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Hailey Blake wagt den Neuanfang – voller Hoffnung, doch überschattet von Zweifeln.
Ihr neuer Job bei einem der mächtigsten Männer New Yorks könnte ihr Traum sein…
wäre da nicht Bryan Miller. Kühl. Dominant. Gefährlich.
Und trotzdem entfacht er in ihr eine längst verlorene Sehnsucht.
Zwischen beruflichem Erfolg und privatem Chaos gerät Hailey in einen Strudel aus Macht und Leidenschaft. Ihre Beziehung zu Dustin wird toxischer denn je, und die Schatten ihrer Vergangenheit holen sie gnadenlos ein. Bryan scheint mehr über sie zu wissen, als er zugeben will – viel mehr.
Doch was, wenn die größte Gefahr nicht von außen kommt,
sondern von dem Mann, dem sie ihr Herz öffnet?
Ein fesselnder Roman über dunkle Anziehung, innere Stärke und den Mut, sich selbst zurückzuerobern.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Nachwort
Titelseite
Inhaltsverzeichnis
Buchanfang
Die Bewerbung lag vor mir. Perfekt ausgedruckt, ordentlich abgeheftet. Wie so viele andere.
Ich kannte diese Lebensläufe. Makellos formuliert, durchdacht bis ins Detail. Menschen, die etwas wollten. Einen Job. Sicherheit. Einfluss. Oder einen Platz in meinem Umfeld – weil sie glaubten, es würde sie aufwerten. Weil mein Name ihnen etwas bedeutete.
Ich überflog die Stationen. Noten. Praktika. Solide. Ambitioniert. Doch nichts davon fesselte mich.
Bis mein Blick auf das Foto fiel.
Stillstand.
Nur für den Bruchteil einer Sekunde – aber ich spürte ihn. Wie ein Schatten, der durch den Raum glitt. Wie ein Echo aus einer Zeit, die längst begraben war. Oder es zumindest sein sollte.
Hailey Blake.
Sie sah anders aus. Erwachsener. Aber ihre Augen ... Dieser Blick. Direkt. Wach. Ich hätte ihn überall erkannt.
Ich lehnte mich zurück, verschränkte die Finger vor dem Kinn. Der Stuhl unter mir knarzte – oder war es das in mir, das sich regte?
Es war lange her. Lange genug, um sich abzuhärten. Lange genug, um Wunden zu versiegeln. Doch manche Gesichter schieben sich durch jede Fassade.
Du hast keine Ahnung, was du da tust, Hailey.Keine Ahnung, mit wem du dich einlässt. Keine Vorstellung, welche Rolle du gespielt hast. Oder welche du jetzt spielen wirst.
Ich senkte den Blick auf das Bewerbungsdatum. Sie kommt. Morgen. Elf Uhr. Ich hatte es selbst so festgelegt. Natürlich.
Sie wird den Raum betreten, ohne zu wissen, dass ich auf sie gewartet habe. Dass ich sie bereits vor mir sehe, wie sie den Blick hebt – fragend, höflich, wie man es in Bewerbungstrainings lernt. Und ich werde nichts sagen. Noch nicht.
Es gibt Dinge, die sagt man nicht gleich. Manche Wahrheiten entfalten ihre Wirkung erst im Verborgenen. Und manche Spiele beginnen still.
Ich habe nicht vergessen, Hailey.
Nicht, was damals war. Nicht, was du hinterlassen hast.
Und ich bin kein Mann, der Dinge unkommentiert stehen lässt.
Ich zahle zurück. Immer.
Manchmal mit Worten. Manchmal mit Macht. Und manchmal … mit etwas, das tiefer geht.
Sie weiß es nur noch nicht. Aber sie ist längst Teil davon. Teil meines Spiels.
Und diesmal bin ich derjenige, der die Regeln bestimmt.
Mit schnellen Schritten kämpfte ich mich durch den morgendlichen Trubel Manhattans. Die Straßen waren laut, überfüllt und lebendig – wie immer. Doch heute fühlte sich alles anders an. Heute stand mein Vorstellungsgespräch bei BM Enterprises an.
Es war nicht irgendein Job – es war die Chance. Die eine, auf die ich seit Jahren hingearbeitet hatte.
