Castor Pollux 6 - Rafael Marques - E-Book

Castor Pollux 6 E-Book

Rafael Marques

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Beschreibung

Germanien, 35 n. Chr.
Arnulf wusste, dass er sterben würde!
Die Ankunft der widerlichen Kreaturen, die nur entfernt an Frauen erinnerten, würden den Prozess nur beschleunigen. Dass sie ihn noch belauerten und nicht längst ihre Krallen oder Zähne in seinen Körper gerammt hatten, bedeutete, dass sie noch etwas von ihm erwarteten. Informationen womöglich.
Aber diese würde er ihnen nicht geben. Selbst im Angesicht des Todes wollte er seine Würde bewahren und in Ehre aus dieser Welt abtreten. Immerhin war er kein normaler Mensch, sondern ein Bezwinger der Finsteren!


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Inhalt

Cover

Titel

WIE WAR´S WIRKLICH?

Totenfresser in Rom

… UND IM NÄCHSTEN ROMAN LESEN SIE:

Fußnoten

Impressum

Totenfresser in Rom

von Rafael Marques

Germanien, 35 n. Chr.

Arnulf wusste, dass er sterben würde!

Die Ankunft der widerlichen Kreaturen, die nur entfernt an Frauen erinnerten, würden den Prozess nur beschleunigen. Dass sie ihn noch belauerten und nicht längst ihre Krallen oder Zähne in seinen Körper gerammt hatten, bedeutete, dass sie noch etwas von ihm erwarteten. Informationen womöglich.

Aber diese würde er ihnen nicht geben. Selbst im Angesicht des Todes wollte er seine Würde bewahren und in Ehre aus dieser Welt abtreten. Immerhin war er kein normaler Mensch, sondern ein Bezwinger der Finsteren!

Liebe Leserinnen und Leser

Liebe Leserinnen und Leser,

es ist Halbzeit in der ersten Staffel von CASTORPOLLUX. Sie halten den sechsten von zwölf Bänden in Händen, in denen Sie den Bezwinger der Finsteren auf seinen Abenteuern im Römischen Reich begleiten. Wir wollen dies zum Anlass nehmen, um Ihnen die Autoren der Serie – Michael Schauer und Rafael Marques – im Rahmen eines Interviews näher vorzustellen.

Vor der eigenständigen Taschenheft-Serie sind achtCASTORPOLLUX-Romane im »Gespenster-Krimi« erschienen, die Michael Schauer allein geschrieben hat. Nun ist Rafael Marques mit an Bord. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Rafael Marques: Der Kontakt kam über Britta Künkel, die ehemalige Lektorin von »John Sinclair« und eben der »Gespenster-Krimi«-Neuauflage, zustande. Michael Schauer suchte für die eigenständige CASTORPOLLUX-Serie noch einen weiteren Autor, und ich war sozusagen Brittas erster Vorschlag. Nach einem ersten Herantasten per Videokonferenz haben wir uns schließlich auf dem Sinclair-Event im Juli 2023 in Köln endlich persönlich kennengelernt. Die ursprünglichen acht Romane habe ich natürlich allesamt nachgelesen, um ein Gefühl für die Figuren zu gewinnen und in Sachen Serien-Hintergrund aus dem Vollen schöpfen zu können.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?

Michael Schauer: Jeder von uns schreibt sechs Bände, wobei ich alle Exposés verfasse und Rafael mit den historischen Hintergrundinformationen versorge, sofern notwendig. Er ist ein toller und vielseitiger Kollege, und ich bin froh, dass er für die Serie zugesagt hat.

Rafael Marques:CASTORPOLLUX ist und bleibt Michael Schauers Baby. Allerdings bleibt mir noch ein gewisser Freiraum, wie ich die angedachte Handlung auch umsetze, welche Details ich weglasse und was ich womöglich noch mit eigenen Szenen ausbaue. Was das angeht, stehe ich natürlich in ständiger Mail-Verbindung mit Michael Schauer, ebenso, wenn ich beispielsweise Fragen zu gewissen historischen Begebenheiten habe.

Wie kam es zu der Idee, einen Horror-Helden im alten Rom anzusiedeln?

Michael Schauer: Die römische Antike ist mein persönliches Steckenpferd. Ich lese gerne Romane aus dieser Zeit und durfte für den »Gespenster-Krimi« selbst einen verfassen (Band 73: Legionäre der Finsternis). Eines Abends kam mir die Idee, dass eine Art Geisterjäger in diesem historischen Umfeld doch sehr reizvoll sein könnte. Etwas Vergleichbares hatte es meines Wissens bis dahin nicht gegeben. Meine Lektorin sah das genauso und gab das Konzept für eine Subserie im »Gespenster-Krimi« frei.

