Carmen - Prosper Mérimée - E-Book + Hörbuch

Carmen E-Book

Prosper Mérimée

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Beschreibung

**mehrbuch: Klassiker der Weltliteratur!** Die attraktive Zigeunerin Carmen, eine umschwärmte, selbstbewusste Frau, trifft in Sevilla in dem Soldaten Don José einen Mann, der ihr rettungslos verfällt, sie durch seine Liebe aber auch einengt. Im Konflikt zwischen ihrer Freiheit und dieser Liebe entscheidet sie sich für die Freiheit – mit tödlichen Konsequenzen.

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Prosper Mérimée

Carmen

Inhaltsverzeichnis
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Über den Autoren:
Prosper Mérimée
Carmen

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Über den Autoren:

Prosper Mérimée war ein französischer Schriftsteller.

 

Prosper Mérimée

Carmen

Novelle

Aus dem Französischen von Arthur Schurig

Die gleichnamige Oper von Georges Bizet nach dem Libretto von Henri Meilhac und Ludovic Halévy wurde 1875 in Paris uraufgeführt

Pasa gyne cholos estin; echei d'agathas dyo horas, Ten mian en thalamo, ten mian en thanato.

Palladas

Immer schon hatte ich die Geographen im Verdacht, daß sie nicht wissen, was sie sagen, wenn sie das Schlachtfeld von Munda in die Gegend von Bastuli-Poeni legen, nahe dem heutigen Monda, etwa zwei (französische) Meilen nördlich von Marbella. Nach meiner persönlichen Deutung des Textes des Bellum Hispaniense (den Autor kennen wir nicht), sowie nach gewissen Aufschlüssen, die mir die berühmte Bibliothek des Herzogs von Ossuna gewährt hat, glaubte ich den denkwürdigen Ort, wo Cäsar den letzten entscheidenden Schlag gegen die Kämpen der Republik führte, bei Montilla suchen zu dürfen.

Als ich im Frühherbst 1830 in Andalusien weilte, machte ich einen ziemlich weiten Ausflug, um mir völlige Klarheit hierüber zu verschaffen. Eine Denkschrift, die ich demnächst zu veröffentlichen vorhabe, wird, hoffe ich, alle gewissenhaften Altertumsforscher jedweder Unsicherheit entheben. In der Voraussicht, daß meine Abhandlung das topographische Rätsel, das das ganze gelehrte Europa beschäftigt hat, endlich löst, will ich eine kleine Geschichte erzählen, ohne die reizvolle Frage nach der Lage von Munda irgendwie bereits aufzuhellen.

Ich hatte mir in Kordova einen Führer und zwei Pferde gemietet und hatte mich mit Cäsars Kommentaren und ein paar Hemden als einzigem Gepäck auf den Weg gemacht. Eines Tages, als ich das Oberland der Ebene von Kachena durchstreifte, müde, matt, halbtot vor Durst, von bleierner Sonne geröstet, Cäsar und die Söhne des Pompejus herzlichst zum Teufel wünschend, bemerkte ich ziemlich fern von meinem Pfad ein Stück grünen Rasen mit Binsen und Schilf. Offenbar war da ein Quell in der Nähe. Richtig; wie ich mich der Stelle näherte, sah ich, daß der vermeintliche Rasen ein Sumpf war, in dem sich ein Rinnsal verlor, das, wie es schien, aus einer engen Schlucht zwischen zwei hohen Vorbergen der Sierra von Kabra herkam. Ich folgerte, daß ich weiter oben frischeres Wasser finden werde mit weniger Blutegeln und Fröschen und vielleicht inmitten der Felsen etwas Schatten. Am Eingang der Schlucht wieherte mein Pferd, und ein andres, das ich nicht sah, tat sogleich dasselbe. Kaum war ich hundert und einige Schritt gegangen, da verbreiterte sich die Schlucht plötzlich und ließ mich eine Art Naturzirkus erblicken, der durch die hohen Felswände ringsum völlig im Schatten lag. Unmöglich hätte der Wanderer einen Platz finden können, der angenehmere Rast verhieß. Zu Füßen der steilen Wände sprudelte der Quell und ergoß sich in ein kleines Becken über schneeweißem Sand. Ein halbes Dutzend prächtige grüne Eichen, vor jedem Wind geschützt und vom Wasser immer frisch gehalten, umstanden den Rand und machten die Flut tiefschwarz. Endlich bot das feine glänzende Gras rings um das Becken ein Lager, wie man es besser in keiner Herberge zehn Stunden in der Runde gefunden hätte.

