Corvo - Spiel der Liebe - Don Both - E-Book

Corvo - Spiel der Liebe E-Book

Don Both

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Beschreibung

Corvo – Spiel der Liebe Isabella Parker ist zweiunddreißig Jahre alt und hat als erfolgreiche Staatsanwältin beruflich alles erreicht, was man erreichen kann. Privat sieht es ganz anders aus – sie braucht keine Liebe, keine Freunde und keine Familie. Sie ist gern Einzelgängerin, bis sich, im (Zwangs)Urlaub ihre und die Wege des charismatischen Luca kreuzen, der ihr zeigt, was es heißt zu leben. Einerseits hat sie so einen aufmerksamen, charmanten und attraktiven Mann noch nie getroffen, doch andrerseits existiert da eine dunkle Seite – eine, die ihr zum tödlichen Verhängnis werden könnte. Als sie davon erfährt, ist es bereits zu spät und sie den subtilen Verführungskünsten des mysteriösen Fremden verfallen. Womit der erste Zug seines Spiels vollbracht wäre. Der etwas andere Don Both Roman ... Abgeschlossene Romanze/Erotik/Thriller

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Seitenzahl: 385

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Corvo – Spiel der Liebe

Deutsche Erstausgabe Dezember 2014

© Don Both

Bisher von Don Both erschienen:

Immer wieder samstags

Immer wieder samstags – reloaded

Immer wieder Verführung

The Tower – Mad Love

The Tower – Bad love

[email protected]

https://www.facebook.com/pages/DonBoth/248891035138778

Alle Rechte vorbehalten!

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages. Personen und Handlungen sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Lektorat: Mandy Heskamp; Sofia Petruschka

Korrektorat: Sophie Candice

Weitere Mitwirkende: Nicole Zdroiek, Louisa Beele

Cover: Sabrina Dahlenburg

Erschienen im A.P.P.-Verlag

Peter Neuhäußer

Gemeindegässle 05

89150 Laichingen

ISBN e-book Mobi: 978-3-945164-91-4

ISBN e-book: 978-3-945164-92-1

ISBN Print: 978-3-945164-93-8

Dieser Roman wurde unter Berücksichtigung der neuen deutschen Rechtschreibung verfasst, lektoriert und korrigiert.

Über das Buch:

»Soll ich gehen?«, fragte er und seine Stimme war so heiser, dass sich ein warmes Glühen zwischen meinen Beinen bemerkbar machte.

Selbst wenn ich gewollt hätte, meine Hände wären nicht in der Lage gewesen ihn loszulassen. Atemlos schüttelte ich den Kopf, denn ich war mir sicher, dass meine Stimme genauso versagen würde wie mein gesunder Menschenverstand. Ich sollte ihn wegschicken, das hier beenden. Fremde so nah an mich ranzulassen, war gefährlich. Aber leider … war es bereits zu spät.

Ich sah genau, wie sich sein Mundwinkel hob.

»Gut ...« Und mit diesem gehauchten Wort platzierte er einen weiteren Kuss auf meine Lippen …

Mein Schicksal war besiegelt.

Isabella Parker ist zweiunddreißig Jahre alt und hat als erfolgreiche Staatsanwältin beruflich alles erreicht, was man erreichen kann. Privat sieht es ganz anders aus – sie braucht keine Liebe, keine Freunde und keine Familie. Sie ist gern Einzelgängerin, bis sich, im (Zwangs)Urlaub ihre und die Wege des charismatischen Luca kreuzen, der ihr zeigt, was es heißt zu leben.

Einerseits hat sie so einen aufmerksamen, charmanten und attraktiven Mann noch nie getroffen, doch andrerseits existiert da eine dunkle Seite – eine, die ihr zum tödlichen Verhängnis werden könnte.

Als sie davon erfährt, ist es bereits zu spät und sie den subtilen Verführungskünsten des mysteriösen Fremden verfallen.

… womit der erste Zug seines perfiden Spiels vollbracht wäre.

Der etwas andere Don Both Roman ...

Abgeschlossene Romanze. Circa 300 Buchseiten lang.

Für Nicole und Tina,

weil ihr immer wisst, was ich meine,

selbst wenn ich es nicht weiß.

Prima Parte

Wellenrauschen

1. Prolog

Ich rannte um mein Leben.

Geradewegs das Feld hoch, zwischen den schier endlosen Wein-Reben entlang. Es gab nur einen Gedanken, der mich antrieb: Flucht. Egal wie sehr meine Waden brannten, egal wie sehr ich schwitzte, egal wie stark es in meiner Brust schmerzte, weil er mich so manipuliert und hintergangen hatte.

Er rief meinen Namen. Ich rannte schneller, stolperte, rappelte mich auf … und zwängte mich durch ein paar Reihen, damit er mich aus den Augen verlor. Ständig blieb ich hängen und zerrte mit aller Kraft an dem Oberteil, bis es riss. Als die Rebe mich freigab, stolperte ich nach hinten, fing mich und lief weiter.

Immer weiter … ich durfte auf keinen Fall anhalten und mich ergeben!

Zweige klatschten mir ins Gesicht, zerkratzten mir die Wangen. Die Panik vertrieb den Schmerz seines Verrates. Immer weiter nach oben auf das Haus zu, nicht stehen bleiben, nicht langsamer werden. Ich dachte nicht wirklich darüber nach, sonst hätte ich mir mit Sicherheit einen besseren Fluchtort ausgesucht.

Genau in dem Moment, als ich vom Feld auf den Hof des Anwesens stürmen wollte, bemerkte ich, dass es hinter mir raschelte und er doch aufholte. Mit einem italienischen Fluch, den er mir quasi ins Genick schleuderte, riss er mich so fest am Arm zurück, dass meine Zähne schmerzhaft aufeinander schlugen. Noch ehe ich schreien konnte, legte sich eine Hand steinhart über meinen Mund.

»Warte!«, fauchte er atemlos in mein Ohr und da hörte ich es: Stimmen. Viele männliche Stimmen und das Knirschen von Schritten, Keuchen und … weibliches Weinen?

Geschlagen schloss ich die Lider. Ich wusste ganz genau, wo ich hineingeraten war – und zwar mittenrein. Ich hatte keine Chance, aus dieser Sache lebend rauszukommen.

»Verdammt!«, spie er aus … dann fühlte ich, wie er sich herabbeugte, und mit seinen Lippen drängend an meinem Nacken wisperte. »Vertrau mir!«

Er schob mich die restlichen fünf Schritte, die uns vor den Augen der anderen verbargen, vor und somit raus aus unserem Versteck, den Verbrechern direkt vor die Nase. Vertrau mir, hatte er gesagt.

2. Kapitel 1

Das Rauschen der Wellen hat etwas an sich, was einen im tiefsten Kern beruhigt. Es ist so ein beständiges Geräusch, so leise, so sanft und doch steckt eine unbändige, ungeahnte Kraft dahinter. Auf der Oberfläche bäumt sich das Meer auf, aber unter Wasser ist alles ruhig – still – friedlich.

Da ich nicht schwimmen wollte und auch ungern nass wurde, blieb mir nichts anderes, als mir weiterhin vorzustellen, wie es wäre, einfach mal abzutauchen und die Welt hinter sich zu lassen … Deswegen war ich hier – in meinem ungewollten Urlaub – und es gelang mir unerwartet gut, zumindest momentan.