Wie viel Recherche steckt dahinter?

Rafael Marques: Der Recherche-Aufwand ist natürlich enorm, besonders für Michael Schauer, der stets versucht, seine CASTORPOLLUX-Geschichten in einem historischen Rahmen spielen zu lassen und dabei tatsächliche Ereignisse und Figuren einzuflechten. Meine Nachschlagewerke sind tatsächlich zumeist Michael Schauers Romane, allerdings recherchiere ich auch selbst diverse historische Begebenheiten. Ich versuche beispielsweise herauszufinden, welche Städte oder Dörfer Castor und Kimon bereist haben könnten. Im Zweifelsfall gibt es im Internet für (fast) alles eine Antwort. Und wenn nicht, kann ich immer noch Michael fragen.

Michael Schauer: Die Geschichte spielt (nicht nur in Rom selbst) vor einem realen historischen Hintergrund, die übersinnlichen Phänomene natürlich ausgeklammert. Es treten Personen auf, die wirklich existiert haben, zum Beispiel Kaiser Nero oder der judäische Statthalter Pontius Pilatus. Und wenn ich bestimmte gesellschaftliche Ereignisse beschreibe, wie Wagenrennen oder das Fest der Saturnalien, dann versuche ich so weit wie möglich an der überlieferten Realität zu bleiben. Das gilt auch für Waffen, Gebrauchsgegenstände, Gebäude, Alltagssituationen und Ähnliches. Ich schlage immer wieder nach und recherchiere.

Dieses Interview ist auch auf unserem Social Media-KanalBASTEIABENTEUERLUSTerschienen. Folgen Sie uns auf Facebook und/oder Instagram, wenn Sie keine Neuigkeit überCASTORPOLLUXund die anderen Spannungsromanserien vonBASTEIversäumen wollen. Wir freuen uns auf Sie!

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Totenfresser in Rom

Den drei Frauen, die gekommen waren, um Arnulfs Ende einzuläuten, sah man schon auf den ersten Blick an, dass sie keine Menschen waren. Zwar wiesen sie je zwei Arme, zwei Beine und einen Kopf mit Nase, Augen und Mund auf, in mehreren Details unterschieden sie sich hingegen von Arnulf und all den anderen, die über das Antlitz der Erde wandelten.

Dazu zählten die gelbe Haut, die rot glühenden, dreieckigen Augen, die zu Krallen auslaufenden, klauenartigen Hände sowie ihre spitzen Ohren. Als wollten sie auf diese Art ihre Zugehörigkeit zu den Finsteren noch einmal unterstreichen, öffneten sie zusätzlich ihre Mäuler und präsentierten ihm zwei Reihen von Zähnen, die an geschärfte Pfeilspitzen erinnerten.

»Ihr könnt mir keine Angst machen«, stieß Arnulf mit rauer, angegriffener Stimme hervor. »In meinem langen Leben bin ich schon ganz anderen Geschöpfen als euch begegnet und immer als Sieger aus diesen Konfrontationen hervorgegangen. Nun bin ich alt und krank, und ihr traut euch nur zu dritt zu mir. Das zeigt mir, dass ich Eindruck bei den Finsteren hinterlassen habe, und genau diese Furcht sehe ich als Erfüllung meines Lebenswerkes an.«

Die größte der drei Dämoninnen trat näher an seine aus Fellen und Schafwolle bestehende Liegestätte. Ihre beiden Begleiterinnen bedachten sie mit respektvollen Blicken, während sie zur Seite traten, um ihr Platz zu schaffen. Sie überragte die anderen Kreaturen um mehr als einen Kopf und trug im Gegensatz zu ihnen ein blutrotes, im Schein der kleinen Feuerstelle leicht schimmerndes Gewand.

Sie schien von seinen Worten nicht im Mindesten beeindruckt zu sein, andererseits war genau dieser Charakterzug eine schlechte Angewohnheit der Finsteren, die meist auch ihren Untergang bedeutete.

Derartige Kreaturen fühlten sich zu mächtig und den Menschen überlegen, deshalb unterschätzten sie Kämpfer wie ihn. Das hatte Arnulf in seinem Leben so oft erlebt, auch schon in jungen Jahren, als es ihm gemeinsam mit dem Priester Ragin gelungen war, den Dämon Noros zu besiegen. Als Riese mit schwarzer Haut und einem an einen Hirsch erinnernden Geweih war er ihm unter großen Worten entgegengetreten, doch schließlich gelang es ihm, ihn mit einem einzigen weißen Pfeil zurückzuschlagen.*

Sechsundzwanzig Jahre lag das nun zurück, und obwohl er gar nicht einmal so alt und sein blondes Haar ebenso voll war wie zu jener Zeit, fühlte er sich älter als sein Vater, der ihm einst das mächtige Schwert, den schwarzen Stein und den Spiegel übergeben hatte.