Doch nicht mir gebührte die Ehre, diesen so schönen Platz entdeckt zu haben. Ein Mann hielt hier bereits Rast; wahrscheinlich hatte er geschlafen, als ich einbrach. Durch das Gewieher geweckt, war er aufgestanden und an sein Pferd gegangen, das sich den Schlummer seines Herrn zunutze gemacht und im nahen Gras geweidet hatte. Es war ein junger Bursche, mittelgroß, von kräftigem Aussehen mit finsterem, stolzem Blick. Seine Gesichtsfarbe war wohl einmal schön gewesen, aber im Sonnenbrande war sie dunkler geworden als sein Haupthaar. In der einen Hand hielt er den Trensenzügel, in der andern eine kupferne Pistole. Ich bekenne, daß mich das Schießgewehr und die wilde Miene ihres Trägers zunächst ziemlich verdutzt machten; doch ich glaubte nicht groß an Räuber, weil ich von ihnen zwar hatte sprechen hören, nie aber welchen begegnet war. Überdies hatte ich so viele ehrsame Pächtersleute bis an die Zähne bewaffnet zu Markte ziehen sehen, daß mir der Anblick einer Pistole nicht genügte, die gute Gesinnung des Unbekannten anzuzweifeln. Und dann, sagte ich mir, was hätte er von meinen Hemden und meiner Elzevirausgabe der Kommentare?

Also grüßte ich den Mann mit der Pistole mit vertraulichem Kopfnicken und fragte ihn lächelnd, ob ich ihn im Schlafe gestört hätte. Ohne mir zu antworten, maß er mich vom Kopf bis zu den Füßen. Sodann – ich hatte das Examen bestanden – betrachtete er ebenso gründlich meinen mir nachkommenden Führer. Ich sah, wie dieser erbleichte und voll sichtlichem Schreck stehenblieb. Eine üble Begegnung! dachte ich bei mir. Doch sofort riet mir die Klugheit, mir keinerlei Unruhe anmerken zu lassen. Ich saß ab, rief dem Führer zu, das Pferd abzuzäumen, kniete am Rand des Quells nieder und tauchte Kopf und Hände hinein. Dann trank ich, platt hingestreckt wie die Krieger Gideons, einen tüchtigen Schluck.

Währenddem beobachtete ich meinen Führer sowie den Unbekannten. Jener näherte sich, weil ihm nichts andres übrig blieb; der andre führte offenbar nichts Böses gegen uns im Schilde; denn er hatte sein Pferd wieder losgelassen, und seine Pistole, die er anfangs wagerecht gehalten, war jetzt zur Erde gesenkt.

Ich hielt es für gut, die geringen Umstände, die man mit meiner Person machte, nicht übelzunehmen, streckte mich ins Gras und fragte den Mann mit der Pistole in unbefangenem Tone, ob er Feuerzeug bei sich habe. Zugleich holte ich meine Zigarrentasche heraus. Nach wie vor stumm, griff der Unbekannte in seine Tasche, brachte sein Feuerzeug vor und machte mir unverzüglich Feuer. Er wurde umgänglicher, denn er nahm mir gegenüber Platz. Als meine Zigarre in Brand war, wählte ich aus den übrigen die beste aus und fragte ihn, ob er Raucher sei.

Ja, Herr, erwiderte er. Das waren die ersten Worte, die ich von ihm zu hören bekam, wobei ich merkte, daß er das s nicht auf andalusische Art aussprach. Ich schloß hieraus, daß er gleich mir ein Wandersmann war, wenn auch kein archäologischer.

Diese wird Ihnen schmecken, sagte ich, indem ich ihm eine echte Havanna-Regalia reichte.

Er nickte leicht mit dem Kopfe, zündete seine Zigarre an der meinen an, dankte mir nochmals durch die gleiche Bewegung und begann dann zu rauchen, sichtlich mit dem größten Vergnügen.

Wie er den ersten Zug langsam aus Mund und Nase paffte, rief er: Ach, es ist lange her, daß ich geraucht habe!

In Spanien bedeutet eine dargereichte und genommene Zigarre beginnende Gastfreundschaft, ganz wie im Morgenlande geteiltes Brot und Salz. Mein Mann erwies sich gesprächiger als ich ihm zugetraut. Übrigens kannte er die Gegend offenbar so gut wie nicht, trotzdem er sich für einen Bewohner des Partido von Montilla ausgab. Er wußte weder den Namen des reizenden Tales, in dem wir uns befanden, noch vermochte er sonst ein Dorf in der Nähe zu nennen. Und auf meine Frage, ob er im Umkreise keine zerstörten Mauern, Bruchstücke von Simsen oder steinerne Skulpturen gesehen habe, gestand er, daß er auf derlei Dinge niemals sein Augenmerk richte. Dafür war er Pferdekenner. Er beurteilte meinen Gaul, was nicht weiter schwierig war. Sodann erzählte er vom Pedigree seines Pferdes; es entstammte dem berühmten Kordovaer Gestüt. In der Tat, es war ein edles Tier und so ausdauernd, daß es, nach dem Berichte seines Herrn, einmal hundertzwanzig Kilometer an einem Tage, teils im Galopp, teils in starkem Trabe, zurückgelegt hatte. Plötzlich brach der Unbekannte seinen Wortschwall ab, als sei es ihm unlieb, allzuviel gesagt zu haben. Ich hatte es nämlich sehr eilig, nach Kordova zu kommen, erklärte er ziemlich verlegen. Ich wollte einen Prozeß anhängig machen ... Dabei blickte er meinen Führer an, der die Augen niederschlug.

