieles lief parallel, neue Ideen wurden im Laufe meiner Arbeit geboren – und ich habe viele Gelegenheiten, die sich auf meinem Weg ergaben, kurz entschlossen am Schopf gepackt. Für mich selbst entwickelte sich alles in einer gewissen logischen, konsequenten Abfolge. Dass viele andere Menschen diese Logik allerdings nicht auf den ersten Blick erkennen können, ist mir bekannt. Und das nagt an mir.

Ich will so gerne perfekt sein, so gerne den Ansprüchen anderer Menschen in meinem Umfeld genügen. Doch ich merke, mit meinem »Anderssein«, der Neugierde auf alles, was es draußen in der Welt so gibt, meinem Motto, Dinge einfach zu tun, der Begeisterung für Neues und dem schnellen Umschwenken auf neue Herausforderungen ecke ich bei vielen Menschen an. Allein der Begriff »bunter Vogel« hat für mich einen bitteren Nachgeschmack.

Ich merke, in mir steckt viel – aber noch kann ich es selbst nicht greifen und anderen Menschen daher nicht begreifbar machen, was mich antreibt, |9|was meine glühende Leidenschaft ist und warum sie gut für alle Beteiligten sein könnte.

Berlin, August 2011

Ich sitze am Fenster meines Hotelzimmers direkt am Spandauer See, blicke über das sattgrüne Laub zweier alter Bäume hinweg auf die dunkelblau schimmernde Wasserfläche. Die Sonne lässt die Wellen funkeln wie Diamanten, eine Ente schwimmt auf dem See und zieht im Wasser eine Spur hinter sich her. Ein dicker Sand-Lastkahn schiebt sich von rechts nach links durch mein Blickfeld, hinter ihm sein Kielwasser.

Heute weiß ich: Auch ich hinterlasse Spuren, meine ganz eigenen Wellen auf dem See der Möglichkeiten. Und es ist eine riesige Erleichterung, denn mit meinen Spuren fühle ich mich richtig wohl. Heute bin ich gelassener als vor sechs Jahren, denn ich bin zunehmend stolz auf meine kreativ-chaotischen Talente.

In den letzten Jahren habe ich mich intensiv mit Talenten beschäftigt – und erkannt, dass es für meine ideenreiche Vorliebe, die Dinge anzupacken, einen systematischen Gegenpart gibt, der wiederum anderen Menschen im Blut liegt. Diese Erkenntnis war für mich ein Aha-Erlebnis und ein gewaltiger Druck fiel von mir ab: Ich musste gar nicht so sein wie alle anderen. Wenn wir uns die anfallenden Arbeiten entsprechend unseren Stärken aufteilen, hat jeder etwas davon. So einfach ist das. Und doch so schwer.

Ich habe beobachtet, wie wichtig kreativ-chaotische Talente in Gesellschaft und Wirtschaft geworden sind und nach wie vor an Relevanz gewinnen. Daher breche ich seit einigen Jahren ganz bewusst eine Lanze für die kreativen Chaoten. Die Resonanz ist enorm. Jedes Jahr erhalte ich Hunderte E-Mails von Lesern meines Buchs Organisieren Sie noch oder leben Sie schon? Zeitmanagement für kreative Chaoten oder von Besuchern meiner Vorträge und Seminare.

Die Menschen freuen sich, endlich einmal zu erleben, dass jemand ihre Denk- und Arbeitsweise versteht, statt sie merkwürdig zu finden. Sie lernen, ihre kreativ-chaotischen Stärken wertzuschätzen und ihre Talente für ihre Ziele und Wünsche einzusetzen, statt sie als »Macken« zu bekämpfen.

Die Gewissheit, dass ich auf dem richten Weg bin, erlangte ich Ende 2009, als Stiftung Warentest mein »Chaoten-Buch« zum Testsieger unter allen aktuellen Zeitmanagement-Ratgebern kürte. Im Sommer 2010 nominierte |10|mich die German Speakers Association für den Innovationspreis. Ein weiteres Zeichen für mich, dass den Kreativen die Zukunft gehört!

Heute zählen in unserer Welt eben nicht mehr nur reine Fertigkeiten, also antrainiertes Wissen, sondern es ist absolut ausschlaggebend für Ihren Erfolg, was Sie darüber hinaus mitbringen.

Tauchen Sie daher ein in die Inhalte und Übungen in diesem Buch. Entdecken Sie Ihre unkonventionellen Talente und finden Sie Ihren eigenen Weg, diese Stärken so einzusetzen, dass Sie zufrieden arbeiten und leben können. Ich habe für die Entdeckung meines Wegs viele, viele Jahre gebraucht und kann rückblickend sagen: Vieles in meinem Leben hätte wesentlich entspannter sein können, wenn ich mich einfach so akzeptiert hätte, wie ich bin, und meine Stärken zum Wohle aller eingesetzt hätte.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie mit diesem Buch schneller den Wert Ihrer Talente entdecken und Ihren Weg gehen. Ihren persönlichen Weg zu mehr Spaß, Erfolg und Zufriedenheit.

Ihre

Cordula Nussbaum

|17|TEIL1

EINENEUEÄRABRICHTAN–KREATIVECHAOTENAUFDEMVORMARSCH

Logisches Faktendenken ist ausgereizt, die Welt braucht jetzt unkonventionelle Stärken wie Ideenreichtum, Empathie, Visionen und neue Werte.