Der Druck, den ich jeden Tag mit mir rumschleppte, diese Angst zu versagen und alles zu verlieren, was ich mir mit Herzblut und all den aufgebrachten Opfern erarbeitet hatte, war daheim allgegenwärtig.

Hier war es anders.

Es roch anders – salzig und rein. Der Wind auf meiner Haut fühlte sich warm und sanft an, ich konnte meine Zehen in den von der Nacht ausgekühlten Sand graben. Möwen kreisten über meinem Kopf und stritten sich lautstark. Ich beobachtete, wie sie dem Wind trotzten und gegen den Strom flogen. Als ich diesem Schauspiel beiwohnte, zog ein leichtes Lächeln meine Mundwinkel nach oben.

Das war etwas, was ich mich nie getraut hatte. einfach auszubrechen. Jetzt hatte ich es getan.

Gezwungenermaßen, wohlgemerkt. Mir würde ein Ende als frustrierte Karrierefrau bevorstehen, die nichts vom Leben erzählen kann, weil sie nie wirklich gelebt hat … Dies waren die düsteren Prognosen meines Chefs – Peter Keller – gewesen, mit denen er mich förmlich aus dem Büro gescheucht hatte. Er ließ mir keine Wahl, der entschlossene Ausdruck auf dem pummeligen Gesicht sprach Bände, genauso wie die geballten Fäuste. Nur die Mistgabeln und Fackeln fehlten.

Die anderen Mitarbeiter ließen es sich natürlich nicht nehmen, in tosenden Jubel auszubrechen, sobald die Glastür hinter mir ins Schloss gefallen war. Ich war nicht die beliebteste Kollegin, denn ich beteiligte mich nicht am gängigen Klatsch und Tratsch. Genau genommen war ich eher der Mittelpunkt dessen, was mich aber nicht im Geringsten störte. Dies zeigte mir lediglich ihre Missgunst. Was scherte es mich, wenn Menschen mit sich selber so unzufrieden waren, dass sie sich gezwungen fühlten, auf die vermeintlichen Schwächen anderer hinzuweisen, um von sich selbst abzulenken? Ich wusste um meine Stärken, deswegen interessierte es mich nie, was andere sagten. Abgesehen von meinem Chef – weil er eben der Chef war.

Also fand ich mich hier vor – am Meer, in Italien – bereit für das Abenteuer meines Lebens. Peter hatte es mir prophezeit, was ich nur mit einem spöttischen Schnauben registriert hatte … Deswegen fiel mein Grinsen beim nächsten Gedanken mehr als ironisch aus.

Ich bin bereit … Bestimmt nickte ich und schlang die Decke enger um meine Schultern. Gleich würde es passieren. Mit einem großen Knall und lauten Fanfaren würde das Schicksal zuschlagen.

Nichts geschah, abgesehen davon, dass eine Möwenbombe direkt vor mir im Strand einschlug. Einen Meter weiter und das Federvieh hätte mich mit seinen Ausscheidungen getroffen!

Angeekelt sprang ich von der Liege auf und umrundete das schleimige Objekt, das grau-weißlich und mit Gräten versehen vor mir im Sand thronte. Ich überlegte, ob es jetzt Zeit für einen Fluch wäre, als ein weiterer warmer Haufen herabschoss und direkt in meinen Haaren landete!

In dem Moment nahm ich ein Plätschern und ein leises Lachen wahr, das in so eine vermeintliche Idylle nicht reingehörte, und blickte nach rechts ...

Da schwamm jemand! Zwischen den aufbrausenden Wellen und das um diese – um meine – Uhrzeit! Als passenden Zeitpunkt, um den Strand aufzusuchen, hatte ich mich für den frühen

Morgen entschieden. Da war die Wahrscheinlichkeit am geringsten, einer Menschenseele zu begegnen. Der Plan war wohl kläglich gescheitert.

Ich erkannte nichts weiter als einen dunklen Haarschopf, der sich mir in rasanter Geschwindigkeit näherte … näherte! Und ich hatte Vogelkot auf dem Kopf!

Bevor sich mein Körper für Kampf oder Flucht entscheiden konnte, war er schon zu nah und stieg aus den Wellen. Sein Blick war nach unten gerichtet, deshalb konnte ich nicht viel erkennen, außer einem markanten Kinn, inklusive Grübchen und einer von schwarzem Haar bedeckten Stirn. Breite Schultern waren das Nächste, was mir auffiel, gefolgt von einer klar definierten Brust und ein paar symmetrisch angerichteten Bauchmuskeln, einem trainierten V und ein paar Haaren, die sich ihren Weg in eine dunkelrote Badeshorts bahnten … Der Oberkörper war außerdem mit ziemlich heftigen und sehr auffälligen Tätowierungen bedeckt.

Ganz toll! Italiens persönlicher Poseidon muss natürlich aus den Fluten steigen, wenn die holde Maid ein Krönchen aus Vogelexkrementen trägt.

Bei meinem Glück war das klar gewesen!

Auch wenn es mir um die Decke leidtat, stülpte ich sie mir unauffällig über den Kopf, als sich sein Blick hob, mich für einige Sekunden blendete und ein unglaublich freches Grinsen seine Mundwinkel kräuselte.

Der machte sich lustig! Über mich!

Sogar seine hellen Augen funkelten dabei verwegen! Der Typ ahnte nicht einmal, mit wem er es zu tun hatte! Über mich machte man sich nicht lustig, auch wenn ich aussah wie eine verfrorene Squaw, bis oben hin eingewickelt in meine dunkelblaue Lieblingskuscheldecke.

Mein Blick wurde auf volle Lippen gelenkt, die sich gerade noch weiter nach oben verzogen und eine Reihe strahlend weißer Zähne offenbarten, welche sich ausnehmend gut in dem gebräunten, markanten Gesicht ausmachten.

»Guten Morgen«, grüßte er mich zu allem Übel auch noch mit tiefer, leiser und irgendwie neckender Stimme, und ich fragte mich, woher er wusste, dass ich auch Deutsche war.

Bevor mir auch nur der Ansatz einer Antwort außer einem Bist-du-irre-Blick?! einfiel, hob er ein blaues Handtuch auf, rubbelte sich damit eher nachlässig über die Brust und marschierte zu einem der kleinen Holzstege, die hier überall die Strände pflasterten. Als ich die Tätowierung auf seinem Rücken erblickte, verschlug es mir die Sprache, ja, mir entkam sogar ein leises Keuchen.

Selbstsicher bahnte er sich seinen Weg zwischen all den Liegestühlen vorbei, mit dem Handtuch lässig über die Schulter geworfen, und verschwand schließlich in dem angrenzenden Wäldchen, das den Strand von den unzähligen Ferienhäusern und Hotels trennte.

»Von wegen, guten Morgen«, nuschelte ich grimmig vor mich hin, während sich mein Blick merkwürdigerweise, immer noch an die Stelle heftete, wo er verschwunden war.

***

Gottseidank hat keiner etwas von meinem neuen Haargel bemerkt … dachte ich, als ich genervt die Tür meiner Suite hinter mir schloss. Auf direktem Wege begab ich mich unter die Dusche – ging also nicht über Los – und begann den Kampf gegen den Vogelkot.

