Da sein - nah sein - Gertrud Teusen - E-Book

Da sein - nah sein E-Book

Gertrud Teusen

0,0
10,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

"Was wäre, wenn Mama und/oder Papa zu uns zieht?" - "Oder besser nur hier in die Gegend oder in unsere Stadt?" - "Was ist, wenn sie dort bleiben? Wie können wir sie aus der Ferne gut unterstützen?" - Gertrud Teusen verknüpft praktischen Rat mit psychologischer Erklärung und Unterstützung: Was bewegt die Kinder, was treibt die Eltern um? Welche "Altersweisen" gibt es, was ist möglich? Zudem können die Beteiligten anhand besonderer Tests ihren Standpunkt klären, um den für sie geeigneten Weg zu finden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 175

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Gertrud Teusen

Da sein – nah sein

Wie wir unseren alten Eltern guttun können

KREUZ

© KREUZ VERLAGin der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2010Alle Rechte vorbehaltenwww.herder.de

Umschlaggestaltung: [rincón]2 medien gmbh, Köln

Umschlagfoto: © Getty Images

Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN (Ebook) 978-3-7831-8160-9

ISBN (Buch) 978-3-7831-3490-2

Vorwort

Es ist Sonntagnachmittag und ich sitze am Schreibtisch. Eigentlich wollte ich nur ganz kurz einige Notizen für mein neues Buch festhalten, aber dann hat mich das Thema doch nicht losgelassen und es ist ein bisschen länger geworden, als ich es wollte. Während ich gerade die Datei abspeichere, klingelt das Telefon. Ein Blick aufs Display, ein Blick auf die Uhr – nein, das ist kein gutes Zeichen. »Ja, hier ist das Seniorenzentrum …« Anrufe, die so beginnen, bringen selten gute Nachrichten. Der gehetzten Stimme am anderen Ende nach ist unsere alte Dame aus dem Rollstuhl gefallen. Keiner war schuld, keiner weiß, warum. Der Notarzt war schon da, jetzt ist sie auf dem Weg zum Krankenhaus. Und ich fahre gleich hinterher.

Es sind Tage wie diese, die den Alltag aus dem Takt bringen. Wenn alten Eltern etwas zustößt, dann muss man Pläne von einer Minute auf die andere in den Wind schreiben, allzeit bereit sein zu handeln, wenn das Unvorhersehbare passiert. Manchmal zweifele ich daran, ob die Entscheidung, die mein Mann und ich vor fünf Jahren trafen, die richtige war. Doch ich würde wohl immer wieder so handeln – wir können nicht anders, denn wir sind Kümmerer.

Wer das Glück hat, alte Eltern zu haben, der muss sich irgendwann auch mit der Frage auseinandersetzen, wie sich Zukunft für diese gestalten lässt. Wer ehrlich ist, der gibt auch zu, dass wir uns um die Antwort auf diese Frage gerne drücken. Natürlich wollen wir für sie da sein, doch allzu oft bleibt es bei einem Lippenbekenntnis, scheut man die Folgen, die eine solche Entscheidung nach sich zieht.

Ich habe das Glück, alte Eltern zu haben, genauer gesagt, alte Mütter. Meine Mutter lebt 500 Autobahnkilometer weit weg, meine Schwiegermutter zog vor einigen Jahren in unsere Nähe in ein Seniorenheim »um die Ecke«. Ich schreibe also aus der Erfahrung der räumlichen Nähe und aus der Erfahrung der räumlichen Entfernung. Ich weiß, dass »da sein und nah sein« einen hohen Anspruch darstellen und dass es beides zusammen selten gibt, manchmal vielleicht für Augenblicke oder sogar einmal für Stunden. Ich weiß aber auch, dass man einander nah sein kann, ohne immer da zu sein. Vielleicht ist das nah sein sogar noch wichtiger als das da sein. Manchmal zumindest.