Im Angesicht seines nahenden Todes war Arnulf weise genug gewesen, seine magischen Waffen in kräftigere Hände weiterzugeben. Nicht an seinen Sohn, denn leider hatte ihm das Schicksal nie einen Nachkommen geschenkt, sondern an einen treuen Freund, einen Centurio der römischen Truppen, der auf den Namen Aurel hörte. Ihre Verbindung war angesichts der Feindschaft zwischen ihren Völkern und jener Schlacht zwischen dem Fürsten Arminius und den Legionen des Feldherren Varus eigentlich undenkbar. Genau deshalb erschien es ihm umso richtiger, gerade ihn als Nachfolger auserwählt zu haben.

»Du Narr«, stieß die Finstere mit scharfer Stimme hervor. »Glaubst du nicht, dass es noch viele Dinge gibt, die man einem Mann in deiner Lage antun kann? Wenn wir mit dir fertig sind, wirst du uns dankbar sein, wenn wir es sind, die dich von deinem Leiden erlösen. Oder wir schenken dir das ewige Leben und immerwährende Schmerzen. Wie wäre das, Arnulf?«

Ohne die Mundwinkel zu verziehen, sah der Germane seiner Mörderin tief in die glühenden Augen. »Wie lautet dein Name, Finstere?«

»Tasch.«

»Und was erwartest du, von mir zu erfahren, Tasch?«

»Ich will wissen, wo du deine Waffen versteckt hältst, Bezwinger. Hier sind sie nicht mehr, das kann ich spüren, also wirst du sie angesichts deines erbärmlichen Zustandes an einen anderen Ort gebracht haben. Dein Blut ist vergiftet, du weißt, dass du daran sterben wirst. Ich kann nicht fassen, dass so viele Finstere durch diese schwachen Hände den Tod gefunden haben sollen. Dabei seid ihr Menschen so mitleiderregende Kreaturen, mit eurer Verletzlichkeit, euren Emotionen und der Angst vor der Endlichkeit eures Schicksals.

Es hat genügend Bezwinger gegeben, mit dir wird eine Ära enden, dessen bist du dir längst bewusst. Deshalb will ich von dir das Versteck des Marsschwertes und der anderen Waffen erfahren, mit denen du uns so lange Zeit Widerstand geleistet hast.«

»Niemals!«, entfuhr es Arnulf lauter als gewollt.

Die Folge war ein Hustenanfall, der ihn mehrmals durchschüttelte, sodass er bald glaubte, keine Luft mehr zu bekommen. Sein wahrlich jämmerlicher Zustand verleitete die Finsteren dazu, ihn hämisch auszulachen.

Seine Lage mochte aussichtslos sein, gleichzeitig musste er aber auch an die Bewohner des kleinen Dorfes denken, denen er ursprünglich aus einem ganz anderen Grund zu Hilfe geeilt war. Olaf, ein kleiner Junge, wurde offenbar von einem bösen Geist heimgesucht, jedenfalls zeigte er Symptome einer Form von Besessenheit und hatte in diesem Zustand schon seine eigene Mutter angegriffen.

Als Arnulf ihn sich ansehen wollte, hatten weder das Marsschwert noch die anderen Waffen reagiert, deshalb war er noch einige Tage länger als geplant geblieben. In dieser Zeit war das Dorf von Banditen überfallen und der Bezwinger von einer vergifteten Pfeilspitze getroffen worden. Letztendlich war es ihm gelungen, die Angreifer zu töten, sodass er das einzige Opfer dieser verfluchten Bande blieb. Aus Dankbarkeit versorgte man ihn nun, um ihm einen ehrenvollen Tod zu gewähren.

Dass Aurel erst vor zwei Nächten bei ihm gewesen war und auch der Priester Ragin noch zwei weiße Pfeile besaß, würde er dieser Tasch niemals verraten. Nur über seinen toten Körper, und genau so sah sein Plan aus.