Bis mir auffiel, dass mich etwas anderes weitaus mehr störte. Obwohl ich nur mit den Füßen im Sand gewesen war, klebte er überall, sogar zwischen meinen hinteren Backen! Verstört sah ich dabei zu, wie er gurgelnd im Abfluss verschwand und überlegte, wann ich das letzte Mal irgendwo barfuß entlang gelaufen war …

Das war als kleines Mädchen … im Schwimmbad … Mit Mama … Ich sehe sie noch auf mich herablächeln, ich halte ihre warme Hand ... Wenn ich an sie dachte, war der Stich in meinem Herzen allgegenwärtig, aber ich hatte gelernt, damit umzugehen, um mich an sie erinnern zu können, ohne in Tränen auszubrechen. Sie hatte Krebs, als wir es herausfanden, war es zu spät. Es waren grausame sechs Monate – nach denen sie froh war, endlich erlöst zu werden. Genauso war es mit Papa, der nur ein Jahr nach ihr ging – mit den beiden, war mein einziger Halt verschwunden und das im Alter von jungen zweiundzwanzig Jahren.

Ich hatte keine Geschwister und aus Zeitmangel auch keine Freunde. Man muss sich irgendwann entscheiden, für einen Lebensstil, für eine Weltanschauung, für einen Weg und das am besten schon in jungen Jahren. Ich hatte mich entschieden. Für die Sicherheit, dafür, dass ich niemals Geldmangel haben würde, dafür, dass ich mir alles leisten konnte, was ich wollte. Dafür, dass ich meine Ruhe hatte.

Eines hatte ich dabei aber nicht bedacht: Alles Geld der Welt bringt nichts, wenn einem die Zeit dazu fehlt, es auszugeben. Nach vier Jahren, ohne einen einzigen freien Tag hatte ich eine Rechnung erhalten, die man mit keinem Geld der Welt bezahlen kann. Ich war krank geworden. Burn-out. Ganz toll!

Wer Karriere machen will, hat kein Recht auf Privatleben und das wollte ich schon immer, deswegen war ich es gewöhnt, keine Zeit zu haben. Jetzt hatte ich elend lange vier Wochen vor mir, ganz ohne mein Baby (also meinen Laptop), nur mit mir allein. Mich grauste es – zutiefst.

Bereits nach der Dusche wusste ich nicht, was ich mit mir anfangen sollte und so schlenderte ich durch das kleine, aber saubere Hotelzimmer … und strandete schließlich vor dem Fernseher.

Das Vormittags-Programm erschütterte mich. Bereits nach einer Stunde vom Glauben an die Menschheit abgekommen, schaltete ich den Fernsehapparat aus und entschied, Shoppen zu gehen. Ich brauchte intelligentes Kopfkino, um die zwei Wochen zu überstehen! So viel war klar!

Dumpf versuchte ich mich an ein Buch zu erinnern, welches ich mit vierzehn verschlungen hatte. Es war so beeindruckend gewesen, dass ich mir vorgenommen hatte, es später noch einmal zu lesen. Dann, wenn die Handlung in Vergessenheit geraten sein würde, um den puren Lesegenuss noch einmal zu erfahren. Wieder so ein Plan, der zum Scheitern verurteilt war. Denn während ich durch den ›Supermercato‹ stapfte, ärgerte ich mich unentwegt, weil mir nun natürlich auch der Titel beim besten Willen nicht einfallen wollte. Ich wusste nur, dass es dort um Tränke ging … Irgendwelche Lebenstränke und eine Geschichte in einer Fantasiewelt, die mich sprachlos zurückgelassen hatte …

Auch nach fünf Minuten fiel es mir nicht ein und so entschied ich mich für eine bunte, spontane Survival-Pack-Mischung. Einen Klassiker – Kundera, noch ein Klassiker – also Follett – die kamen ganz oben in den Einkaufswagen. Etwas über eine Vampirbrüderschaft, über Feen und Highlander – in die Mitte. Und eine Sexgeschichte – die kam gaaaaaaaaanz nach unten, damit keiner merkte, welche anrüchigen Werke ich kaufte. Man soll immer offen für Neues sein, aber es muss ja nicht jeder mitbekommen.

Dazu das gesamte Kekssortiment und Mineralwasser. Voilà!

***

Mit dieser Überlebensausrüstung bewaffnet, fand ich mich nach dem Verzehr eines leichten Salates mit Putenstreifen am Strand wieder. Jeder einzelne Liegestuhl war nun besetzt, jeder Schirm geöffnet, wieso musste ich auch gerade zu Anfang der Hochsaison zwangs-urlauben? Ich versuchte mich, trotz des Kinder- und Verkäufergeschreis, das konstant um mich schwirrte, zu entspannen und in die Welt eines tschechischen Arztes einzutauchen. Das Buch hielt ich dabei hoch, damit jeder sah, was für eine zivilisierte, intelligente Frau hier saß, die ihre Ruhe wollte.

Räuspern half nicht. Auch keine Todesblicke.

Als ein Ball auf meinem Kopf landete, war es vorbei mit der Hoffnung auf Erholung. Von dem Kokosspalten-Verkäufer wurde ich bei meinem strategischen Rückzug auch noch laut schreiend verfolgt. »Cocco! Cocco-Bello! Bello-Cocco!«, rief er. Das heißt Bella!, dachte ich und rannte schneller, sodass ich letztendlich total gehetzt im Hotel ankam und mein erster Gang erneut in die Dusche führte, so verschwitzt und müde, wie ich nach dem ersten Tag Urlaub war.

Das war wohl nichts … überlegte ich griesgrämig, als ich am Abend im Bett lag und aus der offenen Balkontür auf eine dunkle Häuserwand hinaus starrte … Na ja, nicht jeder braucht Meerblick ...

Außerdem dachte ich sowieso an ungewohnt helle Augen in einem gebräunten Gesicht.

3. Kapitel 2

Schlafen konnte ich nicht mehr, dank ungefähr eintausend fies juckender Mückenstiche und das nach nur wenigen Stunden. So führte mich mein erster Weg in die 24-Stunden-Apotheke. Wieso schreiben die eigentlich nicht in die Reiseführer, dass man sich mit Mückenspray eindecken soll, wenn man hier Urlaub macht? Ich empfand das schon fast als gemeine Irreführung und gefährlich für das seelische und leibliche Wohlergehen. Frisch eingesprüht, wobei ich an den Dämpfen fast erstickt wäre (wozu es übrigens auch keine Warnung gab), fand ich mich diesmal schon um fünf Uhr früh am Strand wieder.

Der Sand, der gestern noch von unzähligen Füßen aufgewühlt worden war, hatte sich wie von Zauberhand geglättet. Gäbe es hier keine verlassenen Liegestuhlkolonien, sähe dieser Ort aus, als wäre er noch nie von einer Menschenseele betreten worden. Die Vorstellung gefiel mir.