Das Thema »Verantwortung übernehmen« ist nicht leicht, aber ich verspreche Ihnen, dass dieses trotzdem kein »schweres« Buch ist. Ich habe viele Personen zu ihren Erfahrungen befragt. Deren Berichte und zahlreiche Selbsttests und Checkups werden Ihnen bei der Selbstfindung helfen und dazu beitragen, dass Sie eine – für Sie und Ihre Eltern – richtige Entscheidung treffen.

Apropos richtige Entscheidung: Zunächst einmal ist es wichtig, dass man sich überhaupt mit der Frage, wie sich die Zukunft alter Eltern gestalten lässt, beschäftigt. Insofern war es jedenfalls schon die erste richtige Entscheidung, dieses Buch zur Hand zu nehmen. So wie jede Reise mit einem ersten Schritt beginnt, so beginnt auch jede Entscheidung mit einer ersten Überlegung. Und Sie werden erstaunt sein, was es alles zu bedenken gibt, aber auch, welche Lösungsmöglichkeiten sich auftun.

Wir können unseren alten Eltern guttun – zu Hause, in der Nähe, aus der Ferne. Da sein und nah sein hat nichts mit Kilometern und Fahrzeiten zu tun, dafür umso mehr mit gutem Willen, einem offenen Ohr und ernsthaftem Bemühen.

Gertrud Teusen

Einleitung Rolle rückwärtsPlötzlich alt? Das gibt es nicht …

Wenn Sie dieses Buch zur Hand nehmen, suchen Sie wahrscheinlich Hilfe oder zumindest Information. Sie ahnen, dass sich etwas verändert, und Sie wissen, es stehen ihnen unruhige Zeiten bevor.

Ihre Eltern werden älter. Das ist nicht neu, das ist nicht spektakulär – doch allein diese simple Aussage birgt so viel Konfliktpotenzial, dass sie ihr ganzes bisheriges Leben aus den Angeln heben kann. Kann, aber das muss nicht so sein.

Vielleicht sind Ihre Eltern dort, wo sie bislang gelebt haben, am besten aufgehoben, vielleicht entscheiden Sie sich, die Eltern im Alter zu sich zu holen, oder vielleicht sollten sie auch nur in die Nähe ziehen. Jeder Lebensentwurf bietet andere Möglichkeiten, unterliegt anderen Einschränkungen, erfordert andere Maßnahmen. Doch immer müssen Entscheidungen getroffen werden.

Eines vorab: Es gibt hier keine falsche Entscheidung, jede Entscheidung ist richtig, egal, wie sie aussieht. Allerdings sollte der Weg zur Entscheidung mit Information und Wissen gepflastert sein, und sie darf keinesfalls impulsiv und überhastet getroffen werden. Das Wichtigste allerdings ist, zu lernen, dass man nie an alles denken kann und dass man nicht immer für alle neuen Situationen prompt eine Lösung parat hat.

Es gibt keine richtige und keine falsche Art und Weise, mit dem Problem alter Eltern umzugehen. Man ist – egal, wie man sich entscheidet – kein besseres oder schlechteres Kind. Die Entscheidungen müssen immer mit Hinblick auf die Bedürfnisse der Eltern und die Bedürfnisse der eigenen Familie getroffen werden. Und dabei wird Ihnen dieses Buch helfen.

Ein halbes Jahr – ein ganzes Leben

Als sie aus dem Auto steigt, wirkt sie klein und zerbrechlich. Bei der Umarmung habe ich Angst, ihr wehzutun. Das ist natürlich Quatsch, meine Mutter war immer eine robuste Frau, zwar klein, aber durchsetzungsstark. Wie lange haben wir uns nicht gesehen? Schnell rechne ich nach und stellte verblüfft fest, dass es doch nur ein halbes Jahr war. Ein halbes Jahr, knapp 180 Tage, machen aus einer rüstigen alten Dame eine alte Frau.

Die Schrecksekunde ist vorbei, als sie zu sprechen beginnt. Da ist sie wieder, energisch und selbstbewusst, witzig und eloquent. Das ist meine Mutter, wie ich sie kenne.

