Chaos Kisses on Christmas - Tina Keller - E-Book
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Tina Keller

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Beschreibung

Sebastian ist genervt: Seine buckelige Verwandtschaft hat beschlossen, Weihnachten in seinem Penthouse zu feiern - gegen seinen ausdrücklichen Willen. Denn Sebastian hasst Weihnachten, und das hat seinen Grund. Außerdem kann er das Mitleid seiner Familie nicht ertragen, das ihn verfolgt, seit ihn seine Freundin verlassen hat. Dummerweise hat er erzählt, er hätte längst eine neue Beziehung, was jedoch gar nicht stimmt. Was soll er jetzt bloß machen? Lisa ist seit langem heimlich in ihren Boss verliebt, doch er nimmt sie als Frau überhaupt nicht wahr. Darum ist sie höchst überrascht, als er sie bittet, an Weihnachten seine Freundin zu spielen. Aufgeregt sagt sie zu. Das ist ihre Chance! Sie beschließt, über ihren Schatten zu springen und aufs Ganze zu gehen, um ihren Boss aus der Reserve zu locken - und der weiß bald nicht mehr, wo ihm der Kopf steht ...

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Inhaltsverzeichnis

Lara

Impressum

Tina Keller

Chaos Kisses

on Christmas

Sebastian ist genervt: Seine buckelige Verwandtschaft hat beschlossen, Weihnachten in seinem Penthouse zu feiern - gegen seinen ausdrücklichen Willen. Denn Sebastian hasst Weihnachten, und das hat seinen Grund.

Außerdem kann er das Mitleid seiner Familie nicht ertragen, das ihn verfolgt, seit ihn seine Freundin verlassen hat. Dummerweise hat er erzählt, er hätte längst eine neue Beziehung, was jedoch gar nicht stimmt. Was soll er jetzt bloß machen?

Lisa ist seit langem heimlich in ihren Boss verliebt, doch er nimmt sie als Frau überhaupt nicht wahr. Darum ist sie höchst überrascht, als er sie bittet, an Weihnachten seine Freundin zu spielen. Aufgeregt sagt sie zu. Das ist ihre Chance!

Sie beschließt, über ihren Schatten zu springen und aufs Ganze zu gehen, um ihren Boss aus der Reserve zu locken - und der weiß bald nicht mehr, wo ihm der Kopf steht ...

Kapitel 1

Sebastian

Nein, mein Junge, du kannst an Weihnachten auf gar keinen Fall allein bleiben!“, ertönt die vorwurfsvolle Stimme meiner Tante Veronika aus dem Handy.

„Das geht nun wirklich gar nicht! Ich kenne dich, Sebastian, du weinst dir die Augen aus. Das ist ja auch kein Wunder bei deinem Schicksal. Ach, ich darf gar nicht daran denken! Ausgerechnet an Weihnachten musste sie es dir sagen. Da kann man natürlich verstehen, dass dir dieses Fest auf ewig verleidet ist.“

Ich seufze und verdrehe die Augen. Meine Tante neigt zu theatralischen Ausbrüchen, die immer ein bisschen übertrieben sind. Manchmal macht sie aus der sprichwörtlichen Mücke einen Elefanten.

„So dramatisch ist es nun auch wieder nicht“, wiegele ich ab. „Ich habe kein schlimmes Schicksal erlitten und ich weine mir ganz bestimmt nicht die Augen aus. Ich bin doch keine Heulsuse, Tante Veronika.“

„Jetzt hör endlich mit diesem elendigen ‚Tante‘ auf!“, schnaubt Veronika. „Ich weiß selbst, in welchem verwandtschaftlichen Verhältnis wir zueinander stehen. Nenne ich dich etwa ‚Neffe Sebastian‘? Ich habe noch nie verstanden, warum man jemanden mit ‚Onkel‘ oder ‚Tante‘ anredet. Das ist doch völlig überholt.“

„Okay, ich habe es verstanden“, gebe ich mich geschlagen. „Ab jetzt nur noch Veronika, der Lenz ist da.“

„Sehr originell“, säuselt meine Tante, die ich ab sofort nicht mehr Tante nennen darf. „Und natürlich hast du ein schweres Schicksal erlitten. Streite das bloß nicht ab. Wir wissen alle noch ganz genau, wie furchtbar es für dich war. Wir haben alle mit dir mitgelitten.“

„Das weiß ich, Ta… äh … Veronika“, erwidere ich.