Vorsichtshalber spannte ich den Sonnenschirm über mir auf, bevor ich mich auf die Liege setzte und mich gemütlich in meine Decke einkuschelte. Heute war ich sogar so früh da, dass ich der Sonne dabei zusehen konnte, wie sie sich orange-glühend über den Horizont schob. Der Anblick war erhebend, ich überlegte, ihn zu fotografieren, ließ es dann aber, denn ein Foto kann niemals die Schönheit einfangen, die sich wirklich vor einem ausbreitet. Genauso wenig, wie den Geruch, die Temperatur oder die innere Ausgeglichenheit, die ich in diesem Moment spürte. Ich atmete tief durch und schloss die Augen … lächelte sanft und fühlte, wie die ersten Strahlen über mein Gesicht krochen und es wärmten.

Als ich die Lider wieder öffnete, wusste ich, dass ich nicht mehr allein war …

Er schwamm seine Runden im offenen Meer, mit der aufgehenden Sonne hinter ihm. War er heute etwa auch früher hier? Wie auch immer, ich fand nicht die nötige Energie, um mich darüber aufzuregen. Seufzend schmiegte ich mich stattdessen enger in die flauschige Decke und sah seinen kraftvollen Bewegungen zu, musterte, wie das Wasser um ihn spritzte. Ich fühlte mich wie eine Stalkerin aus dem Fernsehprogramm und doch konnte ich den Blick nicht von ihm lösen. Erst recht nicht, während er schließlich aus dem Wasser stieg und dabei wie nebenbei den Kopf hob.

Als er mich erblickte, lächelte er. Die Härchen in meinem Nacken stellten sich auf, gleichzeitig wurde es warm in meinem Bauch.

Er schmunzelte in sich hinein und ging, ohne mit mir zu sprechen, aber diesmal drehte er sich noch einmal nach mir um – ich tat so, als würde ich mich gar nicht für ihn interessieren und starrte stur geradeaus.

***

Am nächsten Morgen ging es genauso und die darauffolgenden auch.

Pro Tag las ich ein Buch – auf meinem Balkon. Am Strand war es mir zu voll und auch zu heiß – außerdem ging ich dem penetranten Kokosnuss-Handtücher-Massagen-Schmuck-Verkäufern aus dem Weg … Die grandioseste Idee eines der Abzocker bisher war ein mit Sand gefüllter und mit aufgeklebten Augen verzierter Luftballon. Juhu!

Jeden Abend schlief ich unzufriedener ein, die Klimaanlage knatterte zu laut, die Leute feierten zu ausgelassen vor meinem Fenster, und ständig verhedderte ich mich in dem dünnen Laken, das die Decke darstellte und völlig unzureichend war. Zur Beruhigung stellte ich mir vor, dass ich vielleicht irgendwann ins Wasser und möglicherweise sogar schwimmen könnte. Aber genau dies hatte ich schon so lange nicht mehr getan, sodass ich nicht wusste, ob ich es überhaupt noch konnte. Außerdem wäre er dann sicher auch da und es wäre aufdringlich, einfach zu ihm ins Wasser zu steigen ... Und das war ich nicht, vielmehr eine Liebhaberin der natürlichen Distanz. Körperkontakt war nichts für mich … war es nie gewesen und würde es auch nie sein. Die paar Erfahrungen, die ich mit Männern gemacht hatte, waren weder erfüllend noch schön ausgefallen.

Mit achtzehn hatte ich den Sex ausprobiert, weil man das eben so macht. Ich fand es schmerzhaft, langweilig und auch ein wenig ekelhaft. Beim zweiten Versuch war es sogar noch schlimmer, aber aller guten Dinge sind bekanntlich drei, oder? Beim letzten Mal mit meinem festen Freund war es dann ein komplettes Desaster. Er stöhnte mir viel zu laut ins Ohr, hatte Knoblauch gegessen und keine Ahnung, was er mit meinen Brüsten anstellen sollte, war angeheitert und unkoordiniert, woraufhin ich einen hysterischen Lachanfall beim besten Willen nicht mehr zurückhalten konnte …

Das war mein letzter Sex – und kurz darauf trennte ich mich von David. Es verlief zum Glück alles ohne große Komplikationen und Dramen.

Normalerweise war ich seitdem damit zufrieden, keine Beziehung zu haben. Männer interessierten mich nicht.

Ja, genau … deswegen fiel ich ja auch aus allen Wolken, als ich am vierten Tag am Strand ankam und weder die Sonne noch er da waren …

***

Es macht mir überhaupt nichts aus, dachte ich und versuchte, das Gefühl der Ruhe und Zufriedenheit wieder herzustellen, das mich hier sonst heimsuchte. Ohne Erfolg. Egal wie sehr ich mich konzentrierte, das Rauschen der Wellen war zu laut, der Wind zu stark und der Sand zu kalt. Blöd.

Da kann ich es doch gleich mal probieren, oder? Das Schwimmen … Hab ja sonst nichts zu tun … jetzt, wo ich niemanden beobachten kann und ich mache mich auch nicht lächerlich, wenn ich untergehe wie ein Stein!

Genau!

Entschlossen stand ich auf und ließ meine Decke auf dem Stuhl zurück, mein dunkelblaues Kleid zog ich mir schnell über den Kopf und legte es darauf. Gut, dass ich einen schwarzen, schlichten Triangel-Bikini drunter trug und mich sogleich wagemutig in die Wellen schmeißen konnte ...

Es war ganz gut, dass er nicht da war, denn so sah er nicht, wie ich die Zähne zusammenbiss, als ich einen Zeh vorsichtig ins Wasser streckte und meinen Oberkörper umarmte, um ein Frösteln zu unterdrücken. Also angenehm ist definitiv anders … Von wegen wunderbar warmes Mittelmeer! Alles Lügen!

Doch einmal unbeobachtet und das ganze, große Meer für mich allein, wollte ich auch keinen Rückzieher machen. Wenn ich wirklich noch schwimmen konnte und er morgen wieder auftauchte ... würde ich es vielleicht wagen und zu ihm ins kalte Wasser springen. Vielleicht sogar ein wahres Gespräch anfangen, mit einem Fremden! Oh ja! Manchmal ging es mit mir durch und ich wurde richtig draufgängerisch in meinen Gedanken!

Wagemutig bahnte ich mir meinen Weg. Sobald meine Füße komplett im kühlen Nass eingetaucht waren, ging es sogar – also ich erstarrte nicht sofort zur Eisstatue. An den Oberschenkeln wurde es dann noch mal kritisch und ich beugte mich vor, um meinen Bauch zu bespritzten und schon mal etwas an die eisige, unmenschliche Kälte zu gewöhnen. Dabei war ich froh, dass der Boden wunderbar sandig blieb – egal wie weit ich mich hineinwagte – und mir nicht ein Krebs in den Zeh zwickte oder eine Qualle mich mit ihren langen Tentakeln vergiftete … Haie gab es hier nicht, davon hatte ich mich natürlich umfassend überzeugt, bevor ich hierhergefahren war. Soll heißen: Ich hoffte, dass die Reisebegleiter wenigstens in diesem einen Punkt die Wahrheit verbreiteten!

Sobald ich mit dem Bauch eingetaucht war und es darum ging, meine Brust mit dem Wasser bekannt zu machen, dachte ich, ich würde einen Herzinfarkt erleiden, weil es so verdammt kalt war.

