Codename E.L.I.A.S. - Kaltgestellt - Mila Roth - E-Book + Hörbuch

Codename E.L.I.A.S. - Kaltgestellt E-Book und Hörbuch

Mila Roth

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Beschreibung

Während einer Anti-Terror-Ermittlung in Los Angeles fliegt die Tarnung des CIA-Agenten Michael Cavenaugh auf. Er gerät in eine Explosion und wird schwer verletzt. Als er wieder zur Besinnung kommt, sieht er sich einem unerwarteten Problem gegenüber: Kein Ausweis, keine Sozialversicherungsnummer, kein Bankkonto, kein Job. Jemand hat systematisch seine Identität ausgelöscht. Doch wer hat das getan und warum? Um Antworten zu finden, muss Michael sich nicht nur ausgerechnet mit den Menschen verbünden, denen er schon vor Jahren den Rücken gekehrt hat, sondern sich auch den Geistern seiner Vergangenheit stellen. Band 1 der Action-Thrillerserie Codename E.L.I.A.S.

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Seitenzahl: 197

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Zeit:5 Std. 6 min

Sprecher:Saskia Kästner

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Table of Contents

Buchtitel

Impressum

Personenverzeichnis

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

Über Mila Roth

Danke

Mila Roth

Codename E.L.I.A.S.

Kaltgestellt

 

Impressum

 

eBook Edition, 4. Auflage August 2022

Copyright © 2015 by Mila Roth (Pseudonym)

Herausgeberin: Petra Schier, Lerchenweg 6, 53506 Heckenbach

Covergestealtung unter Verwendung von Adobe Stock:

© SeanPavonePhoto

© snaptitude

Lektorat: Barbara Lauer

ISBN 978-3-96711-042-5

Alle Rechte vorbehalten.

Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin möglich.

Die Personen und Handlungen im vorliegenden Werk sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

 

Personenverzeichnis

Hauptpersonen

 

Michael Cavenaugh: Spion für die CIA

Brianna Wagner: Michaels Ex-Freundin, Hehlerin

Luke (Lukas) Tanner: Ehemaliges Mitglied der Special Forces, Kopfgeldjäger

 

Michaels Familie

 

Helen Cavenaugh: Michaels Mutter

Joe (Joseph) Cavenaugh: Michaels Vater

Daniel Cavenaugh: Michaels jüngerer Bruder

 

Briannas Familie

 

Conrad Wagner: Briannas Vater

Matt (Matthew) Wagner: Briannas älterer Bruder

 

Sonstige Personen (alphabetisch)

 

Elliot Alster: Anführer der Black Fence Gang in Boyle Heights

Gerrisson: Michaels Kontaktmann

Carl Hallway: Geschäftsmann

Edward Meyers: Immobilienhai

Tylor McKenzie: Besitzer einer Autowerkstatt in Boyle Heights

Jake Middleton: Michaels Vorgesetzter bei der CIA

Linda Montaine: Finanzdienstleisterin

Nel: Freundin von Elliot Alster

Dr. Peterson: Arzt im Glendale Memorial Hospital

Marco Santoz: Mitglied der Black Fence Gang

Ramón Santoz: Marcos jüngerer Bruder

 

1. Kapitel

Es wurde Zeit. Michael Cavenaugh blickte zum wiederholten Mal auf seine Armbanduhr, dann an der beigefarbenen Fassade des dreistöckigen Bürogebäudes in der South Vermont Avenue empor. Gerrisson, sein Kontaktmann, schien sich zu verspäten, also würde er die Räume von Hallway Incorporated wohl alleine durchsuchen müssen.