Zugegeben, es war nicht gerade die beste Idee meiner Ex-Freundin Tanja, mir ausgerechnet an Weihnachten mitzuteilen, dass sie mich nach acht gemeinsamen Jahren verlassen wollte – und dann auch noch für einen gegelten Schmierlappen, den sie für den absoluten Überflieger hielt, obwohl er ein echter Rohrkrepierer ist. Aber Hauptsache, er hat genug Kohle und kann Tanja eine Designer-Tasche nach der nächsten in den Hals schieben.

Und ich Idiot hatte die Ringe schon gekauft und wollte Tanja an diesem Weihnachten vor drei Jahren einen davon an ihren schmalen Finger stecken. Ich fand es romantisch, ihr ausgerechnet am 24.12. einen Antrag zu machen. Nun, das ist wohl gründlich in die Hose gegangen. Und ich muss zugeben, dass mir Weihnachten seitdem ziemlich verleidet ist. Es geht mir einfach nur noch auf die Nerven. Ich will nichts mehr davon wissen. Der 24. Dezember war einer der schlimmsten Tage meines Lebens und ich will nicht daran erinnert werden. Darum ignoriere ich Weihnachten, so gut ich kann und fliege über die Feiertage in ein Land, in dem es kein Weihnachten gibt. Nur diesmal geht das nicht, weil ich an einem Projekt arbeite, dem ich mich auch zwischen Weihnachten und Silvester widmen muss. Leider.

„Es war damals schlimm für mich, aber ich habe es längst überwunden“, behaupte ich. „Das alles ist Jahre her und ich denke überhaupt nicht mehr daran.“

Naja, ich weiß nicht so ganz, ob das stimmt oder ob ich mir nur selbst etwas vormache. Als Tanja die Frechheit besaß, mir vor ein paar Wochen ein herziges Bild mit diesem Schmierlappen und ihrem ersten gemeinsamen Kind zu schicken und mich allen Ernstes zur Taufe einlud, bin ich ziemlich ausgeflippt. Das war unser Plan. Wir wollten eine Familie gründen. Warum haben wir das eigentlich in acht Jahren nicht hingekriegt – und mit diesem Vollidioten schafft sie es nach drei Jahren? Mit ihm scheint überhaupt alles in Rekordzeit zu gehen. Nach nur einem Jahr hat sie ihn geheiratet und jetzt haben sie ein Haus im Grünen, von dem wir lange Zeit geträumt haben. Aber offenbar haben wir immer nur geredet – und mit ihm hat sie unsere Träume dann in die Tat umgesetzt. So, als wäre die Beziehung mit mir nur eine Generalprobe gewesen, während mit diesem Schmierlappen nun das richtige Leben stattfindet. Ausgerechnet mit dem! Einen unfähigeren Idioten hätte sie sich gar nicht aussuchen können. Was hat sie nur für einen absurden Geschmack? Der Typ ist Immobilien-Makler und zockt seine Kunden nach Strich und Faden ab. Er verkauft grundsätzlich nur Millionenobjekte an der Ostsee und verdient sich daran dumm und dämlich. Ich möchte auch mal Hunderttausende dafür bekommen, dass ich ein Exposé hin und her schicke und einmal die Tür aufschließe und die Leute herumführe. So etwas dürfte es überhaupt nicht geben.

Sicher, ich bin Rechtsanwalt und auch ich werde nach dem Streitwert bezahlt, aber dafür muss ich wesentlich mehr leisten und bekomme nicht Hunderttausende für einen einzigen Fall.

Letztlich hat sie sich diesen Vollpfosten nur wegen seiner Kohle geschnappt. Tanja hatte schon immer einen Hang zum Luxus. Teure Designer-Klamotten, noch teurere Designer-Handtaschen, die allesamt grottenhässlich waren, Urlaube an den entferntesten Orten der Welt – für Tanja war das Beste gerade gut genug.

