Consulting Cookbook - Verena Töpper - E-Book

Consulting Cookbook E-Book

Verena Töpper

0,0

Beschreibung

Die schillernde Welt der Unternehmensberatungen fasziniert Schüler, Studenten und Absolventen Jahr um Jahr. Es locken hohe Einkommen, Firmenwagen und Reisen um die ganze Welt. Doch ein Job in der Unternehmensberatung bedeutet noch viel mehr. Verena Töpper zeigt die Wahrheiten und Mythen rund um McKinsey, PwC und Co. auf, beschreibt den Einstieg, die erste Zeit als Unternehmensberater und alternative Wege in der Branche. Abgerundet wird das Ganze durch Interviews mit Beratern und wertvolles Expertenwissen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 171

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Verena Töpper

Consulting Cookbook

Der Guide zum Einstieg in die Unternehmensberatung

Campus Verlag Frankfurt/New York

Über das Buch

Als Unternehmensberater mache ich Unmengen von Schotter, wohne in 5-Sterne-Hotels und bastle ab und an eine Excel-Tabelle. Ist das wirklich so? Was machen Unternehmensberater wirklich, wie schaffe ich den Einstieg und was ist eigentlich ein Office Friday?

Verena Töpper zeigt die Wahrheiten und Mythen rund um die großen Unternehmensberatungen auf und beschreibt alternative Wege in der Branche. Außerdem kommen viele Experten mit Insider-Tipps zu Wort. Dazu gibt‘s die besten Karriere-Rezepte für jede Art von Unternehmensberatung.

campus smart ist der multimediale Jobcoach.

Mit E-Book inside – die Freiheit, zu lesen, wo und wie man will.

On top gibtʼs pro Buch einen Gutschein (gültig für die erste Auflage bis zum 31.12.2017) für ein Webinar aus der campus smart Reihe.

So kommst du zum Webinar:

Öffne die Webseite campus-smart.deSuche dir eines der angebotenen Webinare ausMelde dich für das Webinar an und gib bei der Buchung den unten stehenden Code an.

»TICKET TO LEARN« – DEIN WEBINARE-CODE:

498ToV94Y

Über die Autorin

Verena Töpper, Jahrgang 1982, studierte Publizistik, Amerikanistik und Filmwissenschaft in Mainz, Wien und Washington, D.C. Sie schrieb bereits während des Studiums für verschiedene Zeitungen und Spiegel online. Seit 2011 ist sie dort als Redakteurin im Ressort Karriere tätig.

Vorwort

ES IST EINE MISCHUNG AUS LUXUS, MACHT UND ABENTEUER, DIE DEN BERUF DES UNTERNEHMENSBERATERS UMGIBT. DAS KOPFKINO KOMMT MIT WENIGEN KULISSEN AUS: FLUGHAFEN, HOTELBAR, KONFERENZRAUM. DIE HAUPTDARSTELLER: GEORGE CLOONEY UND SCARLETT JOHANSSON. AUCH NACH ZWÖLF STUNDEN IM FLIEGER SEHEN DIE BEIDEN FANTASTISCH AUS, BEI DER POWERPOINT-PRÄSENTATION HÄNGEN ALLE AN IHREN LIPPEN, UND AM ABEND VERSINKEN SIE IN SEIDENSCHLAFANZÜGEN IM RIESIGEN BETT EINES FÜNF-STERNE-HOTELS.

ABER WO ENDET DAS KLISCHEE, UND WO BEGINNT DER ARBEITSALLTAG? ES IST EINE BERUFSKRANKHEIT DES BERATERS, WAHRHEITEN IN FLOSKELN ZU VERPACKEN. PROBLEME SIND FÜR CONSULTANTS »CHALLENGES«, DEFIZITE WERDEN ZUM »ENTWICKLUNGSPOTENZIAL«.

IN DIESEM BUCH IST FÜR SOLCHE WORTHÜLSEN KEIN PLATZ. HIER WIRD KLARTEXT GEREDET. WEIL BERATER GERN ALLES SORTIEREN, WAS SICH IRGENDWIE IN EINE ORDNUNG BRINGEN LÄSST, MACHE ICH DAS HIER AUCH: IN DIESEM BUCH GEHT ES DARUM, OB

DER BERUF DER RICHTIGE FÜR DICH IST,

BEI WELCHER BERATUNG DU AM BESTEN AUFGEHOBEN BIST,

WIE DU DIE PERFEKTE BEWERBUNG SCHREIBST UND

WIE DU DIE EINSTELLUNGSTESTS MEISTERST.