Der Schatten und die Quelle begeisterten mich dermaßen, daß mir der vorzügliche Schinken einfiel, von dem meine Freunde in Montilla ein paar Schnitte in die Packtasche meines Führers verpackt hatten. Ich hieß sie bringen und lud den Unbekannten ein, am Picknick teilzunehmen. Wenn es lange her war, daß er geraucht hatte: gegessen konnte er in den letzten achtundvierzig Stunden gewiß nicht haben; denn er aß gierig wie ein ausgehungerter Wolf. Unsere Begegnung war für ihn so etwas wie eine Gnade des Himmels. Mein Führer hingegen aß wenig, trank noch weniger und sprach kein Wort, obwohl er zu Beginn unsrer Wanderschaft ein Schwätzer sondergleichen gewesen war. Die Gegenwart meines Gastes war ihm offenbar unangenehm, und gegenseitiges Mißtrauen hielt sie einander fern, ohne daß ich mir über die Ursache klar ward.

Die letzten Stücke Brot und Schinken waren längst verschwunden, und jeder hatte eine zweite Zigarre geraucht. Ich befahl dem Führer, unsere Pferde zurechtzumachen, und wollte von meinem neuen Freund Abschied nehmen, als er mich fragte, wo ich zur Nacht zu bleiben gedächte. Ehe ich ein Zeichen meines Führers begriff, hatte ich entgegnet, ich wolle nach der Venta del Cuervo (Schenke zum Raben) reiten.

Schlechte Herberge für Euresgleichen, Herr ..., meinte er. Ich begebe mich auch dahin, und wenn Ihr mir gestattet, Euch zu begleiten, machen wir den Weg zusammen.

Sehr gern, erwiderte ich, indem ich aufsaß. Mein Führer, der mir den Bügel hielt, zwinkerte mir abermals zu. Ich antwortete mit einem Achselzucken, zum Zeichen, daß ich völlig sorglos sei, und so brachen wir auf.

Antonios geheimnisvolle Zeichen, seine Unruhe, etliche dem Unbekannten entfahrene Worte, insbesondere sein Dauerritt und die von ihm vorgebrachte wenig glaubhafte Begründung hatten meine Meinung über meinen Reisegefährten gefestigt. Ich war mir nicht im Zweifel, daß ich es mit einem Schmuggler zu tun hatte, vielleicht gar mit einem Räuber. Was störte mich das? Ich kannte den Charakter des Spaniers hinlänglich, um voll überzeugt zu sein, daß ich von einem Manne, der mit mir gegessen und geraucht hatte, nichts zu befürchten brauchte. Ja, seine Gegenwart war mir sicherer Schutz gegen jedwede schlimme Begegnung. Übrigens war ich erfreut, einen echten Briganten kennenzulernen. Man sieht nicht alle Tage einen, und es hat seinen Reiz, sich in Gesellschaft eines gefährlichen Wesens zu wissen, zumal wenn es einen zahm und zutraulich dünkt. Ich hoffte den Unbekannten allmählich zu Geständnissen zu bringen und lenkte, ungeachtet des Augenzwinkerns meines Führers, die Unterhaltung auf die Straßenräuber. Natürlich sprach ich mit Hochachtung darüber. Es gab damals in Andalusien einen berüchtigten Banditen namens José Navarro, dessen Taten in aller Munde waren. Wie, wenn ich zur Seite dieses Helden wäre! dachte ich bei mir. Und ich erzählte die Geschichten, die ich von ihm kannte, übrigens lauter lobesame Dinge, und zollte seiner Tapferkeit und seinem Edelmut Worte hoher Bewunderung.

José Navarro ist ein Gauner und nichts weiter, meinte der Unbekannte kalt.

Ist das Selbstverdammung oder übertriebene Bescheidenheit? fragte ich mich nachdenklich; denn je länger ich meinen Begleiter betrachtete, desto mehr fand ich das Signalement von José Navarro, das ich am Tore mancher andalusischen Stadt gelesen hatte, auf ihn passend. Ja, er ists! Blondes Haar, blaue Augen, großer Mund, schöne Zähne, kleine Hände, feines Hemd, Samtjacke mit Silberknöpfen, weiße Ledergamaschen, beritten, ein Brauner ... Kein Zweifel! Aber ehren wir sein Inkognito!