Als PR-Beraterin verdiente sie nicht schlecht, aber alles, was sie haben wollte, war eben doch nicht drin – und so musste ich manchmal tief in die Tasche greifen. Grundsätzlich hatte ich damit kein Problem, denn schließlich liebte ich sie und hatte genug Geld, aber offenbar reichte ihr das irgendwann nicht mehr aus. Und ich war es leid, mein Geld zum Fenster hinauszuwerfen und eine Handtasche für 7.000 Euro zu erwerben. Das gehörte für mich ganz klar zu den Ausgaben, die überflüssig sind. Tanja war anderer Meinung. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie sie wochenlang irgendeiner dusseligen Handtasche entgegenfieberte und sich dann völlig überschlug, als sie sie endlich in den Händen hielt. Ich fand diese Tasche einfach nur scheußlich. Ehrlich gesagt hatte sie eine frappierende Ähnlichkeit mit der farblosen Einkaufstasche meiner Oma, die ich auch schon immer grottenhässlich gefunden hatte. Und dafür hatte Tanja ein Vermögen ausgegeben – beziehungsweise ich, der den Großteil finanziert hatte. Jedes Mal, wenn Tanja stolzgeschwellt diese unschöne Tasche spazieren führte, dachte ich wehmütig daran, dass ich mir von dem Geld einen traumhaften Luxusurlaub auf den Malediven hätte leisten können. Davon hätte ich wesentlich mehr gehabt als von dem niederschmetternden Anblick dieses graubraunen Beutels mit gelben Ornamenten.

Dieser Karl-Friedrich – allein der Name sagt doch schon alles, aber Tanja nennt ihn zärtlich Kally (was es auch nicht besser macht) – kauft ihr wahrscheinlich eine potthässliche Tasche nach der anderen. Er selbst ist übrigens genauso hässlich wie diese Taschen. Demzufolge himmelt er Tanja richtiggehend an. Zugegebenermaßen ist sie eine echte Schönheit, nach der sich viele Männer umdrehen. Wir haben es mit der klassischen Situation zu tun, dass sich ein reicher Mann eine schöne Frau kauft. Das kann Tanja noch so oft abstreiten – es stimmt trotzdem. Welche Frau hat das schließlich jemals zugegeben?

„Ich glaube nicht, dass du gar nicht mehr daran denkst“, holt mich die Stimme meiner Tante in die Gegenwart zurück. „Warum hast du denn gerade so lange geschwiegen? Gib ruhig zu, dass du mit deinen Gedanken in der Vergangenheit warst und an Tanja gedacht hast.“

„Ja, ich gebe es zu“, pflichte ich meiner Tante bei. „Es wurmt mich einfach immer noch, dass sie sich diesen Schmierlappen gegriffen hat. Du kannst mir nicht erzählen, dass es bei ihr um etwas anderes ging als um seine Kohle.“

„Ich habe dir schon lange vorher gesagt, dass Tanja ein raffgieriges Miststück ist“, sagt meine Tante schonungslos.

So ist meine Familie: Niemand nimmt ein Blatt vor den Mund und teilt der ganzen Welt ungefiltert mit, was er denkt. Auch, wenn es die Welt gar nicht hören will.

„Aber du wolltest davon ja nichts wissen. Klar, du warst verliebt. Aber was hast du ihr nicht alles bezahlt! Und was war das nur für ein überflüssiger Firlefanz! Ganz ehrlich, Sebastian, wozu braucht man 200 Handtaschen und 300 Paar Schuhe, in denen man sowieso nicht laufen kann? Wie sie schon immer herumgeeiert ist! Da taten mir ja schon vom Zusehen die Füße weh. Ich habe nie verstanden, warum du überhaupt mit ihr zusammen warst.“

„Mir ist durchaus bekannt, dass du sie nicht leiden konntest“, entgegne ich.

Das lag vielleicht auch daran, dass sich Tanja beim ersten Treffen mit Veronika einen Ausrutscher geleistet hat, den meine Tante niemals vergessen hat. Sie hat Veronikas Bruder mit den Worten begrüßt: „Du liebe Güte, Sie sehen Ihrer Mutter aber verdammt ähnlich.“ Dabei ist Gunnar nur fünf Jahre jünger als Veronika, die bis zu diesem Tag felsenfest davon überzeugt war, dass sie wesentlich jünger aussieht, als sie ist. Diesen Glauben hat Tanja noch so manches Mal zunichte gemacht. Damit war sie bei Veronika natürlich sofort unten durch.