Eine Welle klatschte mir unerwartet direkt ins Gesicht und so bekam ich die erste Ladung Salzwasser meines Leben ab. Es war ekelhaft! Nachdem ich fertig gespuckt und gewürgt hatte, war ich pitschnass, also tauchte ich gleich ganz unter. Dabei hielt ich mir natürlich die Nase zu und die Augen fest geschlossen. Es brannte trotzdem, als ich wieder hochkam. Wie konnten die Menschen hier nur freiwillig schwimmen? Es war salzig, kalt und ... vielleicht machte es sogar blind!

Na ja …

Jetzt war ich schon mal drin und so konnte ich gleich zum nächsten Schritt übergehen. Zaghaft übte ich die laut Lehrbuch zum Schwimmen benötigte Bewegung ein paar Mal mit den Armen. Ich wusste es noch, hob ein Bein, auch das andere und siehe da! Ich schwamm! Auf den Wellen, mit den Wellen, im Meer!

Bei dem ersten erleichterten Lachen schwappte mir allerdings wieder Salzwasser in den Mund, und nachdem ich noch eine Runde gewürgt hatte, entschied ich, künftig mit geschlossenem Mund zu lächeln und meiner Freude so Ausdruck zu verleihen, während ich vor mich hin paddelte. Die körperliche Betätigung tat mir gut, lockerte und entspannte mich ziemlich.

Das würde ich ab jetzt jeden Morgen tun, so viel stand fest!

Dann berührte mich etwas am Fuß … es streifte mich nur, aber das war schon immer eine meiner grausamsten Horrorfantasien gewesen: Du, ganz allein im Wasser, etwas berührt dich und kommt aus undurchsichtiger Tiefe, du weißt nicht, was es ist, es könnte dich jede Sekunde mit hinabreißen … also … schrie ich aus Leibeskräften und schluckte dabei Wasser.

Anstatt die vom Lehrbuch und allen Baywatch-Darstellern empfohlenen Bewegungen zu vollführen, ging ich unter, kämpfte mich wieder hoch und ging soff gleich noch mal ab. Schließlich konnte ich mich nicht auf derart viele Dinge gleichzeitig konzentrieren, wie nicht zu ersticken, die Panik zu unterdrücken und noch dazu Schwimmbewegungen zu machen. Das Wasser war überall, vor allem in meiner Lunge, die ganz nebenbei zu platzen drohte, und meine Arme und Beine wurden vom vielen Umherfuchteln und Strampeln nach ein paar Minuten, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten, ganz schwach …

Super Idee, Isabella … Wirklich … Du wirst ertrinken und keiner ist da, um dich zu retten! Was für ein Abenteuer!

Gerade als mir schwarz vor Augen wurde, fühlte ich kräftige Finger, die sich fest um mein Handgelenk legten und mich hochzogen …

4. Kapitel 3

»Komm schon!« Die Lippen auf meinen waren warm … und anschmiegsam. Ein Körper ragte über mir auf. Hände drückten auf meine Brust – immer und immer wieder und sehr fest. Sie brachten mich zum Stöhnen – ganz ohne mein bewusstes Dazutun. Was er tat, war schmerzhaft, so extrem, dass mir die Tränen in die Augen schossen ...

Der Schmerz ließ mich bemerken, wo ich war: Ich lag im kühlen Sand und kalter Wind streifte über meinen nassen Körper.

Ach und ich erstickte!

In meiner Brust brannte es, als wäre dort das Höllenfeuer gefangen.

Wieder senkten sich diese Lippen auf meine … wieder folgte dieses brutale Pressen. Ein Schwall salzigen Wassers, das sich wie eine Ladung Kieselsteine anfühlte, schoss unerwartet meine Luftröhre hoch. Gerade so konnte ich den Kopf wegdrehen, damit es sich in den Sand neben mir ergoss, und noch einer und noch einer … Ich würgte und hustete und würgte noch mehr.

Es tat weh!

Ich hustete gequält unzählige Tränen sammelten sich in meinen Augen, ich glaubte tatsächlich zu sterben, wartete halb auf den Film, der sich, zumindest von Nahtod erfahrenen Menschen so beschrieben, vor dem inneren Auge einstellt und noch einmal alle Stationen des Lebens zeigt, als meine Lungen plötzlich von wunderbarer, frischer Luft geflutet wurden.

Umgehend brach ich erschöpft in mich zusammen, Tränen benetzten mein Gesicht und mein Hals fühlte sich an, als hätte ihn jemand als Käsereibe benutzt.

»Grazie a Dio«, murmelte eine männliche Stimme nah an meinem Ohr. Irritiert runzelte ich die Stirn und versuchte, durch die salzigen Schwaden in meinem Hirn zu erfassen, was gerade vor sich ging, und vor allem, wer sich schwer atmend neben mir im Sand niederließ. Ich hatte eine böse Vorahnung, die sich bewahrheitete, sobald er weitersprach.

»Alles okay?«, fragte er nicht weniger besorgt klingend als gerade eben und strich auch noch die dunklen, mit Sand verklebten Haare aus meinem Gesicht. Im nächsten Moment fühlte ich mich, als würde mich ein Scheinwerfer anstrahlen. Seine Augen waren grün, aber nicht so ein langweiliges Froschgrün, sondern mit einem Hauch Grau darüber, definitiv zu hell im Gegensatz zu der braun gebrannten Haut und dem nachtschwarzen Haar. Lachfältchen an seinen Augenwinkeln zeugten davon, dass er sich öfter über andere amüsierte, so wie über mich am ersten Morgen. Momentan wirkte er jedoch alles andere als amüsiert. Sein strahlender, besorgter und eindringlicher Blick aus nächster Nähe fuhr mir bis in die Knochen und blendete mich einige Sekunden geradezu.

»K-keine Ahnung ...«, murmelte ich stotternd und bettete die Wange abgekämpft in den Sand – mir war so kalt! Sein Körper – der halb auf mir lag, nebenbei bemerkt! –, war warm und fast nackt … Eine empörende Situation, die es sofort zu beseitigen galt! »K-kannst du b-bitte runtergehen?« Jawohl … ich war so neben mir, dass ich sogar unhöflich wurde und einen Fremden duzte!

»Nein«, knurrte er in mein Ohr.

»N-nein?« Irritiert versuchte ich ihn anzusehen, wurde aber wieder von diesen komischen Augen geblendet. »W-wieso nicht?«

Ich folgte seinem grimmigen Blick und sah eine vierköpfige Familie neben uns stehen, ganz begeistert von meiner Rettung, mit Videokamera und zwei Kindern im Schlepptau. Hatten die das alles etwa gefilmt? Oh super, morgen würde also jeder bei YouTube sehen können, wie Isabella Parker, alias das ungeschickte Walross, am Strand wiederbelebt wurde … Prompt fühlte ich mein Gesicht heißer werden.

»W-was jetzt?«

»Beweg dich einfach nicht!« Er klang so verbissen, wie ich mich fühlte.

»O-okay ...«, meinte ich leichthin und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wenn du es so nötig hast!«

»Ich bleibe liegen, um dich zu wärmen!« Er sah mich an, als wäre ich verrückt geworden. Oh Gott! Am liebsten wäre ich im Sand unter mir versunken! Dieser Fremde versuchte immer noch, mein Leben zu retten … und ich hatte gedacht, er würde perversen Gelüsten nachgehen.