Beiläufig blickte er sich um und ging auf den Eingang des Gebäudes zu. Seine Vorgesetzten in Langley warteten auf Ergebnisse, da konnte er nicht auf einen unzuverlässigen Kontaktmann Rücksicht nehmen, der sowieso nur seinen Kofferträger zu spielen hatte. Michael strich die teure graue Anzugjacke von Armani glatt und richtete seine Krawatte, bevor er eintrat. Falls ihm jemand begegnete, war er durch seine Tarnung als Investor bei Hallway gesichert. Daran hatte er mehrere Wochen ebenso gearbeitet wie an seinem französischen Akzent. Jacques Richard war ein stinkreicher Geschäftsmann, der den Terroristen dieser Welt alles lieferte, was ihnen das Leben erleichterte, von Maschinengewehren über Sprengstoffe bis hin zu satellitengesteuerten Raketensystemen. So hatte Michael sich mit Carl Hallway bekanntgemacht und eine Geschäftsbeziehung angebahnt, durch die es ihm nun möglich war, die terroristenfreundlichen Aktivitäten des Hallway-Imperiums zu unterwandern und bestenfalls zu beenden.

Da es bereits kurz nach siebzehn Uhr war, lag der Empfangstresen wie erwartet verlassen da. Vermutlich war die Empfangsdame gerade auf dem Weg nach Downtown Los Angeles, um ein schnelles Sushi zu sich zu nehmen und dann die überfälligen Weihnachtseinkäufe zu erledigen. Michael hatte ein wenig mit ihr geflirtet und ihr die Gepflogenheiten der Firma mit Leichtigkeit entlockt. Die beiden Sicherheitsbediensteten hockten vermutlich irgendwo vor dem Fernseher und sahen sich ein Footballspiel an.

Mit federnden Schritten stieg Michael die Stufen der geschwungenen Treppe in den ersten Stock hinauf und strebte der zweiten Tür auf der rechten Seite des Korridors zu. Prüfend sah er sich um. Im Gebäude war es ruhig. Zu ruhig? Er bezweifelte, dass um diese Zeit tatsächlich schon allen Angestellten Feierabend gewährt worden war. Doch nirgendwo war das übliche Klappern von Tastaturen oder das Surren von Druckern oder Kopierern zu vernehmen. Auch keine Stimmen oder sonst irgendein Hinweis darauf, dass hier jemand arbeitete.

Bei dieser Erkenntnis schrillten in Michaels Kopf sämtliche Alarmglocken und er ging in Habachtstellung, eine Hand an der 38er, die er in einem Holster unter dem Jackett versteckt trug. Mit der anderen Hand zog er die gefälschte Keycard hervor, mit der sich die Tür zu den Räumen des Geschäftsführers öffnen ließ. Er lauschte noch einmal und zog die Karte über den Scanner. Es piepste, die Tür sprang auf.

Das kleine, mit modernen Möbeln aus Chrom, schwarzem Holz und Leder eingerichtete Empfangszimmer lag verlassen da. So weit, so gut. Zielstrebig wandte Michael sich nach rechts. Hinter einer Milchglastür lag Hallways Büro, das es sowohl zu durchsuchen als auch zu verwanzen galt.

Die Abhörgeräte waren schnell an strategisch günstigen Stellen angebracht, das Vorhängeschloss am Aktenschrank ebenso rasch mit einem einfachen Dietrich geöffnet. Innerlich schüttelte Michael den Kopf über das sinnlose Vertrauen, dass die Leute in solche Schlösser setzten. Schnell blätterte er sich durch die Akten in der oberen Lade, als ein leises Schleifen ihn innehalten ließ. Er richtete sich auf, griff nach seiner Waffe und entsicherte sie, so leise es ging. Angestrengt horchend näherte er sich der Tür, die nach nebenan zu einem weiteren Büroraum führte. Er konnte nicht mit Sicherheit orten, woher genau das Geräusch gekommen war.

Vorsichtig drückte er die Klinke, stieß die Tür sanft auf und wartete einen Atemzug lang. Schließlich betrat er den anderen Raum.