UND AM BESTEN MERKST DU DIR SCHON MAL FOLGENDES:

[Bild vergrößern]

Inhalt

WORK HARD, PLAY HARDUnternehmensberatung – ist das was für mich?

Berater darf sich jeder nennen

Foliensklaven und Firmenretter

Up or Out, Grow or Go

Sieben Schritte bis zum Partner

VIELE WEGE FÜHREN ANS ZIELWelche Beratung passt zu mir?

Die Elitären

Die Kleinen

Die Riesen

Die Insider

TOP ODER FLOPConsultingfirmen im Vergleich

High Performance für alle!

Je größer, desto mehr €€€

JETZT ODER NIEDer richtige Zeitpunkt für den Einstieg

Nach dem Bachelor

Nach dem Master

Nach der Promotion

Es geht auch ohne BWL

UND AB DAFÜRDie ideale Bewerbung

Das Anschreiben

Der Lebenslauf

ALLES ODER NICHTSSo gelingt der Einstellungstest

Das persönliche Interview

Die Fallstudie

AUFWÄRTS IMMER, ABWÄRTS NIMMERWie der Alltag wirklich aussieht

Eine typische Woche

Allein unter Männern

Worauf wartest du noch?

ÜBER DIE AUTORIN UND DIE EXPERTEN

1

Work hard, play hard

Unternehmensberatung – ist das was für mich?

[Bild vergrößern]

EINLEITUNG BERATER MACHEN DEN JOB NIE NUR DES GELDES WEGEN, SCHON KLAR. ABER GANZ EHRLICH: DAS IST ES DOCH, WAS ALS ERSTES INTERESSIERT, ODER?

DASS CONSULTANTS ÜBERDURCHSCHNITTLICH GUT VERDIENEN STEHT ALSO FEST. DOCH WAS HEISST DAS? REDEN WIR MAL ÜBERS GELD.

Der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) nennt als Jahreseinstiegsgehalt für junge Akademiker eine Summe zwischen 38000 und 45000 Euro brutto. Wer schon einige Jahre Berufserfahrung in einer anderen Branche gesammelt hat, kann bei den großen Strategieberatungen locker ein sechsstelliges Jahresgehalt aushandeln. Damit lässt sich selbst in München ein Penthouse mieten. Aber Unternehmensberater sind ja nie zu Hause, stimmt’s?

Heute in Hongkong, morgen in Dubai– wer Vielflieger sucht, findet sie in der Branche.

Man findet aber auch Berater, die in Teilzeit arbeiten, die noch nie auf Dienstreise waren oder gerade ein Sabbatical auf einem Bauernhof machen. Unternehmensberater zu sein kann bedeuten, für die internationale Beratungsfirma McKinsey um die Welt zu jetten, kann aber auch heißen, bei einer großen Bank im Inhouse-Consulting angestellt zu sein und jeden Tag in dasselbe Büro zu marschieren.

Berater darf sich jeder nennen

Die Berufsbezeichnung Unternehmensberater ist gesetzlich nicht geschützt. Jeder, der ein Unternehmen berät oder auch nur meint, es zu beraten, darf sich Unternehmensberater nennen.

Laut Zählung des BDU bieten in Deutschland rund 15300 Beratungsgesellschaften ihre Dienste an. Dominiert wird der Markt im Wesentlichen von 150 großen Firmen: Sie setzen jeweils mehr als 45 Millionen Euro im Jahr um – und beschäftigen rund 31000 Berater. Die Einstiegschancen bei diesen Branchenriesen stehen gut: Im Schnitt ist dort jeder dritte Mitarbeiter ein Junior-Berater. Schaut man sich den Gesamtmarkt an, wird aber schnell klar, dass die Beraterwelt nicht nur aus McKinsey und Co. besteht: Insgesamt gibt es in Deutschland rund 95000 Consultants. Das heißt: Zwei Drittel aller Berater verdienen ihren Lebensunterhalt ohne Gehaltscheck der Branchenriesen.