Mit einem Schnauben glitt er von mir runter, und ehe ich mich versah, hatte er mich schon auf die Füße gezogen. Jetzt wusste ich, wieso er mich mit seinem Körper förmlich umklammert hatte.

Sobald er weg war, fing ich an zu beben. Ich konnte kaum gehen und ihn erst recht nicht abwehren, als er mir tatsächlich das Oberteil aufzog und vom Körper zerrte, ohne das darunterliegende, eiskalte Fleisch eines Blickes zu würdigen.

»Verbrauche deine Energie nicht fürs Diskutieren!«, forderte er kühl und leise. Wie schaffte er es nur, mich so schnell zu entkleiden und … sich selbst auch! Als ob so wenig Stoff etwas ausgemacht hätten, wenn er nass an mir klebte!

Dann schob er mich zu einer Liege und darauf … Im nächsten Moment hatte er seinen riesigen Körper hinter mir platziert, quetschte sich förmlich an mich und schlang meine kuschelige Decke eng um uns. Ziemlich abgelenkt von einigen harten Tatsachen bemerkte ich, dass er bereits ein Handy am Ohr hielt und schielte über meine Schulter.

Mir fielen seine Finger auf, sie waren lang und manikürt – im Großen und Ganzen wirkte er äußerst gepflegt. Der Wind war eisig, er zog die Decke über meine Schulter und rieb über meinen Arm, wobei er in fließendem Italienisch irgendwelche sehr ruhigen und sachlichen Anweisungen gab und mich nicht aus den wachsamen Scheinwerfern ließ.

Er war wie ein harter und dennoch anschmiegsamer Ofen. Seine Brust wurde ziemlich heiß in meinem Rücken und seine Körperwärme brachte mich dazu, mich unwillkürlich, ein wenig zu entspannen. Sogar so sehr, dass sich mein Kiefer entkrampfte. Diese Lage war absolut unangebracht! Und ich protestierte dennoch nicht!

So kam es dazu, dass ich halb nackt neben einem genauso halb nackten Mann irgendwo in Italien am Strand lag, während die Sonne nun ihre volle Pracht präsentierte und es mich nicht störte.

»Sie sind gleich da ...« Nachdem er aufgelegt hatte, warf er das Handy achtlos zur Seite, murmelte etwas auf Italienisch, drehte mich auf den Rücken und schob sich sofort wieder eng an mich, um auch meine Vorderseite aufzuheizen.

»Gleich wird es besser ...« Als würde er das jeden Tag tun, nahm er meine Hände zwischen seine und hauchte warme Luft hinein. Wegen dieser intimen Geste, stolperte mein Herzschlag … und ich versank in diesem besorgten, so irritierenden Blick.

»W... wer ist gleich da?«

»Der Krankenwagen.«

Nein!, wollte ich rufen!

»Shhh …«, forderte er jedoch und ich gehorchte, denn mir fehlte tatsächlich die Kraft.

***

Ich war genervt.

Genervt von dem Strand, genervt von dem Meer, genervt von den Möwen und erst recht von diesem ganzen (Zwangs)Urlaub. Die starrenden Touristen und Handtaschen-Hunde-Spaziergänger, die uns neugierig beäugten, trugen auch nicht zur allgemeinen Stimmungsaufhellung bei … Ebenfalls nicht die Tatsache, dass er irgendwann einfach nur den Arm um meine Schultern schlang, mich eng auf dieser kleinen Liege an sich zog, sodass meine Nase fast seine Brust berührte, den Kopf ablegte und die Augen schloss.

Einige Zeit musterte ich ihn störrisch, was im Nacken schmerzte, weil ich unbedingt wenigstens den Kontakt zwischen meinem Gesicht und seiner Brust vermeiden wollte. Einmal versuchte ich, mich von ihm wegzuschieben, doch der Arm um meine Schulter spannte sich an und vermittelte mir ohne Worte, dass ich keine Chance hatte. Missbilligend schnalzte er mit der Zunge und ich schnaubte frustriert auf.

Er lächelte grimmig, mit geschlossenen Augen und langen tiefschwarzen Wimpern auf hohen Wangenknochen. So, als würde er jeden Tag mit fremden Frauen am Strand liegen, denen er das Leben gerettet hatte, und als würde ihm das mehr als gefallen.

Vielleicht war er ja Rettungsschwimmer?

Er fragte nicht mal nach meinem Namen. Die intime Gesamtsituation schien ihm genauso wie sie war zu gefallen, während sich in meinem Bauch ein mulmiges Gefühl ausbreitete.

Für eine Person, die auf Körperkontakt keinen besonderen Wert legte, okay, okay, die ihn vehement strikt ablehnte, hätte das eigentlich die Hölle sein müssen, nur fühlte es sich ganz anders an.

Mit jeder Minute, in der sich die Sonne weiter über den blauen Himmel nach oben schob, wurde auch der Wind wärmer, der schließlich mein Haar trocknete und es dazu brachte, ihm ins Gesicht zu wehen. Eine einzelne Strähne kitzelte ihn an der Nase und er zog sie kraus, woraufhin ich tatsächlich ein mädchenhaftes Kichern unterdrücken musste. Erfolgreich natürlich, denn ich kicherte aus Prinzip nicht!

Er öffnete träge die Lider und sah mich forschend an. Unsere Blicke rasteten ineinander ein, schienen mit einem Mal wie füreinander geschaffen. Wieder wurde ich geblendet und hielt sogar kurzzeitig den Atem an, als er die Hand hob und die Strähne gemächlich hinter mein Ohr schob.

Das Möwengekreische drang in den Hintergrund und ich bildete mir ein, ein ganz besonderes Funkeln in diesen exotischen Augen ausmachen zu können.

Es war schön.

Ehe ich erfasst hatte, um welche Emotion es sich handelte, verdüsterte sich jedoch sein Blick merklich, seine Lippen pressten sich zu einem dünnen Strich aufeinander und er sah mit zusammengebissenen Zähnen von mir weg. Es war, als hätte er seine Gefühle mit Gewalt zum Rücktritt gezwungen.

***

Kurz darauf drang Sirenengeheul an meine Ohren und italienisch brabbelnde Sanitäter stürmten den Strand. Ich verfluchte meinen ›Retter‹, als er anordnete, mich tatsächlich ins Krankenhaus zu bringen – nur für alle Fälle! Alles klar!

Wie eine Sterbenskranke wurde ich auf eine Liege verfrachtet, er zog sich seine weiße Badehose an und schnappte sich mein Bikinioberteil und die Decke. Dann begleitete er mich bis in den Wagen hinein, ignorierte meine lautstarken Proteste und vereitelte jeden meiner Fluchtversuche, indem er mich mit einer Hand auf meiner Brust wieder auf die Bahre zurückdrückte.

»Gib endlich Ruhe!«, zischte er mir zu, als die Türen hinter uns zugingen. Er schlug mit der Faust gegen die Trennwand und schrie dem Fahrer etwas zu, woraufhin sich der Wagen sofort in Bewegung setzte und ich vor Schreck verstummte.