Seine Augen weiteten sich eine Spur, als er Gerrisson am Boden liegen sah, in einer dunkelroten Blutlache. Gleichzeitig hörte er, wie hinter ihm eine Pistole entsichert wurde. Eine dunkle Stimme erklang: »Eine falsche Bewegung und Sie leisten Ihrem Kollegen im Jenseits Gesellschaft, Monsieur Richard, oder wie auch immer Sie heißen mögen.«

Michael erstarrte für eine Sekunde, dann setzte er rasch ein gewinnendes Lächeln auf und drehte sich zu Hallway um, der mit einer 45er auf ihn zielte und dabei die Zähne fletschte. Seine blendend weißen Zähne bildeten einen scharfen Kontrast zu seiner tiefdunklen Hautfarbe. Natürlich war er nicht allein, sondern wurde von zwei ebenfalls dunkelhäutigen Schlägern flankiert. Auf einen Wink ihres Chefs packten die beiden Michael und entwaffneten ihn im Handumdrehen.

Michael bemühte sich, das Lächeln beizubehalten. »’ier scheint es sisch um ein Missverständnis zu ’andeln«, sagte er mit seinem besten französischen Akzent.

»Das scheint es tatsächlich.« Hallway strich sich übers Kinn. »Sie vergaßen, mir mitzuteilen, dass Sie ein Spion der CIA sind. Sie werden verstehen, dass unsere Zusammenarbeit unter diesen Umständen hinfällig geworden ist.« Wieder gab er den beiden Gorillas einen Wink. Michael biss die Zähne zusammen und spannte alle Muskeln an, um der Wucht der ersten Schläge etwas entgegensetzen zu können. Dennoch krümmte er sich keuchend zusammen, als die Faust des einen Schlägers ihn in der Magengrube traf. Der Schmerz breitete sich explosionsartig aus und vervielfachte sich, als Fausthieb um Fausthieb folgte. Bald schon lag er am Boden, krümmte sich zusammen und versuchte, wenigstens so weit einen klaren Kopf zu bewahren, dass ihm eine Fluchtmöglichkeit einfiel.

Die beiden Kraftprotze traten abwechselnd auf ihn ein. Im Gürtel des einen sah Michael seine eigene Pistole. Kurz bevor ihn eine Schuhspitze am Kopf traf, warf er sich herum und trat dem einen Mann gegen das Schienbein, sodass er ins Straucheln geriet. Ein weiterer Tritt ließ ihn stürzen. Er schlug mit dem Kopf gegen die Schreibtischkante und blieb stöhnend liegen. Michael hatte sich bereits aufgerappelt und warf sich auf den zweiten Schläger, hoffend, dass Hallway in dem Tumult nicht wild um sich schießen würde, ohne Rücksicht darauf, wen er traf.

Ein Schuss knallte. Michael keuchte, rang sein Gegenüber nieder und eroberte seine Waffe zurück. Mit einem kräftigen Kinnhaken schaltete er den Schläger aus. Noch während er sich von ihm wegdrehte, schoss er in Hallways Richtung. Der hatte hinter dem Türblatt Deckung gesucht und erwiderte das Feuer zweimal. Beide Kugeln durchbrachen eine der großen Fensterscheiben, die daraufhin teilweise splitterte. Kein besonders gutes Sicherheitsglas, schoss es Michael durch den Kopf. Aber vielleicht seine beste Fluchtmöglichkeit. Als ein weiterer Schuss abgefeuert wurde, warf er sich hinter einen Besuchersessel, linste daran vorbei und schoss ebenfalls. Dann sprang er auf und suchte Deckung hinter dem Betonpfeiler, der den Raum mittig teilte. Hallway feuerte eine Salve aus seiner Pistole auf Michael ab. Glücklicherweise trafen alle Kugeln den Pfeiler.

Hastig prüfte Michael die Entfernung zwischen seinem Standort und dem Fenster. Ein Sprung aus dem ersten Stock war alles andere als ungefährlich, konnte mit gestauchten oder gebrochenen Knochen enden. Immer noch besser, als mit den Füßen voran hinausgetragen zu werden. Hallway schoss erneut, Michael erwiderte das Feuer. Aus den Augenwinkeln bemerkte er ein rotes Blinken. Als er genauer hinsah, erblickte er halb unter Gerrisson ein rechteckiges Päckchen C4, an dem ein Zeitzünder angebracht war.