HAUPTSACHE GUTE NOTEN

Eine klassische Ausbildung zum Consultant gibt es nicht. Einen Master of Business Administration in Management Consulting vorweisen zu können mag sich gut anhören, doch entscheidender als das Studienfach ist die sehr gute Studienabschlussnote – und das Abschneiden im Assessment-Center (was bei Beratungen freilich nicht »Assessment-Center« heißt, denn der Begriff klingt zu sehr nach Stress, Druck und Hetze). Beim »Auswahltag«, wie die Veranstaltung also stattdessen so schön genannt wird, können durchaus Exoten (Beratersprech1 für die, die etwas anderes als Wirtschaftswissenschaften studiert haben) einen Betriebswirtschaftler abhängen. Allerdings gilt auch: Ganz ohne betriebswirtschaftliches Know-how wird das nichts mit der Beraterkarriere. Zu exotisch darf es in der Branche dann eben doch nicht sein.

WO VIELE KOMMEN, MÜSSEN AUCH VIELE GEHEN

Auch Firmen mit Millionenumsatz können nicht unendlich wachsen. Wo viele eingestellt werden, müssen auch viele gehen – und zwar am ehesten die Underperformer.2Wer eine Karriere bei McKinsey und Co. plant, sollte sich deshalb darauf gefasst machen, dass der Einstellungstest nicht der letzte Test bleiben wird. Nach jedem Projekt gibt es detailliertes Feedback, werden Fragebögen verteilt und Weiterbildungsseminare vergeben. Es gilt das Prinzip »Hart aber fair«. Nur wer sich bewährt, darf weiter die Karriereleiter erklimmen.

Klassischerweise verläuft der Karriereweg vom Junior-Berater über den Senior-Berater bis hin zum Partner. Wie viele Hierarchiestufen es gibt, welche Jobtitel man trägt und wie lange man sich bewähren muss, um die nächste Stufe zu erklimmen, ist von Firma zu Firma unterschiedlich. Doch eines haben sie alle gemeinsam: Stillstand gibt es nicht. Wer einmal drin ist, muss nach oben klettern – oder die Firma verlassen. Im Beratersprech nennt man dieses System: Up or Out.

Die großen Beratungsfirmen sind aufgebaut wie Pyramiden: Unten passen viele rein, oben wenige.

Dass es nur wenige Junior-Berater bis zum Partner schaffen, liegt auch daran, dass sich von Stufe zu Stufe die Aufgaben ändern. Wer ein guter Junior-Berater war, muss noch lange kein guter Senior-Berater sein. Doch auch wer unterwegs aussteigt, bleibt nicht auf der Strecke. Unternehmensberatungen haben ein Interesse daran, in möglichst vielen Firmen und möglichst vielen Branchen ehemalige Mitarbeiter sitzen zu haben. Kontakte sind alles. Deshalb werden Aussteiger bei der Jobsuche nach Kräften unterstützt.

FÜR WEN IST DIESES BUCH GEDACHT?

Anders als etwa Schauspielschüler, deren Karriere nur gelingt, wenn sie zur rechten Zeit am rechten Ort sind, können angehende Berater darauf vertrauen, dass sie eine Chance bekommen und sich beweisen dürfen – wenn sie denn zum Einstellungstest eingeladen worden sind und ihn bestanden haben. Wie man das schafft, und wann man sich die Bewerbung sparen kann, steht in diesem Buch. Es ist für Leute geschrieben, die sich nicht von schönen Slogans und hohlen Phrasen blenden lassen wollen. Hier reden Berater Klartext: Warum haben sie sich für welche Firma entschieden? Was würden sie heute anders machen? Und was sind ihre ganz persönlichen Tipps für die Bewerbung? Der Kern des Beratungsgeschäfts ist es, eine unabhängige Meinung einzuholen, jemanden, der das Geschehen von außen analysiert und die großen Zusammenhänge erkennt. Genau das ist der Anspruch dieses Buches.

Foliensklaven und Firmenretter

Wenn Unternehmensberater in eine Firma gerufen werden, ist die Stimmung dort in der Regel schlecht. Der Aktienkurs ist im Keller, die Auftragszahlen brechen ein, die Umsätze stagnieren oder eine Übernahme droht.