Im Krankenhaus angekommen bemerkte ich eher nebenbei, dass er Arzt war. Es war unverkennbar, allein schon, weil ich auf eine knappe Anweisung von dem Verräter in einem MRT landete! Wie lächerlich! Das konnte nur ein Arzt anordnen – bringt ja schließlich Geld! Dennoch ging er nicht von oben herab mit den Schwestern um oder behandelte sonst jemanden arrogant. Selbstsicher verteilte er auf Italienisch Anweisungen und wich mir nicht von der Seite. Es war mir … unangenehm und ich fühlte mich wie ein kleines Kind.

Es wurde alles noch schlimmer, weil ich kein Wort verstand und sich auch niemand die Mühe machte, wenigstens Englisch mit mir zu sprechen. Sie redeten alle nur mit ihm, was mich fast zum Explodieren brachte.

Nachdem ich die entwürdigendste Prozedur meines Lebens, inklusive Sauerstoffgabe, Röntgen und neurologischer Untersuchung, hinter mir hatte, durfte ich endlich die erlösenden Entlassungspapiere unterschreiben. Halleluja!

Sofort drehte ich mich um und ging mit einem »Arrivederci!«

»Nicht so voreilig!«, rief er mir hinterher, doch ich verlangsamte nicht meinen Schritt.

»Was wollen Sie denn noch von mir? Reicht Ihnen nicht mein Röntgenbild? Wissen Sie was, ich schenk es Ihnen! Aber lassen Sie mich jetzt bitte in Ruhe!«

In einer locker sitzenden Jeans und einem hellen Hemd (von irgendwoher) verfolgte er mich und wir sahen strahlendem Sonnenschein und endlosen Touristenkarawanen entgegen, sobald wir das Krankenhaus (meine persönliche Folterkammer) verlassen hatten.

Instinktiv hob er eine Hand, um seine Augen vor der Sonne zu schützen.

»So einfach kommst du mir nicht davon! Ich denke, ich habe einiges gut bei dir … Schließlich habe ich dir das Leben gerettet, also, wie wäre es mit einem Essen?«

Ich dachte mich verhört zu haben, wusste aber leider, dass es nicht stimmte – ich fand, mein Gehör funktionierte ziemlich gut. »Nein«, antwortete ich knapp und ging, in meine Decke eingewickelt, denn ich trug nichts weiter, als meinen Bikini, ein paar demonstrative Schritte von ihm weg.

Unvermutet tauchte er an meiner anderen Seite auf.

»Wieso nicht?«

Augen verdrehend beobachtete ich heimlich, wie er die Hände in die Hosentaschen schob. Die Tätowierungen an den Unterarmen bewegten sich mit dem Muskelspiel unter seiner Haut.

Ich musste härtere Geschütze auffahren! Dieser Mann schien ein einfaches ›Nein‹ nicht zu akzeptieren! Also blieb ich stehen, hielt die Decke mit einer Hand und fuhr mit der anderen über meine von dem gleißenden Sonnenlicht strapazierten Augen.

»Hören Sie mir zu! Ich danke Ihnen wirklich, dass Sie mich aus dem Wasser gezogen haben, aber ich habe kein Interesse an einer Verabredung.« Fest sah ich ihn an, wartete, dass die Information einrasten würde, doch er legte nur mit funkelnden Augen fasziniert den Kopf schief – und ich merkte, dass er mich amüsant fand. Ein Umstand, den ich mehr hasste, als sich an heißem Kaffee die Zunge zu verbrennen.

»Wieso nicht?«, fragte er auch noch allen Ernstes, und ich atmete tief durch.

»Wieso nicht?«

»Japp!« Er ließ das ›P‹ auf kindische Art ploppen.

»Vielleicht, weil ich kein Interesse an Ihnen habe?«, bot ich die naheliegendste Variante an.

»Wieso kommst du dann seit vier Tagen jeden Morgen zum Strand und siehst mir sehnsüchtig beim Schwimmen zu?«

»Moooomeeent … Ich sehe nicht ...« Viel zu laut hatte ich angefangen, weshalb mich ein paar Touristen neugierig mit ihren Sonnenbrillen-Bienen-Augen ansahen. Daher senkte ich die Stimme »... sehnsüchtig zu! Genau genommen hat das nichts mit Ihnen zu tun. Woher soll ich bitte wissen, dass Sie auch jeden Morgen dort sind? Das Meer gehört ja wohl nicht nur Ihnen, oder haben Sie es gepachtet?«

Er grinste mich träge an, als würde er mir kein einziges Wort abkaufen. »Diese Selbstblendung ist köstlich!«

»Wie bitte?«

»Du musst doch auch mal essen, also kannst du es genauso gut mit mir tun!« Und mit seinem letzten Wort verstellte er mir mit emotionslosem Ausdruck kurzerhand den Weg. Ich musste gezwungenermaßen stehen bleiben, gefangen in diesem diffusen grün/grauen und viel zu herausfordernden Funkeln. »Ich verspreche auch, dass ich mich benehmen werde wie der perfekte Gentleman!« Das eindeutige Grinsen strafte seine Worte Lügen und ich unterdrückte die ekelhafte Hitze, die meinen Bauch entflammte.

»Sagt der Mann, der den halben Morgen mit mir nackt auf einer Liege lag.«

»Körperwärme ist bei Unterkühlung wichtig, wenn man nichts anderes zur Hand hat! Ich meine, ich hätte es auch auf andere Art tun können, aber das hätte dir mehr gefallen, als gut für dich ist.« Der Schalk in seinem Blick gab mir den Rest! Meine ruhige, sichere Fassade fiel völlig in sich zusammen, und aus dem Schutt erhob sich nichts weiter als Scham und … Empörung. Zu allem Überfluss hob er bei den letzten Worten eine Hand und berührte eine Strähne meiner lockigen Haare. Ich zuckte vor ihm zurück, umrundete ihn erneut und ging schneller. Er folgte mir. »Du musst verstehen, dass sich mir keine andere Alternative bot … Allerdings wäre es möglich, dass ich dem Rettungsdienst gesagt habe, sie könnten sich Zeit lassen!« Das gemischt mit der lakonischen Art, in der er es beichtete, machte alles nur noch schlimmer. Meine Wangen brannten lichterloh. Das Gerücht, alle Männer seien gleich, bestätigte sich wiedermal in meinem Leben. »Das ist unerhört!«

»Ein Mann muss genießen, wenn er genießen kann!« Seine Stimme kam näher, der Typ verfolgte mich immer noch!

»Lassen Sie mich endlich in Ruhe!«, rief ich ihm über meine Schulter zu. Da war ich mittlerweile fast schreckliche Zweiunddreißig und trotzdem nach wie vor so naiv! Ich hätte niemals zulassen dürfen, dass er das Oberteil auszog und ich hatte auch noch lammfromm mit ihm auf dieser Liege gelegen, während er seinen perversen Absichten nachging. Und so was passierte mir! Mir! Anzeigen sollte ich ihn! Vors Gericht sollte ich ihn schleifen und damit die Menschheit vor einer derart abartigen Kreatur bewahren! Junge, unschuldige Frauen unter Vortäuschung, ein Held zu sein, halb nackt auf eine Liege zu locken! Pah!

»Ich muss dich in den nächsten Stunden beaufsichtigen! Lungenschädigungen können auch verspätet auftreten!« Seine Stimme war penetranter als die Mücken – genau genommen traf dies auf den gesamten Mann zu.