Scheiße war alles, was Michael denken konnte. Er lud mit fliegenden Fingern seine 38er nach und feuerte dreimal in Hallways Richtung. Beinahe gleichzeitig sprang er auf und rannte auf das Fenster zu. In dem Moment, als seine Schulter die gesplitterte Scheibe durchbrach, explodierte die Sprengladung. Die Druckwelle schleuderte ihn hinaus, und er sah noch den Bürgersteig rasend schnell auf sich zukommen. Dann wurde es schwarz um ihn.

 

2. Kapitel

Hin und her gerissen zwischen gerechtem Zorn und Besorgnis, betrat Brianna Wagner das Glendale Memorial Hospital und erkundigte sich nach dem John Doe, dem namenlosen Patienten, der am Vortag hier eingeliefert worden war. Vielleicht war es eine Verwechslung. Nach dreieinhalb Jahren hatte sie sowohl die Hoffnung längst aufgegeben als auch den von Wut getriebenen Wunsch nach einem erneuten Zusammentreffen mit dem Mann, der sie während einer Geheimdienst-Operation in Deutschland von einer Minute auf die andere im Stich gelassen hatte. Gut, die Wut nicht, aber das bedeutete noch lange nicht, dass dieses widerliche Flattern in ihrer Magengrube ein Anflug von Hoffnung war.

Falls sie tatsächlich Glück hatte und der Unbekannte in Zimmer 23b Michael Cavenaugh war, dann schuldete er ihr verdammt noch mal eine Erklärung. Und falls er so schwer verletzt war, dass es mit ihm zu Ende ging, wollte sie dabei sein, wenn er zur Hölle fuhr.

Die Tür zum Krankenzimmer stand ein Stück weit offen; sie vernahm die Stimme eines Mannes, offenbar des Arztes. Danach eine weitere, dunklere, die ihren Herzschlag unvermittelt beschleunigte. Entschlossen ignorierte sie das erneute Flattern in ihrer Magengrube und straffte die Schultern, strich ihr kurzes korallenrotes Kleid glatt und zählte langsam bis einhundert.

 

Ж Ж Ж

 

»Schön, dass Sie endlich beschlossen haben aufzuwachen.« Ein schmaler blonder Mann mit Brille beugte sich halb über Michael, als der die Augen aufschlug und sich irritiert umblickte.

»Willkommen in der Welt der Lebenden.«

»Wo bin ich?« Zu hastig versuchte Michael, sich aufzurichten, und bereute es sogleich, denn seine Rippen schmerzten höllisch und auch der Kopf und die rechte Schulter schienen bei seinem unfreiwilligen Flug aus Hallways Bürofenster etwas abbekommen zu haben.

»Hoppla, ganz ruhig.« Der Arzt drückte ihn zurück ins Kissen. »Sie befinden sich seit gestern Abend im Glendale Memorial. Jetzt ist es neun Uhr dreißig vormittags. Mein Name ist Dr. Petersen. Und Sie sind ...?«

»Michael Cavenaugh.« Immer noch irritiert schüttelte er die Hand des Arztes.

»Gut, dann haben wir ja endlich einen Namen. Als Sie eingeliefert wurden, befand sich kein Ausweis in Ihrer Brieftasche.«

»Kein Ausweis?«

»Vielleicht wurde er gestohlen? Immerhin sieht es so aus, als wären Sie überfallen worden. Allerdings hatten die Räuber genug Anstand, Ihnen hundert Dollar zu lassen.« Der Arzt lächelte mitleidig. »Wir benötigen Ihre Anschrift, Ihr Geburtsdatum und die Angaben zu Ihrer Krankenversicherung. Sie sind doch versichert, nicht wahr?«

»Ja.« Michael rasselte die geforderten Daten herunter, die der Arzt eifrig mitschrieb.

»Muss ja eine üble Bande gewesen sein, an die Sie geraten sind. Sie haben zwei angeknackste Rippen, eine verrenkte Schulter und Schnittwunden. Ganz zu schweigen von der Kopfverletzung. Zum Glück hat man Sie auf diesem Parkplatz gefunden. Nicht auszudenken, wie es Ihnen sonst ergangen wäre.«

»Parkplatz? Was für ein Parkplatz?« Michael war sich ziemlich sicher, dass er auf dem Bürgersteig gelandet war.