Ich hatte mich auch bei anderen namhaften Firmen beworben – Stade Enterprises, Klein and Fire, sogar bei Law Direkt, dem größten Konkurrenten von BM. Doch nichts zog mich so sehr an wie dieses Unternehmen. Es war mehr als nur der Name oder der Ruf. Irgendetwas an diesem Ort … hatte mich von Anfang an in seinen Bann gezogen.
War es das Gebäude selbst – dieser riesige, moderne Glaspalast im Herzen der Stadt? Oder war es … er?
Bryan Miller.
Der Mann, über den jede Business-Zeitschrift berichtete. Jung, ehrgeizig, erfolgreich. Und ja – verdammt attraktiv. Das Gesicht auf den Titelseiten. Diese intensiven blauen Augen, das perfekt geschnittene Haar, die maßgeschneiderten Anzüge … Er hätte jedem Model Konkurrenz gemacht.
Doch mich ließ das alles kalt. Zumindest redete ich mir das ein.
Denn da war auch etwas anderes. Etwas, das mich abschreckte. Eine Kälte in seinem Blick. Eine Unnahbarkeit, die fast gefährlich wirkte. Ich kannte ihn nicht – hatte ihn nur auf Fotos gesehen – und doch hatte ich das Gefühl, dass man sich in seiner Nähe besser nicht zu sehr öffnete. Als würde er jede Schwäche sofort durchschauen.
Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. Vielleicht war es einfach diese nervöse Vorfreude. Denn ganz ehrlich: Ich wollte keinen Mann beeindrucken. Ich wollte den Job.Trotzdem fragte ich mich, ob jemand wie ich in seiner Welt überhaupt eine Chance hatte.
Meine braunen Haare fielen mir in weichen Wellen bis über die Schultern. Meine Augen waren grün – nicht strahlend smaragdgrün, sondern eher dieses ruhige, moosige Grün. Ich war sportlich gebaut, mit den Rundungen einer Frau, die ihren Körper akzeptierte, aber sich nicht für ihn verbog. Nicht zu dünn, nicht zu dick. Einfach … ich.
Seit zwei Jahren war ich in einer Beziehung. Besser gesagt: Ich steckte noch immer in einer. Doch glücklich war ich nicht. Im Gegenteil – ich fühlte mich oft wie eine Statistin im falschen Film. Wie eine Nebendarstellerin in meinem eigenen Leben. Aber ich sprach mit niemandem darüber. Nicht mit meinem Vater, nicht mit meinem Bruder – schon gar nicht mit Freunden.
Meine Familie lebte in Lake Placid, einer kleinen Stadt im Norden des Bundesstaats New York – fast zwölf Stunden von hier entfernt. Ich war vor ein paar Jahren allein nach Manhattan gezogen, um zu studieren. Jetzt war ich hier, hatte mein Studium abgeschlossen – und stand an der Schwelle zu einem neuen Leben. Hoffentlich.
Meine Mutter? Über sie wusste ich nichts. Mein Vater und mein Bruder sagten immer, sie sei kurz nach meiner Geburt gestorben. Doch irgendetwas an dieser Geschichte … stimmte nicht. Ich hatte nie ein Foto von ihr gesehen, keine Erinnerung, kein Detail. Und jedes Mal, wenn ich fragte, wichen sie aus. Irgendwann hörte ich einfach auf, zu fragen.
Aber ich hatte eine schöne Kindheit. Einfach, aber voller Liebe. Mein Vater Tom, mein Bruder Philipe – sie waren mein Zuhause. Auch wenn dieses Zuhause weit weg war.
Als ich die Straßenecke erreichte, entdeckte ich Billy’s Coffeeshop. Ein Klassiker. Und ich hatte noch ein paar Minuten Zeit.
Ein schneller Kaffee konnte nicht schaden.
Ich trat ein, stellte mich an und bestellte meinen Cappuccino. Während ich wartete, sprach ich mir innerlich Mut zu. Du schaffst das. Du bist nicht schlechter als die anderen.Und doch spürte ich, wie mein Herz raste. Ich wünschte, ich hätte wenigstens geschlafen letzte Nacht.