Doch das Bild, wie sie aus dem Auto aussteigt, geht mir nicht mehr aus dem Sinn. Es war ein Warnschuss, der mir sagen wollte: »Hey, das ist deine Mutter, sie wird alt, mach dir endlich mal Gedanken!«

Marlene (55)

Es geschieht nicht über Nacht. Es ist nicht so, dass man eines Morgens aufwacht und die eigenen Eltern sind alt geworden. Die Person, die einen aufgezogen, versorgt und geliebt hat, ist nicht plötzlich in der Situation, sich nicht mehr selbst versorgen zu können. Es ist ein Prozess, der sich über viele Jahre hingezogen hat und vor dem wir, die erwachsenen Kinder, nur allzu gerne die Augen verschließen. So lange es geht.

Aber plötzlich ist es so, wie wenn man einen Teenager anschaut und feststellt: »Mein Gott, bist du groß geworden.« Egal, wie man versucht, dem Alter zu entkommen, es klappt nicht. Die einen haben das Glück, geistig fit zu bleiben, die anderen werden orientierungslos, wieder andere haben mit körperlichen Einschränkungen zu kämpfen. Das Alter hat viele Gesichter.

Es mag ein Trost sein, dass es den meisten erwachsenen Kindern so geht. Irgendwann kommt der Moment der Erkenntnis, und dann muss man sich dem Problem stellen. Aber Sie sind nicht allein, Millionen von Menschen haben alte Eltern und mehr oder minder die gleichen Probleme, von kleinen Nuancen abgesehen.

Die gute Nachricht ist, die Menschen werden immer älter. Die schlechte Nachricht ist, alt werden und versorgt sein kostet viel Geld, das immer weniger Menschen haben. Und es stellen sich noch andere Fragen: Wie können wir uns um unsere Eltern kümmern? Wie können wir sie darin unterstützen, in Würde zu altern? Wie können wir uns um sie kümmern, ohne unsere gesamte Lebensplanung über den Haufen zu werfen? Wie können wir unseren alten Eltern helfen, wenn das Verhältnis nicht frei von Spannungen war? Kann man sich gut um die eigenen Eltern kümmern, ohne das harmonische Familienleben der eigenen Familie zu opfern?

Das Altern und Anzeichen des Verfalls der eigenen Eltern zu realisieren ist zumeist ein Schock. Es bedeutet, eine Rolle rückwärts zu machen und vom geliebten Sohn, der geliebten Tochter zum Versorger der eigenen Eltern zu mutieren. Die Eltern zu versorgen bedeutet auch, sich erneut auf deren Prüfstand zu stellen und Gefahr zu laufen, sie erneut zu enttäuschen. Vielleicht sind die Eltern ja verärgert über die Angebote, die man machen kann, und die Entscheidungen, die man trifft: Noch immer ist man nicht frei von alten Emotionen.

Vielleicht haben Sie eine Idee, einen Plan, wie Sie sich um ihre Eltern kümmern möchten, wenn es notwendig ist. Gedacht, gemacht, das ist vielleicht gut, um eine Fußballmannschaft zu trainieren, aber nicht, wenn es darum geht, den alten Eltern eine Entwurf für die Zukunft zu präsentieren. Denn für sie geht es um einen neuen Lebensabschnitt, den letzten wohl, aber auch da lässt man sich das Zepter nicht gern aus der Hand nehmen. Stellen Sie sich doch vor, da kommt jemand und sagt: »Du fährst so schlecht Auto, ich fahre dich von nun an – wann willst du wohin?« Oder: »Ich übernehme dein Konto, du hast das nicht mehr so gut im Blick, deshalb mache ich das für dich.« Selbst wenn Sie das feinfühliger formulieren, sind das herbe Einschnitte in die Eigenständigkeit, die sich niemand zu irgendeinem Zeitpunkt gerne gefallen lässt. Als Überbringer schlechter Nachrichten ist man ohnehin immer in der Defensive, da sollte man wenigstens gut vorbereitet sein.