Berater werden immer dann gebraucht, wenn eine Aufgabe ansteht, um die sich die Manager der Firma nicht kümmern wollen oder können, etwa weil ihnen das Know-how, die Vision oder manchmal auch die Unterstützung der eigenen Mitarbeiter fehlt. In solchen Fällen übernehmen Berater schon mal die Rolle des Kummerkastens, bei dem sich alle ausheulen. Wenn sie Glück haben, entdecken sie irgendwann in der Schublade eines Mitarbeiters die fertige Lösung, für deren Erarbeitung sie ursprünglich mal gerufen wurden, und können sie stolz dem Vorstand präsentieren. Wenn sie Pech haben, basteln sie in der Firma des Kunden in einem fensterlosen Büro neben dem Abstellraum nächtelang an Excel-Tabellen und PowerPoint-Folien, für die bei der Abschlusspräsentation keine Zeit mehr bleibt und die nie jemand zu Gesicht bekommt. Offiziell sieht die Arbeit natürlich anders aus: Berater, das sind die coolen Jungs und Mädels, die morgens um sechs in der Vielflieger-Lounge ihren Latte Macchiato schlürfen und bis nachts um elf die neue Marktstrategie eines Weltkonzerns erarbeitet haben.

Bei dem Hollywood-Blockbuster Men in Black werden alle zufälligen Zeugen des Geschehens mit einer Art Wunderwaffe »geblitzdingst« und verlieren die Erinnerung an die Ereignisse. Ähnlich verhält es sich auch bei Unternehmensberatern: Kaum ist der Arbeitsvertrag unterschrieben, verblasst die Erinnerung daran, was Freizeit, Hobbys und Müßiggang für den Durchschnittsmenschen bedeuten. Zwölfstundentage sind auf einmal Beweis einer wundervollen Work-Life-Balance, einmal im Monat in der Firmenband Schlagzeug zu spielen ist ein intensives Hobby, und das stumpfe Eintragen von Zahlen in Tabellen zeugt von einer steilen Lernkurve. In wachen Momenten heißt es: »Ich mache das ja nur für ein, zwei Jahre.«

Aber was machen sie denn nun eigentlich? Berater ist nicht gleich Berater. Es gibt Managementberater, IT-Berater, Personalberater. Insgesamt 95150 hat der BDU zum Jahreswechsel 2012/2013 gezählt. Die Zahl der Menschen, die sich selbst als Berater bezeichnen, dürfte noch weit höher liegen, da die Berufsbezeichnung ja nicht geschützt ist. In diesem Buch geht es vor allem um Managementberater. Typische Fragen, mit denen sie sich beschäftigen, sind etwa:

Wie kann unsere Firma den Abwärtstrend stoppen?

Wo bieten sich für unsere Firma Wachstumschancen, und wie können wir diese optimal nutzen?

Ist es sinnvoll, unsere Firma neu auszurichten?

Wie können wir effizienter arbeiten?

Eine Antwort auf die letzte Frage könnte zum Beispiel sein, neue Systeme zur Zeiterfassung oder Gehaltsabrechnung einzuführen. Hier wären dann IT-Berater gefragt. Vielleicht liegt die Lösung auch darin, das Gehalt fairer zu verteilen, Mitarbeiter zu schulen oder leitungsfähigere Leute einzustellen – eine klassische Aufgabe für Personalberater, die manchmal aber auch von Managementberatern gleich mit übernommen wird.