Als ich den Becher in den Händen hielt, drehte ich mich um – und prallte direkt gegen jemanden. Mit voller Wucht.
Mein noch dampfender Kaffee goss sich über meine weiße Bluse.
„Verdammt!“ entfuhr es mir, als ich den riesigen Fleck auf meinem Oberkörper sah.
Auch der Mann vor mir hatte etwas abbekommen, aber er reagierte kaum. Kein entschuldigender Blick. Kein „Geht’s Ihnen gut?“ Nichts.
Ich hob den Kopf – wollte etwas sagen – aber er war bereits im Begriff zu gehen. Kein Wort, kein Blick zurück. Nur das entfernte Geräusch seiner Schritte – und dann war er verschwunden.
War das sein Ernst?
Ich konnte nur noch ein genervtes Aufstöhnen hören, bevor er in der Menge verschwand.
Konnte dieser Tag noch peinlicher anfangen?
Ich entsorgte den Becher und versuchte verzweifelt, den Fleck mit einer Serviette zu tupfen. Erfolglos. Ich griff in meine Tasche, zog meine Ersatzjacke heraus – zum Glück hatte ich sie heute Morgen eingepackt – und zog sie über die Bluse, in der Hoffnung, den Schaden zu verdecken.
Okay, Hailey. Tief durchatmen. Lächeln. So tun, als wäre nichts gewesen.
Ich setzte mich wieder in Bewegung. Der Weg zum BM-Gebäude war nicht mehr weit. Als ich die riesige Glastür erreichte, blieb ich einen Moment stehen.
Das Foyer war imposant. Edler Marmor. Hohe Decken. Moderne Kunst an den Wänden. Menschen eilten aneinander vorbei – Wachmänner, Empfangsdamen, Anzugträger. Gespräche in Headsets, tippende Finger auf Tablets, klingelnde Telefone.
Ein einziger Strom aus Energie und Macht. Und ich mittendrin.
Ganz kurz – möglicherweise bildete ich es mir ein – nahm ich an der Treppe vorbei einen Schatten wahr. Groß. Elegant. Souverän. Ich konnte kaum ein Gesicht erkennen, doch irgendetwas an seiner Haltung … ließ mich frösteln.
Ich spürte das Kribbeln in meinen Fingern, als ich weiter durch das Foyer ging. Hinter der Rezeption zog sich ein langer Korridor entlang, glänzend und hell, mit dezent eingelassenem Licht im Boden. An den Wänden hingen abstrakte Gemälde – vermutlich teuer, vielleicht sogar bedeutend. Ich verstand nichts von Kunst, aber sie wirkten … einschüchternd.
Ein Mann im teuren Anzug rauschte an mir vorbei, ein Headset am Ohr, sein Blick stur geradeaus. Neben ihm eilte eine Frau mit Tablet, stieg in einen der Aufzüge, ohne aufzusehen. Alles hier hatte Struktur, Rhythmus – jeder Schritt schien geplant.
Und ich? Ich fühlte mich wie ein falsch gesetzter Ton in einer perfekt komponierten Symphonie.
Wirklich clever, Hailey – Kaffee auf der Bluse bei deinem ersten Eindruck. Was kommt als Nächstes? Stolpern beim Händeschütteln?
Ich zwang mich zu einem aufrechten Gang, hob das Kinn leicht und stellte mir vor, wie ich aussehe, wenn ich selbstbewusst wäre. Vielleicht wirkte es – zumindest auf den ersten Blick.
Ein letzter Blick auf das kleine silberne Schild neben dem Aufzug. BM Enterprises.Es glänzte im Licht wie ein Versprechen. Oder eine Warnung.
Noch ein Atemzug. Noch ein Schritt. Dann drückte ich auf den Knopf – und wartete, dass sich mein Schicksal öffnete.
Der Empfangsbereich in der oberen Etage war genauso eindrucksvoll wie der Rest des Gebäudes – hohe Decken, glänzender Marmorboden, moderne Kunst an den Wänden. Alles strahlte Klasse, Stil und Macht aus. Ich schluckte.
Jetzt nur nicht nervös werden, Hailey.