Was wäre, wenn sie/er in die Nähe zieht?

Die Frage allein hat Gänsehaut-Potenzial und nur die wenigsten von uns stellen sie so gerade heraus ihrer alten Mutter oder ihrem Vater. Und das ist auch gut so, denn bevor man diese Frage aufwirft, muss man die Konsequenzen bedenken. Die Entscheidung sollte gut überlegt getroffen und auch die Umsetzung bereits im Vorfeld durchdacht werden.

Es ist schwierig, sich der Frage überhaupt zu nähern, weil dies sofort alte Beziehungsstrukturen wieder aufbrechen lässt, uns Erwachsene zu Kindern macht, ob wir wollen oder nicht. Die emotionale »Rolle rückwärts« fördert alles zutage, was wir schon längst vergessen hatten oder zumindest verdrängt, damit es unserer eigenen Lebensplanung nicht im Wege steht. Und dann ist er plötzlich wieder da, der strenge Blick des Vaters, die mahnenden Worte der Mutter. Gerade in einem Moment, in dem Souveränität gefragt wäre, zaudern wir. Dabei ist es jetzt so wichtig, die altgewohnte Rolle des Kindes abzustreifen und im positiven Sinn erwachsen zu handeln.

Erwachsen zu sein bedeutet auch, entscheidungsfähig zu sein. Nicht nur für sich selbst, sondern ebenso für andere. Wut, Zorn, übertriebene Dankbarkeit und Schuldgefühle sind allesamt schlechte Ratgeber bei den Entscheidungen, die nun anstehen.

Ein erster Schritt ist es, die Eltern als fehlbare Wesen zu begreifen. Menschen machen Fehler, und alte Menschen sind gefangen in ihrer Geschichte. Sie können jetzt nichts mehr ändern, sie bleiben, wie sie sind, und wir müssen sie so annehmen. Allein unsere Position ihnen gegenüber hat sich verändert, muss sich verändern, denn sonst können wir keine verantwortungsvollen Entscheidungen treffen.

Es ist nur natürlich, dass man Angst vor den Fragen hat, die jetzt auf einen zukommen. Es tut uns leid, dass die Eltern nun auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Was aber fast ebenso schwer wiegt: Wir tun uns auch selbst leid, weil wir jetzt in solch einer schwierigen Lage sind und nicht wissen, wie wir entscheiden sollen. Aber haben Sie keine Angst vor falschen Entscheidungen, erinnern Sie sich: Jede Entscheidung ist richtig.

Überhaupt muss dieser Satz ihr Mantra sein bei allen Überlegungen, die Sie nun anstellen. Um es an dieser Stelle gleich vorweg zu nehmen – Sie werden bei der Lektüre dieses Buches und bei ihrer eigenen Entscheidungsfindung immer wieder einmal das Gefühl haben, unglücklich entschieden zu haben. Das ist zwangsläufig so, aber das ist falsch. Denn es gibt nun einmal viele Wege und die Situationen ändern sich auch ständig. Der richtige Weg ist immer der, den man gerade geht. Wer zögerlich an der Kreuzung stehenbleibt, kommt nie voran. Und seien Sie gewiss: Es wird noch so viele Entscheidungen geben, so dass die eine oder andere in der Summe keine Rolle mehr spielt.

Der Ursprung des Wortes »Krise« liegt übrigens im Griechischen: »Krisis« bedeutet »Entscheidungssituation«. Man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie viele Entscheidungen und auch kleine Abschiede das Älterwerden verlangt. Manchmal sind es zu viele, als dass sie ein alter Mensch allein bewältigen kann. Gerade deshalb ist es so wichtig, alten Eltern zur Seite zu stehen – nicht über ihren Kopf hinweg, sondern gemeinsam die Zukunft zu gestalten.