Unabhängig davon, ob nun das Wörtchen »Management«, »IT« oder »Personal« vor dem »Berater« steht, lässt sich die Arbeit in drei Phasen unterteilen: analysieren, planen, umsetzen. Dieser Dreiklang war vor wenigen Jahren noch nicht selbstverständlich. Managementberater waren diejenigen, die Ideen und Strategien entwickelt haben, und selbst bei großen Projekten nach spätestens zwei Jahren wieder weg waren. Die Umsetzung wurde anderen überlassen, zum Beispiel IT- oder Personalberatern – und oft den Managern oder Inhouse-Consultants der hilfesuchenden Firma selbst. So mancher Lösungsansatz war deshalb schneller vergessen als der Beamer abkühlte. Doch in Zeiten kriselnder Wirtschaft kann sich das keine Firma mehr leisten. Wer will schon Tausende Euro Honorar für einen Packen PowerPoint-Slides bezahlen, mit denen am Ende niemand etwas anzufangen weiß? Die Kunden sind selbstbewusster geworden – wenn schon die teuren Berater ins Haus kommen, sollen sie gefälligst auch Ergebnisse liefern: »Strategy through execution«3 nennt sich das. Für Managementberater bedeutet das: »Statt Vorstände bei globalen Expansionsplänen zu untestützen, müssen Neulinge immer öfter ins Dickicht von IT-Optimierung und Supply-Chain-Management eintauchen«, wie Eva Buchhorn es in Heft 03/2014 des manager magazins so schön formuliert. Für Berater hat dieser Ansatz aber auch seine Vorteile: So können sie bei größeren Projekten, etwa der Integration eines aufgekauften Unternehmens, bis zum Ende mitverdienen.

Christoph Warnecke, Vorsitzender des Fachverbands Personalmanagement des BDU, brachte es beim Deutschen Beratertag 2013 auf den Punkt: »Eine Aufgabe des Beraters ist es, der Impulsgeber, Trendsetter, Initiator von neuen Bewegungen zu sein. Aber was hilft es, wenn wir einen neuen Impuls geben, die Unternehmen hoch innovativ sind – und die Mannschaft nicht mitkommt?« Wichtig sei es deshalb, den Innovationsprozess nicht nur zu initiieren, sondern auch zu begleiten. »Wir sind nicht nur die Know-how-Träger, sondern auch die Prozessbegleiter dieses Veränderungsprozesses.«

[Bild vergrößern]

Für Consultants eigentlich eine gute Nachricht: Was könnte frustrierender sein, als seine sorgfältig erarbeiteten Lösungsvorschläge im Papierkorb verschwinden zu sehen? Andererseits ist die Umsetzung auch der mühsamste Teil des Projekts. Berater werden zwar von vielen Firmenchefs als vermeintliche Heilsbringer empfangen – die Begeisterung überträgt sich aber nur selten auf die Mitarbeiter. Von ihnen werden Berater eher als Arbeitsplatzvernichter denn als Retter wahrgenommen. Ein Consultant erzählt gern die Anekdote, wie die Mitarbeiter eines Kunden morgens vor seinen Augen den Kaffee weggeschüttet haben, damit er sich selbst neuen kochen musste. Allein die Arbeitszeiten der Berater empfinden viele als unausgesprochenen Vorwurf. Wie soll man neben Leuten arbeiten, die scheinbar nie Feierabend machen?

[Bild vergrößern]

Christoph Warnecke sprach auf dem Deutschen Beratertag gar von »Beraterverdrossenheit«. Auch die Strategieberatungen haben das Problem erkannt: Es genügt nicht, eine Lösung auf dem Papier zu präsentieren. Die Berater müssen selbst Hand anlegen. Im besten Fall arbeiten sie Seite an Seite mit den Mitarbeitern und zeigen ihnen direkt vor Ort, wie sich ihre schlauen Ratschläge in der Praxis anwenden lassen. McKinsey hat dafür sogar eigene Übungsfabriken aufgebaut, in denen Vorstände und Mittelmanager zusammen mit Beratern beispielsweise die Fertigung eines Staubsaugers oder den Betrieb einer Bankfiliale simulieren. So sollen alle Parteien spielerisch lernen, wie man zusammen an einem Strang zieht. »Hinter diesen Initiativen verbirgt sich ein schlaues Marketingmanöver«, schrieb Dietmar Student im manager magazin 12/2012. »McKinsey verkauft sein Wissen, macht seine Berater produktiver und bindet Kunden enger an sich.«

EIN BERATER KOMMT SELTEN ALLEIN

Sieht man einmal von freiberuflichen Consultants ab, gilt: Beraten ist Teamarbeit. Bei den großen Strategieberatungen wird klassischerweise für jedes Projekt ein Team aus Beratern verschiedener Hierarchiestufen zusammengestellt. Dabei variieren die Jobbezeichnungen: Bei McKinsey heißen Beraterneulinge mit Masterabschluss »Fellows«, bei der Boston Consulting Group (BCG) nennt man sie »Junior Consultants«. Wer bei McKinsey »Associate« ist, hat schon seine erste Beförderung hinter sich, bei Roland Berger ist dies der Titel für Neueinsteiger. Ganz schön verwirrend? Stimmt.