»Damit begehst du einen großen Fehler, Bezwinger«, drohte ihm die Finstere und fletschte dabei ihre Zähne. »Ich habe dir die Chance auf einen schnellen Tod gegeben, der in deiner Situation sogar einer Geste des Respekts gleichgekommen wäre. Nun hingegen wirst du leiden – erst seelisch, dann körperlich. Glaubst du wirklich, wir würden unseren Zorn nur an dir auslassen? Meine Jägerinnen werden jeden einzelnen Bewohner dieses Dorfes in dein Haus zerren und dir noch einmal die Frage stellen. Weigerst du dich, sie zu beantworten, werden meine Helferinnen sie töten, einen nach dem anderen. Und am Ende kümmern wir uns noch eingehend um dich, bis …«

Arnulf hatte nur darauf gewartet, dass sich diese Tasch in Rage redete. Das verschaffte ihm die Chance, zwischen die Felle zu greifen und einen Dolch hervorzuziehen.

Die Augen der Finsteren weiteten sich, er vernahm noch ihren überraschten Schrei, doch ihre Reaktion erfolgte viel zu spät. Noch ehe sie ihn erreichte, schnitt er sich mit einer gleitenden Bewegung die Kehle durch.

»Nein!«, schrie Tasch wütend. »Nein! Nein! Nein!«

Sie kämpfte gegen die Blutung an, ohne in der Lage zu sein, sie zu stillen. Die Berührung ihrer Klauen besaß keine heilsame Wirkung auf Menschen, im Gegenteil, das Blut des sterbenden Bezwingers begann sogar zu brodeln, sodass sie seinen nahenden Tod nur beschleunigte.

Schließlich riss Arnulf seine Augen noch einmal weit auf, und in seinem Blick glaubte sie, so etwas wie einen letzten Triumph erkennen zu können.

Mit Recht, dachte die Finstere. Selbst im Tod war er schlauer als wir.

All ihre Träume, mit der Erbeutung der Waffen des Bezwingers in der Gunst der Richter zu steigen und sie davon zu überzeugen, dass sie einem Dämon wie Ballurat, der sie aus verschiedenen Gründen verachtete, mindestens ebenbürtig war, zerplatzten mit Arnulfs Ableben wie eine Blase.

Ein anderer hätte an ihrer Stelle seinen Zorn an der Leiche des Germanen ausgelassen, aber wenigstens vor ihren beiden Dienerinnen musste sie Größe beweisen. Der vor ihr in seinem eigenen Blut liegende Tote war nun einmal kein normaler Mensch gewesen, sondern ein Kämpfer gegen die Finsteren, und vor ihr waren schon ganz andere Geschöpfe an seiner Intelligenz und seinem Kampfgeschick gescheitert. Insofern war es keine Schande, sich mit leeren Händen zurückzuziehen.

Sie fragte sich, ob es etwas brachte, die anderen Dorfbewohner trotzdem zu foltern, um zu erfahren, was mit Arnulfs Waffen geschehen war. Immerhin hatte er nicht hier gelebt, sondern war nach allem, was Tasch wusste, zu diesem Dorf gereist, um einen Jungen von seiner Besessenheit zu befreien. Das hätte er sicher nicht ohne magischen Schutz getan, doch in seiner Behausung war eine derartige Ausstrahlung nicht zu spüren gewesen.

Als sie sich umdrehte, bedachte sie ihre Dienerinnen mit finsteren Blicken, obwohl sie am wenigsten Schuld an ihrem Versagen trugen. Mit gesenkten Blicken wichen sie zurück und schufen ihr Platz, um die Tür zu öffnen. Das tat sie auch, nur um in der Bewegung zu erstarren.

Direkt vor der Tür baute sich ein Junge mit dunkelblonden Haaren auf. Er war sicher nicht älter als sechs Jahre, sein Blick hingegen war der eines Erwachsenen – oder eines Finsteren. Böse, hinterlistig, mit einer Gier zu töten, die sie allerhöchstens bei einem Krieger erwartet hätte. Gleichzeitig nahm sie auch eine unheilvolle Ausstrahlung wahr und wusste augenblicklich, dass gerade der besessene Junge vor ihr stand, von der ihre Informanten berichtet hatten.

»Du bist Olaf, nicht wahr?«, sprach sie den Jungen an und beugte sich zu ihm herab. Zärtlich, wie sich eine menschliche Mutter bei ihrem Kind verhielt, strich sie mit ihren Klauen über seine Haare und sein Gesicht. Ihre Intention war es jedoch nicht, ihn zu beruhigen, sie wollte wissen, was in ihm steckte und warum er keinerlei Angst verspürte.

Der Angesprochene nickte und lächelte dabei sogar.

»Hast du gehört, was in dem Haus gerade vorgefallen ist?«

Wieder ein Nicken.