Kurzsichtige Skeptiker und ihre Zukunftsprognosen:

1927:

»Wer zum Teufel will denn Schauspieler sprechen hören?« Harry M. Warner, Chef der Filmgesellschaft Warner Brothers

1946:

»Der Fernseher wird sich auf dem Markt nicht durchsetzen. Die Menschen werden sehr bald müde sein, jeden Abend auf eine Sperrholzkiste zu starren.« Darryl F. Zanuck, Chef der Filmgesellschaft 20th Century-Fox

1962:

»Uns gefällt ihr Sound nicht und Gitarrenmusik ist ohnehin nicht gefragt.« Begründung der Plattenfirma DECCA, warum sie die Beatles nicht unter Vertrag nehmen wollte

1977:

»Es gibt keinen Grund dafür, dass jemand einen Computer zu Hause haben wollte.« Ken Olson, Präsident der Digital Equipment Corp.

1982:

»Wer braucht eigentlich diese Silberscheibe?« Jan Timmer, Phillips- Vorstand, zur Compact Disc

|19|Lustwandeln statt Durchmarschieren

Macht es Sie oft nachdenklich, dass andere Menschen so anders ticken als Sie? So zielstrebig sind in ihren Plänen und in all ihrem Tun?

Alte Schulfreunde zum Beispiel, die damals schon genau wussten, was sie beruflich machen wollen – und die nun zum 10-, 20- oder 25-jährigen Schulabschlusstreffen kommen: im soliden Zweireiher, mit Wohlstandsbäuchlein, Fotos von der Ehefrau und den drei Kindern (war so geplant), dem Reihenhaus (auch geplant), dem Luxusauto und mit dem strahlenden »Ich-habe-all-meine-Ziele-erreicht-Lächeln« im Gesicht. Oder Arbeitskollegen, die jedes Jahr ihre Jahresziele sauber definieren, in konkrete Maßnahmen und Schritte herunterbrechen und systematisch Stufe um Stufe auf der Karriereleiter hinaufklettern, um zu ihren Erfolgen durchzumarschieren.

Vielleicht hadern Sie mit sich, weil Sie sich fragen: »Warum nur wissen alle so genau, was sie wollen – nur ich nicht?« Nun, es könnte daran liegen, dass Sie womöglich ein kreativer Chaot sind.

Sie sind gerne flexibel und spontan? Sie stecken voller Ideen und stürzen sich mit Begeisterung auf neue Themen? Sie sind gerne mit anderen Menschen zusammen, helfen gerne anderen und sind sehr empathisch? Sie machen tausend Pläne – an die Sie sich dann am Ende doch nicht halten? Sie interessieren sich für alles und tun sich schwer, zu entscheiden, was Sie jetzt tatsächlich wollen? Nach langem Für und Wider entscheiden Sie sich endlich, bleiben aber dann nicht dran? Da hilft auch der Tritt in den Allerwertesten nichts. Ebenso wenig wie der ständig mahnende Zeigefinger mit der Aufforderung: »Nun reiß dich doch endlich mal zusammen!« Denn als kreativer Chaot hat Ihre Ziel- und Rastlosigkeit nichts mit Disziplinmangel oder Sprunghaftigkeit zu tun.

Willkommen in der großen Welt der kreativen Chaoten, der nach einer aktuellen Studie des Campus für kreative Chaoten4 rund 60 Prozent der deutschsprachigen Menschen angehören. Willkommen in einer Welt, in |20|der Ideen und Visionen den Takt angeben und in der ganzheitliches und langfristiges Win-Win-Denken unseren Alltag bestimmt. Willkommen in einer Welt, in der neue Erfahrungen sowie Ihre Mitmenschen wesentlich wichtiger sind als Statussymbole und Sicherheit.

Das Problem ist nur, dass unsere Gesellschaft immer noch anders tickt und die herkömmlichen Karrieretipps der »zielstrebigen Durchmarschierer« einfach nicht zu Ihren Talenten passen. Unsere Gesellschaft ist sehr analytisch und systematisch. Zahlen, Daten, Fakten dominieren unseren Alltag; Pläne, Pünktlichkeit und Disziplin bestimmen unser Tun.

In vielen Köpfen hängt Erfolg eng mit Schweiß zusammen (»Wer etwas erreichen will, muss hart dafür arbeiten!«) und da ecken Sie mit Ihrer etwas anderen Arbeitshaltung, unkonventionellen Lösungen, Ihrem Freigeist und einem Karriereweg, der eher an ein Lustwandeln in den bunten Gärten der Möglichkeiten erinnert, schnell einmal an.

Weil Sie anders sind als die Menschen in Ihrem Umfeld. Weil Sie unter den vielen systematischen, analytischen Machern im Berufs- und Privatleben der »bunte Vogel« sind, der mit seinen Ideen, seiner Sprunghaftigkeit und seiner Begeisterungsfähigkeit immer wieder Unruhe stiftet. Der viel anfängt und wenig fertig macht. Der sich schnell für Neues begeistert – und ebenso schnell wieder gelangweilt ist.

Die Talente der kreativen Chaoten zählen in unserer Gesellschaft oft nicht viel. Oder besser gesagt: zählten. Wie gesagt, seit einigen Jahren sind die kreativen Chaoten auf dem Vormarsch und in unserer bislang sehr systematischen, analytischen Gesellschaft wird deutlich, wie wichtig und gefragt unsere Talente sind.

Regime der kühlen Kostenkalkulierer

Rückblick: Im vergangenen Jahrhundert dominierten zahlen- und faktengläubige Optimierer. Menschen mit überwiegend logischen und rationalen Fähigkeiten rückten in die Führungsriegen auf und bestimmten in Produktion, Finanzwesen, in der Informations- und Technologiebranche bis hin zu den Kreativschmieden, wo es langgehen sollte. Cost-Cutting, Lean Management, profitable Unternehmen mit einem hohen Shareholder-Value lauteten die Vorgaben, mit denen sofort schwarze Zahlen geschrieben werden mussten.

|21|Kühl denkende Kostenoptimierer verschlankten Unternehmen, entließen selbst hoch qualifizierte Arbeitskräfte, um schnell den gewünschten Aufwärtstrend in den Bilanzen zu erreichen. Dass die verbliebenen Mitarbeiter vor lauter Arbeitsbelastung in die Knie gingen und die Diagnose Burnout heutzutage an der Tagesordnung ist – unerheblich. Diese Effekte waren den Optimierern egal. Hauptsache schnelle Gewinne nach dem Motto: Nach mir die Sintflut.