„Ich weiß noch, wie sie bei unserem ersten Treffen gesagt hat, für mein Alter würde ich noch ganz gut aussehen“, regt Veronika sich auf. „Als ich sie gefragt habe, für wie alt sie mich hält, hat sie doch glatt gesagt: ‚Wie meine Oma – in den Siebzigern.‘ Dabei war ich gerade 55 geworden. So eine Unverschämtheit!“

Ich grinse in mich hinein. Wenn man sich mit Veronika gut stellen will, darf man sie auf höchstens Anfang 40 schätzen.

„Ich hoffe, beim nächsten Mal suchst du dir jemanden aus, der netter ist und der besser zu dir passt“, wünscht sich meine Tante. „Eure Trennung ist jetzt drei Jahre her. Du liebe Güte, Sebastian, du bist ein junger, attraktiver Mann. Es kann doch nicht sein, dass dir keine Frau über den Weg läuft, die dir gefällt. Jetzt sag mir bitte nicht, dass du immer noch an dieser affektierten Tanja hängst und ihr nachtrauerst.“

„Natürlich nicht“, behaupte ich etwas lahm.

So richtig weiß ich eigentlich auch nicht, warum ich noch keine neue Freundin habe.

„Und warum hast du dann keine Beziehung?“, lässt Veronika nicht locker. „Das ist doch nicht normal. Du müsstest praktisch an jeder Straßenecke eine Frau kennenlernen. Warum klappt es denn nicht, kannst du mir das mal erklären?“

Habe ich schon erwähnt, dass Veronika mich von Zeit zu Zeit ein kleines bisschen nervt?

„Was redest du denn da? Ich habe doch schon längst eine neue Freundin“, verkünde ich und halte inne. Habe ich das gerade tatsächlich gesagt? Und warum? Irgendwie ist es mir einfach herausgerutscht, ohne dass ich es wollte.

„Du hast eine neue Freundin?“ kreischt Veronika und ihre Stimme überschlägt sich fast. „Und du hältst es nicht für nötig, uns das mitzuteilen? Sebastian, ich bitte dich! Wir sind schließlich deine Familie und machen uns große Sorgen um dich. Du kannst uns dein neues Glück doch nicht einfach verschweigen! Nun sag schon: Wer ist sie, was macht sie, wie sieht sie aus, wie weit seid ihr?“

„Den ersten Sex haben wir schon hinter uns“, ärgere ich meine Tante.

„Das hoffe ich“, sagt Veronika und ich kann ihr Grinsen förmlich sehen. „Ohne guten Sex keine gute Beziehung. Das ist jedenfalls mein Credo. Wenn es im Bett nicht stimmt, stimmt es auch in der Beziehung nicht und das Ganze hat keinen Sinn. Darum habe ich mich ja auch von Michael getrennt. Mit dem war in den letzten Jahren im Bett einfach nichts mehr los.“

Ich fahre mir entnervt über die Stirn. Es ist nicht so, als würde ich diese Anekdoten zum ersten Mal hören. Wir wissen alle ganz genau, was Michael im Bett vollbracht hat – und vor allem, was er nicht mehr leisten konnte. Veronika hat es uns in allen Einzelheiten erzählt, und zwar mehrfach. Da kennt meine Tante kein Erbarmen. Auch in Michaels Gegenwart übrigens, der jedes Mal fast im Boden versunken wäre. Veronika kann manchmal schrecklich unsensibel sein.

„Einzelheiten möchte ich erstmal nicht über die neue Frau in meinem Leben verraten“, gebe ich mich ungewohnt geheimnisvoll. „Es soll … äh … eine Überraschung werden.“

Vor allem für mich, denn natürlich gibt es diese ominöse Frau gar nicht.

„Du willst uns zu Weihnachten mit ihr überraschen?“, freut sich Veronika. „Das ist wirklich mal ein originelles Geschenk. Du willst sie uns unterm Weihnachtsbaum präsentieren! Wie süß! Damit sind wir natürlich einverstanden. Wir kommen am 24. alle zu dir. Groß genug ist dein angeberisches Penthouse ja.“

Ich seufze auf.