Am Empfang saß eine Frau mit feuerrotem Haar, das ihr in festen Locken bis zum Kinn reichte. Sie telefonierte, hob aber sofort die Hand, als sie mich sah – eine stumme Geste, dass ich gleich dran war. Ich nickte höflich und trat einen Schritt zur Seite. Die Unterhaltung war kurz, und nach einer knappen Minute legte sie auf.
„Was kann ich für Sie tun, Miss…?“ Ihre Stimme war warm, fast mütterlich.
„Guten Morgen. Mein Name ist Hailey Blake. Ich habe um acht einen Termin bei Mister Miller – wegen eines Bewerbungsgesprächs.“ Ich zwang mich zu einem Lächeln, obwohl mein Herz raste. Meine Hände waren kalt und leicht feucht, also versteckte ich sie diskret in den Ärmeln meiner Jacke.
„Einen Moment bitte, Miss Blake.“
Ich las ihren Namen auf dem Kärtchen an ihrem Blazer: Tina London.
Tina griff zum Hörer und wählte eine Nummer.
„Elena? Hier ist Tina vom Empfang. Hailey Blake ist hier. Ja … alles klar. Ich schick sie hoch.“
Sie legte auf, sah mich wieder an und lächelte freundlich.
„Fahren Sie bitte in den 30. Stock. Dort wird man Sie erwarten.“
Sie reichte mir eine Besucherkarte mit meinem Namen und einem Magnetclip, den ich an meiner Jacke befestigte.
„Danke.“
Ich atmete tief durch, wandte mich dem Aufzug zu und versuchte, nicht allzu aufgeregt zu wirken. Doch innerlich drehte sich alles. Das hier war echt. Ich war im BM-Hauptgebäude, auf dem Weg zu Bryan Miller – einem der erfolgreichsten Männer der Stadt. Und ich hatte Kaffee auf meiner Bluse.
Ruhig bleiben, Hailey. Alles wird gut.
Der Aufzug ließ auf sich warten. Ich beobachtete die Zahlen über der Tür – 76 … 45 … 22 … Warum dauert das so lange? Neben mir standen ein paar Männer in Anzügen und eine Frau, die auf ihr Handy starrte. Ich fühlte mich winzig.
Endlich ertönte das vertraute Ping. Die Türen öffneten sich, und einige Leute verließen den Aufzug. Ich trat ein, zusammen mit einem älteren Herrn mit grauen Haaren und einem sympathischen Lächeln.
„Welcher Stock, Miss?“ fragte er höflich.
„Der dreißigste bitte.“
Er nickte, drückte den Knopf und stellte sich zurück neben mich.
Ich beobachtete die Zahlen, wie sie aufstiegen – 10 … 17 … 24 … 27 … Atme, Hailey. Ich ballte die Hände zu Fäusten, nur für einen Moment, um das Zittern zu kontrollieren. Dann ertönte ein leises Ping.
„Junge Dame, Sie sind angekommen“, sagte der Mann freundlich.
„Oh, danke!“
Ich trat aus dem Aufzug und sah mich um. Auch dieser Bereich war modern, aber ruhiger. Weniger hektisch als das Foyer. Eine Art Vorzimmer – schlicht, elegant.
Am Empfang saß eine junge Frau mit platinblondem, fast weißem Haar. Sie war atemberaubend schön – große, hellbraune Augen, ein makelloser Teint, und ihr roter Lippenstift wirkte weder aufdringlich noch unpassend. Im Gegenteil: Er passte perfekt zu ihr. Elegant. Selbstsicher.
Sie hob den Blick, musterte mich freundlich.
„Hailey Blake?“
„Ja, das bin ich.“
Sie streckte mir die Hand entgegen. Ihr Händedruck war fest und gleichzeitig warm.
„Freut mich, Hailey. Ich bin Elena Marlowe. Setz dich ruhig einen Moment, Mister Miller wird dich gleich empfangen.“
Ihre Art war erstaunlich angenehm – offen, fast vertraut, als würden wir uns schon länger kennen. Ich setzte mich auf das Sofa gegenüber vom Empfang und legte meine Aktentasche auf den Schoß. Meine Beine wippten unruhig auf und ab.
