Burgen belagern für Anfänger - Marlene Geselle - E-Book

Burgen belagern für Anfänger E-Book

Marlene Geselle

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Beschreibung

Sommer, Sonne und Mittelalterspektakel. Während Federstein sich noch einen kleinen Imbiss gönnt, wird die Tochter des Hauses ermordet aufgefunden. Schon bald geht es in den Räumen der Hechmansburg turbulenter zu als in der Budengasse auf dem Festgelände. Schlimmer noch: Kinderhasser Federstein muss beim Knacken codierter Geheimbotschaften die Hilfe eines kleinen Jungen namens Carsten Hechmandinger in Anspruch nehmen.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Marlene Geselle

Burgen belagern für Anfänger

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Vorspann

 

Kommissar Federstein – Band 6

Marlene Geselle – Burgen belagern für Anfänger

1. eBook-Auflage – November 2013

© vss-verlag Hermann Schladt

Titelbild: Marlene Geselle

Lektorat: Armin Bappert

 

 

 

Burgen belagern für Anfänger

 

Marlene Geselle

 

Text

 

Da stand ich nun zusammen mit meiner Herzallerliebsten in der Schlange und verfluchte den Tag. Vor uns plärrende Kinder, hinter uns nörgelnde Rentner, keine Aussicht, sich einfach aus dem Staub zu machen. Als hätte sie meine Gedanken erraten, raunte mir meine Frau zu: „Du wirst alle Stände besuchen, nett sein zu jedermann und dich jeden Kommentars enthalten. Besonders, wenn es um das Theaterstück geht. Ich bin die Masken- und Kostümbildnerin – und du findest alles grandios. Verstanden?“

„Aber, liebste Doris“, seufzte ich und machte einen letzten Versuch, das mir drohende Ungemach doch noch abzuwenden, „jedes andere Adelsgeschlecht hätte die wüste Geschichte unter den Teppich gekehrt, statt damit auch noch anzugeben. Man feiert Helden und tapfere Recken, aber keinen Grasdaggl, der zwei Jahre zu spät vom Kreuzzug zurückkommt und dann vor der geschlossenen Tür stehen muss! Man belagert fremde Burgen, nicht die eigene.“

Keine Antwort, und das Schicksal war auch gegen mich. Vor uns stand, wie aus dem Boden gewachsen, ein Kerl mit einem Riesenschwert. Das war dafür bestimmt, die Kinder einzuteilen in solche, die unter Schwerterlänge waren und umsonst reinkamen und in solche, die darüber waren und Eintritt zahlen mussten. Der Bengel vor mir kam umsonst rein und grinste mich frech an, als der Kassierer mir seine habgierige Rechte unter die Nase hielt. Am liebsten hätte ich etwas gesagt in Richtung Raubritter und Wegezoll, aber ein Tritt gegen meine Wade hielt mich davon ab. So als Ehemann weiß man einfach, wann man den Mund zu halten hat!

Dermaßen auf einen Nachmittag mit Mittelaltermarkt und Ritterspektakel eingestimmt, durchschritt ich also das Tor zur Hechmansburg. Die gefühlten zwanzig Gutscheine und Flyer, die mir der Kerl noch in die Hand drückte, ließ ich dezent in den Weidenkorb der Frau Gemahlin fallen. Diese tat so als habe sie das nicht bemerkt und gab mir einen Abschiedskuss. Dabei fragte ich mich, ob Altfrid von Hechmansburg vor achthundert Jahren ein ähnliches Lebewohl von seiner Gattin Berta erhalten hatte, als er unter die Kreuzritter ging.

 

Ich ließ es mir so gut gehen, wie das unter diesen Umständen möglich war. Mit einer ordentlichen Dennete in der Hand und an die sonnengewärmte Außenmauer gelehnt, ignorierte ich die vorlauten Bemerkungen einiger Festbesucher. Wer als Mann der Gegenwart ein ganzer Kerl ist, der hat es nicht nötig, mit kiloweise Blech am Leib oder in handgefärbter Seidenkotta den Wichtigen zu spielen. Und während ich noch den letzten Bissen genoss, riss plötzlich jemand hoch über mir ein Fenster auf und schrie: „Zu Hilfe, zu Hilfe! Ein Arzt, ein Arzt! Meine Tochter liegt auf dem Boden und rührt sich nicht!“

Das war ein Hilferuf nach meinem Geschmack. Als ausgebuffter Kripomann hat man ein Gespür für Gefahr und Verrat. Nach oben guckend rief ich: „Ist sie schon tot oder lebt sie noch?“

Ein Zauselbart mit Samtbarett auf dem grauen Schädel schaute zu mir runter und antwortete mit zittriger Stimme: „Weiß ich nicht.“

Haste-nicht-gesehen-wie-flink lief ich zur Eingangstür, war auch gleich im Treppenhaus und nahm zwei Stufen auf einmal. Wenn sich bewahrheiten sollte, was ich dachte, so durfte ich keine Sekunde verlieren.

 

Schön wie Schneewittchen lag Amelia von Hechmansburg auf den Fliesen der Versammlungshalle, das Gesicht jedoch nicht weiß wie Elfenbein, sondern in einem Rot, wie ich es schon oft gesehen hatte. Neben ihr kniete eine Frau, die selbst unter dem derben Leinengewand nicht ihre makellose Figur verbergen konnte.

Obwohl sie mich gehört haben musste, drehte sie sich nicht um, sondern schaute zu einem Burschen in Kutte rüber, der interessiert zusah, was sie gerade tat. Die beiden kannte ich, das war mir sofort klar. Nur – woher?

„Na, Federstein, wieder mal der Erste beim Essen und der Letzte bei der Arbeit?“

Rechtsmedizinerin Frau Dr. Canari und Falkenhorst, Chef der Spurensicherer! Und beide vor mir bei der Toten! Dies war definitiv nicht die Stunde des strategischen Rückzugs, sondern die Stunde des präventiven Angriffs.

„Das zählt nicht! Sie waren schon vor mir im Gebäude. Warum eigentlich? Sie sind doch gar nicht im Festkomitee! Das verschafft Ihnen auf der Verdächtigenliste einen Ehrenplatz. Außerdem haben Sie Ihre Ausrüstungen gar nicht dabei. Ich jedoch bin voll einsatzfähig!“, trumpfte ich auf.

Falkenhorst grinste nicht einmal, die Herrin des Seziersaals verzog auch nur minimal die dezent geschminkten Lippen.

Erwähnte ich bereits, dass ich neben der Tür stand, als ich dies sagte? Jedenfalls hatte ich noch nicht mein Handy gezückt, um mein Team herbeizutrommeln, als sich eben diese Tür öffnete. Kriminaldirektor Hechmandinger, verkleidet als Knappe, gab sich die Ehre. Er guckte durch mich hindurch wie sonst nur meine Schwiegermutter, durchschritt den Raum und ging auf den Grauschädel zu, der noch immer am Fenster stand.

„Herr von Hechmansburg“, katzbuckelte der Alte, „kommen Sie und setzen Sie sich erst einmal hin. Frau Dr. Canari ist eine hervorragende Medizinerin. Bei ihr sind die Lebenden in ebenso guten Händen wie die Toten. Und Herrn Falkenhorst wird keine Spur entgehen, falls es wirklich zu einem Verbrechen gekommen sein sollte.“

Kuno von Hechmansburg ließ sich in einen der antiken Sessel plumpsen und starrte auf die Steinfliesen. Er nickte mechanisch, so als sei ihm alles recht, was der KD von sich gab.