„Du weißt ganz genau, dass mir dieses ‚angeberische Penthouse‘ von der Kanzlei zur Verfügung gestellt wurde“, erinnere ich Veronika. „Von mir aus hätte es gern eine Nummer kleiner sein können. Aber sie zahlen die Miete. Was soll ich machen? Da sagt man nicht nein.“

„Wenn sie dich schon abgeworben haben, müssen sie dir auch eine adäquate Unterkunft zur Verfügung stellen“, findet Veronika. „Jedenfalls ist dein Penthouse groß genug für die ganze Familie und wir haben alle Platz darin. Also, wir kommen, mein Junge.“

„Wen genau meinst du mit ‚alle‘?“, will ich vorsichtig wissen. „Und wer hat euch überhaupt zu mir nach Hause eingeladen? Ich ganz sicher nicht.“

„Ich finde, dass du dein Weihnachtstrauma ablegen musst. Und im Zuge dessen kannst du ruhig deine Familie zu dir einladen“, bestimmt meine Tante resolut die Gestaltung meiner Weihnachtsfeiertage.

„Ich werde sofort alle anrufen und ihnen Bescheid sagen.“

„Das wirst du ganz sicher nicht tun“, versuche ich Veronika zu stoppen, obwohl ich weiß, dass das ein sinnloses Unterfangen ist.

„Natürlich werde ich das tun“, entgegnet meine Tante energisch. „Das ist doch ein wundervolles Ereignis. Tanja hat dich an Weihnachten verlassen – und jetzt präsentierst du uns auf den Tag genau drei Jahre später deine neue Lebensgefährtin. Wenn das kein Grund zum Feiern ist. Wir werden alle viel Alkohol mitbringen.“

Davon bin ich überzeugt. Sobald es eine Gelegenheit zum Feiern gibt, geben sich meine Verwandten die Kante und sind am Ende so besoffen, dass sie kein vernünftiges Wort mehr herausbringen. Bei einigen ist das auch schon vorher der Fall.

„Das würde ich an eurer Stelle schön bleiben lassen, sonst kippt ihr noch aus dem 16. Stock“, warne ich.

Das Penthouse, das mir meine Firma zur Verfügung gestellt hat, ist nicht nur riesig, sondern auch sehr hoch gelegen. Dadurch hat man einen fantastischen Blick über die ganze Stadt. Ich liebe es, abends auf dem großzügigen Balkon zu sitzen und mir die funkelnden Lichter anzusehen.

„Ach was, du hast doch diesen herrlichen Wintergarten, bei dem du die Fenster zumachen kannst. Da fällt niemand runter“, ist Veronika überzeugt. „Und so viel trinken wir nun auch wieder nicht. Außer Burkhard natürlich. Der weiß einfach nie, wann Schluss ist. Bei der goldenen Hochzeit von Josefine und Herbert haben wir ihn gar nicht mehr gefunden. Stell dir vor, er lag laut schnarchend unterm Tisch. Wir haben gedacht, das ist Brutus, die Dogge. Aber nein, es war Burkhard.“

Muss ich noch irgendetwas über meine Familie sagen? Ich glaube nicht.

„Ich will Weihnachten aber gar nicht feiern“, mache ich einen verzweifelten Versuch, das Unabwendbare abzuwenden. Natürlich vergebens.

„Das kommt überhaupt nicht in Frage“, erklärt Veronika prompt. „Es ist die beste Gelegenheit, um endlich deine neue Freundin kennenzulernen. Wie konntest du das nur geheim halten?! Du hättest wirklich mal einen Ton sagen können, Sebastian.“

Leider gibt es da nichts zu sagen. Ich habe schlicht und ergreifend keine Freundin. Schlimmer noch: Ich habe in den letzten Jahren keine einzige Frau kennengelernt, die auch nur ansatzweise für diese Position in Frage gekommen wäre.

„Ich habe es ja jetzt gesagt“, stöhne ich und massiere meine pochenden Schläfen.