Nicht, dass Kostensparen an sich schlecht wäre. Nein, Verschwendung ist nicht gut und regelmäßiges Ausmisten und Reorganisieren sind wichtig für gesundes Wachstum. So wie wir unsere Bäume immer wieder fachgerecht stutzen (lassen) müssen, damit sie jedes Jahr Früchte tragen und wir eine reiche Ernte einfahren können.

Die vergangenen Jahrzehnte haben uns Wohlstand und materiellen Überfluss gebracht. Aber die Entwicklungen in dieser Zeit haben auch dazu geführt, dass viele, vorwiegend profitgetriebene Manager rein faktenbasierte Entscheidungen trafen, ohne auf die Gefühle anderer zu achten oder unternehmerischen Weitblick zu zeigen. Die Bankenkrise und die folgende Wirtschaftskrise hat uns das mehr als deutlich gezeigt. Und der Zahlenwahn hat vor kaum einem Unternehmen haltgemacht.

In einem norddeutschen Unternehmen wurde vergangenes Jahr die lange geplante Weihnachtsfeier aus Kostengründen kurzfristig gekippt, drei Wochen vor dem Termin. 100000 Euro blieben an Stornokosten für Location, Band, Essen et cetera am Konzern hängen, 130000 Euro hätte es gekostet, die Feier stattfinden zu lassen. »Super, 30000 Euro gespart!«, jubeln die Controller.

Dennoch haben sie sich verrechnet, denn die Folgekosten ihrer Sparmaßnahme fallen sicher um ein Vielfaches höher aus: demotivierte Mitarbeiter noch lange über den Dezember hinaus, Kosten durch Arbeitszeitenausfall, in denen die Mitarbeiter gewettert haben, plus die Zeiten, in denen sich Abteilungen heimlich zu internen Feiern trafen, summieren sich schnell auf ein Vielfaches der »gesparten« 30000 Euro. Kurzsichtige Entscheidungen, kurzfristiger Erfolg – langfristiger Schaden.

Das Ergebnis dieser jahrzehntelangen Faktendenke und schneller Profitorientierung: Deutschland gehen die Ideen aus, im internationalen Wettbewerb hat »Made in Germany« längst nicht mehr den einstigen Glanz und selbst die Chinesen bauen heute nicht mehr nur gute Produkte nach, |22|sondern designen selbst. Viele festangestellte Mitarbeiter sind demotiviert, die Zufriedenheit am Arbeitsplatz sinkt, betriebliche Stimmungsfaktoren wie ein gutes Arbeitsklima, Vertrauen, gegenseitige Achtung und Hilfe gehen zunehmend verloren.

Zeitalter der Ideen und der Empathie

Es wird Zeit, aufzuwachen!

Bereits 2006 rief Deutschland die Initiative »Land of Ideas« ins Leben, mit der die Innovationskraft gestärkt und unser Tüftlerimage im Ausland wieder aufpoliert werden soll. Im Jahre 2009 feierte die Europäische Union das »Jahr der Kreativität und Innovation«. In der Schweiz startete 2010 die Social-Entrepreneurship-Initiative, die innovative Geschäftsideen zur unternehmerischen Lösung von gesellschaftlichen Herausforderungen sucht, und Österreich schrieb den Social Impact Award mit einer vergleichbaren Zielsetzung aus.

Diese offiziellen Scheinwerfer rücken endlich die wahren Stärken und unkonventionellen Talente kreativer, innovativer, empathischer und ideenreicher Menschen ins rechte Licht und machen sie für die breite Masse sichtbar. Was längst überfällig ist. Denn es ist höchste Zeit, dass sich alle klarmachen, dass eine neue Epoche angebrochen ist. Eine Epoche, in der ideenreiche Visionen, vernetztes Denken und Handeln sowie ganzheitlich-intuitive Eigenschaften gefragt sind.

Zukunftsforscher wie Horst W. Opaschowski betonen, dass in Zukunft lediglich jene Industrien eine Rolle spielen werden, die auf menschlicher Intelligenz basieren.5 Klar, Produkte sind schließlich austauschbar, wahre Persönlichkeiten sind aber nicht so leicht zu ersetzen. Wichtiger denn je sei es deshalb, die individuellen Eigenschaften der Berufstätigen zu entwickeln, denn nur Persönlichkeiten mit Charakter (und nicht nur mit Fachwissen) werden die Unternehmen in Bewegung halten.

Innovationen und Kreativität sind die Motoren, die in den nächsten Jahrzehnten den Erfolg unserer Wirtschaft und Gesellschaft beeinflussen werden. Unternehmer, Wirtschaftsexperten und Vordenker fordern seit Jahren mehr innovative, kreative Köpfe. US-Ökonom und Bestsellerautor Richard Florida betont, dass »effektives Management kreativer Köpfe zur entscheidenden Unternehmensstrategie der Zukunft« werde. Der Grund: |23|»Nur die Fähigkeiten kreativer Mitarbeiter beschleunigen das wirtschaftliche Wachstum. Die Mitarbeiterführung wird ganz wichtig, denn Kreativität ist in soziale Beziehungen eingebettet.«6 Und: »Jeder Mensch ist kreativ. Die große Herausforderung für Unternehmen liegt darin, Wege zu finden, diese Kreativität zu aktivieren.«7

Eine gute Nachricht für kreative Chaoten, nicht wahr? Nicht sie müssen sich ändern, sondern unsere Arbeitswelt und Gesellschaft muss umdenken und den Rahmen für solche »Querdenker« schaffen. Nur wem es gelingt, kreative, innovative und nachhaltig denkende Mitarbeiter und Unternehmer zu fördern, bleibt in Zukunft wettbewerbsfähig.