Zwar mag die erste Reaktion auf die Erkenntnis, dass die Eltern alt geworden sind, panische Züge haben, doch man tut sich leichter, wenn man die neuen Verhältnisse als Chance betrachtet, sich zu verändern, weiterzuentwickeln.

Es ist Ihre Chance – nutzen Sie sie!

Dieses Buch möchte Sie in verschiedenen Aspekten unterstützen:

Die Lektüre soll Ihnen Hilfe und Orientierung bei der Entscheidungsfindung geben. Egal, wie Sie sich entscheiden, jede Entscheidung ist richtig.

Verschiedene Kapitel und Check-ups bieten Ihnen Unterstützung bei der Planung. Ob Umzug, Zuzug oder Versorgung aus der Ferne, durch umfassende Information eröffnen sich neue Perspektiven.

Das Buch unterstützt Sie darin, Regeln festzusetzen und gesunde Grenzen zu ziehen, die das neue Arrangement beschreiben – zugunsten aller Beteiligten.

Immer wieder wird das Thema »wechselnde Umstände« aufgegriffen, damit Sie sich darauf einstellen und es Bestandteil Ihrer Zukunftsüberlegungen wird: Erwarten Sie das Unerwartete! Denn keine Entscheidung ist endgültig.

Übersichten, Information und Check-ups helfen Ihnen dabei, sich den finanziellen Rahmen zu vergegenwärtigen, in dem die Fürsorge für Ihre Eltern zu gestalten ist.

Anregungen für einen offenen Gedankenaustausch mögen Ihnen dazu dienen, diesen zu kultivieren.

Hinweise, wie Sie mit schwierigen Persönlichkeiten umgehen können, federn spezielle Situationen ab.

Das Buch möchte Sie auch darin unterstützen, eine gesunde Balance zwischen Fürsorge und Selbstbestimmung zu finden!

Ein ganz wichtiger Akzent ist: Behalten Sie das Wohl Ihrer eigenen Familie im Auge.

Und: Sorgen Sie

nicht zuletzt

für Ihr eigenes Wohl!

Kapitel 1 Entscheidung zwischen Herz und Verstand Was uns umtreibt und antreibt, wenn es um die alten Eltern geht

Sich von der eigenen Geschichte freizumachen, wann immer sie uns belastet – wäre das nicht schön? Zu schön, um wahr zu sein – die Realität sieht vielfach anders aus. Und genau jetzt ist es der falsche Zeitpunkt, sich so etwas zu wünschen. Denn es gilt im Gegenteil, das Verhältnis zu den Eltern genauer zu betrachten und die eigene Geschichte zu reflektieren, um herauszufinden, wo die Motivation für Ihr Handeln liegt und wie diese Ihre Entscheidungen beeinflusst. Es nutzt nichts, um den heißen Brei herumzureden. Seien Sie lieber mutig und schauen Sie den Wahrheiten ins Auge: Es kann gut sein, dass Sie dies sehr schnell weiter bringt in Ihrer Entscheidung.

Ob in ihrem speziellen Fall Herz oder Verstand das Handeln beeinflusst, können Sie mithilfe der folgenden Seiten klären.

Eingeholt

Es ist immer das Gleiche, wenn ich das Haus betrete, in dem meine Mutter lebt. Kaum hat sich die Tür hinter mir geschlossen, bin ich wieder sieben Jahre alt und stehe ordentlich zurechtgemacht mit weißen Kniestrümpfen da – und warte.

Worauf warte ich eigentlich? Ich warte darauf, dass meine Mutter mich begrüßt, mich mit kritischem Blick mustert und ihre Zustimmung durch ein leichtes Nicken des Kopfes andeutet.

Es ist nur ein kurzer Moment, eine Blitzreise in die Vergangenheit, doch diese sorgt dafür, dass ich mich am liebsten umdrehen will und wieder gehen möchte.