»Dann weißt du auch, was ich von Arnulf vor seinem Tod erfahren wollte, oder?«

»Du«, flüsterte er ihr zu, »wolltest wissen, wo sich seine Waffen befinden.«

Diesmal war es Tasch, die nickte.

»Vor zwei Nächten sind sie verschwunden«, berichtete ihr das Kind. »Er hat den Jungen mit ihnen getestet, als ich keine Gewalt über ihn hatte. Anschließend habe ich den Bezwinger nicht mehr gesehen, die Erwachsenen aber darüber reden hören, dass er bei einem Überfall von Banditen verletzt wurde und bald sterben würde. Irgendwann verschwand die Ausstrahlung seiner Waffen.«

»Hast du sie alle gesehen? Das Schwert mit dem goldenen Schimmer und dem Emblem des Mars, einen schwarzen, flachen Stein mit einem weißen Kreis auf einer Seite, einen Spiegel aus polierter Bronze oder sogar Pfeile mit weißer Spitze?«

»Ich sagte doch, ich war nicht in dem Körper des Jungen, als er ihn getestet hat. Alles, was ich weiß, hörte ich aus den Gesprächen der anderen Dorfbewohner. Sie sprachen darüber, dass eines Nachts ein Fremder im Dorf erschienen war, wussten aber nicht, wer es war.«

Tasch ließ ihre Hand auf dem Kopf des Jungen ruhen und überlegte. Der Bezwinger hatte innerhalb Germaniens über einige Kontakte verfügt, insofern wäre es nicht verwunderlich gewesen, wenn sich seine Waffen nun im Besitz einer Person befanden, die sich ebenfalls in diesem Landstrich aufhielt. Für ihre Dienerinnen und sie wäre es ein aussichtsloses Unterfangen gewesen, nach ihr zu suchen, wenn sie allerdings überall Späher postierte, würde sie womöglich irgendwann eine entscheidende Spur erhalten.

Statt das Kind zu töten, wie sie es eigentlich geplant hatte, übergab sie ihm einen schwarzen Stein mit kantiger Oberfläche, der an einer Stelle rötlich funkelte, wenn man ganz genau hinsah. Es handelte sich um einen in gehärteten Schlamm aus der Welt der Finsteren eingearbeiteten Kristall, der eine geistige Verbindung zu der Jägerin in sich barg.

»Solltest du jemals etwas über das Schicksal der Waffen in Erfahrung bringen, kannst du mich über ihn kontaktieren«, erklärte sie dem besessenen Jungen. »Es wird sich für dich lohnen, das verspreche ich dir.«

»Das werde ich.«

Tasch lächelte ihm noch einmal zu, bevor sie ihren Helferinnen mitteilte, dass es Zeit wurde, sich zurückzuziehen. Sie sehnte sich zurück in die Welt der Finsteren und nach einem Bad in warmem Dämonenblut.

Germanien,30Jahre später

Mit einer Mischung aus Verträumtheit und Traurigkeit beobachtete Saskia, wie Olaf, einer der Stallburschen seines Vaters, die Schweine fütterte. Er tat dies mit einer stoischen Gelassenheit und beugte sich sogar zu den hungrigen Tieren herab, um über ihre dunklen Rücken zu streicheln. Ihnen schien es zu gefallen, dabei ahnten sie nicht, dass man sie nur so gut mit Nahrung versorgte, um sie eines Tages zum Wohle des Hausherrn schlachten zu können.

Saskias Blick galt auch nicht unbedingt den Schweinen, sondern eher dem breitschultrigen, unrasierten Mann, dessen helles, schmutziges Oberteil sich eng um einen muskulösen Oberkörper spannte. Schon seit vielen Jahren fühlte sie sich auf eine seltsame Weise mit Olaf verbunden, vielleicht, weil er von ähnlich ruhiger, in sich gekehrter Natur war wie sie, seine Umwelt nicht als gegeben betrachtete, sondern sie hegte und achtete. Wie eben auch die Tiere.

Obwohl er wissen musste, dass sie ihn einmal mehr beobachtete, drehte er sich nicht zu ihr um. Ein falscher Blick, ein falsches Wort, und er wäre seiner Existenzgrundlage beraubt worden, denn wenn Eckwin, Saskias Vater, etwas von ihren Gefühlen erfuhr, würde er Olaf sofort von seinem Hof werfen und aus dem Dorf jagen lassen.

Frauen ihres Standes sollten sich auf keinen Fall mit einem schmutzigen Kerl wie ihm einlassen, der sich nur um die Tiere zu kümmern hatte. Ihnen sollte eines Tages ein besserer Mann die Hand reichen.