Renaissance von Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung

»McDonald’s wird grün«, so titelten die Medien Ende 2009, als der Fastfood-Gigant mit einem neuen Logo (gelbes M auf grünem Grund) sein Statement zu mehr Nachhaltigkeit ablieferte und damit den aktuellen Zeitgeist aufgriff. Mittlerweile verbindet die Hamburger-Kette bei der Neueinrichtung ihrer Futtertempel Holztöne und Naturstein mit gedeckten Farbtönen, darunter Grün. Die »Golden Arches« erscheinen auf dunkelgrünem oder weißem, manchmal ohne Hintergrund, teilte mir die Pressestelle auf Anfrage mit.8

Ob das reicht? Immer mehr Käufer und Konsumenten wollen die Welt für ihre Nachfahren gesund halten und statt schnellen Profiten lieber behutsam und verantwortungsvoll wirtschaften. Und finden daher Gefallen an Unternehmen, die nachweislich nachhaltig arbeiten. Das wird zum Beispiel daran deutlich, dass die ehemals belächelten Bioläden längst ihr Image der »Reformhaus-Verbissenheit« und der »Müsli-Fresser« abgelegt haben und nun das Straßenbild in vielen Szenevierteln vieler Städte prägen, wie zum Beispiel in Berlin, Basel und Wien. Wir sehen es daran, dass »Bio« längst nicht mehr den Besserverdienenden vorbehalten bleibt, sondern – nicht nur dank Aldi, Lidl & Co. – erschwinglich für alle ist.

Ein neuer Konsumententyp ist geboren, ein überzeugter Vertreter eines neuen Lebensstils, der – davon sind die Trend- und Zukunftsforscher überzeugt – unsere Welt verändern wird: der Lifestyle of Health and Sustainability (= Lebensstil von Gesundheit und Nachhaltigkeit), kurz LOHAS. |24|Das sind Menschen, die gesund leben und die sich bemühen, den Spagat zwischen Lifestyle und Umweltverträglichkeit, zwischen Gesundheit und Genuss sowie zwischen individuellem Wohlergehen und dem Schicksal der Menschheit zu schaffen. Rund 30 Prozent der deutschen Haushalte sind LOHAS, stellte das Marktforschungsinstitut AC Nielsen fest.9

Auch in Unternehmerkreisen hat sich viel verändert. Eine neue Generation von Gründern und Unternehmern mischt die bisher vorwiegend profitgesteuerte Firmenlandschaft auf. Unter dem Begriff »Social Entrepreneurship« verbinden sie unternehmerisches Handeln mit der Absicht, gesellschaftliche Probleme zu lösen. Dabei schlägt der Social Entrepreneur, seinem Charakter entsprechend, oft unkonventionelle Wege ein und greift zu innovativen Mitteln. Und das färbt wiederum auf gewinnorientierte Unternehmen ab. »Social Entrepreneurship ist sehr ansteckend, denn die Menschen haben den großen Wunsch, im Alltag Nächstenliebe und Achtung zum Ausdruck zu bringen. Sie wollen selbst aktiv werden. Menschen, die sich die dazugehörigen sozialen Kompetenzen nicht aneignen und die nicht bestrebt sind, einen Wandel zu bewirken, werden zunehmend zu Außenseitern. Und wer will schon ein Außenseiter sein?«, sagt der New Yorker Bill Drayton10, der, inspiriert von den Ideen Gandhis und dessen Konzept des gewaltfreien Widerstandes, 1980 in Indien eine Organisation names »Ashoka« gründete (aus dem Sanskrit, bedeutet »das aktive Überwinden von Missständen«). Heute ist Ashoka die größte internationale Non-Profit-Organisation, die »Social Entrepreneure« fördert.

Was hat all das nun mit den kreativen Chaoten zu tun? Kreative Chaoten sind von Natur aus Menschen, die eher langfristig und ganzheitlich denken. Und überdurchschnittlich viele von ihnen legen sehr großen Wert auf die soziale Verantwortung des Einzelnen und der Unternehmen. Sie sind achtsam und unterstützend, ihnen ist ein harmonisches Umfeld äußerst wichtig. Das bedeutet, sie leben bereits sehr stark jene Werte, die künftig eine große Rolle für Zufriedenheit, aber auch für den wirtschaftlichen Erfolg ganzer Nationen spielen werden.

Noch ecken sie an ihren Arbeitsplätzen häufig an. Dann nämlich, wenn Controller und Geschäftsführer noch in alten Bahnen denken. Doch Experten sehen auch hier einen grundlegenden Wandel auf die Geschäftswelt zukommen.

|25|Glücksstunde für kreative Chaoten

Es sind die Arbeitnehmer, die in den nächsten Jahren höhere Ansprüche an Qualität und Kreativität ihrer Aufgaben stellen werden: Sie wollen flexibel und zeitsouverän arbeiten. Sie rücken ihre persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten in den Vordergrund. Sie fordern Spielräume zum Handeln und Gestalten, so Zukunftsforscher Opaschowski.11

Auf den Punkt gebracht ändert sich unsere Arbeitsweise von »harter körperlicher Arbeit« (im 19. Jahrhundert) über »stressige Kopf-Arbeit« (im 20. Jahrhundert) hin zur »smarten freien Arbeit« im 21. Jahrhundert.

Außerdem: Der regelmäßige Jobwechsel und nicht mehr der »Job fürs Leben« wird zur Normalität werden – eine gute Nachricht für alle bunten Vögel.