Jedes Teammitglied ist für bestimmte Aufgaben zuständig.

Die gute Nachricht: Außerhalb des Unternehmens interessiert sich niemand für Bezeichnungen. Sie stehen in der Regel noch nicht mal auf den Visitenkarten. Welchen Titel man als Neueinsteiger auch bekommt, es stehen einem erfahrene Kollegen zur Seite. Zumindest theoretisch – in mittelständischen Unternehmensberatungen kann es schon mal passieren, dass Einsteiger direkt von der Uni zum ersten Kundengespräch nach Ungarn geschickt werden – allein. Bei den großen Strategieberatungen wie McKinsey oder BCG wäre das undenkbar. Das heißt aber nicht, dass Berufsanfänger dort keine Verantwortung tragen. Jedes Teammitglied ist für bestimmte Aufgaben zuständig, und auch von ihnen wird erwartet, dass sie diese selbstständig lösen und die Ergebnisse den Kollegen – oder sogar dem Vorstand – präsentieren.

Ein typisches Team besteht aus je einem Partner, Principal, Projektleiter, Analyst und zwei oder drei Consultants oder Associates, wobei Partner eher Strippenzieher im Hintergrund sind und Analysten hauptsächlich bei der Recherche helfen. Letztere gelten als die Nerds der Beraterbranche: Sie sind keine Unternehmensberater im klassischen Sinn, sondern hochgradig spezialisiert und werden in der Regel in einem getrennten Bewerbungsverfahren rekrutiert.

Ablauf

Zu Beginn des Projekts erarbeitet sich das Team einen ersten Überblick. Dabei geht es erst einmal um ganz allgemeine Fragen: Wie ist die wirtschaftliche Situation der Firma, und was will sie eigentlich erreichen? Welche Produkte werfen wie viel Gewinn ab? Wie groß ist der Markt überhaupt, und welche Spielregeln gelten dort? Welche Trends gibt es? Dazu werden nicht nur Manager und Abteilungsleiter der Firma befragt, sondern auch Kunden, Lieferanten und Wettbewerber interviewt.

Eine typische Aufgabe für Associates oder Junior Consultants, also Berater der untersten Hierarchiestufe, ist zum Beispiel die Marktanalyse: Welches potenzielle Volumen steckt im Markt, und wie sieht es in anderen Ländern aus? Welches sind die größten Wettbewerber der Firma, und wie rentabel sind sie? Was wünschen sich die Verbraucher? Welche Trends gibt es? Erster Anlaufpunkt für die Recherche sind interne Datenbanken. Die großen Unternehmensberatungen haben ganze Research-Abteilungen, die bei der Datenbeschaffung helfen oder Kontakte zu Branchenanalysten vermitteln. Beraterneulinge müssen aber auch in Fachzeitschriften stöbern, Mitarbeiter, Kunden oder Lieferanten befragen, im Internet recherchieren – und natürlich PowerPoint-Folien erstellen. Bei der Abschlusspräsentation soll jede Linie und jeder Aufzählungspunkt auf jeder Folie stimmen, nichts darf verrutschen. Wie in jeder Firma gilt: Solch unbeliebte Aufgaben werden gern nach unten delegiert. Wenn du als Berater einsteigst, darfst du dir zum Formatieren nicht zu schade sein.

Regelmäßig finden Teammeetings statt, in denen die einzelnen Ergebnisse präsentiert werden. Der Projektleiter fasst sie zusammen, und gemeinsam werden konkrete Empfehlungen erarbeitet, zum Beispiel: Produkt X und Produkt Y sind unprofitabel: Produkt X sollte aufgegeben, Produkt Y verbessert werden und Produkt Z fehlt noch im Portfolio. Die Firmenleitung bekommt aber keineswegs alles präsentiert, was die Berater erarbeitet haben. Viele Folien landen auch im sogenannten Backup-Stapel – für den Fall, dass Kunden noch nachfragen sollten. Man will ja vorbereitet sein.