Reiß dich zusammen, sagte ich mir innerlich. Aber es half kaum. Dieses Gespräch bedeutete mir zu viel.
Nach wenigen Minuten erhob sich Elena, ging einen Schritt auf mich zu und lächelte.
„Du kannst jetzt rein. Mister Miller wartet auf dich.“
Ich zuckte leicht zusammen. Konzentrier dich!
„So nervös?“ fragte sie mit einem sanften Lachen.
Ich nickte schüchtern.
„Keine Sorge“, meinte sie aufmunternd. „Wenn er dich eingeladen hat, sieht er Potenzial in dir. Das schaffst du.“
Ich atmete tief ein. „Danke, Elena.“
Ich stand auf, strich meinen Rock glatt und ging langsam zur Tür. Kurz vor dem Klopfen hörte ich sie noch sagen:
„Du musst nicht klopfen – einfach reingehen.“
Oh Gott … Peinlich. Ich wurde rot, senkte den Blick, legte die Hand auf die Türklinke –
und trat ein.
Drinnen war es still. Ich hörte das Geräusch von Papieren, die sortiert wurden, das leise Ticken einer Uhr. Und dann sah ich ihn. Bryan Miller.
Er stand mit dem Rücken zu mir, in einem maßgeschneiderten Anzug, das Licht der Morgensonne fiel durch die hohen Fenster direkt auf ihn. Seine Schultern wirkten noch breiter als auf den Fotos. Ich konnte nicht anders – mein Blick glitt an ihm herab.
Dieser Mann...
Ich zwang mich, den Blick zu lösen, trat näher und verbeugte mich leicht.
„Guten Morgen. Mein Name ist Hailey Blake. Vielen Dank, dass Sie mich eingeladen haben.“
Er drehte sich langsam um – und ich konnte schwören, dass für den Bruchteil einer Sekunde eine Regung über sein Gesicht huschte. Verwunderung? Überraschung? Vielleicht sogar... etwas Vertrautes. Doch sie verschwand zu schnell, als dass ich sie hätte deuten können.
„Setzen Sie sich, Miss Blake.“ Er deutete auf eine edle Ledercouch. Sein Ton war kontrolliert. Neutral. Doch irgendetwas vibrierte darunter – etwas, das ich nicht greifen konnte.
Ich nickte, ging hinüber und ließ mich nieder. Als ich meine Aktentasche abstellte, fiel mein Blick erneut auf ihn. Und diesmal war es unmöglich, nicht zu bemerken, wie er mich ansah.
Intensiv. Prüfend. Vielleicht sogar... amüsiert?
Ich schlug die Beine übereinander, zog den Rock etwas zurecht und versuchte, meine Nervosität nicht allzu deutlich werden zu lassen. Trotzdem spürte ich seine Blicke – ganz so, als würde er jedes noch so kleine Zucken meines Gesichts analysieren.
Ein Vorstellungsgespräch, Hailey. Kein Date. Keine Bühne.
Er nahm hinter seinem Schreibtisch Platz, wirkte ruhig und kontrolliert. Aber da war wieder dieses feine Zucken an seinem Mundwinkel. Eine Regung, die nicht recht zu seiner sonst so ernsten Miene passen wollte.
„Möchten Sie etwas trinken, Miss Blake? Wasser? Tee? Oder... Kaffee?“
Das letzte Wort sprach er mit einem leichten Schmunzeln aus.
Mein Blick wanderte automatisch zu meiner Jacke – unter der sich immer noch der getrocknete Kaffeefleck auf meiner Bluse verbarg. Ich wurde heiß im Gesicht.
„Ein Kaffee wäre nett. Vielen Dank.“
„Elena, bringen Sie uns bitte Kaffee.“ Seine Stimme war ruhig, beinahe beiläufig. Dann verschränkte er die Hände ruhig vor sich und sah mich wieder an.
„Ich hoffe, Sie haben gut hergefunden.“
Sein Blick senkte sich auf meine Brust – nicht auf eine unangenehme Weise, sondern genau dort, wo sich der Fleck abzeichnete. Ich verkrampfte mich leicht.
„Ein kleiner Unfall.“ Ich versuchte, meine Verlegenheit mit einem Lächeln zu überspielen.