Damit ist die Glücksstunde der kreativen Chaoten eingeläutet! Die Glücksstunde derjenigen, die von Natur aus ganzheitlich denken, denen Mitgefühl wichtiger ist als reine Fakten, die vor Ideen sprudeln und die äußerst flexibel auf Neues anspringen. Mit ihren Talenten blühen sie in einer Gesellschaft auf, in der genau diese Talente und Werte zunehmend wichtiger werden. Nicht nur, dass sie es vorantreiben können, sich Freiräume zu schaffen. Nein, sie werden offene Türen einrennen und Vorbilder für die anderen sein .

Entsprechende Vorbilder lassen sich schon heute entdecken:

Menschen, die Visionen und ein charismatisches Auftreten haben, reißen die Massen mit – denken Sie an Barack »Yes-we-can« Obama, dessen Strahlkraft auch mehrere Jahre nach seiner Wahl ungebrochen ist.

Menschen, die eine überdurchschnittliche Sozialkompetenz haben und ganzheitlich denken, gelten als die neuen Leader – denken Sie an den Dalai Lama.

|26|Menschen, die außergewöhnliche Wege gehen und spielerisch Neuland entdecken, erobern die Gunst der Konsumenten – denken Sie an die Erfolgsgeschichte von Google.

Menschen, die vernetzt denken und soziale Netzwerke pushen, sind die Multimilliardäre des 21. Jahrhunderts – denken Sie an Marc Zuckerberg mit Facebook. Wer hätte vor einigen Jahren gedacht, dass man mit virtuellen Netzwerken derart unseren Alltag verändern kann und dass der Austausch untereinander so wichtig wird, dass er ein Milliardenkapital darstellt.

Schluss mit Vorurteilen

Kreative Köpfe und Querdenker bestimmen in Zukunft über Erfolg oder Misserfolg. Lassen Sie uns also aufräumen mit zahlreichen Vorurteilen.

Vorurteil 1: Kostenorientiertes Managen führt langfristig zum Erfolg. Nein, es bringt soziale Kälte, schnelle Profite für einige wenige und langfristiges Chaos für Wirtschaft und Gesellschaft. Heute zählen Nachhaltigkeit und langfristiges Denken!

Vorurteil 2: Nur Experten können viel Geld verdienen und nur die Spezialisten schaffen es nach oben. Nein, viele erfolgreiche Topmanager lieben es, ein breites Wissen zu haben, und gerade in der Fülle ihres Wissens liegt die Goldader. Denn aus diesem Grund erkennen sie Zusammenhänge schneller als andere – und können so Chancen nutzen, die anderen verborgen bleiben. Man kann also auch zu den Besserverdienern gehören, ohne sich auf ein kleines begrenztes Fachgebiet festnageln zu lassen.

Vorurteil 3: Nachhaltigkeit und Profit schließen sich gegenseitig aus. Falsch! Kreative Chaoten sind Menschen, die sehr viel an andere denken und über die Auswirkungen ihres Handelns sinnieren. Dennoch (oder vielleicht gerade deswegen) können sie Geld verdienen, ja sogar reich werden. Die neue Managerelite lobt Erfolge von Teamarbeit und fordert soziales Gewissen – und verdient trotzdem ordentlich.

Vorurteil 4: Man ist entweder nett oder erfolgreich. Viele Menschen glauben, |27|nur die »harten Hunde« machen Karriere und die netten bleiben außen vor. Sie scheuen sich davor, überhaupt Karriere machen zu wollen, weil sie denken, sie müssten dann ihre Ideale verraten und würden zu Egomanen mutieren. Stimmt nicht, sie können Karriere machen und dabei liebenswert bleiben.

Fangen Sie an, Ihre (vielleicht verschütteten) Talente und Stärken auszugraben. Putzen Sie Ihr buntes Gefieder und fangen Sie an, jede Ihrer bunten Federn wertzuschätzen.

Finden Sie heraus, was Sie einzigartig macht (nämlich das Spektrum Ihrer bunten Federn) und wie Sie Ihre Vorzüge am besten zu Ihrem eigenen Nutzen und gleichzeitig zum Wohle anderer einsetzen können. Entdecken Sie die Kraft Ihrer unkonventionellen Stärken und gehen Sie damit Ihren Weg.

Leben Sie Ihre Einzigartigkeit aus, denn in unserer Gesellschaft setzt sich das Bewusstsein durch, dass jeder das darf! Statt massenkonformen Pflichterfüllern sind Individualisten mit Ecken und Kanten gefragt, die ihre Stärken kennen und einsetzen können. Denn Menschen, die gemäß ihren Stärken und Präferenzen leben und arbeiten, sind erfolgreicher als andere. Je mehr ein Mensch seine Stärken und Potenziale ausleben kann, desto mehr Spaß hat er – und desto zufriedener ist er. Im Berufsleben gehen damit häufig auch ein höheres Gehalt oder Honorar sowie höhere Umsätze und Gewinne einher.

Einige Spielregeln bleiben bestehen

Das soll jetzt nicht heißen, dass Sie zum resoluten, uneinsichtigen Verfechter Ihrer Lebens- und Arbeitsweise werden und auf Biegen und Brechen kreativ-chaotisch sein wollen. Authentisch sein, sich nicht verbiegen (lassen) zu wollen, ist schön und gut. Dennoch gelten im Job und im gesellschaftlichen Zusammenleben weiterhin gewisse Spielregeln. Wenn Sie diese missachten, helfen Ihnen all Ihr Ideenreichtum oder Ihre Empathie nichts mehr. Damit schießen Sie sich schnell selbst ins Aus.