»Na, in der Madison Street, gleich neben dem Lagerhaus von Wong Ltd. Erinnern Sie sich nicht mehr daran? Das könnte auf eine ernstere Kopfverletzung hindeuten.«

»Äh, ja, doch, natürlich. In der Madison Street.« Michael nickte hastig. Bloß keinen zusätzlichen Wirbel verursachen. Er fragte sich nur, wer so freundlich gewesen war, ihn nach der Explosion noch mindestens dreihundert Meter weit bis zu diesem Parkplatz zu schleppen und dort abzulegen. Ganz sicher nicht Hallway und seine Leute, denn die dürften die Explosion nicht überlebt haben.

»Wollen Sie Anzeige erstatten? Ich kann die Polizei für Sie verständigen.«

Michael schüttelte den Kopf. »Nein danke, das bringt sowieso nichts. Außerdem kann ich nicht bleiben. Ich habe noch etwas zu erledigen.« Diesmal richtete er sich weit vorsichtiger auf und ächzte ein bisschen. »Bringen Sie mir bitte meine Entlassungspapiere, Dr. Petersen.«

»Was, Sie wollen in diesem Zustand das Krankenhaus verlassen?« Sichtlich erschrocken legte der Doktor ihm eine Hand auf den Arm. »Das kann ich Ihnen unter keinen Umständen empfehlen. Wir sollten Sie mindestens einen, besser noch zwei Tage zur Beobachtung hierbehalten.«

»Nein. Ich übernehme die volle Verantwortung.« Skeptisch blickte Michael an sich hinab. Er trug lediglich eines dieser dünnen hellgrünen Krankenhaus-Hemdchen. »Wo sind meine Sachen?«

Dr. Petersen deutete auf den Schrank neben dem Bett. Die Tür stand offen, sodass Michael den scheußlich lädierten Armani-Anzug erkennen konnte. »Sie können sich von jemandem etwas anderes bringen lassen, Mr. Cavenaugh, wenn Ihnen das lieber ist.«

»Nein, das geht schon. Machen Sie einfach meine Papiere fertig.« Als er die Beine zur Seite schwang, um sich aufzusetzen, presste Michael die Lippen fest zusammen. Sein Körper fühlte sich an, als sei er von einem Truck überrollt worden. Dr. Peterson murmelte etwas, das nach einem Protest klang, und entfernte sich.

»Immer auf dem Sprung, genau wie in alten Zeiten.«

Michael hob ruckartig den Kopf, als er die ihm nur allzu vertraute Frauenstimme vernahm. »Brianna!« Mit ihr hatte er hier am allerwenigsten gerechnet. Doch da stand sie, einen Unterarm der Länge nach gegen den Türstock gelegt und ein spöttisches Lächeln auf den Lippen. Ihr zierlicher, durchtrainierter Körper steckte in einem verboten kurzen roten Kleidchen, die passenden himmelhohen Pumps täuschten ein wenig darüber hinweg, dass sie nur 1,62 Meter groß war.

Sie hatte sich kaum verändert. Lediglich ihr fast glattes hellbraunes Haar war kürzer als vor drei Jahren und reichte ihr nur noch knapp bis auf die Schultern. In ihren dunkelblauen Augen blitzte es angriffslustig wie eh und je.

»Hallo Michael.« Sie stieß sich vom Türrahmen ab und stolzierte mit schwingenden Hüften auf ihn zu. »Du lebst ja doch noch. Die Nachricht des Krankenhauses auf dem Anrufbeantworter meines Dads klang, als hätte dein letztes Stündlein geschlagen. Da dachte ich, ich komme vorbei und vergewissere mich, dass der Teufel dich wirklich holt.«

»Da muss ich dich leider enttäuschen. Noch weile ich unter den Lebenden. Und ich habe nicht vor, das so schnell zu ändern.« Mit einem unterdrückten Stöhnen stand Michael auf und schwankte zum Schrank, nahm seine Kleider heraus und trug sie wortlos hinüber ins Bad. Dort warf er einen kurzen Blick in den Spiegel über dem Waschbecken, drehte das Wasser auf und spritzte sich etwas davon ins Gesicht. Hinter sich hörte er Brianna im Krankenzimmer auf und ab gehen.