Tue ich natürlich nicht, sondern ich versuche stattdessen, meiner Vergangenheit die Stirn zu bieten, meiner Mutter die Stirn zu bieten: Sie soll mich so akzeptieren, wie ich bin.

Seitdem sie im Rollstuhl sitzt und auf fremde Hilfe angewiesen ist, ist sie in mancher Hinsicht milder geworden. Ich bin nicht mehr im Fokus ihrer Kritik, das sind jetzt die anderen, die, die sich tagtäglich um sie kümmern, sie umsorgen, sie pflegen.

Komisch, dass ich mich trotzdem verantwortlich fühle, nicht für sie, sondern für das Tun der anderen. Jedes ihrer Worte ist ein Vorwurf, jede Geste ein Tadel – zumindest empfinde ich es so. Eine quälende Schuld sitzt mir im Genick, schränkt meine Reaktionsfähigkeit ein, lässt mich stumm werden. Hört das denn niemals auf? Ich bin doch kein kleines Kind mehr, sondern eine erwachsene Frau!

Monika (46)

Nichts ist komplizierter als menschliche Beziehungen – und je länger diese andauern, desto schwieriger ist es, sich aus der zugewiesenen Rolle zu befreien. Eine Aufarbeitung der Kindheit ist nicht immer notwendig, aber – je nach individueller Situation – manchmal unumgänglich. Reflektiert man die eigene Geschichte, so begegnet einem früher oder später auch die Frage, was einen eigentlich antreibt, warum man sich gerade jetzt mit der Fragestellung beschäftigt und das Gefühl hat, man möchte seinen Eltern etwas Gutes tun.

In der Kindheit entwickeln wir grundlegende Strategien, mit denen wir unser heutiges Leben gestalten. Das »Kind in uns« bringt uns dazu, Probleme immer nach dem gleichen Muster zu lösen. Wenn man nun darangeht, zunehmend Verantwortung für die eigenen Eltern zu übernehmen, steht einem dabei dieses »innere Kind« manchmal im Weg. Dann gilt es, sich mit seiner Kindheit auszusöhnen, um den Weg für ein verantwortliches und erwachsenes Handeln freizumachen.

Der folgende Test kann zur Positionsbestimmung beitragen. In der Auswertung finden Sie anschließend Hinweise, wie Sie Ballast aus der Kindheit abwerfen können.

Test: Wie viel Ballast aus der Kindheit schleppen Sie noch mit sich herum?

Testen Sie, welche besonderen Eigenschaften Ihr »inneres Kind« in sich trägt. Reagieren Sie spontan auf die folgenden Aussagen und kreuzen Sie die Buchstaben an, die auf Sie zutreffen:

AIch bin ein höflicher Mensch.

RIch hasse Ungerechtigkeit, da kann ich aus der Haut fahren.

SIch sage ehrlich, was ich denke.

VIch will mich nicht mit Gedanken über Tod und Krankheit beschäftigen.

ZMeine Mutter war schon immer ein sehr ängstlicher Mensch.

RMir fällt es schwer, mich in ein Team einzufügen.

ZIch habe oft Schuldgefühle.

VIch finde es in Ordnung, wenn mein Partner alles für mich tut.

SWenn ich eine Auszeit brauche, nehme ich sie mir – egal, was Drumherum gerade los ist.

ZManchmal frage ich mich, wie das wohl ist, alt zu sein.

AKorrekte Kleidung, dem Anlass entsprechend, ist mir extrem wichtig.

RIch mache gerne Abenteuerurlaub.

AWenn ich um einen Gefallen gebeten werde, fällt es mir schwer, »nein« zu sagen.

SIch freue mich auch über kleine Dinge.

RIch stehe zu meiner Meinung, auch wenn alle anderen anderer Ansicht sind.

ZIch bin ein guter Zuhörer und sage lieber nichts, ehe ich etwas Falsches sage.

VWenn mir etwas gefällt, will ich es gleich haben.

ZIch benutze häufig Worte wie »vielleicht« oder »eigentlich«.