Fordern Sie nicht: »Die müssen mich schon so nehmen, wie ich bin.« Nein, das müssen »die« mitnichten! Befreien Sie sich ebenso von der irrigen Vorstellung, dass jetzt die anderen sich auf die Gangart der kreativen |28|Chaoten einstellen und an ihre Sicht der Dinge anpassen müssen. Klasse wäre es, denken Sie jetzt vielleicht, wenn alle sagen würden: »Ja, ihr seid die neue Elite, die neuen Schrittmacher – wir unterstützen euch blind und finden alles gut, was ihr macht.«

Tja, aber so wird es nicht kommen. Denn die anderen, also die Systematiker und Analytiker, wollen sich ebenso wenig verbiegen – und sollen es auch nicht. Wir brauchen uns gegenseitig, damit wirklich gute Dinge entstehen können. Wir brauchen alle Talente, damit wir uns gegenseitig ergänzen und gemeinsam Großes bewirken können.

Zudem lassen sich die ungeschriebenen Gesetze in der Berufswelt nicht von heute auf morgen ändern.

Dennoch haben Sie es in der Hand, Ihre Talente freier auszuleben:

Sie können durch etwas Feintuning Ihre vermeintlichen Macken so gestalten, dass sie Ihnen mehr Akzeptanz bringen.

Sie können Bereiche suchen, in denen Ihre Stärken geschätzt werden.

Sie können die Rahmenbedingungen für Ihren persönlichen Lebens- und Arbeitsstil verändern.

Die folgenden Kapitel leiten Sie Schritt für Schritt durch diesen Parcours. Legen Sie los, denn die Zukunft gehört den kreativen Chaoten!

|29|TEIL2

IHRPERSÖNLICHESKARRIERECOACHING – WELCHEBUNTENFEDERNTRAGENSIE?

Jeder Mensch ist einzigartig. Eigentlich sollten wir das wissen. Doch immer wieder stellen wir das, was uns ausmacht, in den Hintergrund, spielen es herunter oder verbiegen uns für andere.

Die Zukunft gehört Menschen mit Charakter. Entdecken Sie als kreativer Chaot Ihre bunten Federn und breiten Sie Ihre Flügel aus.

»Kein Vogel fliegt zu hoch, wenn er mit seinen eigenen Flügeln fliegt.« William Blake (1757–1827), englischer Dichter, Naturmystiker, Maler und Erfinder der Reliefradierung

|31|Bunte Feder 1: Ihre Stärken und Talente

»Man wird nicht als Genie geboren,

man wird zum Genie.«

Simone de Beauvoir (1908–1986),

französische Schriftstellerin und Philosophin

Lange Zeit dachten viele Wissenschaftler, Talente seien uns einfach in die Wiege gelegt und Stargeiger wie Nigel Kennedy, Supersportler wie Dirk Nowitzki oder Musikgenies wie Mozart hätten ihre außergewöhliche Begabung mit dem Erbgut erhalten. Das stimmt sogar zum Teil – aber dazu später mehr (vgl. S. 107 ff.).

Heute wissen wir, dass für ein außergewöhnliches Talent sowohl die Gene als auch die Bedingungen ausschlaggebend sind, unter denen ein Mensch aufwächst und lebt.

Viel wichtiger in diesem Zusammenhang ist zunächst jedoch, dass es neben den deutlich sichtbaren Überflieger-Leistungen in Kunst, Sport oder Wissenschaft, die wir tagtäglich bei Wettbewerben und Auftritten rund um den Globus bewundern können, auch viele andere Talente gibt, die zunächst für Außenstehende unsichtbar sind.

Ja, Talente sind nicht immer das, was »man« auf den ersten Blick als solche erkennt und wertschätzt. Entdecken Sie mit dem folgenden Selbst-Check Ihre unkonventionellen Stärken und Talente und erfahren Sie, was diese für Ihre Karriere bedeuten. Im Laufe dieses Buches kommen wir immer wieder auf Ihr persönliches Ergebnis zurück. Es lohnt sich also, dass Sie sich ausreichend Zeit zum Ausfüllen und Auswerten nehmen. Gerne können Sie diesen Kurz-Check auch online machen (www.Kreative-Chaoten.com).

Selbst-Check: Das Nussbaum-Stärken-Talente-Rad

Ausfüllhinweis: Bitte bewerten Sie die folgenden Aussagen ehrlich und so, wie es sich für Sie richtig anfühlt. Es geht hier um Ihre ganz persönliche, subjektive Sicht der Dinge und Ihren individuellen »Spaßfaktor«. Es gibt |32|keine richtigen oder falschen Antworten. Es geht nicht darum, wie »man« zu sein hat oder was die Menschen in Ihrem Umfeld vielleicht von Ihnen erwarten.

Lesen Sie sich die folgenden Aussagen aufmerksam durch und bewerten Sie sie. Je leichter Ihnen die geschilderten Tätigkeiten von der Hand gehen und je mehr Freude Sie dabei empfinden, desto höher sollte Ihre vergebene Punktzahl ausfallen.

Bitte bewerten Sie die folgenden Aussagen wie folgt:12

4 Punkte: Diese Aussage trifft völlig auf mich zu.

3 Punkte: Diese Aussage trifft häufig auf mich zu.

2 Punkte: Diese Aussage trifft manchmal auf mich zu.

1 Punkt: Diese Aussage trifft selten auf mich zu.

0 Punkte: Diese Aussage trifft gar nicht auf mich zu.

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|34|Auswertung: Bitte übertragen Sie nun Ihre jeweilige Punktzahl in die folgende Tabelle und berechnen Sie Ihre Gesamtpunktzahl je Talenttyp.

Für die Kästchen 1 bis 6: Bitte markieren Sie Ihre jeweilige Gesamtpunktzahl je Talenttyp in der folgenden Grafik im entsprechenden Segment des Kreises. Verbinden Sie die Markierungen mit geraden Strichen. Sie erhalten dadurch ein Mehreck.