Wie lange der Einsatz dauert, kann sehr unterschiedlich sein. Manche Projekte dauern wenige Wochen, andere mehrere Jahre. Üblicherweise arbeiten die Berater solange im Firmengebäude des jeweiligen Kunden, vier Tage pro Woche, von Montag bis Donnerstag. Freitags erledigen sie Papierkram in ihrem Heimatbüro: »Office Friday«4 heißt dieser Tag im Beratersprech.

Welchem Büro man als Neueinsteiger zugeordnet wird, entscheidet sich im Einstellungsgespräch. McKinsey legt seinen Beratern sogar Blankoverträge vor, in die sie selbst die Stadt ihrer Wahl eintragen können. Die Entscheidung ist aber beinahe nebensächlich, denn bei den großen Strategieberatungen kann grundsätzlich jeder von jedem Büro aus arbeiten: Laptop einstöpseln und los gehts. Einen festen Schreibtisch hat kaum jemand. Nach Absprache kann deshalb freitags auch von einem anderen Büro als dem eigentlichen Hauptsitz aus gearbeitet werden – oder auch von zu Hause aus.

Die freie Wahl des Arbeitsplatzes klingt ziemlich verlockend. Aber ergibt es eigentlich Sinn, Berater aus dem Münchner Büro jeden Montag nach Berlin zu fliegen und Berater aus dem Berliner Büro jeden Montag nach München? Wohl kaum. Für die Beratungsfirmen geht die Rechnung trotzdem auf: Wer von Montag bis Donnerstag im Hotel wohnt, fragt gar nicht erst nach einem frühen Feierabend. In den seltensten Fällen haben die Kunden ihren Sitz in der Innenstadt – was will man schon abends allein im Industriegebiet von Kleinkleckersheim machen? Also lieber Gas geben und sich auf Donnerstagabend freuen, wenn der Flieger in Richtung Heimatbüro startet. Das ist meist deutlich netter eingerichtet als das bei den Kunden. Für die Consultants muss schließlich erst mal ein freier Raum gefunden werden – in welchem Unternehmen stehen schon hübsche Räume leer? So gut wie jeder Berater hat eine Horrorstory auf Lager, die nachts in einem fensterlosen Abstellraum spielt. Wahlweise ist dort die Klimaanlage oder Heizung ausgefallen oder lässt sich nicht abstellen. In der Regel stürzt in dieser Geschichte der Computer ab.

Wurde ein Projekt erfolgreich abgeschlossen, werden die Karten für die Berater neu gemischt. Für jeden Einsatz werden neue Teams zusammengestellt. Das hat Vor- und Nachteile, je nach Betrachtungsweise: Jahrelang mit denselben Kollegen zusammenzuarbeiten und jeden Morgen im Büro dieselben Gesichter zu sehen, empfinden manche als Bereicherung, andere als Qual.

Üblicherweise können sich Neueinsteiger nicht direkt aussuchen, bei welchem Projekt sie gerne mitarbeiten möchten. Die Teams werden passend zu den Kundenwünschen zusammengestellt – die Wünsche der Berater kommen erst an zweiter Stelle. Bei den großen Strategieberatungen erwartet man von Berufsanfängern nicht, dass sie schon ein Spezialgebiet haben. Im Gegenteil: Es werden gezielt Generalisten gesucht. In den ersten zwei Jahren wirst du dort als Beraterneuling möglichst viele verschiedene Projekte kennen lernen – erst dann ist eine Spezialisierung erwünscht, zum Beispiel auf eine bestimmte Branche oder ein Fachgebiet. So gibt es Berater, die überwiegend Projekte aus der Automobilbranche oder aus dem Konsumgüterbereich übernehmen. Andere gelten als Spezialisten fürs Marketing und preisen mal Zahnbürsten an, mal Autos oder Windkraftanlagen.

Je länger Berater dabei sind, desto weniger haben sie mit der Staffing-Abteilung5 zu tun. Wer an welchem Projekt mitarbeitet, ergibt sich häufig aus früherer Zusammenarbeit oder persönlichen Gesprächen. Es zahlt sich also – auch für dich als Einsteiger – aus, einzelne Projektleiter gezielt anzusprechen und Interesse an der Mitarbeit im Team zu signalisieren. Networking gehört zum Berateralltag!

[Bild vergrößern]

Up or Out, Grow or Go