AIch schlage selten über die Stränge.

RIch bin schrecklich unpünktlich.

VEs gibt viel zu viele langweilige Menschen.

ZAndere zu kritisieren fällt mir schwer.

SWenn mir etwas Spaß macht, vergesse ich alles andere um mich herum.

RIch setze mich gern für andere ein (im Betriebsrat, bei Hilfsorganisationen und Ähnlichem).

ZIch mag es nicht, wenn mir jemand beim Arbeiten über die Schulter schaut.

VIn mir steckt so viel mehr, als ich zeigen kann.

ZIch mache mir oft Sorgen über die Zukunft.

VWenn ich nicht beachtet werde, finde ich das unerträglich.

AIch habe oft Schuldgefühle.

SIch bin richtig verschmust.

VIch bin sehr ungeduldig.

AIch bin sehr harmoniebedürftig, mit Streit kann ich schlecht umgehen.

SIch habe viele Freunde.

VAlt zu werden finde ich nicht schön.

SIch bin nicht nachtragend.

RGefährliche Sportarten reizen mich besonders.

VWenn man so gemütlich zusammensitzt, erzähle ich gern von mir.

AWenn es mir schlecht geht, versuche ich, es mir nicht anmerken zu lassen.

SEs macht mir Spaß herumzualbern.

ANach einem Streit mache ich häufig den ersten Schritt zu einer Versöhnung.

VAuf Partys stehe ich gern im Mittelpunkt.

RIch vergesse häufiger Termine oder Verabredungen.

ZIch bin leicht beleidigt.

SIch kann freundlich und bestimmt »nein« sagen.

AMir würde es schwerfallen (ist es schwergefallen), aus der Kirche auszutreten.

RMir macht es Spaß, andere zu schockieren.

SIch liebe meinen Beruf und meine Arbeit.

AIch versuche stets, mein Bestes zu geben.

ZIch bin sehr auf meine Gesundheit bedacht.

RIch gebe es zu: Ich muss immer das letzte Wort haben.

Auswertung Zählen Sie nun zusammen, wie oft Sie welchen Buchstaben angekreuzt haben.

A=R=S=V=Z=

Welchen Buchstaben haben Sie am häufigsten angekreuzt? Lesen Sie die Erläuterungen unten zu diesem Buchstaben. Sind zwei oder drei Buchstabenwerte fast gleichwertig, dann wird jede der entsprechenden Auswertungen für Sie interessant sein.

A steht für das angepasste Kind, R für das rebellische Kind, S für das selbstbewusste Kind, V für das verwöhnte Kind und Z für das zurückhaltende Kind.

A wie angepasst Sie sind ein Schatz! Jeder, der Sie kennt, wird das bestätigen. Wann immer Not am Mann ist, springen Sie ein. Das kleine Wörtchen »nein« sprechen Sie nicht aus. Man kann sich 100-prozentig auf Sie verlassen, und wenn Sie nicht gerade wieder mal etwas für andere tun, dann sorgen Sie sich um die Lieben.

Ihr Pflichtbewusstsein ist extrem ausgeprägt, aber Sie wollen auch gefallen – früher den Eltern und heute Ihrer Umgebung. Es ist für Sie wichtig, was andere denken könnten, und deshalb schlagen Sie nie über die Stränge und achten gegenüber anderen stets auf den richtigen Ton.

Daraus folgt auch, dass Sie häufig das personifizierte schlechte Gewissen sind. Ihnen Schuldgefühle zu machen ist kinderleicht. Die Menschen in Ihrer Umgebung wissen sehr genau, welchen Knopf sie drücken müssen, um Ihre Gutmütigkeit auszunutzen. Sie verharren allzu oft in festgefahrenen Beziehungen oder lassen sich am Arbeitsplatz ausnützen, weil Sie Fehler immer zuerst bei sich selbst suchen. Erst wenn Sie völlig am Ende sind, ziehen Sie die notwendigen Konsequenzen.