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Für die Kästchen 7 und 8: Tragen Sie Ihre Punktzahl bei der jeweils angegebenen Aussage ein und vergleichen Sie bitte die Gesamtwerte. Bitte füllen Sie in der Grafik den inneren weißen Kreis (I) im Zentrum aus, wenn Ihr Gesamtwert bei »8 Introvertiert« höher ist als bei »7 Extrovertiert«. Andernfalls schraffieren Sie bitte den weißen schmalen Ring (E). |35|Sind beide Werte identisch, dürfen Sie sowohl den Kreis als auch den Ring ausmalen.

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Erläuterung

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Das Nussbaum-Stärken-Talente-Rad

Sie können nun in den jeweiligen Segmenten des Nussbaum-Stärken-Talente-Rads die Ausprägung Ihrer individuellen Stärken und Talente ablesen:

Liegt ein Wert über der schwarzen Kreislinie (Wert > 9), dann haben Sie in diesem Segment vermutlich ein echtes Talent und können es als Stärke einsetzen.

Liegt der Wert darunter (Wert < 9), so nutzen Sie diese Dinge im Sinne einer Fertigkeit (erlernt, antrainiert, geübt), haben jedoch keine richtige Stärke daraus entwickelt.

|36|Liegt der Wert nahe am Innenkreis (Wert < 4), so sind Tätigkeiten, die in diesem Segment zu erledigen sind, eher solche, um die Sie am liebsten einen großen Bogen machen und die einfach nicht Ihrer Art entsprechen.

Sie werden vermutlich in allen Segmenten zumindest einige Punkte haben, denn jedem Menschen wohnen viele Talente inne. Doch im Laufe der Zeit kristallisiert sich heraus, welche Talente sich zu echten Stärken entwickeln.

Das Segment mit der größten Ausprägung entspricht Ihrer größten Stärke, ihrem größten Talent. Lesen Sie bitte die Beschreibung zu diesem Talenttyp zuerst.

Sollten Sie in mehreren Segmenten Stärken im oberen Bereich (Wert > 9) haben, ergeben sich interessante Mischtypen. Lesen Sie in diesem Fall bitte die Beschreibungen der jeweiligen Talenttypen durch und kombinieren Sie die Aussagen. Meist ergänzen sich unsere persönlichen Stärken sehr gut und gerade in ihrer individuellen Kombination liegt unsere Attraktivität für den Arbeitsmarkt. Vor allem Stärken, die im Nussbaum-Stärken-Talente-Rad in benachbarten Segmenten liegen, unterstützen sich in der Regel sehr gut. Anders kann es bei Stärken aussehen, die sich (fast) gegenüberliegen, denn in diesem Fall schlagen oftmals zwei Herzen in einer Brust. Ein Beispiel dazu finden Sie am Ende der Talenttyp-Beschreibungen.

Sie haben überhaupt keine Ausprägung über der 9-Punkte-Marke? Alle Spitzen liegen in etwa auf der gleichen Höhe? Wenn Sie wirklich ehrlich geantwortet haben und nicht so, wie »man sein sollte«, dann sind Sie ein sehr ausgewogener Mensch, was Sie zum Joker im Berufsleben machen kann, da Sie vielseitig einsetzbar sind. Sie wirken auf Ihr Umfeld ausgeglichen und es gelingt Ihnen, die Vorteile aller Stärken zu kombinieren. Sie vereinen Ordnung und Logik mit Kreativität und Intuition, schieben Dinge gerne an, setzen sie gerne um und können so als Allroundtalent optimale Lösungen finden. Darin liegen einerseits viele Chancen, andererseits bedeutet das auch viel Zündstoff, weil Sie sich manchmal selbst das Leben schwer machen. Nach dem Motto: Wen lasse ich jetzt bestimmen? Den lockeren Chaoten, der zu spät kommen darf? Oder den Systematiker, der mich auf Pünktlichkeit trimmt? Schiebe ich an oder spinne ich Ideen? Es kann aber auch sein, dass Sie sich im Berufsleben schwertun, weil Sie eher unauffällig sind, Ihnen schlichtweg die nötigen Ecken und Kanten fehlen. Überlegen Sie sich in diesem Fall, welches Ihrer Talente Sie derzeit |37|am liebsten ausbauen wollen, in welchem Bereich Sie echte Stärken entwickeln wollen. Tipps für ein gezieltes Training finden Sie in Ihrem PDF-Workbook auf www.Kreative-Chaoten.com.

Was es mit der Ausprägung intro- oder extrovertiert auf sich hat, erfahren Sie ab S. 208. So viel sei an dieser Stelle schon verraten: Es macht für Ihre berufliche Entwicklung und Karriere natürlich einen großen Unterschied, welches dieser Persönlichkeitsmerkmale bei Ihnen stärker ausgeprägt ist.

Die sechs Talenttypen und ihre Bedeutung

Willkommen bei Familie Ideenreich-Herzlich und Familie Ordentlich-Logisch. Familie Ideenreich-Herzlich und Familie Ordentlich-Logisch sind glücklich. Sie haben ein Doppelhaus gekauft und leben nun Wand an Wand: rechts wohnen die Ideenreich-Herzlichs, links die Ordentlich-Logischs.

Kaum sind die Möbelpacker weg, da hat Igor Ideenreich schon hundert Ideen, wie sich das Heim verschönern ließe: auf den Umzugskartons zeichnet er einen Entwurf für einen Wintergarten, fährt schnell zum Baumarkt, Farbe kaufen, um die Küche sonnengelb zu streichen, und bringt zudem einen Tisch mit, den er zufällig bei der Wertstoffbörse gesehen hat und der super in das neue Wohnzimmer passt. Seine Frau, Hanni Herzlich, dreht derweil eine Runde in der Straße um sich bei den Nachbarn vorzustellen, tröstet am Telefon einen Freund, der Liebeskummer hat, und schafft ein gemütliches Gästezimmer, damit spontaner Besuch jederzeit bleiben kann. Ihre Tochter Wanda Wills-Wissen loggt sich derweil ins Internet ein und recherchiert, was hier in dieser Stadt so alles los ist, welche Veranstaltungen und Ausstellungen stattfinden, welche Kurse die örtliche VHS anbietet.