Seine Lippen zuckten wieder.
„Das kenne ich nur zu gut.“ Sein Ton war leise, fast belustigt. Ich konnte nicht sagen, ob er sich über mich amüsierte oder einfach nur charmant sein wollte.
Bevor ich mir den Kopf zerbrechen konnte, öffnete sich die Tür, und Elena trat ein. Sie stellte zwei dampfende Tassen auf den Tisch und schenkte mir ein freundliches Lächeln.
„Vorsicht, er ist heiß.“ Dann verschwand sie wieder.
Ich nahm meine Tasse, nippte daran – und entspannte mich für einen Moment. Der Kaffee war stark, aber gut. Ich schloss kurz die Augen. Der erste Schluck Kaffee hatte schon immer etwas Beruhigendes an sich.
Als ich die Augen wieder öffnete, sah ich Bryan direkt an – und erschrak fast.
Er lächelte. Leicht. Fast... offen. Und doch war da ein Hauch Ironie, den ich nicht deuten konnte.
„Was ist so lustig?“ fragte ich schließlich, ohne den Blick abzuwenden.
Er schüttelte sanft den Kopf.
„Nichts. Nur... Sie erinnern mich an jemanden.“
Sein Tonfall ließ nicht erkennen, ob das etwas Gutes oder Schlechtes war. Doch für einen Moment schien seine Miene weicher zu werden – fast melancholisch. Dann verschwand der Ausdruck genauso schnell, wie er gekommen war.
Dann wurde er ernst – fast schlagartig. Er beugte sich vor, die Ellbogen auf dem Tisch abgestützt, die Finger aneinandergelegt.
„Miss Blake – warum haben Sie sich bei Miller Enterprises beworben? Und warum glauben Sie, dass ich ausgerechnet Sie einstellen sollte?“
Ich war vorbereitet. Diese Frage war mir dutzende Male durch den Kopf gegangen. Ich atmete tief durch, legte die Hände gefaltet auf mein Knie und sah ihm direkt in die Augen.
„Miller Enterprises hat mich von Anfang an fasziniert. Die Entwicklung, die Innovationskraft, die Präsenz auf dem Markt. Ich habe den Eindruck, dass man hier wirklich etwas erreichen kann – nicht nur für sich selbst, sondern für das Unternehmen. Ich bin ehrgeizig, belastbar, und ich weiß, wie man Prioritäten setzt. Wenn ich eine Aufgabe übernehme, ziehe ich sie durch. Ich bin kein Mensch für halbe Sachen. Und ich bin sicher, dass ich mich hier nicht nur einbringen, sondern auch wachsen kann.“
Er beobachtete mich still, sein Gesicht zeigte keine Regung. Nur seine Augen wirkten... fokussiert. Als würde er prüfen, ob jedes meiner Worte ehrlich war.
Dann – ganz langsam – entspannte sich seine Haltung. Und ein Lächeln huschte über seine Lippen. Dieses Mal war es echter. Wärmer.
„Ihr Selbstvertrauen gefällt mir, Miss Blake. In unserer Branche ist das eine wichtige Eigenschaft. Es gibt zu viele Menschen, die sich hinter anderen verstecken. Die nicht für ihre Ziele kämpfen.“
Ich lächelte vorsichtig.
„Vielen Dank, Mister Miller. Ich denke auch, dass man ohne gesundes Selbstbewusstsein schnell untergeht – oder irgendwann aufgibt.“
Er nickte zustimmend und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
„Was haben Sie studiert?“
„Wirtschaft – mit Schwerpunkten auf Marketing, Webdesign und Projektmanagement. Ich habe mich letztlich auf Wirtschaft spezialisiert, aber in allen Bereichen solide Leistungen erbracht.“
Sein Blick veränderte sich kaum, doch seine Augen wirkten für einen Moment... wachsam?
„Wissen Sie, dass ich vor zwei Jahren NASDAQ übernommen habe?“ fragte er beiläufig.
Ich schluckte. DAS hatte ich nicht gewusst.