»Ich schädige gleich Ihre Lunge! Ich habe genug gelesen, um zu wissen, dass dies sehr unwahrscheinlich ist, und so wie Sie mich auf den Kopf gestellt haben, kann man das doch wohl guten Gewissens ausschließen!«

»Verdammt! Warte!« Seine Stimme kam noch näher und klang langsam wirklich sauer.

Zum Glück fielen mir zwei Carabinieri auf, als ich um die Ecke bog. Mit einem miesen Lächeln änderte ich prompt die Richtung und stapfte in meine Decke gehüllt auf sie zu, was mir ein paar schräge Blicke einbrachte.

Genau mit jenem – leicht irren – Gesichtsausdruck sah ich noch einmal zurück. Er stand wie vom Donner gerührt da und schüttelte düster den Kopf. Ich stapfte weiter!

Er zischte etwas, wandte sich abrupt um und verschwand aus meinem Blickfeld.

Ha!

5. Kapitel 4

Kurz aber intensiv überlegte ich, ob ich diesen Urlaub frühzeitig abbrechen sollte, schließlich war so ziemlich alles eine ausgewachsene Katastrophe. Aber was dann? Mir eingestehen, dass ich nicht mal einen Urlaub hinbekommen konnte? Ohnehin durfte ich mich die nächsten Wochen nicht im Büro blicken lassen und daheim würde mir die Decke schneller auf den Kopf fallen als hier, dessen war ich mir sicher. Also entschied ich mich abends spontan dazu, den nächsten Tag für einen Städtetrip zu nutzen.

Als ich mich am Morgen neben einem übergewichtigen Hawai-Hemdträger der noch nie was von Deo gehört hatte, eingepfercht in einem Bus wiederfand, hätte meine Laune nicht übler ausfallen können – dachte ich.

Nach zehn Minuten wurden jedoch – um sechs Uhr Früh wohlgemerkt – die lustigen Schlager angestimmt … und als würde das nicht reichen, hatte der geschmacklose Stinker ein Mettwurstbrot dabei – mit Zwiebeln. Hinter mir übergab sich ein kleines Kind lauthals in eine der Kotztüten, während Eros Ramazotti zeitgleich ins Mikrofon würgte. Die Klimaanlage fiel nach dreißig Minuten aus, die Fenster durfte man nicht öffnen und die Tür des winzigen, stinkenden Kabuffs unter den Treppen, das sich Klo nannte, ging nicht zu … Im Fünf-Sekunden-Takt durchströmte den Bus ein wahres Bombardement an Gestank und Ohrvergewaltigungen.

Nach einem Marsch von gefühlten hundert Kilometern, kamen wir in der historischen Altstadt an und wurden von der nächsten Stinkbombe fast erschlagen. Vor den architektonisch wirklich beeindruckenden Kunstwerken tummelten sich so viele Leute, dass ich mich bei meinem Versuch, nach vorne zu kommen, wie ein Footballspieler fühlte.

Als Krönung wurden mir für einen einzigen Espresso zwölf Euro abgenommen.

Die Wirkung und der Geschmack waren dafür aber grandios und so saß ich am fünften Abend meines »Traumurlaubes« mit riesigen Eulen-Augen auf meinem Balkon und starrte die nette Häuserwand vor mir an.

Ich hörte jedoch das Meer in einiger Entfernung rauschen und fühlte ein merkwürdiges Ziehen in meiner Brust. Außerdem konnte ich nicht still sitzen, denn eine innere Unruhe beklemmte mich konstant.

Mit einem Ruck stand ich auf, schnappte meine Handtasche und den Zimmerschlüssel, schlüpfte in meine Flip-Flops und ging runter in den kleinen hoteleigenen Supermarkt, der 24 Stunden am Tag geöffnet hatte. Die Zeit schien in diesem Urlaubsort nicht zu existieren, denn in der Nacht waren noch genauso viele Menschen und vor allem Kinder unterwegs, wie am Tag.

Ziellos irrte ich durch diesen winzigen Supermercato und blieb schließlich vor dem Alkoholregal stehen. Eine Flasche Bayleys stach mir förmlich ins Auge. Ich fand, das war eines der wenigen alkoholischen Getränke, das schmeckte, und griff rein intuitiv danach. Wohin hatten mich meine soliden Kopfentscheidungen schon gebracht?

An der Kasse fiel mir eine knallrosa Luftmatratze auf und kurz entschlossen griff ich auch danach! Ich würde spontan sein, das schwor ich mir.

***

Oder auch nicht.

Am Strand tummelten sich vereinzelt Jugendliche und saßen mit Gitarren und Unmengen an Alkohol um ein kleines Lagerfeuer herum. Na, wenn das die Carabinieri sehen würden! Eine zwielichtige Gruppe schmiss direkt vor meinen Augen eine junge Frau ins Wasser, ich wollte gerade dazwischen gehen, als die Blondine herumwirbelte und sich in die Arme eines der Halbstarken warf. Augenblicklich gab es das volle Schnulzpaket, denn ihre Fingerspitzen spielten mit den Härchen in seinem Nacken, sie ging auf die Zehenspitzen, verliebte Blicke wurden ausgetauscht, dicht gefolgt von Speichelproben.

Ich prostete den beiden zu und nahm noch einen großen Schluck der zähen und doch samtigen Flüssigkeit. Sie hatte ihren Speichel, ich Alkohol und eine Luftmatratze, die noch aufgeblasen werden musste. Das nahm ich in Angriff, nachdem ich die halbe Flasche geleert hatte, und fragte mich, ob meine Lunge vielleicht wirklich geschädigt war, so schwer, wie das ging.

Eine weitere Gruppe Touristen scharte sich um mich und wollte mich beim Pusten anfeuern, doch als ich so gar nicht auf sie reagierte, zogen sie enttäuscht ab. Gut so. Ich mochte keine Menschen – besonders nicht wenn sie betrunken und somit nur auf ihre Triebe reduziert waren.

Ein paar Mal musste ich absetzen und pausieren – dank geschädigter Lunge –, aber irgendwann war die Matratze gebrauchsfertig und ich zog das Kleid aus, um nur in meinem Bikini wagemutig zum ruhig rauschenden Meer zu stapfen. Der Mond schien riesig, viel größer als sonst, und ich erinnerte mich dumpf daran, im Radio gehört zu haben, dass er am heutigen Tag der Erde so nah wie nur einmal im Jahr sein sollte. Perfekt!

***

Und so fand ich mich mitten in der Nacht, alleine auf dem tiefschwarzen Meer wieder. Die Flasche locker haltend und mit schwindelndem Kopf starrte ich hoch zu der silberglühenden Scheibe und fragte mich, wie weit entfernt das Ding wohl war. Irgendwann mal hatte ich es gewusst, aber jetzt kam ich beim besten Willen nicht darauf.

Im Inneren hörte ich das Echo einer mir bekannten penetranten Stimme, die mich maßregelte. »Du wirst gleich wieder ertrinken, wart´s nur ab! Das ist äußerst unverantwortlich! Und du hättest wieder eine Schuld bei mir offen, wenn ich dir noch einmal das Leben rette, willst du das wirklich riskieren?«

Mir egal!