Wie konnte es nur so weit kommen? Wieso habe ich meiner Tante gegenüber behauptet, ich hätte eine Freundin? Und warum will plötzlich meine bucklige Verwandtschaft an Weihnachten bei mir aufschlagen? Dieses Gespräch verläuft ganz und gar nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Eigentlich wollte Veronika mir nur eine harmlose juristische Frage wegen eines Wasserschadens stellen. Aber wahrscheinlich war das nur eine fadenscheinige Ausrede und sie hatte die ganze Zeit vor, mich genau dahin zu bringen, wo sie mich jetzt hat.

Das einzige Problem, das ich nun habe, lautet:

Wo kriege ich in den nächsten zwei Wochen eine Freundin her, die mit mir und meiner Familie Weihnachten verbringt?

Kapitel 2

Lisa

Seit zwei Jahren arbeite ich jetzt schon für ihn, und mein Herz macht immer noch einen Sprung, wenn er morgens ins Büro kommt und mich anlächelt. Es ist jedes Mal, als ob die Sonne aufgeht und der ganze Raum erstrahlt. Ich bin dann immer total high.

Das war von Anfang an so; schon, als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe. Eigentlich habe ich mich vom ersten Augenblick an in ihn verliebt, wenn ich mal ganz ehrlich sein soll. Das war natürlich etwas ungünstig, denn immerhin ist er mein Vorgesetzter. Aber was soll ich machen? Liebe kann man nicht steuern. Ich kann nichts dafür, wenn meine Gefühle Achterbahn fahren. Ich habe sogar schon überlegt, mich innerhalb der Kanzlei versetzen zu lassen, damit ich Sebastian nicht mehr jeden Tag begegne. Denn es ist hart, ihn dauernd zu sehen, ihn aber nicht berühren zu dürfen. Das ist wie mit einem Hund, dem man mit der Wurst vor der Nase herum wedelt, sie ihm aber nicht gibt. So ungefähr fühle ich mich seit zwei Jahren.

Aber was sollte ich Sebastian sagen, warum ich mich versetzen lassen will? Mir würde kein Grund einfallen, dem ich ihm gegenüber nennen kann. Wir arbeiten bestens zusammen und er würde es überhaupt nicht verstehen.

Tja, und irgendwie will ich auch gar nicht von ihm weg. Der Gedanke, ihn nicht mehr jeden Tag zu sehen, ist genauso schlimm, wie heimlich in ihn verliebt zu sein. Ach, ich weiß auch nicht, was ich machen soll. Allerdings habe ich nie den Mut gehabt, Sebastian schöne Augen zu machen. Das traue ich mich einfach nicht. Schließlich sind wir in einer Kanzlei und befinden uns nicht auf einem Dating-Portal. Wie peinlich wäre es, wenn ich ihn unverhohlen anbaggere und er mir klar und deutlich zu verstehen gibt, dass er nicht an mir interessiert ist? Das wäre so eine verdammt unangenehme Situation, dass wir nicht mehr unbefangen miteinander umgehen könnten. Wahrscheinlich könnte ich gar nicht mehr für ihn arbeiten. Das Risiko will ich nicht eingehen.

Es ist irgendwie schön-schrecklich. Einerseits genieße ich es, dass ich jeden Tag in seiner Nähe sein kann. Natürlich arbeite ich vor allem für ihn, aber zwischendurch bleibt immer Zeit für eine kurze Unterhaltung. Sebastian ist sehr offen und kehrt nie den Boss heraus. Er ist eher ein kumpelhafter Kollege, aber leider nicht mehr als das.

Ich seufze auf und werfe einen Blick auf die Uhr. Sebastian hatte morgens einen längeren Termin und müsste jeden Moment eintreffen. Ich habe ihm alle wichtigen Unterlagen auf seinen Schreibtisch gelegt, seine Emails gecheckt und beantwortet, soweit ich das konnte und einige Telefonate geführt. Jetzt ist es 12 Uhr und ich rechne minütlich mit ihm. Schon wieder klopft mein Herz aufgeregt, was nach zwei Jahren wirklich albern ist. Aber gleichzeitig ist es auch schön, weil der Tag immer prickelnd anfängt.