Nachbar Ottmar Ordentlich bringt den Umzug in Ruhe über die Bühne. Sorgfältig räumt er alle Umzugskartons aus, verstaut jeden Gegenstand an einem vor dem Umzug bereits festgelegten Platz und erledigt dann Punkt um Punkt die Checkliste »Umziehen leicht gemacht« (genormte Klingelschilder fertigen lassen, Auto ummelden etc.). Seine Frau Dr. Annaliese Logisch rechnet derweil – am pünktlich vom Möbelhaus gelieferten Wohnzimmertisch (Sparaktion mit 12 Prozent Rabatt) – die Finanzierung |38|des Kredites nochmals durch und erstellt eine Entscheidungs-Matrix, bei welchem Heizöllieferanten sie die besten Konditionen bekommt. Sohn Marc Macher hat in der Zwischenzeit die Nachbarskinder kennengelernt, die Umgebung gecheckt, mit dem Bürgermeister geredet und stiftet seine neuen Freunde dazu an, ein großes offizielles Fußballturnier auf dem verlassenen Fabrikgelände zu organisieren.

Wenige Tage später: Bei Familie Ideenreich-Herzlich und Familie Ordentlich-Logisch hängt der Haussegen schief. Ottmar Ordentlich ist sauer, weil die Ideenreich-Herzlichs noch immer nicht die genormten Klingelschilder an der Gartentüre haben, sich die leeren Umzugskartons seit drei Wochen im Carport stapeln und man einen freien Blick in die gardinenlose Küche hat (die, aber das würde Dr. Annaliese Logisch nie zugeben, wirklich sehr hübsch mit den gelben Wänden ist). Jeden Tag betrachten sie mit säuerlicher Miene diese Missstände und schimpfen über die »Chaoten«. Hanni und Igor lästern derweil über die pingeligen Ordentlich-Logischs, die jetzt – mitten im Hochsommer – ihren Heizöltank bereits füllen lassen wollen, amüsieren sich, dass die »Logischen Ordner« schon das neue Autokennzeichen haben, und witzeln über den akkurat gepflegten und beschrifteten Kräutergarten. (Hanni hätte auch mal gerne so eine schön übersichtliche Kräuter-Quelle für ihre Küchenkünste, aber das würde sie nie zugeben!) Marc macht sich über den »Maulwurf« Wanda lustig, die sich gleich für vier VHS-Kurse angemeldet hat, und Wanda mault Marc an, dass er doch nicht die Nachbarskinder vor seinen Karren spannen könne, damit die jetzt »sein« Turnier organisieren.

Familie Ideenreich-Herzlich – die kreativen Chaoten

Wanda Wills-Wissen – wissbegieriger Informationssammler

Der wissbegierige Informationssammler liebt es, Informationen, Wissen und Erfahrungen zusammenzutragen. Einfach um der Information willen. Zwar gibt er sein Wissen auch gerne verständlich aufbereitet an andere Menschen weiter und unterstützt sie damit bei deren Arbeit oder Entscheidungen – selbst etwas aus dem Wissen »machen« mag er hingegen nicht so sehr.

Manche Mitmenschen verwechseln sein Talent zum Sammeln von Informationen mit einem hohen Interesse am jeweiligen Themengebiet. |39|Doch das stimmt nicht. Er zieht seine Zufriedenheit lediglich aus dem Akt der Wissensbeschaffung – und sobald er genügend weiß, zieht es ihn zum nächsten interessanten Gebiet.

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Karrieretipps für den Informationssammler: Da die Recherche und die Aufbereitung von Informationen Ihr größtes Talent darstellen, sollten Sie sich nach Berufsbildern umschauen, in denen dies eine Hauptaufgabe ist. Ihr perfektes Arbeitsmodell geht vermutlich in Richtung Schirmträger (vgl. dazu ab S. 186).

Igor Ideenreich – visionärer Ideensprudler

Der Ideensprudler liebt die Herausforderung des Neuen. Er ist immerzu gewillt, etwas zu lernen, auszuprobieren oder neu zu schaffen. Das führt dazu, dass er eine Vielzahl von Aktivitäten anfängt, und wenn die erste Euphorie verebbt, liegen die Franchise-Prospekte, die Bogenschießausrüstung oder die Zen-Meditationsbank in der Ecke. Und erinnern ihn stets daran, dass er schon wieder einmal nicht am Ball geblieben ist.

Neue Ideen und Aktivitäten haben beim Ideensprudler immer absolute Priorität. Damit eckt er oft an, denn besonders in einem systematischen Umfeld gilt er als »sprunghaft« oder »undiszipliniert«. Dabei liegt gerade in seinem unersättlichen Wissensdurst und der raschen Wechselwilligkeit eine ungeahnte Kraft, um unerwartete Ergebnisse zu erzielen.

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|40|Karrieretipps für den Ideensprudler: Als Ideensprudler dürfen Sie sich getrost von gängigen Karrieretipps lösen, bei denen Durchsetzungsvermögen, Disziplin und Zielstrebigkeit gefordert werden. Suchen Sie sich den Freiraum, den Sie brauchen, um Ihre Ideen sprudeln zu lassen und unabhängig damit zu experimentieren. Suchen Sie sich Arbeitsplätze und Arbeitgeber – oder gründen eine eigene Firma –, wo Sie abseits vom Tagesgeschäft Ihre Kreativität ausleben und sich und Ihre Arbeit täglich neu erfinden können (siehe dazu S. 183 ff.).

Hanny Herzlich – kommunikativer Unterstützer