„Nein, das war mir nicht bekannt. Ich habe die Firma vor mehr als zwei Jahren verlassen. Damals gab es schon finanzielle Probleme. Ich wusste nur, dass sie danach fast insolvent war.“
Was ich nicht sagte: Warum ich wirklich gegangen war.
Mein damaliger Chef bei NASDAQ hatte mich immer wieder bedrängt. Anfangs waren es nur Blicke. Dann zufällige Berührungen, zweideutige Bemerkungen, Einladungen, die keine beruflichen Hintergründe hatten. Ich hatte es ignoriert, verdrängt, gehofft, dass es aufhört. Aber es hörte nicht auf.
Eines Abends war er mir zu nahe gekommen – viel zu nahe. Ich bin gegangen, bevor etwas Unumkehrbares passierte.
Ich hatte niemandem davon erzählt. Nicht meinem Vater, nicht Philipe, niemandem. Ich wollte stark wirken. Selbstbestimmt. Aber in Wahrheit... hatte ich damals zum ersten Mal echte Angst gespürt. Angst, benutzt zu werden. Nicht ernst genommen zu werden. Und jetzt saß ich hier – Bryan Miller gegenüber – und wusste nicht, ob ich ihm trauen konnte.
Er stand auf, ging langsam um den Tisch herum und blieb vor mir stehen.
„Wirklich? Sie wissen gar nichts von der Übernahme?“
Ich sah zu ihm hoch. Seine Haltung war gelassen, fast spielerisch – aber da war eine gewisse Spannung in seinem Tonfall, die mich verunsicherte.
„Nein, Mister Miller. Ich wusste es wirklich nicht.“
Er lachte leise. Nicht spöttisch – eher... interessiert.
„Schon gut. Es war ein Test. Ich wollte sehen, wie Sie mit Druck umgehen. Ob Sie Loyalität zeigen.“
Ich atmete langsam aus. Ein Test. Natürlich.
„Und... habe ich bestanden?“
Er lächelte. Breit. Verdammt. Dieses Lächeln hätte in jedem Magazin abgedruckt werden können.
„Absolut. Ich mag Menschen, die ehrlich sind – und die wissen, wann sie besser schweigen.“
Dann trat er einen Schritt näher, sein Blick ruhig, seine Stimme fester:
„Ich werde Sie einstellen, Miss Blake.“
Ich konnte ihn nur anstarren. Er stellt mich ein.Bryan Miller – dieser Mann, der mir mit einem einzigen Blick beinahe den Atem raubte – hatte soeben gesagt, dass ich den Job bekomme. Einfach so. Nach diesem Gespräch.
Meine Gedanken überschlugen sich. Ich konnte kaum reagieren, konnte nichts sagen – nur nicken. Wie in Trance.
Und genau in diesem Moment trat er einen Schritt näher, hob die Hand und strich mir mit dem Daumen sanft über die Wange.
„Alles in Ordnung mit Ihnen?“Seine Stimme war ruhig, fast behutsam – aber seine Augen durchbohrten mich. Als würde er mehr sehen, als ich zeigen wollte.
Ich schrak leicht zusammen – nicht, weil es unangenehm war, sondern weil ich nicht damit gerechnet hatte. Seine Berührung war warm. Sanft. Fast vorsichtig. Und sie brachte mein Herz aus dem Takt.
„J-ja, alles gut.“Hastig stand ich auf und verbeugte mich fast schon übertrieben. „Es ist mir eine Ehre, für Sie arbeiten zu dürfen. Vielen, vielen Dank.“
Er blinzelte, wirkte einen Moment lang... irritiert. Dann kehrte sein Lächeln zurück – doch es war nicht mehr das professionelle, höfliche Lächeln von eben. Es war weicher. Menschlicher. Und auf eine Weise gefährlich, die mir Gänsehaut verursachte.
„Ich wäre dumm, wenn ich Sie nicht einstellen würde, Miss Blake.“Es klang wie ein Kompliment – und gleichzeitig wie eine Warnung.
Er legte sanft eine Hand auf meinen Rücken und lenkte mich zur Tür. Ich war so überrumpelt, dass ich mich einfach führen ließ.
Und während ich an seiner Seite ging, sah ich ihn zum ersten Mal wirklich. Ohne Anspannung. Ohne Barriere.