Die Tür wird aufgerissen und im nächsten Augenblick steht Sebastian auf der Schwelle. Oh Mann, er sieht mal wieder verboten heiß aus. Ob ihm das eigentlich bewusst ist? Er tut immer so, als wüsste er gar nicht, wie wahnsinnig attraktiv er ist. Er ist überhaupt nicht eingebildet und wirklich mein Traummann. Unwillkürlich seufze ich auf.

„Guten Morgen, Lisa“, ruft Sebastian mir zu und strahlt mich an. „Wie geht es dir? Hast du wie immer alles fest im Griff?“

„Guten Morgen, Sebastian“, erwidere ich, während mein Blick an seinem markanten Gesicht hängen bleibt. Offenbar hat er sich heute nicht rasiert, was ihn noch anziehender macht. Wie gern würde ich über seine Bartstoppeln streichen … Und diese vollen, sinnlichen Lippen! Wie oft habe ich mir vorgestellt, dass sie sich auf meine legen. Gut, dass Sebastian nichts von meinen Träumereien weiß. Zumindest hoffe ich das.

„Mir geht es bestens, danke“, antworte ich.

Das stimmt auch – jetzt, wo ich ihn sehe.

„Ich habe dir alles, was anliegt, auf deinen Schreibtisch gelegt. Herr Zumwinkel wollte dringend angerufen werden.“

Sebastian winkt ab.

„Das ist nicht wichtig“, beschließt er. „Herr Zumwinkel hält zwar alles für megawichtig, was seine Belange angeht, aber das ist völliger Quatsch. Das hat Zeit bis morgen. Setz ihn auf die Telefonliste und verbinde mich bitte mit Herrn Armstrong aus unserer Niederlassung in London.“

„Der hat sich eben gemeldet und gesagt, dass er in den nächsten zwei Stunden nicht zu erreichen ist“, informiere ich Sebastian.

„Okay, dann eben danach“, beschließt Sebastian. „Wärst du so lieb und würdest mir einen Cappuccino bringen?“

„Selbstverständlich, kommt sofort“, pariere ich und springe auf.

„Vielen Dank, Lisa.“

Sebastian nickt mir zu und nimmt Kurs auf sein Büro. Ich laufe in die Küche, bereite ihm einen Cappuccino zu und eile wieder zu ihm.

„Du bist ein Schatz“, sagt Sebastian und zwinkert mir zu. „Ich bin wirklich froh, dass ich dich habe.“

Innerlich seufze ich auf. Wie schön wäre es, wenn er diese Worte in einem völlig anderen Kontext sagen würde! Aber davon kann ich nur träumen.

Sebastians Handy klingelt und ich will mich diskret zurückziehen, doch er bedeutet mir mit einer Handbewegung zu bleiben. Ich setze mich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.

„Tante Veronika“, vernehme ich und er rollt mit den Augen. „Okay, dann eben nur Veronika. Ja, gut, danke der Nachfrage. Moment mal - was hast du getan?“

Er schließt die Augen und schüttelt den Kopf.

„Das war jetzt aber wirklich ein bisschen übereilt, findest du nicht auch? Ich hatte doch noch gar nicht zugestimmt. Ehrlich gesagt finde ich das etwas übergriffig.“

Sebastian zuckt zusammen, als lautes Gelächter aus dem Hörer schallt. Dann brummt er ein paar Sätze und beendet sichtlich genervt das Gespräch.

„Schlechte Nachrichten?“, erkundige ich mich.

Sebastian holt tief Luft.

„Im Grunde bin ich selbst schuld“, stöhnt er. „Vor ein paar Tagen rief mich meine Tante an, die ich nicht mehr Tante nennen darf. Irgendwie kamen wir auf das Thema zu sprechen, dass sich meine Freundin vor drei Jahren von mir getrennt hat. Das war ausgerechnet an Weihnachten. Habe ich dir die Geschichte schon mal erzählt?“

Ich nicke mit einem Kloß im Hals.

„Ja, das hast du. Du wolltest ihr einen Heiratsantrag machen und sie hat dir gesagt, dass sie dich verlassen will. Das muss schrecklich für dich gewesen sein.“

„War es“, bestätigt Sebastian und sein linkes Auge zuckt – ein sicheres Zeichen dafür, dass er nervös oder angespannt ist.

---ENDE DER LESEPROBE---