»Wahrscheinlich ist das auch besser so«, rief sie ihm ihre Antwort zu. »Immerhin gibt es noch genügend Leute, die ein Hühnchen mit dir zu rupfen haben. Es wäre sehr schade, wenn sie dazu keine Gelegenheit mehr bekämen.«

Michael verdrehte die Augen, entledigte sich des unsäglichen Kittels und stieg in die Anzughose. Das Hemd war schon schwieriger. Die angebrochenen Rippen brannten und stachen, dass es ihm den Atem verschlug. Von der verrenkten Schulter ganz zu schweigen. »Seit wann bist du in L.A.?«, fragte er, ohne auf ihre Bemerkung weiter einzugehen.

»Seit Thanksgiving.« Als er, sein Hemd zuknöpfend, das Bad wieder verließ, saß sie mit überschlagenen Beinen auf der Bettkante und blickte ihm mit dem für sie typischen katzenhaften Ausdruck entgegen. »Du weißt schon, das Fest, an dem sich Freunde und Familie treffen, Unmengen essen und eine schöne Zeit miteinander verbringen.«

»Bri ...« Sie schaffte es mal wieder in kürzester Zeit, seine Nerven bis aufs Äußerste zu strapazieren.

»Und da ich schon mal hier war, dachte ich, ich hänge noch ein bisschen Urlaub dran und erledige meine Weihnachtseinkäufe dieses Jahr mal ohne Frostbeulen. Chicago kann im Winter ziemlich ungemütlich werden. Außerdem gibt es dort ein paar Leute, denen ich für eine Weile aus dem Weg gehen möchte. Dad freut sich, dass ich ihm ein bisschen Gesellschaft leiste.«

»Geht es ihm gut?«

»Hervorragend. Er ist für drei Tage nach San Diego runtergefahren. Dort findet eine kleine Elektronikfachmesse statt. Er hat sich zwar zur Ruhe gesetzt, aber er hält sich trotzdem gern auf dem Laufenden, was die neueste Sicherheitstechnik anbelangt.«

»Und deinem Grandpa?«

Brianna legte den Kopf ein wenig schräg. »Woher das plötzliche Interesse? Die letzten drei Jahre hast du doch auch nicht nach ihnen gefragt.«

»Bri!« Wieder verdrehte er entnervt die Augen. »Tut mir leid, dass das Krankenhaus bei deinem Dad angerufen hat. Das war so nicht vorgesehen.«

»Kann ich mir vorstellen. Warum trägst du seine Adresse überhaupt noch mit dir herum? Ich dachte, du hättest sie vernichtet, nachdem du Matt den Cops zum Fraß vorgeworfen hast.«

»Ich habe ihn nicht ...« Michael griff nach dem Jackett und zog es vorsichtig an. »Hör zu, ich kann jetzt nicht darüber reden.«

»So wenig wie damals, als du mich einfach ohne Vorwarnung oder ein Wort des Abschieds verlassen hast?« In ihrer Stimme schwang jetzt eine deutliche Schärfe mit, die er ihr nicht verübeln konnte. »Während eines Einsatzes noch dazu. Nicht gerade die feine englische Art, seine Freundin loszuwerden.«

»Ich wollte dich nicht loswerden, Bri.«

»Deshalb bist du auch nie wieder aufgetaucht, du Bastard.« Sie ballte die Hände zu Fäusten und sprang kampfbereit auf.