Bryan Miller war – ohne jede Übertreibung – atemberaubend.
Wie aus einem verdammten Hochglanzmagazin.Sein blond-braunes Haar war perfekt geschnitten, leicht zurückgestrichen, glänzend im Licht. Seine Haut ebenmäßig, sein Gesicht markant, aber nicht hart – eher edel, fast aristokratisch. Diese Augen... kühl, durchdringend, als könnten sie jede Schutzmauer in Sekundenschnelle sprengen. Selbst seine Haltung wirkte makellos. Elegant. Selbstbewusst. Er trug einen maßgeschneiderten, dunklen Anzug, der jede Linie seiner athletischen Figur betonte – kraftvoll, aber nicht übertrieben.
Kein Wunder, dass halb New York ihn anhimmelte.Und doch – da war etwas in seinem Blick. Etwas, das mich innerlich warnte. Halt Abstand. Du weißt nicht, womit du es hier wirklich zu tun hast.
Wir traten gemeinsam aus dem Büro. Er hielt mir die Tür auf – ganz der Gentleman. Und obwohl ich kaum noch sprachfähig war, spürte ich seinen Blick auf mir ruhen.
„Sehen Sie – so schlimm war es doch gar nicht. Kein Grund, nervös zu sein.“
Ich wurde rot. Natürlich hatte er es bemerkt. Meine Unsicherheit, meine Anspannung – alles, was ich verzweifelt zu verstecken versucht hatte.
„Ich danke Ihnen nochmals für diese Chance. Ich werde mein Bestes geben.“
„Es war ein angenehmes Gespräch, Miss Blake. Meine Sekretärin wird sich in den nächsten Tagen bei Ihnen melden.“
Ich nickte, wollte mich gerade zum Aufzug drehen, da hörte ich ihn noch einmal:
„Ach – Miss Blake?“
Ich sah über die Schulter zurück. Er grinste – charmant, beinahe frech.
„Das mit dem Kaffee vorhin... das tut mir leid.“
Ich starrte ihn an. Kaffee... vorhin...?
Und dann traf es mich wie ein elektrischer Schlag. Oh mein Gott...
Gerade als sich die Aufzugtür schloss, schoss es mir durch den Kopf.
Er war es. Der Mann aus dem Coffeeshop. Der, über dessen Anzug ich meinen verdammten Kaffee gekippt hatte.
Ich wurde knallrot. Er hatte es die ganze Zeit gewusst. Und ich... hatte ihn nicht erkannt.
Kein Wunder, dass er mich mit diesem halb belustigten Blick angesehen hatte. Kein Wunder, dass er bei „heißem Kaffee“ gelächelt hatte. Kein Wunder, dass ich mich gefühlt hatte wie unter einem Scanner.
Ich drückte hektisch auf den Knopf. Fahr schneller, verdammt.
Als ich schließlich unten ankam, verließ ich das Gebäude wie ferngesteuert. Ich blieb auf dem Bürgersteig stehen, sog die kühle Morgenluft tief in meine Lungen.
Ich hatte den Job. Ich hatte Bryan Miller getroffen. Und ich hatte Kaffee über ihn geschüttet.
Willkommen bei Miller Enterprises, Hailey Blake.
Meine Aufregung vibrierte noch in jeder Zelle meines Körpers. Ich stand wie festgewurzelt vor dem imposanten Gebäude, in dem sich gerade mein Leben verändert hatte.
Ich griff nach meiner Tasche. Nichts. Verwirrt starrte ich auf meine leere Hand.
„Wo ist meine...“Die Erkenntnis traf mich mit Verzögerung. Meine Tasche war oben. In seinem Büro.
Großartig. Ich war eigentlich kein schusseliger Mensch. Aber heute? Heute war ich ein einziges Chaos.
Ich schloss kurz die Augen, atmete tief durch – und drehte mich um. Etwas zu schnell.
Und lief direkt in jemanden hinein.
Fest. Warm. Sicher.
Hände griffen nach meinen Armen und hielten mich, bevor ich zurücktaumeln konnte. Ich riss die Augen auf – und blickte direkt in das amüsierte Gesicht von Bryan Miller.