»Die Sache ist ein bisschen komplizierter, als du denkst.« Er seufzte innerlich. »Wenn du willst, erkläre ich es dir irgendwann. Aber nicht jetzt. Erst mal muss ich mich mit meinen Leuten in Langley in Verbindung setzen. Mein Kontaktmann wurde ermordet und meine Zielperson ist vor«, er griff nach ihrem Handgelenk und hob es an, um auf ihre silberne Armbanduhr zu schauen, »siebzehn Stunden in die Luft geflogen. Ich muss herausfinden, wer dafür verantwortlich ist.«

»In die Luft geflogen?« Brianna entzog ihm den Arm mit einem Ruck. »Nicht zufällig ein Bürohaus in der South Vermont Avenue? Die Nachrichten waren gestern Abend voll davon. Man hat vier Leichen in den Trümmern gefunden. Die übrigen Beschäftigten, die noch dort waren, sind wohl mit ein paar Schrammen und dem Schrecken davongekommen.« Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Daher also die Blessuren.«

»Ja. Hör zu, ich muss los. Lass uns ein andermal weiterreden.« Er wandte sich zur Tür, in der gerade wieder Dr. Petersen erschien. Der Arzt wirkte sowohl besorgt als auch eine Spur verlegen.

»Mr. Cavenaugh, ich fürchte, es gibt ein kleines Problem mit den Angaben, die Sie zu Ihrer Person gemacht haben.«

Michael runzelte die Stirn. »Was für ein Problem?«

»Sie stimmen nicht.« Dr. Petersen deutete auf einen Computerausdruck auf seinem Klemmbrett. »Sehen Sie, wir haben die Daten überprüft, aber es gab keine Übereinstimmung Ihres Namens, der Adresse oder des Geburtsdatums. Wenn Sie so freundlich wären, mir Ihre Sozialversicherungsnummer zu nennen, damit ich Ihre Identität bestätigen lassen kann. Falls Sie sie nicht im Kopf haben, reicht auch Ihre Kontonummer.«

Michael wechselte einen kurzen Blick mit Brianna, die jedoch lediglich die Augenbrauen hob. Dann setzte er sein berufsmäßiges Lächeln auf, nahm dem Arzt das Klemmbrett ab und überflog den Ausdruck. Tatsächlich schien die Kombination aus seinem Namen, Geburtsdatum und der Adresse, unter der er offiziell in New York gemeldet war, keinen Treffer in den Datenbanken hervorgebracht zu haben. Also schrieb er schweigend eine seiner Kontonummern auf das Papier und reichte es Dr. Petersen.

Der Arzt dankte ihm und verließ eiligen Schrittes den Raum.

»Die CIA scheint es ja mit deinen Undercover-Einsätzen ziemlich genau zu nehmen.« Brianna lächelte spöttisch.

»So genau nun auch wieder nicht.« Sicherheitshalber folgte Michael dem Arzt bis zur Patientenaufnahme.

»Leider existiert dieses Bankkonto nicht.« Die blondierte Mittvierzigerin, die seine Daten in den Computer eingegeben hatte, blickte mit einer Mischung aus Misstrauen und Mitleid zu ihm auf. »Haben Sie noch ein anderes? Eine Kreditkarte vielleicht?«

Michael runzelte die Stirn und ging um den Tresen herum, um sich selbst von der Meldung auf dem Bildschirm zu überzeugen. »Darf ich?« Umstandslos zog er die Tastatur zu sich heran.

»Hey, was soll das denn?« Die Stimme der Sekretärin wurde schrill. »Sie können doch nicht einfach ...«

»Nur einen Augenblick.« Michael tippte ein paar Daten ein. Wieder kein Treffer. Als er den Kopf hob, sah er Brianna auf der anderen Seite des Tresens stehen und ihn interessiert beobachten. Wieder lächelte er, diesmal in Richtung des Arztes. »Das muss ein Datenbankfehler sein.«

»Das ist natürlich möglich, aber Sie werden verstehen, dass wir dennoch einen Nachweis über Ihre Identität benötigen. Andernfalls müsste ich die Polizei verständigen.«

»Das ist nicht nötig.« Michael winkte betont lässig ab. »Wer weiß, wie lange es dauert, bis der Fehler behoben ist. Miss Wagner kann meine Identität bestätigen. Nicht wahr, Brianna?«

Brianna reagierte nicht.

»Bri?« Eindringlich sah er sie an.

»Hm? Was? Ach so. Ja, natürlich, Herr Doktor. Ich kenne diesen Mann. Das kann ich Ihnen gerne schriftlich geben.« Ihr übertrieben gezierter Tonfall reizte Michaels angespannte Nerven, doch er beherrschte sich. Sollte sie ihren Spaß haben.

»Das ist ja gut und schön.« Dr. Petersen schien die Angelegenheit immer unangenehmer zu werden. Michael sah ihm an, dass er kurz davor war, tatsächlich die Cops zu rufen. »Trotzdem brauchen wir einen Nachweis über Ihre Identität, Mr. Cavenaugh. Schon wegen der Rechnung, und überhaupt ist das rechtlich ...«

»Wie viel schulde ich dem Krankenhaus?«

Die Sekretärin räusperte sich und zog die Tastatur wieder zu sich heran, tippte etwas ein. »Dreitausendsiebenhundertfünfundsiebzig Dollar.«

Brianna stieß einen Pfiff aus.

Michael ging um den Tresen herum und nahm sie ein wenig beiseite. »Brianna!«

»Ja, Michael?« Sie sah mit einem feinen Lächeln zu ihm auf und klimperte mit den Wimpern. Sie wusste natürlich genau, um was er sie bitten wollte.

»Würdest du ...« Er senkte die Stimme ein wenig. »Ich zahle es dir so schnell wie möglich zurück.«

Sie antwortete nicht gleich, sondern tat, als müsse sie erst gründlich darüber nachdenken.

»Bri, bitte!«

Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Dafür schuldest du mir was, Michael.«

»Ich sagte doch, dass ich es dir zurückzahle.«

»O nein, mit Geld allein ist es da nicht getan.«

Er stieß einen ungeduldigen Seufzer aus. »Also, was willst du von mir?«

»Mal sehen.« Sie löste die Arme wieder und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Lippen. »Wie wäre es mit einer Erklärung?«

Er nickte zögernd. »Okay.«

»Die kannst du mir bei einem gemeinsamen Dinner geben.« Sie warf ihm einen vielsagenden Blick zu.

Er gab sich sofort geschlagen. Eine andere Wahl hatte er sowieso nicht, wenn er nicht riskieren wollte, dass Dr. Petersen die Polizei rief. »Ein Dinner?«

»Für den Anfang. Dann sehen wir weiter.«

»Nicht heute.«

»Aber noch in diesem Jahr.«

»Also gut, wenn es dich glücklich macht.«

»Das muss sich erst noch herausstellen.« Sie wandte sich mit einem strahlenden Lächeln an die Sekretärin und zückte ihre Kreditkarte. »Ich zahle für den Herrn.«

 

Ж Ж Ж

 

Erleichterung breitete sich in Michael aus, als er dem Krankenhaus den Rücken zukehrte. Brianna ging schweigend neben ihm her bis zu ihrem Wagen, einer noch fast neuen dunkelroten Limousine japanischen Fabrikats mit cremefarbenen Ledersitzen.

»Schicker fahrbarer Untersatz.« Anerkennend strich er über den glänzenden Lack.

»Hab ich von einem Kunden erhalten, anstelle von Bargeld. Erstklassige Ware gegen erstklassige Ware. Ein guter Handel.«

»Was für eine Ware?«

Sie zuckte die Achseln. »Stereoanlagen hauptsächlich.«

»Hauptsächlich?«

»Ein paar Satellitentelefone und ein Flashlight-3000-Überwachungssystem waren auch dabei.«

»Dieses System wird so gut wie nur in Banken eingebaut.«

»Ich habe ja nicht behauptet, dass es einfach war daranzukommen. Für den Mehraufwand ist dieses Schätzchen herausgesprungen.« Sie schloss den Wagen auf und setzte sich hinters Steuer.

Michael quälte sich auf den Beifahrersitz und nannte ihr die Adresse seines Motels. »Danke, dass du mich fährst.«

Sie reagierte nicht darauf, sondern fädelte den Wagen in den fließenden Verkehr ein. »Irgendeine Idee, wer sich den Streich mit deinen Daten erlaubt hat?«